L 2 U 69/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 16/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 69/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine besondere psychische Anspannung kann dadurch eintreten, dass ein Versicherter (Beschäftigter eines Forschungsinstitutes) fünf bis zehn Minuten vor einer Fachtagung erfährt, dass er - weil der Referent nicht erschienen ist - aus dem Stehgreif und ohne untersetzende Materialien einen Vortrag vor einem sachkundigen Publikum - in dem Vertreter von Fachverbänden saßen, die über die künftige Vergabe von Fördermitteln an Forschungsinstitute entscheiden - halten musste.
2. Die besondere psychische Anspannung ist wesentliche Ursache des unmittelbar nach dem Vortrag erlittenen Hirnschlags.
3. Zur MdE-Bewertung nach einem Hirnschlag
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17.04.2003 dahingehend abgeändert, dass die Rente ab 22.07.1999 zu gewähren ist. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger am 21.01.1998 einen Arbeitsunfall erlitten hat und ihm deshalb eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Der am ...1938 geborene Kläger war ausweislich seiner Sozialversicherungsaus-weise vom 01.10.1985 bis 03.10.1985 und vom 08.10.1985 bis 25.10.1985 wegen essen-tiellen Bluthochdrucks (Diagnose-Nr. 401) arbeitsunfähig geschrieben. Nach den Stellung-nahmen der Techniker Krankenkasse (TKK) vom 05.03.1998 und 21.02.2000 bestand vom 10.11.1992 bis 20.11.1992 wegen hypertoner Dysregulation Arbeitsunfähigkeit.

Ausweislich der Krankenunterlagen der behandelnden Allgemeinmedizinerin Elefant wur-den beim Kläger folgende Blutdruckwerte gemessen: 23.01.1992 180/120 mm Hg; 30.01.1992 170/120 mm Hg; 02.02.1992, 7.30 Uhr, 165/120 mm Hg, 17.00 Uhr, 170/110 mm Hg; 13.02.1992 160/95 mm Hg; 20.02.1992 175/115 mm Hg; 27.02.1992 150/90 mm Hg; 18.03.1992 150/90 mm Hg; 26.03.1992 130/80 mm Hg; 16.04.1992 155/105 mm Hg; 30.04.1992 145/105 mm Hg; 02.06.1992 145/105 mm Hg; 11.06.1992 155/95 mm Hg; 18.06.1992 155/90 mm Hg; 08.07.1992 135/90 mm Hg; 06.08.1992 150/100 mm Hg; 27.08.1992 140/85 mm Hg; 10.09.1992 175/100 mm Hg; 17.09.1992 150/100 mm Hg; 29.10.1992 200/125 mm Hg; 02.11.1992 200/130 mm Hg; 10.11.1992 165/110 mm Hg; 11.11.1992 160/100 mm Hg; 13.11.1992 160/105 mm Hg; 17.11.1992 155/110 mm Hg; 20.11.1992 160/100 mm Hg; 07.12.1992 160/115 mm Hg; 17.12.1992 170/115 und 160/110 mm Hg; 14.01.1993 140/100 mm Hg: 28.01.1993 140/105 mm Hg; 25.02.1993 140/90 mm Hg; 25.03.1993 140/100 mm Hg; 04.04.1993 130/90 mm Hg; 22.04.1993 135/90 mm Hg; 10.05.1993 130/90 mm Hg; 07.06.1993 40/110 mm Hg; 29.07.1993 125/95 mm Hg; 02.09.1993 135/95 mm Hg; 30.11.1993 155/100 mm Hg; 21.12.1993 130/90 mm Hg; 29.04.1994 130/95 mm Hg; 22.06.1994 150/95 mm Hg; 29.09.1994 130/95 mm Hg; 08.12.1994 155/95 mm Hg; 16.01.1995 140/90 mm Hg; 16.02.1995 140/90 mm Hg; 19.06.1995 135/90 mm Hg; 10.07.1995 125/80 mm Hg; 21.12.1995 150/90 mm Hg; 11.01.1996 140/90 mm Hg; 22.01.1996 135/90 mm Hg; 12.02.1996 150/105 mm Hg; 11.03.1996 155/90 mm Hg; 15.07.1996 150/90 mm Hg; 24.10.1996 130/80 mm Hg; 13.02.1997 140/90 mm Hg; 05.06.1997 145/85 mm Hg; 19.06.1997 140/90 mm Hg; 03.07.1997 130/80 mm Hg; 24.07.1997 140/90 mm Hg; 25.09.1997 130/90 mm Hg; 23.10.1997 140/90 mm Hg.

Nach den Unterlagen des Universitätsklinikums C ..., Medizinische Klinik I, lag am 25.03.1997 ein Blutdruck von 140/55 mm Hg vor. Bei der Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse des Freistaates Sachsen am 21.12.1998 wurde ein Blutdruck von 120/80 mm Hg gemessen.

Der Kläger war als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Werkstoffeinsatz beim Institut für K ... D ... GmbH beschäftigt. Er war ausweislich der Stellungnahme seines Arbeit-gebers vom 14.02.2000 für die Betreuung von Forschungsaufgaben und Untersuchungen in den Laboratorien des Institutes, die Begehung von Objekten mit Korrosionsschutzproble-men, Besprechungen und Beratungen von Unternehmen mit Korrosionsschutzproblemen und die Ausarbeitung von Gutachten zu Objekten und Konstruktionsteilen mit Korrosions-schutzproblemen zuständig. Seine Stärken lagen in allen Aufgaben, die mit praktischen Problemen des Korrosionsschutzes zu tun hatten. Auch hatte er Vorträge in verschiedenen Gremien zu halten, wobei diese Aufgabe eine untergeordnete Rolle spielte. Bei Vorträgen waren in der Regel Termin, Thema und Zuhörerkreis genau und lange vorher bekannt. Auch hielt er Vorträge mit Wiederholungscharakter und Vorlesungen über korrosions-schutzgerechtes Konstruieren. Sehr selten waren einmalig zu haltende Vorträge. Nach der genannten Stellungnahme seines Arbeitsgebers bestanden keine Anzeichen für eine Min-derbelastbarkeit. Der Kläger sei bei seiner Beratungstätigkeit, den Objektbegehungen und Begutachtungen sehr erfahren und belastbar gewesen. Er sei vom Institut zu Objekten, Be-sprechungen und Veranstaltungen geschickt worden, die seiner Ausbildung und seiner großen praktischen Erfahrung entsprochen hätten. Den diesbezüglichen Anforderungen sei er stets gewachsen gewesen.

