Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 372/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 429/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 23. September 2004 sowie der Bescheid vom 18. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2002 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger ab 14. November 2001 Arbeitslosenhilfe zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 14.11.2001 streitig.
Der 1941 geborene Kläger war bis 30.11.1997 als Kraftfahrer, Führerscheinklasse II, beschäftigt. Er bezog vom 08.12.1997 bis 18.03.1999 Krankengeld. Nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten der Frau Dr.S. vom 26.04.1999 war er noch vollschichtig einsetzbar, nicht mehr jedoch als Kraftfahrer. Ihm wurde ab 19.03.1999 bis zur Erschöpfung des Anspruches am 13.11.2001 Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt.
Mit seinem Antrag auf Alhi legte er eine Bestätigung der B. Versicherung vom 17.12.2001 vor, wonach seine Lebensversicherung, fällig am 01.04.2011, zum 01.01.2002 ein Guthaben von 137.136,00 DM (70.116,52 Euro) aufweise.
Mit Bescheid vom 18.02.2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit der Begründung ab, der Freibetrag betrage 520,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seiner Ehegattin, höchstens jeweils 33.800,00 Euro. Er verfüge über ein verwertbares Vermögen in Höhe von 70.116,52 Euro. Nach Berücksichtigung des Freibetrages von 45.240,00 Euro verblieben 24.876,52 Euro; dieser Betrag sei bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.
Mit seinem Widerspruch verwies der Kläger auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4100 § 137 Nrn.4, 7), wonach er eine zusätzliche Alterssicherung aufbauen dürfe, die 100 % der Lebensstandardversicherung erreiche. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass seinem Vermögen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 26.000,00 Euro gegenüberstünden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und wiederholte die Begründung des Ausgangsbescheides.
Der Kläger hat zur Begründung seiner zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Mit Gerichtsbescheid vom 23.09.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Vortrag des Klägers ziele auf § 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung. Diese Vorschrift komme jedoch gemäß § 4 AlhiV in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung nicht zur Anwendung. Im Übrigen werde gemäß § 136 Abs.3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend, die AlhiV in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung sei weiter anzuwenden, wenn, wie hier gegeben, die Voraussetzungen eines Anspruches auf Alhi in dem Zeitraum 01.10. bis 31.12.2001 vorgelegen hätten. Unter Berücksichtigung des damaligen § 6 Abs.3 AlhiV wäre eine Verwertung des Vermögens nicht zumutbar gewesen, da es zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt gewesen sei. Aufgrund eines Darlehensvertrages vom 08.11.1999 über einen Nettokredit von 50.000,00 DM habe er Verbindlichkeiten in Höhe von 44.260,69 DM gehabt, die er am 16.08.2001 getilgt habe. Hierzu habe ihm seine im November 2003 verstorbene Mutter am 14.08.2001 55.000,00 DM darlehensweis zur Verfügung gestellt, wobei er den nach der Darlehensrückzahlung verbliebenen Betrag zur Finanzierung seiner im September 2001 stattgefundenen Hochzeit verwendet habe. An seine Mutter habe er bis deren Tod ca. 15.000,00 DM in bar zurückbezahlt. Das Darlehen vom 08.11.1999 habe er aufnehmen müssen, um die Kosten der Scheidung von seiner damaligen Ehefrau und die an diese für Zugewinnausgleich und Verzicht auf Unterhaltsansprüche zu leistende Ausgleichszahlung in Höhe von 40.000,00 DM zahlen zu können. Seine jetzige Ehefrau sei im März 2001 aus den Philippinen nach Deutschland eingereist und habe zunächst nur vierteljährliche Aufenthaltsgenehmigungen erhalten; wie seine frühere Ehefrau sei sie mittellos gewesen und habe erst im April oder Mai 2002 eine Beschäftigung, mit der sie 900,00 DM netto monatlich verdient habe, aufgenommen. Er selbst habe im September 2002 wieder eine Beschäftigung als Kraftfahrer aufgenommen und inklusive Spesen 1.288,00 DM verdient.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 23.09.2004 und des Bescheides vom 18.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002 zu verurteilen, ihm ab 14.11.2001 Arbeitslosenhilfe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die AlhiV 2002 sei ebenso wie § 6 Abs.4 AlhiV a.F. mit höherrangigem Recht vereinbar. Zum maßgeblichen Zeitpunkt 14.11.2001 habe eine Darlehensschuld des Klägers nicht mehr bestanden. Bezüglich der dem Kläger von seiner Mutter übergebenen 50.000,00 DM sei nicht nachgewiesen, dass es sich um ein privates Darlehen gehandelt habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Der Kläger hat seit 14.11.2001 dem Grunde nach Anspruch auf Alhi.
