Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 RA 70/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 RA 282/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. August 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 7 656,46 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Beklagte von ihr Sozialversicherungsbeiträge aufgrund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages ihrer Arbeitnehmer für eine betriebliche Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) geltend macht.
Die Klägerin ist ein Betrieb des Installationsgewerbes in Kyritz. Auf den Betrieb fand aufgrund der Bekanntmachung vom 24. November 1997 über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages über betriebliche Sonderzahlung im Wirtschaftsbereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 dieser Tarifvertrag Anwendung (ab 05. August 1997).
Im Dezember 2000 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis zum 30. November 2000 durch und stellte fest, dass diese ihren Mitarbeitern für die Jahre 1997 bis 2000 keine betriebliche Sonderzahlung geleistet hatte.
Die Beklagte machte daraufhin mit Bescheid vom 25. Juli 2001 eine Beitragsnachforderung mit der Begründung geltend, die Höhe des Beitragsanspruches richte sich nicht nach dem tatsächlich gezahlten, sondern nach dem geschuldeten Lohn. Bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen werde der Tariflohn geschuldet, so dass er sozialversicherungspflichtig auch dann sei, wenn tatsächlich den Arbeitnehmern die entsprechenden Leistungen vorenthalten würden. Die Beitragsförderung im Bescheid belief sich auf 7 656,46 EUR.
Mit dem Widerspruch hiergegen vom 01. August 2001 machte die Klägerin geltend, selbst wenn aufgrund dieses Tarifvertrages eine Verpflichtung zur Leistung von betrieblichen Sonderzahlungen bestanden hätte, so wäre dieser Anspruch mittlerweile längst verfallen, da die jeweiligen Arbeitnehmer ihn innerhalb einer Frist von drei Monaten hätten geltend machen müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 1994 (12 RK 59/92), wonach es nicht darauf ankomme, ob das geschuldete Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wurde, also dem Arbeitnehmer zugeflossen sei. Die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderungen von einem höheren als dem gezahlten Arbeitsentgelt hänge lediglich davon ab, ob der weitere Entgeltbetrag schon während der Zeit, für welche die Beiträge verlangt werden, geschuldet worden sei.
Hiergegen hat sich die am 06. Februar 2002 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin rügt, die zitierte Entscheidung des BSG beziehe sich auf einen anderen Fall und sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die Entscheidung sei allgemein auf Ablehnung gestoßen. Auch genieße die Klägerin Vertrauensschutz dahingehend, dass die Sozialversicherungsträger, die jahrelang die Nichtabführung von Beiträgen für geschuldete Sonderzahlung zugelassen hätten, dies nun tatsächlich forderten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001, Aktenzeichen 2303-3-12-02625112, in der Fassung des Widerspruchs-bescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11. August 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verwiesen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. August 2004 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung der Klägerin vom 06. September 2004, in der zur Begründung das Vorbringen erster Instanz wiederholt und vertieft wird. Insbesondere wird dargelegt, dass der Rechsprechung des BSG nicht zu folgen sei und es Aufgabe der Beklagten gewesen wäre, wenn sie in Zukunft in Aufgabe ihrer früheren Auffassung Beiträge in Fällen wie in dem vorliegenden erhebt, dies vorher bekannt zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. August 2004 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die betroffenen Arbeitnehmer zum Rechtsstreit beigeladen (Beigeladene zu 7) bis 24)), da sie vom Ausgang des Rechtsstreits unmittelbar berührt werden (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 sowie das dieses bestätigende Urteil des Sozialgerichts vom 11. August 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beitragspflicht der Arbeitgeber in der Sozialversicherung folgt nicht aus dem tatsächlich gezahlten, sondern aus dem rechtlich geschuldeten Entgelt.
