Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 14 KN 558/96
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 2 B 5/00 KN
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 13. September 1999 aufgehoben.
Dem Beschwerdeführer wird für das erstinstanzliche Verfahren rückwirkend Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. A. bewilligt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im vorliegenden Rechtsstreit für das erstinstanzliche Verfahren erfüllt. Deshalb ist dem Beschwerdeführer dafür nachträglich Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die erstinstanzliche Entscheidung mit einem Verfahrensmangel behaftet ist. Nach der Niederschrift vom 13. September 1999 hat der Vorsitzende zum Schluss der mündlichen Verhandlung zunächst das Urteil in der Hauptsache und unmittelbar anschließend den Beschluss in dem PKH-Verfahren verkündet. Ausweislich des Rubrums des Urteils vom 13. September 1999 hat das Sozialgericht Altenburg die Entscheidung in der Hauptsache in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern getroffen. Dies entspricht der in § 12 Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehenen Kammerbesetzung.
Der angefochtene Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe wurde demgegenüber ausweislich seines Rubrums allein von dem Vorsitzenden der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg getroffen. Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergehen Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung. Allerdings kann, wenn vorher noch keine Entscheidung getroffen wurde, der PKH-Beschluss nach allgemeiner Auffassung auch in der mündlichen Verhandlung ergehen. So war es im vorliegenden Fall. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG die ehrenamtlichen Richter nicht mit. Aus dieser Vorschrift ist aber im Umkehrschluss zu folgern, dass bei einem Beschluss, der in einer mündlichen Verhandlung ergeht, die ehrenamtlichen Richter zwingend mitwirken müssen. Insofern hätten die am 13. September 1999 anwesenden ehrenamtlichen Richter auch an der PKH-Entscheidung mitwirken müssen. Das Gericht war insofern bei dem PKH-Beschluss nicht ordnungsgemäß besetzt.
Weitere Konsequenzen ergeben sich aus dieser fehlerhaften Besetzung aber nicht, weil der Verfahrensmangel mit der vorliegenden Entscheidung behoben wird.
Für das erstinstanzliche Verfahren ist die Prozesskostenhilfe ausnahmsweise rückwirkend zu gewähren. Die Auslegung des § 114 ZPO ergibt allerdings, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur für die Zukunft bewilligt werden kann. Der Wortlaut des § 114 ZPO setzt nämlich voraus, dass "die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet". Sowohl die Worte "beabsichtigte Rechtsverfolgung" als auch die Worte "Aussicht auf Erfolg" nehmen Bezug auf ein zukünftiges prozessuales Geschehen. Daraus ist zu folgern, dass die Prozesskostenhilfe eine zukünftige Prozessführung erst ermöglichen soll; aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich folglich nicht herleiten, dass auch eine bereits abgeschlossene Prozessführung über die Prozesskostenhilfe finanziert werden kann.
Auch die Gesetzessystematik lässt nur diese Auslegung zu. Nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO ist Folge einer bewilligten Prozesskostenhilfe, dass der Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Eine solche Beiordnung kann aber nur Sinn machen, wenn die Prozessführung noch in der Zukunft liegt. Ist das Hauptverfahren bereits erledigt, ist eine nachträgliche Beiordnung nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO nicht mehr möglich.
Auch über Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit, dass dadurch die Prozessführung erst ermöglicht werden, nicht aber ein bereits geführter Prozess nachträglich für die Partei oder ihren Anwalt wirtschaftlich abgesichert werden soll (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 20. Auflage, § 114, Rdnr. 13 und § 119 Rdnr. 43 ff.). Im Übrigen zeigt § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung ergehen, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich eine schnelle Entscheidung erwartet, die regelmäßig noch vor der Entscheidung zur Hauptsache zu ergehen hat.
Wortlaut, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck des § 114 ZPO lassen somit (grundsätzlich) nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Wirkung für die Zukunft zu. Dennoch sind zahlreiche Fallkonstellationen denkbar, bei denen sich das Hauptverfahren bereits durch eine gerichtliche Entscheidung oder auf sonstige Art erledigt hat, das PKH-Nebenverfahren aber noch anhängig ist. Für diese Fälle kann der dargestellte Zweck der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, eine beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) finanziell erst zu ermöglichen, nicht mehr verwirklicht werden. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Das erstinstanzliche Verfahren ist bereits durch Urteil erledigt. Nachträglich kann der Beschwerdeführer daher seine Rechte vor dem Sozialgericht Altenburg nicht mehr verfolgen.
Es ist jedoch allgemeine Auffassung, dass Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch rückwirkend bewilligt werden kann. Wenn der PKH-Antrag und das Rechtsmittel der Beschwerde nicht "leerlaufen" sollen, müssen auch nach einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin die Zulässigkeit eines schon vorher anhängig gewesenen PKH-Verfahrens und eines etwaigen Beschwerdeverfahrens bejaht werden. Außerdem muss weiterhin eine PKH-Entscheidung in der Sache möglich sein. Ist vom Gesetzgeber gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss eine Rechtsmittelinstanz eröffnet, so darf diese Entscheidung des Gesetzgebers nicht dadurch unterlaufen werden, dass eine Prüfung des PKH-Antrages überhaupt verwehrt wird (vgl. BVerfGE 78, 88 ff.). Folglich muss – zumindest in Ausnahmefällen – eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskosten möglich sein.
