Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 RA 28/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 118/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der VEB Robotron - Vertrieb Berlin - war kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben.
2. Zur Beurteilung des Hauptzwecks ist nicht auf die Ebene des Kombinates abzustellen, sondern auf die Ebene des rechtsfähigen Betriebes.
2. Zur Beurteilung des Hauptzwecks ist nicht auf die Ebene des Kombinates abzustellen, sondern auf die Ebene des rechtsfähigen Betriebes.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen hat.
Der im Februar 1939 geborene Kläger erhielt laut Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau und Textiltechnik K. –M. -Stadt vom 23. Juli 1966 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Ab dem 15. August 1966 arbeitete er als Wartungsingenieur beim VEB Bürotechnik M. , der während des Jahres 1969 im VEB Kombinat Robotron aufging. Der Kläger arbeitete bis zum 31. Dezember 1973 als Wartungsingenieur beim VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb, Betriebsteil Magdeburg. Als dessen Rechtsnachfolger wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1974 der VEB Robotron-Vertrieb Berlin als ein Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Robotron gegründet. Im Werk Magdeburg dieses Betriebes war der Kläger bis Ende 1984 als Wartungsingenieur, danach bis 30. Juni 1990 als Technologe tätig. 1990 wurde die CVU Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH i. Gr. Rechtsnachfolger des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, der am 8. Juli 1991 aus dem Register gelöscht wurde. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt der Kläger während des Bestehens der DDR nicht.
Am 29. Mai 2000 beantragte er die Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften "aufgrund der BSG-Urteile zur ZV". Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 24. August 2000 ab: Die im VEB Bürotechnik, später VEB Robotron-Vertrieb ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Bei dem VEB Robotron-Vertrieb habe es sich um einen volkseigenen Betrieb gehandelt. Mit Bescheid vom 27. September 2000 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab, indem sie die Zeit vom 15. August 1966 bis zum 30. Juni 1969 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech feststellte. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001 zurück: Die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Wartungsingenieur bzw. Technologe im VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb bzw. im VEB Robotron-Vertrieb Berlin könne nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt werden. Es handele sich dabei um einen Handelsbetrieb, der nicht in der Versorgungsordnung aufgeführt sei.
Mit der am 25. Januar 2001 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt: Es könne nicht bestritten werden, dass der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb und der VEB Robotron-Vertrieb Berlin volkseigene Betriebe gewesen seien. Die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb sei nur für die in § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) bezeichneten Personen anspruchsbegründende Voraussetzung.
Im Übrigen sei die Firmenbezeichnung kein Beweis für die Arbeit, die in einer Firma erledigt worden sei. So sei der Robotron-Anlagenbau Leipzig nicht – wie der Name vermuten lasse – ein Produktionsbetrieb gewesen, sondern dieser Betrieb sei innerhalb des Kombinats Robotron für die Auslieferung/Verteilung bestellter/zugelieferter Produkte zuständig gewesen.
Den VEB Bürotechnik habe die Beklagte als volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech anerkannt. Durch die geänderte Firmenbezeichnung habe sich an seinen Aufgaben dem Grunde nach nichts geändert. Er habe weiterhin als Wartungsingenieur bzw. Technologe gearbeitet. Dieses spreche gegen eine Umstellung des Aufgabenbereichs der Firma. Gleiches gelte hinsichtlich des beschäftigten Personals. Von rund 500 Beschäftigten sei etwa die Hälfte für die Software-Entwicklung zuständig gewesen, die andere Hälfte Techniker. Nur etwa 10 Prozent der Mitarbeiter seien für Auslieferung/Verkauf und Verwaltung tätig gewesen. Das spreche gegen die Qualifizierung als Handelsbetrieb.
Seine Entlohnung sei nach den Maßstäben der Technischen Kontroll-Organisation (TKO) erfolgt. Diese seien in Handels- und Vertriebsbetrieben nicht angewandt worden. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin dagegen habe eine TKO gehabt, wie sie in Produktionsbetrieben zur Qualitätssicherung vorgeschrieben gewesen sei. Außerdem habe der VEB Robotron-Vertrieb Berlin, wie alle anderen produzierenden Industriebetriebe auch, nach den Kennziffern der Industriellen Waren-Produktion (IWP) abrechnen müssen. Die IWP sei die Hauptkennziffer für die Beurteilung der Effektivität eines Industriebetriebes gewesen. Nach den Gesetzen der DDR habe die IWP den Wert aller industriellen Fertigerzeugnisse und aller fertig gestellten industriellen Leistungen des Produktionsbetriebes charakterisiert. Auch dies spreche dafür, dass er für einen volkseigenen Produktionsbetrieb tätig gewesen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien sogar solche Anwartschaften zu überführen, auf die der Versicherte aufgrund eigener Willensentscheidung durch Beitragserstattung nach Ausscheiden aus dem Versorgungssystem und vor Eintritt des Versicherungsfalls verzichtet habe. Wenn schon diesen Personen wieder Ansprüche anerkannt würden, müsse dies um so mehr für diejenigen gelten, denen zu DDR-Zeiten ein derartiger Anspruch rechtswidrig verwehrt worden sei.
Auch das Urteil des BSG vom 15. Juni 2001 (B 4 RA 117/00 R) verdeutliche, dass die Beklagte die beantragten Zusatzversorgungszeiten festzustellen habe. Denn mit diesem Urteil habe das BSG auch solchen Personen, denen von den Organen der ehemaligen DDR eine Versorgungszusage nicht erteilt worden sei, nämlich Ingenieur-Ökonomen, den Anspruch auf Feststellung von Versorgungsansprüchen zuerkannt.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. September 2001 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen: Das Klagebegehren sei daran zu messen, ob der Kläger darauf habe vertrauen dürfen, bei einem möglichen Leistungsfall bis Ende Juni 1990 eine Rente aus der AVItech bewilligt zu bekommen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Aus den einschlägigen Formulierungen der Rechtsnormen der DDR lasse sich entnehmen, dass die Zugehörigkeit zur AVItech nicht obligatorisch gewesen sei. Dies habe auch der ständig gleichartigen Verwaltungspraxis der DDR entsprochen. Deshalb habe der Kläger bis zum 30. Juni 1990 kein Vertrauen auf eine Rente aus der AVItech herausbilden können. Ein derartiges Vertrauen habe er offensichtlich auch nicht gehabt. Erst die Veröffentlichungen der Entscheidungen des 4. Senats des BSG hätten entsprechende Hoffnungen geweckt und den Kläger zur Antragstellung am 29. Mai 2000 veranlasst. Deshalb sei nicht zu klären, ob der VEB Kombinat Robotron in den Geltungsbereich der AVItech gefallen sei.
Gegen den am 13. September 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingangsdatum vom 8. Oktober 2001 Berufung eingelegt: Nach § 3 der 2. DB seien die Werkdirektoren verpflichtet gewesen, für alle neu in die Betriebe eingestellten Personen der technischen Intelligenz die Vorschläge für die zusätzliche Versicherung bei den zuständigen Hauptverwaltungen der Ministerien der DDR einzureichen. Ein Spielraum bezüglich der Auswahl der benannten Personen habe nicht bestanden. Aus dem Wortlaut des § 3 der 2. DB sei eindeutig zu entnehmen, dass er obligatorisch zu melden und in die zusätzliche Versorgung einzubeziehen gewesen wäre.
Der VEB Kombinat Robotron habe dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik unterstanden. Er sei ein zentral vom zuständigen Ministerium geleiteter Industriebetrieb gewesen. Der Kombinatsbetrieb VEB Robotron-Vertrieb Berlin habe auf der Grundlage von § 7 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (VO) das Werk in Magdeburg als unselbständigen Teilbetrieb "eingerichtet". Daraus folge, dass nicht auf das Werk in Magdeburg, sondern allenfalls auf den VEB Robotron-Vertrieb Berlin abzustellen sei.
