Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 2 AL 1080/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 286/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. November 2004 und der Bescheid vom 09. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2002 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Betrag von 1.000,00 EUR auf Grund des Antrages vom 20. August 2002 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR für beide Verfahrensinstanzen festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Auszahlung von 1.000,00 EUR aus einem Vermittlungsgutschein hat.
Der Kläger ist unter der Bezeichnung "Die Arbeitsmakler" auf dem Gebiet der privaten Arbeitsvermittlung tätig. Am 10. Juni 2002 schloss er mit dem Arbeitssuchenden F. S ..., im Folgenden S., einen Arbeitsvermittlungsvertrag. Nach dessen Ziffer 1 beauftragte S. den Kläger, ihm beim Abschluss eines Arbeitsvertrages behilflich zu sein und übergab zu diesem Zweck den Vermittlungsgutschein vom 07. Mai 2002 über 2.000,00 EUR. Nach Ziffer 4 des Vertrages ist der Arbeitssuchende zur Zahlung der Provision verpflichtet, so-weit das Arbeitsamt eine Zahlung ablehnt, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gül-tigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines zustande gekommen.
Der dem S. ausgestellte Vermittlungsgutschein war gültig bis zum 06. August 2002. Er enthielt den Hinweis, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgen müsse. Maßgebend sei der Tag, an dem der Arbeitsvertrag abgeschlossen werde.
Am 20. August 2002 beantragte der Kläger die Auszahlung von zunächst 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein. Er fügte eine Vermittlungsbestätigung der U ... GmbH vom 19. August 2002 bei, wonach mit S. am 19. August 2002 ein Arbeitsvertrag auf Dauer über eine Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich geschlossen worden sei. S. sei dort bisher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Beschäftigungs-verhältnis habe am 15. Juli 2002 als Trainingsmaßnahme begonnen. Am 16. Juli 2002 hatte S. eine Bestätigung unterschrieben, vom Kläger erfahren zu haben, dass das vorgenannte Unternehmen Arbeitskräfte suche. Am 16. Juli 2002 hatte S. im Arbeitsamt vorgesprochen. Ein Erhebungsbogen für eine Trainingsmaßnahme vom 22. Juli 2002 bis 16. August 2002, nach welchem die Maßnahme als berufliche Eingliederung erforderlich und angemessen angesehen wurde, war erstellt worden.
Mit Bescheid vom 09. September 2002 lehnte die Beklagte die Auszahlung ab, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abge-schlossen worden sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass eine Verlängerung des Vermittlungsgutscheines erst nach Ablauf der dreimonatigen Geltungsdauer erfolgen könne. Die Trainingsmaßnahme habe auf Grund der Vermittlungstätigkeit am 15. Juli 2002 mit Genehmigung durch das Arbeitsamt begonnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Arbeitsvertrag am 19. August 2002 und damit außerhalb der Gültigkeits-dauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen worden sei, komme eine Auszahlung nicht in Betracht.
Die hiergegen am 28. Oktober 2002 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 16. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Auszahlungsanspruch aus § 421g Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei ein dem Vermittler gegenüber dem Arbeitnehmer zustehender Vergütungsan-spruch Voraussetzung. Dieser in § 296 SGB III geregelte Vergütungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei der Arbeitssuchende zum Tragen der Vergütung nur verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag infolge der Vermittlung des Ver-mittlers zustande gekommen sei. Hierbei handele es sich um Erfolgshonorar, wobei die Zahlung der Vergütung nicht mit der Aufnahme der Tätigkeit, sondern mit dem Zustande-kommen des Arbeitsvertrages verknüpft sei. In Anbetracht dessen erscheine es nicht sach-gerecht, die Vorschrift dahin auszulegen, dass allein die Vermittlung innerhalb der Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheines ausreiche. Da eine Zahlung auf den Vermittlungs-gutschein einen Vergütungsanspruch voraussetze, der erst mit dem Abschluss eines Ar-beitsvertrages entstehe, sei allein die Vermittlungstätigkeit innerhalb des auf dem Vermitt-lungsgutschein vermerkten Gültigkeitszeitraumes nicht ausreichend (Hinweis auf Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 25 Rdnr. 140). Der Arbeitsvertrag sei am 19. August 2002 abgeschlossen worden. Die vorgeschaltete Trai-ningsmaßnahme stelle keine versicherungspflichtige Beschäftigung dar.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02. Dezember 2004 zugestellte Urteil rich-tet sich die am 29. Dezember 2004 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers.
