Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 1604/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 AL 232/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen für die Glaubhaftmachung von Wiedereinsetzungsgründen bei behauptetem Verlust der Klageschrift auf dem Postwege
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 17. August 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Erstattung von Lohnkostenzuschüssen.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin, die ein Restaurant betreibt, auf deren Antrag vom 15.09.1997 mit Bescheid vom 05.11.1997 für zwei Arbeitnehmerinnen einen Lohnkostenzuschuss-Ost nach § 249 h Abs. 4b Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Während des Bewilli-gungszeitraumes schied eine der Arbeitnehmerinnen wegen Wechsels des Wohnorts aus dem Betrieb aus und eine neue Arbeitnehmerin, Frau K. S ..., wurde ab 01.03.1998 als Ersatz eingestellt
Mit Schreiben vom 06.07.1999 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass mit Frau S. ein Arbeitsvertrag zu einem Bruttoarbeitsentgelt abgeschlossen worden sei, das geringer als das der Förderung zugrunde gelegte Bruttoarbeitsentgelt gewesen sei. Hierzu äußerte sich die Klägerin nicht. Mit Widerrufs- und Erstattungsbescheid vom 21.10.1999 forderte die Beklagte den gesamten, für die beiden Arbeitsplätze gewährten Förderbetrag von 40.403 DM von der Klägerin zurück. Dagegen legte die Klägerin am 16.11.1999 (Eingang bei der Beklagten am 17.11.1999) Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 21.06.2001 als unbegründet zurückwies. Die Klägerin habe die Förderbedingungen nicht ausreichend beachtet. Insbesondere habe sie nicht während des Förderzeitraumes die Än-derung des Bruttoarbeitsentgelts angezeigt. Auch sei das für die Schlussrechnung zu erstel-lende Abrechnungsblatt wissentlich falsch ausgefüllt worden. Wegen der unvollständigen Nachweisführung sei der Klägerin der Lohnkostenzuschuss nicht zu belassen. Der Wider-spruchsbescheid war an die Geschäftsadresse der Klägerin adressiert.
Mit Schreiben vom 29.11.2001, beim Sozialgericht Dresden (SG) am 07.12.2001 einge-gangen, hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Klageschrift sei am 18.07.2001 ordnungsgemäß durch Ein-wurf in den Briefkasten des Postamtes Elsdorf zur Post gegeben worden. Vorgelegt wor-den ist eine eidesstattliche Versicherung folgenden Inhalts:
"Ich, die unterzeichnete Frau K. M ..., ..., ..., erkläre hiermit, über die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung belehrt, an Eides Statt, was folgt:
Ich bin im Büro der Rechtsanwältin M. R ... in E ... als Bürovorsteherin tätig. Die Klageschrift vom 18.07.2001 in Sachen E. K .../. Arbeitsamt Bautzen ist von mir mit der gesamten Tagespost am gleichen Tage in den Briefkasten des Postamtes Els-dorf, Gladbacher Straße eingeworfen worden.
E ..., den 29.11.2001 [Unterschrift]"
Dem Wiedereinsetzungsantrag ist eine vom 18.07.2001 datierende Klageschrift beigefügt gewesen (Blatt 4 bis 15 der SG-Akte).
Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat die damalige Prozessbevollmächtigte zum Zwe-cke der Klagebegründung zunächst um Übersendung der Verwaltungsakte gebeten. Nach Erhalt der Akte hat sie diese am 22.02.2002 an das SG zurückgesandt. Die Klage ist trotz mehrmaliger gerichtlicher Mahnungen erst am 20.01.2003 per Telefax (kurz) begründet worden.
Zum Wiedereinsetzungsantrag hat die Klägerin ausführen lassen, dass in der Kanzlei ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten kein Postausgangsbuch geführt werde. Ein Nachfor-schungsauftrag sei bei der Post nicht gestellt worden, weil ein solcher bei normalen Briefsendungen nicht möglich sei. Eine Anfrage beim SG sei erst Ende November 2001 erfolgt, weil die Klägerin damals bei ihrer Prozessbevollmächtigten nachgefragt habe. Im Übrigen überspanne die Beklagte die Anforderungen an die Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 19.06.1979 – 2 BvR 342/79 – BVerfGE 51, 352). Dem hat die Beklagte entgegengehalten, in der Ent-scheidung des BVerfG gehe es um eine geringfügig verzögerte Postlaufzeit eines Ein-scheibens, hier aber sei die Klage beim SG vor dem Wiedereinsetzungsantrag überhaupt nicht eingegangen. Hierauf hat die Klägerin erwidert, der Deutschen Post sei ein Organisa-tionsverschulden anzulasten, weil sie dafür verantwortlich sei, dass der Brief mit dem Kla-geschriftsatz abhanden gekommen sei. Ein Aufklärungsschreiben des SG vom 11.09.2003 ist trotz mehrfacher Erinnerung unbeantwortet geblieben.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.08.2004 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe die Klage-frist des § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eingehalten. Wiedereinsetzung sei auch nicht nach § 67 SGG zu gewähren. Hierbei sei dahingestellt, ob der Wiedereinsetzungsan-trag seinerseits fristgemäß erfolgt sei. Immerhin habe die Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin keine Eingangsbestätigung erhalten. Dies hätte sie eigentlich früher veranlassen müs-sen, beim SG nachzufragen, ob der Klageschriftsatz dort eingegangen sei.
Jedenfalls sei der Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet, weil die Nichteinhaltung der Klagefrist von der Klägerin verschuldet sei. Die Klägerin müsse sich das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten als ihr eigenes zurechnen lassen (§ 72 SGG). Die Frist sei nur dann unverschuldet versäumt, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt habe, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten sei (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 31.03.1993 – 13 RJ 9/92 – BSGE 72, 158). Bestehe auch nur die Mög-lichkeit einer verschuldeten Fristversäumnis scheide eine Wiedereinsetzung aus (Hinweis auf Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 18.10.1995 – I ZB 15/95 – NJW 1996, 319).
Bei dem hier nur möglichen Verlust der Briefsendung wäre von einem Nichtvertretenmüs-sen nur dann auszugehen gewesen, wenn die Prozessbevollmächtigte der Klägerin glaub-haft dargelegt hätte, sie habe dafür Sorge getragen, dass der die Klageerhebung beinhalten-de Schriftsatz am 18.07.2001 in den Briefkasten eingeworfen worden sei. Fehler bei der Beförderung seien ihr nicht anzulasten. Insoweit habe sich die Klägerin auf den ordnungs-gemäßen Postbetrieb verlassen dürfen. Hier habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nur den Briefeinwurf behauptet. Dies reiche für eine Glaubhaftmachung nicht aus. Die Prozessbevollmächtigte habe lediglich auf Nachfrage erklärt, dass ein Postausgangsbuch nicht geführt werde. Angaben über den generellen Umgang mit fristgebundenen Stücken in der Kanzlei fehlten. Auch sei nicht dargelegt, ob, wann und in welcher Form die Klageein-reichung durch sie selbst bzw. das Büropersonal bearbeitet worden sei. Daher sei es nicht möglich, ein Bild des generellen sorgfältigen und gewissenhaften Umgangs mit fristge-bundenen Schriftsätzen durch die Kanzlei der Klägervertreterin zu gewinnen. Die Einhal-tung der sonstigen Organisationsobliegenheiten sei damit nicht nachgewiesen und nicht überprüfbar, was zu Lasten der Klägerin gehe.
