Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 321/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4055/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. April 2001 bis 31. März 2004.
Der 1959 geborene Kläger ist schweizer Staatsangehöriger, hat in Deutschland eine Lehre zum Zimmerer 1978 ohne Prüfung beendet und war hier anschließend mit wiederholten Unterbrechungen nach eigenen Angaben als Zimmerer, Arbeiter, Abteilungsleiter in einem Baumarkt und in einem Warenhaus (zuletzt mehrere Jahre als freigestellter Betriebsrat) sowie nach einem sechsmonatigen Lehrgang in einem kaufmännischen Trainingszentrum bis März 1999 als Angestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Arbeitsverhältnisse endeten nach seinen Angaben jeweils durch Kündigung. Zuletzt war der Kläger bis 26. September 1999 (Eintritt einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit) als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Vom 9. November 1999 bis 27. Oktober 2000 bezog er Krankengeld, ab 28. Oktober 2000 Arbeitslosengeld sowie für die Dauer einer ohne Prüfung beendeten Umschulung zur Fachkraft für Bürokommunikation Übergangsgeld.
Am 28. September 1999 erfolgte nach Diagnose eines Hodentumors mit Lymphknotenbefall vom August 1999 eine ambulante Hodenoperation mit anschließender Chemotherapie vom 20. Oktober 1999 bis 27. Januar 2000.
Am 16. März 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der Krebserkrankung und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte zog u.a. den Entlassungsbericht über eine vom 2. bis 30. März 2000 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Tumornachsorge) bei und ließ den Kläger ambulant durch den Internisten Dr. P. begutachten (Gutachten vom 26. April 2001). Dieser diagnostizierte einen Zustand nach Entfernen des rechten Hodens mit anschließender Chemotherapie ohne Anhalt für eine neue Erkrankung, eine Fettleber, wiederkehrende Rückenschmerzen bei leichter Fehlstellung der Lendenwirbelsäule (LWS), eine Rot-Grün-Farbfehlsichtigkeit, einen labiler Bluthochdruck sowie beginnende Verschleißerscheinungen im linken Kniegelenk und hielt den Kläger für fähig, vollschichtig als kaufmännischer Angestellter tätig zu sein. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei geringgradig schmerzhaft eingeschränkt, der kernspintomografische Befund des linken Knies sowie die internistischen Befunde mit Ausnahme einer Fettleber und eines labilen Bluthochdrucks unauffällig. Im Hinblick auf eine vegetative Übererregbarkeit mit Nervosität, Schlafstörungen, belastungsunabhängigen Schweißausbrüchen und Ängstlichkeit sowie die Besorgnis des Klägers, nicht geheilt zu sein, empfahl Dr. P. eine nervenärztliche Zusatzbegutachtung.
Die Beklagte folgte dieser Empfehlung nicht und lehnte den Antrag vom 16. März 2001 wegen fehlender Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 17. Mai 2001). Der Kläger könne seinen bisherigen Beruf als kaufmännischer Angestellter noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren ließ die Beklagte den Kläger ambulant durch den Nervenarzt Dr. G. (Gutachten vom 30. Juli 2001) begutachten. Dieser teilte mit, der Kläger arbeite seit drei Monaten als Verkäufer in einer Handelsfirma für ökologische Baustoffe. Er sei nach eigenen Angaben insgesamt sehr ängstlich, lebe in der ständigen Furcht vor einem Tumorrezidiv, habe sich zurückgezogen und abgekapselt. Neurologische Ausfallerscheinungen oder schwerwiegende krankhafte psychiatrische Auffälligkeiten lägen jedoch nicht vor. Es sei nicht ungewöhnlich, dass nach einer Tumorerkrankung psychische Reaktionen aufträten. Nach gewisser Zeit arrangierten sich die Betroffenen aber meist mit den Tatsachen und durch einen Wiedereintritt in die gewohnten Lebensabläufe trete eine Konsolidierung des psychischen Zustandes ein, wenn das Leiden medizinisch beherrscht sei. Eine andere Einschätzung ergebe sich allenfalls bei abnormen neurotischen Entwicklungen oder reaktiven psychotischen Störungen, die beim Kläger nicht vorlägen. Er könne daher noch mehr als sechs Stunden als Verkäufer tätig sein. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Erwerbsminderung zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2001).
