L 6 R 590/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 5/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 590/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger ist 1943 geboren und Staatsangehöriger der Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro. Er hat in seiner Heimat in 3-jähriger Ausbildung den Beruf des Metalldrehers erlernt und von August 1961 bis April 1973 sowie von Dezember 1983 bis April 1996 als Pflichtversicherter ausgeübt. In der Bundesrepublik Deutschland war er von April 1973 bis September 1983 versicherungspflichtig beschäftigt, im Anschluss daran bis Februar 1984 arbeitslos. Im August 1979 erlitt er bei einem Privatunfall eine offene Kopfverletzung.

Erstmals am 19.11.1996 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Bescheid vom 24.07.1998 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da der Kläger seinen bisherigen Beruf noch vollschichtig verrichten könne. Die Beklagte stützte sich dabei auf die Untersuchung in ihrer ärztlichen Gutachterstelle in R. vom 15. bis 17.06.1998 durch den Internisten Dr.G. und den Nervenarzt Dr.M ...

Vorgelegen hat der Beklagten auch das Gutachten der Invalidenkommission N. vom 04.12.1996. Aufgrund dieses Gutachtens erhält der Kläger seither in seiner Heimat Invalidenrente der I. Kategorie.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.1998 zurück. Sie wies auch auf die gesetzliche Regelung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hin sowie auf die Frage des künftigen Versicherungsschutzes u.a. mit folgenden Worten: "Die zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes bei zukünftig eintretender Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gemäß den §§ 240, 241.a.a.O. erforderliche lückenlose Belegung kann auch mit freiwilligen Beiträgen erfolgen." Es folgen Hinweise auf die hierfür geltende Frist sowie zur Beitragshöhe ("zwischen Mindestbeitrag und Höchstbeitrag").

Am 15.02.2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut Berufs- bzw. Er- werbsunfähigkeitsrente. Über seinen heimischen Versicherungsträger N. ließ er das Gutachten der dortigen Invalidenkommission vorlegen.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.10.2000 mit der Begründung ab, zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.02.2000 seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht erfüllt. Im maßgebenden Fünf-Jahres-Zeitraum vom 15.02.1995 bis 14.02.2000 seien Pflichtbeitragszeiten nur für insgesamt 15 statt der erforderlichen 36 Kalendermonate vorhanden. Sofern der Kläger vortragen werde, die Erwerbsminderung sei bereits früher - vor der Antragstellung - eingetreten, so werde die Beklagte ihren Bescheid überprüfen.

Am 21.11.2000 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und berief sich auf die zugleich vorgelegten "neuen ärztlichen Befunde". Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2000 als unzulässig zurück. Der Kläger sei nicht be- schwert. Der angefochtene Bescheid enthalte eine entsprechende Überprüfungszusage. Im Hinblick auf den klägerischen Vortrag würden nunmehr - der damaligen Zusage gemäß - die Feststellungen zu Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nachgeholt.

Mit der am 02.01.2001 zum Sozialgericht Landshut erhobenen Kla- ge verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Begründung weiter, die medizinischen Voraussetzungen seien nicht ausreichend fest- gestellt worden. Zu berücksichtigen sei auch, dass er von Beruf gelernter Metalldreher sei.

Während des Klageverfahrens veranlasste die Beklagte eine Un- tersuchung in ihrer ärztlichen Gutachterstelle in R. durch den Psychiater Dr.A ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 19.11.2001 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten fest, auch als Metalldreher. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 17.02.2003 ab.

Der Kläger übersandte einen Bericht der Medizinischen Fakultät in N. über die stationäre Behandlung seiner Kopfverletzung vom 24.08.1979 bis 04.09.1979. Danach war sowohl der postoperative Verlauf wie auch der neurologische Befund "ordnungsgemäß".

Das Sozialgericht veranlasste eine medizinische Begutachtung nach Aktenlage durch die Internistin, Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde und für öffentliches Gesundheitswesen Dr.L. (Gutachten vom 18.09.2003). Diese stellte folgende Gesundheitsstörungen fest: - Wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnutzungserscheinungen im Lendenwirbelsäulenbereich. - Depressive Verstimmung mit gelegentlichen Schlafstörungen. - Herzrhythmusstörungen ohne Einschränkung der Herzfunktion. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, ohne dauernde Zwangshaltung der Wirbelsäule, insbesondere ohne häufiges Bü- cken und schweres Tragen und Heben von Lasten sowie Arbeiten ohne Nachtschicht und ohne Akkordarbeit vollschichtig zu ver- richten.