Er meint, es könne nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages allein ankommen. Eine Vermittlungsvergütung werde gezahlt, wenn die Einschaltung des Vermittlers zur Auf-nahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden geführt habe und keiner der in § 421g Abs. 3 SGB III aufgeführten Ausschlusstatbestände vorliege. Der Vergütungsanspruch bestehe daher, denn der Kläger habe innerhalb der Gültigkeitsdauer des ausgestellten Vermittlungsgutscheines S. in eine versicherungspflichtige Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Ob der Arbeitsvertrag schriftlich während der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen werden müsse, um den Vergütungsanspruch auszulösen, lasse sich der ge-setzlichen Grundlage des § 421g SGB III nicht entnehmen. Diese Regelung spreche wört-lich von einer Vermittlung. Der Begriff der Vermittlungstätigkeit sei als eine besondere Form der Maklertätigkeit im Sinne von § 652 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu sehen. Der Begriff "Vermittlung einer Arbeitsstelle" könne nur dahin ausgelegt werden, dass es sich um eine spezifische Arbeitsstelle bei einem konkreten Arbeitgeber handeln müsse. Eine Vermittlung im Rahmen von § 421g Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III liege dann vor, wenn der Vermittler in Kontakt mit dem Arbeitssuchenden und den Arbeit-geber getreten sei und auf beide eingewirkt habe, einen Arbeitsvertrag zu schließen. Da der Kläger dies innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines getan habe, sei der Arbeitsvertrag auf Grund der Vermittlungstätigkeit des Klägers zustande gekommen und daher auch ein Vergütungsanspruch entstanden. Diese erfolgreiche Tätigkeit müsse vergü-tet werden. Sollte man dies anders sehen, würde dem Arbeitsvermittler in unzulässiger Weise das Risiko aufgebürdet, für seine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit keine Vergü-tung zu erhalten. Es ließen sich viele Gründe denken, die nicht in die Sphäre des Arbeits-vermittlers lägen, aus denen heraus es erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer zum Ab-schluss des Arbeitsvertrages komme.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 09. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Vergütung in Höhe von 1.000 EUR zu zahlen. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Vermittlung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe erst dann stattgefunden, wenn auch der Arbeitsvertrag zwischen den Beteiligten abge-schlossen worden sei. Der Kläger habe selbst in seinem Arbeitsvermittlungsvertrag vom 10. Juni 2002 unter Pkt. 4 "Provisionsanspruch" 2. Absatz, den Passus aufgenommen: So-weit eine Zahlung durch das Arbeitsamt abgelehnt wird, weil der Arbeitsvertrag nicht in-nerhalb der Gültigkeitsdauer des unter Ziffer 1 genannten Vermittlungsgutscheines erfolgt ist, ist der Arbeitslose zur Zahlung der Provision verpflichtet. Danach sei auch der Kläger davon ausgegangen, dass der Vergütungsanspruch erst mit Abschluss des Arbeitsvertrages entstehe. Auch in der Kommentierung zu § 421g SGB III werde davon ausgegangen, dass ein Vergütungsanspruch des Vermittlers erst dann entstehe, wenn der Arbeitsvertrag abge-schlossen worden sei (Brandt in Niesel, § 421g Rdnr. 4, Schlegel in Eicher/Schlegel, Rdnr. 35 zu § 421g).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt, § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist auch innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
2. Die Berufung ist auch begründet.
Zu Unrecht haben die Beklagte und das SG einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein verneint.
Der Kläger aktiv legitimiert, da gemäß § 421g Abs. 2 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetz-buch (SGB III) die Leistung aus dem Vermittlungsgutschein unmittelbar an den Vermittler gezahlt wird. Auch liegt ein Zahlungsanspruch des Klägers im vorliegenden Einzelfall vor.