Dagegen erhob der Kläger am 22. November 2001 (Eingang bei Gericht) zum Sozialgericht Regensburg (SG) Klage mit der Begründung, er leide noch immer unter großen psychischen Beschwerden. Er schwitze in Gegenwart anderer Menschen unkontrolliert, habe dauernde Krämpfe in Armen und Beinen, Taubheitsgefühle in den Händen bei längerer PC-Arbeit und Angst vor einem Rezidiv.
Das SG hat u.a. Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. S. (Allgemeinarzt) und Dr. B. (Urologe) eingeholt und den Kläger durch den Neurologen und Psychiater MD R. (Gutachten vom 17. Juli 2003) sowie den Nervenarzt Dr. F. (Gutachten vom 9. September 2003) ambulant begutachten lassen. Während MD R. den Kläger bei im Vordergrund stehender Störung des vegetativen Nervensystems und erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit noch für fähig erachtet hat, acht Stunden und mehr leichte Arbeiten mit einigen qualitativen Einschränkungen zu verrichten, ist Dr. F. zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung befristet für die Dauer der laufenden Nachsorge von etwa zwei bis drei Jahren keiner vollschichtigen bzw. keiner mindestens sechsstündigen Tätigkeit nachgehen.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. angeschlossen und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 verurteilt, dem Kläger unter Zugrundelegung eines am 16. März 2001 eingetretenen Versicherungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bis zum 31. März 2004 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. November 2003). Da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, liege teilweise Erwerbsminderung vor. Ihm sei Rente auf Zeit zu gewähren, denn es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung behoben werden könne. Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger (seit März 2003) im Rahmen einer Eingliederungsmaßnahme des Arbeitsamtes (in einer Schule zur Wiedereingliederung schwerbehinderter Menschen) beschäftigt sei und diese Beschäftigung nach Feststellung des Sachverständigen Dr. F. nicht auf Kosten der Gesundheit erfolge.
Gegen das ihr am 1. März 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. März 2004 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Beim Kläger liege keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Insbesondere seien die für diese Diagnose zu fordernden Kriterien nicht erfüllt, denn es fehle an einem belastenden Ereignis oder einer Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde, z.B. Naturereignisse, schwere Unfälle, Zeuge eines gewaltsamen Todes oder Opfer von Folter und Terrorismus. Außerdem seien folgende Merkmale zu fordern: wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, Alpträume, Gefühl des Betäubtseins und emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Anhedonie, Vermeiden von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen können, Auftreten von Angst und Panikattacken, ausgelöst durch die plötzliche Erinnerung oder Wiederholung des Traumas. Außerdem trete eine posttraumatische Störung in der Regel mit einer Latenz von bis zu sechs Monaten nach dem Trauma auf. Der Kläger habe nach seiner Karzinomerkrankung und seiner Operation aber weiterhin seine berufliche Tätigkeit ausüben können. Die Arbeitsaufgabe sei nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern wegen Schließung der Firma erfolgt. Gravierende Funktionsstörungen habe Dr. F. nicht dokumentiert. Eine Verschlechterung gegenüber den nervenärztlichen Vorgutachten der Sachverständigen Dr. G. und MD R. sei nicht erkennbar.
Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, er habe 2001/2002 wieder eine Tätigkeit ausüben müssen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er habe damals noch keine Aussicht auf Rente gehabt und die Folgen der Chemotherapie hätten sich auch erst nach und nach eingestellt. Insbesondere wegen der Schwitzattacken und seiner Angstzustände habe er aber feststellen müssen, dass es nicht mehr gehe. Dies werde auch durch ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 13. Februar 2004 bestätigt, wo-nach er nur drei bis unter sechs Stunden erwerbsfähig sei. Außerdem genieße er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Verkäufer den Berufschutz eines Fachangestellten, wie sich aus Zeugnissen seiner damaligen Arbeitgeber ergebe.
Die Beklagte hat dem Kläger nach Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil (Beschluss vom 17. Juni 2004) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. März 2004 bewil-ligt. Ein Zahlbetrag ergebe sich aber nicht, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei (Bescheid vom 23. Juli 2004). Über einen Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente über den 31. März 2004 hinaus hat die Beklagte nicht entschieden sondern angeregt, im Berufungsverfahren Ermittlungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers durchzuführen. Sie gehe weiterhin von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen aus. Auch sei der Kläger, dem der qualifizierte Berufschutz eines dreijährig Gelernten zukomme, sozial zumutbar auf Tätigkeiten eines Mitarbeiters in der Registratur nach Vergütungsgruppe VIII BAT verweisbar.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. November 2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat keine (Anschluss)Berufung eingelegt.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und den der Berufungsakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich in einem Erörterungstermin am 23. November 2005 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG)
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 nur insoweit, als die Beklagte einen Anspruch des Klägers nach § 43 Abs. 1 S. 1 des Sechsten Buches Sozial-gesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F) auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund eines Versicherungsfalles vom 16. März 2001 für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. März 2004 abgelehnt hat. Im Übrigen ist der Bescheid bestandskräftig geworden, da der Kläger gegen die Abweisung seiner weitergehenden Klage keine (Anschluss)Berufung eingelegt hat (§ 77 SGG).
Deshalb kann dahinstehen, ob beim Kläger aufgrund der seit 1999 bestehenden Gesundheitsstörungen bereits vor dem 16. März 2001 ein unter sechsstündiges bzw. vor dem 1. Januar 2001 ein unter achtstündiges Leistungsvermögen vorgelegen hat und der Kläger aufgrund der Antragstellung am 16. März 2001 einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung - a.F. - (§ 300 Abs. 2 SGB VI) oder bei Eintritt des Versicherungsfalles nach dem 31. Dezember 2000 wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für Zeiten der Beschäftigungslosigkeit einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI n.F. oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n.F. geltend machen könnte.
Der Senat hat auch nicht darüber zu entscheiden, ob dem Kläger über den 31. März 2004 hinaus (erneut) Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren ist. Ein solcher Anspruch ist nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Die Be-klagte hat über den entsprechenden Antrag des Klägers auch noch keinen Verwaltungsakt erlassen, der nach § 96 SGG oder im Wege der gewillkürten Klageänderung nach § 99 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sein könnte.
Ausgehend von einem Eintritt des Versicherungsfalles am 16. März 2001 hat das SG die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, dem Kläger befristet für die Zeit (vom 1. Oktober 2001 - vgl. § 102 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 SGB VI n.F.) bis 31. März 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Dass der Kläger die allgemeine Wartezeit und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI n.F. erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das SG ist auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. F. aber auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger jedenfalls im streitigen Zeitraum ab 16. März 2001 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und somit teilweise erwerbsgemindert i.S. des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB VI n.F. war.
Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 9. September 2003 ausführlich dargestellt, dass beim Kläger infolge der 1999 überraschend diagnostizierten Krebserkrankung bei von Anfang an abnormer Krankheitsverarbeitung eine posttraumatische Belas-tungsstörung eingetreten ist, die sein Leistungsvermögen jedenfalls für den streitigen Zeitraum auf nur drei bis unter sechs Stunden begrenzt hat. Der Sachverständige hat diese von den Vorgutachtern abweichende Diagnosestellung und Leistungsbeurteilung unter Berücksichtigung der in den Vorgutachten nicht in dieser Ausführlichkeit und Tiefe dargestellten Befunde eingehend begründet. Er hat überzeugend dargelegt, dass der Kläger von der Krebsdiagnose überrascht worden ist und aufgrund der Schwere der Erkrankung bei bereits eingetretener Metastasierung sowie ungünstiger Rahmenbedingungen von Anfang an eine abnorme Verarbeitung der realen Bedrohung gezeigt hat, die sich u.a. in phobischem Vermeidungsverhalten und zum Teil abstrusen Ängsten äußert. Er wird durch teilweise im Alltagsleben unvermeidbare Ereignisse (z.B. Urinieren) und krankheitsbezogene Geschehnisse (insbesondere Nachsorgeuntersuchungen mit teils zwanghaften Verhaltensweisen des Klägers) immer wieder an das ihn belastende Krankheitsgeschehen erinnert und lebt in der ständigen Angst, die Krankheit nicht überwunden zu haben. Als Folge ist eine Beeinträchtigung der Beziehungsfähigkeit mit erhöhter Nervosität und Reizbarkeit, erheblichen Schlafstörungen mit der Folge fehlender Erholung und abnormen, belastungsunabhängigen Schweißausbrüchen eingetreten, die nicht nur das Alltagserleben, sondern auch die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers nachvollziehbar beeinträchtigen. Dr. F. ging davon aus, dass diese Beeinträchtigung jedenfalls für die Dauer der Nachsorge von damals voraussichtlich zwei bis drei Jahren fortdauern werde. Dem hat sich das SG durch die wohl im Hinblick auf § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F. erfolgte Befristung der Rentenanspruchsdauer bis zum 31. März 2004 angeschlossen.