Mit Schriftsatz vom 15.10.2003 führte der Kläger seine "schwere Kopfverletzung" und andere Erkrankungen an, die nicht internistisch zu beurteilen seien. Er forderte eine persönliche Untersuchung. Auch in seiner Heimat werde er als invalide angesehen; im Übrigen sei er Facharbeiter.

Mit Urteil vom 28.04.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Er erfülle zum Zeitpunkt der Rentenantrag- stellung am 15.02.2000 weder die besonderen versicherungsrecht- lichen noch die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Insbesondere könne er mit bestimmten qualitativen Einschränkungen leichte bis mittel- schwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten und zwar auch in dem zuletzt in Deutschland ausgeübten Beruf. Nach den gutach- terlichen Untersuchungen der Beklagten vom 15. bis 17.06.1998 bzw. vom 19. bis 21.11.2001 sei der körperliche Untersuchungs- befund des Klägers weitgehend unauffällig gewesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 17.02.2003 war Gegenstand des Sozialgerichtsverfahrens.

Am 06.10.2004 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm am 26.08.2004 zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, es sei keine ausreichende medizinische Begutachtung vorgenommen worden.

Der Senat ermittelte zum beruflichen Werdegang des Klägers. Der vorletzte Arbeitgeber (von 10.11.1980 bis 20.02.1981), die Firma F. - Mechanische Fertigung GmbH, konnte über die Beschäftigung des Klägers aufgrund fehlender Unterlagen keine Angaben mehr machen.

Der letzte deutsche Arbeitgeber, die Firma N. Werkzeugmaschinen GmbH, (Beschäftigung ab Juli 1981) war postalisch nicht erreichbar (Vermerk: "Empfänger ... nicht zu ermitteln"). Daraufhin befragte das Gericht den vom Kläger angegebenen Zeugen K. W. , einen Arbeitskollegen bei der Firma N ... Dieser hat nach seinen Angaben dort von 1958 bis zur Firmenschließung im Juli 1992 gearbeitet. Nach so langer Zeit könne er nur bedingt Angaben über das Arbeitsleben des Klägers machen. Der Kläger sei dort nicht im Hinblick auf eine besondere Qualifikation eingestellt worden. Er sei zur Maschinenbedienung etwa drei bis vier Wochen angelernt worden. Er habe als Bohrwerksdreher Großgussbearbeitung vorgenommen. Der Zeuge konnte nicht sagen, ob der Kläger eine Ausbildung als Bohrwerksdreher absolviert hatte. Dieser sei als Mitarbeiter beschäftigt worden, dem die Fähigkeiten und Kenntnisse angelernt worden seien.

Daraufhin wies der Kläger erneut darauf hin, dass er den Beruf des Metalldrehers in seiner Heimat drei Jahre lang erlernt und die Abschlussprüfung abgelegt habe. Diesen Beruf habe er in Deutschland auch ausgeübt. Der Kläger legt das Zeugnis vom 12.05.1961 vor.

