L 6 RA 15/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 5912/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 15/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01.Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund heißt, die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU) seit dem 01. Februar 1999.

Der am geborene Kläger lebt in Österreich. Nach Abschluss seiner Schlosserlehre arbeitete er ua von 1962 bis 1976 versicherungspflichtig in Deutschland. 1980 legte er die Meisterprüfung ab und absolvierte mehrere Refa-Lehrgänge. Seit Anfang der 80er-Jahre war der Kläger als Finanzberater/Finanzdienstleister/Versicherungsvertreter bei verschiedenen Firmen, zum Teil auch selbständig, tätig. Zuletzt war er vom 16. November 1997 bis zum 31. Oktober 1998 bei der G Versicherung Aktiengesellschaft als Außendienstmitarbeiter mit dem Schwerpunkt Vertrieb von Versicherungsprodukten und anderen Finanzdienstleistungen sowie dem Aufbau eines Teams von zwei bis drei Außendienstmitarbeitern in S versicherungspflichtig beschäftigt. Ab November 1998 bezog er wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit Krankengeld in Österreich. Am 26. Januar 1999 stellte er beim österreichischen Rentenversicherungsträger (Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten – PVA) einen Antrag auf Gewährung von Berufsunfähigkeitspension sowie auf Versichertenrente (wegen BU bzw EU) aus der deutschen Rentenversicherung. Bei seiner Tätigkeit handele es sich um eine reine Außendiensttätigkeit, die mit langen Autofahrten, überwiegend durchschnittlichem Zeitdruck, Kundenkontakt und Bildschirmarbeit verbunden sei. Wegen andauernder Wirbelsäulenbeschwerden könne er seine Tätigkeit nicht mehr ausüben. Die PVA lehnte mit Bescheid vom 24. September 1999 die Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab. Auch die Beklagte hielt einen Anspruch auf Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, nicht für gegeben (Bescheid vom 20. Oktober 1999). Der Entscheidung lagen die im österreichischen Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. R vom 01. Juli 1999, erstattet nach Untersuchung des Klägers vom gleichen Tage, und des Internisten Dr. G vom 08. Juli 1999, erstattet nach Untersuchung am 01. Juni 1999, zugrunde. Die Gutachter stellten beim Kläger ein Wirbelgleiten L4/5 Grad I, eine sekundäre Bandscheibenschädigung L4/5, einen Zustand nach Kompressionsfraktur LWK I, Übergewicht und eine Fettstoffwechselstörung fest. Sie hielten den Kläger jedoch noch als vollschichtig leistungsfähig für körperlich leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, Stehen oder Gehen und ohne Zwangshaltungen sowie schwere Hebe- und Trageleistungen.

Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger ein Kniegelenksleiden, Schlafstörungen, einen psychischen Erschöpfungszustand sowie ein Bluthochdruckleiden ergänzend geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2000 zurück. Der Entscheidung lagen die für das Landesgericht S als Arbeits- und Sozialgericht erstellten Gutachten von Dr. H vom 30. Mai 2000 (Untersuchung des Klägers am 24. Mai 2000) auf internistischem Gebiet, von Prof. Dr. M und Prof. Dr. G vom 20. März 2000 (Untersuchung 01. März 2000) auf psychiatrischem Gebiet sowie von Dr. K vom 12. Juli 2000 (Untersuchung 04. Juli 2000) auf orthopädischem Gebiet zugrunde. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen hatten beim Kläger

1. ein überlastungsinduziertes Kreuzschmerzsyndrom mit fassbarem Organbefund:

- posttraumatische Formveränderung des 1. Lendenwirbels,

- Wirbelgleiten Lumbal 4/5, instabil,

- mehrsegmentale Bandscheibenschäden,

- Baastrup-Syndrom (gegenseitige Berührung der Dornfortsätze);

2. einen mittelgradigen Kniegelenksverschleiß rechts – Zustand nach arthroskopischer

Operation 10/99;

3. eine gute körperliche Gesamtverfassung/Kräftezustand bei Übergewicht;

4. einen diskreten, nicht krankheitswertigen Erschöpfungszustand;

