Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 8 KA 224/00 Mz
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KA 37/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ebenso wie eine rückwirkende Entziehung der Zulassung zum Vertragsarzt ist auch eine rückwirkende Entziehung der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig.
1. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 8.11.2001 sowie der Bescheid des Beklagten vom 16.2.2000 aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten des Klägers in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgten Rücknahme der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger.
Der Kläger, Facharzt für Radiologie, betrieb bis zu seinem Zulassungsverzicht im Jahr 2000 zusammen mit (wechselnden) anderen Ärzten eine Gemeinschaftspraxis. Mit Beschluss vom 13.5.1991 erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte für den Regierungsbezirk Koblenz dem Beigeladenen zu 8) die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in Koblenz. Mit Beschluss vom gleichen Tag entsprach der Zulassungsausschuss dem Antrag des Klägers und des Beigeladenen zu 8) sowie der Ärzte für Radiologie Dr P und Dr L auf Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis ab dem 14.5.1991. Zum 31.3.1992 schied der Beigeladene zu 8) aus der Gemeinschaftspraxis aus und verzichtete auf seine Zulassung sowie auf seine Beteiligung an der Gemeinschaftspraxis (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 26.3.1992).
Mit Schreiben vom 28.10.1999 beantragte die Beigeladene zu 1) beim Zulassungsausschuss, die Zulassung des Beigeladenen zu 8) und die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis rückwirkend zurückzunehmen. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 8) habe während seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis nur den Status eines angestellten Arztes gehabt, wie sich aus in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sichergestellten Unterlagen ergebe.
Durch Beschlüsse vom 6.12.1999 nahm der Zulassungsausschuss die Zulassung des Beigeladenen zu 8) zum Vertragsarzt und die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung hieß es: Die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis könne nur erhalten, wer Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis sei. Die Abgrenzung zum freien Mitarbeiter bzw zum angestellten Arzt, die beide nicht Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis sein könnten, könne nur anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Einzelheiten der vertraglichen Regelung vorgenommen werden. Als Beurteilungsgrundlage greife er, der Zulassungsausschuss, auf eine Ausarbeitung der Bundesärztekammer (veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt vom 26.4.1990, Heft 17, S 40 f) zurück. Aus den zwischen den beteiligten Ärzten im vorliegenden Fall getroffenen Vereinbarungen ergebe sich, dass der Beigeladene zu 8) zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis, sondern als Arbeitnehmer tätig gewesen sei. Darüber hinaus sei er weder am Praxisvermögen noch am Good-will beteiligt gewesen; ein Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben habe nicht bestanden und im Innenverhältnis sei die Freistellung von allen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten erfolgt; schließlich seien wie bei einem Arbeitnehmer "als Gewinnbeteiligung" ein fester Betrag von 15.000 DM monatlich sowie eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ein dreißigtätiger Erholungsurlaub vereinbart worden. Auf Vertrauen in den Bestand des Beschlusses über die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis könne sich der Kläger nicht berufen (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X), da sich die Vertragspartner von Beginn an bewusst gewesen seien, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 8) nicht erfüllt gewesen seien. Ein wichtiges Indiz für diese Schlussfolgerung sei der Umstand, dass der Beigeladene zu 8) unmittelbar nach seiner Zulassung in den Vertragsarztstempel der Gemeinschaftspraxis aufgenommen worden sei; damit habe offenbar im Rechtsverkehr der Anschein einer ordnungsgemäßen Aufnahme in die Gemeinschaftspraxis erweckt werden sollen, obwohl dies allenfalls in ferner Zukunft beabsichtigt gewesen sei.
Mit Beschluss vom 16.2.2000 verwarf der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden Beklagter) den Widerspruch des Klägers als unzulässig, weil der Widerspruch nicht innerhalb der Monatsfrist des § 44 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) begründet worden sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen vom Kläger am 27.4.2000 erhobene Klage durch Gerichtsbescheid vom 8.11.2001 S 8 KA 224/00 (dem Kläger zugestellt am 19.12.2001) abgewiesen, weil der Beklagte den Widerspruch zu Recht wegen nicht rechtzeitiger Widerspruchsbegründung als unzulässig verworfen habe. Der Senat hat die hiergegen vom Kläger am 31.12.2001 eingelegte Berufung durch Urteil vom 21.11.2002 zurückgewiesen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat dieses Urteil mit Urteil vom 23.2.2005 (B 6 KA 70/03) aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Widerspruch des Klägers sei nicht wegen der Versäumung der einmonatigen Frist zur Angabe von Gründen unzulässig gewesen, weil bei verfassungskonformer Auslegung des § 44 Satz 1 Ärzte ZV für den nicht zum Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Kläger die Angabe von Gründen innerhalb eines Monats nicht zumutbar gewesen sei.
