Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 729/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 398/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.05.2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 12.05.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.10.1999 abgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 24.10.2002 wird abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1947 geborene Kläger ist bosnischer Staatsangehöriger. Er hat nach seinen Angaben in Deutschland seit 1970 zunächst als Monteur, Lederarbeiter und ab 1981 als Dachdeckerhelfer versicherungspflichtig gearbeitet. Laut Auskunft seines letzten Arbeitgebers erfolgte die Entlohnung nach dem Tarifvertrag für das Dachdeckerhandwerk in Bayern nach Lohngruppe IV 1a (Dachdeckerhelfer). Ein Ausbildungsabschluss für das Dachdeckerhandwerk wurde nicht nachgewiesen; die Tätigkeiten des Klägers wurden nach Auskunft des Arbeitgebers im Allgemeinen von angelernten Arbeitern nach einer Ausbildung bis zu etwa einem Jahr verrichtet. Seit 04.11.1997 bestand Arbeitsunfähigkeit, seit April 1999 Arbeitslosigkeit.
Am 05.02.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch den Chirurgen Dr.G. , der im Gutachten vom 13.04.1999 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht verrichten könne; für den bis dahin ausgeübten Beruf des Dachdeckerhelfers sei er nicht mehr geeignet.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.05.1999 ab, da der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.1999 zurück.
Mit der am 19.11.1999 beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenantrag weiter. Das SG zog die für die Bau-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten des Chirurgen Dr.P. vom 23.04.2000 und des Neurologen Dr.K. vom 26.04.2000 zum Verfahren bei und holte einen Befundbericht des Allgemeinarztes B. ein.
Auf Veranlassung des Gerichts erstattete Dr.L., Arzt für Allgemeinmedizin, das Gutachten vom 29.03.2001. Er hielt den Kläger nur noch für unter vollschichtig einsatzfähig, wobei von einer ca. sechsstündigen Leistungsfähigkeit auszugehen sei. Wegen der Schmerzsymptomatik sei eine zeitliche Leistungsbeschränkung anzunehmen. Im vorgegebenen Umfang könne der Kläger noch leichte Arbeiten in wechselnder Stellung verrichten. Im bisherigen Beruf sei er nicht mehr einsetzbar, er könne aber noch beispielsweise als Pförtner arbeiten.
Mit Bescheid vom 19.09.2001 lehnte die Beklagte einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation ab.
Der Orthopäde Dr.B. erstattete das weitere Gutachten vom 16.01.2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers. Er nannte folgende Diagnosen: Chronische Schmerzsymtomatik in der LWS mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Beine, Zustand nach Kompressionsfraktur des ersten LWK in leichter Fehlform verheilt, geringgradige degenerative Veränderungen der unteren HWS mit Schmerzsymtomatik, beginnende Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke, rezidivierende Kniebeschwerden beidseits, Zustand nach Verbrennungen ersten bis zweiten Grades beider Arme (ohne funktionelle Einbußen), Zustand nach Krampfaderoperation 1993, Zustand nach Bandscheibenvorfall L5/S1 (ohne wesentliche funktionelle Störungen). Der Kläger könne noch leichte Arbeiten in wechselnder Stellung vollschichtig verrichten.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten Stellung genommen und den Kläger für fähig erachtet, nicht nur leichte, sondern auch gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu leisten (Stellungnahme von Dr.L. vom 21.02.2002).
Der Kläger hat eine Stellungnahme des Orthopäden Dr.C. vom 01.03.2002 vorgelegt, in der ihm lediglich ein Leistungsvermögen von unter vollschichtig bescheinigt wurde.