Gemäß § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III verpflichtet sich das Arbeitsamt mit dem Vermitt-lungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Ver-mittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen zu erfüllen. Der Vermittlungsgutschein gilt gemäß § 421g Abs. 1 Satz 3 SGB III für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten. Der Vergütungsanspruch des Vermittlers ist nicht in § 421g SGB III selbst, sondern in § 296 SGB III geregelt. § 421g SGB III bestimmt nur, dass ein etwaiger Vergütungsanspruch, der in der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines entstanden ist, nicht von dem Arbeitssuchenden, sondern von dem Arbeitsamt gemäß § 421g Abs. 2 SGB III in näher bezeichneten Höhe zu übernehmen ist.
Der vorliegende Vermittlungsvertrag entspricht den Formerfordernissen von § 296 Abs. 1 SGB III.
Nach § 296 Abs. 2 SGB III entsteht ein Zahlungsanspruch des Vermittlers jedoch nur dann, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekom-men ist. Damit ist nur ein Erfolgshonorar zulässig. Dies bedeutet, dass die Zahlung der Vergütung nicht von der Aufnahme der Tätigkeit, sondern vom Zustandekommen des Ar-beitsvertrages abhängt (Brandts in Niesel, SGB III 2. Aufl., Rdnr. 11 zu § 296). (Zur Rechtsnatur des Arbeitsvermittlungsvertrages als Sonderform des Maklervertrages im Sin-ne des § 652 BGB siehe bereits Urteil des Senats vom 02. Dezember 2004, L 3 AL 319/03).
Der Zahlungsanspruch des Vermittlers setzt demnach voraus, dass der Arbeitsvertrag durch die Vermittlung zustande gekommen ist (Brandts in Niesel, 2. Aufl., Rdnr. 4 zu § 421g). Dahin stehen kann, ob das Datum des schriftlichen Arbeitsvertrages oder bereits die mündliche Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen, miteinander ein Arbeits-verhältnis zu bestimmten Bedingungen einzugehen, maßgebend ist. Aus Gründen der Be-weisführung dürfte jedoch ersterem der Vorzug zu geben sein. Im vorliegenden Fall kann dies jedoch deshalb dahinstehen, weil beides erst nach der Trainingsmaßnahme gemäß § 48 SGB III liegt, die den Zweck hatte, die Befähigung des Arbeitssuchenden für die vor-gesehene Beschäftigung zu erproben, ohne ein Probearbeitsverhältnis mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Pflichten eingehen zu müssen. Die Maßnahme war vom Arbeitsamt durch Fortzahlung von Leistungen gefördert worden. Ein Vergütungsanspruch entstand daher nicht. Es handelte sich mithin bei der Trainingsmaßnahme um kein Arbeitsverhält-nis. Ebenso wenig bestand eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, denn es fehlte an der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber dem Beschäftigungsge-ber. Dass ein mündlicher Arbeitsvertrag noch innerhalb der Geltungsdauer des Vermitt-lungsgutscheines abgeschlossen worden wäre, wird nicht vorgetragen.
Der (mündliche) Vertragsabschluss hätte aber bereits 10 Tage vor Ablauf der Trainings-maßnahme stattfinden müssen. Hierfür spricht nichts. Die Tätigkeit des Klägers war jedoch Grund für den Abschluss des Arbeitsvertrages am 19. August 2002, da ohne die von ihm vermittelte Trainingsmaßnahme das nachfolgende Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre. Obwohl der Abschluss des Arbeitsvertrages erst außerhalb der Geltungsdauer des Vermitt-lungsgutscheines erfolgt ist, und damit auch der Zahlungsanspruch ebenfalls erst nach Ab-lauf der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheines entstanden ist, besteht ein Auszah-lungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte, weil den ablehnenden Bescheiden der Be-klagten im vorliegenden Fall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht.
