Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KA 165/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 3/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen der Vollendung seines 68. Lebensjahres.
Der 1933 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1963 als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss vom 24. Januar 2001/Bescheid vom 26. März 2001 stellte der Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein fest, dass die Zulassung des Klägers am 31. Dezember 2001 ende und nahm zur Begründung im Wesentlichen auf § 95 Abs. 7 Satz 2 SGB V (a.F., jetzt: § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V) Bezug. Nach dieser Regelung endet die Zulassung am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendet.
Zur Begründung des dagegen am 23. April 2001 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass wegen der Altersgrenze für die Zulassung mit neuen Klagen bis zum Bundesverfassungsgericht bzw. Europäischen Gerichtshof zu rechnen sei. Er erhebe den Widerspruch deshalb nur vorsorglich zur Fristwahrung. Der bereits vorliegende Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts entfalte keinerlei Bindungswirkung. Die Altersgrenze von 68 Jahren sei mit den europarechtlichen Vorschriften zur Niederlassungsfreiheit unvereinbar. Außerdem sei ein enteignender Zugriff wie der Zulassungsentzug möglicherweise nach Art. 14 Grundgesetz (GG) entschädigungspflichtig. Auch dazu seien Klagen anhängig, deren Ausgang abzuwarten sei.
Der Berufungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 31. Januar 2002/Bescheid vom 7. März 2002 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die im Zulassungsverfahren tätigen Ausschüsse seien als Verwaltungsbehörden an das geltende Recht und damit auch an die in § 95 Abs. 7 SGB V geregelte Altersgrenze für die Zulassung eines Vertragsarztes gebunden. Eine Verlängerung der Zulassung gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V komme nicht in Betracht, weil der Kläger im Zeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres länger als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen sei. Gegen die Geltung der die Altersgrenze betreffenden Norm (§ 95 Abs. 7 SGB V) bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändere auch der Hinweis des Klägers auf das Europarecht nichts. Soweit dort die Niederlassungsfreiheit angesprochen werde, bedeute dies lediglich, dass die Freizügigkeit in der Berufsausübung auch für Ärzte nach Maßgabe der jeweiligen landesrechtlichen Normen gewährleistet sei.
Dagegen hat sich der Kläger mit der am 19. März 2002 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gewandt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die Klage werde lediglich vorsorglich zur Fristwahrung erhoben und zurückgenommen, sobald auf europäischer Ebene eine negative Entscheidung ergangen sei.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2002 aufzuheben und festzustellen, dass er auch über den 31. Dezember 2001 hinaus zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit dem in der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2003 verkündeten Urteil hat das Sozialgericht Kiel die Klage abgewiesen. Wegen des Todes des Richters wurde das Urteil nicht mit Gründen versehen.
Gegen das ihm am 4. März 2004 zugestellte Urteil des Sozialgerichts wendet sich der Kläger mit der am 11. März 2004 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Außerdem hat er vorgetragen, dass das europäische Recht die diskriminierende Regelung zur Höchstaltersgrenze für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verbiete. Bürokratische Hindernisse bei der Umsetzung der Anti-Diskriminierungs-Richtlinie könnten der nationalen Geltung des europäischen Rechts nicht entgegenstehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Dezember 2003 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2002 aufzuheben und festzustellen, dass seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung über den 31. Dezember 2001 hinaus fortbesteht.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 33 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte. Ausschlaggebend ist insoweit, wie nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über den streitigen Anspruch zu entscheiden hat. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch dann, wenn Streitgegenstand die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18). Für die Klärung des Zulassungsstatus sind die paritätisch besetzten Zulassungsgremien zuständig (vgl. BSG, a.a.O.), die im vorliegenden Fall auch entschieden haben.
