S 12 KR 261/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 261/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2002 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Lieferung eines Pflegebettes in einem Wohnheim der Behindertenhilfe.

Der am 1959 geborene Kläger ist körperlich und geistig behindert. Es besteht eine Halbseitenlähmung links mit Steh- und Gehunfähigkeit, Rollstuhlpflichtigkeit und Gebrauchsunfähigkeit der linken Hand. In geistiger Hinsicht liegt eine schwere Intelligenzminderung vor. Er lebt im Wohnheim der Lebenshilfe in N., einer Behinderteneinrichtung im Sinne von § 43a Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI). Durch die Beigeladene zu 1. wurde er in Pflegestufe II eingestuft. Der Hausarzt G. verordnete ihm am 18.10.2001 ein elektrisches Krankenbett. Auf Anfrage hat Herr G. am 23.04.2002 ausgeführt, dass durch das Pflegebett die Selbstständigkeit nicht erhöht werden könne und die elektrische Verstellung durch das Pflegepersonal bedient werden solle. Die Beklagte lehnte dann mit Bescheid vom 16.05.2002 den Antrag mit der Begründung ab, dass der Kläger in einer anerkannten Behinderteneinrichtung untergebracht sei.

Hiergegen hat die Lebenshilfe (Beigeladene zu 2.) im Auftrag der Mutter und Betreuerin des Klägers am 10.06.2002 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie sich darauf berufen, dass das Krankenbett im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse notwen- es sich beim Wohnheim der Lebenshilfe um eine Einrichtung der Behindertenhilfe gemäß § 40a Bundessozialhilfegesetz (BSHG), 43a SGB XI handele, stehe nicht Pflege oder Krankenbehandlung im Vordergrund, sondern die Eingliederung in die Gemeinschaft und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Es sei auch mit den Pflegekassen kein Versorgungsvertrag geschlossen, der in irgendeiner Weise zum Vorhalten von Pflegehilfsmitteln verpflichten würde. Auch die mit dem Bezirk Schwaben geschlossene Leistungsvereinbarung sehe in keiner Weise die Bereitstellung von Hilfsmitteln im Sinne des § 33 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) an die Bewohner vor. Außerdem haben sie sich auf ein Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.05.2001 (S 5 KR 370/99) berufen. Der Bezirk Schwaben hat mit Schreiben vom 17.06.2002 bestätigt, dass in den Leistungen Beträge für die Beschaffung von Pflegehilfsmitteln nicht eingerechnet seien. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14.10.2002 zurück.

Die Beigeladene zu 2. hat am 22.10.2002 im Auftrag der Betreuerin des Klägers Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Die Begründung entspricht derjenigen im Widerspruchsverfahren. Die bevollmächtigten Rechtsanwälte haben dann am 06.11.2002 Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Mit Beschluss vom 12.12.2002 wurde PKH bewilligt. Zur Beweiserhebung hat das Gericht die Schwerbehindertenakte sowie die Unterlagen der Pflegeversicherung beigezogen. Außerdem wurde auf Anregung der Beklagten mit Beschluss vom 21.01.2003 die Pflegekasse beigeladen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das Bundessozialgericht (BSG) grundsätzlich nicht zwischen Pflegeheimen und Einrichtungen nach § 43a SGB XI unterschieden habe. Da mit Einrichtungen der Behindertenhilfe keine Versorgungsverträge abgeschlossen seien, müssten die allgemeinen Abgrenzungskriterien gelten, die vom BSG aufgestellt wurden. Das Pflegebett diene auch nicht der Behandlungspflege. Daraus, dass nach Angaben des Bezirks Schwaben im Entgelt des Wohnheimes Beträge für die Bereitstellung von Hilfsmitteln nicht enthalten seien, könnte keine Leistungspflicht der Krankenkasse begründet werden. Das Wohnheim hat auf Anfrage