Der Kläger hat gemäß § 190 Abs.1 SGB III Anspruch auf Alhi, da er innerhalb der einjährigen Vorfrist (§ 192 SGB III) Arbeitslosengeld bezogen hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten war er in dem hier streitigen Zeitraum auch bedürftig im Sinne des § 190 Abs.1 Nr.5 SGB III. Das am 14.11.2001 verhandene Vermögen schloss Bedürftigkeit im Sinne des § 193 Abs.2 SGB III nicht aus. Maßgebend für die Beurteilung der Bedürftigkeit ist die AlhiV vom 07.08.1974 (Bundesgesetzblatt I S.1929) in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2000 (Bundesgesetzblatt I S.1983); die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung ergibt sich nunmehr aus § 206 SGB III. Diese zunächst bis 31.12.2001 gültige und deshalb auf den am 14.11.2001 entstandenen Anspruch anzuwendende Fassung bestimmte in § 6 Abs.1, dass Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen ist, soweit es verwertbar ist, die verwertbar zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 DM übersteigt; hieraus ergibt sich ein Freibetrag von 16.000,00 DM. Darüber hinaus war gemäß § 6 Abs.3 Satz 2 Nr.3 i.V.m. Abs.4 Nr.2 die Verwertung von Vermögen nicht zumutbar, soweit es u.a. zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt war, wobei als angemessen ein Vermögen galt, soweit es 1.000,00 DM je vollendeten Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennten lebenden Ehegatten nicht überstieg. Da der Kläger und seine Ehefrau zu dem maßgeblichen Zeitpunkt 14.11.2001 zusammen 87 Jahre alt waren, ergibt sich hieraus ein weiterer Freibetrag von 87.000,00 DM. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger laut vorgelegter Arbeitsbescheinigung von seinem letzten Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 7.500,00 DM erhielt, und dieses Vermögen - auch nach ständiger Praxis der Beklagten - in entsprechender Anwendung von § 7 Abs.1 AlhiV ebenfalls von der Verwertung ausgenommen ist. Somit war das in Form der Lebensversicherung angelegte Vermögen in Höhe von 110.500,00 DM geschützt, so dass für eine Verwertung nur der restliche Betrag von 26.636,00 DM in Betracht kamen.
Dieses restliche Vermögen stand der Bedürftigkeit ebenfalls nicht entgegen, da § 6 Abs.3 Satz 1 AlhiV in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung bestimmte, dass die Verwertung nur zumutbar ist, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenhaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise nicht erwartet werden kann. Ob die Verwertung hier unwirtschaftlich war, kann dahinstehen, da jedenfalls bei Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau die Verwertung dieses restlichen Vermögens nicht erwartet werden konnte. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwertung sind sämtliche Lebensumstände zu berücksichtigen, insbesondere das Lebensalter und die bei vorausschauender Betrachtung gegebenen Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. BSG SozR 4100 § 137 Nr.1). Hierbei ist im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass der Kläger zu dem maßgeblichen Zeitpunkt bereits 61 Jahre alt, annähernd vier Jahr arbeitslos war und nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten der Dr.S. den 36 Jahre lang ausgeübten Beruf des Kraftfahrers voraussichtlich nicht mehr verrichten konnte. In dieser Situtation war nicht damit zu rechnen, dass er in absehbarer Zeit in der Lage sein würde, seinen Lebensunterhalt wieder durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Da es auf eine vorausschauende Betrachtung ankommt, ist es unerheblich, dass es dem Kläger im September 2002 gelungen ist, offensichtlich unter Hintanstellung seiner gesundheitlichen Einschränkungen wieder eine, gegenüber den von ihm früher erzielten Entgelten deutlich schlechter bezahlte Beschäftigung als Kraftfahrer aufzunehmen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass seine im September 2001 geheiratete Ehefrau vermögenslos und ohne Einkommen war und damals nicht abgesehen werden konnte, ob und wann sie durch Aufnahme einer Beschäftigung zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes beitragen konnte.