Die einzelnen Kombinatsbetriebe seien unselbständig gewesen. Das werde daran deutlich, dass der Generaldirektor des Kombinats ein weitgehendes Eingriffsrecht in die Struktur und die Aufgaben der nachgeordneten Betriebe gehabt habe. Die Direktoren der Kombinatsbetriebe hätten dem Generaldirektor unterstanden. Der Generaldirektor habe sie berufen und abberufen können. Er allein sei ihnen gegenüber weisungsberechtigt gewesen. Bei den Kombinatsbetrieben des Kombinats Robotron habe es sich demnach nicht um juristisch selbständige Betriebe im Sinne des Bundesrechts gehandelt. Es sei daher auf den VEB Kombinat Robotron in seiner Gesamtheit abzustellen. Dieser sei zweifellos ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen.
Abgesehen davon habe es sich sowohl beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin als auch beim Vorgänger VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb um volkseigene Produktionsbetriebe im Sinne der 2. DB gehandelt. Das werde schon daran deutlich, dass die Mehrzahl der Beschäftigten im VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb sowie im VEB Robotron-Vertrieb Berlin in der Produktion tätig gewesen sei. Das Produktionssortiment des VEB Robotron-Vertrieb Berlin einschließlich des Betriebsteils Magdeburg habe von der Herstellung von Kabeln sowie Kabelbäumen über die Produktion von Einheitsverstärkern für Finalerzeugnisse des Kombinats und der Radioproduktion bis zur Produktion von Zubehörteilen für PKW gereicht. Darüber hinaus habe der VEB Robotron-Vertrieb Berlin, Werk Magdeburg die Aufgabe gehabt, die in verschiedenen Ländern des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) hergestellten Komponenten zu einer funktionierenden EDV-Einheit zusammenzustellen, und zwar sowohl für das Inland als auch für den Export. Dies sei nicht dem Vertrieb, sondern der Produktion zuzuordnen, denn ohne diese Finalproduktion seien die einzelnen Komponenten nicht als System arbeitsfähig gewesen.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nach dem vom Statistischen Amt der DDR herausgegebenen Anschriftenverzeichnis der DDR-Volkswirtschaft dem Bereich Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie zugeordnet gewesen sei. Außerdem sei es unzutreffend, dass nur Betriebe, die einem ehemaligen Industrieministerium der DDR unterstellt gewesen seien, volkseigene Produktionsbetriebe gewesen seien.
Im Übrigen sei auf § 46 der Warenordnung hinzuweisen (gemeint ist die Anordnung über das einheitliche System von Rechnungsführung und Statistik in der volkseigenen Industrie v. 12.5.66, GBl. der DDR II S. 495). Dort sei der Begriff der Handelsware definiert. Daraus ergebe sich, dass vom VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb allenfalls marginal Handel betrieben worden sei. Denn die von ihm eingekauften Produkte seien in veränderter Form – z. B. als Zusammenstellung zu geschlossenen EDV-Großanlagen – weiterverkauft worden.
Das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik, dem der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb letztlich unterstellt gewesen sei, sei eines von acht im Januar 1966 gebildeten Industrieministerien gewesen. Das beweise, dass der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei.
Die "Definitionen für Planung, Rechnungsführung und Statistik, 9. Ergänzung zum Teil 3, Ausgabe 1980" (hrsg. v. Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Staatliche Zentralverwaltung für Statistik) bestätigten, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin zum Industriebereich gezählt habe. Die Zuordnung zu Wirtschaftsgruppen durch die Staatliche Verwaltung für Statistik sei rechtsverbindlich gewesen.
Des Weiteren müsse berücksichtigt werden, dass sich die Aufgaben des VEB Robotron-Vertrieb Berlin im Laufe der Jahre verändert hätten. Das am 25. Juni 1984 vom Minister bestätigte Statut des VEB Kombinat Robotron erkläre in § 8, dass die Aufgaben der Kombinatsbetriebe in den Plankennziffern, anderen Leitungsentscheidungen des Kombinates sowie in Kombinatsordnungen festgelegt seien. Diese Festlegungen hätten je nach den volkswirtschaftlichen Anforderungen und Belangen einen Wechsel erfahren. Die Aufgabenbeschreibung für die Kombinatsbetriebe im Statut des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 stamme dagegen aus der Gründungszeit des VEB Robotron-Vertrieb Berlin. Unabhängig davon sei bereits 1974 die Mehrzahl der Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt gewesen. Bis 1989 sei deren Anteil auf 60 % gestiegen, wobei die Mitarbeiter für die Softwareproduktion nicht enthalten seien.
Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob ein volkseigener Produktionsbetrieb vorliege, sei nicht die heutige Zuordnung im Wirtschaftssystem, sondern die Zuordnung in der ehemaligen DDR. Hierzu könne auf die Erläuterung der Begriffe des einfachen und komplizierten Produktionsprozesses im Ökonomischen Lexikon (Verlag "Die Wirtschaft") von 1978 verwiesen werden. Nach den Nomenklaturen der Volkswirtschaft der DDR sei der VEB Robotron-Vertrieb Berlin vorwiegend ein Produktionsbetrieb gewesen. Das verdeutliche auch die Informationsmappe des VEB Kombinat Robotron von Januar 1988. Die Robotron-Vertriebe seien als letztes Glied der Produktionskette voll in den Produktionsprozess eingebunden gewesen.
Auch die Produktion von Software sei letztlich industrielle Produktion. Zur Handelsware gehöre sie nach Nr. 1 Abs. 4 der Richtlinie für die Planung, Bilanzierung und Abrechnung von Software (Anlage zu der entsprechenden Anordnung v. 13.1.86, GBl. der DDR I S. 33) nur, wenn fertige, funktionsfähige Programme unverändert weiterverkauft worden seien. Somit gehöre nach DDR-Verständnis auch funktionsfähig von anderen Betrieben erworbene Software, die an EDV-Systeme und/oder Kundenwünsche angepasst worden sei, zur industriellen Warenproduktion. Letztlich sei auch das sog. fordistische Produktionsmodell nicht das in der DDR maßgebliche Modell zur Beschreibung industrieller Produktion gewesen.
Der ehemalige Betriebsdirektor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin Dr. S. habe in einem Schreiben vom 10. November 2003 eindeutig herausgearbeitet, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nach DDR-Recht ein Produktionsbetrieb gewesen sei. Nach seiner Berechnung habe der Produktionsanteil 1989 umgerechnet auf westdeutsche Verhältnisse fast das siebenfache des Handelsumsatzes erreicht. Der "Handelsumsatz" von 1 Mrd. Mark habe nach westdeutschen Preisen etwa 120 Mio. DM entsprochen, während die 208 Mio. Mark IWP bei ca. 820 Mio. DM gelegen hätten. Das beruhe darauf, dass in der DDR für die technischen und Softwaredienste die Preise nur etwa 20 % der in der Bundesrepublik üblichen Preise erreicht hätten.