Den Gerichtsbescheid hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 07.09.2004 in Emp-fang genommen. Mit Berufungsschriftsatz, der das Datum vom 22.09.2004 trägt, hat die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 07.10.2004 per Telefax beim SG Beru-fung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 22.03.2005 hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zulässig sei. Eine Nachfor-schungspflicht bestehe nicht (Hinweis auf BVerfG [3. Kammer], Beschluss vom 11.01.1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38). Er sei auch begründet, weil die erfahrene Bürovorsteherin den Klageschriftsatz am 18.07.2001 bei der Post in Elsdorf eingeworfen habe. Das Verschulden der Post, das zum Untergang des Schriftstückes führe, sei nicht anders zu bewerten als die verspätete Zustellung. In beiden Fällen sei dies dem Absender nicht zuzurechnen. Auch das BVerfG unterscheide insoweit nicht, wie seine Entscheidung vom 11.01.1991 zeige. Im Übrigen sei ausreichend, dass sich die frühere Prozessbevoll-mächtigte der Klägerin auf eine erfahrene Bürovorsteherin verlassen habe. Die Führung eines Postausgangsbuches werde allgemein nicht als Indiz für das Vorliegen einer sorgfäl-tigen Büroorganisation angesehen (Hinweis auf BGH, Beschluss vom 10.04.1991 – XII ZB 28/91 – NJW-RR 1991, 1150).
In tatsächlicher Hinsicht wird ergänzend vorgetragen, dass sich in der Kanzlei der seiner-zeitigen Prozessbevollmächtigten ein Posttisch zur Bearbeitung (Verpackung/Frankierung) der Postausgänge befunden habe, der jeden Abend zum Ende des Kanzleibetriebs darauf überprüft worden sei, ob auch sämtliche Post mitgenommen worden sei. Letztlich komme es jedoch auf die Postausgangsorganisation in der Kanzlei der früheren Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin nicht an, weil die Klageschrift bei der Deutschen Post verloren gegangen sei.
Der Berufungsbegründung ist folgende weitere eidesstattliche Erklärung der Bürovorstehe-rin M ... beigefügt:
"Ich ... erkläre ... an Eides Statt was folgt:
In der Kanzlei der Rechtsanwältin R ... und der jetzigen Kanzlei von Herrn Rechts-anwalt L ... ist für die Bearbeitung der Ausgangspost ein besonderer Posttisch im 2. Schreibzimmer vorhanden. Dort werden ausschließlich Kuverts, Briefmarken und sonstige Gegenstände für die Bearbeitung der Ausgangspost gelagert. Die Ausgangs-post wird auf diesem Tisch abgelegt und anschließend kuvertiert. Der Tisch wird je-den Abend zum Ende des Kanzleibetriebes dahin überprüft, ob auch sämtliche Post mitgenommen worden ist.
E ..., den 01.04.2005 [Unterschrift]
Die Klägerin beantragt,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialge-richts Dresden vom 17. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Ok-tober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001 aufzuhe-ben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Nichteinhaltung der Klagefrist sei offenkundig. Eine Wiedereinsetzung sei dann ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit eines Verschuldens nicht ausgeräumt wer-den könne. So sei es hier, weil es nicht möglich sei, sich ein Bild darüber zu machen, dass in der Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin generell sorgfältig und gewissenhaft mit fristgebundenen Schriftsätzen umgegangen worden sei. Dies müsse umso mehr gelten, als die Prozessbevollmächtigte die Anfrage des SG zur Vorsprache bzw. Nachfrage der Klägerin und zur etwaigen Übersendung einer Kopie der Klageschrift nicht beantwortet habe.
Der Senat hat gegen Empfangsbekenntnis – das erst auf telefonische Mahnung am 22.12.2005 bei Gericht eingegangen ist – am 28.09.2005 ein Hinweisschreiben folgenden Inhalts dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt:
" ...
Nicht geht es darum, ob eine Verspätung vorliegt, sondern allein darum, ob die Kla-geschrift vor Ablauf der Klagefrist der Deutschen Post AG zur Beförderung überge-ben wurde. Erst mit dem von der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin als wiederholende Übersendung bezeichneten Schriftsatz vom 29.11.2001 ging eine Klageschrift beim Sozialgericht Dresden ein.
Damit exisitieren drei mögliche Verlustorte: Kanzlei (einschließlich Beförderung zum Briefkasten), Post und Sozialgericht.
Aus den Akten ergibt sich kein Nachweis, dass die Klageschrift tatsächlich abgesandt wurde. Den beiden eidesstattlichen Versicherungen der Bürovorsteherin M ... kann letztlich nur entnommen werden, dass sämtliche auf dem Postausgangstisch sich befindende Post täglich auf Beförderung kontrolliert wird. Ob der Klageschriftsatz tatsächlich auf diesen Tisch gelangt ist, ergibt sich daraus nicht.
Zwar hat Frau M ... erklärt, dass sie die Klageschrift vom 18.07.2001 an diesem Ta-ge in den Briefkasten des Postamtes Elsdorf eingeworfen habe. Es ist aber damit nicht glaubhaft gemacht, warum sich Frau M ... konkret darin erinnern kann, dass sie auch gerade diesen Klageschriftsatz zur Post gebracht hat.
Da kein Postausgangsbuch existiert, ist es nicht glaubhaft, dass sich Frau M ... drei Monate danach an die gesamte von ihr am 18.07.2001 auf den Weg gebrachte Post erinnern kann. Es gibt keinen Grund – und ein solcher ist auch nicht von ihr dargetan –, warum sie sich gerade an den maßgeblichen Klageschriftsatz erinnern konnte.
Es ist daher nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Klageschriftsatz überhaupt den Postausgangstisch in der Kanzlei erreicht hat.
Das Fehlen eines Postausgangsbuches ist hier damit kein Problem eines Organisati-onsverschuldens, sondern ein Umstand bei der Würdigung der eidesstattlichen Versi-cherung der Bürovorsteherin M ...
Sollte die Bürovorsteherin M ... erklären, sie könne sich definitiv daran erinnern, dass sich der Klageschriftsatz vom 18.07.2001 auf dem Postausgangstisch befunden und sie ihn zur Post gebracht habe, wird Frau M ... als Zeugin in Chemnitz zu ver-nehmen sein. Bislang lege ich ihre eidesstattliche Versicherung vom 29.11.2001 da-hin aus, dass sämtliche, sich am 18.07.2001 auf dem Postausgangstisch befindende Post auf den Weg gebracht worden ist, sie – Frau M ... – aber sich nicht konkret ge-rade an den Schriftsatz vom 18.07.2001 erinnern kann.
Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme bis 28.10.2005.
..."