Mit Urteil vom 14.05.2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit sowie den der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 26.04.2000 anzuerkennen und vom 01.10.2000 bis 30.09.2002 die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Der Kläger leide vordergründig an Beschwerden und Funktionsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Das Gericht sei davon überzeugt, dass beim Kläger schwerwiegende Funktionseinschränkungen vorlägen und diese aufgrund einer Verschlechterung des Gesamtbefindens ab April 2000 als belegt angesehen werden könnten. Die Funktionseinschränkungen bedingten durch das überlagernde Schmerzgeschehen eine zeitliche Limitierung des Einsatzvermögens in den unter vollschichtigen Bereich (eine Festlegung des Leistungsvermögens nach Stunden/Tag hat das SG nicht getroffen). Aufgrund der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes liege beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vor, wenn auch nur auf Zeit. Der Kläger sei auch als berufsunfähig anzusehen. Er sei als angelernter Dachdeckerhelfer der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und als solcher nicht auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, sondern nur auf herausgehobene Tätigkeiten. Dem Kläger sei die Ausübung der Tätigkeit als einfacher Pförtner noch bis zum Zeitpunkt der Verschlechterung im April 2000 möglich gewesen. Durch entsprechende Rehabiliationsmaßnahmen könne eine verbesserte Bewältigung des Schmerzgeschehens erreicht werden und damit auch eine Stärkung der nervlichen Belastbarkeit des Klägers. Insofern könne auch hinsichtlich der Berufsunfähigkeit nur die Gewährung einer Zeitrente erfolgen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 31.07.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Da das SG die angenommene quantitative Leistungsminderung mit dem Schmerzgeschehen beim Kläger begründet habe, hätte es sich gedrängt fühlen müssen, eine weitere medizinische Sachaufklärung auf nervenärztlichem Fachgebiet zu betreiben. Der Kläger könne als angelernter Arbeiter noch mindestens leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht leisten und sei z.B. auch als (einfacher) Pförtner einsatzfähig.
Am 15.07.2002 hatte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung beantragt. Er wurde daraufhin am 26.09.2002 auf nervenärztlichem Gebiet durch Frau Dr.S. und auf chirurgischem Gebiet durch Dr.G. (beide von der Gutachterstelle der LVA Unterfranken) gutachterlich untersucht. Beide Sachverständige kamen fachübergreifend zu dem Ergebnis, dass dem Kläger noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten insgesamt in Vollschicht abverlangt werden könnten. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24.10.2002 ab.
Der Senat hat Befundberichte des Orthopäden Dr.C. vom 03.12.2002 und des Allgemeinarztes B. vom 19.12.2002 zum Verfahren beigenommen sowie die Leistungsakte des Arbeitsamtes W. beigezogen. Des Weiteren wurden die Akten der 11.Kammer des SG Würzburg betreffend die Unfallstreitsache des Klägers mit einer Begutachtung durch den Orthopäden Dr.H. vom 11.06.2002 zum Verfahren beigezogen.
Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Dr.H. das Gutachten vom 11.01.2005 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat, in Kenntnis seines Gutachtens aus dem Jahre 2002, folgende Diagnosen genannt: Chronisch rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom der LWS bei deutlichen degenerativen Veränderungen, Bandscheibenprotrusionen bei mittelgradiger Funktionseinschränkung der LWS, rezidivierendes Zervikalsyndrom bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall C5/C6 links sowie C6/C7 rechts (mittelgradige Funktionseinschränkung),
beginnende degenerative Verschleißerscheinungen der Kniescheibe und des Kniescheibengleitlagers beidseits, Krampfaderleiden beidseits mit leichter Blutumlaufstörung, Verbrennung linker Arm und rechte Flanke (ohne funktionelle Beeinträchtigung). Dem Kläger sei eine vollschichtige Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zuzumuten, bei überwiegend leichter Tätigkeit, bis zu drei Stunden auch mittelschwere Tätigkeit.
Der Senat hat weiter Befundberichte des Nervenarztes Dr.K. und des Neurochirurgen Dr.P. (Praxis Dr.P.) zum Verfahren beigenommen und den ärztlichen Sachverständigen Dr.H. um eine Ergänzung seines Gutachtens gebeten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.04.2005 hat sich Dr.H. zu keiner Änderung in der Leistungsbeurteilung des Klägers veranlasst gesehen; die neu mitgeteilten Befunde stünden mit dem positiven und negativen Leistungsbild des Klägers, wie beschrieben, im Einklang.