Auf Einladung der Studiengesellschaft Stahlanwendung e.V. D ... nahm er am 21.01.1998 als Vertreter seines Arbeitgebers an einer gemeinsamen Sitzung zweier pro-jektbegleitender Arbeitskreise zu Projekten der Studiengesellschaft Stahlanwendung (Ar-beitskreise P 227 und P 254) in D ... teil. Bezüglich des Projektes P 227 war das Institut für K ... D ... GmbH als Unterauftragnehmer der Audi AG eingesetzt. Es war vor-gesehen, dass ein Vertreter der Audi AG und ein Vertreter der ThyssenKrupp Stahl AG über deren Aufgabengebiete und die Ergebnisse eines Projektes referieren sollten. Nach-dem beide nicht zur Sitzung erschienen waren, wurde dem Kläger ca. 5 bis 10 Minuten vor Beginn der Tagung mitgeteilt, dass er die aus dem Projekt resultierenden Erkenntnisse al-leine vortragen müsse. Unmittelbar nach seiner Berichterstattung erblasste er und brach zusammen.

Er wurde sofort in die Städtischen Kliniken D ..., Neurologische Klinik, eingewiesen, in der er sich bis zum 23.01.1998 befand. Hier wurde eine Stammganglienblutung links mit Einbruch in den linken Seitenventrikel bei vorbestehender arterieller Hypertonie diagnosti-ziert. Der Blutdruck betrug 180/120 mm Hg. Hiernach wurde der Kläger in das Diakonis-senkrankenhaus D ... verlegt. Der gemessene Blutdruck lag bei 150/80 mm Hg. Vom 12.02.1998 bis 06.04.1998 befand sich der Kläger in der Rehabilitationsklinik S ... Hier wurde ein Blutdruck von 150/80 mm Hg gemessen. Seit dem 20.05.1998 bezieht der Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der Neurologe, Psychiater und Internist Priv.-Doz. Dr. R1 ... nahm am 19.05.1998 bera-tungsärztlich nach Aktenlage Stellung. Bei dem 60-jährigen Kläger sei seit 1985 eine arte-rielle Hypertonie bekannt. Zudem bestehe seit Anfang der 90er Jahre eine hypertensive Herzkrankheit. Am 21.01.1998 sei es zu einer hypertonisch-arteriosklerotischen Massen-blutung gekommen. Typisch sei der plötzliche Beginn und das meist schwere klinische Bild, das durch die raumfordernde Blutmenge hervorgerufen werde. Der erhöhte Blut-druck, der beim Kläger seit Jahren bekannt gewesen sei, spiele eine doppelte Rolle. Erstens sei er langfristig an der Entstehung der Gefäßwandveränderungen beteiligt und zweitens krisenhaft am Zustandekommen der Rhexisblutung. Eine Stammganglienblutung, wie sie beim Kläger eingetreten sei, trete gewöhnlich aus dem Wohlbefinden heraus auf. Exzesse verschiedenster Art und starke Affekte wirkten manchmal als auslösende Faktoren. Das auslösende Moment spiele in jedem Fall eine untergeordnete Rolle. Es sei beliebig aus-tauschbar. Keinesfalls sei es rechtlich wesentlich. Der am 21.01.1998 aufgetretene maxi-male Stress beim Kläger sei für dessen berufliche Tätigkeit üblich. Er stelle keine besonde-re betriebliche Gefahr dar. Selbst wenn das Ereignis vom Kläger als außergewöhnlich er-lebt wurde, als nahezu vitale Bedrohung, und es bei ihm Blutdruckspitzen verursacht habe, könne es zwar als auslösend für eine richtunggebende Verschlimmerung des Grundleidens angesehen werden, es handle sich dabei aber keinesfalls um ein rechtlich wesentliches Er-eignis, weil es durch alltägliche Ereignisse beliebig austauschbar sei.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.1998 die Gewährung von Leistun-gen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 21.01.1998 ab. Am 21.01.1998 habe der Kläger keinen Unfall, der mit hinreichender Wahrscheinlich-keit geeignet gewesen wäre, den Schlaganfall zu verursachen, erlitten. Sie stützte sich diesbezüglich auf die Stellungnahme von Priv.-Doz. Dr. R1 ... Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Beschwerden in Form von krisenhaften Blutdruckveränderungen mit der nachfolgenden Stammganglienblutung auf die bereits vorbestehende, nachgewiesene unfallunabhängige Blutdruckerkrankung des Klägers zurückzuführen und nicht Folge des Ereignisses vom 21.01.1998 sei. Dem Arbeitsvorgang am 21.01.1998 komme lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zu. Das bedeute, dass es zur selben Zeit, in demsel-ben Umfang und bei jedem ähnlichen Anlass oder ohne Veranlassung zu einer derartigen Schädigung hätte kommen können. Mangels rechtserheblicher Ursächlichkeit eines äuße-ren Ereignisses seien somit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu erbringen.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er sei während der Teilnahme an der Veranstaltung am 21.01.1998 einer besonders starken psychischen als auch physischen Anspannung und einer dadurch bedingten besonderen Stresssituation ausgesetzt gewesen. Es habe sich an diesem Tag ein großes Kollegium von Spitzenfachleuten zu einer Fachta-gung zusammengefunden. Die Anwesenheit des Klägers sei lediglich in unterstützender Funktion gedacht gewesen. Er habe keinen Vortrag halten sollen. 5 bis 10 Minuten vor Beginn der Tagung sei man an den Kläger herangetreten und habe ihm mitgeteilt, dass ein entsprechender Abschlussbericht aufgrund des Nichtantritts eines Tagungsbeteiligten nicht gehalten werden könne. Der Kläger sei gebeten worden, über das von einem anderen Ta-gungsteilnehmer vorbereitete Thema ein Referat zu halten. Er sei darauf weder vorbereitet gewesen noch habe er über entsprechende Materialien verfügt. Dies habe den Schlaganfall wesentlich verursacht.

Auf Veranlassung der Beklagten gab der Neurologe und Psychiater Dr. B1 ... am 24.10.1998 eine Stellungnahme nach Aktenlage ab. Beim Kläger habe bereits vor dem Schlaganfall ein Bluthochdruck, der einen Risikofaktor für einen Schlaganfall darstelle, vorgelegen. Zudem habe der Kläger an einer hypertensiven Herzkrankheit gelitten. Er sei übergewichtig gewesen. Das Gehirn sei nicht Motor des Kreislaufs. An der Kreislaufdy-namik des Gehirns ändere sich im Rahmen körperlicher oder psychischer Belastungen we-nig. Es sei zwar denkbar, dass der Kläger durch die überraschende Mitteilung, er müsse den Vortrag halten, einen Blutdruckanstieg erlitten habe, der bei vorgeschädigtem Hirnge-fäß letztlich zu dessen Zerreißen geführt habe. Es habe folglich eine hochgradige An-sprechbarkeit des Hirngefäßes bestanden. Auch andere Ereignisse des täglichen Lebens, wie beispielsweise Pressen beim Stuhlgang oder Ärger im Straßenverkehr, hätten vermut-lich in absehbarer Zeit ebenfalls die Hirnblutung auslösen können. Sie hätte jedoch auch absolut spontan und ohne Auslöser auftreten können.

