Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 114/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 269/05
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die 52 Jahre alte, als Krankenschwester beschäftigte Klägerin stellte im Mai 1997 den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und Gewährung von Entschädigungsleistungen.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 23.02.1999 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie durch Bescheid vom 20.02.2001 zurück. Es war ihr Technischer Aufsichtsdienst vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die geltend gemachte BK ausgegangen. Die von ihr eingeschalteten Gutachter, Privat-Dozent E und Privat Dozent L/Frau I, hatten jedoch die haftungsbegründende Kausalität verneint, weil es an belastungstypischen Verschleißerscheinungen im Sinne eines beruflich bedingten Bandsscheibenschadens fehle. Das Sozialgericht Düsseldorf (S 00 U 00/00) wies die am 09.03.2001 erhobene Klage auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden X in S ab, weil dieser ebenfalls kein belastungskonformes Krankheitsbild an der Wirbelsäule der Klägerin nachweisen konnte.
Die beim 15. Senat des Landessozialgerichts (L 00 U 0/00) eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück, nachdem der nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Sachverständige P in S in seinem Gutachten vom 18.01.2004 ebenfalls einen sich über mehrere Segmente der Lendenwirbelsäule erstreckende belastungsuntypische bandscheibenbedingte Veränderungen beschrieben und der Senat in der Sitzung vom 18.01.2005 nach Zwischenberatung darauf hingewiesen hatte, dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht in Betracht komme, weil sie die gefährende Tätigkeit noch nicht vollständig aufgegeben habe und die übrigen Voraussetzungen der BK nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelhaft seien. Der zuständige Berichterstatter beschloss am 15.02.2005, die durch die Einholung des Gutachtens angefallenen Kosten auf die Landeskasse zu übernehmen, weil es einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts geleistet habe.
Mit Schreiben vom 05.04.2005 beantragten die für die Klägerin im Prozess aufgetretenen Vertreter bei der Beklagten die Einleitung eines Zugunstenverfahrens im Hinblick darauf, dass M, Facharzt für Arbeitsmedizin, Allergologie und Umweltmedizin mit Schwerpunkt Humantoxikologie der Klägerin am 22.03.2005 einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang der beruflichen Belastung und der Erkrankung des Stütz- und Bewegungsappartes für den Erwerb einer BK nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV bescheinigt hatte.
Durch Bescheid vom 21.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie war der Auffassung, dass der Bescheinigung des Humantoxikologen keine neuen entscheidungserheblichenErkenntnisse zu entnehmen sei. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Bescheid vom 12.07.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.07.2005 erhobene Klage.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2005 zu verurteilen, im Wege des Zugunstenbescheides eine BK nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und insbesondere in Form einer Verletztenrente sowie gegebenenfalls von Übergangsleistungen zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 11.08.2005 darauf hingewiesen, entschlossen zu sein, durch Gerichtsbescheid auf der Grundlage der im Vorprozess eingeholten Sachverständigengutachten von X und P zu entscheiden, und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das übrige schriftsätzliche Vorbringen sowie auf den sonstigen Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Geschäftszeichen: 00-00-T 000000 G – verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht war befugt, nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verfahren, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind, wie die Beklagte unter Hinweis auf einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt hat, nicht gegeben, weil keine neuen Tatsachen vorgetragen sind, welche zu einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des bindend gewordenen Bescheides vom 23.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 Veranlassung gäben. Abgesehen davon kann es entgegen der Auffassung des Senats für einen Zahlungsanspruch der Klägerin dahinstehen, ob die Klägerin ihre Tätigkeit als Krankenschwester noch ausübte oder nicht. Die Zahlung einer Verletztenrente würde an der fehlenden haftungsausfüllenden Kausalität scheitern, die Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 BKV wiederum käme nicht in Betracht, weil eine konkrete Gefahr für das Auftreten einer BK selbst im Falle der Fortsetzung der Tätigkeit – welche die Klägerin länger als 30 Jahre ausgeübt hat, ohne dass es zu Belastungssschäden im Sinne der Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV gekommen ist – nicht bestehen würde.
Von den Bevollmächtigten der Klägerin wird der Anwendungsbereich von § 44 SGB X völlig verkannt, was der Umstand zeigt, dass sie fast schon gewohnheitsmäßig nach negativem Ausgang von Berufungsverfahren – gleichgültig, ob diese durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossen werden oder ihr Ende durch Rücknahme des eingelegten Rechtsmittels finden – den Antrag auf Berichtigung der nunmehr bindend gewordenen Bescheide gemäß § 44 SGB X stellen. Möglicherweise sehen sie sich in ihrem Handeln dadurch bestärkt, dass es ihnen in zweiter Instanz – glücklicherweise nicht bei jedem Senat – immer häufiger gelingt, gerichtliche Vergleiche zustande zu bringen, die auf eine nochmalige Überprüfung der Sach- und Rechtslage unter Außerkaftsetzung aller vorhergehenden Entscheidungen hinauslaufen. Zugunstenverfahren sind jedoch weder dafür vorgesehen, beim Landessozialgericht ausgebliebene Sachentscheidungen unter Würdigung der dort durchgeführten Ermittlungen und Beweiserhebungen nachzuholen, noch dazu gedacht, dem Revisionsgericht vorbehaltene Korrekturen von zweitinstanzlichen Urteilen wegen geltend gemachter Verfahrensfehler vorzunehmen. Sicherlich erfordert die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde einen größeren Arbeitsaufwand in Form einer eingehenden rechtlichen Prüfung, ob die – engen – prozessualen Voraussetzungen für die Einlegung dieses Rechtsmittels erfüllt sind. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Versicherungsträger und der Sozialgerichte, die so schon genug zu tun haben, Entscheidungen zu fällen, die eigentlich den Berufungsgerichten oder dem Revisionsgericht oblägen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die 52 Jahre alte, als Krankenschwester beschäftigte Klägerin stellte im Mai 1997 den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und Gewährung von Entschädigungsleistungen.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 23.02.1999 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie durch Bescheid vom 20.02.2001 zurück. Es war ihr Technischer Aufsichtsdienst vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die geltend gemachte BK ausgegangen. Die von ihr eingeschalteten Gutachter, Privat-Dozent E und Privat Dozent L/Frau I, hatten jedoch die haftungsbegründende Kausalität verneint, weil es an belastungstypischen Verschleißerscheinungen im Sinne eines beruflich bedingten Bandsscheibenschadens fehle. Das Sozialgericht Düsseldorf (S 00 U 00/00) wies die am 09.03.2001 erhobene Klage auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden X in S ab, weil dieser ebenfalls kein belastungskonformes Krankheitsbild an der Wirbelsäule der Klägerin nachweisen konnte.
Die beim 15. Senat des Landessozialgerichts (L 00 U 0/00) eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück, nachdem der nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Sachverständige P in S in seinem Gutachten vom 18.01.2004 ebenfalls einen sich über mehrere Segmente der Lendenwirbelsäule erstreckende belastungsuntypische bandscheibenbedingte Veränderungen beschrieben und der Senat in der Sitzung vom 18.01.2005 nach Zwischenberatung darauf hingewiesen hatte, dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht in Betracht komme, weil sie die gefährende Tätigkeit noch nicht vollständig aufgegeben habe und die übrigen Voraussetzungen der BK nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelhaft seien. Der zuständige Berichterstatter beschloss am 15.02.2005, die durch die Einholung des Gutachtens angefallenen Kosten auf die Landeskasse zu übernehmen, weil es einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts geleistet habe.