Obwohl das Urteil des Sozialgerichts wegen des Todes des Richters nicht mit Gründen versehen ist und nicht von dem Richter, der die Entscheidung verkündet hat, unterschrieben werden konnte, hat der Senat davon abgesehen, die Sache gemäß § 159 Abs. 1 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat den Beteiligten dazu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beklagte hat ausdrücklich seine Zustimmung erklärt, während der Kläger zunächst geltend gemacht hat, die Berufungsbegründung wegen der fehlenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung nicht vertiefen zu können. Daraufhin hat der Senat dem Kläger u. a. eine Ablichtung des Beschlusses des Bundessozialgerichts vom 27. April 2005 (B 6 KA 38/04 B) übersandt. Anschließend hat der Kläger die Berufung ergänzend begründet und keine Bedenken mehr gegenüber der vom Senat beabsichtigten Verfahrensweise geltend gemacht.
Der Senat versteht das Begehren des Klägers dahin, dass er die Feststellung erreichen will, auch über den 31. Dezember 2001 als zugelassener Vertragsarzt tätig sein zu dürfen. Dieses Ziel kann der Kläger geltend machen in Form der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) auf Feststellung des (Weiter-)bestehens eines Rechtsverhältnisses, nämlich der weiteren vertragsärztlichen Zulassung. Für diese Feststellung besteht auch ein berechtigtes Interesse. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob und ggf. welche rechtliche Wirkung der Beschluss vom 31. Januar 2002/Bescheid vom 7. März 2002 des Berufungsausschusses hat, da die Beendigung der vertragsärztlichen Zulassung unmittelbar durch die gesetzliche Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V in der durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) geänderten Fassung eingetreten ist (zu dem Feststellungsbegehren insoweit siehe BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; siehe auch BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 11/04 R).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Beklagte hat die durch den Zulassungsausschuss getroffene Feststellung, nach der die Zulassung des Klägers mit dem 31. Dezember 2001 beendet war, zu Recht bestätigt. Gemäß § 95 Abs. 7 SGB V endet die Zulassung ab dem 1. Januar 1999 am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendet. Da der Kläger sein 68. Lebensjahr am 2001 vollendet hat, endete seine Zulassung am 31. Dezember 2001. Die in § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V für den Fall einer noch nicht zwanzigjährigen vertragsärztlichen Tätigkeit vorgesehene Ausnahmeregelung greift bei dem Kläger, der bereits seit dem 1. Januar 1963 an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen hat, nicht ein. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Vorschriften über die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit bei Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren mit dem GG vereinbar. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits mit Beschluss vom 31. März 1998 (1 BvR 2167/93 und 1 BvR 2198/93 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 17) entschieden. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die in § 95 Abs. 7 SGB V getroffene Regelung zur Altersgrenze für die vertragsärztliche Zulassung ist danach mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Mit der Begrenzung der Zulassung auf den Ablauf des Quartals nach Vollendung des 68. Lebensjahres wird die Berufsausübung des Arztes geregelt. Im Hinblick auf die Anzahl der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten wirkt sie ähnlich wie eine Beschränkung der Berufswahlfreiheit. Die Altersgrenze entspricht jedoch auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die Altersgrenzen als berufswahlbeschränkende Regelung gelten. Subjektive Zulassungsbeschränkungen sind zulässig, wenn sie als Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Berufs oder zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, erforderlich sind. Zu dem angestrebten Zweck dürfen sie nicht außer Verhältnis stehen und keine übermäßigen, unzumutbaren Belastungen enthalten (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Altersgrenze dient einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut, weil sie - wie alle Altersgrenzen, die die Berufsausübung im höheren Alter einschränken - dazu beitragen, die Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen, einzudämmen. Gesetzlich Versicherte haben anders als privat versicherte Patienten auf Grund des Sachleistungsprinzips nur Anspruch auf die Behandlung durch einen Vertragsarzt. Die Tätigkeit als Vertragsarzt stellt hohe Anforderungen an die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter größer wird (BVerfG, a.a.O., m.w.N.).