Das zwischen dem Leistungsberechtigten und dem jeweiligen Leistungsträger, hier konkret dem S. und der Beklagten, bestehende Sozialrechtsverhältnis beinhaltet nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Pflicht der Beteiligten, sich ge-genseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewah-ren (vgl. BSGE 34,124 ff; BSG vom 01.08.1996 – 11 RAr 9/96, Dienstblatt Rechtspre-chung der BA Nr. 4324a zu § 105 AFG). Nach der Rechtsprechung des BSG kommt eine sich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht der Verwaltung ableitende entsprechende Ver-pflichtung der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich z. B. dann in Betracht, wenn sie trotz Kenntnis einer – ihr vom Leistungsbezieher nicht mitgeteilten – Zwischenbeschäfti-gung erst verspätet reagiert und die sich dann daraus ergebende Berechtigung zur Aufhe-bung der Leistungsbewilligung und Rückforderung von Leistungen – insbesondere auch hinsichtlich des Umfangs – den Versicherten im Übermaß belasten würde. Eine der – uneingeschränkten – Durchsetzung der Befugnis zur rückwirkenden Leistungsaufhebung und Rückforderung entgegenstehende Verletzung einer solchen Schadensminderungs-pflicht ist deshalb in einem solchen Fall jedenfalls dann anzunehmen, wenn die rechtzeiti-ge Veranlassung sachgemäßer Maßnahmen durch die Beklagte geeignet gewesen wäre, die für den Rechtsanspruch des Leistungsempfängers schädlichen Auswirkungen zu vermeiden oder zu vermindern. Nach Ansicht des Senats sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich, eine dahinge-hende Schadensminderungspflicht bzw. Schadensvermeidungspflicht der Beklagten auf den konkreten Fall des S. zu übertragen, in dem die Beklagte es ungeachtet der zeitnah zur Aufnahme der Trainingsmaßnahme am 16. Juli 2002 erfolgten Vorsprache des S. unter-lassen hat, diesen umgehend darauf hinzuweisen, dass die Gültigkeitsdauer seines Ver-mittlungsgutscheins bald ablaufen werde und er spätestens am Tag vor dessen Ablauf des-sen Verlängerung beantragen sollte, um sicher zu gehen, dass für ihn bei erfolgreicher Ar-beitsvermittlung keine – vermeidbaren – Nachteile in Form der eigenen Zahlungsverpflich-tung gegenüber dem privaten Arbeitsvermittler eintreten würden und damit eine den S. – bei Gesamtbetrachtung – entlastende Rechtslage herbeizuführen.
Die Beklagte könnte sich dem S. gegenüber mithin nicht darauf berufen, dass die Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheins erloschen sei, weil dem angesichts des obig Ausge-führten der Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung (in entsprechender Anwendung des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) entgegenstünde. Einem solchen Einwand setzt sich die Verwaltung dann aus, wenn sie ihre (Fürsorge-)Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten in besonders schwerer Weise verletzt (vgl. dazu etwa BSGE 62,10 ff; BSG SozR 2200 § 14 RVO Nr. 26). Dies ist nach Überzeugung des Senats im vorliegen-den Einzelfall geschehen. Wäre die Beklagte ihrer Schadensvermeidungs– bzw. Scha-densminderungspflicht nachgekommen, so hätte sie in rechtlich zulässiger und gebotener Weise auf einen auf Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins gerich-teten Antrag des S. hingewirkt. Die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis des S. mit der Beklagten ergebende Rechtslage kann im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht unberücksichtigt blei-ben. Könnte sich die Beklagte gegenüber dem Kläger darauf berufen, dass die Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins des S. bei Eintritt des den Auszahlungsanspruch begründenden Erfolges – dem Abschluss eines Arbeitsvertrages – bereits abgelaufen gewesen sei, so würde letztlich das eintreten, was die Beklagte aufgrund ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem S. gerade zu vermeiden hätte: dieser wäre Zahlungsforderungen des Klägers ausge-setzt. Angesichts dessen ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagte auch dem Kläger ge-genüber – quasi als Rechtsreflex aus dem Sozialrechtsverhältnis mit S. ? insoweit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausgesetzt ist, wenn sie sich auf den Ablauf der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins berufen will. Ist dem aber so, hat sie den Kläger so zu behandeln, als sei der Abschluss des Arbeitsvertrages innerhalb der Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheins erfolgt.
Nach alldem waren das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Dresden sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Entscheidungstenor ausgesprochenen Umfang abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen, da zur Auslegung von § 296 Abs. 2 und § 421g Abs. 1 SGB III noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ersichtlich ist.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR für beide Verfahrensinstanzen festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Auszahlung von 1.000,00 EUR aus einem Vermittlungsgutschein hat.