Bei rückwirkender Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist hinsichtlich der – eigentlich verspäteten - Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung in der Hauptsache, bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung also auf den Zeitpunktes ihres Schlusses, abzustellen. Diese Frage ist allerdings umstritten. In Literatur und Rechtsprechung werden – soweit ersichtlich – als mögliche Zeitpunkte (nur) der Tag der Antragstellung, der Zeitpunkt der Entscheidungsreife und der Zeitpunkt der Beschlussfassung diskutiert (Überblick bei Kalthoener u. a., Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Auflage, 1999, Rdnr. 420 ff. m. w. Nachw., Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr.45 f.). Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht auf die Zeitpunkte der Antragstellung oder der Entscheidungsreife ankommt (vgl. Beschluss vom 21. November 2000, Az.: L 2 B 12/00 RJ; a.A. 3. Senat des ThürLSG, Beschluss vom 23. April 1998, Az.: L 3 B 24/97; ebenso 6. Senat des ThürLSG, Beschluss vom 8. Mai 2000, Az.: L 6 B 3/00 SF). Der Zeitpunkt der Antragstellung ist schon deshalb als Prüfungszeitpunkt ungeeignet, weil nicht einzusehen ist, weshalb ein im Laufe des Hauptverfahrens später eingelegter PKH-Antrag anders behandelt werden sollte als ein liegengebliebener Antrag, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt wurde und bei ordnungsgemäßer Bearbeitung inzwischen hätte wiederholt werden können. Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife ist ebenfalls abzulehnen, weil er den weiteren Verlauf des Hauptverfahrens unberücksichtigt lässt und bei Änderung der Erfolgsaussichten das Gericht dazu zwingt, den Antrag wider besseres Wissen zu bescheiden. Das PKH-Verfahren bietet keinen Anlass, bei verspäteter Entscheidung von einem überholten Kenntnisstand auszugehen; vielmehr gilt auch hier der Grundsatz, dass der letzte Sach- und Streitstand maßgeblich ist (ebenso Kalthoener, a.a.O., Rdnr. 423 ff., und Sommer in SGb 1983, 60 ff., jeweils m. w. Nachw.).
Die Gegenansicht macht jedoch geltend, dass jedenfalls das Versäumnis einer frühen (rechtzeitigen) richterlichen Entscheidung nicht zu Lasten der betroffenen Partei gehen dürfe. Für diesen Ausnahmefall der pflichtwidrigen Verzögerung soll der Kenntnisstand im Zeitpunkt der nicht verzögerten Entscheidung (Zeitpunkt der Entscheidungsreife) maßgeblich sein. Dafür spreche auch der Gedanke, dass das Gericht Naturalrestitution für die von ihm begangene Amtspflichtverletzung zu leisten habe (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr. 46, BVerwG, Beschluss vom 3. März 1998, Az.: 1 PKH 3/98). Wenn die Gegenansicht aber insofern schon einräumt, dass die Nichtbescheidung eines Antrages ein Fehlverhalten oder Versäumnis des zuständigen Richters darstellt, dann ist mit der nachträglichen Bewilligung von Prozesskostenhilfe zwar ein etwaiger finanzieller Schaden der betroffenen Partei ausgeglichen; der Zweck, eine hinreichend aussichtsreiche Rechtsverfolgung zu ermöglichen, wird dadurch jedoch ebenso verfehlt wie der nur ausnahmsweise zu bejahende Zweck, das PKH-Verfahren bei vorheriger Erledigung der Hauptsache nicht "leerlaufen" zu lassen. Es ist demgegenüber kein Zweck des PKH-Rechts, auch objektiv aussichtslose Verfahren auf Kosten der Staatkasse zu finanzieren. Das ist aber das – aus Billigkeitserwägungen hergeleitete und dogmatisch nicht näher begründete – Ergebnis der Gegenansicht. Diese Konsequenz kann jedoch nicht dem Willen des generell auf sparsame Verwendung der Haushaltsmittel bedachten Gesetzgebers entsprechen. Aus der Sicht des Senats erscheint es auch nicht unbillig, wenn der Antragsteller die Kosten eines Verfahrens, in dem er unterlegen ist, endgültig trägt, selbst wenn über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht rechtzeitig entschieden wurde.
Handelt der Richter pflichtwidrig, so dürfte der Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt sein (vgl. BVerfGE 78, 123 ff.); außerdem kann bei der Zurückstellung eines PKH-Antrags bis nach der Entscheidung in der Hauptsache ein Verstoß gegen das Gebot des effektiven Gehörs und gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes vorliegen (BVerfG in FamRZ 1992, 1151 f.; LSG Bremen, Beschluss vom 6. November 1997, Az.: L 5 BR 21/94). Diese Verfahrensmängel kann der Antragsteller im weiteren Verlaufe des Verfahrens geltend machen. Er kann sich außerdem durch rechtzeitige Erinnerung und sonstige Beschwerden gegen eine verzögerte Bearbeitung seines Antrags wehren. Deshalb bedarf es hier insofern keiner "Naturalrestitution" auf Kosten der Staatskasse. Im Übrigen kennt das Verfahrensrecht auch sonst bei Fehlverhalten des Richters keinen Anspruch auf Naturalrestitution.
