Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 271/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 518/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 13. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin der Antragstellerin und Beschwerdeführerin einen Betrag von 119,68 EUR zur Begleichung der R.-Jahresabrechnung für Strom zu gewähren hat.
Die 1944 geborene Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf.) bezog von der Beigeladenen bis 31.12.2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Seit 01.01.2005 erhält sie von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich 766,10 EUR. Seit Januar 2005 bis August 2005 wurde ein Betrag von 31,00 EUR an die R. zur Abgeltung der Stromkosten der Bf. direkt überwiesen. Für die Zeit vor dem 01.01.2005 wurden von der Beigeladenen monatlich Stromkosten in Höhe von 31,70 EUR an die R. abgeführt.
Unter dem 26.07.2005 erstellte die R. eine Abrechnung über Stromlieferung in der Zeit vom 21.07.2004 bis 20.07.2005 in Höhe von 117,18 EUR (Gesamtverbrauch 458,18 EUR abzüglich geleisteter Beträge von 31,00 EUR und 310,00 EUR). Sowohl die Bg. als auch die Beigeladene verweigerten die Begleichung dieses Betrags. Daraufhin stellte die R. der Bf. einen Gesamtbetrag von 119,68 EUR (Jahresverbrauchsabrechnung 117,18 EUR + Mahnkosten 2,50 EUR) unter Fristsetzung bis 14.09.2005 in Rechnung. Für den Fall der Nichtbegleichung müsse sie mit dem Entzug der Energielieferung rechnen.
Am 02.09.2005 hat die Bf. Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) wegen der Übernahme der ausstehenden Kosten von 119,68 EUR erhoben. Gleichzeitig hat sie beantragt, die Bg. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einen Betrag von 119,68 EUR zur Begleichung der R.-Rechnung zu gewähren.
Mit Beschluss vom 13.09.2005 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der geltend gemachte Anspruch scheitere schon daran, dass die Bg. für die Übernahme von Stromschulden nicht zuständig sei. Die Regelleistungen gemäß § 20 Abs.2 SGB II in Höhe von monatlich 345,00 EUR würden u.a. auch den Bedarf an Haushaltsenergie eines Hilfesuchenden umfassen. Verbrauche ein Hilfesuchender mehr Energie als durch seine monatliche Abschlagszahlung gedeckt sei, könnten die aufgelaufenen Schulden nicht im Rahmen des laufenden Bezugs von SGB-II-Leistungen ausgeglichen werden. Insbesondere greife § 23 Abs.1 SGB II nicht, der eine die Regelleistungen übersteigende Deckung eines unabweisbaren aktuellen Bedarfs mittels Darlehen vorsehe. Die streitgegenständlichen Schulden würden demgegenüber Verbindlichkeiten aus einer früheren Bedarfssituation darstellen. Als Grundlage für eine Übernahme derartiger Schulden komme allenfalls § 34 Abs.1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Betracht, wonach Schulden übernommen werden können, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage (wie hier einer Stromsperre) gerechtfertigt sei. Geldleistungen könnten als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Da hierfür jedoch nicht die Bg., sondern die Stadt R. - Amt für Soziales -, zuständig sei, sei sie gemäß § 75 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beizuladen gewesen. Der Bf. werde angeraten, sich umgehend mit der Beigeladenen bezüglich der Übernahme der Schulden in Verbindung zu setzen. Unabhängig davon erscheine die Prüfung geboten, ob die Bf. nicht im Rahmen einer Ratenvereinbarung mit der R. selbst die Schulden abtragen könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bf., die weiterhin die Bg. für verpflichtet hält, die noch ausstehenden Kosten in Höhe von 119,68 EUR zu begleichen.