Der Kläger ist unter der Bezeichnung "Die Arbeitsmakler" auf dem Gebiet der privaten Arbeitsvermittlung tätig. Am 10. Juni 2002 schloss er mit dem Arbeitssuchenden F. S ..., im Folgenden S., einen Arbeitsvermittlungsvertrag. Nach dessen Ziffer 1 beauftragte S. den Kläger, ihm beim Abschluss eines Arbeitsvertrages behilflich zu sein und übergab zu diesem Zweck den Vermittlungsgutschein vom 07. Mai 2002 über 2.000,00 EUR. Nach Ziffer 4 des Vertrages ist der Arbeitssuchende zur Zahlung der Provision verpflichtet, so-weit das Arbeitsamt eine Zahlung ablehnt, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gül-tigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines zustande gekommen.
Der dem S. ausgestellte Vermittlungsgutschein war gültig bis zum 06. August 2002. Er enthielt den Hinweis, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgen müsse. Maßgebend sei der Tag, an dem der Arbeitsvertrag abgeschlossen werde.
Am 20. August 2002 beantragte der Kläger die Auszahlung von zunächst 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein. Er fügte eine Vermittlungsbestätigung der U ... GmbH vom 19. August 2002 bei, wonach mit S. am 19. August 2002 ein Arbeitsvertrag auf Dauer über eine Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich geschlossen worden sei. S. sei dort bisher nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Beschäftigungs-verhältnis habe am 15. Juli 2002 als Trainingsmaßnahme begonnen. Am 16. Juli 2002 hatte S. eine Bestätigung unterschrieben, vom Kläger erfahren zu haben, dass das vorgenannte Unternehmen Arbeitskräfte suche. Am 16. Juli 2002 hatte S. im Arbeitsamt vorgesprochen. Ein Erhebungsbogen für eine Trainingsmaßnahme vom 22. Juli 2002 bis 16. August 2002, nach welchem die Maßnahme als berufliche Eingliederung erforderlich und angemessen angesehen wurde, war erstellt worden.
Mit Bescheid vom 09. September 2002 lehnte die Beklagte die Auszahlung ab, weil der Arbeitsvertrag nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abge-schlossen worden sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass eine Verlängerung des Vermittlungsgutscheines erst nach Ablauf der dreimonatigen Geltungsdauer erfolgen könne. Die Trainingsmaßnahme habe auf Grund der Vermittlungstätigkeit am 15. Juli 2002 mit Genehmigung durch das Arbeitsamt begonnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Arbeitsvertrag am 19. August 2002 und damit außerhalb der Gültigkeits-dauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen worden sei, komme eine Auszahlung nicht in Betracht.
Die hiergegen am 28. Oktober 2002 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 16. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Auszahlungsanspruch aus § 421g Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei ein dem Vermittler gegenüber dem Arbeitnehmer zustehender Vergütungsan-spruch Voraussetzung. Dieser in § 296 SGB III geregelte Vergütungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Gemäß § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III sei der Arbeitssuchende zum Tragen der Vergütung nur verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag infolge der Vermittlung des Ver-mittlers zustande gekommen sei. Hierbei handele es sich um Erfolgshonorar, wobei die Zahlung der Vergütung nicht mit der Aufnahme der Tätigkeit, sondern mit dem Zustande-kommen des Arbeitsvertrages verknüpft sei. In Anbetracht dessen erscheine es nicht sach-gerecht, die Vorschrift dahin auszulegen, dass allein die Vermittlung innerhalb der Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheines ausreiche. Da eine Zahlung auf den Vermittlungs-gutschein einen Vergütungsanspruch voraussetze, der erst mit dem Abschluss eines Ar-beitsvertrages entstehe, sei allein die Vermittlungstätigkeit innerhalb des auf dem Vermitt-lungsgutschein vermerkten Gültigkeitszeitraumes nicht ausreichend (Hinweis auf Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 25 Rdnr. 140). Der Arbeitsvertrag sei am 19. August 2002 abgeschlossen worden. Die vorgeschaltete Trai-ningsmaßnahme stelle keine versicherungspflichtige Beschäftigung dar.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02. Dezember 2004 zugestellte Urteil rich-tet sich die am 29. Dezember 2004 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers.