Auch gesetzessystematische Gesichtspunkte sprechen gegen eine Ausnahmeregelung für Fälle der pflichtwidrigen Verzögerung der Entscheidung. Nach § 124 Nr. 1 bis 3 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei das Streitverhältnis unrichtig dargestellt und das Gericht dadurch über die maßgebenden Voraussetzungen getäuscht hat, ferner wenn sie absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben gemacht hat oder wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben. - Dieser Katalog von Aufhebungsfällen zeigt, dass das Gericht auch sonst nicht wider besseres Wissen entscheiden oder an einer fehlerhaften Entscheidung festhalten darf. Vielmehr sind allein die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung maßgebend. Dies muss aber grundsätzlich auch für den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Prüfung der Erfolgsaussicht gelten.
§ 120 Abs. 4 ZPO regelt zudem, dass das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern kann, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auch in diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Gesetzgeber vom Gericht verlangt, stets auf der Grundlage neuester Erkenntnisse zu entscheiden.
Allerdings ist der erkennende Senat auch der Auffassung, dass im Hinblick auf den ursprünglichen Zweck der Prozesskostenhilfe, eine Rechtsverfolgung erst zu ermöglichen, eine Änderung der Erfolgsaussichten, die erst nach Abschluss des Hauptverfahrens eintritt, außer Betracht bleiben muss. Nach § 119 Satz 1 ZPO erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders. Wenn die Bewilligung aber für einen bestimmten Rechtszug erfolgt, können sich die Kriterien für die Erfolgsaussicht in diesem Rechtszug nicht nach Umständen richten, die erst später – nach Abschluss des Rechtszugs - eintreten. Insofern kann die mit der Prüfung der Erfolgsaussichten befasste Beschwerdeinstanz nicht – wie üblich – auf den Zeitpunkt der eigenen Beschlussfassung abstellen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung muss einerseits den letzten Sach- und Streitstand widerspiegeln, andererseits muss er sich noch auf den Rechtszug beziehen, für den Prozesskostenhilfe beantragt wird. Ergeht die PKH-Entscheidung erst nach der Entscheidung in der Hauptsache, ist für die Prüfung der Erfolgsaussicht somit der Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung in der Hauptsache maßgeblich, in der Regel also der Schluss der mündlichen Verhandlung.
Liegt – wie im vorliegenden Verfahren - ein erstinstanzliches Urteil vor und wird erst danach über den PKH-Antrag entschieden, können die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung daher nach der hier vertretenen Auffassung vom selben Gericht im Rahmen des PKH-Verfahrens nicht anders beurteilt werden als im Urteil: Hat der Antragsteller in erster Instanz obsiegt, sind bei einer späteren PKH-Entscheidung daher die Erfolgsaussichten zu bejahen; hat er im Hauptverfahren verloren, ist auch die Prozesskostenhilfe zu versagen. Solchermaßen kongruente Entscheidungen dürften regelmäßig auch für die Betroffenen nachvollziehbar sein.
Auch die Beschwerdeinstanz muss, wenn das erstinstanzliche Hauptverfahren bereits durch eine gerichtliche Entscheidung erledigt ist, bei der Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der erstinstanzlichen Entscheidung abstellen; es handelt sich hier um den letzten bekannten Sach- und Streitstand, der auch für die Entscheidung in der Hauptsache maßgeblich gewesen ist. Hat die Vorinstanz aus der Sicht der Beschwerdeinstanz in der Hauptsache "richtig" entschieden, so wird regelmäßig auch die PKH-Entscheidung der Beschwerdeinstanz dem erstinstanzlichen Urteil entsprechen.