Für alle Sozialversicherungszweige gelten einheitlich hinsichtlich der Definition von Einnahmen und Arbeitsentgelten §§ 14, 15 SGB IV. Danach sind gemäß § 14 SGB V alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Klägerin hat Beiträge für die in dem angefochtenen Bescheid genannten Arbeitnehmer auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Arbeitsentgeltes geleistet. Aus den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher folgt nicht, dass entgegen § 14 SGB IV (in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung) sich der Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger ausschließlich nach dem geleisteten, also dem Arbeitnehmer zugeflossenen Entgelt bemisst und dementsprechend die Beitragspflicht der Klägerin erfüllt worden ist.
Rechtsgrundlage der Feststellung der Beitragsforderung der Beiträge zur Sozialversicherung sind die §§ 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschrift (SGB IV) in Verbindung mit § 28 e SGB IV. Gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Krankenpflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Gemäß § 28 e Abs. 1 SGB IV haben die Arbeitgeber, hier also die Klägerin, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Grundlage der Beitragsforderung und damit der Feststellung der Beitragspflicht sind die besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Dabei knüpfen die besonderen Regelungen des Sozialgesetzbuchs bei der Grundlage des Beitragsaufkommens an die Einnahmen des Arbeitnehmers an (§§ 226, 249 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, §§ 54, 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - , §§ 174 ff., 162 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - und §§ 341 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - für die Beiträge in der Krankenpflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung).
Wie die Beklagte zutreffend annimmt, folgt der Anspruch auf die Erhebung der Beiträge durch die Sozialversicherungsträger und damit auch der Anspruch der Beklagten auf Feststellung und Forderung der Beitragshöhe als zuständige Stelle gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV aus § 22 SGB IV. Diese Norm regelt die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, ist mithin Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung, Feststellung und Forderung von Beiträgen. Danach entstehen Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre nach dem Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Die Höhe des Beitragsanspruches der Sozialversicherungsträger ist nach dieser Norm nicht an die Zahlung von Arbeitsentgelt geknüpft, sondern an die Voraussetzungen der besonderen Sozialgesetze. § 22 Abs. 1 SGB IV knüpft in Verbindung mit den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher damit an das öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Mitgliedschaftsverhältnis an, das kraft Gesetz bei Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht. Damit entstehen die Beiträge der Sozialversicherungsträger dann, wenn eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 30. August 1994, Az.: 12 RK 59/92, SozR 3-2200 § 385 Nr. 5, NZA 1995, S. 701 bis 704). Auch die Fälligkeit der Beiträge gemäß § 23 SGB IV richtet sich nicht danach, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden ist. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV werden laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend der Regelung der Satzung der Kranken- und Pflegekassen fällig. Mithin ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Höhe des Beitragsanspruches nicht nur danach richtet, welche Einnahmen der Versicherte tatsächlich erhält, sondern darüber hinaus auch Einnahmen erfasst werden, die zwar nicht zugeflossen sind, die aber für den genannten Zeitraum dem Arbeitnehmer geschuldet worden sind (BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, Az.: 12 RK 64/94, SozR 3-2500 § 226 Nr. 2, BSGE 78, 224 bis 229). Dies folgt auch daraus, dass nach den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher Bemessungsgrundlage für die Beitragspflicht das Arbeitsentgelt aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ist. Das sind alle laufenden einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Das so genannte Zuflussprinzip, nach dem ausschließlich zugeflossene Entgelte und Einnahmen der Beitragspflicht zugrunde zu legen waren, gilt für die Zeit nach dem In-Kraft-Treten des SGB IV nicht mehr (vgl. BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, a. a. O.). Nach § 22 SGB IV stellt nämlich die Beitragsforderung der Sozialversicherungsträger eine öffentlich-rechtliche Forderung dar und unterliegt damit dem öffentlichen Recht. Genauso wie es den Arbeitsvertragsparteien nicht zusteht, durch Gestaltung eines zivilrechtlichen Vertrages das Entstehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. eines Versicherungsverhältnisses in einem anderen Zweige der Sozialversicherung zu regeln, können die Arbeitsvertragsparteien auch nicht einzelvertraglich über die Höhe der Beitragsforderung in der Weise disponieren, dass sie durch Zahlungsmodalitäten Einfluss auf die Beitragshöhe nehmen.