Daraufhin wies die Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.1998 zurück.

Sein Begehren hat der Kläger mit der am 18.01.1999 zum Sozialgericht Dresden (SG) er-hobenen Klage weiter verfolgt. Bei ihm habe zwar eine Vorschädigung vorgelegen, sein Blutdruck sei jedoch gut eingestellt gewesen. Bei ihm habe seit 1992 ein Bluthochdruck bestanden. Bis 1998 sei ein Schlaganfall nicht eingetreten. Dies spreche dagegen, dass ein solcher – ohne die psychische Anspannung am 21.01.1998 – bei Belastungen des alltägli-chen Lebens eingetreten wäre.

Auf Veranlassung des SG hat Prof. Dr. K1 ..., Universitätsklinik C ..., Klinik und Poliklinik für Neurologie, am 18.12.2000 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers gefertigt. Er hat einen Blutdruck von 131/85 mm Hg gemessen. Der Kläger habe am 21.01.1998 unmittelbar nach dem Halten eines überraschend zu übernehmenden Vortrages eine Halbseitenlähmung rechts, mit passageren Bewusstseinsbeeinträchtigungen und Stö-rungen des Sprachverständnisses bzw. der Sprache erlitten. Als Ursache für die Krank-heitssymptomatik habe eine linkshirnige Blutung, die operativ behandelt werden musste, festgestellt werden können. Vor dem Ereignis vom 21.01.1998 habe beim Kläger keine Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet vorgelegen. Er sei vom Arbeitgeber als voll leistungsfähig beurteilt worden. Wegen Bluthochdrucks habe er seit seinem 48./50. Le-bensjahr in Behandlung gestanden. Der Blutdruck sei in den letzten Jahren unter medika-mentöser Therapie bis auf wenige Ausnahmen gut ausgeglichen gewesen. Es stehe außer Frage, dass der Kläger eine Blutgefäßwandschädigung bei zunächst unbehandeltem erhöh-ten und stark schwankenden und später medikamentös auf Normwerte eingestelltem Blut-druck aufgewiesen habe. Er habe seine Arbeit jedoch in vollem Maße ohne hierdurch ver-ursachte Befindensstörungen, klinische Krankheitszeichen oder Leistungsbeeinträchtigun-gen ausgeübt. Einzig eine leichte Glaskörpereinblutung des Auges könne auf eine gefäßbe-dingte Ursache zurückgeführt werden. Die Krankenunterlagen der langjährig behandelnden Hausärztin ließen erkennen, dass beim Kläger unter Stressbedingungen der Blutdruck zum Teil einen erheblichen Anstieg aufgewiesen habe. In den Jahren 1994 bis 1997 hätten die regelmäßig gemessenen Blutdruckwerte jedoch mit wenigen Ausnahmen im Normalbe-reich gelegen. Gröbere, das Altersmaß übersteigende hirnorganische Veränderungen seien in den Schädel-CT-Aufnahmen von 1998 und den im Rahmen der Untersuchung gemach-ten – abgesehen von den Folgen des erlittenen Insults – nicht erkennbar. Es bestehe daher keine Begründung dafür, dass die medikamentöse Blutdruckeinstellung beim Kläger nicht ausreichend gut gewesen wäre. Die psychische Anspannung und der dadurch verursachte Stress am 21.01.1998 hätten zu einem Anstieg des Blutdrucks geführt und den zerebralen Insult mit- verursacht. Wäge man das Ereignis vom 21.01.1998 mit der bestehenden Scha-densanlage (erhöhter Blutdruck) ab, komme der Stressbelastung am 21.01.1998 zumindest eine gleichwertige Bedeutung hinsichtlich der Blutungsauslösung zu. Der Kläger habe ihm gegenüber sehr sachlich die besondere subjektive Anspannung vor und während des Vor-trags und die erlösende Entspannung nach Beendigung der Aufgabe beschrieben. Die un-fall-unabhängigen Faktoren, die Gefäßalterung und die Neigung zu Bluthochdruck, welche nachgewiesenerweise durch Medikamente gedrosselt worden sei, sei nicht höher anzuset-zen, als die psychische Anspannung und der Stress am Unfalltag. Derzeit betrage die Min-derung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 60 v.H. Mitte 1998 habe sie 80 v.H. betragen.

Auf Veranlassung der Beklagten hat der Neurologe und Psychiater Dr. B2 ... am 07.03.2001 ein Gutachten nach Aktenlage gefertigt. Der Vortrag vom 21.01.1998 stelle bereits keine conditio sine qua non für den erlittenen Schlaganfall dar. Unter Berücksichti-gung des Lebensalters des Klägers zum Zeitpunkt des Ereignisses sei durchaus vorstellbar, dass er den Schlaganfall auch am Vorabend der Veranstaltung, vor der Mitteilung der ge-änderten Aufgabe, als normaler Teilnehmer der Veranstaltung ohne Zusatzaufgabe, am Tag nach der Veranstaltung oder eine Woche nach der Veranstaltung hätte erleiden kön-nen. Hierfür sprächen folgende Argumente: Ein besonderer Stress am 21.01.1998 sei nicht nachgewiesen, sondern lediglich denkbar. Ebenso sei kein Nachweis für eine außerge-wöhnliche Blutdrucksteigerung erbracht. Er empfehle daher, dem Gutachten von Prof. Dr. K1 ... nicht zu folgen.