Er meint, es könne nicht auf den Abschluss des Arbeitsvertrages allein ankommen. Eine Vermittlungsvergütung werde gezahlt, wenn die Einschaltung des Vermittlers zur Auf-nahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden geführt habe und keiner der in § 421g Abs. 3 SGB III aufgeführten Ausschlusstatbestände vorliege. Der Vergütungsanspruch bestehe daher, denn der Kläger habe innerhalb der Gültigkeitsdauer des ausgestellten Vermittlungsgutscheines S. in eine versicherungspflichtige Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Ob der Arbeitsvertrag schriftlich während der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossen werden müsse, um den Vergütungsanspruch auszulösen, lasse sich der ge-setzlichen Grundlage des § 421g SGB III nicht entnehmen. Diese Regelung spreche wört-lich von einer Vermittlung. Der Begriff der Vermittlungstätigkeit sei als eine besondere Form der Maklertätigkeit im Sinne von § 652 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu sehen. Der Begriff "Vermittlung einer Arbeitsstelle" könne nur dahin ausgelegt werden, dass es sich um eine spezifische Arbeitsstelle bei einem konkreten Arbeitgeber handeln müsse. Eine Vermittlung im Rahmen von § 421g Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III liege dann vor, wenn der Vermittler in Kontakt mit dem Arbeitssuchenden und den Arbeit-geber getreten sei und auf beide eingewirkt habe, einen Arbeitsvertrag zu schließen. Da der Kläger dies innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines getan habe, sei der Arbeitsvertrag auf Grund der Vermittlungstätigkeit des Klägers zustande gekommen und daher auch ein Vergütungsanspruch entstanden. Diese erfolgreiche Tätigkeit müsse vergü-tet werden. Sollte man dies anders sehen, würde dem Arbeitsvermittler in unzulässiger Weise das Risiko aufgebürdet, für seine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit keine Vergü-tung zu erhalten. Es ließen sich viele Gründe denken, die nicht in die Sphäre des Arbeits-vermittlers lägen, aus denen heraus es erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer zum Ab-schluss des Arbeitsvertrages komme.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 09. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Vergütung in Höhe von 1.000 EUR zu zahlen. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Vermittlung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung habe erst dann stattgefunden, wenn auch der Arbeitsvertrag zwischen den Beteiligten abge-schlossen worden sei. Der Kläger habe selbst in seinem Arbeitsvermittlungsvertrag vom 10. Juni 2002 unter Pkt. 4 "Provisionsanspruch" 2. Absatz, den Passus aufgenommen: So-weit eine Zahlung durch das Arbeitsamt abgelehnt wird, weil der Arbeitsvertrag nicht in-nerhalb der Gültigkeitsdauer des unter Ziffer 1 genannten Vermittlungsgutscheines erfolgt ist, ist der Arbeitslose zur Zahlung der Provision verpflichtet. Danach sei auch der Kläger davon ausgegangen, dass der Vergütungsanspruch erst mit Abschluss des Arbeitsvertrages entstehe. Auch in der Kommentierung zu § 421g SGB III werde davon ausgegangen, dass ein Vergütungsanspruch des Vermittlers erst dann entstehe, wenn der Arbeitsvertrag abge-schlossen worden sei (Brandt in Niesel, § 421g Rdnr. 4, Schlegel in Eicher/Schlegel, Rdnr. 35 zu § 421g).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt, § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist auch innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
2. Die Berufung ist auch begründet.
Zu Unrecht haben die Beklagte und das SG einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein verneint.
Der Kläger aktiv legitimiert, da gemäß § 421g Abs. 2 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetz-buch (SGB III) die Leistung aus dem Vermittlungsgutschein unmittelbar an den Vermittler gezahlt wird. Auch liegt ein Zahlungsanspruch des Klägers im vorliegenden Einzelfall vor.