Auf dieses Schreiben hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin – von ihm als "gegneri-sches Vorbringen" bezeichnet – mit einem Schriftsatz, der das Datum vom 20.12.2005 trägt und am 02.03.2006 bei Gericht eingegangen ist, wie folgt geantwortet. In seinen Un-terlagen befinde sich eine Kopie des Originals der Klageschrift. Daraus folge, dass die Klageschrift nach Unterschriftsleistung durch die frühere Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin zum Kopierer gelangt sei, dort die Kopien gefertigt worden sei und alsdann das Ori-ginal auf den Postausgangstisch gelegt worden sei. In der Kanzlei der früheren Prozessbe-vollmächtigten der Klägerin (und seiner eigenen Kanzlei) habe die allgemeine Büroanwei-sung bestanden, auf allen Klagen und sonstigen fristwahrenden Schriftsätzen einen beson-deren Vermerk über die Absendung anzubringen mit dem Datum der Absendung ("abge-sandt am ..."), wenn die Versendung nicht am Tage der Anfertigung des Schriftsatzes, also an dem Tage erfolgt sei, dessen Datum auf dem Schriftsatz aufgedruckt sei. Da dieser Vermerk auf der Klageschrift fehle, sei davon auszugehen, dass er ordnungsgemäß vom Kopierer den Weg zum Postausgangstisch der Kanzlei gefunden habe und von dort aus mit der gesamten Tagespost von der Bürovorsteherin zum Briefkasten mitgenommen worden sei. Beigefügt ist eine dahingehende eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin M ...
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hierauf Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhand-lung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage – ohne der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren – als unzulässig abgewiesen.
Der die Klage beinhaltende bestimmende Schriftsatz ist beim SG nicht binnen Monatsfrist nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 SGG) eingegangen. Zwar ist der genaue Zugang des Widerspruchsbescheides nicht aktenkundig. Auch enthält die Verwal-tungsakte der Beklagten keinen ausdrücklichen Absendevermerk. Da aber der Klägerin aufgrund des Vorbringens ihrer früheren Prozessbevollmächtigten, dass letzterer am 18.07.2001 der Widerspruchsbescheid vorgelegen habe, dieser schon geraume Zeit davor bekannt gewesen sein muss, ist jedenfalls selbst bei einem Lauf der Monatsfrist ab dem 19.07.2001 die Klagefrist mit Eingang der Klageschrift beim SG am 07.12.2001 nicht ein-gehalten. Dies ist letztlich zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Soweit die Klägerin meint, sie habe nach § 67 SGG einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, folgt der Senat – in Übereinstimmung mit dem SG – dieser Auffas-sung nicht. Zutreffend hat das SG darauf abgestellt, die frühere Prozessbevollmächtigte habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie mit Fristsachen sorgfältig und gewissenhaft umge-gangen sei.
Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist, hier die des § 87 SGG, einzuhalten.
Ein Verschulden ergibt sich nicht schon daraus, dass sich die frühere Prozessbevollmäch-tigte der Klägerin erst Ende November 2001 beim SG nach dem Eingang der Klage erkun-digt hat. Sie war nicht verpflichtet – eine fristgemäße Absendung unterstellt –, den Ein-gang der Klageschrift bei Gericht zu überwachen (vgl. BVerfG [3. Kammer], Beschluss vom 11.01.1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38).
Die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin war aber verpflichtet, für eine hinrei-chend sichere Ausgangskontrolle bei der Absendung fristwahrender Schriftsätze zu sorgen. Dem ist die frühere Prozessbevollmächtigte nicht gerecht geworden. Dieses Verschulden muss sich die Klägerin nach § 73 Abs. 4 SGG i.V.m. § 85 Zivilprozessordnung (ZPO) zu-rechnen lassen.
Im Rahmen der erforderlichen Fristenkontrolle muss durch organisatorische Maßnahmen auch gewährleistet sein, dass für den Postversand vorgesehene Schriftstücke zuverlässig auf den Postweg gebracht werden. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn durch die Kanzleiorganisation sichergestellt wird, dass der fristwahrende Schriftsatz in ein Postaus-gangsfach der Kanzlei als "letzter Station auf dem Weg zum Adressaten" eingelegt und von dort unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird. Eine zusätzliche Ausgangskontrolle ist dann entbehrlich. Einen "Nachweis" dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Post-lauf gelangt ist, kann ebenso wenig gefordert werden wie eine – meist nicht mögliche – Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist. Vielmehr genügt die Glaubhaftmachung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in dem Be-reich, für den der Beteiligte verantwortlich ist, eingetreten ist (so auch BGH, Beschluss vom 05.02.2003 – IV ZB 34/02 – NJW-RR 2003, 862).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH reicht es aber nicht aus, wenn der Prozessbe-vollmächtigte seine Kanzlei so organisiert hat, dass ihm die Akte in einer Sache, in der eine Frist zu wahren ist, rechtzeitig vorgelegt wird, er muss vielmehr durch organisatori-sche Maßnahmen eine wirksame Ausgangskontrolle schaffen. Durch die Eintragung im Fristenkalender kann eine wirksame Ausgangskontrolle nur gewährleistet werden, wenn die Eintragung erst gelöscht wird, sobald der zur Einreichung bei Gericht bestimmte Schriftsatz tatsächlich herausgegangen oder wenigstens post- oder abtragefähig gemacht worden ist. Im letzten Fall darf der Prozessbevollmächtigte die Frist allerdings nur strei-chen lassen, wenn er durch entsprechende Anweisungen sichergestellt hat, dass der frist-wahrende Schriftsatz tatsächlich herausgeht (BGH, Beschluss vom 21.04.1988 – VII ZB 4/88 – VersR 1988, 942).
Ein Prozessbevollmächtigter ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausge-schlossen sind. Dazu ist es grundsätzlich unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fris-tenkalender oder eine vergleichbare Einrichtung) geführt wird. Im Fristenkalender muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Zur Organisa-tionspflicht gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, dass fristwahrende Schriftstücke nicht über den Fristablauf hinaus im Büro liegen bleiben. Zu der hiernach geforderten Endkontrolle gehört die Anweisung, Fristen erst dann zu löschen, wenn das fristwahrende Schriftstück tatsächlich gefertigt und abgesandt ist oder zumindest "postfertig" (postausgangsbereit) vorliegt. Postfertig ist ein Schriftstück erst dann, wenn es unterschrieben und mit einem – ggf. ordnungsgemäß frankierten – Um-schlag versehen ist. Dementsprechend dürfen Fristen erst nach der Bereitstellung der Schriftstücke für die Mitnahme zur Post gelöscht werden. Das Schriftstück bleibt solange im Bereich der Fristenkontrolle, bis es in einem letzten mechanischen Arbeitsgang den räumlichen Kontrollbereich verlässt (so zum Ganzen BFH, Urteil vom 07.12.1988 – X R 80/87 – StRK AO 1977 § 110 R.17).
Dem schließt sich der erkennende Senat an. Hieraus folgt: Wird geltend gemacht, dass ein fristwahrender Schriftsatz nach Aufgabe zur Post verloren gegangen sei, dann gehört zu den in Betracht kommenden objektiven Be-weismitteln insbesondere die Eintragung einer Frist in ein Fristenkontrollbuch, das Festhal-ten der Absendung des Schriftstücks in einem Postausgangsbuch und die Löschung der Frist auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch. Werden diese Urkunden dem Gericht nicht als präsente Beweismittel vorgelegt, fehlt es regelmäßig an der erforder-lichen Glaubhaftmachung (BFH, Beschluss vom 07.02.1997 – III B 146/96 – BFH/NV 1997, 674 m.w.N.; dieser Auffassung sich anschließend BSG, Beschluss vom 13.09.2004 – B 11 AL 153/04 B).