Am 02.08.2001 hat Prof. Dr. K1 ... ergänzend Stellung genommen. Das Vorliegen einer Stressreaktion mit Auswirkung auf den Bluthochdruck sei wahrscheinlicher, als die An-nahme, die zu bewältigende plötzliche, unerwartet zu übernehmende Aufgabe habe sich beim Versicherten nicht vegetativ irritierend, mit Blutdruckanstieg einhergehend ausge-wirkt. Die Blutdrucksteigerung während der Aufgabenbewältigung sei damit Folge eines außerordentlichen Ereignisses gewesen, dem bei nicht schwerwiegend vorgeschädigten Gefäßsystem und über lange Zeit gut eingestelltem Blutdruck eine wesentliche Bedeutung für die Verursachung der Hirnblutung zukomme. Auf die vorbestehende Schadensanlage wiesen besonders die sekundären, am Augenhintergrund jedoch nur mit Stadium I zu be-wertenden Gefäßveränderungen hin. Andere Normabweichungen (z. B. grenzwertig großes Herz, Adipositas) seien für die Beurteilung der Schadensanlage weniger bzw. nicht erheb-lich. Es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger ohne die besondere dienstli-che Belastung, die Stressreaktion und den Blutdruckanstieg am 21.01.1998 zu diesem Zeitpunkt die Hirnblutung erlitten hätte. Am 11.10.2002 hat er ausgeführt, der Blutdruck des Klägers sei medikamentös gut eingestellt gewesen. Von der behandelnden Hausärztin sei betont worden, dass weder eine blutdruckbedingte Gefäßerkrankung noch Zeichen ei-ner Herzerkrankung oder einer sicher pathologischen Herzerweiterung vorgelegen hätten. Daher habe kein Anlass bestanden, seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ein-zuschränken. Er sei vor dem Ereignis vom 21.01.1998 seinen beruflichen Aufgaben in vol-lem Umfang nachgekommen.

Auf Veranlassung des SG hat sich Dr.-Ing. D. W ... vom D ... O ... GmbH, der eben-falls an der Sitzung vom 21.01.1998 teilgenommen hatte, schriftlich geäußert. Am 21.01.1998 habe in den Räumen der ThyssenKrupp Stahl AG in Dortmund die gemeinsa-me Sitzung zweier projektbegleitender Arbeitskreise zu Projekten der Studiengesellschaft Stahlanwendung stattgefunden. Bei den Mitgliedern der projektbegleitenden Arbeitskreise habe es sich zum einen um Personen, die den Unternehmen oder Institutionen angehörten, die das Forschungsprojekt durchführten, und zum anderen um Personen, die als Fachleute auf dem Forschungsgebiet den Bereich der Kunden und Lieferanten vertraten, jedoch nicht zu den Projektbearbeitern zählten, sowie um Vertreter von Forschungsgesellschaften ge-handelt. Der Kläger habe zur erstgenannten Personengruppe gehört. Das Institut für K ... D ... GmbH, der Arbeitgeber des Klägers, sei Unterauftragnehmer der Audi AG gewesen, die als Projektpartner am Projekt P 227 mitgearbeitet habe. Von der Audi AG sei am 21.01.1998 kein Vertreter anwesend gewesen. Somit habe die Darstellung der aus diesem Projekt resultierenden Erkenntnisse allein beim Kläger gelegen. Er habe aus-weislich des beigefügten Protokolls am 21.01.1998 in sachkundiger Weise die Ergebnisse präsentiert und sich an der Diskussion lebhaft beteiligt. Sein Zusammenbruch sei kurze Zeit nach Beendigung seiner Beiträge erfolgt. Der von der Studienstiftung Stahlanwendung zu jedem Projekt eingerichtete projektbegleitende Arbeitskreis habe den Charakter eines Sachkundigenkreises, dessen Aufgaben in der Bewertung der von den projektdurchführen-den Stellen vorgelegten Forschungs- und Entwicklungsergebnisse und im Erarbeiten von Lösungsvorschlägen zu den bei der Projektbearbeitung auftretenden Problemstellungen lägen. Das bedeute, dass die Mitglieder des Betreuerkreises aufgefordert waren, zu den aufgetretenen Fragestellungen aus ihrer Sachkompetenz heraus spontan Antworten zu ge-ben, Bewertungen vorzunehmen und Problemlösungsvorschläge zu unterbreiten. Dies ge-schehe im Ringen um den richtigen Weg durchaus auch kontrovers von unterschiedlichen Standpunkten aus. Bei Betreuerkreismitgliedern, die dienstleistende Forschungsinstitute verträten, komme hinzu, dass die sachkompetente Teilnahme an den Fachdiskussionen häufig über die weitere Berücksichtigung bei der Vergabe von Forschungsmitteln ent-scheide. Das bedeute, dass gerade die Forschungsinstitute, die sich bei den Fachveranstal-tungen gegenüber den über die Vergabe von Forschungsprojekten und Fördermitteln ent-scheidenden Fachverbänden als besonders kompetent darstellten, die größten wirtschaftli-chen Erfolgsaussichten hätten. Daraus resultiere das Erfordernis zur Profilierung und somit ein offensichtlicher Leistungsdruck gerade bei diesen Betreuerkreismitgliedern.