Der Senat geht ferner - der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; ähnlich auch BVerfG, Beschl. vom 20. März 2001, BVerfGE 103, 172 = SozR 3- 5520 § 25 Nr. 4, juris Rz 56) davon aus, dass die Altersgrenze unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verteilung der Lasten, die von der Beschränkung der Zahl der zugelassenen Vertragsärzte ausgehen, gerechtfertigt ist. Die Beschränkung der Zahl der zugelassenen Ärzte wird vom Gesetzgeber zur Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung für zwingend erforderlich gehalten. Mit der Einführung der Altersgrenze von 68 Jahren hat der Gesetzgeber auch dafür gesorgt, dass die Altersstruktur der vertragsärztlich zugelassenen Ärzte ausgewogen bleibt und die nachrückenden jüngeren Ärzte trotz der Zulassungsbegrenzung ihre Zugangschance erhalten. Die der Einführung verschärfter Zulassungsbeschränkungen zu Grunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass eine Begrenzung der Zahl der zugelassenen Ärzte ein geeignetes und unverzichtbares Mittel zur Stabilisierung der Ausgaben der Krankenkasse ist, ist nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte sich mit dieser Beurteilung u. a. auf gutachtliche Stellungnahmen der Enquete-Kommission "Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung" und des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen stützen (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; U. Becker, NZS 1999, 521 ff., 528 f.).
Auch eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, weil sich die angegriffene Vorschrift auf die berufliche Betätigung und nicht auf deren Ergebnis bezieht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. März 1998, a.a.O., juris Rz. 36). Die Altersgrenze verstößt ferner nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber wird durch den Gleichheitssatz nicht gehindert, die Berufsausübung des Vertragsarztes im Gegensatz zu derjenigen anderer freier Berufe einer Altersbegrenzung zu unterwerfen (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rz. 37, m.w.N.).
Auch die Normen des Europäischen Gemeinschaftsrechts sind durch die in § 95 Abs. 7 SGB V getroffene Regelung zur Altersbegrenzung nicht verletzt. Eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang nicht erforderlich (vgl. Art. 234 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [EGV]). Die Regelung zur Altersgrenze, gegen die sich der Kläger wendet, betrifft einen innerstaatlichen Sachverhalt, der nicht an den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts zu messen ist (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005 - B 6 KA 38/04 B, m.w.N.). Die Altersgrenze ist nicht auf der Grundlage oder in Ausführung des europäischen Rechts festgesetzt worden. Sie kann deshalb entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte verstoßen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Regelung Ärzte mit deutscher Staatsbürgerschaft im Vergleich zu Ärzten aus anderen Staaten der Europäischen Union bei ihrer Tätigkeit als Vertragsärzte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ungleich behandelt werden könnten, so dass die Altersgrenze für die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit auch kein Gleichheitsproblem im Sinne der Inländerdiskriminierung aufwirft (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. März 1998, a.a.O., juris Rz 37). Im Übrigen steht Art. 43 EGV, der allen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates die Aufnahme und die Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den Bestimmungen des Aufenthaltsstaates für seinen Angehörigen gestattet (sog. Niederlassungsfreiheit), nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 31. März 1993 in der Rechtssache Kraus, EuGHE 1993 I-1689) solchen nationalen Regelungen nicht entgegen, mit denen ein berechtigter Zweck verfolgt wird, der mit dem EGV vereinbar und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, sofern die Regelung zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet und zugleich erforderlich ist. Dies gilt für die Höchstaltersgrenze von 68 Jahren für die Ausübung de vertragsärztlichen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O., m.w.N.).
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Regelung über die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres auch nicht gegen die auf Art. 13 EGV beruhende Richtlinie des Rats 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsbl. L 303/16 vom 2. Dezember 2000) verstoßen (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005, a.a.O.). Denn die Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie ist für die Bundesrepublik Deutschland noch nicht abgelaufen. Zwar sieht Art. 18 der Richtlinie im Grundsatz eine Umsetzung bis spätestens zum 2. Dezember 2003 vor. Den Mitgliedsstaaten wird jedoch die Möglichkeit eröffnet, eine Zusatzfrist von bis zu drei Jahren ab dem 2. Dezember 2003 (also bis zum 2. Dezember 2006) in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung ist, dass die Kommission unverzüglich in Kenntnis gesetzt wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005, a.a.O., juris Rz 16). Deshalb kommt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Verletzung der Richtlinie nicht in Betracht (ebenso: Boecken, NZS 2005, 393).