Schließlich sprächen noch folgende Fakten für die Einordnung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin als volkseigener Produktionsbetrieb: Die Entlohnung der Mitarbeiter sei nach dem Rahmenkollektivvertrag Maschinenbau/Elektrotechnik/Elektronik erfolgt. Zuständige Gewerkschaft sei die IG Metall gewesen. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin sei gegenüber der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik über die Höhe der IWP berichterstattungspflichtig gewesen. Er sei dort als Produktionsbetrieb geführt worden. Die Berichterstattung sei auf einem Formblatt erfolgt, welches nur für dem Bereich der Industrie angehörende Betriebe vorgesehen gewesen sei. Der Leistungszuschlag der leitenden Mitarbeiter sei an die Erfüllung der Kennziffer IWP gebunden gewesen. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin habe nach dem Kontenrahmen der Industrie bilanzieren und Leistungsfonds, die nur Produktionsbetrieben vorbehalten gewesen seien, bilden müssen. Wie jeder Produktionsbetrieb habe er eine Produktionsfondsabgabe leisten müssen. Bei ihm seien Funktionsebenen und Funktionsbezeichnungen eines Produktionsbetriebes sowie ein Direktorat für Produktion eingerichtet gewesen. Ein Organisationsschema des VEB Kombinat Robotron von Anfang 1980 zeige deutlich, dass der Robotron Vertrieb und der Robotron Anlagenbau an zentraler Stelle der Herstellung kompletter Datenverarbeitungsanlagen gestanden hätten und dass sie Teil des Produktionsprozesses zur industriellen Herstellung von Sachgütern gewesen seien. Der VEB Robotron Vertrieb Berlin und der Anlagenbau hätten die letzte Stufe eines gegliederten Produktionsprozesses dargestellt. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Rechnungslegung für die vom VEB Robotron Vertrieb Berlin endproduzierten EDV-Anlagen nicht durch ihn selbst, sondern durch den VEB Robotron Anlagenbau Leipzig erfolgt sei. Wenn Vertrieb Hauptzweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin gewesen wäre, wäre er für die Rechnungslegung zuständig gewesen. Schließlich sei der Argumentation des Sozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 22. März 2005 (S 9 RA 5498/03) zuzustimmen, wonach der VEB Robotron Vertrieb Berlin ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. September 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 27. September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2001 abzuändern
und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. Juli 1969 bis zum 31. Oktober 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei im umstrittenen Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Dazu zählten nur solche Betriebe, deren Hauptzweck die industrielle Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern gewesen sei. Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin seien jedoch andere Aufgaben zugewiesen worden, wie § 8 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 29. Dezember 1973 verdeutliche. Die dort dem Betrieb als Hauptzweck zugewiesenen Aufgaben entsprächen im heutigen Sinne denen eines EDV-Service-Betriebes. Es habe sich nicht um materielle Produktion gehandelt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit beim VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb habe eindeutig im Vertrieb/Handel von/mit Konsumgütern gelegen.
Der Senat hat eine Auskunft des ehemaligen Direktors für Vertrieb und später für Forschung und Entwicklung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, Werner K. (Bl. 273 f. der Gerichtsakte) sowie Unterlagen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (u.a. den Geschäftsbericht des VEB Robotron-Vertrieb Berlin für 1989 vom 19. Februar 1990, Bl. 281 ff. der Gerichtsakte) und des Bundesarchivs (Aufgabenbeschreibung und Rahmenstruktur der VEB Robotron-Vertrieb Dresden, Berlin und Leipzig vom 27. November 1973, Bl. 297 ff. der Gerichtsakte) beigezogen. Schließlich hat der Senat folgende Zeugenaussagen vor dem Sozialgericht Berlin beigezogen: Dr. M. S , ehemaliger Betriebsdirektor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin vom 21. September 2004 zum Verfahren S 9 RA 398/03; W. K. , sh. oben, und H. E. , ehemaliger Ökonomischer Direktor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, beide vom 27. Mai 2003 zum Verfahren S 9 RA 3399/01). Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2005 hat der Senat den ehemaligen Technischen Leiter des Werkes Magdeburg R. G. als Zeugen vernommen. Wegen der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. Mai 2005, Bl. 382–384 d.A., verwiesen.
Die Akte der Beklagten über den Kläger – Vers.-Nr. (ZV) – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 27. September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2001 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat.
Die Klage ist auch für die Zeit vom 1. Juli 1969 bis 28. Februar 1971 zulässig, denn bisher hat der Rentenversicherungsträger ausweislich des Rentenbescheides vom 17. Juni 2002 entgegen seiner Verpflichtung aus § 256a Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch nicht die tatsächlichen Verdienste einschließlich der so genannten Überverdienste in den Versicherungsverlauf eingestellt. Insoweit besteht zwar kein Unterschied zu dem hier umstrittenen Anspruch gegen die Beklagte als Zusatzversorgungsträger. Der Kläger kann aber nicht darauf verwiesen werden, diesbezüglich gegen den Rentenversicherungsträger vorzugehen, denn dies ist jedenfalls hier, wo kein Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen den Rentenbescheid anhängig ist, kein einfacherer Weg.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 2 AAÜG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG angehörte.
Dem Kläger ist für die strittige Zeit nicht durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (ständige Rechtsprechung, z.B. Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich für die streitigen Zeiträume nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4–8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn der Kläger erfüllte zu diesem Zeitpunkt nicht die später zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems, denn der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR S. 487).
Aus der Feststellung bestimmter Zeiten als Zusatzversorgungszeiten durch die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 ergibt sich nichts anderes. Denn dieser Bescheid enthält keinen feststellenden Verwaltungsakt, durch den die Anwendbarkeit des AAÜG auch für Zeiten bestimmt wäre, die nicht selbst Gegenstand der Feststellung sind.
Die Tatbestandsmerkmale der für die AVItech maßgeblichen 2. DB müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des BSG hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Beschluss des Senats v. 9.9.03 – L 1 RA 96/00). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3–8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Vor diesem Maßstab war der VEB Robotron-Vertrieb Berlin kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB in dem – im Ergebnis engen – Sinn, der der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Volkseigene Produktionsbetriebe i.S. der 2. DB waren nur solche der Industrie und des Bauwesens, wie jedenfalls für die Zeit nach Inkrafttreten der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9.2.67 (GBl. DDR II 1967, 121) aus deren § 49 Abs. 1 zu folgern ist (BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5). Die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden gerade den "volkseigenen Betrieben" sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (zuletzt § 41 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (Kombinats-VO) vom 8.11.1979 (GBl. DDR I 1979, 355); vgl. BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R; BSG, Urt. v. 18.12.03 - B 4 RA 18/03 R - RdNr. 23, zitiert nach Juris Rechtsprechung). Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb enthält § 1 Abs. 1 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nichtproduzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre.
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell fertigen. Konzeptionell muss es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Modells gehandelt haben (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urt. 27.7.04 – B 4 RA 11/04 R, zitiert nach Juris). Diese industriepolitische Konzeption beruhte auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion. Diese Art von Produktion gab dem Betrieb, in dem der Kläger im umstrittenen Zeitraum beschäftigt war, nicht das Gepräge. Denn gemäß § 7 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 oblag dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik. Hauptzweck war demnach – zusammengefasst – Vertrieb und Kundendienst. Dies entspricht der Aufgabenbeschreibung für den VEB Robotron-Vertrieb Berlin in der "Begründung zur Rahmenstruktur des VEB Kombinat Robotron" vom 27. November 1973. Dass "Vertrieb" hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit Handel gleichzusetzen ist, sondern die Montage und Herstellung der Betriebsbereitschaft von Computern nach den jeweiligen Kundenbedürfnissen umfasst, begründet nicht, dass es sich um industrielle Produktion von Sachgütern gehandelt hätte. Diesem – maßgeblichen – Hauptzweck steht nicht entgegen, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin daneben andere Aufgaben erfüllt hat, wie z.B. die Produktion von Monoheimrundfunkgeräten im Werk Stralsund.