Das SG hat mit Urteil vom 17.04.2003 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1998 verurteilt, dem Kläger ab 17.07.1999 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 v.H. zu gewähren. Der Kläger habe am 21.01.1998 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erlitten, als er sich bei versicherter Tä-tigkeit befunden habe. Der am 21.01.1998 vom Kläger überraschend zu haltende Vortrag habe zu einer besonderen psychischen Anspannung geführt und eine Stresssituation her-vorgerufen. Diese sei ausreichend gewesen, um die Hirnblutung auszulösen. Von Bedeu-tung hierbei sei, dass der Kläger sich plötzlich unvermutet in der Rolle des Vortragenden wieder gefunden habe. Der auf ihm lastende Leistungsdruck sei noch dadurch verstärkt worden, dass er ein dienstleistendes Forschungsinstitut vertreten musste und gewusst ha-be, dass gerade die Forschungsinstitute, die sich bei den Fachveranstaltungen als besonders kompetent darstellten, die größten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten für den Erhalt weite-rer Forschungsprojekte hatten. Diese Feststellungen, die sich aus den Angaben des Arbeit-gebers des Klägers und von Dr.-Ing. W ... vom D ... O ... ergäben, reichten aus, um eine außerordentliche Anspannung – die auch der Kläger beschrieben habe – wäh-rend des Vortrages anzunehmen, der zu einer Stresssituation geführt habe, der der Kläger gesundheitlich nicht gewachsen gewesen sei. Der psychische Stress sei folglich eine Be-dingung für die Hirnblutung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne gewesen. Ohne die Tätigkeit am Unfalltag hätte sich die Hirnblutung nach der auf das Gutachten von Prof. Dr. K1 ... gestützten Auffassung des SG wahrscheinlich nicht zum selben Zeitpunkt eingestellt. Prof. Dr. K1 ... habe für die Kammer überzeugend ausgeführt, beim Kläger habe eine Schadensanlage im Sinne einer Blutgefäßwandschädigung bei zunächst unbehandeltem erhöhten und später medikamentös auf Normalwerte eingestelltem Blutdruck vorgelegen. Diese Schadensanlage sei jedoch nicht so ausgeprägt gewesen, dass der Stressbelastung am 21.01.1998 nicht zumindest eine gleichwertige Bedeutung für die Blutungsauslösung ein-geräumt werden müsse. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der aufgetretene Schaden durch ein anderes Ereignis aus dem alltäglichen Leben zur gleichen Zeit ausgelöst worden wäre. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. K1 ... habe ab 1993 ein weitgehend normaler Blutdruck vorgelegen. Aus medizinischer Sicht habe kein Grund dafür bestanden, den Kläger in seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in seinem Aktionsradius zu begrenzen. Es habe eine normale Belastbarkeit bestanden. Dies werde auch durch feh-lende Arbeitsunfähigkeitszeiten dokumentiert. Untermauert würden diese Feststellungen durch die Stellungnahme des Arbeitgebers des Klägers vom 14.02.2000. Hierin werde be-scheinigt, dass sich vor dem 21.01.1998 keinerlei Anzeichen für eine Minderbelastbarkeit des Klägers gefunden hätten. Ausgehend hiervon sei es unwahrscheinlich, dass es allein aufgrund innerer Ursache oder bei alltäglicher Belastung in absehbarer Zeit zu einem Schlaganfall gekommen wäre. Die entgegenstehenden medizinischen Meinungen überzeugten nicht. So seien die Ausfüh-rungen von Priv.-Doz. Dr. R1 ... in seiner Stellungnahme vom 19.05.1998 mehrfach widersprüchlich. Er glaube, dass auch dann, wenn bei dem Kläger maximaler Stress aufge-treten sei, keine besondere betriebliche Gefahr vorgelegen habe. Dieser Schluss sei nicht nachvollziehbar. Außerdem bejahe er eine richtunggebende Verschlimmerung des Grund-leidens durch das Ereignis vom 21.01.1998, um dies dann im weiteren Text seines Gutach-tens ohne jede Begründung wieder in Abrede zu stellen. Zwar könne es sein, dass jede kri-senhafte Blutdruckveränderung zu etwa der gleichen Komplikation geführt hätte. Eine der-artige krisenhafte Veränderung des Blutdrucks sei aber nicht bei jeder beliebigen Situation im Alltagsleben zu erwarten gewesen. Auch der Einschätzung von Dr. B1 ... könne nicht gefolgt werden. Er schließe aus der Tatsache, dass es stressbedingt zu einem Blutdruckanstieg und dann zum Platzen des Hirn-gefäßes gekommen sei, dass bereits eine sehr hochgradige Ansprechbarkeit bestanden ha-ben müsse. Dies sei zwar theoretisch möglich, nachgewiesen sei die hochgradige Vorschädigung jedoch nicht. Auch den Ausführungen von Dr. B2 ... sei nicht zu folgen. Zum einen verkenne Dr. B2 ... die Bedeutung des Begriffs "conditio sine qua non". In der Tat handle es sich hierbei um eine Bedingung, die nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass der Erfolg entfiele. Dies treffe aber auf die Vortragssituation am 21.01.1998 gerade zu. Ohne die Anspannung bei dem Vortrag wäre es nicht zum gleichen Zeitpunkt und an gleicher Stelle zu einer Hirnblutung gekommen. Die Frage, die es vorliegend zu beantworten gelte, sei lediglich, ob diese conditio sine qua non (wesentlich) mitursächlich für den Schlaganfall gewesen sei. Entgegen den weiteren Ausführungen von Dr. B2 ... sei ein besonderer Stress am Vortragstag jedoch nachgewiesen. Beim Kläger, der Rechtshänder sei, habe zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. K1 ... eine Halbseitenschwäche rechts bestanden. Der Muskeltonus sei besonders im rechten Bein erhöht gewesen, typische Eigenreflexbetonungen rechts hätten vorgelegen. Die Feinmotorik der rechten Hand sei eingeschränkt gewesen. Der Gang sei in einer für zerebral-motorische Schädigung typischen Weise beeinträchtigt und behindert gewesen. Außerdem habe eine halbseitige Sensibilitätsminderung an Rumpf und Extremitäten be-standen. Bei gutem Sprachverständnis seien Wortfindungsstörungen, die sich im längeren Gespräch deutlich gezeigt hätten, festzustellen gewesen. Eine gewisse psychische Verlang-samung sei zudem aufgefallen. Bei ihm bestehe eine motorische Restaphasie der rechten Seite. In Übereinstimmung mit Prof. Dr. K1 ... liege die MdE bei 60 v.H. Eine vorüberge-hend höhere MdE komme vorliegend nicht in Betracht, weil die MdE erst ab dem 17.07.1999 festzustellen sei. Für den Zeitraum vor der Untersuchung durch Prof. Dr. K1 ... fehlten aussagekräftige ärztliche Unterlagen für die Bestimmung der MdE. Der Beginn der Rentenzahlung folge aus § 72 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII. Bis zum 16.07.1999 habe Anspruch auf Verletztengeld bestanden.

Gegen das der Beklagten am 14.05.2003 zugestellte Urteil hat sie am 19.05.2003 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Die Blutdruckerkrankung des Klägers sei bereits vor dem Schlaganfall so schwer gewesen, dass es zur Auslösung akuter Erschei-nungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurft hätte. Bei dem Blutdruckleiden des Klägers mit den daraus resultierenden Blutdruckspitzen habe ein derart hohes Schlaganfallrisiko bestanden, dass eine solche Erscheinung bereits durch Stress bei banalen, praktisch alltäglichen Verrichtungen, wie z. B. leichtem Heben, Hus-tenstoß, Bauchpressen, hätte ausgelöst werden können und auch jederzeit ohne äußere Einwirkung hätte auftreten können. Für den Kläger, der aufgrund seiner Ausbildung und seiner großen praktischen Erfahrungen mit Korrosionsschutzproblemen laufend zu tun gehabt habe, hätte es kein herausragendes Ereignis sein dürfen, aus dem Stehgreif hierüber Vorträge zu halten. Zudem sei die Höhe der MdE überzogen. Auch entspreche der Rentenbeginn 17.07.1999 nicht den gesetzlichen Vorschriften. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII dürfte der Beginn – wenn überhaupt – am 21.07.1999 liegen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17.04.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Be-klagten vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch weit-gehend unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 17.04.2003 den Bescheid der Beklagten vom 08.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 60 v.H. zu gewähren. Allerdings war der Rentenbeginn auf den 22.07.1999 abzuän-dern.

I.

Der Kläger erlitt am 21.01.1998 einen Arbeitsunfall. Auf das Geschehen ist – wie vom SG zutreffend angenommen – das SGB VII anzuwenden, weil es sich nach dem 01.01.1997 ereignete (§ 212 SGB VII). Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII be-gründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereig-net hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit ande-rerseits den Unfall herbeigeführt hat. Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeit-lich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesund-heitsschaden oder den Tod führen.