Dass bei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine entsprechende Endkon-trolle bestanden hat, lässt sich dem Vorbringen zur Begründung des Wiedereinsetzungsan-trages nicht entnehmen, obwohl die Klägerin darin nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG grund-sätzlich alle Umstände darzulegen hat und gegebenenfalls glaubhaft machen soll, die für die Frage Bedeutung haben, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Frist-versäumung gekommen ist. Dies entbindet zwar im sozialgerichtlichen Verfahren das Ge-richt nicht von eigenen Ermittlungen. Soweit es jedoch um Umstände geht, die allein der den Wiedereinsetzungsantrag Stellende bzw. der Prozessbevollmächtigte kennt, kann das Gericht nur zu konkreten Angaben auffordern – wie hier mit dem Hinweisschreiben vom 28.09.2005 geschehen –, ohne dabei jenen gleichsam Behauptungen in den Mund zu legen.
Letztlich hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin übernommen hatte, nur vorgetragen, dass gefertigte Schriftsätze auf einen Postausgangstisch gelegt worden seien. Dazu, dass es einen Ab-gleich zwischen den sich auf dem Postausgangstisch befindenden Schriftstücken und den im Fristenkalender aufgeführten Fristsachen gekommen ist und die Kontrolle der Fristsa-chen erst ab dem Zeitpunkt aufgegeben wurde, als sichergestellt war, dass die entsprechen-de Post auf den Weg gebracht worden war, fehlt jede glaubhaft gemachte Darlegung. Auch die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat insoweit keine Angaben gemacht, dass eine in der geschilderten Weise wirksame Fristenkontrolle vorgelegen habe, was aber nahe gelegen hätte, wenn die Ausgangskontrolle so organisiert gewesen wäre.
Das ergänzende schriftsätzliche Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, das am 02.03.2006 bei Gericht eingegangen ist, belegt gerade nicht, dass in der Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine ausreichende Ausgangskontrolle bei Fristsachen stattgefunden hat. Denn zum einen ist selbst dann, wenn das Führen eines Postausgangsbuches durch die Anbringung von Absendungsvermerken auf einer Aktenko-pie ersetzt werden kann (so BGH, Beschluss vom 10.04.1991 – XII ZB 28/91 – NJW-RR 1991, 1150 f.), erforderlich, dass alle fristwahrenden Schriftstücke so gekennzeichnet wer-den. Im Falle der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde jedoch selektiv vorgegangen. Schriftstücke die – angeblich – am Tag der Abfassung abgesendet wurden, erhielten keinen Absendevermerk, genügen sollte das Erstellungsdatum des Schreibens. So soll es auch im vorliegenden Fall gewesen sein. Damit ist aber nicht die Kontrolle der fristwahrenden Schriftstücke anhand des zu führenden Fristenbuches gewährleistet. Denn nur durch den Absendevermerk ist kanzleiintern dokumentiert, dass alle Schritte veranlasst worden sind, um das Schriftstück nur noch mechanisch abzusenden. Das Erstellungsdatum des Schreibens belegt gerade nicht, dass die weiteren notwendigen Schritte, die erforder-lich sind, damit das Schriftstück die Kanzlei verlassen kann, ausgeführt und insoweit über-prüft worden sind. Darüber hinaus – und dies ist letztlich entscheidend – fehlt jede Angabe dazu, dass die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihre Kanzlei so organisiert hat-te, dass die postfertigen Schriftstücke vor ihrer Absendung mit dem Fristenbuch abgegli-chen und erst dann die Frist außer Kontrolle gestellt wurde. Dies hätte selbst dann glaub-haft gemacht werden müssen, wenn man das Erstellungsdatum als ausreichenden Absen-devermerk ansehen wollte. Dies haben weder die frühere noch der derzeitige Prozessbe-vollmächtigte der Klägerin dargetan, von einer Glaubhaftmachung ganz zu schweigen.
Der Senat hat daher auch keinen Anlass mehr gesehen, dem Hinweis auf eine Entschei-dung eines anderen Senats des Sächsischen Landessozialgerichts im am 06.03.2006 per Fax eingegangenen und am 07.03.2006 vorgelegten Schriftsatz der Beklagten nachzuge-hen.
Der Mangel der von der Rechtsprechung geforderten Fristenkontrolle für die Versäumung der Frist muss allerdings ursächlich sein (BFH, Urteil vom 07.12.1988 – X R 80/87 – StRK AO 1977 § 110 R.17).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorträgt, auf die kanzleiinterne Organisation komme es nicht an, weil der Brief bei der Post verloren gegangen sei, verkennt sie, dass die Wiedereinsetzung gerade davon abhängt, ob der bestimmende Klageschriftsatz die Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18.07.2001 verlassen hat. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Bürovorsteherin M ... entsprechend ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 29.11.2001 unter Berücksichtigung der ergänzenden eidestattlichen Versicherung vom 01.04.2005 am 18.07.2001 die sich auf dem Postaus-gangstisch befindende Post mitgenommen und in einen bereiten Briefkasten in Elsdorf eingeworfen hat.
Wie bereits im Hinweisschreiben des Senats vom 28.09.2005 ausgeführt ist es aber nach den gemachten Angaben nicht glaubhaft, dass sich die Bürovorsteherin daran erinnern kann, dass sie gerade den an das SG Dresden adressierten Brief mit der Klageschrift an dem besagten 18.07.2001 in den Briefkasten eingeworfen hat. Besondere Umstände, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, hat die Bürovorsteherin nicht vorgetragen. Mangels eines Postausgangsbuches konnte sie auch nicht mehr als vier Monate nach dem behaupteten Vorgang mit vorhandenen Unterlagen abgleichen, ob das streitige Poststück am 18.07.2001 zur Absendung vorgesehen gewesen war bzw. als abgesandt eingetragen worden war. Dies wäre dann unerheblich, wenn die Bürovorsteherin glaubhaft gemacht hätte, dass sie sich aufgrund anderer besonderer Umstände konkret an den an das SG ad-ressierten Brief und dessen Einwurf in den Briefkasten am 18.07.2001 erinnern könnte. Die Bürovorsteherin hat jedoch über die bloß pauschale Behauptung, sie habe die ganze Tagespost des 18.07.2001 und damit auch die Klageschrift vom 18.07.2001 an diesem Tag in den Briefkasten eingeworfen, keine Ausführungen dazu gemacht, warum sie wisse, dass sich die Klageschrift bzw. zumindest ein an das SG adressierter Brief bei der Tagespost befunden habe.
Allein das Datum der Klageschrift belegt nicht, dass sie auch tatsächlich am 18.07.2001 auf den Weg gebracht wurde. Die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat – wohl unbeabsichtigt – mit der Berufung genau dies selbst widerlegt. Denn ihre Berufungsschrift datiert vom 22.09.2004, wurde aber erst am 07.10.2004, dem letzten Tag der Berufungs-frist per Telefax übermittelt.