Der von Dr. F. gestellten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung kann nicht entgegengehalten werden, beim Kläger läge kein ausreichend belastendes Ereignis vor. Die überraschende Konfrontation mit einer Krebserkrankung bei bereits fortgeschrittener Metastasenbildung dürfte bei fast jedem davon betroffenen Menschen eine tiefe Verstörung hervorrufen. Sie bleibt auch bei einem Erfolg der Erstbehandlung aufgrund der möglichen weiteren oder erneuten Metastasenbildung ein durch die lange Chemotherapie prolongiertes existenzbedrohendes Geschehen. Auch hat Dr. F. ausdrücklich auf die beim Kläger vorliegenden Folgeerscheinungen, insbesondere sein phobisches Vermeidungsverhalten, seine zum Teil abstrusen Ängste, Flashbacks und emotionalen Beeinträchtigungen hingewiesen, die in den Vorgutachten noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Die zeitweise tatsächliche Beschäftigung des Klägers steht dem nicht entgegen. Zum einen geht die Beklagte unzutreffend davon aus, der Kläger habe seine Tätigkeit nach der Operation im September 1999 weiterhin ausgeübt. Tatsächlich war er bis zum 27. Oktober 2000 arbeitsunfähig und anschließend arbeitslos gemeldet. Erst im April 2001 nahm er erneut eine Tätigkeit auf. Der Kläger hat hierzu überzeugend dargelegt, dass er diese Tätigkeit zum Bestreiten des Lebensunterhalts aufnehmen musste. Dies zwingt jedoch nicht zu der Annahme, dass er auch aus medizinischer Sicht tatsächlich über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt hat.
Der Senat schließt sich deshalb der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. an.
Für die Prüfung des hier allein streitigen Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit bedarf die Frage des Berufschutzes und der möglichen Verweisbarkeit des Klägers keiner Erörterung.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte mit ihrem Berufungsbegehren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. April 2001 bis 31. März 2004.
Der 1959 geborene Kläger ist schweizer Staatsangehöriger, hat in Deutschland eine Lehre zum Zimmerer 1978 ohne Prüfung beendet und war hier anschließend mit wiederholten Unterbrechungen nach eigenen Angaben als Zimmerer, Arbeiter, Abteilungsleiter in einem Baumarkt und in einem Warenhaus (zuletzt mehrere Jahre als freigestellter Betriebsrat) sowie nach einem sechsmonatigen Lehrgang in einem kaufmännischen Trainingszentrum bis März 1999 als Angestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Arbeitsverhältnisse endeten nach seinen Angaben jeweils durch Kündigung. Zuletzt war der Kläger bis 26. September 1999 (Eintritt einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit) als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Vom 9. November 1999 bis 27. Oktober 2000 bezog er Krankengeld, ab 28. Oktober 2000 Arbeitslosengeld sowie für die Dauer einer ohne Prüfung beendeten Umschulung zur Fachkraft für Bürokommunikation Übergangsgeld.
Am 28. September 1999 erfolgte nach Diagnose eines Hodentumors mit Lymphknotenbefall vom August 1999 eine ambulante Hodenoperation mit anschließender Chemotherapie vom 20. Oktober 1999 bis 27. Januar 2000.
Am 16. März 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der Krebserkrankung und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte zog u.a. den Entlassungsbericht über eine vom 2. bis 30. März 2000 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Tumornachsorge) bei und ließ den Kläger ambulant durch den Internisten Dr. P. begutachten (Gutachten vom 26. April 2001). Dieser diagnostizierte einen Zustand nach Entfernen des rechten Hodens mit anschließender Chemotherapie ohne Anhalt für eine neue Erkrankung, eine Fettleber, wiederkehrende Rückenschmerzen bei leichter Fehlstellung der Lendenwirbelsäule (LWS), eine Rot-Grün-Farbfehlsichtigkeit, einen labiler Bluthochdruck sowie beginnende Verschleißerscheinungen im linken Kniegelenk und hielt den Kläger für fähig, vollschichtig als kaufmännischer Angestellter tätig zu sein. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei geringgradig schmerzhaft eingeschränkt, der kernspintomografische Befund des linken Knies sowie die internistischen Befunde mit Ausnahme einer Fettleber und eines labilen Bluthochdrucks unauffällig. Im Hinblick auf eine vegetative Übererregbarkeit mit Nervosität, Schlafstörungen, belastungsunabhängigen Schweißausbrüchen und Ängstlichkeit sowie die Besorgnis des Klägers, nicht geheilt zu sein, empfahl Dr. P. eine nervenärztliche Zusatzbegutachtung.