Der Senat hält mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an der notwendigen Voraussetzung hauptsächlich industrieller Massenfertigung von Sachgütern im Sinne des fordistischen Produktionsmodells im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb fest. Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das Bundessozialgericht unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 46 f.). Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, in der Wirtschaftslehre der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher Produktion verwendet worden sind, hält der Senat nicht für maßgeblich. Dass dies teilweise der Fall war, hat der Kläger etwa durch Vorlage der Definitionen für Planung, Rechnungsführung und Statistik, herausgegeben 1980 vom Ministerrat der DDR – Staatliche Zentralverwaltung für Statistik, nachgewiesen. Denn darin werden als Leistungsarten industrieller Produktion auch "materielle Leistungen industrieller Produktion" erfasst, zu denen Reparaturen (Instandsetzungen und Instandhaltungen) und Montagen und sonstige materielle Leistungen industrieller Art (Lohnarbeiten) gehörten. Rechtliche Bedeutung kommt diesem Umstand für das nachwirkende bundesrechtliche Verständnis des Begriffes der Industrieproduktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Zum Einen sind die Herstellung industrieller Erzeugnisse und die materiellen Leistungen industrieller Produktion schon nach diesen Unterlagen selbst in Planung und Abrechnung unterschiedlich zu bewerten. Zum Anderen erfordert aber die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion, sich auf den engsten, wirtschaftswissenschaftlich vertretenen Begriff zu stützen, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um deren Korrektur für die Zukunft geht es nämlich – wie dargelegt – nur bei der Prüfung einer bundesrechtlichen Einbeziehung im Wege der Unterstellung, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei einer Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von der verbreitetsten wirtschaftswissenschaftlichen Lehrmeinung ausgegangen worden ist.
Die beigezogenen Zeugenaussagen von Dr. S. , K. und E. sowie die Aussage des Zeugen G. in der Senatssitzung am 25. Mai 2005 verdeutlichen, dass dem VEB Robotron Vertrieb Berlin nicht die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung, Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben hat. Insgesamt hatte der VEB Robotron Vertrieb Berlin Ende der 80er Jahre über 4.000 Mitarbeiter (Dr. S.: Mai 1990 ungefähr 4.200 Mitarbeiter; K.: 1989 ungefähr 4.400 Mitarbeiter; E.: Wendezeit ca. 4.500 Mitarbeiter, G.: 4.200 bis 4.300 Mitarbeiter). Der Zeuge G. hat ausgeführt, dass die überwiegende Zahl der Mitarbeiter die Komponenten aus verschiedenen Betrieben und Ländern zu einer für den Kunden erforderlichen bzw. von ihm gewünschten Konfiguration zusammengestellt, bei ihm montiert und die Betriebsbereitschaft hergestellt habe. Die Produkte hätten dazu jeweils im Einzelnen an die Bedürfnisse der Anwender angepasst werden müssen, so der Zeuge. Es handelte sich bei diesem von G. als Finalproduktion bezeichneten Vorgang also um eine auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Herstellung. Daran wird deutlich, dass keine industrielle Serienfertigung vorgenommen wurde, wie z.B. heute noch im modernen Automobil- oder Flugzeugbau. Diese Installationstätigkeit bestätigen auch die vor dem Sozialgericht Berlin vernommenen Zeugen Dr. S. , K. und E. als Hauptaufgabe und Gründungszweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin.
Der Zeuge K. hat zwar ausgesagt, von den 4.400 Mitarbeitern seien über 2.000 dem Direktorat für Produktion zugeordnet gewesen. Diese Produktion habe auch technische Dienstleistungen umfasst. Technische Dienstleistungen unterfallen aber gerade nicht dem oben erläuterten Produktionsbegriff im Sinne der industriellen Fertigung von Sachgütern, da es sich dabei nicht um die Massenfertigung von Sachgütern handelt. Deshalb ist die Zuordnung zum Direktorat für Produktion nicht aussagekräftig.
Dass die weit überwiegende Anzahl der Mitarbeiter im Vertriebs- und Kundendienst, in der Verwaltung und in der Software-Entwicklung und damit nicht im Bereich der industriellen Fertigung von Sachgütern eingesetzt war, ist auch der Aussage des Zeugen E. zu entnehmen: Er hat zunächst ausgesagt, im gesamten VEB Robotron-Vertrieb Berlin seien ca. 1.500 Servicetechniker mit der Inbetriebnahme, Wartung und Reparatur der Erzeugnisse beschäftigt gewesen. Im Verlauf der Aussage hat er diese Zahl sogar nach oben korrigiert: Zusammen mit den Werken Magdeburg, Potsdam und Schwerin (gemeint wohl Stralsund) seien "insgesamt sicher über 2.000 Beschäftigte" im technischen Kundendienst tätig gewesen.
In der Produktion im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts waren nur die Mitarbeiter beschäftigt, die im Werk 1 des VEB Robotron Vertrieb Berlin in Stralsund unmittelbar mit der Produktion von Monoheimrundfunkgeräten befasst waren. Das waren laut Aussage des Zeugen K. 200 bis 300 Mitarbeiter, während der Zeuge G. 300 Mitarbeiter genannt hat. Diese Differenz ist bei einer Schätzung nach so vielen Jahren, noch dazu aus unterschiedlichen beruflichen Perspektiven der Zeugen, nicht ungewöhnlich. Die Aussage des Zeugen E. steht dazu nicht im Widerspruch. Er hat angegeben, im Werk Stralsund seien ca. 500 bis 600 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Dabei hat er allerdings die Beschäftigten in der Nebenstelle in Rostock mitgezählt und den technischen Kundendienst mitgerechnet. Insgesamt lässt sich jedenfalls feststellen, dass maximal 300 Mitarbeiter in der unmittelbaren Radioproduktion tätig waren. Im Werk 2 in Magdeburg waren etwa 400 Mitarbeiter beschäftigt, so der Zeuge K. Über 100 Mitarbeiter waren dort mit der Softwareentwicklung und Applikation befasst. Dabei handelte es sich nicht um Produktion im Sinne des oben erläuterten fordistischen Produktionsmodells, da die Wertschöpfung bei diesem Vorgang nicht in der industriellen Massenfertigung von Sachen besteht. Ansonsten wurden in Magdeburg Kabel und Produktionsdatenerfassungssysteme hergestellt, so der Zeuge K ... Unterstellt, dass es sich dabei um Produktion im o.g. fordistischen Sinne handelte, waren in Magdeburg maximal 300 Mitarbeiter im produzierenden Bereich tätig. Nach den Zeugenaussagen, die in den entscheidenden Punkten nur unwesentlich voneinander abweichen, waren bei großzügiger Betrachtungsweise nicht mehr als 600 Mitarbeiter in der unmittelbaren Produktion im Sinne des fordistischen Modells tätig. Diese Tätigkeit hat dem VEB Robotron Vertrieb Berlin angesichts der Gesamt-Beschäftigtenzahl von über 4.000 nicht das Gepräge gegeben.
Für die vom Kläger zum Ausdruck gebrachte Auffassung, zur Beurteilung der betrieblichen Voraussetzung des Hauptzwecks sei nicht auf die Ebene des Betriebes, sondern auf diejenige des Kombinates abzustellen, fehlt es angesichts der rechtlichen Ausge-staltung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin als volkseigener Betrieb an einer Grundlage. Denn bereits gemäß § 7 Abs. 1 S. 1, 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes (v. 9.2.67, GBl. der DDR II S. 121) handelte es sich bei einem volkseigenen Betrieb um eine selbständige juristische Person, auf die bei der Prüfung, inwieweit die Produktion betrieblicher Hauptzweck war, abzustellen ist. Ein solcher Betrieb war nämlich eine Wirtschaftseinheit (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 41). Dabei erfasste die genannte Verordnung trotz ihrer Bezugnahme auf Produktionsbetriebe auch den Betrieb des Klägers, weil sie nach ihrem § 49 Abs. 2 auf alle – auch nichtproduzierenden – volkseigenen Betriebe anzuwenden war, die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiteten. Dies war nach § 2 Abs. 3 der Gründungsanweisung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin vom 20. Dezember 1973 bei diesem Betrieb der Fall. Die Rechtsfähigkeit volkseigener Betriebe innerhalb eines Kombinates bestand auch nach § 9 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28.4.73 (GBl. I S. 129) und nach § 31 Abs. 2 S. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8.11.79 (GBl. I S. 355) bis zum 30. Juni 1990 fort. § 4 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 bestätigt, dass neben dem Kombinat auch die Betriebe des Kombinats rechtsfähig sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage bezüglich der Ablehnungsgründe durch die angegebene Rechtsprechung des BSG geklärt ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) festzustellen hat.