Der Kläger hat der Begutachtung durch Dr.H. widersprochen und einen Bericht der medizinischen Klinik des J.-Spitals W. vom 18.05.2005 über eine Notfallbehandlung vorgelegt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 14.05.2002 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.09.2002 hinaus zu gewähren.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten des SG Würzburg sowie die Leistungsakte des Arbeitsamtes W. und die Akten aus den Unfall-Streitsachen des SG Würzburg (Az: S 11 U 605/00 und S 11 U 194/01) vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel der Beklagten erweist sich im Ergebnis als begründet.
Der Kläger ist nach der Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren, im erstgerichtlichen wie auch im Berufungsverfahren nicht berufs- oder erwerbsunfähig iS der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert nach der seit 2001 geltenden Neuregelung.
Sowohl der im Berufungsverfahren angehörte Orthopäde Dr.H. , der den Kläger bereits in den vorausgegangenen Unfall-Streitsachen untersucht und begutachtet hatte, wie auch der vom SG angehörte Orthopäde Dr.B. sind - für den Senat überzeugend - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zumindest noch leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung in Vollschicht verrichten kann; mittelschwere Arbeiten sollen ihm gelegentlich (im Umfang bis zu 3 Stunden täglich) zumutbar sein. Das vom SG angenommene Absinken der Leistungsfähigkeit des Klägers auch für Arbeiten allgemeiner Art konnte somit nicht bestätigt werden; das SG hat sich auch bzgl. der täglichen beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eindeutig festgelegt, sondern nur von einem Absinken in den Bereich unter vollschichtig gesprochen. Als einziger Sachverständiger hatte der Allgemeinarzt Dr.L. in seinem Gutachten vom 29.03.2001 ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers gesehen, wobei er aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit mit ca. 6 Stunden täglich angegeben hat. Diese wenig präzise Feststellung ist durch die nachfolgenden Gutachten sowohl des Orthopäden Dr.B. und des Orthopäden Dr.H. , wie auch im Rahmen der erneuten Rentenantragstellung durch die Nervenärztin Dr.S. und den Chirurgen Dr.G. widerlegt worden. Dabei ist auch zu beachten, dass das vom Kläger in den Vordergrund der Beschwerden gestellte Schmerzerleben nicht durch eine dauerhafte und wirksame Medikation angegangen wird.
Der Kläger ist auch nicht als berufsunfähig oder als teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit anzusehen. Das SG hat den Kläger zutreffend als angelernten Arbeiter des oberen Bereichs beurteilt und ihn bis zum April 2000 auf die Tätigkeiten eines einfachen Tagespförtners verwiesen. Die vom SG dann angenommene Einschränkung der nervlichen Belastbarkeit ist dem Gutachten von Dr.L., auf das sich das SG vordergründig stützt, nicht zu entnehmen. Dr.L. spricht lediglich von einer zeitlichen Leistungseinschränkung, weil er bei der vom Kläger vorgebrachten Schmerzsymptomatik von einer Minderung der Erholungsfähigkeit ausgegangen ist. Von einer auffällig eingeschränkten nervlichen Belastbarkeit ist dann aber im Gutachten von Frau Dr.S. vom September 2002 nicht mehr die Rede. Der Kläger ist als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs (nach dem Mehrstufenschema) auch weiterhin zu verweisen auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners. Die bei verschiedenen Untersuchungen beschriebene Schwerhörigkeit rechts steht dem nicht entgegen, da die Umgangssprache "ohne Befund" bzw unauffällig und die Verständigung ohne Probleme möglich war; dies ergibt sich sowohl aus den Gutachten von Dr.S. und Dr.G. wie auch aus dem Gutachten von Dr.H ...
Der weitere Rentenablehnungsbescheid der Beklagten vom 24.10.2002 ist Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden (wie auch im Bescheid zutreffend vorgegeben). Die Klage gegen diesen Bescheid war aus den vorgenannten Gründen abzuweisen, da auch die Untersuchungen im Rahmen des erneuten Verwaltungsverfahrens nicht den Eintritt einer rentenrechtlich bedeutsamen Leistungsminderung ergeben haben.