Die Beklagte folgte dieser Empfehlung nicht und lehnte den Antrag vom 16. März 2001 wegen fehlender Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 17. Mai 2001). Der Kläger könne seinen bisherigen Beruf als kaufmännischer Angestellter noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren ließ die Beklagte den Kläger ambulant durch den Nervenarzt Dr. G. (Gutachten vom 30. Juli 2001) begutachten. Dieser teilte mit, der Kläger arbeite seit drei Monaten als Verkäufer in einer Handelsfirma für ökologische Baustoffe. Er sei nach eigenen Angaben insgesamt sehr ängstlich, lebe in der ständigen Furcht vor einem Tumorrezidiv, habe sich zurückgezogen und abgekapselt. Neurologische Ausfallerscheinungen oder schwerwiegende krankhafte psychiatrische Auffälligkeiten lägen jedoch nicht vor. Es sei nicht ungewöhnlich, dass nach einer Tumorerkrankung psychische Reaktionen aufträten. Nach gewisser Zeit arrangierten sich die Betroffenen aber meist mit den Tatsachen und durch einen Wiedereintritt in die gewohnten Lebensabläufe trete eine Konsolidierung des psychischen Zustandes ein, wenn das Leiden medizinisch beherrscht sei. Eine andere Einschätzung ergebe sich allenfalls bei abnormen neurotischen Entwicklungen oder reaktiven psychotischen Störungen, die beim Kläger nicht vorlägen. Er könne daher noch mehr als sechs Stunden als Verkäufer tätig sein. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Erwerbsminderung zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2001).
Dagegen erhob der Kläger am 22. November 2001 (Eingang bei Gericht) zum Sozialgericht Regensburg (SG) Klage mit der Begründung, er leide noch immer unter großen psychischen Beschwerden. Er schwitze in Gegenwart anderer Menschen unkontrolliert, habe dauernde Krämpfe in Armen und Beinen, Taubheitsgefühle in den Händen bei längerer PC-Arbeit und Angst vor einem Rezidiv.
Das SG hat u.a. Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. S. (Allgemeinarzt) und Dr. B. (Urologe) eingeholt und den Kläger durch den Neurologen und Psychiater MD R. (Gutachten vom 17. Juli 2003) sowie den Nervenarzt Dr. F. (Gutachten vom 9. September 2003) ambulant begutachten lassen. Während MD R. den Kläger bei im Vordergrund stehender Störung des vegetativen Nervensystems und erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit noch für fähig erachtet hat, acht Stunden und mehr leichte Arbeiten mit einigen qualitativen Einschränkungen zu verrichten, ist Dr. F. zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung befristet für die Dauer der laufenden Nachsorge von etwa zwei bis drei Jahren keiner vollschichtigen bzw. keiner mindestens sechsstündigen Tätigkeit nachgehen.
Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. angeschlossen und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 verurteilt, dem Kläger unter Zugrundelegung eines am 16. März 2001 eingetretenen Versicherungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bis zum 31. März 2004 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. November 2003). Da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, liege teilweise Erwerbsminderung vor. Ihm sei Rente auf Zeit zu gewähren, denn es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung behoben werden könne. Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht, weil der Kläger (seit März 2003) im Rahmen einer Eingliederungsmaßnahme des Arbeitsamtes (in einer Schule zur Wiedereingliederung schwerbehinderter Menschen) beschäftigt sei und diese Beschäftigung nach Feststellung des Sachverständigen Dr. F. nicht auf Kosten der Gesundheit erfolge.