mitgeteilt, dass insgesamt 27 Plätze in drei Gruppen vorhanden sind. Die Bewohner der Gruppe des Klägers seien überwiegend sowohl geistig wie körperlich behindert, die Pflegestufen der übrigen Bewohner seien nur unvollständig bekannt. Eine Angabe hierzu wurde nicht gemacht. Außerdem wurde eine Beschreibung des Konzeptes der Wohneinrichtung übersandt. Seitens der Bevollmächtigten wurde vorgetragen, dass der Kläger gesundheitlich in der Lage sei, den Schalter für die elektrische Verstellung des Pflegebettes selbst zu bedienen. Die Beklagte hat demgegenüber mit Schreiben vom 08.03.2004 die Auffassung vertreten, dass zum Verstellen des Kopfteiles elektrisch verstellbare Bettrahmen im Möbelhandel zur Verfügung stehen würden und ein Pflegebett eine Überversorgung darstelle. Die Lebenshilfe hat sich mit Schreiben vom 11.10.2004 geäußert und die Auffassung vertreten, dass Pflegebedürftigkeit zwar vorhanden sei, allerdings Eingliederungshilfe im Vordergrund stehe, auch was das Pflegebett betreffe. Mit Beschluss vom 09.12.2004 wurde anstelle von Rechtsanwältin Dr. M. Rechtsanwalt W. im Rahmen der PKH beigeordnet. Der Bevollmächtigte hat dann mit Schreiben vom 29.12.2004 klargestellt, dass bislang kein Pflegebett beschafft worden sei und der Kläger mit einem Bett versorgt sei, das seine Mutter bereits 1996 gekauft habe. Dieses Bett habe hinsichtlich der elektrischen Teile außer Betrieb genommen werden müssen, da diese Teile nicht mehr zu warten seien. Zur Beweiserhebung hat das Gericht dann die Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. veranlasst. In ihrem Gutachten nach Hausbesuch vom 21.04.2005 führt Dr. A. zusammenfassend aus, dass der Kläger in der Lage sei ein Pflegebett zu bedienen und dies den Vorteil hätte, dass er unabhängig vom Pflegepersonal in der Lage wäre, die Urinflasche zu benutzen. Das Pflegebett sei erforderlich, um eine Behinderung teilweise auszugleichen. Ein höhenverstellbarer Bettrahmen sei lediglich pflegeerleichternd, würde aber nicht die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit des Klägers erhöhen. Die Beklagte hat dagegen am 17.05.2005 eingewandt, dass die Haupteigenschaft des Pflegebettes, nämlich die Höhenverstellbarkeit, vom Kläger nicht genutzt werden könne. Der vom Kläger nutzbare Teilbereich, das selbstständige Hochstellen des Kopfteiles des Bettes, könne im Gegensatz zur Auffassung der Gutachterin auch mit einem elektrisch verstellbaren handelsüblichen Bettrahmen genutzt werden. Die Möglichkeit, nachts die Urinflasche selbstständig zu benutzen, stelle auch keinen so entscheidenden Gewinn an Selbstständigkeit dar, dass dies die Versorgung mit einem Pflegebett rechtfertigen würde. Das Gericht hat mit Beschluss vom 21.07.2005 zusätzlich die Lebenshilfe D. e.V. zum Verfahren beigeladen.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2002 zu ver- urteilen, den Kläger mit einem elektrisch verstellbaren Pflegebett zu versorgen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene zu 2. hat sich nach der Beiladung nicht mehr geäußert.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem elektrisch verstellbaren Pflegebett durch die Beklagte oder die Beigeladene zu 1 ... Der Bescheid der Beklagten vom 16.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2002 ist rechtmäßig.

Beim Kläger besteht zwar anerkannte Pflegebedürftigkeit der Stufe II. Da er jedoch in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen im Sinne von § 43a SGB XI gepflegt wird und nicht in der häuslichen Umgebung, besteht kein Anspruch auf Pflegehilfsmittel nach § 40 SGB XI gegenüber der Beigeladenen zu 1 ... Denn Pflegehilfsmittel sind nur bei häuslicher Pflege als Leistung vom Gesetzgeber vorgesehen.