Der im Februar 1939 geborene Kläger erhielt laut Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau und Textiltechnik K. –M. -Stadt vom 23. Juli 1966 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Ab dem 15. August 1966 arbeitete er als Wartungsingenieur beim VEB Bürotechnik M. , der während des Jahres 1969 im VEB Kombinat Robotron aufging. Der Kläger arbeitete bis zum 31. Dezember 1973 als Wartungsingenieur beim VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb, Betriebsteil Magdeburg. Als dessen Rechtsnachfolger wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1974 der VEB Robotron-Vertrieb Berlin als ein Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Robotron gegründet. Im Werk Magdeburg dieses Betriebes war der Kläger bis Ende 1984 als Wartungsingenieur, danach bis 30. Juni 1990 als Technologe tätig. 1990 wurde die CVU Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH i. Gr. Rechtsnachfolger des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, der am 8. Juli 1991 aus dem Register gelöscht wurde. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt der Kläger während des Bestehens der DDR nicht.
Am 29. Mai 2000 beantragte er die Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften "aufgrund der BSG-Urteile zur ZV". Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 24. August 2000 ab: Die im VEB Bürotechnik, später VEB Robotron-Vertrieb ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Bei dem VEB Robotron-Vertrieb habe es sich um einen volkseigenen Betrieb gehandelt. Mit Bescheid vom 27. September 2000 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab, indem sie die Zeit vom 15. August 1966 bis zum 30. Juni 1969 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech feststellte. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2001 zurück: Die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Wartungsingenieur bzw. Technologe im VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb bzw. im VEB Robotron-Vertrieb Berlin könne nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt werden. Es handele sich dabei um einen Handelsbetrieb, der nicht in der Versorgungsordnung aufgeführt sei.
Mit der am 25. Januar 2001 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt: Es könne nicht bestritten werden, dass der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb und der VEB Robotron-Vertrieb Berlin volkseigene Betriebe gewesen seien. Die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb sei nur für die in § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) bezeichneten Personen anspruchsbegründende Voraussetzung.
Im Übrigen sei die Firmenbezeichnung kein Beweis für die Arbeit, die in einer Firma erledigt worden sei. So sei der Robotron-Anlagenbau Leipzig nicht – wie der Name vermuten lasse – ein Produktionsbetrieb gewesen, sondern dieser Betrieb sei innerhalb des Kombinats Robotron für die Auslieferung/Verteilung bestellter/zugelieferter Produkte zuständig gewesen.
Den VEB Bürotechnik habe die Beklagte als volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech anerkannt. Durch die geänderte Firmenbezeichnung habe sich an seinen Aufgaben dem Grunde nach nichts geändert. Er habe weiterhin als Wartungsingenieur bzw. Technologe gearbeitet. Dieses spreche gegen eine Umstellung des Aufgabenbereichs der Firma. Gleiches gelte hinsichtlich des beschäftigten Personals. Von rund 500 Beschäftigten sei etwa die Hälfte für die Software-Entwicklung zuständig gewesen, die andere Hälfte Techniker. Nur etwa 10 Prozent der Mitarbeiter seien für Auslieferung/Verkauf und Verwaltung tätig gewesen. Das spreche gegen die Qualifizierung als Handelsbetrieb.
Seine Entlohnung sei nach den Maßstäben der Technischen Kontroll-Organisation (TKO) erfolgt. Diese seien in Handels- und Vertriebsbetrieben nicht angewandt worden. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin dagegen habe eine TKO gehabt, wie sie in Produktionsbetrieben zur Qualitätssicherung vorgeschrieben gewesen sei. Außerdem habe der VEB Robotron-Vertrieb Berlin, wie alle anderen produzierenden Industriebetriebe auch, nach den Kennziffern der Industriellen Waren-Produktion (IWP) abrechnen müssen. Die IWP sei die Hauptkennziffer für die Beurteilung der Effektivität eines Industriebetriebes gewesen. Nach den Gesetzen der DDR habe die IWP den Wert aller industriellen Fertigerzeugnisse und aller fertig gestellten industriellen Leistungen des Produktionsbetriebes charakterisiert. Auch dies spreche dafür, dass er für einen volkseigenen Produktionsbetrieb tätig gewesen sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien sogar solche Anwartschaften zu überführen, auf die der Versicherte aufgrund eigener Willensentscheidung durch Beitragserstattung nach Ausscheiden aus dem Versorgungssystem und vor Eintritt des Versicherungsfalls verzichtet habe. Wenn schon diesen Personen wieder Ansprüche anerkannt würden, müsse dies um so mehr für diejenigen gelten, denen zu DDR-Zeiten ein derartiger Anspruch rechtswidrig verwehrt worden sei.
Auch das Urteil des BSG vom 15. Juni 2001 (B 4 RA 117/00 R) verdeutliche, dass die Beklagte die beantragten Zusatzversorgungszeiten festzustellen habe. Denn mit diesem Urteil habe das BSG auch solchen Personen, denen von den Organen der ehemaligen DDR eine Versorgungszusage nicht erteilt worden sei, nämlich Ingenieur-Ökonomen, den Anspruch auf Feststellung von Versorgungsansprüchen zuerkannt.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. September 2001 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen: Das Klagebegehren sei daran zu messen, ob der Kläger darauf habe vertrauen dürfen, bei einem möglichen Leistungsfall bis Ende Juni 1990 eine Rente aus der AVItech bewilligt zu bekommen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Aus den einschlägigen Formulierungen der Rechtsnormen der DDR lasse sich entnehmen, dass die Zugehörigkeit zur AVItech nicht obligatorisch gewesen sei. Dies habe auch der ständig gleichartigen Verwaltungspraxis der DDR entsprochen. Deshalb habe der Kläger bis zum 30. Juni 1990 kein Vertrauen auf eine Rente aus der AVItech herausbilden können. Ein derartiges Vertrauen habe er offensichtlich auch nicht gehabt. Erst die Veröffentlichungen der Entscheidungen des 4. Senats des BSG hätten entsprechende Hoffnungen geweckt und den Kläger zur Antragstellung am 29. Mai 2000 veranlasst. Deshalb sei nicht zu klären, ob der VEB Kombinat Robotron in den Geltungsbereich der AVItech gefallen sei.
Gegen den am 13. September 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingangsdatum vom 8. Oktober 2001 Berufung eingelegt: Nach § 3 der 2. DB seien die Werkdirektoren verpflichtet gewesen, für alle neu in die Betriebe eingestellten Personen der technischen Intelligenz die Vorschläge für die zusätzliche Versicherung bei den zuständigen Hauptverwaltungen der Ministerien der DDR einzureichen. Ein Spielraum bezüglich der Auswahl der benannten Personen habe nicht bestanden. Aus dem Wortlaut des § 3 der 2. DB sei eindeutig zu entnehmen, dass er obligatorisch zu melden und in die zusätzliche Versorgung einzubeziehen gewesen wäre.