Der Senat veranlasste eine Begutachtung nach Aktenlage durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , bezogen auf Mai 1998 als maßgeblichen Zeitpunkt. Dieser stellte im Gutachten vom 30.06.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: - Zustand nach links-frontaler Impressionsfraktur mit kontusioneller Hirnschädigung 1979. - Leichte reaktive Verstimmungszustände. Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten acht Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeit bestünden nicht. Er könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen. Diese Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens gelte ab Mai 1998. Es sei nicht erkennbar, dass seither eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Der Kläger habe im Jahre 1979 ein schweres offenes Schädel-Hirn-Trauma erlitten, welches oft mit neurologischen bzw. psychiatrischen Ausfällen einhergehe. Diese Folgen seien allerdings nicht obligat. Bei rechtzeitiger und sachgerechter Versorgung, welche im Falle des Klägers offensichtlich gewährleistet gewesen sei, könnten derartige Krankheitsbilder auch folgenlos ausheilen. Einen günstigen Verlauf habe bereits die Tatsache signalisiert, dass der Kläger nur knapp zwei Wochen stationär behandelt worden sei und danach offensichtlich auch keine weiteren Behandlungsnotwendigkeiten bestanden hätten. Bei dem Kläger sei es zu keiner Komplikation wie die Entwicklung einer Epilepsie gekommen. Fest stehe, dass bis zum Jahre 1998 keine Befunde vorliegen würden, die es zu- lassen würden, abgesehen von der Verletzung im Jahre 1979 von schwerwiegenden neurologischen bzw. psychiatrischen Gesund- heitsstörungen zu sprechen. Soweit außerdem in einem Befundbe- richt aus dem Jahre 2000 von einem Hals- und Lendenwirbelsäu- lensyndrom die Rede sei, seien auch hier keine neurologischen Befunde aufgeführt, die eine wesentliche Einschränkung der be- ruflichen Leistungsfähigkeit begründen könnten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 28.04.2004, des Bescheides der Beklagten vom 10.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2000 und des Bescheides vom 17.02.2003 zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrages vom 15.02.2000 Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Er- gänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der bei- gezogenen Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozial- gerichts Landshut vom 28.04.2004 ist nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (2) oder Berufsunfähigkeit (3) bzw. wegen Erwerbsminderung (4). Bei all diesen Rentenarten kommt es dabei aus versicherungsrechtlichen Gründen auf die Verhältnisse bis Mai 1998 an (1).

Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist an den Vorschriften des VI. Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen. Denn bei einer Antragstellung vor dem 31.03.2001 richtet sich die Klage hier vorrangig auf einen Rentenanspruch bereits vor dem 01.01.2001 (§ 300 Abs.2 SGB VI). Hilfsweise kommt es aber auch auf die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) an, soweit ein späterer Anspruch (auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 2001) geltend gemacht wird (§ 300 Abs.1 SGB VI).

1. Der geltend gemachte Rentenanspruch hängt hier bereits versicherungsrechtlich von engen Voraussetzungen ab, wie von der Beklagten zurecht erkannt. Schon der Ausgangsbescheid führt aus, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ("3 in 5 Jahren") bei Antragstellung nicht mehr erfüllt waren. Im Klageverfahren hat die Beklagte dann - ebenso zutreffend - vorgetragen, dass ein Rentenanspruch nur bestünde, wenn bereits spätestens im Mai 1998 verminderte Erwerbsfähigkeit eingetreten wäre: Denn der letzte Pflichtbeitrag wurde im April 1996 geleistet. Versicherungsrechtlich ist aber erforderlich, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit drei Pflichtjahre für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Dies gilt unabhängig von den Rechtsänderungen zum 01.01.2001, vgl. § 43 Abs.1 Nr.2, § 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F., sowie § 43 Absätze 1 und 2, jeweils Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. Auch die alternative Voraussetzung - lückenlose Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten ab Januar 1984 (§§ 240, 241 SGB VI a.F. bzw. § 241 Abs.2 Satz 1 SGB VI n.F.) - ist nicht gegeben. Nachdem schließlich eine eventuelle Erwerbsminderung auch nicht auf einem Arbeitsunfall beruht, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals im Mai 1998 erfüllt.

Eine andere Rechtsfolge lässt sich hier auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Insbesondere hat die Beklagte hier im Ergebnis ihre Beratungspflichten nicht verletzt. Sie war zwar im Anschluss an das von 1996 bis 1998 erfolglos durchgeführte Rentenverfahren dem Kläger sehr wohl zur Beratung verpflichtet. Denn im Hinblick auf einen eventuellen späteren Eintritt von Erwerbsminderung bei dem - in seiner Heimat schon berenteten - Kläger war die Gefährdung seiner Rentenanwartschaft klar erkennbar. Die Zahlung freiwilliger Beiträge zur Aufrechterhaltung künftiger Rentenansprüche stellt in dieser Situation zweifellos eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit dar und löst daher eine Beratungspflicht aus. Ob die Beklagte dieser Pflicht im Zeitpunkt der Erteilung des Ausgangsbescheids vom 24.07.1998 durch bloße Merkblattübersendung nachkam, ist zu bezweifeln; die Frage kann hier aber letztlich offenbleiben. Denn die Beklagte hat im hier entscheidenden Zeitpunkt des Verfahrensabschlusses, nämlich im Rahmen des Widerspruchsbescheides, den erforderlichen, individuellen Hinweis auf die versicherungsrechtliche Situation gegeben. Sie hat die Gefährdung der Anwartschaft ebenso dargestellt wie die Gestaltungsmöglichkeiten, um dieser Gefährdung entgegenzuwirken. Auch wenn die Höhe des Mindestbeitrags im Bescheid nicht genannt wurde, so sieht der Senat die Aufklärung doch als noch ausreichend an.