Gemäß § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III verpflichtet sich das Arbeitsamt mit dem Vermitt-lungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Ver-mittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen zu erfüllen. Der Vermittlungsgutschein gilt gemäß § 421g Abs. 1 Satz 3 SGB III für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten. Der Vergütungsanspruch des Vermittlers ist nicht in § 421g SGB III selbst, sondern in § 296 SGB III geregelt. § 421g SGB III bestimmt nur, dass ein etwaiger Vergütungsanspruch, der in der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines entstanden ist, nicht von dem Arbeitssuchenden, sondern von dem Arbeitsamt gemäß § 421g Abs. 2 SGB III in näher bezeichneten Höhe zu übernehmen ist.
Der vorliegende Vermittlungsvertrag entspricht den Formerfordernissen von § 296 Abs. 1 SGB III.
Nach § 296 Abs. 2 SGB III entsteht ein Zahlungsanspruch des Vermittlers jedoch nur dann, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekom-men ist. Damit ist nur ein Erfolgshonorar zulässig. Dies bedeutet, dass die Zahlung der Vergütung nicht von der Aufnahme der Tätigkeit, sondern vom Zustandekommen des Ar-beitsvertrages abhängt (Brandts in Niesel, SGB III 2. Aufl., Rdnr. 11 zu § 296). (Zur Rechtsnatur des Arbeitsvermittlungsvertrages als Sonderform des Maklervertrages im Sin-ne des § 652 BGB siehe bereits Urteil des Senats vom 02. Dezember 2004, L 3 AL 319/03).
Der Zahlungsanspruch des Vermittlers setzt demnach voraus, dass der Arbeitsvertrag durch die Vermittlung zustande gekommen ist (Brandts in Niesel, 2. Aufl., Rdnr. 4 zu § 421g). Dahin stehen kann, ob das Datum des schriftlichen Arbeitsvertrages oder bereits die mündliche Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen, miteinander ein Arbeits-verhältnis zu bestimmten Bedingungen einzugehen, maßgebend ist. Aus Gründen der Be-weisführung dürfte jedoch ersterem der Vorzug zu geben sein. Im vorliegenden Fall kann dies jedoch deshalb dahinstehen, weil beides erst nach der Trainingsmaßnahme gemäß § 48 SGB III liegt, die den Zweck hatte, die Befähigung des Arbeitssuchenden für die vor-gesehene Beschäftigung zu erproben, ohne ein Probearbeitsverhältnis mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Pflichten eingehen zu müssen. Die Maßnahme war vom Arbeitsamt durch Fortzahlung von Leistungen gefördert worden. Ein Vergütungsanspruch entstand daher nicht. Es handelte sich mithin bei der Trainingsmaßnahme um kein Arbeitsverhält-nis. Ebenso wenig bestand eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, denn es fehlte an der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber dem Beschäftigungsge-ber. Dass ein mündlicher Arbeitsvertrag noch innerhalb der Geltungsdauer des Vermitt-lungsgutscheines abgeschlossen worden wäre, wird nicht vorgetragen.
Der (mündliche) Vertragsabschluss hätte aber bereits 10 Tage vor Ablauf der Trainings-maßnahme stattfinden müssen. Hierfür spricht nichts. Die Tätigkeit des Klägers war jedoch Grund für den Abschluss des Arbeitsvertrages am 19. August 2002, da ohne die von ihm vermittelte Trainingsmaßnahme das nachfolgende Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre. Obwohl der Abschluss des Arbeitsvertrages erst außerhalb der Geltungsdauer des Vermitt-lungsgutscheines erfolgt ist, und damit auch der Zahlungsanspruch ebenfalls erst nach Ab-lauf der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheines entstanden ist, besteht ein Auszah-lungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte, weil den ablehnenden Bescheiden der Be-klagten im vorliegenden Fall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht.