Da der Berufung der Beklagten zu entsprechen war, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 24.10.2002 wird abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1947 geborene Kläger ist bosnischer Staatsangehöriger. Er hat nach seinen Angaben in Deutschland seit 1970 zunächst als Monteur, Lederarbeiter und ab 1981 als Dachdeckerhelfer versicherungspflichtig gearbeitet. Laut Auskunft seines letzten Arbeitgebers erfolgte die Entlohnung nach dem Tarifvertrag für das Dachdeckerhandwerk in Bayern nach Lohngruppe IV 1a (Dachdeckerhelfer). Ein Ausbildungsabschluss für das Dachdeckerhandwerk wurde nicht nachgewiesen; die Tätigkeiten des Klägers wurden nach Auskunft des Arbeitgebers im Allgemeinen von angelernten Arbeitern nach einer Ausbildung bis zu etwa einem Jahr verrichtet. Seit 04.11.1997 bestand Arbeitsunfähigkeit, seit April 1999 Arbeitslosigkeit.
Am 05.02.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch den Chirurgen Dr.G. , der im Gutachten vom 13.04.1999 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht verrichten könne; für den bis dahin ausgeübten Beruf des Dachdeckerhelfers sei er nicht mehr geeignet.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.05.1999 ab, da der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 20.10.1999 zurück.
Mit der am 19.11.1999 beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenantrag weiter. Das SG zog die für die Bau-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten des Chirurgen Dr.P. vom 23.04.2000 und des Neurologen Dr.K. vom 26.04.2000 zum Verfahren bei und holte einen Befundbericht des Allgemeinarztes B. ein.
Auf Veranlassung des Gerichts erstattete Dr.L., Arzt für Allgemeinmedizin, das Gutachten vom 29.03.2001. Er hielt den Kläger nur noch für unter vollschichtig einsatzfähig, wobei von einer ca. sechsstündigen Leistungsfähigkeit auszugehen sei. Wegen der Schmerzsymptomatik sei eine zeitliche Leistungsbeschränkung anzunehmen. Im vorgegebenen Umfang könne der Kläger noch leichte Arbeiten in wechselnder Stellung verrichten. Im bisherigen Beruf sei er nicht mehr einsetzbar, er könne aber noch beispielsweise als Pförtner arbeiten.
Mit Bescheid vom 19.09.2001 lehnte die Beklagte einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation ab.
Der Orthopäde Dr.B. erstattete das weitere Gutachten vom 16.01.2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers. Er nannte folgende Diagnosen: Chronische Schmerzsymtomatik in der LWS mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Beine, Zustand nach Kompressionsfraktur des ersten LWK in leichter Fehlform verheilt, geringgradige degenerative Veränderungen der unteren HWS mit Schmerzsymtomatik, beginnende Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke, rezidivierende Kniebeschwerden beidseits, Zustand nach Verbrennungen ersten bis zweiten Grades beider Arme (ohne funktionelle Einbußen), Zustand nach Krampfaderoperation 1993, Zustand nach Bandscheibenvorfall L5/S1 (ohne wesentliche funktionelle Störungen). Der Kläger könne noch leichte Arbeiten in wechselnder Stellung vollschichtig verrichten.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten Stellung genommen und den Kläger für fähig erachtet, nicht nur leichte, sondern auch gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu leisten (Stellungnahme von Dr.L. vom 21.02.2002).
Der Kläger hat eine Stellungnahme des Orthopäden Dr.C. vom 01.03.2002 vorgelegt, in der ihm lediglich ein Leistungsvermögen von unter vollschichtig bescheinigt wurde.
Mit Urteil vom 14.05.2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit sowie den der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 26.04.2000 anzuerkennen und vom 01.10.2000 bis 30.09.2002 die gesetzlichen Leistungen zu gewähren.