Der VEB Kombinat Robotron habe dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik unterstanden. Er sei ein zentral vom zuständigen Ministerium geleiteter Industriebetrieb gewesen. Der Kombinatsbetrieb VEB Robotron-Vertrieb Berlin habe auf der Grundlage von § 7 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (VO) das Werk in Magdeburg als unselbständigen Teilbetrieb "eingerichtet". Daraus folge, dass nicht auf das Werk in Magdeburg, sondern allenfalls auf den VEB Robotron-Vertrieb Berlin abzustellen sei.
Die einzelnen Kombinatsbetriebe seien unselbständig gewesen. Das werde daran deutlich, dass der Generaldirektor des Kombinats ein weitgehendes Eingriffsrecht in die Struktur und die Aufgaben der nachgeordneten Betriebe gehabt habe. Die Direktoren der Kombinatsbetriebe hätten dem Generaldirektor unterstanden. Der Generaldirektor habe sie berufen und abberufen können. Er allein sei ihnen gegenüber weisungsberechtigt gewesen. Bei den Kombinatsbetrieben des Kombinats Robotron habe es sich demnach nicht um juristisch selbständige Betriebe im Sinne des Bundesrechts gehandelt. Es sei daher auf den VEB Kombinat Robotron in seiner Gesamtheit abzustellen. Dieser sei zweifellos ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen.
Abgesehen davon habe es sich sowohl beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin als auch beim Vorgänger VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb um volkseigene Produktionsbetriebe im Sinne der 2. DB gehandelt. Das werde schon daran deutlich, dass die Mehrzahl der Beschäftigten im VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb sowie im VEB Robotron-Vertrieb Berlin in der Produktion tätig gewesen sei. Das Produktionssortiment des VEB Robotron-Vertrieb Berlin einschließlich des Betriebsteils Magdeburg habe von der Herstellung von Kabeln sowie Kabelbäumen über die Produktion von Einheitsverstärkern für Finalerzeugnisse des Kombinats und der Radioproduktion bis zur Produktion von Zubehörteilen für PKW gereicht. Darüber hinaus habe der VEB Robotron-Vertrieb Berlin, Werk Magdeburg die Aufgabe gehabt, die in verschiedenen Ländern des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) hergestellten Komponenten zu einer funktionierenden EDV-Einheit zusammenzustellen, und zwar sowohl für das Inland als auch für den Export. Dies sei nicht dem Vertrieb, sondern der Produktion zuzuordnen, denn ohne diese Finalproduktion seien die einzelnen Komponenten nicht als System arbeitsfähig gewesen.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nach dem vom Statistischen Amt der DDR herausgegebenen Anschriftenverzeichnis der DDR-Volkswirtschaft dem Bereich Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie zugeordnet gewesen sei. Außerdem sei es unzutreffend, dass nur Betriebe, die einem ehemaligen Industrieministerium der DDR unterstellt gewesen seien, volkseigene Produktionsbetriebe gewesen seien.
Im Übrigen sei auf § 46 der Warenordnung hinzuweisen (gemeint ist die Anordnung über das einheitliche System von Rechnungsführung und Statistik in der volkseigenen Industrie v. 12.5.66, GBl. der DDR II S. 495). Dort sei der Begriff der Handelsware definiert. Daraus ergebe sich, dass vom VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb allenfalls marginal Handel betrieben worden sei. Denn die von ihm eingekauften Produkte seien in veränderter Form – z. B. als Zusammenstellung zu geschlossenen EDV-Großanlagen – weiterverkauft worden.
Das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik, dem der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb letztlich unterstellt gewesen sei, sei eines von acht im Januar 1966 gebildeten Industrieministerien gewesen. Das beweise, dass der VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei.
Die "Definitionen für Planung, Rechnungsführung und Statistik, 9. Ergänzung zum Teil 3, Ausgabe 1980" (hrsg. v. Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Staatliche Zentralverwaltung für Statistik) bestätigten, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin zum Industriebereich gezählt habe. Die Zuordnung zu Wirtschaftsgruppen durch die Staatliche Verwaltung für Statistik sei rechtsverbindlich gewesen.
Des Weiteren müsse berücksichtigt werden, dass sich die Aufgaben des VEB Robotron-Vertrieb Berlin im Laufe der Jahre verändert hätten. Das am 25. Juni 1984 vom Minister bestätigte Statut des VEB Kombinat Robotron erkläre in § 8, dass die Aufgaben der Kombinatsbetriebe in den Plankennziffern, anderen Leitungsentscheidungen des Kombinates sowie in Kombinatsordnungen festgelegt seien. Diese Festlegungen hätten je nach den volkswirtschaftlichen Anforderungen und Belangen einen Wechsel erfahren. Die Aufgabenbeschreibung für die Kombinatsbetriebe im Statut des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 stamme dagegen aus der Gründungszeit des VEB Robotron-Vertrieb Berlin. Unabhängig davon sei bereits 1974 die Mehrzahl der Mitarbeiter in der Produktion beschäftigt gewesen. Bis 1989 sei deren Anteil auf 60 % gestiegen, wobei die Mitarbeiter für die Softwareproduktion nicht enthalten seien.
Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob ein volkseigener Produktionsbetrieb vorliege, sei nicht die heutige Zuordnung im Wirtschaftssystem, sondern die Zuordnung in der ehemaligen DDR. Hierzu könne auf die Erläuterung der Begriffe des einfachen und komplizierten Produktionsprozesses im Ökonomischen Lexikon (Verlag "Die Wirtschaft") von 1978 verwiesen werden. Nach den Nomenklaturen der Volkswirtschaft der DDR sei der VEB Robotron-Vertrieb Berlin vorwiegend ein Produktionsbetrieb gewesen. Das verdeutliche auch die Informationsmappe des VEB Kombinat Robotron von Januar 1988. Die Robotron-Vertriebe seien als letztes Glied der Produktionskette voll in den Produktionsprozess eingebunden gewesen.
Auch die Produktion von Software sei letztlich industrielle Produktion. Zur Handelsware gehöre sie nach Nr. 1 Abs. 4 der Richtlinie für die Planung, Bilanzierung und Abrechnung von Software (Anlage zu der entsprechenden Anordnung v. 13.1.86, GBl. der DDR I S. 33) nur, wenn fertige, funktionsfähige Programme unverändert weiterverkauft worden seien. Somit gehöre nach DDR-Verständnis auch funktionsfähig von anderen Betrieben erworbene Software, die an EDV-Systeme und/oder Kundenwünsche angepasst worden sei, zur industriellen Warenproduktion. Letztlich sei auch das sog. fordistische Produktionsmodell nicht das in der DDR maßgebliche Modell zur Beschreibung industrieller Produktion gewesen.
Der ehemalige Betriebsdirektor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin Dr. S. habe in einem Schreiben vom 10. November 2003 eindeutig herausgearbeitet, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nach DDR-Recht ein Produktionsbetrieb gewesen sei. Nach seiner Berechnung habe der Produktionsanteil 1989 umgerechnet auf westdeutsche Verhältnisse fast das siebenfache des Handelsumsatzes erreicht. Der "Handelsumsatz" von 1 Mrd. Mark habe nach westdeutschen Preisen etwa 120 Mio. DM entsprochen, während die 208 Mio. Mark IWP bei ca. 820 Mio. DM gelegen hätten. Das beruhe darauf, dass in der DDR für die technischen und Softwaredienste die Preise nur etwa 20 % der in der Bundesrepublik üblichen Preise erreicht hätten.