Der am 14.11.2001 entstandene Anspruch auf Alhi bestand auch über den 31.12.2001 hinaus. Denn gemäß § 4 AlhiV 2002 vom 13.12.2001 (Bundesgesetzblatt I S.3734) galten mit Ausnahme des § 9 die Vorschriften der AlhiV vom 07.08.1974 in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter, da die Voraussetzungen eines Anspruches auf Alhi nach § 190 Abs.1 SGB III in dem Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2001 vorgelegen hatten; lediglich die Freibeträge waren in Euro umzurechnen, im Übrigen war aber weiterhin das nach Abzug der Freibeträge verbleibende Vermögen nach § 6 Abs.3 Satz 1 AlhiV a.F. nicht zumutbar zu verwerten. Deshalb kann dahinstehen, ob die auch unter Geltung der AlhiV 2002 zu berücksichtigenden Härtegesichtspunkte einer Verwertung dieses nicht durch Freibeträge ausdrücklich geschützten Restvermögens entgegengestanden hätten (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004, B 7 AL 30/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr.2).
Somit war die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 23.09.2004 und des Bescheides vom 18.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002 zu verurteilen, dem Kläger ab 14.11.2001 Alhi zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 14.11.2001 streitig.
Der 1941 geborene Kläger war bis 30.11.1997 als Kraftfahrer, Führerscheinklasse II, beschäftigt. Er bezog vom 08.12.1997 bis 18.03.1999 Krankengeld. Nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten der Frau Dr.S. vom 26.04.1999 war er noch vollschichtig einsetzbar, nicht mehr jedoch als Kraftfahrer. Ihm wurde ab 19.03.1999 bis zur Erschöpfung des Anspruches am 13.11.2001 Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt.
Mit seinem Antrag auf Alhi legte er eine Bestätigung der B. Versicherung vom 17.12.2001 vor, wonach seine Lebensversicherung, fällig am 01.04.2011, zum 01.01.2002 ein Guthaben von 137.136,00 DM (70.116,52 Euro) aufweise.
Mit Bescheid vom 18.02.2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit der Begründung ab, der Freibetrag betrage 520,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seiner Ehegattin, höchstens jeweils 33.800,00 Euro. Er verfüge über ein verwertbares Vermögen in Höhe von 70.116,52 Euro. Nach Berücksichtigung des Freibetrages von 45.240,00 Euro verblieben 24.876,52 Euro; dieser Betrag sei bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.
Mit seinem Widerspruch verwies der Kläger auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-4100 § 137 Nrn.4, 7), wonach er eine zusätzliche Alterssicherung aufbauen dürfe, die 100 % der Lebensstandardversicherung erreiche. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass seinem Vermögen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 26.000,00 Euro gegenüberstünden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und wiederholte die Begründung des Ausgangsbescheides.
Der Kläger hat zur Begründung seiner zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Mit Gerichtsbescheid vom 23.09.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Vortrag des Klägers ziele auf § 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung. Diese Vorschrift komme jedoch gemäß § 4 AlhiV in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung nicht zur Anwendung. Im Übrigen werde gemäß § 136 Abs.3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend, die AlhiV in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung sei weiter anzuwenden, wenn, wie hier gegeben, die Voraussetzungen eines Anspruches auf Alhi in dem Zeitraum 01.10. bis 31.12.2001 vorgelegen hätten. Unter Berücksichtigung des damaligen § 6 Abs.3 AlhiV wäre eine Verwertung des Vermögens nicht zumutbar gewesen, da es zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt gewesen sei. Aufgrund eines Darlehensvertrages vom 08.11.1999 über einen Nettokredit von 50.000,00 DM habe er Verbindlichkeiten in Höhe von 44.260,69 DM gehabt, die er am 16.08.2001 getilgt habe. Hierzu habe ihm seine im November 2003 verstorbene Mutter am 14.08.2001 55.000,00 DM darlehensweis zur Verfügung gestellt, wobei er den nach der Darlehensrückzahlung verbliebenen Betrag zur Finanzierung seiner im September 2001 stattgefundenen Hochzeit verwendet habe. An seine Mutter habe er bis deren Tod ca. 15.000,00 DM in bar zurückbezahlt. Das Darlehen vom 08.11.1999 habe er aufnehmen müssen, um die Kosten der Scheidung von seiner damaligen Ehefrau und die an diese für Zugewinnausgleich und Verzicht auf Unterhaltsansprüche zu leistende Ausgleichszahlung in Höhe von 40.000,00 DM zahlen zu können. Seine jetzige Ehefrau sei im März 2001 aus den Philippinen nach Deutschland eingereist und habe zunächst nur vierteljährliche Aufenthaltsgenehmigungen erhalten; wie seine frühere Ehefrau sei sie mittellos gewesen und habe erst im April oder Mai 2002 eine Beschäftigung, mit der sie 900,00 DM netto monatlich verdient habe, aufgenommen. Er selbst habe im September 2002 wieder eine Beschäftigung als Kraftfahrer aufgenommen und inklusive Spesen 1.288,00 DM verdient.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 23.09.2004 und des Bescheides vom 18.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002 zu verurteilen, ihm ab 14.11.2001 Arbeitslosenhilfe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die AlhiV 2002 sei ebenso wie § 6 Abs.4 AlhiV a.F. mit höherrangigem Recht vereinbar. Zum maßgeblichen Zeitpunkt 14.11.2001 habe eine Darlehensschuld des Klägers nicht mehr bestanden. Bezüglich der dem Kläger von seiner Mutter übergebenen 50.000,00 DM sei nicht nachgewiesen, dass es sich um ein privates Darlehen gehandelt habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Der Kläger hat seit 14.11.2001 dem Grunde nach Anspruch auf Alhi.
Der Kläger hat gemäß § 190 Abs.1 SGB III Anspruch auf Alhi, da er innerhalb der einjährigen Vorfrist (§ 192 SGB III) Arbeitslosengeld bezogen hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten war er in dem hier streitigen Zeitraum auch bedürftig im Sinne des § 190 Abs.1 Nr.5 SGB III. Das am 14.11.2001 verhandene Vermögen schloss Bedürftigkeit im Sinne des § 193 Abs.2 SGB III nicht aus. Maßgebend für die Beurteilung der Bedürftigkeit ist die AlhiV vom 07.08.1974 (Bundesgesetzblatt I S.1929) in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2000 (Bundesgesetzblatt I S.1983); die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung ergibt sich nunmehr aus § 206 SGB III. Diese zunächst bis 31.12.2001 gültige und deshalb auf den am 14.11.2001 entstandenen Anspruch anzuwendende Fassung bestimmte in § 6 Abs.1, dass Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen ist, soweit es verwertbar ist, die verwertbar zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 DM übersteigt; hieraus ergibt sich ein Freibetrag von 16.000,00 DM. Darüber hinaus war gemäß § 6 Abs.3 Satz 2 Nr.3 i.V.m. Abs.4 Nr.2 die Verwertung von Vermögen nicht zumutbar, soweit es u.a. zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt war, wobei als angemessen ein Vermögen galt, soweit es 1.000,00 DM je vollendeten Lebensjahr des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennten lebenden Ehegatten nicht überstieg. Da der Kläger und seine Ehefrau zu dem maßgeblichen Zeitpunkt 14.11.2001 zusammen 87 Jahre alt waren, ergibt sich hieraus ein weiterer Freibetrag von 87.000,00 DM. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger laut vorgelegter Arbeitsbescheinigung von seinem letzten Arbeitgeber eine Abfindung in Höhe von 7.500,00 DM erhielt, und dieses Vermögen - auch nach ständiger Praxis der Beklagten - in entsprechender Anwendung von § 7 Abs.1 AlhiV ebenfalls von der Verwertung ausgenommen ist. Somit war das in Form der Lebensversicherung angelegte Vermögen in Höhe von 110.500,00 DM geschützt, so dass für eine Verwertung nur der restliche Betrag von 26.636,00 DM in Betracht kamen.
Dieses restliche Vermögen stand der Bedürftigkeit ebenfalls nicht entgegen, da § 6 Abs.3 Satz 1 AlhiV in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung bestimmte, dass die Verwertung nur zumutbar ist, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenhaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise nicht erwartet werden kann. Ob die Verwertung hier unwirtschaftlich war, kann dahinstehen, da jedenfalls bei Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau die Verwertung dieses restlichen Vermögens nicht erwartet werden konnte. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwertung sind sämtliche Lebensumstände zu berücksichtigen, insbesondere das Lebensalter und die bei vorausschauender Betrachtung gegebenen Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. BSG SozR 4100 § 137 Nr.1). Hierbei ist im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass der Kläger zu dem maßgeblichen Zeitpunkt bereits 61 Jahre alt, annähernd vier Jahr arbeitslos war und nach dem arbeitsamtsärztlichen Gutachten der Dr.S. den 36 Jahre lang ausgeübten Beruf des Kraftfahrers voraussichtlich nicht mehr verrichten konnte. In dieser Situtation war nicht damit zu rechnen, dass er in absehbarer Zeit in der Lage sein würde, seinen Lebensunterhalt wieder durch Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Da es auf eine vorausschauende Betrachtung ankommt, ist es unerheblich, dass es dem Kläger im September 2002 gelungen ist, offensichtlich unter Hintanstellung seiner gesundheitlichen Einschränkungen wieder eine, gegenüber den von ihm früher erzielten Entgelten deutlich schlechter bezahlte Beschäftigung als Kraftfahrer aufzunehmen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass seine im September 2001 geheiratete Ehefrau vermögenslos und ohne Einkommen war und damals nicht abgesehen werden konnte, ob und wann sie durch Aufnahme einer Beschäftigung zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes beitragen konnte.
Der am 14.11.2001 entstandene Anspruch auf Alhi bestand auch über den 31.12.2001 hinaus. Denn gemäß § 4 AlhiV 2002 vom 13.12.2001 (Bundesgesetzblatt I S.3734) galten mit Ausnahme des § 9 die Vorschriften der AlhiV vom 07.08.1974 in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung für die Dauer der laufenden Bewilligung weiter, da die Voraussetzungen eines Anspruches auf Alhi nach § 190 Abs.1 SGB III in dem Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2001 vorgelegen hatten; lediglich die Freibeträge waren in Euro umzurechnen, im Übrigen war aber weiterhin das nach Abzug der Freibeträge verbleibende Vermögen nach § 6 Abs.3 Satz 1 AlhiV a.F. nicht zumutbar zu verwerten. Deshalb kann dahinstehen, ob die auch unter Geltung der AlhiV 2002 zu berücksichtigenden Härtegesichtspunkte einer Verwertung dieses nicht durch Freibeträge ausdrücklich geschützten Restvermögens entgegengestanden hätten (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004, B 7 AL 30/04 R, SozR 4-4300 § 193 Nr.2).
Somit war die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 23.09.2004 und des Bescheides vom 18.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2002 zu verurteilen, dem Kläger ab 14.11.2001 Alhi zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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