Der Kläger leide vordergründig an Beschwerden und Funktionsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Das Gericht sei davon überzeugt, dass beim Kläger schwerwiegende Funktionseinschränkungen vorlägen und diese aufgrund einer Verschlechterung des Gesamtbefindens ab April 2000 als belegt angesehen werden könnten. Die Funktionseinschränkungen bedingten durch das überlagernde Schmerzgeschehen eine zeitliche Limitierung des Einsatzvermögens in den unter vollschichtigen Bereich (eine Festlegung des Leistungsvermögens nach Stunden/Tag hat das SG nicht getroffen). Aufgrund der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes liege beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vor, wenn auch nur auf Zeit. Der Kläger sei auch als berufsunfähig anzusehen. Er sei als angelernter Dachdeckerhelfer der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und als solcher nicht auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, sondern nur auf herausgehobene Tätigkeiten. Dem Kläger sei die Ausübung der Tätigkeit als einfacher Pförtner noch bis zum Zeitpunkt der Verschlechterung im April 2000 möglich gewesen. Durch entsprechende Rehabiliationsmaßnahmen könne eine verbesserte Bewältigung des Schmerzgeschehens erreicht werden und damit auch eine Stärkung der nervlichen Belastbarkeit des Klägers. Insofern könne auch hinsichtlich der Berufsunfähigkeit nur die Gewährung einer Zeitrente erfolgen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 31.07.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Da das SG die angenommene quantitative Leistungsminderung mit dem Schmerzgeschehen beim Kläger begründet habe, hätte es sich gedrängt fühlen müssen, eine weitere medizinische Sachaufklärung auf nervenärztlichem Fachgebiet zu betreiben. Der Kläger könne als angelernter Arbeiter noch mindestens leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht leisten und sei z.B. auch als (einfacher) Pförtner einsatzfähig.
Am 15.07.2002 hatte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung beantragt. Er wurde daraufhin am 26.09.2002 auf nervenärztlichem Gebiet durch Frau Dr.S. und auf chirurgischem Gebiet durch Dr.G. (beide von der Gutachterstelle der LVA Unterfranken) gutachterlich untersucht. Beide Sachverständige kamen fachübergreifend zu dem Ergebnis, dass dem Kläger noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten insgesamt in Vollschicht abverlangt werden könnten. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24.10.2002 ab.
Der Senat hat Befundberichte des Orthopäden Dr.C. vom 03.12.2002 und des Allgemeinarztes B. vom 19.12.2002 zum Verfahren beigenommen sowie die Leistungsakte des Arbeitsamtes W. beigezogen. Des Weiteren wurden die Akten der 11.Kammer des SG Würzburg betreffend die Unfallstreitsache des Klägers mit einer Begutachtung durch den Orthopäden Dr.H. vom 11.06.2002 zum Verfahren beigezogen.
Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Dr.H. das Gutachten vom 11.01.2005 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat, in Kenntnis seines Gutachtens aus dem Jahre 2002, folgende Diagnosen genannt: Chronisch rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom der LWS bei deutlichen degenerativen Veränderungen, Bandscheibenprotrusionen bei mittelgradiger Funktionseinschränkung der LWS, rezidivierendes Zervikalsyndrom bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall C5/C6 links sowie C6/C7 rechts (mittelgradige Funktionseinschränkung),
beginnende degenerative Verschleißerscheinungen der Kniescheibe und des Kniescheibengleitlagers beidseits, Krampfaderleiden beidseits mit leichter Blutumlaufstörung, Verbrennung linker Arm und rechte Flanke (ohne funktionelle Beeinträchtigung). Dem Kläger sei eine vollschichtige Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zuzumuten, bei überwiegend leichter Tätigkeit, bis zu drei Stunden auch mittelschwere Tätigkeit.
Der Senat hat weiter Befundberichte des Nervenarztes Dr.K. und des Neurochirurgen Dr.P. (Praxis Dr.P.) zum Verfahren beigenommen und den ärztlichen Sachverständigen Dr.H. um eine Ergänzung seines Gutachtens gebeten.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.04.2005 hat sich Dr.H. zu keiner Änderung in der Leistungsbeurteilung des Klägers veranlasst gesehen; die neu mitgeteilten Befunde stünden mit dem positiven und negativen Leistungsbild des Klägers, wie beschrieben, im Einklang.