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2005 in der Rechtssache M (C-144/04 NJW 2005, 3695). Zwar hat der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung eine Vorschrift aus dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (§ 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen - TzBfG) an den Maßstäben aus der Richtlinie 2000/78/EG bereits vor Ablauf der zur Umsetzung der Richtlinie geltenden Frist gemessen und zudem ausgeführt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nicht in der Richtlinie 2000/78/EG verankert sei, sondern dass das grundsätzliche Verbot der Diskriminierung seinen Ursprung bereits in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedsstaaten habe. Es obliege dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse, auch wenn die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG noch nicht abgelaufen sei.
In der Literatur ist diese Entscheidung, soweit ersichtlich, weitgehend auf Kritik gestoßen (vgl. die Anmerkungen von Brock/ Windeln, EWiR 2005, 869; Koenigs, DB 2006, 49; Thüsing, ZIP 2005, 2149; Strybny, BB 2005, 2753; Bauer/Arnold, NJW 2006, 6). Darauf ist hier nicht näher einzugehen, denn die Maßstäbe aus der Entscheidung des EuGH sind jedenfalls auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu übertragen: Zur Begründung seiner Auffassung, nach der § 14 Abs. 3 TzBfG in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, hat der EuGH darauf verwiesen, dass es sich um eine Maßnahme zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie der Richtlinie 1999/70/EG handele (EuGH, a.a.O., Rz 51, 75). Zudem ist der EuGH davon ausgegangen, dass die Herabsetzung der in Art. 14 Abs. 3 TzBfG geregelten Altersgrenze von 58 auf 52 Jahre im Dezember 2002 und damit innerhalb der Umsetzungsfrist der o. g. Richtlinie erfolgt sei. Den Mitgliedstaaten sei es jedoch nicht gestattet, während der Frist zur Umsetzung von Richtlinien Maßnahmen zu erlassen, die mit deren Zielen unvereinbar seien (a.a.O., Rz 72). Im Unterschied dazu lässt sich bezogen auf die in § 95 Abs. 7 SGB V geregelte Altersgrenze für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ein vergleichbarer Bezug zum Gemeinschaftsrecht nicht herstellen. Die Altersgrenze von 68 Jahren ist nicht in Umsetzung einer europäischen Richtlinie eingeführt worden. Zudem ist die Altersgrenze bereits mit dem Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Dezember 1992 (GSG, BGBl. I, S. 2266) für die Zeit ab 1999 und damit vor Beginn der Umsetzungsfrist der im Dezember des Jahres 2000 veröffentlichten Richtlinie 2000/78/EG (vgl. Amtsblatt Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000) geregelt worden. Auch im übrigen besteht vorliegend kein Bezug zum Gemeinschaftsrecht. Es handelt sich um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt, der nicht an den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts zu messen ist. Der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache M kann nicht entnommen werden, dass die Richtlinie 2000/78/EG generell und ohne Rücksicht auf den noch bevorstehenden Ablauf der Umsetzungsfrist zu beachten wäre.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2000/78/EG nicht jeder Ungleichbehandlung wegen des Alters entgegensteht. So berührt die Richtlinie gem. Art. 2 Abs. 5 2000/78/EG ausdrücklich nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft u.a. zum Schutz der Gesundheit notwendig sind. Ferner können die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG "vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind". Danach spricht aus Sicht des Senats vieles dafür, dass die Gründe, die nach der Rechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerfG geeignet sind, eine Einschränkung der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) durch eine Altersgrenze zu rechtfertigen, auch geeignet sind, eine Ungleichbehandlung nach den in der Richtlinie 2000/78/EG genannten Maßstäben zu rechtfertigen (a.A. Boecken, a.a.O.). Wegen des rein innerstaatlichen Sachverhalts und des noch bevorstehenden Ablaufs der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG kommt es darauf jedoch für die hier zu treffende Entscheidung nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen der Vollendung seines 68. Lebensjahres.