Der Gedanke, dass die Entscheidung in der Hauptsache und die spätere Entscheidung im PKH-Verfahren kongruent sein müssen, wird für die Fallkonstellation, dass die erstinstanzliche Entscheidung zur Hauptsache inzwischen rechtskräftig geworden ist, weitgehend anerkannt (vgl. BFHE 141, 494; BFHE 144, 407; OLG Düsseldorf JurBüro 1989,114; Hamburg. OVG in FamRZ 1992, 78 ff.; LSG Ba-Wü in SGb 1999, 80; Kalthhoener a.a.O., Rdnr. 427 und 509; im Ergebnis wohl auch LSG Bremen, Beschluss vom 06.11.97, Az.: L 5 BR 21/94). Nach dieser Ansicht soll vor allem verhindert werden, dass das Beschwerdegericht im Rahmen einer Nebenentscheidung zur sachlichen Prüfung des geltend gemachten Anspruchs oder etwaiger Einwendungen genötigt wird, obgleich es in der Hauptsache mit dieser Prüfung nicht befasst sein kann. Denn dem Rechtsfrieden wäre kaum gedient, wenn sich die Beschwerdeinstanz im Rahmen eines Prozesskostenhilfe-Verfahrens mit der inzwischen rechtskräftigen Entscheidung der Vorinstanz inhaltlich auseinandersetzen müsste. Es bestünde die Gefahr, dass die Beschwerdeinstanz zu einem anderen Ergebnis kommt als die Vorinstanz. Das Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe-Entscheidung liefe dann auf ein Verfahren zur verdeckten Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache hinaus. Dies kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. – Dieser – wohl herrschenden – Auffassung ist nach Ansicht des Senats zu folgen. Stellt man – wie oben dargestellt - bei rückwirkender Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung zur Hauptsache ab, ergibt sich bei zwischenzeitlich eingetretener Rechtskraft der Entscheidung die Besonderheit, dass damit über die Erfolgsaussicht des Klagebegehrens endgültig entschieden ist. Die Rechtskraft bezüglich der Entscheidung in der Hauptsache ist aber auch von der Beschwerdeinstanz zu beachten. Der Senat kommt aus diesen Erwägungen zu demselben Ergebnis wie die – wohl herrschende – Auffassung.
Im vorliegenden Verfahren hat der Beschwerdeführer nach dem erstinstanzlichen Urteil vom 13. September 1999 mit seinem Begehren teilweise Erfolg gehabt. Die Erfolgsaussicht seiner Rechtsverfolgung war demzufolge unmittelbar vor der gerichtlichen Entscheidung - deren Richtigkeit einmal unterstellt - zu bejahen. Denn die Aussicht auf teilweisen Erfolg genügt für die Annahme der Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO. Das Sozialgericht Altenburg folgt jedoch – ohne nähere Begründung - der Auffassung, wonach nachträglicher Prüfung der Erfolgsaussicht auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem der PKH-Antrag bei Gericht eingegangen ist (dieser Zeitpunkt fiel nach Ansicht der Vorinstanz allerdings auch mit dem Zeitpunkt der Entscheidungsreife zusammen). Konsequenterweise hat die Vorinstanz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil im April 1997, als der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Gericht eingegangen war, beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch nicht vorlagen. Der Leistungsfall ist nach Auffassung der Vorinstanz vielmehr erst im Dezember 1998 (Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung) eingetreten. Grundlage der Überzeugungsbildung war dabei das Gutachten des Dr. K. vom 11. Januar 1999.
Dieses Gutachten des Dr. K. liegt dem Urteil der Vorinstanz zeitlich gesehen näher als alle anderen aktenkundigen Gutachten. Zur Frage des Leistungsvermögens des Beschwerdeführers ist es nicht in allen Punkten eindeutig; der erkennende Senat teilt daher die Auffassung der Beklagten, dass ein anderer Sachverständiger möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Wenn aber die Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt unmittelbar vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils geprüft werden muss, kann dies mangels besserer Erkenntnisse, insbesondere weil weitere zeitnahe Gutachten fehlen, auch vom erkennenden Senat nur auf der Grundlage dieses Gutachtens des Dr. K. erfolgen. Trotz gewisser Mängel des Gutachtens gelangt deshalb auch der Senat zu der Überzeugung, dass zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage Aussicht auf Erfolg hatte.
Dies führt dazu, dass mit der vorliegenden Beschwerdeentscheidung – dem Ergebnis des erstinstanzlichen Urteils entsprechend – Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gewährt werden muss.
Wird Prozesskostenhilfe rückwirkend bewilligt, kann sie nach Auffassung des Senats frühestens ab dem Zeitpunkt bewilligt werden, ab dem alle Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Das Klageverfahren war schon seit April 1996 anhängig und der Prozesskostenhilfeantrag wurde im April 1997 gestellt. Diese beiden Termine kommen für eine rückwirkende Bewilligung hier aber nicht in Betracht, denn zu beiden Terminen hatte das Begehren des Beschwerdeführers noch keine Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten der Klage haben sich jedoch im Laufe des erstinstanzliche Verfahrens – wie oben dargestellt - geändert – insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Vorinstanz. Das lungenfachärztliche Gutachten des Dr. W. vom 21. Februar 1997 und frühere, von der Beklagten vorgelegte Gutachten und medizinische Stellungnahmen hatten noch ein für den Beschwerdeführer negatives Ergebnis. Erst das Ende Januar 1999 vorgelegte Gutachten des Dr. K. hat dargelegt, dass der Beschwerdeführer nur noch circa sechs Stunden täglich arbeiten könne. Deshalb kann die Prozesskostenhilfe hier erst ab Januar 1999 (Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Gutachtens und damit zugleich erstmals Bejahung der Erfolgsaussicht) bewilligt werden.
Die in §§ 114 ff. ZPO näher geregelten persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen lagen nach der "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" beim Beschwerdeführer im Januar 1999 ebenfalls vor. Da sich die Verhältnisse bei ihm im Laufe des PKH-Verfahrens nicht geändert haben, ist insofern hier auch nicht weiter zu problematisieren, auf welchen Zeitpunkt bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen abzustellen ist.