§§ 22, 23 SGB IV regeln als öffentlich-rechtliche Normen für das Sozialversicherungsrecht und das Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs. 1 SGB IV), wann und - in Anknüpfung an arbeitsvertragliche Regelungen - auch, in welcher Höhe eine Beitragsforderung für Versicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit kraft Gesetzes entsteht. Abzustellen ist dabei auf das geschuldete Arbeitsentgelt. Der 12. Senat des BSG hat hierzu bereits am 26. Oktober 1982 unter Verweisung auf die frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass Arbeitgeber Beiträge auch für solche Entgelte zu entrichten haben, die sie ihren Arbeitnehmern bei Fälligkeit nicht gezahlt haben (BSGE 54, 132). Der 12. Senat des BSG hat sich zur Vermeidung von Nachteilen für die Versicherten, besonders bei späteren Rentenansprüchen, insoweit ausdrücklich vom steuerrechtlichen Zuflussprinzip gelöst. Es wäre mit dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht vereinbar und würde für die betroffenen Versicherten zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen führen, wenn sich ein Arbeitgeber dadurch, dass er geschuldetes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht auszahlt, beitragsrechtliche Vorteile verschaffen könnte. Die Nichtzahlung von fälligem Arbeitsentgelt schlösse somit nicht aus, dass dennoch die darauf enthaltenen Beiträge vom Arbeitgeber zu entrichten seien.
In seiner Entscheidung vom 25. November 1985 - 12 RK 51/83 - hat das BSG diese Rechtsprechung fortgesetzt und erneut bestätigt, dass es unerheblich sei, ob das geschuldete Arbeitsentgelt (zunächst) gezahlt worden sei oder nicht. Die Nichtzahlung oder die verspätete Zahlung von geschuldetem Arbeitsentgelt hindere das Entstehen der Beitragsforderung nicht. Ein Arbeitgeber, der das Arbeitsentgelt nicht (rechtzeitig) zahle, könne sich dadurch seiner Beitragspflicht nicht entledigen. Die Beitragsforderung sei unabhängig vom Arbeitsentgelt und dessen Zahlung, sie hänge auch nicht davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllt werde. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Zur Überzeugung des Senats hatten die Beigeladenen von 7) bis 24) gegen die Klägerin auch einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt nach dem Tarifvertrag. Gemäß § 1 Abs. 3 a des Arbeitnehmerentsendegesetzes - ArbNEntsG - gilt der allgemein verbindliche Tarifvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien zwingend. Nach dem im Arbeitsrecht geltenden Günstigkeitsprinzip kommt es daher hinsichtlich der Höhe des Lohnanspruchs nicht auf die arbeitsrechtliche Regelung eines geringeren Lohnes bei der Geltung eines günstigeren Tarifvertrages an. Die Nichtbefolgung eines Tarifvertrages und der dort festgelegten, für die Arbeitsvertragsparteien zwingenden Entgelthöhen hat nicht nur Auswirkungen auf das zivilrechtliche Arbeitsverhältnis. Wie ausgeführt, stellt die Beitragsforderung eine öffentlich-rechtliche Forderung dar, die an gesetzliche Tatbestandsmerkmale anknüpft. Es geht bei der Feststellung der Beitragshöhe nicht darum, wie die Parteien ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich durchführen, sondern welche Forderungen rechtlich bestehen. Nach dem ArbNEntsG und den Regelungen des TV bestand tatsächlich ein höherer Arbeitsentgeltanspruch aus dem sich die Höhe der Beiträge zur Sozialversicherung, wie sie von der Beklagten festgestellt worden sind, ergibt. Zwar entscheidet grundsätzlich die Höhe des Entgelts über die Höhe der Beiträge und die Arbeitsvertragsparteien haben es in der Hand, durch Vereinbarung des Beschäftigungsverhältnisses und der Entgelthöhe den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Versicherung und Beitragspflicht aufgrund eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses mit entsprechenden Beitragsforderungen der Einzugsstellen in der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Arbeitsförderungsrecht auszulösen (BSG, Urteil vom 30. August 1994, a. a. O.). Die Dispositionsbefugnis der einzelnen Arbeitsvertragsparteien jedoch ist eingeschränkt durch das Tarifvertragsrecht, wenn die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt sind. Es verbleibt auch dann bei einer dem Zivilrecht unterliegenden Abrede der Entgelthöhe, die allerdings durch die Tarifvertragsparteien mitgestaltet worden ist.