Der 1933 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1963 als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss vom 24. Januar 2001/Bescheid vom 26. März 2001 stellte der Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein fest, dass die Zulassung des Klägers am 31. Dezember 2001 ende und nahm zur Begründung im Wesentlichen auf § 95 Abs. 7 Satz 2 SGB V (a.F., jetzt: § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V) Bezug. Nach dieser Regelung endet die Zulassung am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendet.
Zur Begründung des dagegen am 23. April 2001 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass wegen der Altersgrenze für die Zulassung mit neuen Klagen bis zum Bundesverfassungsgericht bzw. Europäischen Gerichtshof zu rechnen sei. Er erhebe den Widerspruch deshalb nur vorsorglich zur Fristwahrung. Der bereits vorliegende Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts entfalte keinerlei Bindungswirkung. Die Altersgrenze von 68 Jahren sei mit den europarechtlichen Vorschriften zur Niederlassungsfreiheit unvereinbar. Außerdem sei ein enteignender Zugriff wie der Zulassungsentzug möglicherweise nach Art. 14 Grundgesetz (GG) entschädigungspflichtig. Auch dazu seien Klagen anhängig, deren Ausgang abzuwarten sei.
Der Berufungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 31. Januar 2002/Bescheid vom 7. März 2002 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die im Zulassungsverfahren tätigen Ausschüsse seien als Verwaltungsbehörden an das geltende Recht und damit auch an die in § 95 Abs. 7 SGB V geregelte Altersgrenze für die Zulassung eines Vertragsarztes gebunden. Eine Verlängerung der Zulassung gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V komme nicht in Betracht, weil der Kläger im Zeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres länger als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen sei. Gegen die Geltung der die Altersgrenze betreffenden Norm (§ 95 Abs. 7 SGB V) bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändere auch der Hinweis des Klägers auf das Europarecht nichts. Soweit dort die Niederlassungsfreiheit angesprochen werde, bedeute dies lediglich, dass die Freizügigkeit in der Berufsausübung auch für Ärzte nach Maßgabe der jeweiligen landesrechtlichen Normen gewährleistet sei.
Dagegen hat sich der Kläger mit der am 19. März 2002 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gewandt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die Klage werde lediglich vorsorglich zur Fristwahrung erhoben und zurückgenommen, sobald auf europäischer Ebene eine negative Entscheidung ergangen sei.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2002 aufzuheben und festzustellen, dass er auch über den 31. Dezember 2001 hinaus zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit dem in der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2003 verkündeten Urteil hat das Sozialgericht Kiel die Klage abgewiesen. Wegen des Todes des Richters wurde das Urteil nicht mit Gründen versehen.
Gegen das ihm am 4. März 2004 zugestellte Urteil des Sozialgerichts wendet sich der Kläger mit der am 11. März 2004 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Außerdem hat er vorgetragen, dass das europäische Recht die diskriminierende Regelung zur Höchstaltersgrenze für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verbiete. Bürokratische Hindernisse bei der Umsetzung der Anti-Diskriminierungs-Richtlinie könnten der nationalen Geltung des europäischen Rechts nicht entgegenstehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Dezember 2003 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. März 2002 aufzuheben und festzustellen, dass seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung über den 31. Dezember 2001 hinaus fortbesteht.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakte haben dem Senat vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 33 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte. Ausschlaggebend ist insoweit, wie nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, die über den streitigen Anspruch zu entscheiden hat. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch dann, wenn Streitgegenstand die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18). Für die Klärung des Zulassungsstatus sind die paritätisch besetzten Zulassungsgremien zuständig (vgl. BSG, a.a.O.), die im vorliegenden Fall auch entschieden haben.
Obwohl das Urteil des Sozialgerichts wegen des Todes des Richters nicht mit Gründen versehen ist und nicht von dem Richter, der die Entscheidung verkündet hat, unterschrieben werden konnte, hat der Senat davon abgesehen, die Sache gemäß § 159 Abs. 1 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat den Beteiligten dazu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beklagte hat ausdrücklich seine Zustimmung erklärt, während der Kläger zunächst geltend gemacht hat, die Berufungsbegründung wegen der fehlenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung nicht vertiefen zu können. Daraufhin hat der Senat dem Kläger u. a. eine Ablichtung des Beschlusses des Bundessozialgerichts vom 27. April 2005 (B 6 KA 38/04 B) übersandt. Anschließend hat der Kläger die Berufung ergänzend begründet und keine Bedenken mehr gegenüber der vom Senat beabsichtigten Verfahrensweise geltend gemacht.
Der Senat versteht das Begehren des Klägers dahin, dass er die Feststellung erreichen will, auch über den 31. Dezember 2001 als zugelassener Vertragsarzt tätig sein zu dürfen. Dieses Ziel kann der Kläger geltend machen in Form der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) auf Feststellung des (Weiter-)bestehens eines Rechtsverhältnisses, nämlich der weiteren vertragsärztlichen Zulassung. Für diese Feststellung besteht auch ein berechtigtes Interesse. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob und ggf. welche rechtliche Wirkung der Beschluss vom 31. Januar 2002/Bescheid vom 7. März 2002 des Berufungsausschusses hat, da die Beendigung der vertragsärztlichen Zulassung unmittelbar durch die gesetzliche Regelung des § 95 Abs. 7 SGB V in der durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, S. 2266) geänderten Fassung eingetreten ist (zu dem Feststellungsbegehren insoweit siehe BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; siehe auch BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 - B 6 KA 11/04 R).
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Beklagte hat die durch den Zulassungsausschuss getroffene Feststellung, nach der die Zulassung des Klägers mit dem 31. Dezember 2001 beendet war, zu Recht bestätigt. Gemäß § 95 Abs. 7 SGB V endet die Zulassung ab dem 1. Januar 1999 am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollendet. Da der Kläger sein 68. Lebensjahr am 2001 vollendet hat, endete seine Zulassung am 31. Dezember 2001. Die in § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V für den Fall einer noch nicht zwanzigjährigen vertragsärztlichen Tätigkeit vorgesehene Ausnahmeregelung greift bei dem Kläger, der bereits seit dem 1. Januar 1963 an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen hat, nicht ein. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Vorschriften über die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit bei Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren mit dem GG vereinbar. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits mit Beschluss vom 31. März 1998 (1 BvR 2167/93 und 1 BvR 2198/93 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 17) entschieden. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die in § 95 Abs. 7 SGB V getroffene Regelung zur Altersgrenze für die vertragsärztliche Zulassung ist danach mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Mit der Begrenzung der Zulassung auf den Ablauf des Quartals nach Vollendung des 68. Lebensjahres wird die Berufsausübung des Arztes geregelt. Im Hinblick auf die Anzahl der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten wirkt sie ähnlich wie eine Beschränkung der Berufswahlfreiheit. Die Altersgrenze entspricht jedoch auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die Altersgrenzen als berufswahlbeschränkende Regelung gelten. Subjektive Zulassungsbeschränkungen sind zulässig, wenn sie als Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Berufs oder zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, erforderlich sind. Zu dem angestrebten Zweck dürfen sie nicht außer Verhältnis stehen und keine übermäßigen, unzumutbaren Belastungen enthalten (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die Altersgrenze dient einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut, weil sie - wie alle Altersgrenzen, die die Berufsausübung im höheren Alter einschränken - dazu beitragen, die Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen, einzudämmen. Gesetzlich Versicherte haben anders als privat versicherte Patienten auf Grund des Sachleistungsprinzips nur Anspruch auf die Behandlung durch einen Vertragsarzt. Die Tätigkeit als Vertragsarzt stellt hohe Anforderungen an die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter größer wird (BVerfG, a.a.O., m.w.N.).