Der vorliegende Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dem Beschwerdeführer wird für das erstinstanzliche Verfahren rückwirkend Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. A. bewilligt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im vorliegenden Rechtsstreit für das erstinstanzliche Verfahren erfüllt. Deshalb ist dem Beschwerdeführer dafür nachträglich Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die erstinstanzliche Entscheidung mit einem Verfahrensmangel behaftet ist. Nach der Niederschrift vom 13. September 1999 hat der Vorsitzende zum Schluss der mündlichen Verhandlung zunächst das Urteil in der Hauptsache und unmittelbar anschließend den Beschluss in dem PKH-Verfahren verkündet. Ausweislich des Rubrums des Urteils vom 13. September 1999 hat das Sozialgericht Altenburg die Entscheidung in der Hauptsache in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern getroffen. Dies entspricht der in § 12 Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehenen Kammerbesetzung.
Der angefochtene Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe wurde demgegenüber ausweislich seines Rubrums allein von dem Vorsitzenden der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg getroffen. Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergehen Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung. Allerdings kann, wenn vorher noch keine Entscheidung getroffen wurde, der PKH-Beschluss nach allgemeiner Auffassung auch in der mündlichen Verhandlung ergehen. So war es im vorliegenden Fall. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG die ehrenamtlichen Richter nicht mit. Aus dieser Vorschrift ist aber im Umkehrschluss zu folgern, dass bei einem Beschluss, der in einer mündlichen Verhandlung ergeht, die ehrenamtlichen Richter zwingend mitwirken müssen. Insofern hätten die am 13. September 1999 anwesenden ehrenamtlichen Richter auch an der PKH-Entscheidung mitwirken müssen. Das Gericht war insofern bei dem PKH-Beschluss nicht ordnungsgemäß besetzt.
Weitere Konsequenzen ergeben sich aus dieser fehlerhaften Besetzung aber nicht, weil der Verfahrensmangel mit der vorliegenden Entscheidung behoben wird.
Für das erstinstanzliche Verfahren ist die Prozesskostenhilfe ausnahmsweise rückwirkend zu gewähren. Die Auslegung des § 114 ZPO ergibt allerdings, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur für die Zukunft bewilligt werden kann. Der Wortlaut des § 114 ZPO setzt nämlich voraus, dass "die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet". Sowohl die Worte "beabsichtigte Rechtsverfolgung" als auch die Worte "Aussicht auf Erfolg" nehmen Bezug auf ein zukünftiges prozessuales Geschehen. Daraus ist zu folgern, dass die Prozesskostenhilfe eine zukünftige Prozessführung erst ermöglichen soll; aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich folglich nicht herleiten, dass auch eine bereits abgeschlossene Prozessführung über die Prozesskostenhilfe finanziert werden kann.
Auch die Gesetzessystematik lässt nur diese Auslegung zu. Nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO ist Folge einer bewilligten Prozesskostenhilfe, dass der Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Eine solche Beiordnung kann aber nur Sinn machen, wenn die Prozessführung noch in der Zukunft liegt. Ist das Hauptverfahren bereits erledigt, ist eine nachträgliche Beiordnung nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO nicht mehr möglich.
Auch über Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit, dass dadurch die Prozessführung erst ermöglicht werden, nicht aber ein bereits geführter Prozess nachträglich für die Partei oder ihren Anwalt wirtschaftlich abgesichert werden soll (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 20. Auflage, § 114, Rdnr. 13 und § 119 Rdnr. 43 ff.). Im Übrigen zeigt § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung ergehen, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich eine schnelle Entscheidung erwartet, die regelmäßig noch vor der Entscheidung zur Hauptsache zu ergehen hat.
Wortlaut, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck des § 114 ZPO lassen somit (grundsätzlich) nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Wirkung für die Zukunft zu. Dennoch sind zahlreiche Fallkonstellationen denkbar, bei denen sich das Hauptverfahren bereits durch eine gerichtliche Entscheidung oder auf sonstige Art erledigt hat, das PKH-Nebenverfahren aber noch anhängig ist. Für diese Fälle kann der dargestellte Zweck der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, eine beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) finanziell erst zu ermöglichen, nicht mehr verwirklicht werden. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Das erstinstanzliche Verfahren ist bereits durch Urteil erledigt. Nachträglich kann der Beschwerdeführer daher seine Rechte vor dem Sozialgericht Altenburg nicht mehr verfolgen.
Es ist jedoch allgemeine Auffassung, dass Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch rückwirkend bewilligt werden kann. Wenn der PKH-Antrag und das Rechtsmittel der Beschwerde nicht "leerlaufen" sollen, müssen auch nach einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin die Zulässigkeit eines schon vorher anhängig gewesenen PKH-Verfahrens und eines etwaigen Beschwerdeverfahrens bejaht werden. Außerdem muss weiterhin eine PKH-Entscheidung in der Sache möglich sein. Ist vom Gesetzgeber gegen einen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss eine Rechtsmittelinstanz eröffnet, so darf diese Entscheidung des Gesetzgebers nicht dadurch unterlaufen werden, dass eine Prüfung des PKH-Antrages überhaupt verwehrt wird (vgl. BVerfGE 78, 88 ff.). Folglich muss – zumindest in Ausnahmefällen – eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskosten möglich sein.