Maßgeblicher Zeitraum für eine eventuell eingetretene Erwerbsminderung ist daher die Zeit bis Mai 1998. Darauf konnten sich die medizinischen Ermittlungen beschränken.

2. Der Kläger war bis Mai 1998 nicht erwerbsunfähig im Sinne von § 44 SGB VI a.F. Zwar war bzw. ist sein berufliches Leistungsvermögen bereits eingeschränkt: denn er ist nicht mehr in der Lage, schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen, Arbeiten mit häufigem Bücken und schwerem Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten ohne Nachtschicht sowie Akkordarbeit zu verrichten. Er konnte und kann jedoch weiterhin acht Stunden täglich im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen leicht bis mittelschwer arbeiten. Er konnte damit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften mehr als nur geringfügige Einkünfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erzielen.

2.1. Diese Leistungsbewertung ergibt sich aus den im Klage- und Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. und der Internistin Dr.L.

Bei dem Kläger liegt im Wesentlichen ein Zustand nach links-frontaler Impressionsfraktur mit kontusioneller Hirnschädigung aufgrund des Unfalls vom 24.08.1979 vor, weiterhin leichte reaktive Verstimmungszustände, ein Wirbelsäulenleiden sowie Herzrhythmusstörungen.

Bei dem privaten Unfall im Jahre 1979 hat sich der Kläger ein schweres offenes Schädel-Hirn-Trauma zugezogen. Diese schwere Verletzung führt oft auch zu neurologischen und psychiatrischen Ausfällen. Nach den vorliegenden Unterlagen wurde der Kläger aber offenbar rechtzeitig und sachgerecht ärztlich versorgt, so dass das Krankheitsbild einen günstigen Verlauf nahm. Der Kläger wurde nur knapp zwei Wochen stationär in der Neurochirurgie in N. behandelt. Offensichtlich bestand anschließend keine Notwendigkeit einer weiteren besonderen Behandlung. Nach den Unterlagen war der Kläger nur wenige Monate arbeitsunfähig und anschließend noch bis September 1983 in Deutschland beschäftigt. Später arbeitete er noch bis 1996 in seiner Heimat als selbstständiger Unternehmer in einer Metallwerkstatt bis zur Berentung im April 1996. Komplikationen aufgrund des schweren offenen Schädel-Hirn-Traumas, wie z.B. die Entwicklung einer Epilepsie, traten bei dem Kläger nicht auf. Die Angaben des Klägers über Schwindelbeschwerden sind nicht geeignet, ein epileptisches Geschehen zu begründen. Auch sekundäre psychische Veränderungen wie eine hirnorganische Wesensänderung oder eine organische affektive Störung sind nicht nachgewiesen. Diesbezüglich liegen, so zurecht der Sachverständige, "keine eindeutigen Befunde" vor. Denn insbesondere die Untersuchungen durch die Beklagte haben keine Anhaltspunkte für einen höhergradigen hirnorganischen Befund ergeben, beschreiben vielmehr nur leichte depressive Verstimmungszustände. Offensichtlich ist auch zu keinem Zeitpunkt eine gezielte Behandlung erfolgt.

Der Kläger leidet im Übrigen noch an einem Wirbelsäulen- syndrom, das auf Abnutzungserscheinungen beruht. Aller- dings existieren keine neurologischen Befunde, die eine wesentliche Einschränkung der berufliche Leistungsfähig- keit begründen könnten. Aufgrund der Wirbelsäulenbeschwer- den sind allenfalls Tätigkeiten in Zwangshaltungen bzw. Arbeiten ohne die Möglichkeit zum Wechsel der körperlichen Ausgangslage zu vermeiden.