5. einen arteriellen Bluthochdruck ohne Ausgleichsstörung seitens des Herzens;

6. eine Erhöhung der Blutfette und des Harnsäurespiegels und

7. einen Alterszucker (Diabeties mellitus Typ II b)

festgestellt und den Kläger noch als vollschichtig leistungsfähig für leichte und halbzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen befunden. Hierbei sollte eine sitzende Tätigkeit überwiegen mit der Möglichkeit, zwischenzeitlich ca. 1 - 2 mal pro Arbeitsstunde kurzfristig einen Haltungswechsel vornehmen zu können. Zu vermeiden seien häufige Vorbeuge-, Hebe- und Tragebelastungen sowie Gewichte über 10 – 12 Kg, häufige länger dauernde Wirbelsäulenzwangshaltungen, Arbeiten in Hockstellungen, im steilen Gelände, auf holprigen Böden, häufiges Treppensteigen, häufige Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Nässe, Feuchtigkeit und Zugluft sowie unter besonderem Zeitdruck, Nacht- und Schichtarbeit.

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung von Rente wegen EU bzw BU weiterverfolgt und den Bescheid der PVA vom 09. April 2002 über die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ab dem 01. Februar 1999 vorgelegt. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, des praktischen Arztes Dr. R vom 26. März 2001 (Behandlung seit Oktober 1998), des Orthopäden Dr. K vom 05. April 2001 (Behandlung seit Oktober 2000) und des Ukrankenhaus S vom 13. April 2001 (stationäre Behandlungen im Jahre 1999 und 2000) sowie einen Bericht der Landeskliniken S - Neurochirurgische Ambulanz vom 21. März 2001 (ambulante Behandlung am 28. Januar 1999) beigezogen. Des Weiteren hat es eine Auskunft des letzten Arbeitgebers, der G Versicherung Aktiengesellschaft vom 02. April 2000 eingeholt, auf deren Inhalt nebst Anlagen im Einzelnen Bezug genommen wird. Zudem ist ein vom Landesgericht S im Pensionsstreitverfahren eingeholtes berufskundliche Gutachten des Magister G vom 18. Februar 2000 nebst Anlagen zur Gerichtsakte gereicht worden, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird. Die Beklagte hat eine Berufsbeschreibung "Versicherungsvertreter/in /Versicherungsfachmänner/-frau (BVV)" sowie eine Stellungnahme ihrer berufskundlichen Beraterin W vom 26. September 2001 nebst Urteilen des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 29. November 2000 (L 6 RA 45/00), des LSG Niedersachsen vom 25. Mai 2000 (L 1 RA 139/99) nebst Protokoll über die durchgeführte Beweisaufnahme vom 20. März 2000 und Urteil vom 27. Januar 2000 (L 1 RA 50/99) nebst Protokoll über die durchgeführte Beweisaufnahme vom 10. Dezember 1999 vorgelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit eines Finanzdienstleisters bzw Versicherungsvertreters nicht der Berufsschutz eines dreijährig Ausgebildeten zu. Allenfalls sei er dem oberen Anlernbereich zuzuordnen und könne auf die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters in der Position als Organisationsleiter mit überwiegend Innendiensttätigkeiten oder auf eine Tätigkeit als Registrator verwiesen werden.

Das SG Berlin hat im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden und durch Urteil vom 08. Oktober 2003 die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig, da er über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit eines Registrators verfüge. Auf diese Tätigkeit könne er auch verwiesen werden, da seine langjährig ausgeübte Tätigkeit dem oberen Anlernbereich zugeordnet werden könne. So habe der letzte Arbeitgeber als notwendige Ausbildungsdauer "zweijährige Praxis" angegeben. Im Übrigen würden auch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Recht vorliegen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung: Aufgrund seiner zunehmenden gesundheitlichen Probleme befinde er sich in laufender orthopädischer Behandlung. Er erhebe Einspruch gegen das Verweisungsrecht in eine niedrigere Berufsgruppe, da er über eine qualifizierte Ausbildung zuerst als Schlossermeister mit Refa-Fachschein und dann zum geprüften Finanzberater in der Position als Landesdirektor verfüge. Insoweit verweise er auf das Zwischenzeugnis der Firma S Anlagenberatungsgesellschaft mbH & Co (im Folgenden: Firma S) vom 28. Februar 1990 sowie die Urkunde der Österreichischen Vereinigung für Vermögensberatung (ÖVV) vom 26. November 1986 über die Aufnahme der Firma S in die ÖVV.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Oktober 2003 sowie den Bescheid