Bei rückwirkender Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist hinsichtlich der – eigentlich verspäteten - Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung in der Hauptsache, bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung also auf den Zeitpunktes ihres Schlusses, abzustellen. Diese Frage ist allerdings umstritten. In Literatur und Rechtsprechung werden – soweit ersichtlich – als mögliche Zeitpunkte (nur) der Tag der Antragstellung, der Zeitpunkt der Entscheidungsreife und der Zeitpunkt der Beschlussfassung diskutiert (Überblick bei Kalthoener u. a., Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Auflage, 1999, Rdnr. 420 ff. m. w. Nachw., Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr.45 f.). Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht auf die Zeitpunkte der Antragstellung oder der Entscheidungsreife ankommt (vgl. Beschluss vom 21. November 2000, Az.: L 2 B 12/00 RJ; a.A. 3. Senat des ThürLSG, Beschluss vom 23. April 1998, Az.: L 3 B 24/97; ebenso 6. Senat des ThürLSG, Beschluss vom 8. Mai 2000, Az.: L 6 B 3/00 SF). Der Zeitpunkt der Antragstellung ist schon deshalb als Prüfungszeitpunkt ungeeignet, weil nicht einzusehen ist, weshalb ein im Laufe des Hauptverfahrens später eingelegter PKH-Antrag anders behandelt werden sollte als ein liegengebliebener Antrag, der bereits zu einem früheren Zeitpunkt gestellt wurde und bei ordnungsgemäßer Bearbeitung inzwischen hätte wiederholt werden können. Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife ist ebenfalls abzulehnen, weil er den weiteren Verlauf des Hauptverfahrens unberücksichtigt lässt und bei Änderung der Erfolgsaussichten das Gericht dazu zwingt, den Antrag wider besseres Wissen zu bescheiden. Das PKH-Verfahren bietet keinen Anlass, bei verspäteter Entscheidung von einem überholten Kenntnisstand auszugehen; vielmehr gilt auch hier der Grundsatz, dass der letzte Sach- und Streitstand maßgeblich ist (ebenso Kalthoener, a.a.O., Rdnr. 423 ff., und Sommer in SGb 1983, 60 ff., jeweils m. w. Nachw.).
Die Gegenansicht macht jedoch geltend, dass jedenfalls das Versäumnis einer frühen (rechtzeitigen) richterlichen Entscheidung nicht zu Lasten der betroffenen Partei gehen dürfe. Für diesen Ausnahmefall der pflichtwidrigen Verzögerung soll der Kenntnisstand im Zeitpunkt der nicht verzögerten Entscheidung (Zeitpunkt der Entscheidungsreife) maßgeblich sein. Dafür spreche auch der Gedanke, dass das Gericht Naturalrestitution für die von ihm begangene Amtspflichtverletzung zu leisten habe (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rdnr. 46, BVerwG, Beschluss vom 3. März 1998, Az.: 1 PKH 3/98). Wenn die Gegenansicht aber insofern schon einräumt, dass die Nichtbescheidung eines Antrages ein Fehlverhalten oder Versäumnis des zuständigen Richters darstellt, dann ist mit der nachträglichen Bewilligung von Prozesskostenhilfe zwar ein etwaiger finanzieller Schaden der betroffenen Partei ausgeglichen; der Zweck, eine hinreichend aussichtsreiche Rechtsverfolgung zu ermöglichen, wird dadurch jedoch ebenso verfehlt wie der nur ausnahmsweise zu bejahende Zweck, das PKH-Verfahren bei vorheriger Erledigung der Hauptsache nicht "leerlaufen" zu lassen. Es ist demgegenüber kein Zweck des PKH-Rechts, auch objektiv aussichtslose Verfahren auf Kosten der Staatkasse zu finanzieren. Das ist aber das – aus Billigkeitserwägungen hergeleitete und dogmatisch nicht näher begründete – Ergebnis der Gegenansicht. Diese Konsequenz kann jedoch nicht dem Willen des generell auf sparsame Verwendung der Haushaltsmittel bedachten Gesetzgebers entsprechen. Aus der Sicht des Senats erscheint es auch nicht unbillig, wenn der Antragsteller die Kosten eines Verfahrens, in dem er unterlegen ist, endgültig trägt, selbst wenn über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht rechtzeitig entschieden wurde.
Handelt der Richter pflichtwidrig, so dürfte der Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt sein (vgl. BVerfGE 78, 123 ff.); außerdem kann bei der Zurückstellung eines PKH-Antrags bis nach der Entscheidung in der Hauptsache ein Verstoß gegen das Gebot des effektiven Gehörs und gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes vorliegen (BVerfG in FamRZ 1992, 1151 f.; LSG Bremen, Beschluss vom 6. November 1997, Az.: L 5 BR 21/94). Diese Verfahrensmängel kann der Antragsteller im weiteren Verlaufe des Verfahrens geltend machen. Er kann sich außerdem durch rechtzeitige Erinnerung und sonstige Beschwerden gegen eine verzögerte Bearbeitung seines Antrags wehren. Deshalb bedarf es hier insofern keiner "Naturalrestitution" auf Kosten der Staatskasse. Im Übrigen kennt das Verfahrensrecht auch sonst bei Fehlverhalten des Richters keinen Anspruch auf Naturalrestitution.