Auch § 22 Abs. 1 SGB IV in der ab 01. Januar 2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621) bestätigt die Geltung des Entstehungsprinzips auch für Einmalzahlungen für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2002. Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass zum einen für laufendes Arbeitsentgelt das Zuflussprinzip nach wie vor nicht maßgebend ist und zum anderen für Einmalzahlungen zwar ab 01. Januar 2003 dieses Prinzip maßgebend ist, für die Zeit davor aber das Entstehungsprinzip galt (BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R und B 12 KR 1/04 R).
Gegen dieses einfach-rechtliche Ergebnis bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken: Das Bundesverfassungsgericht hat durch Kammerbeschluss vom 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - festgestellt, dass eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung für den Mindestlohntarifvertrag die positive oder negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz - GG - nicht berühre. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung.
Auch in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG und die Rechtsprechung des BVerfG zu Einmalzahlungen bestehenden keine durchgreifenden Bedenken: In den vom BVerfG entschiedenen Fällen der Einmalzahlungen (insbesondere Weihnachts- und Urlaubsgeld) führte die Gesetzeslage dazu, dass sich rechtstreu verhaltende Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Ergebnis konfrontiert wurden, dass den geleisteten Beiträgen insoweit keine Gegenleistung gegenüber stand. Hier jedoch wird dieses Ergebnis nicht durch die Rechtsordnung, sondern durch ein im Widerspruch zu ihr stehendes Verhalten bewirkt. Befolgte die Klägerin den Tarifvertrag, stünden allen Beiträgen auch Leistungen gegenüber. Diese beiden Fallkonstellationen sind nicht vergleichbar. Auch den vorliegend von der Beklagten verlangten Beiträgen stehen entsprechende Leistungsansprüche gegenüber.
Die Rechtsprechung des Sozialgerichts Gelsenkirchen zum Vertrauensschutz der Arbeitgeber darauf, dass sie rechtswidrig vorenthaltene Beiträge auch später nicht zu leisten haben, überzeugt den Senat nicht. Insoweit bietet die Verjährungsvorschrift des § 25 SGB IV hinreichenden Schutz, die in Abs. 1 Satz 1 gerade von Gutgläubigkeit - und damit von Vertrauen - ausgeht. Im Übrigen bieten die gesetzlichen Vorschriften zum Beitragsrecht keinen Ansatz für die Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten.
Auch das BSG, das mit Urteilen vom 14. Juli 2004 (B 12KR 10/03 R; B 12 KR 7/03 R und B 12 KR 7/04 R) erneut die Auffassung des hier erkennenden Senats - und im Übrigen auch aller befassten Landessozialgerichte - bestätigt hat, folgt dieser Auffassung nicht.
Es war daher mit der Kostenfolge aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wie erkannt, die Berufung zurückzuweisen.
Eine Kostenpflicht gegenüber den Beigeladenen war nicht festzustellen: Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht mit eigenen Anträgen beteiligt, sie haben damit weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der Beklagten obsiegt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Beklagte von ihr Sozialversicherungsbeiträge aufgrund eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages ihrer Arbeitnehmer für eine betriebliche Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) geltend macht.