vom 20. Oktober 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2000

aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Februar 1999 Rente

wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Mit Bescheid vom 18. Oktober 2005 hat sie dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnend am 01. Mai 2003, mit Bescheid vom 01. November 2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnend am 01. August 2003 und mit Bescheid vom 25. November 2005 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beginnend am 01. September 2003 bewilligt, wobei die jeweils höhere Rentenleistung zur Auszahlung gelangte. Insoweit hat sie dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 09. Februar 2005, mit dem sie dessen Antrag vom 26. Mai 2003 auf Gewährung von Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung bzw einer vorgezogenen Altersrente abgelehnt hatte, abgeholfen.

Der Senat hat Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S vom 11. Mai 2004 (Behandlung ab Oktober 2003) und des praktischen Arztes Dr. R vom 20. November 2004 angefordert. Des Weiteren sind die Beteiligten vom Senat daraufhin gewiesen worden, dass Gegenstand des Verfahrens allein die im ursprünglich angefochtenen Bescheid abgelehnten Ansprüche auf Rente wegen EU bzw BU sind (Schreiben der Berichterstatterin vom 08. April 2004). Den Beteiligten ist durch Schreiben des Senats vom 10. Januar 2005, 24. Februar 2005 sowie zuletzt vom 06. Januar 2006 unter Fristsetzung Gelegenheit gegeben worden, zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG Stellung zu nehmen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 153 Abs 4 SGG über die Berufung des Klägers durch Beschluss entscheiden. Gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben, da die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers nach übereinstimmender Auffassung der Berufsrichter des Senats zwar zulässig (§ 143 SGG), jedoch unbegründet ist. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU ab dem 01. Februar 1999 bzw ab einem späteren Zeitpunkt, denn bis November 2000 ist ein Versicherungsfall der EU oder BU nicht eingetreten. Nur dann hätte dem Kläger ein Anspruch nach der diese Rentenarten regelnden Vorschriften der §§ 43 Abs 1, 44 Abs 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im folgenden ohne Zusatz zitiert) zustehen können, die hier maßgeblich sind, weil die vom Kläger geltend gemachten Rentenansprüche sich auch auf Zeiten vor dem 01. Januar 2001 beziehen und der Kläger bereits im Januar 1999 den Rentenantrag gestellt hat, so dass die am 01. Januar 2001 durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerBG) vom 20. Dezember 2000 (BGBl I 1827) in Kraft getretenen Neuregelungen (vgl Artikel 24 RRErwerBG) seine Ansprüche nicht berühren (§ 300 Abs 1 und 2 iVm § 99 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Die ab 01. Januar 2001 geltende Neuregelung mit der Umstellung auf die neuen Renten wegen teilweiser (§ 43 Abs 1 SGB VI nF) oder voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI nF) ist nur für den Fall maßgeblich, dass ein Rentenanspruch am 31. Dezember 2000 nicht bestand, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht kommt (vgl § 300 Abs 1 iVm Abs 2 SGB VI). Bestand dagegen, wie vom Kläger angestrebt, spätestens bis zum 31. Dezember 2000 ein Anspruch auf eine Rente wegen EU bzw wegen BU, besteht der jeweilige Anspruch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung - einschließlich der dazu ergangenen Rechtsprechung - maßgeblich waren (§ 302b Abs 1 Satz 1 SGB VI nF; BT-Drucks 14/4230 S 30 zu Nr 55 (§ 302b des Entwurfs)). In diesem Falle entsteht aus Anlass der Rechtsänderung kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 302b Abs 1 Satz 3 SGB VI nF; vgl zur Übergangsproblematik Mey, DAngVers 2003, 537, 539, 541).