Der Senat geht ferner - der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; ähnlich auch BVerfG, Beschl. vom 20. März 2001, BVerfGE 103, 172 = SozR 3- 5520 § 25 Nr. 4, juris Rz 56) davon aus, dass die Altersgrenze unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Verteilung der Lasten, die von der Beschränkung der Zahl der zugelassenen Vertragsärzte ausgehen, gerechtfertigt ist. Die Beschränkung der Zahl der zugelassenen Ärzte wird vom Gesetzgeber zur Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung für zwingend erforderlich gehalten. Mit der Einführung der Altersgrenze von 68 Jahren hat der Gesetzgeber auch dafür gesorgt, dass die Altersstruktur der vertragsärztlich zugelassenen Ärzte ausgewogen bleibt und die nachrückenden jüngeren Ärzte trotz der Zulassungsbegrenzung ihre Zugangschance erhalten. Die der Einführung verschärfter Zulassungsbeschränkungen zu Grunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass eine Begrenzung der Zahl der zugelassenen Ärzte ein geeignetes und unverzichtbares Mittel zur Stabilisierung der Ausgaben der Krankenkasse ist, ist nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte sich mit dieser Beurteilung u. a. auf gutachtliche Stellungnahmen der Enquete-Kommission "Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung" und des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen stützen (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O.; U. Becker, NZS 1999, 521 ff., 528 f.).
Auch eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, weil sich die angegriffene Vorschrift auf die berufliche Betätigung und nicht auf deren Ergebnis bezieht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. März 1998, a.a.O., juris Rz. 36). Die Altersgrenze verstößt ferner nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber wird durch den Gleichheitssatz nicht gehindert, die Berufsausübung des Vertragsarztes im Gegensatz zu derjenigen anderer freier Berufe einer Altersbegrenzung zu unterwerfen (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rz. 37, m.w.N.).
Auch die Normen des Europäischen Gemeinschaftsrechts sind durch die in § 95 Abs. 7 SGB V getroffene Regelung zur Altersbegrenzung nicht verletzt. Eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang nicht erforderlich (vgl. Art. 234 Abs. 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [EGV]). Die Regelung zur Altersgrenze, gegen die sich der Kläger wendet, betrifft einen innerstaatlichen Sachverhalt, der nicht an den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts zu messen ist (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005 - B 6 KA 38/04 B, m.w.N.). Die Altersgrenze ist nicht auf der Grundlage oder in Ausführung des europäischen Rechts festgesetzt worden. Sie kann deshalb entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Grundrechte verstoßen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Regelung Ärzte mit deutscher Staatsbürgerschaft im Vergleich zu Ärzten aus anderen Staaten der Europäischen Union bei ihrer Tätigkeit als Vertragsärzte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ungleich behandelt werden könnten, so dass die Altersgrenze für die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit auch kein Gleichheitsproblem im Sinne der Inländerdiskriminierung aufwirft (vgl. BVerfG, Beschl. vom 31. März 1998, a.a.O., juris Rz 37). Im Übrigen steht Art. 43 EGV, der allen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates die Aufnahme und die Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den Bestimmungen des Aufenthaltsstaates für seinen Angehörigen gestattet (sog. Niederlassungsfreiheit), nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 31. März 1993 in der Rechtssache Kraus, EuGHE 1993 I-1689) solchen nationalen Regelungen nicht entgegen, mit denen ein berechtigter Zweck verfolgt wird, der mit dem EGV vereinbar und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, sofern die Regelung zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet und zugleich erforderlich ist. Dies gilt für die Höchstaltersgrenze von 68 Jahren für die Ausübung de vertragsärztlichen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 25. November 1998, a.a.O., m.w.N.).
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Regelung über die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres auch nicht gegen die auf Art. 13 EGV beruhende Richtlinie des Rats 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Amtsbl. L 303/16 vom 2. Dezember 2000) verstoßen (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005, a.a.O.). Denn die Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie ist für die Bundesrepublik Deutschland noch nicht abgelaufen. Zwar sieht Art. 18 der Richtlinie im Grundsatz eine Umsetzung bis spätestens zum 2. Dezember 2003 vor. Den Mitgliedsstaaten wird jedoch die Möglichkeit eröffnet, eine Zusatzfrist von bis zu drei Jahren ab dem 2. Dezember 2003 (also bis zum 2. Dezember 2006) in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung ist, dass die Kommission unverzüglich in Kenntnis gesetzt wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (vgl. BSG, Beschl. vom 27. April 2005, a.a.O., juris Rz 16). Deshalb kommt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Verletzung der Richtlinie nicht in Betracht (ebenso: Boecken, NZS 2005, 393).