Mangels eines insoweit ergänzenden Vortrags des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat sich der Senat daher nicht veranlasst gesehen, weiter zu ermitteln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Erstattung von Lohnkostenzuschüssen.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin, die ein Restaurant betreibt, auf deren Antrag vom 15.09.1997 mit Bescheid vom 05.11.1997 für zwei Arbeitnehmerinnen einen Lohnkostenzuschuss-Ost nach § 249 h Abs. 4b Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Während des Bewilli-gungszeitraumes schied eine der Arbeitnehmerinnen wegen Wechsels des Wohnorts aus dem Betrieb aus und eine neue Arbeitnehmerin, Frau K. S ..., wurde ab 01.03.1998 als Ersatz eingestellt
Mit Schreiben vom 06.07.1999 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass mit Frau S. ein Arbeitsvertrag zu einem Bruttoarbeitsentgelt abgeschlossen worden sei, das geringer als das der Förderung zugrunde gelegte Bruttoarbeitsentgelt gewesen sei. Hierzu äußerte sich die Klägerin nicht. Mit Widerrufs- und Erstattungsbescheid vom 21.10.1999 forderte die Beklagte den gesamten, für die beiden Arbeitsplätze gewährten Förderbetrag von 40.403 DM von der Klägerin zurück. Dagegen legte die Klägerin am 16.11.1999 (Eingang bei der Beklagten am 17.11.1999) Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 21.06.2001 als unbegründet zurückwies. Die Klägerin habe die Förderbedingungen nicht ausreichend beachtet. Insbesondere habe sie nicht während des Förderzeitraumes die Än-derung des Bruttoarbeitsentgelts angezeigt. Auch sei das für die Schlussrechnung zu erstel-lende Abrechnungsblatt wissentlich falsch ausgefüllt worden. Wegen der unvollständigen Nachweisführung sei der Klägerin der Lohnkostenzuschuss nicht zu belassen. Der Wider-spruchsbescheid war an die Geschäftsadresse der Klägerin adressiert.
Mit Schreiben vom 29.11.2001, beim Sozialgericht Dresden (SG) am 07.12.2001 einge-gangen, hat die damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Klageschrift sei am 18.07.2001 ordnungsgemäß durch Ein-wurf in den Briefkasten des Postamtes Elsdorf zur Post gegeben worden. Vorgelegt wor-den ist eine eidesstattliche Versicherung folgenden Inhalts:
"Ich, die unterzeichnete Frau K. M ..., ..., ..., erkläre hiermit, über die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung belehrt, an Eides Statt, was folgt:
Ich bin im Büro der Rechtsanwältin M. R ... in E ... als Bürovorsteherin tätig. Die Klageschrift vom 18.07.2001 in Sachen E. K .../. Arbeitsamt Bautzen ist von mir mit der gesamten Tagespost am gleichen Tage in den Briefkasten des Postamtes Els-dorf, Gladbacher Straße eingeworfen worden.
E ..., den 29.11.2001 [Unterschrift]"
Dem Wiedereinsetzungsantrag ist eine vom 18.07.2001 datierende Klageschrift beigefügt gewesen (Blatt 4 bis 15 der SG-Akte).
Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat die damalige Prozessbevollmächtigte zum Zwe-cke der Klagebegründung zunächst um Übersendung der Verwaltungsakte gebeten. Nach Erhalt der Akte hat sie diese am 22.02.2002 an das SG zurückgesandt. Die Klage ist trotz mehrmaliger gerichtlicher Mahnungen erst am 20.01.2003 per Telefax (kurz) begründet worden.
Zum Wiedereinsetzungsantrag hat die Klägerin ausführen lassen, dass in der Kanzlei ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten kein Postausgangsbuch geführt werde. Ein Nachfor-schungsauftrag sei bei der Post nicht gestellt worden, weil ein solcher bei normalen Briefsendungen nicht möglich sei. Eine Anfrage beim SG sei erst Ende November 2001 erfolgt, weil die Klägerin damals bei ihrer Prozessbevollmächtigten nachgefragt habe. Im Übrigen überspanne die Beklagte die Anforderungen an die Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 19.06.1979 – 2 BvR 342/79 – BVerfGE 51, 352). Dem hat die Beklagte entgegengehalten, in der Ent-scheidung des BVerfG gehe es um eine geringfügig verzögerte Postlaufzeit eines Ein-scheibens, hier aber sei die Klage beim SG vor dem Wiedereinsetzungsantrag überhaupt nicht eingegangen. Hierauf hat die Klägerin erwidert, der Deutschen Post sei ein Organisa-tionsverschulden anzulasten, weil sie dafür verantwortlich sei, dass der Brief mit dem Kla-geschriftsatz abhanden gekommen sei. Ein Aufklärungsschreiben des SG vom 11.09.2003 ist trotz mehrfacher Erinnerung unbeantwortet geblieben.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.08.2004 die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe die Klage-frist des § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eingehalten. Wiedereinsetzung sei auch nicht nach § 67 SGG zu gewähren. Hierbei sei dahingestellt, ob der Wiedereinsetzungsan-trag seinerseits fristgemäß erfolgt sei. Immerhin habe die Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin keine Eingangsbestätigung erhalten. Dies hätte sie eigentlich früher veranlassen müs-sen, beim SG nachzufragen, ob der Klageschriftsatz dort eingegangen sei.
Jedenfalls sei der Wiedereinsetzungsantrag nicht begründet, weil die Nichteinhaltung der Klagefrist von der Klägerin verschuldet sei. Die Klägerin müsse sich das Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten als ihr eigenes zurechnen lassen (§ 72 SGG). Die Frist sei nur dann unverschuldet versäumt, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt habe, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten sei (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 31.03.1993 – 13 RJ 9/92 – BSGE 72, 158). Bestehe auch nur die Mög-lichkeit einer verschuldeten Fristversäumnis scheide eine Wiedereinsetzung aus (Hinweis auf Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 18.10.1995 – I ZB 15/95 – NJW 1996, 319).
Bei dem hier nur möglichen Verlust der Briefsendung wäre von einem Nichtvertretenmüs-sen nur dann auszugehen gewesen, wenn die Prozessbevollmächtigte der Klägerin glaub-haft dargelegt hätte, sie habe dafür Sorge getragen, dass der die Klageerhebung beinhalten-de Schriftsatz am 18.07.2001 in den Briefkasten eingeworfen worden sei. Fehler bei der Beförderung seien ihr nicht anzulasten. Insoweit habe sich die Klägerin auf den ordnungs-gemäßen Postbetrieb verlassen dürfen. Hier habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nur den Briefeinwurf behauptet. Dies reiche für eine Glaubhaftmachung nicht aus. Die Prozessbevollmächtigte habe lediglich auf Nachfrage erklärt, dass ein Postausgangsbuch nicht geführt werde. Angaben über den generellen Umgang mit fristgebundenen Stücken in der Kanzlei fehlten. Auch sei nicht dargelegt, ob, wann und in welcher Form die Klageein-reichung durch sie selbst bzw. das Büropersonal bearbeitet worden sei. Daher sei es nicht möglich, ein Bild des generellen sorgfältigen und gewissenhaften Umgangs mit fristge-bundenen Schriftsätzen durch die Kanzlei der Klägervertreterin zu gewinnen. Die Einhal-tung der sonstigen Organisationsobliegenheiten sei damit nicht nachgewiesen und nicht überprüfbar, was zu Lasten der Klägerin gehe.