Der Kläger hat in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit einen Unfall erlitten. Bei dem streitgegenständlichen Geschehen vom 21.01.1998 handelt es sich um ein zeitlich begrenz-tes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift. Letzteres Merkmal dient der Abgrenzung äußerer von krankhaften inneren Vorgängen; hiernach sind äußere Einwirkungen nicht nur unmittelbare physikalische, sondern u. a. auch körpereige-ne Bewegungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 66 m.w.N.; zur Verzichtbarkeit der Kriterien der äußeren Einwirkung und der Unfreiwilligkeit vgl. Schulin, Handbuch des Unfallversicherungsrechts, Band 2, München 1996, § 28 II). Die Freiwilligkeit der unfallbringenden Tätigkeit kann der Annahme eines Unfalls jedenfalls dann nicht entgegenstehen, wenn die Tätigkeit gerade Gegenstand des geschützten Risikos ist. Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind ein ("äußeres") Ereig-nis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Die Körperschädigung kann – wie vom SG bereits zutreffend ausgeführt – verursacht sein durch körperlich gegenständli-che Einwirkungen (z. B. Verletzung beim Aufschlagen nach Sturz), aber auch durch geis-tig-seelische Einwirkungen in einem begrenzten Zeitraum (BSGE 18, 173, 175; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Stand 3/2004, Rn. 20 zu § 8 SGB VII; z. B. Hänseleien durch Mit-schüler, BSG SozR 2200 § 548 Nr. 7; schwere belastende betriebliche Auseinandersetzun-gen für ein Betriebsratmitglied, BSG, Beschluss vom 05.02.1980, Az.: B 2 U 31/79, RdSchr, HVBG VB 56/80; depressives Versagen nach ernsthaftem Streit mit Vorgesetzten, Hessisches LSG, Breithaupt 1979, S. 862; psychische Anspannung nach Verkehrsunfall mit nachfolgender Stressreaktion, BSG, Urteil vom 04.12.1991, HV-Info 1992, S. 586; BSG, Urteil vom 18.03.1997, SGB 1997 S. 587).

Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass der Kläger, als er 5 bis 10 Minuten vor Beginn der Tagung erfuhr, dass die für das Referat vorgesehenen Personen nicht erschienen waren und er – der darauf überhaupt nicht vorbereitet war und über keine diesbezüglichen Mate-rialien zur Untermauerung verfügte – einspringen müsse, hierdurch in besondere psychi-sche Anspannung geriet. Nach der Stellungnahme des Arbeitgebers des Klägers vom 14.02.2000 gehörte zwar auch das Halten von Vorträgen zum Aufgabengebiet des Klägers. Hierbei handelte es sich in der Regel jedoch um lange vorher bekannte Themen und Ter-mine für Vorträge. Folglich gehörte das Referieren aus dem Stehgreif gerade nicht zu den üblichen beruflichen Tätigkeiten des Klägers. Der Arbeitgeber des Klägers hat in seiner Stellungnahme vom 14.02.2000 zudem betont, dass die Stärken des Klägers auf prakti-schem Gebiet, mithin gerade nicht im Halten von Vorträgen, lagen. Nach der glaubhaften Stellungnahme des am 21.01.1998 ebenfalls anwesenden Dr.-Ing. W ... wurde im Nach-gang zu den Vorträgen durchaus sehr kontrovers diskutiert. Hinzu kam, dass bei der Sit-zung Vertreter von Fachverbänden anwesend waren, die über die weitere Vergabe von Fördermitteln, von denen Forschungsinstitute wie der Arbeitgeber des Klägers abhängig waren, entschieden. Daraus resultierte – wie neben dem Kläger auch Dr.-Ing. W ... ein-geschätzt hat – ein erhöhter Leistungsdruck. Für den Senat ist daher nachvollziehbar, dass diese überraschende, für den Kläger keinesfalls alltägliche Situation, zu einer besonderen psychischen Anspannung mit hieraus resultierender Stressreaktion führte, die eine äußere Einwirkung im Sinne des Unfallbegriffs darstellt (vgl. BSG, Urteil vom 04.12.1991, HV-Info 1992, S. 586; BSG, Urteil vom 18.03.1997, Az.: 2 RU 8/96; LSG Niedersachsen, Ur-teil vom 20.07.1998, Breithaupt 1999, S. 289).

Der Kläger hat am Unfalltag eine Stammganglienblutung links mit Einbruch in den linken Seitenventrikel (Schlaganfall) erlitten, die zu einer Halbseitenlähmung rechts und einer Sprachstörung führte. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Unterlagen des Städtischen Klinikums D ..., Neurologische Klinik, sowie des Gutachtens von Prof. Dr. K1 ... fest.

Darüber hinaus ist – auch darin ist dem SG in vollem Umfang zuzustimmen – der für die Anerkennung und Entschädigung des Unfalls erforderliche Kausalzusammenhang zwi-schen Unfallereignis und oben genannter Erkrankung des Klägers gegeben.

Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gesundheitsschaden als Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt werden kann, ist, dass das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne das der vorliegende Gesundheitsschaden entfiele (Kausalität im naturwissenschaft-lich-philosophischen Sinne). Dabei ist der Ursachenzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsschaden nach ständiger Rechtsprechung des BSG bereits dann zu bejahen, wenn er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 45, 285). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209).

Im Rahmen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Ge-sundheitsschaden geht es um die Zuordnung des Schadens zum Unfallereignis. Schwierig-keiten entstehen dann, wenn das Unfallereignis den Gesundheitsschaden nicht allein und deshalb als einzige Bedingung in naturwissenschaftlichem Sinne hervorgerufen hat. Da der gesetzlichen Unfallversicherung eine teilbare Kausalität fremd ist, insofern gilt das Alles- oder-Nichts-Prinzip, ist die Kausalität für den gesamten bestehenden Schaden einheitlich zu beurteilen. Folge davon ist, dass der Schaden entweder durch ein versichertes Ereignis wesentlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht ist oder auch nicht.

Ein Gesundheitsschaden ist nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten, wenn die beruflichen Umstände in rechtlich wesentlicher Weise bei der Entstehung des Körper-schadens mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen des Gesundheitsschadens beigetragen, so sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechts-sinne, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist hierbei nicht identisch mit den Beschrei-bungen "überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annä-hernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu bewertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine rein naturwissenschaftlich betrachtet nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesent-lich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte. Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zu der erste-ren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversiche-rung, Stand: 6/2004, Rn. 8.2.3 zu § 8 SGB VII).

Im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung ist jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Aufnahme der Tä-tigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Insoweit eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutio-nell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 78 ff.).