Die Klägerin ist ein Betrieb des Installationsgewerbes in Kyritz. Auf den Betrieb fand aufgrund der Bekanntmachung vom 24. November 1997 über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages über betriebliche Sonderzahlung im Wirtschaftsbereich Sanitär, Heizung und Klimatechnik Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 dieser Tarifvertrag Anwendung (ab 05. August 1997).
Im Dezember 2000 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis zum 30. November 2000 durch und stellte fest, dass diese ihren Mitarbeitern für die Jahre 1997 bis 2000 keine betriebliche Sonderzahlung geleistet hatte.
Die Beklagte machte daraufhin mit Bescheid vom 25. Juli 2001 eine Beitragsnachforderung mit der Begründung geltend, die Höhe des Beitragsanspruches richte sich nicht nach dem tatsächlich gezahlten, sondern nach dem geschuldeten Lohn. Bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen werde der Tariflohn geschuldet, so dass er sozialversicherungspflichtig auch dann sei, wenn tatsächlich den Arbeitnehmern die entsprechenden Leistungen vorenthalten würden. Die Beitragsförderung im Bescheid belief sich auf 7 656,46 EUR.
Mit dem Widerspruch hiergegen vom 01. August 2001 machte die Klägerin geltend, selbst wenn aufgrund dieses Tarifvertrages eine Verpflichtung zur Leistung von betrieblichen Sonderzahlungen bestanden hätte, so wäre dieser Anspruch mittlerweile längst verfallen, da die jeweiligen Arbeitnehmer ihn innerhalb einer Frist von drei Monaten hätten geltend machen müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 1994 (12 RK 59/92), wonach es nicht darauf ankomme, ob das geschuldete Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt wurde, also dem Arbeitnehmer zugeflossen sei. Die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderungen von einem höheren als dem gezahlten Arbeitsentgelt hänge lediglich davon ab, ob der weitere Entgeltbetrag schon während der Zeit, für welche die Beiträge verlangt werden, geschuldet worden sei.
Hiergegen hat sich die am 06. Februar 2002 beim Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin rügt, die zitierte Entscheidung des BSG beziehe sich auf einen anderen Fall und sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die Entscheidung sei allgemein auf Ablehnung gestoßen. Auch genieße die Klägerin Vertrauensschutz dahingehend, dass die Sozialversicherungsträger, die jahrelang die Nichtabführung von Beiträgen für geschuldete Sonderzahlung zugelassen hätten, dies nun tatsächlich forderten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001, Aktenzeichen 2303-3-12-02625112, in der Fassung des Widerspruchs-bescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11. August 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG verwiesen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. August 2004 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung der Klägerin vom 06. September 2004, in der zur Begründung das Vorbringen erster Instanz wiederholt und vertieft wird. Insbesondere wird dargelegt, dass der Rechsprechung des BSG nicht zu folgen sei und es Aufgabe der Beklagten gewesen wäre, wenn sie in Zukunft in Aufgabe ihrer früheren Auffassung Beiträge in Fällen wie in dem vorliegenden erhebt, dies vorher bekannt zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. August 2004 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die betroffenen Arbeitnehmer zum Rechtsstreit beigeladen (Beigeladene zu 7) bis 24)), da sie vom Ausgang des Rechtsstreits unmittelbar berührt werden (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 sowie das dieses bestätigende Urteil des Sozialgerichts vom 11. August 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beitragspflicht der Arbeitgeber in der Sozialversicherung folgt nicht aus dem tatsächlich gezahlten, sondern aus dem rechtlich geschuldeten Entgelt.
Für alle Sozialversicherungszweige gelten einheitlich hinsichtlich der Definition von Einnahmen und Arbeitsentgelten §§ 14, 15 SGB IV. Danach sind gemäß § 14 SGB V alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Die Klägerin hat Beiträge für die in dem angefochtenen Bescheid genannten Arbeitnehmer auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Arbeitsentgeltes geleistet. Aus den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher folgt nicht, dass entgegen § 14 SGB IV (in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung) sich der Beitragsanspruch der Sozialversicherungsträger ausschließlich nach dem geleisteten, also dem Arbeitnehmer zugeflossenen Entgelt bemisst und dementsprechend die Beitragspflicht der Klägerin erfüllt worden ist.