Den Gerichtsbescheid hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 07.09.2004 in Emp-fang genommen. Mit Berufungsschriftsatz, der das Datum vom 22.09.2004 trägt, hat die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 07.10.2004 per Telefax beim SG Beru-fung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 22.03.2005 hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zulässig sei. Eine Nachfor-schungspflicht bestehe nicht (Hinweis auf BVerfG [3. Kammer], Beschluss vom 11.01.1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38). Er sei auch begründet, weil die erfahrene Bürovorsteherin den Klageschriftsatz am 18.07.2001 bei der Post in Elsdorf eingeworfen habe. Das Verschulden der Post, das zum Untergang des Schriftstückes führe, sei nicht anders zu bewerten als die verspätete Zustellung. In beiden Fällen sei dies dem Absender nicht zuzurechnen. Auch das BVerfG unterscheide insoweit nicht, wie seine Entscheidung vom 11.01.1991 zeige. Im Übrigen sei ausreichend, dass sich die frühere Prozessbevoll-mächtigte der Klägerin auf eine erfahrene Bürovorsteherin verlassen habe. Die Führung eines Postausgangsbuches werde allgemein nicht als Indiz für das Vorliegen einer sorgfäl-tigen Büroorganisation angesehen (Hinweis auf BGH, Beschluss vom 10.04.1991 – XII ZB 28/91 – NJW-RR 1991, 1150).
In tatsächlicher Hinsicht wird ergänzend vorgetragen, dass sich in der Kanzlei der seiner-zeitigen Prozessbevollmächtigten ein Posttisch zur Bearbeitung (Verpackung/Frankierung) der Postausgänge befunden habe, der jeden Abend zum Ende des Kanzleibetriebs darauf überprüft worden sei, ob auch sämtliche Post mitgenommen worden sei. Letztlich komme es jedoch auf die Postausgangsorganisation in der Kanzlei der früheren Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin nicht an, weil die Klageschrift bei der Deutschen Post verloren gegangen sei.
Der Berufungsbegründung ist folgende weitere eidesstattliche Erklärung der Bürovorstehe-rin M ... beigefügt:
"Ich ... erkläre ... an Eides Statt was folgt:
In der Kanzlei der Rechtsanwältin R ... und der jetzigen Kanzlei von Herrn Rechts-anwalt L ... ist für die Bearbeitung der Ausgangspost ein besonderer Posttisch im 2. Schreibzimmer vorhanden. Dort werden ausschließlich Kuverts, Briefmarken und sonstige Gegenstände für die Bearbeitung der Ausgangspost gelagert. Die Ausgangs-post wird auf diesem Tisch abgelegt und anschließend kuvertiert. Der Tisch wird je-den Abend zum Ende des Kanzleibetriebes dahin überprüft, ob auch sämtliche Post mitgenommen worden ist.
E ..., den 01.04.2005 [Unterschrift]
Die Klägerin beantragt,
unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialge-richts Dresden vom 17. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Ok-tober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001 aufzuhe-ben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Nichteinhaltung der Klagefrist sei offenkundig. Eine Wiedereinsetzung sei dann ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit eines Verschuldens nicht ausgeräumt wer-den könne. So sei es hier, weil es nicht möglich sei, sich ein Bild darüber zu machen, dass in der Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin generell sorgfältig und gewissenhaft mit fristgebundenen Schriftsätzen umgegangen worden sei. Dies müsse umso mehr gelten, als die Prozessbevollmächtigte die Anfrage des SG zur Vorsprache bzw. Nachfrage der Klägerin und zur etwaigen Übersendung einer Kopie der Klageschrift nicht beantwortet habe.
Der Senat hat gegen Empfangsbekenntnis – das erst auf telefonische Mahnung am 22.12.2005 bei Gericht eingegangen ist – am 28.09.2005 ein Hinweisschreiben folgenden Inhalts dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt:
" ...
Nicht geht es darum, ob eine Verspätung vorliegt, sondern allein darum, ob die Kla-geschrift vor Ablauf der Klagefrist der Deutschen Post AG zur Beförderung überge-ben wurde. Erst mit dem von der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin als wiederholende Übersendung bezeichneten Schriftsatz vom 29.11.2001 ging eine Klageschrift beim Sozialgericht Dresden ein.
Damit exisitieren drei mögliche Verlustorte: Kanzlei (einschließlich Beförderung zum Briefkasten), Post und Sozialgericht.
Aus den Akten ergibt sich kein Nachweis, dass die Klageschrift tatsächlich abgesandt wurde. Den beiden eidesstattlichen Versicherungen der Bürovorsteherin M ... kann letztlich nur entnommen werden, dass sämtliche auf dem Postausgangstisch sich befindende Post täglich auf Beförderung kontrolliert wird. Ob der Klageschriftsatz tatsächlich auf diesen Tisch gelangt ist, ergibt sich daraus nicht.
Zwar hat Frau M ... erklärt, dass sie die Klageschrift vom 18.07.2001 an diesem Ta-ge in den Briefkasten des Postamtes Elsdorf eingeworfen habe. Es ist aber damit nicht glaubhaft gemacht, warum sich Frau M ... konkret darin erinnern kann, dass sie auch gerade diesen Klageschriftsatz zur Post gebracht hat.
Da kein Postausgangsbuch existiert, ist es nicht glaubhaft, dass sich Frau M ... drei Monate danach an die gesamte von ihr am 18.07.2001 auf den Weg gebrachte Post erinnern kann. Es gibt keinen Grund – und ein solcher ist auch nicht von ihr dargetan –, warum sie sich gerade an den maßgeblichen Klageschriftsatz erinnern konnte.
Es ist daher nicht glaubhaft gemacht, dass dieser Klageschriftsatz überhaupt den Postausgangstisch in der Kanzlei erreicht hat.
Das Fehlen eines Postausgangsbuches ist hier damit kein Problem eines Organisati-onsverschuldens, sondern ein Umstand bei der Würdigung der eidesstattlichen Versi-cherung der Bürovorsteherin M ...
Sollte die Bürovorsteherin M ... erklären, sie könne sich definitiv daran erinnern, dass sich der Klageschriftsatz vom 18.07.2001 auf dem Postausgangstisch befunden und sie ihn zur Post gebracht habe, wird Frau M ... als Zeugin in Chemnitz zu ver-nehmen sein. Bislang lege ich ihre eidesstattliche Versicherung vom 29.11.2001 da-hin aus, dass sämtliche, sich am 18.07.2001 auf dem Postausgangstisch befindende Post auf den Weg gebracht worden ist, sie – Frau M ... – aber sich nicht konkret ge-rade an den Schriftsatz vom 18.07.2001 erinnern kann.
Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme bis 28.10.2005.
..."