Wie das SG zutreffend festgestellt hat, ist der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum bis Ende November 2000 weder erwerbs- noch berufsunfähig gewesen.

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 01. Juli 1998 620,- DM und ab 01. Juli 1999 630,- DM) übersteigt (vgl § 44 Abs 2 Satz 1 Halbs 1 SGB VI). Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs 2 Satz 2 SGB VI).

Der Kläger verfügte im hier maßgeblichen Zeitraum bis Ende November 2000 noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis halbzeitig mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bzw überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum kurzzeitigen Stehen und Gehen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den im österreichischen Pensionsfeststellungs- bzw Pensionsstreitverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, insbesondere von Dr. H vom 30. Mai 2000 auf internistischem Gebiet, von Prof. Dr. M und Prof. Dr. G vom 20. März 2000 auf psychiatrischem Gebiet sowie von Dr. K vom 12. Juli 2000 auf orthopädischem Gebiet, die im Wege des Urkundenbeweises (§§ 128, 118 Abs 1 SGG iVm §§ 415 ff Zivilprozessordnung) verwendet werden können. Die Sachverständigen haben die beim Kläger bestehenden Leiden umfassend gewürdigt, insbesondere hat Dr. K bei seiner Beurteilung des Restleistungsvermögen auf orthopädischem Gebiet die wiederholt verstärkt auftretenden Beschwerden im rechten Kniegelenk, wegen derer sich der Kläger im September/Oktober 2000 erneut in ambulanter Behandlung im Ukrankenhaus S begeben musste, berücksichtigt. Die weiteren, beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen (wie der Ausschluss von häufigen Vorbeuge-, Hebe- und Tragebelastungen, länger dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, von Arbeiten in Hockstellungen, im steilen Gelände, auf holprigen Böden, von häufigem Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, von Arbeiten in Nässe, Feuchtigkeit und Zugluft, unter besonderem Zeitdruck, von Nacht- und Schichtarbeit, von der regelmäßigen von Gewichten über 10 – 12 kg) begründen weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung (vgl dazu Bundessozialgericht -BSG - Großer Senat in SozR 3-2600 § 44 Nr 2) noch eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen (dazu etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nr 17), denn sie bewegen sich im Bereich der für leichte körperliche Arbeiten typischen qualitativen Beschränkungen und wirken sich nur auf bestimmte Arbeitsfelder, insbesondere im Bereich des Handwerks und der industriellen Produktion aus.

Nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, nach Satz 2 der genannten Vorschrift alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten - objektiv - entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit - subjektiv - zugemutet werden können. Zugemutet werden können den Versicherten insoweit alle von ihnen nach ihren gesundheitlichen Kräften und ihren beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten ausführbaren, dh auch "berufsfremde" Tätigkeiten, die nach ihren in § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI aufgeführten Merkmalen dem bisherigen Beruf des betroffenen Versicherten qualitativ nicht zu fern stehen (vgl zB BSG zur gleichlautenden früheren Regelung § 1246 Abs 2 Reichsversicherungsordnung -RVO- bzw § 23 Abs 2 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG- in SozR 2200 § 1246 RVO Nr 137). Dies bedeutet, dass das Gesetz dem Versicherten einen Anspruch auf Rente wegen BU nicht schon dann einräumt, wenn er seinen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auszuüben in der Lage ist. Vielmehr verlangt das Gesetz von dem Versicherten, dass er einen "zumutbaren" beruflichen Abstieg in Kauf nimmt und sich vor Inanspruchnahme einer Rente mit einer geringerwertigen Erwerbstätigkeit begnügt (so ständige Rechtsprechung des BSG, zB in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr 1 mwN). Zur Bestimmung der insoweit zumutbaren Verweisungstätigkeit hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, welches die Angestelltenberufe in verschiedene "Leitberufe" untergliedert, nämlich diejenige des "unausgebildeten Angestellten", des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, des Angestellten mit einer noch längeren Ausbildung (durchschnittlich drei Jahre) sowie des Angestellten hoher beruflicher Qualität, die regelmäßig eine akademische oder vergleichbare Qualifikation voraussetzt, und der deswegen regelmäßig ein Bruttoarbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt (vgl BSG in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nrn 1 und 2, SozR 2200 § 1246 RVO Nrn 107 und 126). Grundsätzlich darf der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden, soweit sie ihn weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nrn 107 und 126). Mit der Bezugnahme auf den Beruf des Versicherten ist zugleich gesagt, dass nicht auf die gegebenenfalls spezifischen Anforderungen des letzten Arbeitsplatzes abzustellen ist (soweit diese nicht eine besondere qualitative Wertigkeit der beruflichen Tätigkeiten bedingen, die zu einer von den Ausbildungsvoraussetzungen abweichenden Ansiedlung im Mehrstufenschema Anlass geben kann). Ausgangspunkt für die Frage nach der noch zumutbaren Tätigkeit sind vielmehr die Anforderungen, die berufstypisch gestellt werden.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war der Kläger auch nicht berufsunfähig.