Rechtsgrundlage der Feststellung der Beitragsforderung der Beiträge zur Sozialversicherung sind die §§ 28 p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschrift (SGB IV) in Verbindung mit § 28 e SGB IV. Gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Krankenpflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Gemäß § 28 e Abs. 1 SGB IV haben die Arbeitgeber, hier also die Klägerin, die gesamten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Grundlage der Beitragsforderung und damit der Feststellung der Beitragspflicht sind die besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Dabei knüpfen die besonderen Regelungen des Sozialgesetzbuchs bei der Grundlage des Beitragsaufkommens an die Einnahmen des Arbeitnehmers an (§§ 226, 249 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, §§ 54, 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - , §§ 174 ff., 162 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - und §§ 341 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - für die Beiträge in der Krankenpflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung).
Wie die Beklagte zutreffend annimmt, folgt der Anspruch auf die Erhebung der Beiträge durch die Sozialversicherungsträger und damit auch der Anspruch der Beklagten auf Feststellung und Forderung der Beitragshöhe als zuständige Stelle gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV aus § 22 SGB IV. Diese Norm regelt die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, ist mithin Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung, Feststellung und Forderung von Beiträgen. Danach entstehen Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre nach dem Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Die Höhe des Beitragsanspruches der Sozialversicherungsträger ist nach dieser Norm nicht an die Zahlung von Arbeitsentgelt geknüpft, sondern an die Voraussetzungen der besonderen Sozialgesetze. § 22 Abs. 1 SGB IV knüpft in Verbindung mit den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher damit an das öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Mitgliedschaftsverhältnis an, das kraft Gesetz bei Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entsteht. Damit entstehen die Beiträge der Sozialversicherungsträger dann, wenn eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 30. August 1994, Az.: 12 RK 59/92, SozR 3-2200 § 385 Nr. 5, NZA 1995, S. 701 bis 704). Auch die Fälligkeit der Beiträge gemäß § 23 SGB IV richtet sich nicht danach, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden ist. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV werden laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend der Regelung der Satzung der Kranken- und Pflegekassen fällig. Mithin ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die Höhe des Beitragsanspruches nicht nur danach richtet, welche Einnahmen der Versicherte tatsächlich erhält, sondern darüber hinaus auch Einnahmen erfasst werden, die zwar nicht zugeflossen sind, die aber für den genannten Zeitraum dem Arbeitnehmer geschuldet worden sind (BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, Az.: 12 RK 64/94, SozR 3-2500 § 226 Nr. 2, BSGE 78, 224 bis 229). Dies folgt auch daraus, dass nach den besonderen Vorschriften der Sozialgesetzbücher Bemessungsgrundlage für die Beitragspflicht das Arbeitsentgelt aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ist. Das sind alle laufenden einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Das so genannte Zuflussprinzip, nach dem ausschließlich zugeflossene Entgelte und Einnahmen der Beitragspflicht zugrunde zu legen waren, gilt für die Zeit nach dem In-Kraft-Treten des SGB IV nicht mehr (vgl. BSG, Urteil vom 21. Mai 1996, a. a. O.). Nach § 22 SGB IV stellt nämlich die Beitragsforderung der Sozialversicherungsträger eine öffentlich-rechtliche Forderung dar und unterliegt damit dem öffentlichen Recht. Genauso wie es den Arbeitsvertragsparteien nicht zusteht, durch Gestaltung eines zivilrechtlichen Vertrages das Entstehen eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. eines Versicherungsverhältnisses in einem anderen Zweige der Sozialversicherung zu regeln, können die Arbeitsvertragsparteien auch nicht einzelvertraglich über die Höhe der Beitragsforderung in der Weise disponieren, dass sie durch Zahlungsmodalitäten Einfluss auf die Beitragshöhe nehmen.