Auf dieses Schreiben hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin – von ihm als "gegneri-sches Vorbringen" bezeichnet – mit einem Schriftsatz, der das Datum vom 20.12.2005 trägt und am 02.03.2006 bei Gericht eingegangen ist, wie folgt geantwortet. In seinen Un-terlagen befinde sich eine Kopie des Originals der Klageschrift. Daraus folge, dass die Klageschrift nach Unterschriftsleistung durch die frühere Prozessbevollmächtigte der Klä-gerin zum Kopierer gelangt sei, dort die Kopien gefertigt worden sei und alsdann das Ori-ginal auf den Postausgangstisch gelegt worden sei. In der Kanzlei der früheren Prozessbe-vollmächtigten der Klägerin (und seiner eigenen Kanzlei) habe die allgemeine Büroanwei-sung bestanden, auf allen Klagen und sonstigen fristwahrenden Schriftsätzen einen beson-deren Vermerk über die Absendung anzubringen mit dem Datum der Absendung ("abge-sandt am ..."), wenn die Versendung nicht am Tage der Anfertigung des Schriftsatzes, also an dem Tage erfolgt sei, dessen Datum auf dem Schriftsatz aufgedruckt sei. Da dieser Vermerk auf der Klageschrift fehle, sei davon auszugehen, dass er ordnungsgemäß vom Kopierer den Weg zum Postausgangstisch der Kanzlei gefunden habe und von dort aus mit der gesamten Tagespost von der Bürovorsteherin zum Briefkasten mitgenommen worden sei. Beigefügt ist eine dahingehende eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin M ...
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hierauf Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhand-lung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage – ohne der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren – als unzulässig abgewiesen.
Der die Klage beinhaltende bestimmende Schriftsatz ist beim SG nicht binnen Monatsfrist nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 SGG) eingegangen. Zwar ist der genaue Zugang des Widerspruchsbescheides nicht aktenkundig. Auch enthält die Verwal-tungsakte der Beklagten keinen ausdrücklichen Absendevermerk. Da aber der Klägerin aufgrund des Vorbringens ihrer früheren Prozessbevollmächtigten, dass letzterer am 18.07.2001 der Widerspruchsbescheid vorgelegen habe, dieser schon geraume Zeit davor bekannt gewesen sein muss, ist jedenfalls selbst bei einem Lauf der Monatsfrist ab dem 19.07.2001 die Klagefrist mit Eingang der Klageschrift beim SG am 07.12.2001 nicht ein-gehalten. Dies ist letztlich zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Soweit die Klägerin meint, sie habe nach § 67 SGG einen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, folgt der Senat – in Übereinstimmung mit dem SG – dieser Auffas-sung nicht. Zutreffend hat das SG darauf abgestellt, die frühere Prozessbevollmächtigte habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie mit Fristsachen sorgfältig und gewissenhaft umge-gangen sei.
Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist, hier die des § 87 SGG, einzuhalten.
Ein Verschulden ergibt sich nicht schon daraus, dass sich die frühere Prozessbevollmäch-tigte der Klägerin erst Ende November 2001 beim SG nach dem Eingang der Klage erkun-digt hat. Sie war nicht verpflichtet – eine fristgemäße Absendung unterstellt –, den Ein-gang der Klageschrift bei Gericht zu überwachen (vgl. BVerfG [3. Kammer], Beschluss vom 11.01.1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38).
Die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin war aber verpflichtet, für eine hinrei-chend sichere Ausgangskontrolle bei der Absendung fristwahrender Schriftsätze zu sorgen. Dem ist die frühere Prozessbevollmächtigte nicht gerecht geworden. Dieses Verschulden muss sich die Klägerin nach § 73 Abs. 4 SGG i.V.m. § 85 Zivilprozessordnung (ZPO) zu-rechnen lassen.
Im Rahmen der erforderlichen Fristenkontrolle muss durch organisatorische Maßnahmen auch gewährleistet sein, dass für den Postversand vorgesehene Schriftstücke zuverlässig auf den Postweg gebracht werden. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn durch die Kanzleiorganisation sichergestellt wird, dass der fristwahrende Schriftsatz in ein Postaus-gangsfach der Kanzlei als "letzter Station auf dem Weg zum Adressaten" eingelegt und von dort unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird. Eine zusätzliche Ausgangskontrolle ist dann entbehrlich. Einen "Nachweis" dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Post-lauf gelangt ist, kann ebenso wenig gefordert werden wie eine – meist nicht mögliche – Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist. Vielmehr genügt die Glaubhaftmachung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in dem Be-reich, für den der Beteiligte verantwortlich ist, eingetreten ist (so auch BGH, Beschluss vom 05.02.2003 – IV ZB 34/02 – NJW-RR 2003, 862).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH reicht es aber nicht aus, wenn der Prozessbe-vollmächtigte seine Kanzlei so organisiert hat, dass ihm die Akte in einer Sache, in der eine Frist zu wahren ist, rechtzeitig vorgelegt wird, er muss vielmehr durch organisatori-sche Maßnahmen eine wirksame Ausgangskontrolle schaffen. Durch die Eintragung im Fristenkalender kann eine wirksame Ausgangskontrolle nur gewährleistet werden, wenn die Eintragung erst gelöscht wird, sobald der zur Einreichung bei Gericht bestimmte Schriftsatz tatsächlich herausgegangen oder wenigstens post- oder abtragefähig gemacht worden ist. Im letzten Fall darf der Prozessbevollmächtigte die Frist allerdings nur strei-chen lassen, wenn er durch entsprechende Anweisungen sichergestellt hat, dass der frist-wahrende Schriftsatz tatsächlich herausgeht (BGH, Beschluss vom 21.04.1988 – VII ZB 4/88 – VersR 1988, 942).
Ein Prozessbevollmächtigter ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausge-schlossen sind. Dazu ist es grundsätzlich unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fris-tenkalender oder eine vergleichbare Einrichtung) geführt wird. Im Fristenkalender muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der laufenden Fristen muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden. Zur Organisa-tionspflicht gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, dass fristwahrende Schriftstücke nicht über den Fristablauf hinaus im Büro liegen bleiben. Zu der hiernach geforderten Endkontrolle gehört die Anweisung, Fristen erst dann zu löschen, wenn das fristwahrende Schriftstück tatsächlich gefertigt und abgesandt ist oder zumindest "postfertig" (postausgangsbereit) vorliegt. Postfertig ist ein Schriftstück erst dann, wenn es unterschrieben und mit einem – ggf. ordnungsgemäß frankierten – Um-schlag versehen ist. Dementsprechend dürfen Fristen erst nach der Bereitstellung der Schriftstücke für die Mitnahme zur Post gelöscht werden. Das Schriftstück bleibt solange im Bereich der Fristenkontrolle, bis es in einem letzten mechanischen Arbeitsgang den räumlichen Kontrollbereich verlässt (so zum Ganzen BFH, Urteil vom 07.12.1988 – X R 80/87 – StRK AO 1977 § 110 R.17).
Dem schließt sich der erkennende Senat an. Hieraus folgt: Wird geltend gemacht, dass ein fristwahrender Schriftsatz nach Aufgabe zur Post verloren gegangen sei, dann gehört zu den in Betracht kommenden objektiven Be-weismitteln insbesondere die Eintragung einer Frist in ein Fristenkontrollbuch, das Festhal-ten der Absendung des Schriftstücks in einem Postausgangsbuch und die Löschung der Frist auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch. Werden diese Urkunden dem Gericht nicht als präsente Beweismittel vorgelegt, fehlt es regelmäßig an der erforder-lichen Glaubhaftmachung (BFH, Beschluss vom 07.02.1997 – III B 146/96 – BFH/NV 1997, 674 m.w.N.; dieser Auffassung sich anschließend BSG, Beschluss vom 13.09.2004 – B 11 AL 153/04 B).