Mit Schreiben vom 05.04.2005 beantragten die für die Klägerin im Prozess aufgetretenen Vertreter bei der Beklagten die Einleitung eines Zugunstenverfahrens im Hinblick darauf, dass M, Facharzt für Arbeitsmedizin, Allergologie und Umweltmedizin mit Schwerpunkt Humantoxikologie der Klägerin am 22.03.2005 einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang der beruflichen Belastung und der Erkrankung des Stütz- und Bewegungsappartes für den Erwerb einer BK nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV bescheinigt hatte.
Durch Bescheid vom 21.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie war der Auffassung, dass der Bescheinigung des Humantoxikologen keine neuen entscheidungserheblichenErkenntnisse zu entnehmen sei. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Bescheid vom 12.07.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.07.2005 erhobene Klage.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2005 zu verurteilen, im Wege des Zugunstenbescheides eine BK nach Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und insbesondere in Form einer Verletztenrente sowie gegebenenfalls von Übergangsleistungen zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 11.08.2005 darauf hingewiesen, entschlossen zu sein, durch Gerichtsbescheid auf der Grundlage der im Vorprozess eingeholten Sachverständigengutachten von X und P zu entscheiden, und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das übrige schriftsätzliche Vorbringen sowie auf den sonstigen Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Geschäftszeichen: 00-00-T 000000 G – verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht war befugt, nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verfahren, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind, wie die Beklagte unter Hinweis auf einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt hat, nicht gegeben, weil keine neuen Tatsachen vorgetragen sind, welche zu einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des bindend gewordenen Bescheides vom 23.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001 Veranlassung gäben. Abgesehen davon kann es entgegen der Auffassung des Senats für einen Zahlungsanspruch der Klägerin dahinstehen, ob die Klägerin ihre Tätigkeit als Krankenschwester noch ausübte oder nicht. Die Zahlung einer Verletztenrente würde an der fehlenden haftungsausfüllenden Kausalität scheitern, die Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 BKV wiederum käme nicht in Betracht, weil eine konkrete Gefahr für das Auftreten einer BK selbst im Falle der Fortsetzung der Tätigkeit – welche die Klägerin länger als 30 Jahre ausgeübt hat, ohne dass es zu Belastungssschäden im Sinne der Ziffer 2108 der Anlage 1 zur BKV gekommen ist – nicht bestehen würde.
Von den Bevollmächtigten der Klägerin wird der Anwendungsbereich von § 44 SGB X völlig verkannt, was der Umstand zeigt, dass sie fast schon gewohnheitsmäßig nach negativem Ausgang von Berufungsverfahren – gleichgültig, ob diese durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossen werden oder ihr Ende durch Rücknahme des eingelegten Rechtsmittels finden – den Antrag auf Berichtigung der nunmehr bindend gewordenen Bescheide gemäß § 44 SGB X stellen. Möglicherweise sehen sie sich in ihrem Handeln dadurch bestärkt, dass es ihnen in zweiter Instanz – glücklicherweise nicht bei jedem Senat – immer häufiger gelingt, gerichtliche Vergleiche zustande zu bringen, die auf eine nochmalige Überprüfung der Sach- und Rechtslage unter Außerkaftsetzung aller vorhergehenden Entscheidungen hinauslaufen. Zugunstenverfahren sind jedoch weder dafür vorgesehen, beim Landessozialgericht ausgebliebene Sachentscheidungen unter Würdigung der dort durchgeführten Ermittlungen und Beweiserhebungen nachzuholen, noch dazu gedacht, dem Revisionsgericht vorbehaltene Korrekturen von zweitinstanzlichen Urteilen wegen geltend gemachter Verfahrensfehler vorzunehmen. Sicherlich erfordert die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde einen größeren Arbeitsaufwand in Form einer eingehenden rechtlichen Prüfung, ob die – engen – prozessualen Voraussetzungen für die Einlegung dieses Rechtsmittels erfüllt sind. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Versicherungsträger und der Sozialgerichte, die so schon genug zu tun haben, Entscheidungen zu fällen, die eigentlich den Berufungsgerichten oder dem Revisionsgericht oblägen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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