Für die Prüfung der BU ist danach zunächst der "bisherige Beruf" zu bestimmen, der in aller Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ist (vgl BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr 126). Zutreffend hat das SG nicht auf den ursprünglich erlernten Beruf des Schlossers bzw Schlossermeisters abgestellt, von dem der Kläger sich bereits Ende der 70ger Jahre gelöst hatte, sondern auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Versicherungsvertreters bzw Finanzdienstleisters. Hierbei handelt es sich zumindest um eine angelernte Tätigkeit, dh um eine Angestelltentätigkeit mit einer bis zu zweijährigen Ausbildung. Der Kläger hatte zwar in Österreich weder die Lehrabschlussprüfung (LAP) Versicherungskaufmann/Versicherungskauffrau, die nach dem vorgelegten Informationsblatt BÖV-Aktuell August 1997, herausgegeben vom Bildungswerk der Österreichischen Versicherungswirtschaft (BÖV), im Rahmen einer klassischen Lehrausbildung als auch im zweiten Bildungsweg erworben werden konnte, noch die seit 1996 mögliche - Außendienstprüfung (AD-Prüfung) für die Qualifikation als "geprüfte(r) Versicherungsfachmann/-fachfrau (BÖV)" abgelegt. Nach Auskunft seines letzten Arbeitgebers besaß er jedoch die theoretischen Kenntnisse und Fertigkeiten eines gelernten Versicherungskaufmanns entsprechend den Vorgaben des BÖV aufgrund seiner langjährigen berufspraktischen Erfahrungen im Bereich der Finanzdienstleistungen und dem Versicherungswesen. Während die klassische Lehrausbildung zum Versicherungskaufmann-/-kauffrau auch in Österreich drei Ausbildungsjahre umfasst (siehe hierzu AMS Berufsdatenbank /Bereich Lehrberufe ( www.berufsdatenbank.at)), kann die LAP nach den Vorgaben des BÖV bereits nach durchschnittlich zweijähriger Praxis und dem –berufsbegleitenden- Besuch von Abendkursen abgelegt werden. Die Zulassung zur AD-Prüfung setzt nur eine 18-monatige Verkaufstätigkeit voraus. Ob der Kläger aufgrund seiner umfassenden beruflichen Erfahrungen im Bereich der Finanzdienstleistungen und des Vertriebs von Versicherungen - wie vom SG und der Beklagten vertreten - der Stufe des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren oder der nächst höheren Stufe des Angestellten mit einer noch längeren Ausbildung (durchschnittlich drei Jahre) zuzuordnen ist, kann letztlich offen bleiben. Für Letzteres spricht der Umstand, dass der Kläger sowohl im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit bei der Firma Sals auch bei seinem letzten Arbeitgeber über Weisungsbefugnis gegenüber den ihm unterstellten Mitarbeitern verfügte, er neue Mitarbeiter gewinnen musste und für deren Aus- und Weiterbildung verantwortlich war sowie neben der reinen Verkaufstätigkeit auch gewisse "leitende" Funktionen auszufüllen hatte. Der Kläger, dem nach dem Ergebnis der vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten eine Tätigkeit im Außendienst, dh beim Vertrieb von Versicherungen und Finanzdienstleistungen, nicht mehr zugemutet werden konnte, war im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum bis Ende November 2000 noch für eine seiner beruflichen Qualifikation entsprechende Innendiensttätigkeit als Versicherungskaufmann/-fachmann vollschichtig einsetzbar. Denn der Beruf des Versicherungskaufmanns/-fachmanns erfordert sowohl Innen- als auch Außendiensttätigkeit. Die