Dementsprechend darf nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 02.02.1999, Az.: B 2 U 6/98 R) eine Schadensanlage bzw. ein Vorschaden als recht-lich allein wesentliche Bedingung nur dann gewertet werden, wenn sie bzw. er so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbil-des an sich keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der ver-sicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern wenn der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (BSG, Urteil vom 08.03.1990, HV-Info 8/1990, S. 638 ff.).

Um diese wertende Gegenüberstellung vornehmen zu können, müssen die konkurrierenden Ursachen zunächst sicher feststehen. Ebenso wie die betriebsbedingte Ursache müssen auch die körpereigenen Ursachen erwiesen sein. Kann eine Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ur-sache im naturwissenschaftlichen-philosophischen Sinne in Betracht zu ziehen ist (BSG, Urteil vom 08.03.1990, a.a.O.).

Das Unfallereignis vom 21.01.1998 wird vorliegend von der Schadensanlage hinsichtlich der Verursachung des Schlaganfalls nicht völlig in den Hintergrund gedrängt, sondern ist neben dieser wesentliche Ursache. Hierfür sprechen folgende Argumente:

Die Schadensanlage war nicht schwergradig. Zwar besteht beim Kläger seit 1985 ein Blut-druckleiden. Dieses hat allerdings ausweislich der Sozialversicherungsausweise des Klä-gers und der Stellungnahmen der TKK lediglich vom 01.10.1985 bis 03.10.1985 und vom 08.10.1985 bis 25.10.1985 und vom 10.11.1992 bis 20.11.1992 zur Arbeitsunfähigkeit geführt. In den letzten fünf Jahren vor dem Unfallereignis vom 21.01.1998 bestand mithin keine durch den Bluthochdruck verursachte Arbeitsunfähigkeit.

Zudem lag beim Kläger spätestens seit Beginn des Jahres 1997 kein krankhafter Bluthoch-druck mehr vor. Ein solcher ist nach WHO-Kriterien lediglich bei Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks auf 160 mm Hg (systolisch) und/oder 95 mm Hg (diastolisch) gege-ben (Stark/Enderlein/Heuckert/Kersten/Wetzel, Streß am Arbeitsplatz und Herz-Kreislauf-Krankheiten, Abschlussbericht, 1998, S. 50; Siegenthaler/Kaufmann/Hornbostel/Waller, Lehrbuch der inneren Medizin, 1992, S. 131). Bei systolischen Blutdruckwerten zwischen 140 und 160 mm Hg und/oder diastolischen Werten zwischen 90 und 95 mm Hg spricht man von Grenzwerthypertonie (Stark/Enderlein/Heuckert/Kersten/Wetzel, a.a.O.; Sie-genthaler/Kaufmann/ Hornbostel/Waller, a.a.O.). Beim Kläger lagen ausweislich der Krankenunterlagen der behandelnden Allgemeinmedizinerin Elefant im Jahre 1992 bei den regelmäßig durchgeführten Blutdruckmessungen regelmäßig Werte im Bereich des krank-haften Bluthochdrucks, im Jahre 1993 vereinzelt und am 12.02.1996 einmalig derartige Werte vor. Im Jahre 1997 wurden überwiegend normale Blutdruckwerte (13.02.1997: 140/90 mm Hg; 19.06.1997: 140/90 mm Hg; 03.07.1997: 130/80 mm Hg; 24.07.1997: 140/90 mm Hg; 25.09.1997: 130/90 mm Hg und 23.10.1997: 140/90 mm Hg) und lediglich einmal ein Wert im Grenzbereich (05.06.1997: 145/85 mm Hg) gemessen.

Mit Prof. Dr. K1 ... geht auch der Senat davon aus, dass der zunächst unbehandelte erhöhte und stark schwankende Blutdruck eine Blutgefäßwandschädigung, die als konkurrierende anlagebedingte Ursache anzusehen ist, verursacht hat. Hierfür sprechen – auch darin folgt der Senat dem von Prof. Dr. K1 ... gefertigten Gutachten und dessen ergänzenden Stel-lungnahmen – die nach Glaskörpereinblutung am Augenhintergrund erhobenen Gefäßver-änderungen. Diese haben jedoch lediglich das Stadium I aufgewiesen, waren mithin also nicht schwergradig. Vom Bestehen dieser Schadensanlage gehen auch die übrigen im Ver-fahren gehörten Sachverständigen aus.

Der Senat ist ebenfalls gestützt auf die von Prof. Dr. K1 ... gefertigte ergänzende Stel-lungnahme vom 11.10.2002 davon überzeugt, dass beim Kläger zum Unfallzeitpunkt keine Herzerkrankung vorgelegen hat.

Die Stammganglienblutung links mit Einbruch in den linken Seitenventrikel ist in unmit-telbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Verrichtung am 21.01.1998 eingetreten. Der Kläger wurde ausweislich seiner stets gleichen Einlassung und der Stellungnahme von Dr.-Ing. W ... vom 26.02.2002 unmittelbar nach seinem Vortrag blass und brach zusammen. Er musste sofort in die Kliniken D ... eingeliefert werden.

Das Ereignis vom 21.01.1998 hat – wie oben bereits dargestellt - nach der für den Senat glaubhaften, stets gleichermaßen vorgetragenen Schilderung des Klägers, zu einer außer-gewöhnlichen psychischen Anspannung geführt, die das betriebsübliche Maß erheblich überschritt und eine akute Stresssituation darstellte (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 904 f.). Stress lässt sich zwar nicht objektiv graduieren, weil er ganz subjektiv empfunden und verarbeitet wird (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 20.07.1998, a.a.O.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 301; BSG, Urteil vom 18.03.1997, a.a.O.). Ent-scheidend ist jedoch, dass die Stressbelastung am 21.01.1998 sowohl nach der Einlassung des Klägers als auch der Einschätzung des Arbeitgebers im Schriftsatz vom 14.02.2000, die für den Senat glaubhaft sind, das Maß des Alltäglichen deutlich überschritt und deshalb nicht als unwesentlich außer Betracht bleiben kann. Auch Dr.-Ing. W ... hat in seiner Stel-lungnahme den Leistungsdruck, unter dem die Referenten bei ihren Vorträgen in den Ar-beitskreisen stehen, bestätigt.