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2005 in der Rechtssache M (C-144/04 NJW 2005, 3695). Zwar hat der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung eine Vorschrift aus dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (§ 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen - TzBfG) an den Maßstäben aus der Richtlinie 2000/78/EG bereits vor Ablauf der zur Umsetzung der Richtlinie geltenden Frist gemessen und zudem ausgeführt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nicht in der Richtlinie 2000/78/EG verankert sei, sondern dass das grundsätzliche Verbot der Diskriminierung seinen Ursprung bereits in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedsstaaten habe. Es obliege dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse, auch wenn die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG noch nicht abgelaufen sei.
In der Literatur ist diese Entscheidung, soweit ersichtlich, weitgehend auf Kritik gestoßen (vgl. die Anmerkungen von Brock/ Windeln, EWiR 2005, 869; Koenigs, DB 2006, 49; Thüsing, ZIP 2005, 2149; Strybny, BB 2005, 2753; Bauer/Arnold, NJW 2006, 6). Darauf ist hier nicht näher einzugehen, denn die Maßstäbe aus der Entscheidung des EuGH sind jedenfalls auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu übertragen: Zur Begründung seiner Auffassung, nach der § 14 Abs. 3 TzBfG in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt, hat der EuGH darauf verwiesen, dass es sich um eine Maßnahme zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie der Richtlinie 1999/70/EG handele (EuGH, a.a.O., Rz 51, 75). Zudem ist der EuGH davon ausgegangen, dass die Herabsetzung der in Art. 14 Abs. 3 TzBfG geregelten Altersgrenze von 58 auf 52 Jahre im Dezember 2002 und damit innerhalb der Umsetzungsfrist der o. g. Richtlinie erfolgt sei. Den Mitgliedstaaten sei es jedoch nicht gestattet, während der Frist zur Umsetzung von Richtlinien Maßnahmen zu erlassen, die mit deren Zielen unvereinbar seien (a.a.O., Rz 72). Im Unterschied dazu lässt sich bezogen auf die in § 95 Abs. 7 SGB V geregelte Altersgrenze für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ein vergleichbarer Bezug zum Gemeinschaftsrecht nicht herstellen. Die Altersgrenze von 68 Jahren ist nicht in Umsetzung einer europäischen Richtlinie eingeführt worden. Zudem ist die Altersgrenze bereits mit dem Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Dezember 1992 (GSG, BGBl. I, S. 2266) für die Zeit ab 1999 und damit vor Beginn der Umsetzungsfrist der im Dezember des Jahres 2000 veröffentlichten Richtlinie 2000/78/EG (vgl. Amtsblatt Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000) geregelt worden. Auch im übrigen besteht vorliegend kein Bezug zum Gemeinschaftsrecht. Es handelt sich um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt, der nicht an den Grundrechten des Gemeinschaftsrechts zu messen ist. Der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache M kann nicht entnommen werden, dass die Richtlinie 2000/78/EG generell und ohne Rücksicht auf den noch bevorstehenden Ablauf der Umsetzungsfrist zu beachten wäre.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2000/78/EG nicht jeder Ungleichbehandlung wegen des Alters entgegensteht. So berührt die Richtlinie gem. Art. 2 Abs. 5 2000/78/EG ausdrücklich nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft u.a. zum Schutz der Gesundheit notwendig sind. Ferner können die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG "vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind". Danach spricht aus Sicht des Senats vieles dafür, dass die Gründe, die nach der Rechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerfG geeignet sind, eine Einschränkung der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) durch eine Altersgrenze zu rechtfertigen, auch geeignet sind, eine Ungleichbehandlung nach den in der Richtlinie 2000/78/EG genannten Maßstäben zu rechtfertigen (a.A. Boecken, a.a.O.). Wegen des rein innerstaatlichen Sachverhalts und des noch bevorstehenden Ablaufs der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78/EG kommt es darauf jedoch für die hier zu treffende Entscheidung nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
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