Der Kläger trägt vor: Nach seiner Auffassung sei die rückwirkende Entziehung einer Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig gewesen. Da eine Entziehung der Zulassung als Vertragsarzt nur für die Zukunft zulässig sei, wie aus § 95 Abs 6 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) hervorgehe, habe zwangsläufig auch die gleichzeitig mit der Zulassung erteilte Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht rückwirkend aufgehoben werden dürfen. Dieses Ergebnis folge auch aus der Rechtsnatur vertragsärztlicher Genehmigungen. Diese könnten nur konstitutiv, nicht aber rückwirkend ausgesprochen werden. Daraus folge im Umkehrschluss, dass auch eine rückwirkende Aufhebung der Genehmigung nicht zulässig sei. Aber selbst wenn § 45 SGB X grundsätzlich anwendbar wäre, sei der angefochtene Beschluss rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs 4 iVm Abs 2 Satz 3 Nr 2 und 3 SGB X nicht erfüllt seien. Da der Zulassungsausschuss vor seiner Genehmigung im Jahre 1991 nicht die Vorlage des Gemeinschaftspraxisvertrages verlangt habe, sei nicht ersichtlich, weshalb er, der Kläger, und die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen Punkten unrichtige Angaben gemacht und die Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben sollten. Die im Deutschen Ärzteblatt vom 26.4.1990 veröffentlichte Ausarbeitung der Bundesärztekammer stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG (Hinweis auf BAG, 15.4.1993, NJW 1993, 2458). Im Übrigen sei die Tätigkeit eines Arztes mit Kassenzulassung in einer Gemeinschaftspraxis mangels eindeutiger rechtlicher Vorgaben selbst dann vertragsarztrechtlich unbedenklich, wenn die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung einem Anstellungsvertrag sehr nahe komme (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, 13.8.2002 L 3 KA 161/02 ER).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 8.11.2001 und den Beschluss des Beklagten vom 16.2.2000 aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
zu entscheiden wie rechtens.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist begründet.
Der Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit klagebefugt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG; dazu BSG, 23.2.2005, aaO). Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 6.12.1999 ist, wie das BSG (aaO) ferner entschieden hat, nicht dadurch bindend geworden, dass der Kläger die einmonatige Begründungsfrist für den Widerspruch nicht eingehalten hat.
Die im vorliegenden Rechtsstreit angefochtene Rücknahme der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis mit Wirkung für die Vergangenheit erweist sich als rechtswidrig. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (Urt v 15.5.2003 L 5 KA 4/02) fest, dass eine solche Rücknahme für die Vergangenheit nicht zulässig ist. Die Rechtslage ist insoweit im Ergebnis nicht anders als bei der rückwirkenden Rücknahme der Zulassung zum Vertragsarzt.
Ebenso wie die rückwirkende Entziehung der Zulassung zum Vertragsarzt (vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Sache L 5 KA 36/05) ist auch eine rückwirkende Entziehung der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig (Urt des Senats vom 15.5.2003, aaO). Insoweit gibt es zwar keine gesetzliche Spezialregelung wie § 95 Abs 6 SGB V, welche die Anwendung des § 45 SGB X von vornherein ausschließt. Die rechtliche Beurteilung kann aber im Ergebnis nicht anders sein. Eine rückwirkende Entziehung der Genehmigung scheidet wegen des Statuscharakters der Genehmigung und als actus contrarius der Entziehung derselben aus (Spoerr/Fenner, aaO, 111).
Obwohl der beklagte Berufungsausschuss selbst nicht in der Sache entschieden hat, sondern den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses als unzulässig verworfen hat, ist im gerichtlichen Verfahren allein der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aufzuheben. Denn nur dessen Bescheid ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (BSG 27.1.1993 6 RKa 40/91, juris Rn. 20; BSG 22.6.1994 6 RKa 21/92 juris Rn. 16). Hebt das Gericht den Bescheid des Berufungsausschusses auf, ist, wenn eine Neubescheidung erforderlich ist, allein der Berufungsausschuss und nicht der Zulassungsausschuss zur Neubescheidung zu verpflichten (BSG 27.1.1993, aaO, juris Rn. 21). Ist wie hier eine Neubescheidung nicht erforderlich, so führt die Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses nicht zu einer Wiederherstellung des Ausgangsbescheides des Zulassungsausschusses. Dessen Entscheidung ist vielmehr in der Entscheidung des Berufungsausschusses aufgegangen (vgl. BSG 15.4.1986 6 RKa 25/84, juris 10) und lebt nach Aufhebung der Entscheidung des Berufungsausschusses nicht wieder auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG aF.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
2. Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten des Klägers in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgten Rücknahme der dem Beigeladenen zu 8) erteilten Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis mit dem Kläger.