Die Bg. schließt sich der Auffassung des SG in den Gründen des angefochtenen Bescheides an.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass das SG im Beschluss vom 13.09.2005 zutreffend festgestellt habe, dass für eine Übernahme der Stromschulden allenfalls § 34 SGB XII in Betracht komme, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Für die Entscheidung einer Kostenübernahme nach dieser Vorschrift wäre nicht die Bg., sondern sie selbst zuständig. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass, falls bei ihr ein entsprechender Antrag eingehen sollte, eine Ablehnung erfolgen würde, weil sich die Bf. zuerst bei ihrem Energieversorgungsunternehmen (R.) um eine ratenweise Begleichung der bestehenden Stromschulden in Höhe von derzeit 117,18 EUR zu bemühen hätte. Das Energieversorgungsunternehmen wäre im Übrigen nach der für Stromkunden geltenden Sozialklausel des § 33 Abs.2 AVBEltV nicht berechtigt, bei Energieschulden in Höhe von 117,18 EUR sofort zur einschneidenden Maßnahme einer Sperre der Energiezufuhr zu greifen. Eine derartige Maßnahme wäre unverhältnismäßig und verstoße gegen die Sozialklausel. In diesem Zusammenhang werde auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15.07.2005 (L 1 B 7/05 SO-ER) verwiesen. Danach müsse das Energieversorgungsunternehmen vor Verhängung einer Stromsperre erst zu milderen Mitteln (z.B. Verkürzung der Ablesezeiträume, Festsetzung einer höheren Vorauszahlung, Einbau eines Münzzählers) greifen. Von daher vertrete sie die Ansicht, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vorlägen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Gericht zog die Sozialhilfeakten bei.
II.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich ist das Rechtsmittel aber nicht begründet, weil die von der Bf. begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann.
Gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat die Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.
Zu Recht hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Denn die Bf. hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Dies insbesondere deshalb, weil sich die Beigeladene grundsätzlich zur Übernahme der Stromkosten bereit erklärt hat. Hinzu kommt, dass es aufgrund der Ausführungen der Beigeladenen feststeht, dass Energieversorgungsunternehmen bei Energieschulden in Höhe von "lediglich" 117,18 EUR nicht berechtigt sind, eine einschneidende Maßnahme, wie das Sperren der Energiezufuhr, zu ergreifen, weil eine derartige Maßnahme unverhältnismäßig wäre und einen Verstoß gegen die Sozialklausel darstellen würde.
Die Bf. bezieht von der Bg. monatliche Leistungen in Höhe von 766,10 EUR, so dass ihr aktueller Lebensbedarf gedeckt ist. Es ist ihr von daher zuzumuten, das Hauptverfahren abzuwarten.
Somit war die Beschwerde der Bf. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 13.09.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin der Antragstellerin und Beschwerdeführerin einen Betrag von 119,68 EUR zur Begleichung der R.-Jahresabrechnung für Strom zu gewähren hat.
Die 1944 geborene Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf.) bezog von der Beigeladenen bis 31.12.2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Seit 01.01.2005 erhält sie von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich 766,10 EUR. Seit Januar 2005 bis August 2005 wurde ein Betrag von 31,00 EUR an die R. zur Abgeltung der Stromkosten der Bf. direkt überwiesen. Für die Zeit vor dem 01.01.2005 wurden von der Beigeladenen monatlich Stromkosten in Höhe von 31,70 EUR an die R. abgeführt.
Unter dem 26.07.2005 erstellte die R. eine Abrechnung über Stromlieferung in der Zeit vom 21.07.2004 bis 20.07.2005 in Höhe von 117,18 EUR (Gesamtverbrauch 458,18 EUR abzüglich geleisteter Beträge von 31,00 EUR und 310,00 EUR). Sowohl die Bg. als auch die Beigeladene verweigerten die Begleichung dieses Betrags. Daraufhin stellte die R. der Bf. einen Gesamtbetrag von 119,68 EUR (Jahresverbrauchsabrechnung 117,18 EUR + Mahnkosten 2,50 EUR) unter Fristsetzung bis 14.09.2005 in Rechnung. Für den Fall der Nichtbegleichung müsse sie mit dem Entzug der Energielieferung rechnen.
Am 02.09.2005 hat die Bf. Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) wegen der Übernahme der ausstehenden Kosten von 119,68 EUR erhoben. Gleichzeitig hat sie beantragt, die Bg. im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einen Betrag von 119,68 EUR zur Begleichung der R.-Rechnung zu gewähren.