Schließlich sprächen noch folgende Fakten für die Einordnung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin als volkseigener Produktionsbetrieb: Die Entlohnung der Mitarbeiter sei nach dem Rahmenkollektivvertrag Maschinenbau/Elektrotechnik/Elektronik erfolgt. Zuständige Gewerkschaft sei die IG Metall gewesen. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin sei gegenüber der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik über die Höhe der IWP berichterstattungspflichtig gewesen. Er sei dort als Produktionsbetrieb geführt worden. Die Berichterstattung sei auf einem Formblatt erfolgt, welches nur für dem Bereich der Industrie angehörende Betriebe vorgesehen gewesen sei. Der Leistungszuschlag der leitenden Mitarbeiter sei an die Erfüllung der Kennziffer IWP gebunden gewesen. Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin habe nach dem Kontenrahmen der Industrie bilanzieren und Leistungsfonds, die nur Produktionsbetrieben vorbehalten gewesen seien, bilden müssen. Wie jeder Produktionsbetrieb habe er eine Produktionsfondsabgabe leisten müssen. Bei ihm seien Funktionsebenen und Funktionsbezeichnungen eines Produktionsbetriebes sowie ein Direktorat für Produktion eingerichtet gewesen. Ein Organisationsschema des VEB Kombinat Robotron von Anfang 1980 zeige deutlich, dass der Robotron Vertrieb und der Robotron Anlagenbau an zentraler Stelle der Herstellung kompletter Datenverarbeitungsanlagen gestanden hätten und dass sie Teil des Produktionsprozesses zur industriellen Herstellung von Sachgütern gewesen seien. Der VEB Robotron Vertrieb Berlin und der Anlagenbau hätten die letzte Stufe eines gegliederten Produktionsprozesses dargestellt. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Rechnungslegung für die vom VEB Robotron Vertrieb Berlin endproduzierten EDV-Anlagen nicht durch ihn selbst, sondern durch den VEB Robotron Anlagenbau Leipzig erfolgt sei. Wenn Vertrieb Hauptzweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin gewesen wäre, wäre er für die Rechnungslegung zuständig gewesen. Schließlich sei der Argumentation des Sozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 22. März 2005 (S 9 RA 5498/03) zuzustimmen, wonach der VEB Robotron Vertrieb Berlin ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. September 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 27. September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2001 abzuändern
und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 1. Juli 1969 bis zum 31. Oktober 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger sei im umstrittenen Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb beschäftigt gewesen. Dazu zählten nur solche Betriebe, deren Hauptzweck die industrielle Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern gewesen sei. Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin seien jedoch andere Aufgaben zugewiesen worden, wie § 8 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 29. Dezember 1973 verdeutliche. Die dort dem Betrieb als Hauptzweck zugewiesenen Aufgaben entsprächen im heutigen Sinne denen eines EDV-Service-Betriebes. Es habe sich nicht um materielle Produktion gehandelt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit beim VEB Kombinat Robotron – Zentralvertrieb habe eindeutig im Vertrieb/Handel von/mit Konsumgütern gelegen.
Der Senat hat eine Auskunft des ehemaligen Direktors für Vertrieb und später für Forschung und Entwicklung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, Werner K. (Bl. 273 f. der Gerichtsakte) sowie Unterlagen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (u.a. den Geschäftsbericht des VEB Robotron-Vertrieb Berlin für 1989 vom 19. Februar 1990, Bl. 281 ff. der Gerichtsakte) und des Bundesarchivs (Aufgabenbeschreibung und Rahmenstruktur der VEB Robotron-Vertrieb Dresden, Berlin und Leipzig vom 27. November 1973, Bl. 297 ff. der Gerichtsakte) beigezogen. Schließlich hat der Senat folgende Zeugenaussagen vor dem Sozialgericht Berlin beigezogen: Dr. M. S , ehemaliger Betriebsdirektor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin vom 21. September 2004 zum Verfahren S 9 RA 398/03; W. K. , sh. oben, und H. E. , ehemaliger Ökonomischer Direktor des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, beide vom 27. Mai 2003 zum Verfahren S 9 RA 3399/01). Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2005 hat der Senat den ehemaligen Technischen Leiter des Werkes Magdeburg R. G. als Zeugen vernommen. Wegen der Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. Mai 2005, Bl. 382–384 d.A., verwiesen.
Die Akte der Beklagten über den Kläger – Vers.-Nr. (ZV) – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt des Feststellungsbescheides vom 27. September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2001 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat.
Die Klage ist auch für die Zeit vom 1. Juli 1969 bis 28. Februar 1971 zulässig, denn bisher hat der Rentenversicherungsträger ausweislich des Rentenbescheides vom 17. Juni 2002 entgegen seiner Verpflichtung aus § 256a Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch nicht die tatsächlichen Verdienste einschließlich der so genannten Überverdienste in den Versicherungsverlauf eingestellt. Insoweit besteht zwar kein Unterschied zu dem hier umstrittenen Anspruch gegen die Beklagte als Zusatzversorgungsträger. Der Kläger kann aber nicht darauf verwiesen werden, diesbezüglich gegen den Rentenversicherungsträger vorzugehen, denn dies ist jedenfalls hier, wo kein Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen den Rentenbescheid anhängig ist, kein einfacherer Weg.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung durch Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach § 1 Abs. 2 AAÜG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG angehörte.
Dem Kläger ist für die strittige Zeit nicht durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung die entsprechende Versorgung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (ständige Rechtsprechung, z.B. Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich für die streitigen Zeiträume nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R – SozR 4–8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn der Kläger erfüllte zu diesem Zeitpunkt nicht die später zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3–8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems, denn der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. der DDR S. 487).
Aus der Feststellung bestimmter Zeiten als Zusatzversorgungszeiten durch die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 ergibt sich nichts anderes. Denn dieser Bescheid enthält keinen feststellenden Verwaltungsakt, durch den die Anwendbarkeit des AAÜG auch für Zeiten bestimmt wäre, die nicht selbst Gegenstand der Feststellung sind.
Die Tatbestandsmerkmale der für die AVItech maßgeblichen 2. DB müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des BSG hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Beschluss des Senats v. 9.9.03 – L 1 RA 96/00). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des BSG zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3–8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Vor diesem Maßstab war der VEB Robotron-Vertrieb Berlin kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB in dem – im Ergebnis engen – Sinn, der der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist. Volkseigene Produktionsbetriebe i.S. der 2. DB waren nur solche der Industrie und des Bauwesens, wie jedenfalls für die Zeit nach Inkrafttreten der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9.2.67 (GBl. DDR II 1967, 121) aus deren § 49 Abs. 1 zu folgern ist (BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 5). Die "volkseigenen Produktionsbetriebe" wurden gerade den "volkseigenen Betrieben" sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (zuletzt § 41 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (Kombinats-VO) vom 8.11.1979 (GBl. DDR I 1979, 355); vgl. BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 42/01 R; BSG, Urt. v. 18.12.03 - B 4 RA 18/03 R - RdNr. 23, zitiert nach Juris Rechtsprechung). Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb enthält § 1 Abs. 1 2. DB im Umkehrschluss, weil anderenfalls die Gleichstellung nichtproduzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre.
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell fertigen. Konzeptionell muss es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Modells gehandelt haben (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urt. 27.7.04 – B 4 RA 11/04 R, zitiert nach Juris). Diese industriepolitische Konzeption beruhte auf der Rationalisierung der Fertigungskosten durch Massenproduktion. Diese Art von Produktion gab dem Betrieb, in dem der Kläger im umstrittenen Zeitraum beschäftigt war, nicht das Gepräge. Denn gemäß § 7 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 oblag dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik. Hauptzweck war demnach – zusammengefasst – Vertrieb und Kundendienst. Dies entspricht der Aufgabenbeschreibung für den VEB Robotron-Vertrieb Berlin in der "Begründung zur Rahmenstruktur des VEB Kombinat Robotron" vom 27. November 1973. Dass "Vertrieb" hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit Handel gleichzusetzen ist, sondern die Montage und Herstellung der Betriebsbereitschaft von Computern nach den jeweiligen Kundenbedürfnissen umfasst, begründet nicht, dass es sich um industrielle Produktion von Sachgütern gehandelt hätte. Diesem – maßgeblichen – Hauptzweck steht nicht entgegen, dass der VEB Robotron-Vertrieb Berlin daneben andere Aufgaben erfüllt hat, wie z.B. die Produktion von Monoheimrundfunkgeräten im Werk Stralsund.