§§ 22, 23 SGB IV regeln als öffentlich-rechtliche Normen für das Sozialversicherungsrecht und das Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Abs. 1 SGB IV), wann und - in Anknüpfung an arbeitsvertragliche Regelungen - auch, in welcher Höhe eine Beitragsforderung für Versicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit kraft Gesetzes entsteht. Abzustellen ist dabei auf das geschuldete Arbeitsentgelt. Der 12. Senat des BSG hat hierzu bereits am 26. Oktober 1982 unter Verweisung auf die frühere Rechtsprechung ausgeführt, dass Arbeitgeber Beiträge auch für solche Entgelte zu entrichten haben, die sie ihren Arbeitnehmern bei Fälligkeit nicht gezahlt haben (BSGE 54, 132). Der 12. Senat des BSG hat sich zur Vermeidung von Nachteilen für die Versicherten, besonders bei späteren Rentenansprüchen, insoweit ausdrücklich vom steuerrechtlichen Zuflussprinzip gelöst. Es wäre mit dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht vereinbar und würde für die betroffenen Versicherten zu offensichtlich unbilligen Ergebnissen führen, wenn sich ein Arbeitgeber dadurch, dass er geschuldetes Arbeitsentgelt bei Fälligkeit nicht auszahlt, beitragsrechtliche Vorteile verschaffen könnte. Die Nichtzahlung von fälligem Arbeitsentgelt schlösse somit nicht aus, dass dennoch die darauf enthaltenen Beiträge vom Arbeitgeber zu entrichten seien.
In seiner Entscheidung vom 25. November 1985 - 12 RK 51/83 - hat das BSG diese Rechtsprechung fortgesetzt und erneut bestätigt, dass es unerheblich sei, ob das geschuldete Arbeitsentgelt (zunächst) gezahlt worden sei oder nicht. Die Nichtzahlung oder die verspätete Zahlung von geschuldetem Arbeitsentgelt hindere das Entstehen der Beitragsforderung nicht. Ein Arbeitgeber, der das Arbeitsentgelt nicht (rechtzeitig) zahle, könne sich dadurch seiner Beitragspflicht nicht entledigen. Die Beitragsforderung sei unabhängig vom Arbeitsentgelt und dessen Zahlung, sie hänge auch nicht davon ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllt werde. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Zur Überzeugung des Senats hatten die Beigeladenen von 7) bis 24) gegen die Klägerin auch einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt nach dem Tarifvertrag. Gemäß § 1 Abs. 3 a des Arbeitnehmerentsendegesetzes - ArbNEntsG - gilt der allgemein verbindliche Tarifvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien zwingend. Nach dem im Arbeitsrecht geltenden Günstigkeitsprinzip kommt es daher hinsichtlich der Höhe des Lohnanspruchs nicht auf die arbeitsrechtliche Regelung eines geringeren Lohnes bei der Geltung eines günstigeren Tarifvertrages an. Die Nichtbefolgung eines Tarifvertrages und der dort festgelegten, für die Arbeitsvertragsparteien zwingenden Entgelthöhen hat nicht nur Auswirkungen auf das zivilrechtliche Arbeitsverhältnis. Wie ausgeführt, stellt die Beitragsforderung eine öffentlich-rechtliche Forderung dar, die an gesetzliche Tatbestandsmerkmale anknüpft. Es geht bei der Feststellung der Beitragshöhe nicht darum, wie die Parteien ihr Arbeitsverhältnis tatsächlich durchführen, sondern welche Forderungen rechtlich bestehen. Nach dem ArbNEntsG und den Regelungen des TV bestand tatsächlich ein höherer Arbeitsentgeltanspruch aus dem sich die Höhe der Beiträge zur Sozialversicherung, wie sie von der Beklagten festgestellt worden sind, ergibt. Zwar entscheidet grundsätzlich die Höhe des Entgelts über die Höhe der Beiträge und die Arbeitsvertragsparteien haben es in der Hand, durch Vereinbarung des Beschäftigungsverhältnisses und der Entgelthöhe den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Versicherung und Beitragspflicht aufgrund eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses mit entsprechenden Beitragsforderungen der Einzugsstellen in der gesetzlichen Sozialversicherung und dem Arbeitsförderungsrecht auszulösen (BSG, Urteil vom 30. August 1994, a. a. O.). Die Dispositionsbefugnis der einzelnen Arbeitsvertragsparteien jedoch ist eingeschränkt durch das Tarifvertragsrecht, wenn die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt sind. Es verbleibt auch dann bei einer dem Zivilrecht unterliegenden Abrede der Entgelthöhe, die allerdings durch die Tarifvertragsparteien mitgestaltet worden ist.