Das zwischen dem Leistungsberechtigten und dem jeweiligen Leistungsträger, hier konkret dem S. und der Beklagten, bestehende Sozialrechtsverhältnis beinhaltet nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Pflicht der Beteiligten, sich ge-genseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewah-ren (vgl. BSGE 34,124 ff; BSG vom 01.08.1996 – 11 RAr 9/96, Dienstblatt Rechtspre-chung der BA Nr. 4324a zu § 105 AFG). Nach der Rechtsprechung des BSG kommt eine sich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht der Verwaltung ableitende entsprechende Ver-pflichtung der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich z. B. dann in Betracht, wenn sie trotz Kenntnis einer – ihr vom Leistungsbezieher nicht mitgeteilten – Zwischenbeschäfti-gung erst verspätet reagiert und die sich dann daraus ergebende Berechtigung zur Aufhe-bung der Leistungsbewilligung und Rückforderung von Leistungen – insbesondere auch hinsichtlich des Umfangs – den Versicherten im Übermaß belasten würde. Eine der – uneingeschränkten – Durchsetzung der Befugnis zur rückwirkenden Leistungsaufhebung und Rückforderung entgegenstehende Verletzung einer solchen Schadensminderungs-pflicht ist deshalb in einem solchen Fall jedenfalls dann anzunehmen, wenn die rechtzeiti-ge Veranlassung sachgemäßer Maßnahmen durch die Beklagte geeignet gewesen wäre, die für den Rechtsanspruch des Leistungsempfängers schädlichen Auswirkungen zu vermeiden oder zu vermindern. Nach Ansicht des Senats sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich, eine dahinge-hende Schadensminderungspflicht bzw. Schadensvermeidungspflicht der Beklagten auf den konkreten Fall des S. zu übertragen, in dem die Beklagte es ungeachtet der zeitnah zur Aufnahme der Trainingsmaßnahme am 16. Juli 2002 erfolgten Vorsprache des S. unter-lassen hat, diesen umgehend darauf hinzuweisen, dass die Gültigkeitsdauer seines Ver-mittlungsgutscheins bald ablaufen werde und er spätestens am Tag vor dessen Ablauf des-sen Verlängerung beantragen sollte, um sicher zu gehen, dass für ihn bei erfolgreicher Ar-beitsvermittlung keine – vermeidbaren – Nachteile in Form der eigenen Zahlungsverpflich-tung gegenüber dem privaten Arbeitsvermittler eintreten würden und damit eine den S. – bei Gesamtbetrachtung – entlastende Rechtslage herbeizuführen.
Die Beklagte könnte sich dem S. gegenüber mithin nicht darauf berufen, dass die Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheins erloschen sei, weil dem angesichts des obig Ausge-führten der Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung (in entsprechender Anwendung des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) entgegenstünde. Einem solchen Einwand setzt sich die Verwaltung dann aus, wenn sie ihre (Fürsorge-)Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten in besonders schwerer Weise verletzt (vgl. dazu etwa BSGE 62,10 ff; BSG SozR 2200 § 14 RVO Nr. 26). Dies ist nach Überzeugung des Senats im vorliegen-den Einzelfall geschehen. Wäre die Beklagte ihrer Schadensvermeidungs– bzw. Scha-densminderungspflicht nachgekommen, so hätte sie in rechtlich zulässiger und gebotener Weise auf einen auf Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins gerich-teten Antrag des S. hingewirkt. Die sich aus dem Sozialrechtsverhältnis des S. mit der Beklagten ergebende Rechtslage kann im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht unberücksichtigt blei-ben. Könnte sich die Beklagte gegenüber dem Kläger darauf berufen, dass die Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins des S. bei Eintritt des den Auszahlungsanspruch begründenden Erfolges – dem Abschluss eines Arbeitsvertrages – bereits abgelaufen gewesen sei, so würde letztlich das eintreten, was die Beklagte aufgrund ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem S. gerade zu vermeiden hätte: dieser wäre Zahlungsforderungen des Klägers ausge-setzt. Angesichts dessen ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagte auch dem Kläger ge-genüber – quasi als Rechtsreflex aus dem Sozialrechtsverhältnis mit S. ? insoweit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausgesetzt ist, wenn sie sich auf den Ablauf der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheins berufen will. Ist dem aber so, hat sie den Kläger so zu behandeln, als sei der Abschluss des Arbeitsvertrages innerhalb der Gültig-keitsdauer des Vermittlungsgutscheins erfolgt.
Nach alldem waren das mit der Berufung angegriffene Urteil des Sozialgerichts Dresden sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Entscheidungstenor ausgesprochenen Umfang abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen, da zur Auslegung von § 296 Abs. 2 und § 421g Abs. 1 SGB III noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ersichtlich ist.
Rechtskraft
Aus
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