Nach § 27 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dabei umfasst die Krankenbehandlung auch die Versorgung mit Hilfsmitteln. Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, haben Versicherte, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind (§ 33 Abs. 1 SGB V). Dabei ist wie bei jeder Leistung das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Nach § 12 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Das beantragte elektrisch verstellbare Pflegebett dient zur Überzeugung des Gerichts zwar teilweise dem Behinderungsausgleich, hat jedoch auch eine pflegeerleichternde Funktion und stellt eine Überversorgung dar, weshalb der Kläger keinen Anspruch hierauf hat.

Ein elektrisch bzw. motorisch verstellbares Pflegebett ist im Pflegehilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 50 "Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege" gelistet. Nach der Produktbeschreibung ist ein solches Pflegebett stufenlos motorisch höhenverstellbar. Das Kopfteil ist motorisch verstellbar, während das Fußteil motorisch oder manuell verstellbar sein muss. Teilweise sind die Betten mit zusätzlichen Einstellmöglichkeiten der Liegefläche ausgestattet. Es sind Rollen zur Fahrbarkeit des Bettes vorhanden. Nicht entscheidend für die Klageabweisung ist, dass Pflegebetten im Hilfsmittelverzeichnis nur unter den sog. Pflegehilfsmitteln gelistet sind, nicht jedoch als Hilfsmittel nach § 33 SGB V. Denn das Hilfsmittelverzeichnis bindet die Gerichte nach ständiger Rechtsprechung nicht (z.B. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 25). Die Gutachterin Dr. A. führt aus, dass der Kläger monatlich etwa 6 bis 10 epileptische Anfälle hat. Aufgrund der spastischen Hemiparese links sind linker Arm und linke Hand völlig gebrauchsunfähig. Der Kläger bedient auf der Wohngruppe selbstständig seinen Rollstuhl. Er hat einen eigenen Radio und CD-Spieler, den er selbst bedienen kann. Er ist nicht in der Lage, sich vom Bett in den Rollstuhl und umgekehrt umzusetzen, auch wenn Bett und Rollstuhl auf gleicher Höhe wären. Nach Angaben des Pflegers, die von der Gutachterin wiedergegeben werden, sei ein höhenverstellbares Bett bei den häufigen Anfällen notwendig, um den Kläger schnell in eine sitzende Position zu bringen, wenn er im Bett einen Anfall habe. Auch sei das Bett mit Rollen versehen und könne so rasch von der Wand weggeschoben werden, so dass der Kläger im Notfall von zwei Seiten versorgt werden könne. Ein mechanisches Hochstellen des Bettes würde wesentlich länger dauern. Die Pflege werde erleichtert, da man durch die Höhenverstellbarkeit besser an den Kläger herankönne. Auch werde das Bett auf gleiche Höhe mit dem Rollstuhl gebracht und erleichtere so das Umsetzen. Für den Kläger sei ein Pflegebett deshalb so wichtig, da er mit Hilfe der Fernbedienung das Kopfteil hochstellen könne und somit nachts die Urinflasche benutzen könne, ohne das Pflegepersonal zu rufen. Derzeit benötige er Pflegepersonal zum Hochstellen des Kopfteiles, damit er dann die Urinflasche selbst ordnungsgemäß und sauber benutzen könne. Nach Meinung des Pflegepersonals wäre der Kläger auch in der Lage, die Fernbedienung für das höhenverstellbare Bett zu nutzen, wenn man die übrige Tastatur abdecken würde und ihm nur zwei Alternativen, gekennzeichnet mit Farbe, anbieten würde. Die Gutachterin teilt die Meinung des Pflegepersonals, dass eine selbstständige Bedienung der Höhenverstellbarkeit des Kopfteiles durch den Kläger möglich wäre. Das Pflegebett hätte also tatsächlich eine mehrfache Funktion. Einerseits erleichtert es unzweifelhaft mit seiner Höhenverstellbarkeit die Pflege, da dann die Körperpflege im Bett einfacher vorgenommen werden kann und das Umsetzen vom Bett in den Rollstuhl und umgekehrt erleichtert wird. Andererseits dient das Pflegebett auch