L 11 B 625/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 SO 200/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 625/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.10.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Übernahme rückständiger Stromkosten in Höhe von 2.593,18 EUR durch den Antragsgegner (Ag).

Der 1961 geborene Antragsteller (ASt) beantragte am 13.07.2005 beim Ag die Übernahme von rückständigen Stromkosten in Höhe von insgesamt 2.583,18 EUR. Er habe seine monatlichen Abschläge wegen diverser Differenzen nicht bezahlt. Er sei deshalb nicht früher gekommen, weil er angenommen habe, er brauche keine fremde Hilfe. Mit dem Energieversorger habe er bereits Ratenzahlung vereinbart, doch auch die vereinbarten Ratenzahlungen nicht eingehalten.

Der Ag stellte daraufhin fest, dass der ASt durch die Arbeitsgemeinschaft W. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhält. Zudem seien in den Monaten April bis Juni 2005 über das Konto des ASt Geldtransaktionen in Höhe von 40.000,00 EUR abgewickelt worden. Dabei seien meist bar eingezahlte Geldbeträge über verschiedene Geldunternehmen nach Thailand transferiert worden. Der ASt gab hierzu lediglich an, er habe das Geld vom jetzigen Lebensgefährten seiner Ehefrau in bar bekommen, auf sein Konto eingezahlt und aus dem Grund, weil der jetzige Lebensgefährte seiner Ehefrau kein Konto in Thailand besitze, das Geld in dieser Form überwiesen.

Mit Bescheid vom 25.08.2005 lehnte der Ag den Antrag auf Übernahme der rückständigen Stromkosten ab. Der ASt habe über nicht unerhebliche Vermögenswerte verfügt. Herkunft und Verbleib des Geldes seien letztlich unklar geblieben. Seine Behauptung, er heize mit Strom, sei unglaubwürdig, weil der Ag dem ASt erst im Jahr 2004 Beihilfen für die Beschaffung von zwei Ölöfen und Heizöl geleistet habe. Im Februar 2005 habe der ASt für die gesamte Heizperiode eine einmalige Heizungsbeihilfe in Höhe von 520,00 EUR erhalten. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 34 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht vor.

Hiergegen erhob der ASt mit Schreiben vom 28.08.2005 Widerspruch, über den - soweit aus den Akten ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.

Am 28.09.2005 beantragte der ASt beim Sozialgericht Nürnberg (SG), den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die von der N. gegen ihn geltend gemachten Stromkosten zu übernehmen.

Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 05.10.2005 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es fehle an einem Anordnungsanspruch, weil die Voraussetzungen des § 34 Abs 1 SGB XII im Falle des ASt nicht gegeben seien. Der Ag habe die Kostenübernahme bereits deshalb ablehnen dürfen, weil dem ASt möglicherweise Vermögen im Sinne von §§ 90 ff SGB XII im Bedarfszeitraum zustand. Der ASt habe die Umstände dieser Vermögenstransaktionen nicht hinreichend aufgeklärt. Es sei letztlich unklar geblieben, weshalb der ASt trotz des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II seine Stromkosten nicht habe begleichen können. Es liege offensichtlich ein System der Nichtzahlung vor. Der ASt habe dies indirekt bestätigt, weil er vorgetragen habe, er habe wegen diverser Differenzen seine Kosten nicht beglichen. Er sei folglich davon ausgegangen, dass er die laufenden Stromkosten nicht zu bezahlen brauche, weil das Sozialamt diese Kosten sowieso übernehmen müsse.

Die hiergegen erhobene Beschwerde des ASt ist beim SG Nürnberg am 25.10.2005 eingegangen.

Der ASt beantragt, das Verfahren an das Bayer. Landessozialgericht weiterzuleiten. Eine darüber hinausgehende Begründung der Beschwerde liegt nicht vor.

Der Ag hat im Beschwerdeverfahren nicht mehr Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der rückständigen Stromkosten zu verpflichten.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Auflage 2005, RdNr 643).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der ASt Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 194 Abs 1 Zivilprozessordnung; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 86 b RdNr 41).

Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005 NDV-RD 2005, 59), zeigt sich, dass dem ASt - wie das SG zutreffend festgestellt hat - kein Anordnungsanspruch zur Seite steht.

Ein solcher Anspruch auf Übernahme rückständiger Stromkosten ergibt sich insbesondere nicht aus § 34 Abs 2 Sätze 1, 2 SGB XII, weil es der ASt versäumt hat, das Vorliegen einer Notlage im Sinne dieser Bestimmung darzulegen bzw. auch nur ansatzweise glaubhaft zu machen.

Nach § 34 Abs 1 Satz 1 SGB XII kann der Träger der Sozialhilfe, abweichend vom allgemeinen Grundsatz, dass Schulden von der Sozialhilfe nicht übernommen werden, rückständige Stromkosten dann übernehmen, wenn dies zur Behebung einer der Sicherung der Unterkunft vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Für eine solche gegenwärtige Notlage hat der ASt weder im Verfahren vor dem SG noch im Beschwerdeverfahren Anhaltspunkte vorgetragen. Seine Wohnung ist bewohn- und beheizbar. Kosten für die Heizung hat der Ag durch Übernahme der Aufwendungen für zwei Ölöfen und Heizöl für die Heizperiode vom Oktober 2004 bis April 2005 übernommen. Im Weiteren erhält der ASt Leistungen nach dem SGB II, womit er - anderes hat er nicht behauptet - die gegenwärtigen Kosten für Unterkunft, Heizung und laufende Stromkosten decken kann. Dass ihm der Energieversorger zu irgend einem Zeitpunkt den Strom gesperrt hätte, hat er schon nicht mehr vorgetragen. Das Schicksal der mit Schreiben der N. vom 12.08.2005 angekündigten Stromsperre ist im hier anhängigen Eilverfahren unklar geblieben. Der ASt hat insbesondere der Aufforderung des Senats im Schreiben vom 04.11.2005, eine Beschwerdebegründung zu übersenden, nicht Folge geleistet.

Hinzu kommt, dass auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des ASt im Bewilligungszeitraum unklar geblieben sind. Das SG weist zutreffend darauf hin, dass es Sache des ASt ist, in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch seinen Bedarf an Leistungen der Sozialhilfe glaubhaft zu machen. In den blosen Hinweisen des Klägers, bei den Geldtransfers in Höhe von ca. 40.000,00 EUR nach Thailand handele es sich nur um durchlaufende Gelder, kann eine solche Glaubhaftmachung auch nicht ansatzweise gesehen werden.

Mithin zeigt auch eine abschließende Güter- und Folgenabwägung, dass das Begehren des ASt auf Übernahme der rückständigen Stromkosten durch den Träger der Sozialhilfe nicht veranlasst ist. Es liegt weder ein Notfall noch eine besondere Härte, wie der Ag in seinem Bescheid vom 25.08.2005 zutreffend ausgeführt hat, beim ASt vor.

Mithin hat die Beschwerde insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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