Gegen das ihr am 1. März 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. März 2004 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Beim Kläger liege keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Insbesondere seien die für diese Diagnose zu fordernden Kriterien nicht erfüllt, denn es fehle an einem belastenden Ereignis oder einer Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde, z.B. Naturereignisse, schwere Unfälle, Zeuge eines gewaltsamen Todes oder Opfer von Folter und Terrorismus. Außerdem seien folgende Merkmale zu fordern: wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen, Alpträume, Gefühl des Betäubtseins und emotionaler Stumpfheit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Anhedonie, Vermeiden von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen können, Auftreten von Angst und Panikattacken, ausgelöst durch die plötzliche Erinnerung oder Wiederholung des Traumas. Außerdem trete eine posttraumatische Störung in der Regel mit einer Latenz von bis zu sechs Monaten nach dem Trauma auf. Der Kläger habe nach seiner Karzinomerkrankung und seiner Operation aber weiterhin seine berufliche Tätigkeit ausüben können. Die Arbeitsaufgabe sei nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern wegen Schließung der Firma erfolgt. Gravierende Funktionsstörungen habe Dr. F. nicht dokumentiert. Eine Verschlechterung gegenüber den nervenärztlichen Vorgutachten der Sachverständigen Dr. G. und MD R. sei nicht erkennbar.
Der Kläger hat demgegenüber geltend gemacht, er habe 2001/2002 wieder eine Tätigkeit ausüben müssen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er habe damals noch keine Aussicht auf Rente gehabt und die Folgen der Chemotherapie hätten sich auch erst nach und nach eingestellt. Insbesondere wegen der Schwitzattacken und seiner Angstzustände habe er aber feststellen müssen, dass es nicht mehr gehe. Dies werde auch durch ein arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 13. Februar 2004 bestätigt, wo-nach er nur drei bis unter sechs Stunden erwerbsfähig sei. Außerdem genieße er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Verkäufer den Berufschutz eines Fachangestellten, wie sich aus Zeugnissen seiner damaligen Arbeitgeber ergebe.
Die Beklagte hat dem Kläger nach Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil (Beschluss vom 17. Juni 2004) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. März 2004 bewil-ligt. Ein Zahlbetrag ergebe sich aber nicht, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten sei (Bescheid vom 23. Juli 2004). Über einen Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente über den 31. März 2004 hinaus hat die Beklagte nicht entschieden sondern angeregt, im Berufungsverfahren Ermittlungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers durchzuführen. Sie gehe weiterhin von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen aus. Auch sei der Kläger, dem der qualifizierte Berufschutz eines dreijährig Gelernten zukomme, sozial zumutbar auf Tätigkeiten eines Mitarbeiters in der Registratur nach Vergütungsgruppe VIII BAT verweisbar.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. November 2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat keine (Anschluss)Berufung eingelegt.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und den der Berufungsakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich in einem Erörterungstermin am 23. November 2005 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG)
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2001 nur insoweit, als die Beklagte einen Anspruch des Klägers nach § 43 Abs. 1 S. 1 des Sechsten Buches Sozial-gesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F) auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund eines Versicherungsfalles vom 16. März 2001 für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. März 2004 abgelehnt hat. Im Übrigen ist der Bescheid bestandskräftig geworden, da der Kläger gegen die Abweisung seiner weitergehenden Klage keine (Anschluss)Berufung eingelegt hat (§ 77 SGG).
Deshalb kann dahinstehen, ob beim Kläger aufgrund der seit 1999 bestehenden Gesundheitsstörungen bereits vor dem 16. März 2001 ein unter sechsstündiges bzw. vor dem 1. Januar 2001 ein unter achtstündiges Leistungsvermögen vorgelegen hat und der Kläger aufgrund der Antragstellung am 16. März 2001 einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung - a.F. - (§ 300 Abs. 2 SGB VI) oder bei Eintritt des Versicherungsfalles nach dem 31. Dezember 2000 wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für Zeiten der Beschäftigungslosigkeit einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI n.F. oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI n.F. geltend machen könnte.
Der Senat hat auch nicht darüber zu entscheiden, ob dem Kläger über den 31. März 2004 hinaus (erneut) Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren ist. Ein solcher Anspruch ist nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils. Die Be-klagte hat über den entsprechenden Antrag des Klägers auch noch keinen Verwaltungsakt erlassen, der nach § 96 SGG oder im Wege der gewillkürten Klageänderung nach § 99 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sein könnte.
Ausgehend von einem Eintritt des Versicherungsfalles am 16. März 2001 hat das SG die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, dem Kläger befristet für die Zeit (vom 1. Oktober 2001 - vgl. § 102 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 101 Abs. 1 SGB VI n.F.) bis 31. März 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Dass der Kläger die allgemeine Wartezeit und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI n.F. erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das SG ist auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. F. aber auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger jedenfalls im streitigen Zeitraum ab 16. März 2001 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und somit teilweise erwerbsgemindert i.S. des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB VI n.F. war.
Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 9. September 2003 ausführlich dargestellt, dass beim Kläger infolge der 1999 überraschend diagnostizierten Krebserkrankung bei von Anfang an abnormer Krankheitsverarbeitung eine posttraumatische Belas-tungsstörung eingetreten ist, die sein Leistungsvermögen jedenfalls für den streitigen Zeitraum auf nur drei bis unter sechs Stunden begrenzt hat. Der Sachverständige hat diese von den Vorgutachtern abweichende Diagnosestellung und Leistungsbeurteilung unter Berücksichtigung der in den Vorgutachten nicht in dieser Ausführlichkeit und Tiefe dargestellten Befunde eingehend begründet. Er hat überzeugend dargelegt, dass der Kläger von der Krebsdiagnose überrascht worden ist und aufgrund der Schwere der Erkrankung bei bereits eingetretener Metastasierung sowie ungünstiger Rahmenbedingungen von Anfang an eine abnorme Verarbeitung der realen Bedrohung gezeigt hat, die sich u.a. in phobischem Vermeidungsverhalten und zum Teil abstrusen Ängsten äußert. Er wird durch teilweise im Alltagsleben unvermeidbare Ereignisse (z.B. Urinieren) und krankheitsbezogene Geschehnisse (insbesondere Nachsorgeuntersuchungen mit teils zwanghaften Verhaltensweisen des Klägers) immer wieder an das ihn belastende Krankheitsgeschehen erinnert und lebt in der ständigen Angst, die Krankheit nicht überwunden zu haben. Als Folge ist eine Beeinträchtigung der Beziehungsfähigkeit mit erhöhter Nervosität und Reizbarkeit, erheblichen Schlafstörungen mit der Folge fehlender Erholung und abnormen, belastungsunabhängigen Schweißausbrüchen eingetreten, die nicht nur das Alltagserleben, sondern auch die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers nachvollziehbar beeinträchtigen. Dr. F. ging davon aus, dass diese Beeinträchtigung jedenfalls für die Dauer der Nachsorge von damals voraussichtlich zwei bis drei Jahren fortdauern werde. Dem hat sich das SG durch die wohl im Hinblick auf § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F. erfolgte Befristung der Rentenanspruchsdauer bis zum 31. März 2004 angeschlossen.
Der von Dr. F. gestellten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung kann nicht entgegengehalten werden, beim Kläger läge kein ausreichend belastendes Ereignis vor. Die überraschende Konfrontation mit einer Krebserkrankung bei bereits fortgeschrittener Metastasenbildung dürfte bei fast jedem davon betroffenen Menschen eine tiefe Verstörung hervorrufen. Sie bleibt auch bei einem Erfolg der Erstbehandlung aufgrund der möglichen weiteren oder erneuten Metastasenbildung ein durch die lange Chemotherapie prolongiertes existenzbedrohendes Geschehen. Auch hat Dr. F. ausdrücklich auf die beim Kläger vorliegenden Folgeerscheinungen, insbesondere sein phobisches Vermeidungsverhalten, seine zum Teil abstrusen Ängste, Flashbacks und emotionalen Beeinträchtigungen hingewiesen, die in den Vorgutachten noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Die zeitweise tatsächliche Beschäftigung des Klägers steht dem nicht entgegen. Zum einen geht die Beklagte unzutreffend davon aus, der Kläger habe seine Tätigkeit nach der Operation im September 1999 weiterhin ausgeübt. Tatsächlich war er bis zum 27. Oktober 2000 arbeitsunfähig und anschließend arbeitslos gemeldet. Erst im April 2001 nahm er erneut eine Tätigkeit auf. Der Kläger hat hierzu überzeugend dargelegt, dass er diese Tätigkeit zum Bestreiten des Lebensunterhalts aufnehmen musste. Dies zwingt jedoch nicht zu der Annahme, dass er auch aus medizinischer Sicht tatsächlich über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen verfügt hat.
Der Senat schließt sich deshalb der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. F. an.
Für die Prüfung des hier allein streitigen Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit bedarf die Frage des Berufschutzes und der möglichen Verweisbarkeit des Klägers keiner Erörterung.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte mit ihrem Berufungsbegehren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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