Innendiensttätigkeit umfasst den organisatorischen Schriftverkehr in der Verwaltung (ua Erstellung von Statistiken, der Lohn- und Kostenrechnung, der Provisionsabrechnung für Außendienstmitarbeiter etc) und den versicherungsspezifischen Schriftverkehr im Bereich der Kundenbetreuung (ua Prüfung der vom Außendienst abgeschlossenen Verträge, Überwachung und Inkasso der Versicherungsbeiträge) sowie der Schadensabwicklung (siehe Berufsbeschreibung Versicherungsfachmann/-frau im BIC-BerufsInformationsComputer der WKO Wirtschaftskammer Österreich (www.berufsinfo.at) , Berufsbeschreibung Versicherungskaufmann/-kauffrau in AMS Berufsdatenbank /Bereich Lehrberufe ( www.berufsdatenbank.at)). Dabei handelt es sich um eine leichte Bürotätigkeit, die überwiegend im Sitzen zu verrichten ist und bei der ein gelegentlicher Haltungswechsel (1 bis 2 Mal pro Stunde) ohne weiteres möglich ist. Weder ist das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten erforderlich, noch fallen Arbeiten im Knien, in Bückhaltung, auf Leitern oder Gerüsten bzw in längerdauernder Wirbelsäulenzwangshaltung an. Die Innendiensttätigkeit ist in der Regel weder mit Schichtdienst noch mit besonderem Zeitdruck verbunden. Es unterliegt keinen Bedenken, dass der Kläger, der über vielfältige berufspraktische Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich des Versicherungswesens (einschließlich der Vertragsgestaltung und der Versicherungsbedingungen) verfügt, sich nicht binnen drei Monate in die typischen Aufgabengebiete des Innendienstes hätte einarbeiten können, wenn es dazu überhaupt einer systematischen Einarbeitung bedurft hätte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil er nach dem vorgelegten Zwischenzeugnis der Firma S über Kenntnisse in der Erstellung von Statistiken, der Mitarbeiter-Plusplanung, der Mitarbeiter-Leistungsförderung, der Soll/Ist-Vergleiche in den Landesdirektionen etc verfügt. Auch wenn Leitungsfunktionen im Hinblick auf den damit evtl verbundenen besonderen Zeitdruck für den Kläger nicht mehr in Betracht gekommen sein sollten, bleibt für ihn als gesundheitlich und sozial zumutbare Berufstätigkeit noch der Bereich der selbständigen Sachbearbeitung im Bereich des Innendienstes des Versicherungskaufmanns/-fachmanns. Dass eine solche Tätigkeit mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch möglich war, bestätigt auch das vom Landesgericht S eingeholte berufskundliche Gutachten des Magister G, nach dessen plausiblen Ergebnis im Hinblick auf die Stressbelastung nur die Tätigkeit in leitenden Funktionen ausgeschlossen wird, während Tätigkeiten in der Gruppe der Angestellten mit selbständiger Tätigkeit (zB Selbständige Kalkulanten, Exportfrakturisten uä) noch als möglich erachtet werden. Im Übrigen muss sich der Kläger auch bei Zuordnung zur zweithöchsten Stufe des Mehrstufenschemas, wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, auf eine niedriger qualifizierte Berufstätigkeit, zB im Versicherungswesen (Innendienst) auf der Stufe des Angestellten mit einer Anlernausbildung (bis zu zwei Jahren), verweisen lassen, mithin auf ein Tätigkeitsfeld geringerer Qualifikation in dem die besonderen, mit Leitungsfunktionen verbundenen Anforderungen nicht vorkommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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