Dass bei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine entsprechende Endkon-trolle bestanden hat, lässt sich dem Vorbringen zur Begründung des Wiedereinsetzungsan-trages nicht entnehmen, obwohl die Klägerin darin nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG grund-sätzlich alle Umstände darzulegen hat und gegebenenfalls glaubhaft machen soll, die für die Frage Bedeutung haben, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Frist-versäumung gekommen ist. Dies entbindet zwar im sozialgerichtlichen Verfahren das Ge-richt nicht von eigenen Ermittlungen. Soweit es jedoch um Umstände geht, die allein der den Wiedereinsetzungsantrag Stellende bzw. der Prozessbevollmächtigte kennt, kann das Gericht nur zu konkreten Angaben auffordern – wie hier mit dem Hinweisschreiben vom 28.09.2005 geschehen –, ohne dabei jenen gleichsam Behauptungen in den Mund zu legen.
Letztlich hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin übernommen hatte, nur vorgetragen, dass gefertigte Schriftsätze auf einen Postausgangstisch gelegt worden seien. Dazu, dass es einen Ab-gleich zwischen den sich auf dem Postausgangstisch befindenden Schriftstücken und den im Fristenkalender aufgeführten Fristsachen gekommen ist und die Kontrolle der Fristsa-chen erst ab dem Zeitpunkt aufgegeben wurde, als sichergestellt war, dass die entsprechen-de Post auf den Weg gebracht worden war, fehlt jede glaubhaft gemachte Darlegung. Auch die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat insoweit keine Angaben gemacht, dass eine in der geschilderten Weise wirksame Fristenkontrolle vorgelegen habe, was aber nahe gelegen hätte, wenn die Ausgangskontrolle so organisiert gewesen wäre.
Das ergänzende schriftsätzliche Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, das am 02.03.2006 bei Gericht eingegangen ist, belegt gerade nicht, dass in der Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine ausreichende Ausgangskontrolle bei Fristsachen stattgefunden hat. Denn zum einen ist selbst dann, wenn das Führen eines Postausgangsbuches durch die Anbringung von Absendungsvermerken auf einer Aktenko-pie ersetzt werden kann (so BGH, Beschluss vom 10.04.1991 – XII ZB 28/91 – NJW-RR 1991, 1150 f.), erforderlich, dass alle fristwahrenden Schriftstücke so gekennzeichnet wer-den. Im Falle der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde jedoch selektiv vorgegangen. Schriftstücke die – angeblich – am Tag der Abfassung abgesendet wurden, erhielten keinen Absendevermerk, genügen sollte das Erstellungsdatum des Schreibens. So soll es auch im vorliegenden Fall gewesen sein. Damit ist aber nicht die Kontrolle der fristwahrenden Schriftstücke anhand des zu führenden Fristenbuches gewährleistet. Denn nur durch den Absendevermerk ist kanzleiintern dokumentiert, dass alle Schritte veranlasst worden sind, um das Schriftstück nur noch mechanisch abzusenden. Das Erstellungsdatum des Schreibens belegt gerade nicht, dass die weiteren notwendigen Schritte, die erforder-lich sind, damit das Schriftstück die Kanzlei verlassen kann, ausgeführt und insoweit über-prüft worden sind. Darüber hinaus – und dies ist letztlich entscheidend – fehlt jede Angabe dazu, dass die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihre Kanzlei so organisiert hat-te, dass die postfertigen Schriftstücke vor ihrer Absendung mit dem Fristenbuch abgegli-chen und erst dann die Frist außer Kontrolle gestellt wurde. Dies hätte selbst dann glaub-haft gemacht werden müssen, wenn man das Erstellungsdatum als ausreichenden Absen-devermerk ansehen wollte. Dies haben weder die frühere noch der derzeitige Prozessbe-vollmächtigte der Klägerin dargetan, von einer Glaubhaftmachung ganz zu schweigen.
Der Senat hat daher auch keinen Anlass mehr gesehen, dem Hinweis auf eine Entschei-dung eines anderen Senats des Sächsischen Landessozialgerichts im am 06.03.2006 per Fax eingegangenen und am 07.03.2006 vorgelegten Schriftsatz der Beklagten nachzuge-hen.
Der Mangel der von der Rechtsprechung geforderten Fristenkontrolle für die Versäumung der Frist muss allerdings ursächlich sein (BFH, Urteil vom 07.12.1988 – X R 80/87 – StRK AO 1977 § 110 R.17).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorträgt, auf die kanzleiinterne Organisation komme es nicht an, weil der Brief bei der Post verloren gegangen sei, verkennt sie, dass die Wiedereinsetzung gerade davon abhängt, ob der bestimmende Klageschriftsatz die Kanzlei der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18.07.2001 verlassen hat. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Bürovorsteherin M ... entsprechend ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 29.11.2001 unter Berücksichtigung der ergänzenden eidestattlichen Versicherung vom 01.04.2005 am 18.07.2001 die sich auf dem Postaus-gangstisch befindende Post mitgenommen und in einen bereiten Briefkasten in Elsdorf eingeworfen hat.
Wie bereits im Hinweisschreiben des Senats vom 28.09.2005 ausgeführt ist es aber nach den gemachten Angaben nicht glaubhaft, dass sich die Bürovorsteherin daran erinnern kann, dass sie gerade den an das SG Dresden adressierten Brief mit der Klageschrift an dem besagten 18.07.2001 in den Briefkasten eingeworfen hat. Besondere Umstände, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, hat die Bürovorsteherin nicht vorgetragen. Mangels eines Postausgangsbuches konnte sie auch nicht mehr als vier Monate nach dem behaupteten Vorgang mit vorhandenen Unterlagen abgleichen, ob das streitige Poststück am 18.07.2001 zur Absendung vorgesehen gewesen war bzw. als abgesandt eingetragen worden war. Dies wäre dann unerheblich, wenn die Bürovorsteherin glaubhaft gemacht hätte, dass sie sich aufgrund anderer besonderer Umstände konkret an den an das SG ad-ressierten Brief und dessen Einwurf in den Briefkasten am 18.07.2001 erinnern könnte. Die Bürovorsteherin hat jedoch über die bloß pauschale Behauptung, sie habe die ganze Tagespost des 18.07.2001 und damit auch die Klageschrift vom 18.07.2001 an diesem Tag in den Briefkasten eingeworfen, keine Ausführungen dazu gemacht, warum sie wisse, dass sich die Klageschrift bzw. zumindest ein an das SG adressierter Brief bei der Tagespost befunden habe.
Allein das Datum der Klageschrift belegt nicht, dass sie auch tatsächlich am 18.07.2001 auf den Weg gebracht wurde. Die frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat – wohl unbeabsichtigt – mit der Berufung genau dies selbst widerlegt. Denn ihre Berufungsschrift datiert vom 22.09.2004, wurde aber erst am 07.10.2004, dem letzten Tag der Berufungs-frist per Telefax übermittelt.
Mangels eines insoweit ergänzenden Vortrags des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat sich der Senat daher nicht veranlasst gesehen, weiter zu ermitteln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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