Ein weiteres Indiz für die Wesentlichkeit der Verursachung des Insults durch den Arbeits-unfall vom 21.01.1998 ist die nicht eingeschränkte körperliche Belastbarkeit des Klägers vor dem Ereignis. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04.12.1991, Az.: 2 RU 14/91; BSG, Urteil vom 18.03.1997, Az.: 2 RU 8/98; Urteil des LSG Niedersachsen vom 20.07.1998, a.a.O.) stellt die körperliche Belastbarkeit vor dem Unfallereignis ein geeigne-tes, wesentliches Kriterium für die Einschätzung des Schweregrades der Schadensanlage in der Zeit unmittelbar vor dem Unfall dar. Da ein Bluthochdruck Schäden an zahlreichen Zielorganen (z.B. Herz, Gefäße des Gehirns) verursachen kann, ist die körperliche Belast-barkeit vor dem Unfallereignis – davon ist der Senat überzeugt – auch beim Eintritt eines Schlaganfalls – und nicht nur einer Herzerkrankung bzw. eines Herzinfarktes – ein maß-gebliches Kriterium. Nach der übereinstimmenden Einschätzung der behandelnden Allge-meinmedizinerin und des Arbeitgebers war die Belastbarkeit des Klägers vor dem Unfall nicht eingeschränkt. Diese Beurteilung hat auch Prof. Dr. K1 ... in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.10.2002 getroffen. Für den Senat bestehen daher keine Anhalts-punkte, hieran zu zweifeln.

Dem Einwand der Beklagten, die Belastung am 21.01.1998 sei über die normalen Belas-tungen des täglichen Lebens nicht hinausgegangen, in den meisten Fällen entstehe eine Stammganglienblutung bei einer Gelegenheitsursache, bei Anstrengungen des täglichen Lebens – ist entgegenzuhalten, dass auch nach dem von der Beklagten nicht in Frage ge-stellten Grundsatz, wonach jeder in dem Zustand versichert ist, in dem er sich zum Zeit-punkt des schädigenden Ereignisses befindet, eine Vorschädigung nur dann relevant sein kann, wenn sie so weit fortgeschritten, d. h. so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzli-chen äußeren Einwirkung bedurfte, sondern das jedes andere alltäglich vorkommende Er-eignis zu etwa derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 m.w.N.). Vorliegend hat sich der Schlaganfall jedoch keineswegs bei einem völlig banalen Vorgang ereignet. Nach der bereits oben näher begründeten Auffassung des Senats hob sich die psychische Anspannung am 21.01.1998 sowohl aus der üblichen beruflichen Tä-tigkeit als auch den Belastungen des täglichen Lebens deutlich heraus.

Zudem ist dem Kläger darin Recht zu geben, dass die Tatsache, dass im Zeitraum zwischen der erstmaligen Feststellung des Bluthochdrucks im Jahre 1985 und dem Unfallereignis kein Schlaganfall aufgetreten ist, ebenfalls dafür spricht, dass die Schadensanlage nicht soweit fortgeschritten war, dass ein Insult bei Belastungen des täglichen Lebens hätte auf-treten können.

Den Stellungnahmen von Priv.-Doz. Dr. R1 ..., Dr. B1 ... und Dr. B2 ... ist aus den be-reits vom SG ausführlich genannten Gründen nicht zu folgen. Insoweit wird auf die Grün-de der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

II.

Das SG hat die MdE ebenfalls in zutreffender Höhe festgesetzt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z. B. BSG, Urteil vom 18.03.2003, Az.: B 2 U 31/02 R) ist neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leis-tungsvermögens des Versicherten die Anwendung medizinischer oder sonstiger Erfah-rungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchti-gungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Ge-biet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkennt-nis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, wobei die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichen Ge-biet liegt. Hierbei sind in der gesetzlichen Unfallversicherung die so genannten MdE-Erfahrungswerte zu berücksichtigen, die allgemeine Erfahrungssätze darstellen und in der Regel die Basis für einen Vorschlag bilden, den der medizinische Sachverständige zur Hö-he der MdE unterbreitet, wobei ihnen nicht der Rechtscharakter einer gesetzlichen Norm zukommt (BSG, Urteil vom 02.05.2001, Az.: B 2 U 24/00 R). Im Streitfall liegt die Ent-scheidung beim Gericht.

Nach den MdE-Erfahrungswerten ist bei Hirnschäden mit kognitiven Leistungsstörungen (z. B. Aphasie, Apraxie, Agnosie), - sofern sie als leicht einzustufen sind, eine MdE von bis 40 v.H., - bei einer Einstufung als mittelgradig eine MdE von 40 bis 60 v.H. und, - sofern sie als schwer einzustufen sind, eine MdE von 70 bis 100 v.H. (Rauschel-bach/Jochheim/Widder, Das neurologische Gutachten, 2000, S. 90 ff.; Suchen-wirth/Kunze/Krasney, Neurologische Begutachtung, 3. Auflage, S. 658 ff.) gerechtfertigt.

Beim Kläger, einem Rechtshänder, bestand bei den Untersuchungen durch Prof. Dr. K1 ... im Juli 2000 und Dezember 2000 – wie sich zur Überzeugung des Senats aus dessen Gut-achten und der ergänzenden Stellungnahme vom 09.12.2002 ergibt – eine Halbseiten-schwäche rechts, bei der der Muskeltonus besonders im rechten Bein erhöht war und bei der Eigenreflexbetonungen rechts vorlagen. Die Feinmotorik der rechten Hand war einge-schränkt. Der Gang war beeinträchtigt und behindert. Zudem lag eine halbseitige Sensibili-tätsminderung an Rumpf und Extremitäten rechts vor. Bei gutem Sprachverständnis be-standen Wortfindungsstörungen, die sich in längeren Gesprächen deutlich zeigten. Zudem fiel eine gewisse psychische Verlangsamung auf. Diese rechtfertigt auch nach Überzeu-gung des Senats gestützt auf die Einschätzung von Prof. Dr. K1 ... eine Einstufung der Hirnschäden mit kognitiven Leistungsstörungen als mittelgradig und damit eine MdE von 60 v.H.

Der Beginn der Verletztenrentengewährung war jedoch auf den 22.07.1999 abzuändern. Die Verletztenrente ist gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII von dem Tag an zu zahlen, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet. Das Verletztengeld en-det gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 3 SGB VII mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 Fünf-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genannten Leistungen, es sei denn, dass diese Leis-tungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen, im Übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet von dem Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung. In § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist die Rente we-gen voller Erwerbsminderung genannt.

Der Kläger erhält seit 20.05.1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diese wurde ihm jedoch – wie sich aus der Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung vom 25.01.2006 ergibt – wegen des erlittenen Schlaganfalls gewährt. Sie steht folglich mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang. Da die 78. Woche nach dem Arbeitsunfall am 21.07.1999 abgelaufen ist, war der Rentenbeginn auf den 22.07.1999 festzusetzen.

Nach alledem war das Urteil des SG lediglich geringfügig abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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