L 5 B 683/05 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 398/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 B 683/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. November 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Versorgung mit einem Pflegerollstuhl.

1.

Der 1960 geborene Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin versichert ist, leidet aus seiner Sicht an einem MCS-Syndrom und lebt zur Vermeidung von Unverträglichkeiten als Sozialleistungsempfänger in seinen häuslichen Bereich zurückgezogen. In erster Linie wegen psychischer Erkrankung und sozialen Anpassungsstörungen ist bei ihm ein GdB von 80 nach dem SGB IX anerkannt (Urteil BayLSG vom 06.11.2003 - L 18 SB 113/00).

Die Antragsgegnerin stellte ihm im Mai 2005 einen Leichtgewichtsrollstuhl als krankenversicherungsrechtliches Hilfsmittel zur Verfügung.

2.

Mit Bescheid vom 07.09.2005 lehnte die Beklagte die vom Antragsteller am 19.08.2005 beantragte Kostenübernahme für einen Rollstuhl Silencio REA 704 SB 44 in Gestalt einer Wiedereinsetzungspauschale in Höhe von 408,90 EUR ab, weil die vorhandene Versorgung ausreichend und zweckmäßig sei. Entscheidungsgrundlage war eine Stellungnahme des MDK vom 31.08.2005 zur Verordnung des Orthopäden Dr.W. vom 19.08.2005 bezüglich eines Pflegerollstuhls mit Sitz und Rückenverstellung mit Kantelung des Sitzes.

Zugleich mit Einlegung des Widerspruchs gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Nürnberg beantragt, ihm mit sofortiger Wirkung den ärztlich verordneten Pflege- rollstuhl zu gewähren.

Er hat sich auf die Verordnung durch den Orthopäden Dr.W. be- zogen und die Dringlichkeit des Verfahrens mit drohenden Hal- tungsschäden begründet und sich Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen wegen Haltungsschäden vorbehalten.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zurückzuweisen.

Schwere, später irreparable Nachteile habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen sei er ordnungsgemäß mit einem Rollstuhl im Mai 2005 versorgt worden. Etwas anderes habe sich auch nicht anlässlich eines auf den Pflegeantrag durchgeführten Hausbesuchs des MDK am 15.07.2005 ergeben. Mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 27.07.2005 hat diese den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.09.2005 zurückgewiesen.

Mit Beschluss vom 10.11.2005 hat das Sozialgericht Nürnberg den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung abgelehnt, weil der Antragsteller weder einen Anordnungsanspruch auf Austauschversorgung bzw. Neuversorgung mit einem Pflegerollstuhl noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe.

3.

Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und vorgetragen, aufgrund der fachärztlichen Verordnung des Dr.W. habe er Anspruch auf einen Pflegerollstuhl, welcher zur Erleichterung der Pflege und zur Linderung seiner Beschwerden unerlässlich sei. Die Feststellungen des MDK seien unzutreffend. Der zur Verfügung gestellte Standardrollstuhl führe zu gesundlichen Folgeschäden, Haltungsschäden sowie unnötigen und nicht zumutbaren Schmerzen durch ständiges Sitzen, wie sich aus den vorliegenden Befundberichten, vorhandenen Fakten und Diagnosen ergebe.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfü- gung vom 21.12.2005).

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Nürn- berg vom 15.11.2005 ist nicht zu beanstanden.

1.

Gemäß § 86b Abs.2 SGG (in der Fassung des Gesetzes vom 17.08.2001 - BGBl.I, S.2144) sind auch im sozialgerichtlichen Verfahren einstweilige Anordnungen zur vorläufigen Regelung eines Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. In diesem Verfahren sind in analoger Anwendung des § 920 ZPO sowohl der Anspruch, also die materielle Rechtsgrundlage, sowie der Grund für die begehrte Regelung, also die Unaufschiebbarkeit, glaubhaft zu machen.

Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller begehrte Versorgung mit einem verstellbaren Pflegerollstuhl ist § 33 SGB V. Versicherte haben nach § 33 Abs.1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art.5 Nr.9 i.V.m. Art.67 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl.I S.1046) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der GKV auch, müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V).

2.

Im vorliegenden Fall ist dabei zu beachten, dass die Erforderlichkeit des begehrten Rollstuhls über die Versorgung mit dem bereits im Mai 2005 bewilligten Standardrollstuhl hinausgehen müsste. Hierzu hat der Antragsteller zwar behauptet, dass ohne die sofortige Versorgung mit dem verstellbaren Pflegerollstuhl Haltungsschäden, Folgeschäden sowie Schmerzzustände entstünden. Dies reicht jedoch für die Glaubhaftmachung der konkreten Erforderlichkeit über die erst kürzlich erhaltene und vom Antragsteller zunächst akzeptierte Versorgung mit einem Rollstuhl nicht aus. Die vom Antragsteller lediglich behaupteten unmittelbar drohenden gesundheitlichen Schäden und Schmerzzustände, die im Übrigen anderweitig nicht vermeidbar sein müssten, lassen sich dem Vorbringen sowie den Akten nicht entnehmen. Die Beschwerde muss deshalb bereits wegen fehlender Glaubhaftmachung in dieser Hinsicht ohne Erfolg bleiben.

Es kommt hinzu, dass außer der orthopädischen Verordnung durch Dr.W. keine Hinweise vorhanden sind, dass die bisherige Versorgung mit einem Rollstuhl das Mass des Notwendigen nicht erreicht.

3.

Soweit der Antragsteller geltend macht, er habe Anspruch auf den begehrten Rollstuhl als Pflegeleistung, fehlte es an der gesetzlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin für diese Leistung. Ein entsprechender Antrag müsste sich gegen die Pflegeversicherung richten und unterläge einer materiellen Prüfung gemäß § 40 SGB XI.

Die Beschwerde des Antragstellers musste deshalb in vollem Um- fang erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved