Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 74/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 9/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2004 und der Beschluss des Beklagten vom 27. Februar 2004 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Kläger als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung im Zulassungsbezirk Berlin an dem beantragten Vertragsarztsitz zuzulassen. Der Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zulassung als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung im ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick des Zulassungsbezirks Berlin.
Der 1963 geborene und am 27. Dezember 1993 in das Arztregister eingetragene Kläger ist Facharzt für Orthopädie. Am 24. Juli 2003 beantragte er, ihn in seinem Fachgebiet zum 1. September 2003, hilfsweise zum 1. Oktober 2003, im ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Dieser Planungsbereich war nach dem Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Berlin (im Folgenden: LA) vom 12. Februar 2003 (KV-Blatt 03/03, A 482) für Orthopäden nicht gesperrt.
Den Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte des Zulassungsbezirks Berlin mit Beschluss vom 17. September 2003 mit der Begründung ab, dass der mit Wirkung zum 1. Juni 2003 neu gebildete Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt für Orthopäden gesperrt sei. Der LA habe mit Beschluss vom 20. August 2003 (KV-Blatt 9/03, A 552) für die Fachgruppe der Orthopäden für diesen Planungsbereich einen Versorgungsgrad von 117,09 v. H. festgestellt und deshalb eine Zulassungssperre angeordnet. Hierzu sei der Landesausschuss aufgrund des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (ab dem 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss; im Folgenden: BA) vom 24. März 2003 (BAnz vom 10. Juli 2003, Nr. 125, S. 14785) befugt gewesen. Danach sei die Unterteilung des Zulassungsbezirkes Berlin in Planungsbereiche entsprechend den Berliner Verwaltungsbezirken aufgehoben und die Bildung des neuen Planungsbereiches Berlin-Bundeshauptstadt beschlossen worden. Dem LA habe der BA aufgegeben, rückwirkend, mit Wirkung zum 1. Juni 2003 Feststellungen über den Versorgungsgrad in diesem neuen Planungsbereich zu treffen. Nur Anträge, die ordnungsgemäß und vollständig vor dem 1. Juni 2003 eingegangen seien, hätten auf der Grundlage der vor dem 1. Juni 2003 gültigen Bedarfsplanung berücksichtigt werden können. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben. Der Antrag des Klägers sei erst nach dem 31. Mai 2003 bei dem Zulassungsausschuss eingegangen, so dass über diesen nur auf der Grundlage der neuen Rechtslage habe entschieden werden können.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Ablehnung seines Antrages im Kern mit der aus seiner Sicht rechtswidrigen Anordnung der rückwirkenden Zulassungsbeschränkung wandte, wies der Beklagte mit Beschluss vom 28. Januar 2004 im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbeschlusses zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vorgetragen, dass die Bildung des Planungsbereiches Berlin-Bundeshauptstadt rechtswidrig sei, weil diese die Zulassung weiterer Vertragsärzte zur ambulanten Versorgung auf unabsehbare Zeit ausschlösse. In jedem Fall aber sei eine ortsnahe Versorgung der Versicherten nicht mehr gewährleistet.
Nach Beiladung der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin sowie der Landesverbände der Primärkassen und der Verbände der Ersatzkassen (Beigeladene zu 1 bis 6) hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2004 abgewiesen: Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte die Zulassung des Klägers als Facharzt für Orthopäde zur vertragsärztlichen Versorgung in dem ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick zu Recht abgelehnt habe. Seinem Begehren stehe die mit Wirkung zum 1. Juni 2003 im Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt angeordnete Zulassungsbeschränkung für die Fachgruppe der Orthopäden entgegen. Der entsprechende Beschluss des LA vom 20. August 2003 sei wirksam und finde eine hinreichende Grundlage im Beschluss des BA vom 24. März 2003.Dieser Beschluss beinhalte keine Rückwirkung. Sein Regelungsgehalt beschränke sich darauf, die künftige Geltung des Planungsbereichs für die Zulassungsverfahren ab 1. Juni 2003 zu bestimmen. Zugleich lege er deklaratorisch die Fortgeltung der bisherigen Planungsbereiche sowie der entsprechenden Feststellungen über die Zulassungsbeschränkungen bis zum 31. Mai 2003 fest. Die dem BA gesetzlich eingeräumten Kompetenzen beinhalteten zugleich die Befugnis, die erforderlichen Anordnungen für den LA zu treffen, die sich aus der Änderung der Planbereiche und in deren Folge der Verhältniszahlen ergäben. Dies betreffe auch die in diesem Verfahren streitgegenständliche Inkrafttretensregelung. Dies folge bereits daraus, dass die erforderlichen Übergangsregelungen für eine geänderte Ordnung der Planbereiche durch den BA sachgerecht nur von diesem getroffen werden könnten. Der parlamentarische Gesetzgeber sei nur in den Fällen zu einer ausdrücklichen Regelung in der Lage, in denen die Neuordnung des Zulassungsrechts auf Änderungen der gesetzlichen Vorschriften beruhe. Die Befugnis, die auf § 101 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zurückzuführenden Regelungen zu treffen, beinhalte daher zugleich die Befugnis im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 der Zulassugsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) Verfahrensregelungen zur Umsetzung zu treffen. Der BA sei daher ermächtigt, die erforderliche Umsetzung der für den neuen Planbereich geltenden Verhältniszahlen anzuordnen und dem LA entsprechende Festzungen zum 1. Juni 2003 aufzugeben. Tatsächlich seien damit bereits durch den BA zum 1. Juni 2003 Beschränkungen angeordnet worden, deren nachträgliche Umsetzung dem LA aufgegeben worden seien.
Der Kläger könne sich insoweit nicht auf einen besonderen Vertrauensschutz berufen. Soweit er vortrage, dass er im Zuge der Vertragsverhandlungen über die Anmietung von Praxisräumen ab Anfang 2003 auf die Fortgeltung der bisherigen Zulassungsregelungen für den Planbereich Treptow-Köpenick vertraut habe, müsse er sich entgegenhalten lassen, dass den Anordnungen von Zulassungsbeschränkungen bzw. dem Fehlen solcher Anordnungen von der Natur der Sache schon eine sehr eingeschränkte zeitliche Dauer zukomme und ein entsprechender Vertrauensschutz nur für kurze Zeit bestehen könne. Im Übrigen habe der LA im Fall einer Überversorgung zwingend Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Hierbei könne er weder über den Zeitpunkt noch über das "Ob" disponieren.
Gegen dieses ihm am 22. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. März 2005 eingelegte Berufung des Klägers. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass Beschlüsse über die Anordnung einer Zulassungsbeschränkung erst mit deren Veröffentlichung wirksam würden, weil mit ihnen zukünftige Sachverhalte verbindlich geregelt würden. Ein rückwirkendes In-Kraft-Treten greife in rechtswidriger Weise in das Recht auf freie Berufsausübung ein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2004 und den Beschluss des Beklagten vom 28. Januar 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung im Zulassungsbezirk Berlin an dem beantragten Vertragsarztsitz zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die er für unbegründet hält.
Die Beigeladenen zu 2) bis 6) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 28. Januar 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Zulassung.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 95 Abs. 1 und 2 SGB V in Verbindung mit den ergänzenden Bestimmungen der Ärzte-ZV. Danach nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung u. a. zugelassene Ärzte teil (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister nachweist (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Diese Vorraussetzungen erfüllt der Kläger. Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie. Seine Eintragung in das Arztregister erfolgte am 27. Dezember 1993.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung kann nicht mit der mit Beschluss des LA vom 20. August 2003 für den Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt für die Fachgruppe der Orthopäden festgestellten Überversorgung und der angeordneten Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden, weil der am 24. Juli 2003 bei dem Zulassungsausschuss des Zulassungsbezirks Berlin eingegangene Antrag des Klägers nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV vor dieser Zulassungsbeschränkung geschützt ist. Nach dieser Vorschrift kann ein Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen einer Zulassungsbeschränkung nur abgelehnt werden, wenn eine entsprechende Beschränkung bereits bei Antragsstellung angeordnet war. Dies war hier nicht der Fall, denn der LA hat die Zulassungsbeschränkung erst nach Eingang des Zulassungsantrages des Klägers bei dem Zulassungsausschuss am 24. Juli 2003, in seiner Sitzung vom 20. August 2003 beschlossen.
Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der LA die Zulassungsbeschränkung für den Planbereich Berlin Bundeshauptstadt mit Wirkung vom 1. Juni 2003 angeordnet hat, wie der Beklagte meint. Dieser Auffassung begegnen aber bereits schon deshalb Zweifel, weil der Beschluss des LA vom 20. August 2003 kein ausdrückliches Datum nennt, ab welchem Zeitpunkt die Zulassungsbeschränkung wirksam werden soll. Aber selbst wenn der LA den für die Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung maßgeblichen Zeitpunkt auf den 1. Juni 2003 festsetzen wollte, wofür die wiederholte Bezugnahme in dem Beschluss auf die "zum 1. Juni 2003 in Kraft getretene Neuregelung des Planbereichs Berlin Bundeshauptstadt" spricht, kann mit einer derartigen Anordnung einer rückwirkenden Zulassungsbeschränkung der Zulassungsantrag des Klägers nicht abgelehnt werden, weil Adressat der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen seitens des LA nach § 16 b Abs. 2 2. Halbsatz der Ärzte-ZV ausschließlich der Zulassungsausschuss ist. Dieser muss die ihm gegenüber bekannt gemachten Zulassungsbeschränkungen beachten. Unmittelbare rechtliche Außenwirkung gegenüber zulassungswilligen Ärzten kommt der Entscheidung des LA über die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen nicht zu (Urteil des Bundessozialgericht [BSG] vom 2. Oktober 1996, Az.: 6 RKa 52/95, SozR 3-2005 § 103 Nr. 1). Diese ausschließlich verwaltungsinterne Bindung des Zulassungsausschusses (vgl. Hess in Kassler Kommentar, § 103 SGB V [Std.: 32. EL/Dezember 2000] Rdnr. 10) findet ihre Grenze aber dort, wo der Zulassungsausschuss im Einzelfall, im Rahmen eines Zulassungsverfahrens über den Zulassungsantrag eines zulassungswilligen Arztes zu entscheiden hat. Ein solcher Antrag kann nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nach der die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes), gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV nur mit einer im Zeitpunkt der Antragstellung bereits beschlossenen Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden. Ein solcher Beschluss des LA lag aber – wie ausgeführt - im Zeitpunkt des Eingangs des Zulassungsantrages bei dem Zulassungsausschuss am 24. Juli 2003 nicht vor.
Soweit der Beklagte meint, bereits der BA habe vor Antragstellung des Klägers mit seinem am 10. Juli 2003 veröffentlichten Beschluss vom 24. März 2003 den maßgeblichen Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung mit normativer Wirkung auf den 1. Juni 2003 festgelegt und insoweit eine hinreichende Rechtsgrundlage für eine gegebenenfalls rückwirkende Anordnung der Zulassungsbeschränkung geschaffen, trifft dies nicht zu. Der BA hat in Nr. 3.2. seines Beschluss bestimmt, dass der LA erstmals mit Wirkung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens seines Beschlusses, also mit Wirkung zum 1. Juni 2003, die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 SGB V auf der Grundlage der geänderten Tabelle nach Anlage 3.1 der Richtlinien und der sich daraus ergebenen neuen Verhältniszahlen trifft. Mit dieser Regelung hat der BA den LA auf seinen ihm nach § 103 Abs. 1 SGB V obliegenden gesetzlichen Auftrag hingewiesen, mit Errichtung des neuen Planbereichs zum 1. Juni 2003 Feststellungen hinsichtlich des Versorgungsgrades in dem neuen Planbereich zu treffen und gegebenenfalls entsprechende Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Insoweit ist diese Regelung als Handlungsauftrag an den LA zu verstehen, zeitgleich mit Errichtung des Planbereichs seine gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen.
Dass der BA nicht selbst den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung bereits vorab bestimmen oder dem LA die Befugnis erteilen wollte, eine Zulassungsbeschränkung gegebenenfalls rückwirkend anzuordnen, verdeutlicht auch die Regelung in Nr. 3.2. seines Beschlusses. Danach hat der BA eine Übergangsregelung für die Zeit "bis zu dieser Feststellung des LA" geschaffen. Einer solchen Übergangsregelung hätte es nicht bedurft, wenn der BA selbst den für die Wirksamkeit von Zulassungsbeschränkungen maßgeblichen Zeitpunkt festlegen wollte.
Aber selbst wenn der BA eine solche Regelung treffen wollte, hätte der Zulassungsantrag des Klägers nicht mit der am 20. August 2003 mit der dann mit Wirkung vom 1. Juni 2003 angeordneten Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden dürfen, weil eine solche Regelung insoweit gegen § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV verstoßen würde und deshalb insoweit nichtig wäre, da § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV als ranghöhere Norm dies ausschließt.
Der BA hat u. a. für den Sachbereich der ärztlichen Bedarfsplanung Satzungsautonomie (vgl. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, Nr. 9, 99, 101 SGB V, § 12 Abs. 3 Ärzte-ZV). Ihm ist deshalb vom Gesetzgeber die Befugnis eingeräumt worden, Regelungen mit normativer Wirkung für die ihn tragenden Körperschaften, für deren Mitglieder sowie für die Angehörigen der weiteren nach- geordneten Körperschaften zu erlassen. Er kann Richtlinien mit bindender Wirkung sowohl für die Kassenärztlichen Vereinigungen und deren Mitglieder – die Ärzte – als auch für die Krankenkassen und ihre Mitglieder - die Versicherten - erlassen. Bei diesen von dem Bundesausschuss aufgrund der ihm vom Gesetzgeber verliehenen Satzungsautonomie zu erlassenen Regelungen handelt es sich um Normen, die im Rang unterhalb des Gesetzes stehen (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 18. März 1998, Az.: B 6 KA 37/96 R, SozR 3-2500 § 103 Nr. 2).
Nach der Rechtssprechung des BSG war demgegenüber bisher anerkannt, dass die Bestimmungen der Ärzte-ZV wegen der zahlreichen Änderungen durch den parlamentarischen Gesetzgeber insgesamt den Rang von förmlichen Bundesgesetzen haben (vgl. zuletzt Urteile des BSG vom 23. Februar 2005, Az.: B 6 KA 69/03 R, und B 6 KA 81/03 R, zitiert nach Juris). Bundesgesetze stehen im Rang vor den untergesetzlichen Normen der genannten Ausschüsse. Soweit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nunmehr entschieden hat, dass eine Rechtsverordnung, auch sofern sie durch den parlamentarischen Gesetzgeber geändert worden ist, aus Gründen der Normenklarheit und der Normenwahrheit insgesamt weiterhin als Verordnungsrecht zu qualifizieren ist (Beschluss des BVerfG vom 13. September 2005, Az.: 2 BvF 2/03, zitiert nach Juris), ergibt sich hieraus nichts anderes, weil das aus staatlicher Rechtssetzungsgewalt hervorgegangene staatliche Recht, zu der auch die Ärzte-ZV gehört, insgesamt ranghöher ist als das von ihm anerkannte, von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aufgrund ihrer Autonomie selbst geschaffene Recht (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 1, 11. Auflage 1999, § 27 RdNr. 15). Es bedarf daher regelmäßig einer bundesgesetzlichen Regelung, vergleichbar mit den in den - hier nicht einschlägigen - § 95 Abs. 12 SGB V oder in Art. 33 § 3 Abs. 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1997,S. 2266) für die Zulassungsausschüsse im Hinblick auf gegebenenfalls noch zu treffende erstmalige Zulassungsbeschränkungen angeordneten Entscheidungssperren, um bereits eingegangene Zulassungsanträge mit einer möglicherweise dann auch rückwirkend angeordneten Zulassungssperre ablehnen zu können. Eine solche bundesgesetzliche Regelung liegt hier aber nicht vor.
Der BA hat im Übrigen weder die gesetzliche Befugnis, den für die Wirksamkeit einer Zulassungsbeschränkung maßgeblichen Zeitpunkt mit normativer Wirkung festzulegen noch eine entsprechende Handlungskompetenz. Ein solcher Beschluss würde daher gegen den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes verstoßen. § 101 SGB V enthält eine spezialgesetzliche Regelung für die durch den BA zu erlassenen und gegebenenfalls anzupassenden Bedarfs-Richtlinien. Der BA ist danach befugt, die Maßstäbe, die Grundlagen und das Verfahren zur Feststellung einer Überversorgung (vgl. § 16 b Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV) mit normativer Wirkung (s. o.) festzulegen. Die konkrete Feststellung einer Überversorgung der Versicherten mit Ärzten einer bestimmten Arztgruppe in einem bestimmten Planbereich und die in diesem Falle dann zwingend anzuordnende Zulassungsbeschränkung obliegt hingegen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB V allein dem LA. Ein solcher Beschluss hat anders als die Entscheidungen des BA zudem ausschließlich verwaltungsinterne Wirkung und bindet, wie ausgeführt, allein den Zulassungsausschuss (Urteil des BSG vom 2. Oktober 1996, a.a.O.). Außenwirkung gegenüber zulassungswilligen Ärzten haben diese Entscheidungen des LA nicht. Die Anordnung des Zeitpunktes der Wirksamkeit einer Zulassungsbeschränkung durch den BA mit normativer Wirkung würde dieser Systematik widersprechen.
Der Zulassungsantrag vom 24. Juli 2003 war schließlich auch wirksam. Nicht jeder Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV vor einer nach Eingang des Zulassungsantrages beschlossenen Zulassungsbeschränkung geschützt. Vielmehr muss es sich um einen Antrag handeln, der formell und materiell wirksam ist. Er muss den in der Ärzte-ZV geregelten Anforderungen entsprechen, dass heißt er muss die für eine Zulassung nach der Ärzte-ZV erforderlichen Angaben enthalten und es müssen die nötigen Unterlagen beigefügt sein. (Urteil des BSG vom 12. September 2001, Az.: B 6 KA 90/00 R, SozR 3-2005 § 98 Nr. 7). Außerdem muss der Antrag darauf gerichtet sein, die vertragsärztliche Tätigkeit alsbald – mithin im Regelfall spätestens innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung (§ 19 Abs. 3 Ärzte-ZV) – aufzunehmen. Ein Antrag eines Arztes wäre missbräuchlich, wenn dieser erkennbar noch nicht alsbald in die Lage käme, eine vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen, weil er noch für längere Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis stünde, oder er ersichtlich zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch nicht bereit wäre (so genannter Antrag auf Vorrat; BSG, a.a.O.).
An diesen Kriterien gemessen war der Zulassungsantrag des Klägers vom 24. Juli 2003 wirksam. Dem Antrag waren alle nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Ärzte-ZV notwendigen Unterlagen und Erklärungen, beigefügt. Der Kläger hat insbesondere auch angegeben, dass er bei einem Klinikum in Berlin beschäftigt und ein Auflösungsvertrag vorgesehen sei (Vgl. § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV). Hinsichtlich dieser Erklärung fehlt es zwar an einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch Vorlage einer Bestätigung seines Arbeitgebers. Die Vorlage einer derartigen Unterlage ist aber nicht Wirksamkeitsvorraussetzung eines Zulassungsantrages. Denn bereits nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV ist eine derartige Bestätigung der Angabe des Zulassungsbewerbers nicht erforderlich. Dies wird auch durch die Regelung des § 18 Abs. 4 Ärzte-ZV bestätigt. Danach bedarf es lediglich der in § 18 Abs. 1 b und Abs. 2 c bezeichneten Unterlagen einer entsprechenden Glaubhaftmachung. Dass auch die Zulassungsgremien das Vorliegen einer entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung eines wirksamen Zulassungsantrages ansehen, zeigt ihre Entscheidungspraxis, einen Zulassungsbewerber auch ohne eine solche Arbeitgeberbescheinigung zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen und die tatsächliche Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses durch eine Nebenbestimmung nach § 32 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch - SGB X - abzusichern. Gegen diese Verfahrensweise sind von der Rechtsprechung bisher keine durchgreifenden Bedenken erhoben worden. Auch ohne die Bestätigung nach § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV war der Antrag des Klägers deshalb wirksam und bescheidungsfähig und nicht etwa nur ein "Antrag auf Vorrat".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 162 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zulassung als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung im ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick des Zulassungsbezirks Berlin.
Der 1963 geborene und am 27. Dezember 1993 in das Arztregister eingetragene Kläger ist Facharzt für Orthopädie. Am 24. Juli 2003 beantragte er, ihn in seinem Fachgebiet zum 1. September 2003, hilfsweise zum 1. Oktober 2003, im ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen. Dieser Planungsbereich war nach dem Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Berlin (im Folgenden: LA) vom 12. Februar 2003 (KV-Blatt 03/03, A 482) für Orthopäden nicht gesperrt.
Den Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte des Zulassungsbezirks Berlin mit Beschluss vom 17. September 2003 mit der Begründung ab, dass der mit Wirkung zum 1. Juni 2003 neu gebildete Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt für Orthopäden gesperrt sei. Der LA habe mit Beschluss vom 20. August 2003 (KV-Blatt 9/03, A 552) für die Fachgruppe der Orthopäden für diesen Planungsbereich einen Versorgungsgrad von 117,09 v. H. festgestellt und deshalb eine Zulassungssperre angeordnet. Hierzu sei der Landesausschuss aufgrund des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (ab dem 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss; im Folgenden: BA) vom 24. März 2003 (BAnz vom 10. Juli 2003, Nr. 125, S. 14785) befugt gewesen. Danach sei die Unterteilung des Zulassungsbezirkes Berlin in Planungsbereiche entsprechend den Berliner Verwaltungsbezirken aufgehoben und die Bildung des neuen Planungsbereiches Berlin-Bundeshauptstadt beschlossen worden. Dem LA habe der BA aufgegeben, rückwirkend, mit Wirkung zum 1. Juni 2003 Feststellungen über den Versorgungsgrad in diesem neuen Planungsbereich zu treffen. Nur Anträge, die ordnungsgemäß und vollständig vor dem 1. Juni 2003 eingegangen seien, hätten auf der Grundlage der vor dem 1. Juni 2003 gültigen Bedarfsplanung berücksichtigt werden können. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben. Der Antrag des Klägers sei erst nach dem 31. Mai 2003 bei dem Zulassungsausschuss eingegangen, so dass über diesen nur auf der Grundlage der neuen Rechtslage habe entschieden werden können.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Ablehnung seines Antrages im Kern mit der aus seiner Sicht rechtswidrigen Anordnung der rückwirkenden Zulassungsbeschränkung wandte, wies der Beklagte mit Beschluss vom 28. Januar 2004 im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbeschlusses zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vorgetragen, dass die Bildung des Planungsbereiches Berlin-Bundeshauptstadt rechtswidrig sei, weil diese die Zulassung weiterer Vertragsärzte zur ambulanten Versorgung auf unabsehbare Zeit ausschlösse. In jedem Fall aber sei eine ortsnahe Versorgung der Versicherten nicht mehr gewährleistet.
Nach Beiladung der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin sowie der Landesverbände der Primärkassen und der Verbände der Ersatzkassen (Beigeladene zu 1 bis 6) hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2004 abgewiesen: Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte die Zulassung des Klägers als Facharzt für Orthopäde zur vertragsärztlichen Versorgung in dem ehemaligen Planungsbereich Treptow-Köpenick zu Recht abgelehnt habe. Seinem Begehren stehe die mit Wirkung zum 1. Juni 2003 im Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt angeordnete Zulassungsbeschränkung für die Fachgruppe der Orthopäden entgegen. Der entsprechende Beschluss des LA vom 20. August 2003 sei wirksam und finde eine hinreichende Grundlage im Beschluss des BA vom 24. März 2003.Dieser Beschluss beinhalte keine Rückwirkung. Sein Regelungsgehalt beschränke sich darauf, die künftige Geltung des Planungsbereichs für die Zulassungsverfahren ab 1. Juni 2003 zu bestimmen. Zugleich lege er deklaratorisch die Fortgeltung der bisherigen Planungsbereiche sowie der entsprechenden Feststellungen über die Zulassungsbeschränkungen bis zum 31. Mai 2003 fest. Die dem BA gesetzlich eingeräumten Kompetenzen beinhalteten zugleich die Befugnis, die erforderlichen Anordnungen für den LA zu treffen, die sich aus der Änderung der Planbereiche und in deren Folge der Verhältniszahlen ergäben. Dies betreffe auch die in diesem Verfahren streitgegenständliche Inkrafttretensregelung. Dies folge bereits daraus, dass die erforderlichen Übergangsregelungen für eine geänderte Ordnung der Planbereiche durch den BA sachgerecht nur von diesem getroffen werden könnten. Der parlamentarische Gesetzgeber sei nur in den Fällen zu einer ausdrücklichen Regelung in der Lage, in denen die Neuordnung des Zulassungsrechts auf Änderungen der gesetzlichen Vorschriften beruhe. Die Befugnis, die auf § 101 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zurückzuführenden Regelungen zu treffen, beinhalte daher zugleich die Befugnis im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 der Zulassugsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) Verfahrensregelungen zur Umsetzung zu treffen. Der BA sei daher ermächtigt, die erforderliche Umsetzung der für den neuen Planbereich geltenden Verhältniszahlen anzuordnen und dem LA entsprechende Festzungen zum 1. Juni 2003 aufzugeben. Tatsächlich seien damit bereits durch den BA zum 1. Juni 2003 Beschränkungen angeordnet worden, deren nachträgliche Umsetzung dem LA aufgegeben worden seien.
Der Kläger könne sich insoweit nicht auf einen besonderen Vertrauensschutz berufen. Soweit er vortrage, dass er im Zuge der Vertragsverhandlungen über die Anmietung von Praxisräumen ab Anfang 2003 auf die Fortgeltung der bisherigen Zulassungsregelungen für den Planbereich Treptow-Köpenick vertraut habe, müsse er sich entgegenhalten lassen, dass den Anordnungen von Zulassungsbeschränkungen bzw. dem Fehlen solcher Anordnungen von der Natur der Sache schon eine sehr eingeschränkte zeitliche Dauer zukomme und ein entsprechender Vertrauensschutz nur für kurze Zeit bestehen könne. Im Übrigen habe der LA im Fall einer Überversorgung zwingend Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Hierbei könne er weder über den Zeitpunkt noch über das "Ob" disponieren.
Gegen dieses ihm am 22. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. März 2005 eingelegte Berufung des Klägers. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass Beschlüsse über die Anordnung einer Zulassungsbeschränkung erst mit deren Veröffentlichung wirksam würden, weil mit ihnen zukünftige Sachverhalte verbindlich geregelt würden. Ein rückwirkendes In-Kraft-Treten greife in rechtswidriger Weise in das Recht auf freie Berufsausübung ein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2004 und den Beschluss des Beklagten vom 28. Januar 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung im Zulassungsbezirk Berlin an dem beantragten Vertragsarztsitz zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die er für unbegründet hält.
Die Beigeladenen zu 2) bis 6) haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 28. Januar 2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die begehrte Zulassung.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 95 Abs. 1 und 2 SGB V in Verbindung mit den ergänzenden Bestimmungen der Ärzte-ZV. Danach nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung u. a. zugelassene Ärzte teil (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister nachweist (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Diese Vorraussetzungen erfüllt der Kläger. Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie. Seine Eintragung in das Arztregister erfolgte am 27. Dezember 1993.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung kann nicht mit der mit Beschluss des LA vom 20. August 2003 für den Planungsbereich Berlin Bundeshauptstadt für die Fachgruppe der Orthopäden festgestellten Überversorgung und der angeordneten Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden, weil der am 24. Juli 2003 bei dem Zulassungsausschuss des Zulassungsbezirks Berlin eingegangene Antrag des Klägers nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV vor dieser Zulassungsbeschränkung geschützt ist. Nach dieser Vorschrift kann ein Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wegen einer Zulassungsbeschränkung nur abgelehnt werden, wenn eine entsprechende Beschränkung bereits bei Antragsstellung angeordnet war. Dies war hier nicht der Fall, denn der LA hat die Zulassungsbeschränkung erst nach Eingang des Zulassungsantrages des Klägers bei dem Zulassungsausschuss am 24. Juli 2003, in seiner Sitzung vom 20. August 2003 beschlossen.
Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der LA die Zulassungsbeschränkung für den Planbereich Berlin Bundeshauptstadt mit Wirkung vom 1. Juni 2003 angeordnet hat, wie der Beklagte meint. Dieser Auffassung begegnen aber bereits schon deshalb Zweifel, weil der Beschluss des LA vom 20. August 2003 kein ausdrückliches Datum nennt, ab welchem Zeitpunkt die Zulassungsbeschränkung wirksam werden soll. Aber selbst wenn der LA den für die Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung maßgeblichen Zeitpunkt auf den 1. Juni 2003 festsetzen wollte, wofür die wiederholte Bezugnahme in dem Beschluss auf die "zum 1. Juni 2003 in Kraft getretene Neuregelung des Planbereichs Berlin Bundeshauptstadt" spricht, kann mit einer derartigen Anordnung einer rückwirkenden Zulassungsbeschränkung der Zulassungsantrag des Klägers nicht abgelehnt werden, weil Adressat der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen seitens des LA nach § 16 b Abs. 2 2. Halbsatz der Ärzte-ZV ausschließlich der Zulassungsausschuss ist. Dieser muss die ihm gegenüber bekannt gemachten Zulassungsbeschränkungen beachten. Unmittelbare rechtliche Außenwirkung gegenüber zulassungswilligen Ärzten kommt der Entscheidung des LA über die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen nicht zu (Urteil des Bundessozialgericht [BSG] vom 2. Oktober 1996, Az.: 6 RKa 52/95, SozR 3-2005 § 103 Nr. 1). Diese ausschließlich verwaltungsinterne Bindung des Zulassungsausschusses (vgl. Hess in Kassler Kommentar, § 103 SGB V [Std.: 32. EL/Dezember 2000] Rdnr. 10) findet ihre Grenze aber dort, wo der Zulassungsausschuss im Einzelfall, im Rahmen eines Zulassungsverfahrens über den Zulassungsantrag eines zulassungswilligen Arztes zu entscheiden hat. Ein solcher Antrag kann nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nach der die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes), gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV nur mit einer im Zeitpunkt der Antragstellung bereits beschlossenen Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden. Ein solcher Beschluss des LA lag aber – wie ausgeführt - im Zeitpunkt des Eingangs des Zulassungsantrages bei dem Zulassungsausschuss am 24. Juli 2003 nicht vor.
Soweit der Beklagte meint, bereits der BA habe vor Antragstellung des Klägers mit seinem am 10. Juli 2003 veröffentlichten Beschluss vom 24. März 2003 den maßgeblichen Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung mit normativer Wirkung auf den 1. Juni 2003 festgelegt und insoweit eine hinreichende Rechtsgrundlage für eine gegebenenfalls rückwirkende Anordnung der Zulassungsbeschränkung geschaffen, trifft dies nicht zu. Der BA hat in Nr. 3.2. seines Beschluss bestimmt, dass der LA erstmals mit Wirkung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens seines Beschlusses, also mit Wirkung zum 1. Juni 2003, die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 SGB V auf der Grundlage der geänderten Tabelle nach Anlage 3.1 der Richtlinien und der sich daraus ergebenen neuen Verhältniszahlen trifft. Mit dieser Regelung hat der BA den LA auf seinen ihm nach § 103 Abs. 1 SGB V obliegenden gesetzlichen Auftrag hingewiesen, mit Errichtung des neuen Planbereichs zum 1. Juni 2003 Feststellungen hinsichtlich des Versorgungsgrades in dem neuen Planbereich zu treffen und gegebenenfalls entsprechende Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Insoweit ist diese Regelung als Handlungsauftrag an den LA zu verstehen, zeitgleich mit Errichtung des Planbereichs seine gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen.
Dass der BA nicht selbst den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zulassungsbeschränkung bereits vorab bestimmen oder dem LA die Befugnis erteilen wollte, eine Zulassungsbeschränkung gegebenenfalls rückwirkend anzuordnen, verdeutlicht auch die Regelung in Nr. 3.2. seines Beschlusses. Danach hat der BA eine Übergangsregelung für die Zeit "bis zu dieser Feststellung des LA" geschaffen. Einer solchen Übergangsregelung hätte es nicht bedurft, wenn der BA selbst den für die Wirksamkeit von Zulassungsbeschränkungen maßgeblichen Zeitpunkt festlegen wollte.
Aber selbst wenn der BA eine solche Regelung treffen wollte, hätte der Zulassungsantrag des Klägers nicht mit der am 20. August 2003 mit der dann mit Wirkung vom 1. Juni 2003 angeordneten Zulassungsbeschränkung abgelehnt werden dürfen, weil eine solche Regelung insoweit gegen § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV verstoßen würde und deshalb insoweit nichtig wäre, da § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV als ranghöhere Norm dies ausschließt.
Der BA hat u. a. für den Sachbereich der ärztlichen Bedarfsplanung Satzungsautonomie (vgl. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, Nr. 9, 99, 101 SGB V, § 12 Abs. 3 Ärzte-ZV). Ihm ist deshalb vom Gesetzgeber die Befugnis eingeräumt worden, Regelungen mit normativer Wirkung für die ihn tragenden Körperschaften, für deren Mitglieder sowie für die Angehörigen der weiteren nach- geordneten Körperschaften zu erlassen. Er kann Richtlinien mit bindender Wirkung sowohl für die Kassenärztlichen Vereinigungen und deren Mitglieder – die Ärzte – als auch für die Krankenkassen und ihre Mitglieder - die Versicherten - erlassen. Bei diesen von dem Bundesausschuss aufgrund der ihm vom Gesetzgeber verliehenen Satzungsautonomie zu erlassenen Regelungen handelt es sich um Normen, die im Rang unterhalb des Gesetzes stehen (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 18. März 1998, Az.: B 6 KA 37/96 R, SozR 3-2500 § 103 Nr. 2).
Nach der Rechtssprechung des BSG war demgegenüber bisher anerkannt, dass die Bestimmungen der Ärzte-ZV wegen der zahlreichen Änderungen durch den parlamentarischen Gesetzgeber insgesamt den Rang von förmlichen Bundesgesetzen haben (vgl. zuletzt Urteile des BSG vom 23. Februar 2005, Az.: B 6 KA 69/03 R, und B 6 KA 81/03 R, zitiert nach Juris). Bundesgesetze stehen im Rang vor den untergesetzlichen Normen der genannten Ausschüsse. Soweit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nunmehr entschieden hat, dass eine Rechtsverordnung, auch sofern sie durch den parlamentarischen Gesetzgeber geändert worden ist, aus Gründen der Normenklarheit und der Normenwahrheit insgesamt weiterhin als Verordnungsrecht zu qualifizieren ist (Beschluss des BVerfG vom 13. September 2005, Az.: 2 BvF 2/03, zitiert nach Juris), ergibt sich hieraus nichts anderes, weil das aus staatlicher Rechtssetzungsgewalt hervorgegangene staatliche Recht, zu der auch die Ärzte-ZV gehört, insgesamt ranghöher ist als das von ihm anerkannte, von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aufgrund ihrer Autonomie selbst geschaffene Recht (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 1, 11. Auflage 1999, § 27 RdNr. 15). Es bedarf daher regelmäßig einer bundesgesetzlichen Regelung, vergleichbar mit den in den - hier nicht einschlägigen - § 95 Abs. 12 SGB V oder in Art. 33 § 3 Abs. 2 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1997,S. 2266) für die Zulassungsausschüsse im Hinblick auf gegebenenfalls noch zu treffende erstmalige Zulassungsbeschränkungen angeordneten Entscheidungssperren, um bereits eingegangene Zulassungsanträge mit einer möglicherweise dann auch rückwirkend angeordneten Zulassungssperre ablehnen zu können. Eine solche bundesgesetzliche Regelung liegt hier aber nicht vor.
Der BA hat im Übrigen weder die gesetzliche Befugnis, den für die Wirksamkeit einer Zulassungsbeschränkung maßgeblichen Zeitpunkt mit normativer Wirkung festzulegen noch eine entsprechende Handlungskompetenz. Ein solcher Beschluss würde daher gegen den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes verstoßen. § 101 SGB V enthält eine spezialgesetzliche Regelung für die durch den BA zu erlassenen und gegebenenfalls anzupassenden Bedarfs-Richtlinien. Der BA ist danach befugt, die Maßstäbe, die Grundlagen und das Verfahren zur Feststellung einer Überversorgung (vgl. § 16 b Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV) mit normativer Wirkung (s. o.) festzulegen. Die konkrete Feststellung einer Überversorgung der Versicherten mit Ärzten einer bestimmten Arztgruppe in einem bestimmten Planbereich und die in diesem Falle dann zwingend anzuordnende Zulassungsbeschränkung obliegt hingegen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB V allein dem LA. Ein solcher Beschluss hat anders als die Entscheidungen des BA zudem ausschließlich verwaltungsinterne Wirkung und bindet, wie ausgeführt, allein den Zulassungsausschuss (Urteil des BSG vom 2. Oktober 1996, a.a.O.). Außenwirkung gegenüber zulassungswilligen Ärzten haben diese Entscheidungen des LA nicht. Die Anordnung des Zeitpunktes der Wirksamkeit einer Zulassungsbeschränkung durch den BA mit normativer Wirkung würde dieser Systematik widersprechen.
Der Zulassungsantrag vom 24. Juli 2003 war schließlich auch wirksam. Nicht jeder Antrag auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV vor einer nach Eingang des Zulassungsantrages beschlossenen Zulassungsbeschränkung geschützt. Vielmehr muss es sich um einen Antrag handeln, der formell und materiell wirksam ist. Er muss den in der Ärzte-ZV geregelten Anforderungen entsprechen, dass heißt er muss die für eine Zulassung nach der Ärzte-ZV erforderlichen Angaben enthalten und es müssen die nötigen Unterlagen beigefügt sein. (Urteil des BSG vom 12. September 2001, Az.: B 6 KA 90/00 R, SozR 3-2005 § 98 Nr. 7). Außerdem muss der Antrag darauf gerichtet sein, die vertragsärztliche Tätigkeit alsbald – mithin im Regelfall spätestens innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung (§ 19 Abs. 3 Ärzte-ZV) – aufzunehmen. Ein Antrag eines Arztes wäre missbräuchlich, wenn dieser erkennbar noch nicht alsbald in die Lage käme, eine vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen, weil er noch für längere Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis stünde, oder er ersichtlich zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch nicht bereit wäre (so genannter Antrag auf Vorrat; BSG, a.a.O.).
An diesen Kriterien gemessen war der Zulassungsantrag des Klägers vom 24. Juli 2003 wirksam. Dem Antrag waren alle nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Ärzte-ZV notwendigen Unterlagen und Erklärungen, beigefügt. Der Kläger hat insbesondere auch angegeben, dass er bei einem Klinikum in Berlin beschäftigt und ein Auflösungsvertrag vorgesehen sei (Vgl. § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV). Hinsichtlich dieser Erklärung fehlt es zwar an einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch Vorlage einer Bestätigung seines Arbeitgebers. Die Vorlage einer derartigen Unterlage ist aber nicht Wirksamkeitsvorraussetzung eines Zulassungsantrages. Denn bereits nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV ist eine derartige Bestätigung der Angabe des Zulassungsbewerbers nicht erforderlich. Dies wird auch durch die Regelung des § 18 Abs. 4 Ärzte-ZV bestätigt. Danach bedarf es lediglich der in § 18 Abs. 1 b und Abs. 2 c bezeichneten Unterlagen einer entsprechenden Glaubhaftmachung. Dass auch die Zulassungsgremien das Vorliegen einer entsprechenden Arbeitgeberbescheinigung nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung eines wirksamen Zulassungsantrages ansehen, zeigt ihre Entscheidungspraxis, einen Zulassungsbewerber auch ohne eine solche Arbeitgeberbescheinigung zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen und die tatsächliche Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses durch eine Nebenbestimmung nach § 32 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch - SGB X - abzusichern. Gegen diese Verfahrensweise sind von der Rechtsprechung bisher keine durchgreifenden Bedenken erhoben worden. Auch ohne die Bestätigung nach § 18 Abs. 2 d Ärzte-ZV war der Antrag des Klägers deshalb wirksam und bescheidungsfähig und nicht etwa nur ein "Antrag auf Vorrat".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a des Sozialgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 162 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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