Auch § 22 Abs. 1 SGB IV in der ab 01. Januar 2003 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621) bestätigt die Geltung des Entstehungsprinzips auch für Einmalzahlungen für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2002. Danach entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass zum einen für laufendes Arbeitsentgelt das Zuflussprinzip nach wie vor nicht maßgebend ist und zum anderen für Einmalzahlungen zwar ab 01. Januar 2003 dieses Prinzip maßgebend ist, für die Zeit davor aber das Entstehungsprinzip galt (BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R und B 12 KR 1/04 R).
Gegen dieses einfach-rechtliche Ergebnis bestehen auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken: Das Bundesverfassungsgericht hat durch Kammerbeschluss vom 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - festgestellt, dass eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch Rechtsverordnung für den Mindestlohntarifvertrag die positive oder negative Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz - GG - nicht berühre. Der erkennende Senat folgt dieser Auffassung.
Auch in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG und die Rechtsprechung des BVerfG zu Einmalzahlungen bestehenden keine durchgreifenden Bedenken: In den vom BVerfG entschiedenen Fällen der Einmalzahlungen (insbesondere Weihnachts- und Urlaubsgeld) führte die Gesetzeslage dazu, dass sich rechtstreu verhaltende Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Ergebnis konfrontiert wurden, dass den geleisteten Beiträgen insoweit keine Gegenleistung gegenüber stand. Hier jedoch wird dieses Ergebnis nicht durch die Rechtsordnung, sondern durch ein im Widerspruch zu ihr stehendes Verhalten bewirkt. Befolgte die Klägerin den Tarifvertrag, stünden allen Beiträgen auch Leistungen gegenüber. Diese beiden Fallkonstellationen sind nicht vergleichbar. Auch den vorliegend von der Beklagten verlangten Beiträgen stehen entsprechende Leistungsansprüche gegenüber.
Die Rechtsprechung des Sozialgerichts Gelsenkirchen zum Vertrauensschutz der Arbeitgeber darauf, dass sie rechtswidrig vorenthaltene Beiträge auch später nicht zu leisten haben, überzeugt den Senat nicht. Insoweit bietet die Verjährungsvorschrift des § 25 SGB IV hinreichenden Schutz, die in Abs. 1 Satz 1 gerade von Gutgläubigkeit - und damit von Vertrauen - ausgeht. Im Übrigen bieten die gesetzlichen Vorschriften zum Beitragsrecht keinen Ansatz für die Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten.
Auch das BSG, das mit Urteilen vom 14. Juli 2004 (B 12KR 10/03 R; B 12 KR 7/03 R und B 12 KR 7/04 R) erneut die Auffassung des hier erkennenden Senats - und im Übrigen auch aller befassten Landessozialgerichte - bestätigt hat, folgt dieser Auffassung nicht.
Es war daher mit der Kostenfolge aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wie erkannt, die Berufung zurückzuweisen.
Eine Kostenpflicht gegenüber den Beigeladenen war nicht festzustellen: Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht mit eigenen Anträgen beteiligt, sie haben damit weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der Beklagten obsiegt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
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