Auch gesetzessystematische Gesichtspunkte sprechen gegen eine Ausnahmeregelung für Fälle der pflichtwidrigen Verzögerung der Entscheidung. Nach § 124 Nr. 1 bis 3 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei das Streitverhältnis unrichtig dargestellt und das Gericht dadurch über die maßgebenden Voraussetzungen getäuscht hat, ferner wenn sie absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben gemacht hat oder wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben. - Dieser Katalog von Aufhebungsfällen zeigt, dass das Gericht auch sonst nicht wider besseres Wissen entscheiden oder an einer fehlerhaften Entscheidung festhalten darf. Vielmehr sind allein die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung maßgebend. Dies muss aber grundsätzlich auch für den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Prüfung der Erfolgsaussicht gelten.
§ 120 Abs. 4 ZPO regelt zudem, dass das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern kann, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auch in diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Gesetzgeber vom Gericht verlangt, stets auf der Grundlage neuester Erkenntnisse zu entscheiden.
Allerdings ist der erkennende Senat auch der Auffassung, dass im Hinblick auf den ursprünglichen Zweck der Prozesskostenhilfe, eine Rechtsverfolgung erst zu ermöglichen, eine Änderung der Erfolgsaussichten, die erst nach Abschluss des Hauptverfahrens eintritt, außer Betracht bleiben muss. Nach § 119 Satz 1 ZPO erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders. Wenn die Bewilligung aber für einen bestimmten Rechtszug erfolgt, können sich die Kriterien für die Erfolgsaussicht in diesem Rechtszug nicht nach Umständen richten, die erst später – nach Abschluss des Rechtszugs - eintreten. Insofern kann die mit der Prüfung der Erfolgsaussichten befasste Beschwerdeinstanz nicht – wie üblich – auf den Zeitpunkt der eigenen Beschlussfassung abstellen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung muss einerseits den letzten Sach- und Streitstand widerspiegeln, andererseits muss er sich noch auf den Rechtszug beziehen, für den Prozesskostenhilfe beantragt wird. Ergeht die PKH-Entscheidung erst nach der Entscheidung in der Hauptsache, ist für die Prüfung der Erfolgsaussicht somit der Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung in der Hauptsache maßgeblich, in der Regel also der Schluss der mündlichen Verhandlung.
Liegt – wie im vorliegenden Verfahren - ein erstinstanzliches Urteil vor und wird erst danach über den PKH-Antrag entschieden, können die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung daher nach der hier vertretenen Auffassung vom selben Gericht im Rahmen des PKH-Verfahrens nicht anders beurteilt werden als im Urteil: Hat der Antragsteller in erster Instanz obsiegt, sind bei einer späteren PKH-Entscheidung daher die Erfolgsaussichten zu bejahen; hat er im Hauptverfahren verloren, ist auch die Prozesskostenhilfe zu versagen. Solchermaßen kongruente Entscheidungen dürften regelmäßig auch für die Betroffenen nachvollziehbar sein.
Auch die Beschwerdeinstanz muss, wenn das erstinstanzliche Hauptverfahren bereits durch eine gerichtliche Entscheidung erledigt ist, bei der Prüfung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der erstinstanzlichen Entscheidung abstellen; es handelt sich hier um den letzten bekannten Sach- und Streitstand, der auch für die Entscheidung in der Hauptsache maßgeblich gewesen ist. Hat die Vorinstanz aus der Sicht der Beschwerdeinstanz in der Hauptsache "richtig" entschieden, so wird regelmäßig auch die PKH-Entscheidung der Beschwerdeinstanz dem erstinstanzlichen Urteil entsprechen.
Der Gedanke, dass die Entscheidung in der Hauptsache und die spätere Entscheidung im PKH-Verfahren kongruent sein müssen, wird für die Fallkonstellation, dass die erstinstanzliche Entscheidung zur Hauptsache inzwischen rechtskräftig geworden ist, weitgehend anerkannt (vgl. BFHE 141, 494; BFHE 144, 407; OLG Düsseldorf JurBüro 1989,114; Hamburg. OVG in FamRZ 1992, 78 ff.; LSG Ba-Wü in SGb 1999, 80; Kalthhoener a.a.O., Rdnr. 427 und 509; im Ergebnis wohl auch LSG Bremen, Beschluss vom 06.11.97, Az.: L 5 BR 21/94). Nach dieser Ansicht soll vor allem verhindert werden, dass das Beschwerdegericht im Rahmen einer Nebenentscheidung zur sachlichen Prüfung des geltend gemachten Anspruchs oder etwaiger Einwendungen genötigt wird, obgleich es in der Hauptsache mit dieser Prüfung nicht befasst sein kann. Denn dem Rechtsfrieden wäre kaum gedient, wenn sich die Beschwerdeinstanz im Rahmen eines Prozesskostenhilfe-Verfahrens mit der inzwischen rechtskräftigen Entscheidung der Vorinstanz inhaltlich auseinandersetzen müsste. Es bestünde die Gefahr, dass die Beschwerdeinstanz zu einem anderen Ergebnis kommt als die Vorinstanz. Das Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe-Entscheidung liefe dann auf ein Verfahren zur verdeckten Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache hinaus. Dies kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. – Dieser – wohl herrschenden – Auffassung ist nach Ansicht des Senats zu folgen. Stellt man – wie oben dargestellt - bei rückwirkender Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Entscheidung zur Hauptsache ab, ergibt sich bei zwischenzeitlich eingetretener Rechtskraft der Entscheidung die Besonderheit, dass damit über die Erfolgsaussicht des Klagebegehrens endgültig entschieden ist. Die Rechtskraft bezüglich der Entscheidung in der Hauptsache ist aber auch von der Beschwerdeinstanz zu beachten. Der Senat kommt aus diesen Erwägungen zu demselben Ergebnis wie die – wohl herrschende – Auffassung.