Der Kläger, Facharzt für Radiologie, betrieb bis zu seinem Zulassungsverzicht im Jahr 2000 zusammen mit (wechselnden) anderen Ärzten eine Gemeinschaftspraxis. Mit Beschluss vom 13.5.1991 erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte für den Regierungsbezirk Koblenz dem Beigeladenen zu 8) die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in Koblenz. Mit Beschluss vom gleichen Tag entsprach der Zulassungsausschuss dem Antrag des Klägers und des Beigeladenen zu 8) sowie der Ärzte für Radiologie Dr P und Dr L auf Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis ab dem 14.5.1991. Zum 31.3.1992 schied der Beigeladene zu 8) aus der Gemeinschaftspraxis aus und verzichtete auf seine Zulassung sowie auf seine Beteiligung an der Gemeinschaftspraxis (Beschlüsse des Zulassungsausschusses vom 26.3.1992).
Mit Schreiben vom 28.10.1999 beantragte die Beigeladene zu 1) beim Zulassungsausschuss, die Zulassung des Beigeladenen zu 8) und die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis rückwirkend zurückzunehmen. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 8) habe während seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis nur den Status eines angestellten Arztes gehabt, wie sich aus in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sichergestellten Unterlagen ergebe.
Durch Beschlüsse vom 6.12.1999 nahm der Zulassungsausschuss die Zulassung des Beigeladenen zu 8) zum Vertragsarzt und die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Zur Begründung hieß es: Die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis könne nur erhalten, wer Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis sei. Die Abgrenzung zum freien Mitarbeiter bzw zum angestellten Arzt, die beide nicht Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis sein könnten, könne nur anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Einzelheiten der vertraglichen Regelung vorgenommen werden. Als Beurteilungsgrundlage greife er, der Zulassungsausschuss, auf eine Ausarbeitung der Bundesärztekammer (veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt vom 26.4.1990, Heft 17, S 40 f) zurück. Aus den zwischen den beteiligten Ärzten im vorliegenden Fall getroffenen Vereinbarungen ergebe sich, dass der Beigeladene zu 8) zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis, sondern als Arbeitnehmer tätig gewesen sei. Darüber hinaus sei er weder am Praxisvermögen noch am Good-will beteiligt gewesen; ein Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben habe nicht bestanden und im Innenverhältnis sei die Freistellung von allen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten erfolgt; schließlich seien wie bei einem Arbeitnehmer "als Gewinnbeteiligung" ein fester Betrag von 15.000 DM monatlich sowie eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ein dreißigtätiger Erholungsurlaub vereinbart worden. Auf Vertrauen in den Bestand des Beschlusses über die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis könne sich der Kläger nicht berufen (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X), da sich die Vertragspartner von Beginn an bewusst gewesen seien, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 8) nicht erfüllt gewesen seien. Ein wichtiges Indiz für diese Schlussfolgerung sei der Umstand, dass der Beigeladene zu 8) unmittelbar nach seiner Zulassung in den Vertragsarztstempel der Gemeinschaftspraxis aufgenommen worden sei; damit habe offenbar im Rechtsverkehr der Anschein einer ordnungsgemäßen Aufnahme in die Gemeinschaftspraxis erweckt werden sollen, obwohl dies allenfalls in ferner Zukunft beabsichtigt gewesen sei.
Mit Beschluss vom 16.2.2000 verwarf der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden Beklagter) den Widerspruch des Klägers als unzulässig, weil der Widerspruch nicht innerhalb der Monatsfrist des § 44 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) begründet worden sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen vom Kläger am 27.4.2000 erhobene Klage durch Gerichtsbescheid vom 8.11.2001 S 8 KA 224/00 (dem Kläger zugestellt am 19.12.2001) abgewiesen, weil der Beklagte den Widerspruch zu Recht wegen nicht rechtzeitiger Widerspruchsbegründung als unzulässig verworfen habe. Der Senat hat die hiergegen vom Kläger am 31.12.2001 eingelegte Berufung durch Urteil vom 21.11.2002 zurückgewiesen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat dieses Urteil mit Urteil vom 23.2.2005 (B 6 KA 70/03) aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Widerspruch des Klägers sei nicht wegen der Versäumung der einmonatigen Frist zur Angabe von Gründen unzulässig gewesen, weil bei verfassungskonformer Auslegung des § 44 Satz 1 Ärzte ZV für den nicht zum Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Kläger die Angabe von Gründen innerhalb eines Monats nicht zumutbar gewesen sei.