Auch die seit Jahren bekannten Herzrhythmusstörungen haben zu keiner Funktionseinschränkung des Herzens geführt, so dass auch aus internistischer Sicht eine wesentliche Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit nicht zu begründen ist.

2.2. Die gerichtlichen Sachverständigen haben somit die im Ver- waltungsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen in ihren wesentlichen Ergebnissen bestätigt. Für den versicherungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt ist insbesondere die Untersuchung und Begutachtung im früheren Rentenverfahren durch Dr. G. und Dr. M. bedeutsam, da diese im Jahr 1998 stattfand. Die Gutachter haben damals nur leichtere Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem und kardiologischen Fachgebiet festgestellt und dem Kläger noch vollschichtige Arbeitsleistung zugemutet.

Die anderslautende Bewertung der Invalidenkommission ändert daran nichts. Hier lagen möglicherweise andere Maßstäbe sozialmedizinischer Beurteilung zugrunde. Nach hiesigen Maßstäben kann die nur knapp begründete Leistungsbeurteilung jedenfalls keine Geltung beanspruchen.

2.3. Auch liegt bei dem Kläger keine Erwerbsunfähigkeit aufgrund verschlossenen Arbeitmarktes vor. Weder besteht bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde. Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz in Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, weil bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist. Das Risiko der Arbeitsvermittlung ist von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der Rentenversicherung zu tragen. Dementsprechend bestimmt § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI a.F., dass nicht erwerbsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach alledem besteht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs.1 SGB VI a.F., weil er bis Mai 1998 nicht berufsunfähig war. Berufsunfähig sind Versicherte, wenn ihre Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F.).

3.1. Nach seiner zuletzt in Deutschland ausgeübten Tätigkeit genießt der Kläger keinen qualifizierten Berufsschutz. Aussagekräftige Nachweise über die Qualität seiner Tätigkeit bei der Fa. N. sind nicht mehr vorhanden. Der Aussage des ehemaligen Arbeitskollegen lässt sich eine besondere Qualifikation ebenfalls nicht entnehmen. Hiernach ist der Kläger vielmehr als Bohrwerksdreher im Betrieb angelernt worden. Die Anlernzeit betrug drei bis vier Wochen. Diese Angaben passen kaum zu einem beruflichen Status, wie er üblicherweise durch einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes vermittelt wird. Umso weniger stellt er einen entsprechenden Nachweis dar. Die Angaben deuten viel eher auf einen Ungelernten oder kurzfristig Angelernten hin.

Die vom Kläger in seiner Heimat absolvierte Berufsausbildung kann an dieser Bewertung nichts ändern. Zum einen reicht wegen der unterschiedlichen Anforderungen eine ausländische Ausbildung allein ohnehin regelmäßig nicht als Qualifikationsnachweis aus (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.53). Zum anderen hat sie konkret die zuletzt ausgeübte Beschäftigung in Deutschland in ihrer Wertigkeit eben gerade nicht beeinflusst.

Schließlich ist prozessual auf den Grundsatz der objektiven Beweislast (siehe Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, § 103, Anm. 19a) hinzuweisen: nachdem ein qualifizierter Berufsschutz nicht mehr zu beweisen ist, muss das Gericht davon ausgehen, dass er nicht besteht.

3.2. Berufsunfähig wäre der Kläger nur dann, wenn er weder sei- nen bisherigen Beruf noch einen zumutbaren Verweisungsberuf mehr ausüben könnte. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs in Anwendung des vom Bundessozialgericht entwickelten "Mehrstufenschemas". Danach kann grundsätzlich jeder Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Wie oben ausgeführt, kann der Kläger nicht den Berufsschutz eines Facharbeiters oder oberen Angelernten beanspruchen. Er ist allenfalls dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich (Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr) zuzuordnen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Als solcher kann er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in seiner vollen Breite verwiesen werden, also auch auf ungelernte Tätigkeiten. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es nicht. Daher hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente.

4. Auch nach "neuer" Rechtslage (SGB VI n.F) ändert sich daran nichts. § 44, 240 SGB VI n.F. stimmen in den hier heranzuziehenden Tatbestandsmerkmalen mit ihren Vorgängervorschriften überein, eröffnen somit keine weitergehenden Rentenansprüche.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.04.2004 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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