Im vorliegenden Verfahren hat der Beschwerdeführer nach dem erstinstanzlichen Urteil vom 13. September 1999 mit seinem Begehren teilweise Erfolg gehabt. Die Erfolgsaussicht seiner Rechtsverfolgung war demzufolge unmittelbar vor der gerichtlichen Entscheidung - deren Richtigkeit einmal unterstellt - zu bejahen. Denn die Aussicht auf teilweisen Erfolg genügt für die Annahme der Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO. Das Sozialgericht Altenburg folgt jedoch – ohne nähere Begründung - der Auffassung, wonach nachträglicher Prüfung der Erfolgsaussicht auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem der PKH-Antrag bei Gericht eingegangen ist (dieser Zeitpunkt fiel nach Ansicht der Vorinstanz allerdings auch mit dem Zeitpunkt der Entscheidungsreife zusammen). Konsequenterweise hat die Vorinstanz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil im April 1997, als der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Gericht eingegangen war, beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch nicht vorlagen. Der Leistungsfall ist nach Auffassung der Vorinstanz vielmehr erst im Dezember 1998 (Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung) eingetreten. Grundlage der Überzeugungsbildung war dabei das Gutachten des Dr. K. vom 11. Januar 1999.
Dieses Gutachten des Dr. K. liegt dem Urteil der Vorinstanz zeitlich gesehen näher als alle anderen aktenkundigen Gutachten. Zur Frage des Leistungsvermögens des Beschwerdeführers ist es nicht in allen Punkten eindeutig; der erkennende Senat teilt daher die Auffassung der Beklagten, dass ein anderer Sachverständiger möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Wenn aber die Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers im Zeitpunkt unmittelbar vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils geprüft werden muss, kann dies mangels besserer Erkenntnisse, insbesondere weil weitere zeitnahe Gutachten fehlen, auch vom erkennenden Senat nur auf der Grundlage dieses Gutachtens des Dr. K. erfolgen. Trotz gewisser Mängel des Gutachtens gelangt deshalb auch der Senat zu der Überzeugung, dass zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage Aussicht auf Erfolg hatte.
Dies führt dazu, dass mit der vorliegenden Beschwerdeentscheidung – dem Ergebnis des erstinstanzlichen Urteils entsprechend – Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gewährt werden muss.
Wird Prozesskostenhilfe rückwirkend bewilligt, kann sie nach Auffassung des Senats frühestens ab dem Zeitpunkt bewilligt werden, ab dem alle Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Das Klageverfahren war schon seit April 1996 anhängig und der Prozesskostenhilfeantrag wurde im April 1997 gestellt. Diese beiden Termine kommen für eine rückwirkende Bewilligung hier aber nicht in Betracht, denn zu beiden Terminen hatte das Begehren des Beschwerdeführers noch keine Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten der Klage haben sich jedoch im Laufe des erstinstanzliche Verfahrens – wie oben dargestellt - geändert – insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Vorinstanz. Das lungenfachärztliche Gutachten des Dr. W. vom 21. Februar 1997 und frühere, von der Beklagten vorgelegte Gutachten und medizinische Stellungnahmen hatten noch ein für den Beschwerdeführer negatives Ergebnis. Erst das Ende Januar 1999 vorgelegte Gutachten des Dr. K. hat dargelegt, dass der Beschwerdeführer nur noch circa sechs Stunden täglich arbeiten könne. Deshalb kann die Prozesskostenhilfe hier erst ab Januar 1999 (Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Gutachtens und damit zugleich erstmals Bejahung der Erfolgsaussicht) bewilligt werden.
Die in §§ 114 ff. ZPO näher geregelten persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen lagen nach der "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" beim Beschwerdeführer im Januar 1999 ebenfalls vor. Da sich die Verhältnisse bei ihm im Laufe des PKH-Verfahrens nicht geändert haben, ist insofern hier auch nicht weiter zu problematisieren, auf welchen Zeitpunkt bei der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen abzustellen ist.
Der vorliegende Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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