Der Kläger trägt vor: Nach seiner Auffassung sei die rückwirkende Entziehung einer Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig gewesen. Da eine Entziehung der Zulassung als Vertragsarzt nur für die Zukunft zulässig sei, wie aus § 95 Abs 6 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) hervorgehe, habe zwangsläufig auch die gleichzeitig mit der Zulassung erteilte Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht rückwirkend aufgehoben werden dürfen. Dieses Ergebnis folge auch aus der Rechtsnatur vertragsärztlicher Genehmigungen. Diese könnten nur konstitutiv, nicht aber rückwirkend ausgesprochen werden. Daraus folge im Umkehrschluss, dass auch eine rückwirkende Aufhebung der Genehmigung nicht zulässig sei. Aber selbst wenn § 45 SGB X grundsätzlich anwendbar wäre, sei der angefochtene Beschluss rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs 4 iVm Abs 2 Satz 3 Nr 2 und 3 SGB X nicht erfüllt seien. Da der Zulassungsausschuss vor seiner Genehmigung im Jahre 1991 nicht die Vorlage des Gemeinschaftspraxisvertrages verlangt habe, sei nicht ersichtlich, weshalb er, der Kläger, und die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlichen Punkten unrichtige Angaben gemacht und die Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben sollten. Die im Deutschen Ärzteblatt vom 26.4.1990 veröffentlichte Ausarbeitung der Bundesärztekammer stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts BAG (Hinweis auf BAG, 15.4.1993, NJW 1993, 2458). Im Übrigen sei die Tätigkeit eines Arztes mit Kassenzulassung in einer Gemeinschaftspraxis mangels eindeutiger rechtlicher Vorgaben selbst dann vertragsarztrechtlich unbedenklich, wenn die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung einem Anstellungsvertrag sehr nahe komme (Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, 13.8.2002 L 3 KA 161/02 ER).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 8.11.2001 und den Beschluss des Beklagten vom 16.2.2000 aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
zu entscheiden wie rechtens.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz SGG zulässige Berufung ist begründet.
Der Kläger ist im vorliegenden Rechtsstreit klagebefugt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG; dazu BSG, 23.2.2005, aaO). Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 6.12.1999 ist, wie das BSG (aaO) ferner entschieden hat, nicht dadurch bindend geworden, dass der Kläger die einmonatige Begründungsfrist für den Widerspruch nicht eingehalten hat.
Die im vorliegenden Rechtsstreit angefochtene Rücknahme der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis mit Wirkung für die Vergangenheit erweist sich als rechtswidrig. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung (Urt v 15.5.2003 L 5 KA 4/02) fest, dass eine solche Rücknahme für die Vergangenheit nicht zulässig ist. Die Rechtslage ist insoweit im Ergebnis nicht anders als bei der rückwirkenden Rücknahme der Zulassung zum Vertragsarzt.
Ebenso wie die rückwirkende Entziehung der Zulassung zum Vertragsarzt (vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag in der Sache L 5 KA 36/05) ist auch eine rückwirkende Entziehung der Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis nicht zulässig (Urt des Senats vom 15.5.2003, aaO). Insoweit gibt es zwar keine gesetzliche Spezialregelung wie § 95 Abs 6 SGB V, welche die Anwendung des § 45 SGB X von vornherein ausschließt. Die rechtliche Beurteilung kann aber im Ergebnis nicht anders sein. Eine rückwirkende Entziehung der Genehmigung scheidet wegen des Statuscharakters der Genehmigung und als actus contrarius der Entziehung derselben aus (Spoerr/Fenner, aaO, 111).
Obwohl der beklagte Berufungsausschuss selbst nicht in der Sache entschieden hat, sondern den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses als unzulässig verworfen hat, ist im gerichtlichen Verfahren allein der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aufzuheben. Denn nur dessen Bescheid ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (BSG 27.1.1993 6 RKa 40/91, juris Rn. 20; BSG 22.6.1994 6 RKa 21/92 juris Rn. 16). Hebt das Gericht den Bescheid des Berufungsausschusses auf, ist, wenn eine Neubescheidung erforderlich ist, allein der Berufungsausschuss und nicht der Zulassungsausschuss zur Neubescheidung zu verpflichten (BSG 27.1.1993, aaO, juris Rn. 21). Ist wie hier eine Neubescheidung nicht erforderlich, so führt die Aufhebung des Bescheides des Beschwerdeausschusses nicht zu einer Wiederherstellung des Ausgangsbescheides des Zulassungsausschusses. Dessen Entscheidung ist vielmehr in der Entscheidung des Berufungsausschusses aufgegangen (vgl. BSG 15.4.1986 6 RKa 25/84, juris 10) und lebt nach Aufhebung der Entscheidung des Berufungsausschusses nicht wieder auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG aF.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
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