Der Kläger hat der Begutachtung durch Dr.H. widersprochen und einen Bericht der medizinischen Klinik des J.-Spitals W. vom 18.05.2005 über eine Notfallbehandlung vorgelegt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 14.05.2002 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.09.2002 hinaus zu gewähren.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten des SG Würzburg sowie die Leistungsakte des Arbeitsamtes W. und die Akten aus den Unfall-Streitsachen des SG Würzburg (Az: S 11 U 605/00 und S 11 U 194/01) vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel der Beklagten erweist sich im Ergebnis als begründet.
Der Kläger ist nach der Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren, im erstgerichtlichen wie auch im Berufungsverfahren nicht berufs- oder erwerbsunfähig iS der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert nach der seit 2001 geltenden Neuregelung.
Sowohl der im Berufungsverfahren angehörte Orthopäde Dr.H. , der den Kläger bereits in den vorausgegangenen Unfall-Streitsachen untersucht und begutachtet hatte, wie auch der vom SG angehörte Orthopäde Dr.B. sind - für den Senat überzeugend - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zumindest noch leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung in Vollschicht verrichten kann; mittelschwere Arbeiten sollen ihm gelegentlich (im Umfang bis zu 3 Stunden täglich) zumutbar sein. Das vom SG angenommene Absinken der Leistungsfähigkeit des Klägers auch für Arbeiten allgemeiner Art konnte somit nicht bestätigt werden; das SG hat sich auch bzgl. der täglichen beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht eindeutig festgelegt, sondern nur von einem Absinken in den Bereich unter vollschichtig gesprochen. Als einziger Sachverständiger hatte der Allgemeinarzt Dr.L. in seinem Gutachten vom 29.03.2001 ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers gesehen, wobei er aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit mit ca. 6 Stunden täglich angegeben hat. Diese wenig präzise Feststellung ist durch die nachfolgenden Gutachten sowohl des Orthopäden Dr.B. und des Orthopäden Dr.H. , wie auch im Rahmen der erneuten Rentenantragstellung durch die Nervenärztin Dr.S. und den Chirurgen Dr.G. widerlegt worden. Dabei ist auch zu beachten, dass das vom Kläger in den Vordergrund der Beschwerden gestellte Schmerzerleben nicht durch eine dauerhafte und wirksame Medikation angegangen wird.
Der Kläger ist auch nicht als berufsunfähig oder als teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit anzusehen. Das SG hat den Kläger zutreffend als angelernten Arbeiter des oberen Bereichs beurteilt und ihn bis zum April 2000 auf die Tätigkeiten eines einfachen Tagespförtners verwiesen. Die vom SG dann angenommene Einschränkung der nervlichen Belastbarkeit ist dem Gutachten von Dr.L., auf das sich das SG vordergründig stützt, nicht zu entnehmen. Dr.L. spricht lediglich von einer zeitlichen Leistungseinschränkung, weil er bei der vom Kläger vorgebrachten Schmerzsymptomatik von einer Minderung der Erholungsfähigkeit ausgegangen ist. Von einer auffällig eingeschränkten nervlichen Belastbarkeit ist dann aber im Gutachten von Frau Dr.S. vom September 2002 nicht mehr die Rede. Der Kläger ist als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs (nach dem Mehrstufenschema) auch weiterhin zu verweisen auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners. Die bei verschiedenen Untersuchungen beschriebene Schwerhörigkeit rechts steht dem nicht entgegen, da die Umgangssprache "ohne Befund" bzw unauffällig und die Verständigung ohne Probleme möglich war; dies ergibt sich sowohl aus den Gutachten von Dr.S. und Dr.G. wie auch aus dem Gutachten von Dr.H ...
Der weitere Rentenablehnungsbescheid der Beklagten vom 24.10.2002 ist Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens geworden (wie auch im Bescheid zutreffend vorgegeben). Die Klage gegen diesen Bescheid war aus den vorgenannten Gründen abzuweisen, da auch die Untersuchungen im Rahmen des erneuten Verwaltungsverfahrens nicht den Eintritt einer rentenrechtlich bedeutsamen Leistungsminderung ergeben haben.
Da der Berufung der Beklagten zu entsprechen war, sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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