dem Behinderungsausgleich. Durch die Höhenverstellbarkeit des Kopfteiles wäre es dem Kläger möglich, während er im Bett liegt selbstständig die Urinflasche zu benutzen, ohne zunächst Pflegepersonal herbeirufen zu müssen. Zwar kann nicht jeder kleine Vorteil genügen, um die Erforderlichkeit eines Hilfsmittels zu bejahen, jedoch kann gerade im Bereich der Intimpflege einer auch nur geringen Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Pflegepersonen eine erhöhte Bedeutung zukommen (vgl. BSG vom 28.05.2003 - B 3 KR 30/02 R in SozR 4-2500 § 33 Nr. 4). Jedoch ist es zur Überzeugung des Gerichts nicht notwendig, den Kläger mit einem elektrisch verstellbaren Pflegebett zu versorgen, damit er selbstständig die Urinflasche benutzen kann. Hierfür würde auch ein hinsichtlich des Kopfteiles elektrisch verstellbarer Bettrahmen genügen. Das Pflegebett bietet insbesondere mit Höhenverstellbarkeit und Rollen weitere Funktionen, die vom Kläger zum Behinderungsausgleich nicht genutzt werden können und sollen und geht damit über das Maß des Notwendigen hinaus. Die gegenteilige Auffassung der Gutachterin Dr. A. ist für das Gericht unverständlich. Durch Höhenverstellbarkeit, Verstellbarkeit des Kopfteiles und Verrückbarkeit auf Rollen erleichtert das Pflegebett auch die Betreuung des Klägers, wenn er in der Nacht einen Krampfanfall erleiden sollte. Damit könnte die Alternative "um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern" erfasst sein. Jedoch hat der Hausarzt das Pflegebett nicht zur Epilepsiebehandlung verordnet. Auch dient das Pflegebett an sich nicht zur Krankenbehandlung, vielmehr wird die Betreuung bei einem Krampfanfall durch das Pflegepersonal vorgenommen. Es handelt sich also nicht um ein Hilfsmittel, das den Erfolg der Krankenbehandlung sichern würde. Zudem spräche nichts dagegen, da der Kläger sich nicht selbstständig vom Bett in den Rollstuhl umsetzen kann, das Bett bereits beim Schlafengehen in einer Höhe zu haben, die nachts eine erleichterte Pflege erlaubt. Was die Rollen und die Begehbarkeit von zwei Seiten im Notfall anbelangt, so ist darauf zu verweisen, dass das Bett grundsätzlich auch so gestellt werden könnte, dass es prinzipiell von zwei Seiten begehbar ist. Was die Höhenverstellbarkeit des Kopfteiles anbelangt, so ist nicht ersichtlich, warum eine elektrische Verstellung im Notfall schneller bedienbar sein soll als eine manuelle.

Die Klage auf ein elektrisch verstellbares Pflegebett war daher schon abzuweisen, weil dieses weder erforderlich ist um eine Behinderung auszugleichen, noch um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Hinzu kommt noch, dass die Verpflichtung der Krankenkassen zur Versorgung mit Hilfsmitteln bei vollstationärer Pflege eine wichtige Einschränkung erfährt: Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln endet nach der Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt (BSG vom 10.02.2000, B 3 KR 26/99 R und B 3 KR 17/99 R). Das im Rahmen des üblichen Pflegebetriebes notwendige Inventar an Hilfsmitteln für eine vollstationäre Pflege ist von den Heimen bereitzuhalten. Zu dieser Vorhaltepflicht hat das BSG in seiner Entscheidung vom 06.06.2002 (B 3 KR 5/02 R in SozR 3-2500 § 33 Nr. 43) ausgeführt, dass diese Vorhaltepflicht entscheidend vom Versorgungsauftrag und der jeweiligen Leistungs- und Qualitätsvereinbarung abhänge. Soweit der Versorgungsvertrag, den die Pflegekassen mit dem Heimträger abschließen, nichts Ausdrückliches zur Heimausstattung vorschreibt, sei lediglich die zur Durchführung von üblichen Maßnahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderliche Ausstattung vorzuhalten, weil sich dies aus dem Wesen jeder Pflegeeinrichtung ohne Weiteres ergebe. Besteht der Verwendungszweck eines Gegenstandes ganz überwiegend darin, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründet allein die Tatsache, dass er auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt wird, noch nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse. Beispiele für diese Kategorie sind der einfache Schieberollstuhl, der primär Transportfunktionen innerhalb des Heimes erfüllt sowie das Pflegebett (BSG vom 06.06.2002 a.a.O. und BSG vom 24.09.2002, - B 3 KR 15/02 R - in SozR 3-2500 § 33 Nr. 47). Es sind also auch solche Gegenstände der Heimausstattung zuzurechnen, bei denen zwar noch ein gewisser Behinderungsausgleich zu erkennen ist, bei denen aber ganz überwiegend die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht mehr möglich ist, eine Rehabilitation damit nicht mehr stattfindet (BSG vom 28.05.2003, a.a.O.). Ist dies aber noch der Fall, bleibt die Leistungszuständigkeit der Krankenkasse wie bei der Behandlungspflege bestehen. Denn die Krankenkasse ist im Unterschied zur Pflegekasse Rehabilitationsträger und ihre Leistungsverpflichtung ist gegenüber den Leistungen der Pflegeversicherung vorrangig. Übergeordnetes Ziel jeder Rehabilitation ist es dabei, behinderten Menschen eine selbstbestimmte, gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder diese zu fördern (§§ 1, 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX). Soweit es dabei um den Ausgleich einer Behinderung sowie die Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit geht (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IX) müssen Leistungen deshalb auf eine Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichtet sein, um als Maßnahme der Rehabilitation die Leistungspflicht der Krankenkassen zu begründen. Die Beigeladene zu 2. und mit ihr der Klägerbevollmächtigte argumentieren, dass der Kläger nicht in einem Pflegeheim lebt sondern in einer Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a SGB XI und dass ein Versorgungsvertrag wie mit einem Pflegeheim nicht geschlossen sei. Jedoch hat das BSG in seinen beiden Urteilen vom 10.02.2000 nicht grundsätzlich danach unterschieden, ob der Versicherte vollstationär in einem Pflegeheim oder in einer Einrichtung nach § 43a SGB XI untergebracht war. Vollstationäre Pflege im Sinne des SGB XI wird nicht nur in Pflegeheimen nach § 43 SGB XI geleistet, sondern auch in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a SGB XI). Das BSG stellt für den Fall, dass ein Versorgungsvertrag keine ausreichenden Regelungen zur Ausstattung mit Hilfsmitteln trifft, entscheidend darauf ab, was üblicherweise als zur Ausstattung eines Heimes, das vollstationäre Pflege betreibt, gehörend anzusehen ist. Diese Kriterien sind auch bei einer Einrichtung der vollstationären Behindertenhilfe heranzuziehen, bei der überhaupt kein Versorgungsvertrag existiert. Dass die Leistungsvereinbarung zwischen der Einrichtung der Behindertenhilfe und dem Sozialhilfeträger keine Vereinbarungen über eine Hilfsmittelausstattung trifft, kann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen. Bei der Beigeladenen zu 2. werden im Wohnheim S. in N. Menschen betreut, die überwiegend sowohl geistig als auch körperlich behindert sind. Dabei handelt es sich, wie der Fall des Klägers ergibt, auch um schwerer Körperbehinderte und Rollstuhlpflichtige. Werden schwer körperbehinderte, rollstuhlpflichtige Personen gepflegt, dann stellt es nach Auffassung des Gerichts eine Selbstverständlichkeit dar, dass entsprechende pflegeerleichternde Hilfsmittel im Heim zur Verfügung stehen. Dazu gehören höhenverstellbare Pflegebetten ebenso wie eine entsprechende Einrichtung von Bädern und Toiletten.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Berufung ist zulässig, da sich die Kosten für die Selbstbeschaffung eines Pflegebettes auf mehr als 500 EUR belaufen würden.
Rechtskraft
Aus
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