Mit Beschluss vom 13.09.2005 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der geltend gemachte Anspruch scheitere schon daran, dass die Bg. für die Übernahme von Stromschulden nicht zuständig sei. Die Regelleistungen gemäß § 20 Abs.2 SGB II in Höhe von monatlich 345,00 EUR würden u.a. auch den Bedarf an Haushaltsenergie eines Hilfesuchenden umfassen. Verbrauche ein Hilfesuchender mehr Energie als durch seine monatliche Abschlagszahlung gedeckt sei, könnten die aufgelaufenen Schulden nicht im Rahmen des laufenden Bezugs von SGB-II-Leistungen ausgeglichen werden. Insbesondere greife § 23 Abs.1 SGB II nicht, der eine die Regelleistungen übersteigende Deckung eines unabweisbaren aktuellen Bedarfs mittels Darlehen vorsehe. Die streitgegenständlichen Schulden würden demgegenüber Verbindlichkeiten aus einer früheren Bedarfssituation darstellen. Als Grundlage für eine Übernahme derartiger Schulden komme allenfalls § 34 Abs.1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Betracht, wonach Schulden übernommen werden können, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage (wie hier einer Stromsperre) gerechtfertigt sei. Geldleistungen könnten als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden. Da hierfür jedoch nicht die Bg., sondern die Stadt R. - Amt für Soziales -, zuständig sei, sei sie gemäß § 75 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beizuladen gewesen. Der Bf. werde angeraten, sich umgehend mit der Beigeladenen bezüglich der Übernahme der Schulden in Verbindung zu setzen. Unabhängig davon erscheine die Prüfung geboten, ob die Bf. nicht im Rahmen einer Ratenvereinbarung mit der R. selbst die Schulden abtragen könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bf., die weiterhin die Bg. für verpflichtet hält, die noch ausstehenden Kosten in Höhe von 119,68 EUR zu begleichen.
Die Bg. schließt sich der Auffassung des SG in den Gründen des angefochtenen Bescheides an.
Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass das SG im Beschluss vom 13.09.2005 zutreffend festgestellt habe, dass für eine Übernahme der Stromschulden allenfalls § 34 SGB XII in Betracht komme, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Für die Entscheidung einer Kostenübernahme nach dieser Vorschrift wäre nicht die Bg., sondern sie selbst zuständig. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass, falls bei ihr ein entsprechender Antrag eingehen sollte, eine Ablehnung erfolgen würde, weil sich die Bf. zuerst bei ihrem Energieversorgungsunternehmen (R.) um eine ratenweise Begleichung der bestehenden Stromschulden in Höhe von derzeit 117,18 EUR zu bemühen hätte. Das Energieversorgungsunternehmen wäre im Übrigen nach der für Stromkunden geltenden Sozialklausel des § 33 Abs.2 AVBEltV nicht berechtigt, bei Energieschulden in Höhe von 117,18 EUR sofort zur einschneidenden Maßnahme einer Sperre der Energiezufuhr zu greifen. Eine derartige Maßnahme wäre unverhältnismäßig und verstoße gegen die Sozialklausel. In diesem Zusammenhang werde auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15.07.2005 (L 1 B 7/05 SO-ER) verwiesen. Danach müsse das Energieversorgungsunternehmen vor Verhängung einer Stromsperre erst zu milderen Mitteln (z.B. Verkürzung der Ablesezeiträume, Festsetzung einer höheren Vorauszahlung, Einbau eines Münzzählers) greifen. Von daher vertrete sie die Ansicht, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vorlägen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Gericht zog die Sozialhilfeakten bei.
II.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich ist das Rechtsmittel aber nicht begründet, weil die von der Bf. begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann.
Gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat die Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.
Zu Recht hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Denn die Bf. hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Dies insbesondere deshalb, weil sich die Beigeladene grundsätzlich zur Übernahme der Stromkosten bereit erklärt hat. Hinzu kommt, dass es aufgrund der Ausführungen der Beigeladenen feststeht, dass Energieversorgungsunternehmen bei Energieschulden in Höhe von "lediglich" 117,18 EUR nicht berechtigt sind, eine einschneidende Maßnahme, wie das Sperren der Energiezufuhr, zu ergreifen, weil eine derartige Maßnahme unverhältnismäßig wäre und einen Verstoß gegen die Sozialklausel darstellen würde.
Die Bf. bezieht von der Bg. monatliche Leistungen in Höhe von 766,10 EUR, so dass ihr aktueller Lebensbedarf gedeckt ist. Es ist ihr von daher zuzumuten, das Hauptverfahren abzuwarten.
Somit war die Beschwerde der Bf. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 13.09.2005 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
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