Der Senat hält mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an der notwendigen Voraussetzung hauptsächlich industrieller Massenfertigung von Sachgütern im Sinne des fordistischen Produktionsmodells im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb fest. Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das Bundessozialgericht unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 46 f.). Ob zeitweise daneben, möglicherweise auch überwiegend, in der Wirtschaftslehre der DDR davon abweichende Begriffe wirtschaftlicher Produktion verwendet worden sind, hält der Senat nicht für maßgeblich. Dass dies teilweise der Fall war, hat der Kläger etwa durch Vorlage der Definitionen für Planung, Rechnungsführung und Statistik, herausgegeben 1980 vom Ministerrat der DDR – Staatliche Zentralverwaltung für Statistik, nachgewiesen. Denn darin werden als Leistungsarten industrieller Produktion auch "materielle Leistungen industrieller Produktion" erfasst, zu denen Reparaturen (Instandsetzungen und Instandhaltungen) und Montagen und sonstige materielle Leistungen industrieller Art (Lohnarbeiten) gehörten. Rechtliche Bedeutung kommt diesem Umstand für das nachwirkende bundesrechtliche Verständnis des Begriffes der Industrieproduktion im Sinne der Versorgungsvorschriften nicht zu. Zum Einen sind die Herstellung industrieller Erzeugnisse und die materiellen Leistungen industrieller Produktion schon nach diesen Unterlagen selbst in Planung und Abrechnung unterschiedlich zu bewerten. Zum Anderen erfordert aber die bundesrechtliche Auslegung des Begriffs der industriellen Produktion, sich auf den engsten, wirtschaftswissenschaftlich vertretenen Begriff zu stützen, weil nur so die Abgrenzung rechtsstaatswidrig willkürlicher Fehlentscheidungen durch unterlassene Versorgungszusagen erreicht wird. Um deren Korrektur für die Zukunft geht es nämlich – wie dargelegt – nur bei der Prüfung einer bundesrechtlichen Einbeziehung im Wege der Unterstellung, nicht hingegen um die Prüfung, ob bei einer Unterlassung einer Versorgungszusage gerade von der verbreitetsten wirtschaftswissenschaftlichen Lehrmeinung ausgegangen worden ist.
Die beigezogenen Zeugenaussagen von Dr. S. , K. und E. sowie die Aussage des Zeugen G. in der Senatssitzung am 25. Mai 2005 verdeutlichen, dass dem VEB Robotron Vertrieb Berlin nicht die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung, Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben hat. Insgesamt hatte der VEB Robotron Vertrieb Berlin Ende der 80er Jahre über 4.000 Mitarbeiter (Dr. S.: Mai 1990 ungefähr 4.200 Mitarbeiter; K.: 1989 ungefähr 4.400 Mitarbeiter; E.: Wendezeit ca. 4.500 Mitarbeiter, G.: 4.200 bis 4.300 Mitarbeiter). Der Zeuge G. hat ausgeführt, dass die überwiegende Zahl der Mitarbeiter die Komponenten aus verschiedenen Betrieben und Ländern zu einer für den Kunden erforderlichen bzw. von ihm gewünschten Konfiguration zusammengestellt, bei ihm montiert und die Betriebsbereitschaft hergestellt habe. Die Produkte hätten dazu jeweils im Einzelnen an die Bedürfnisse der Anwender angepasst werden müssen, so der Zeuge. Es handelte sich bei diesem von G. als Finalproduktion bezeichneten Vorgang also um eine auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Herstellung. Daran wird deutlich, dass keine industrielle Serienfertigung vorgenommen wurde, wie z.B. heute noch im modernen Automobil- oder Flugzeugbau. Diese Installationstätigkeit bestätigen auch die vor dem Sozialgericht Berlin vernommenen Zeugen Dr. S. , K. und E. als Hauptaufgabe und Gründungszweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin.
Der Zeuge K. hat zwar ausgesagt, von den 4.400 Mitarbeitern seien über 2.000 dem Direktorat für Produktion zugeordnet gewesen. Diese Produktion habe auch technische Dienstleistungen umfasst. Technische Dienstleistungen unterfallen aber gerade nicht dem oben erläuterten Produktionsbegriff im Sinne der industriellen Fertigung von Sachgütern, da es sich dabei nicht um die Massenfertigung von Sachgütern handelt. Deshalb ist die Zuordnung zum Direktorat für Produktion nicht aussagekräftig.
Dass die weit überwiegende Anzahl der Mitarbeiter im Vertriebs- und Kundendienst, in der Verwaltung und in der Software-Entwicklung und damit nicht im Bereich der industriellen Fertigung von Sachgütern eingesetzt war, ist auch der Aussage des Zeugen E. zu entnehmen: Er hat zunächst ausgesagt, im gesamten VEB Robotron-Vertrieb Berlin seien ca. 1.500 Servicetechniker mit der Inbetriebnahme, Wartung und Reparatur der Erzeugnisse beschäftigt gewesen. Im Verlauf der Aussage hat er diese Zahl sogar nach oben korrigiert: Zusammen mit den Werken Magdeburg, Potsdam und Schwerin (gemeint wohl Stralsund) seien "insgesamt sicher über 2.000 Beschäftigte" im technischen Kundendienst tätig gewesen.
In der Produktion im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts waren nur die Mitarbeiter beschäftigt, die im Werk 1 des VEB Robotron Vertrieb Berlin in Stralsund unmittelbar mit der Produktion von Monoheimrundfunkgeräten befasst waren. Das waren laut Aussage des Zeugen K. 200 bis 300 Mitarbeiter, während der Zeuge G. 300 Mitarbeiter genannt hat. Diese Differenz ist bei einer Schätzung nach so vielen Jahren, noch dazu aus unterschiedlichen beruflichen Perspektiven der Zeugen, nicht ungewöhnlich. Die Aussage des Zeugen E. steht dazu nicht im Widerspruch. Er hat angegeben, im Werk Stralsund seien ca. 500 bis 600 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Dabei hat er allerdings die Beschäftigten in der Nebenstelle in Rostock mitgezählt und den technischen Kundendienst mitgerechnet. Insgesamt lässt sich jedenfalls feststellen, dass maximal 300 Mitarbeiter in der unmittelbaren Radioproduktion tätig waren. Im Werk 2 in Magdeburg waren etwa 400 Mitarbeiter beschäftigt, so der Zeuge K. Über 100 Mitarbeiter waren dort mit der Softwareentwicklung und Applikation befasst. Dabei handelte es sich nicht um Produktion im Sinne des oben erläuterten fordistischen Produktionsmodells, da die Wertschöpfung bei diesem Vorgang nicht in der industriellen Massenfertigung von Sachen besteht. Ansonsten wurden in Magdeburg Kabel und Produktionsdatenerfassungssysteme hergestellt, so der Zeuge K ... Unterstellt, dass es sich dabei um Produktion im o.g. fordistischen Sinne handelte, waren in Magdeburg maximal 300 Mitarbeiter im produzierenden Bereich tätig. Nach den Zeugenaussagen, die in den entscheidenden Punkten nur unwesentlich voneinander abweichen, waren bei großzügiger Betrachtungsweise nicht mehr als 600 Mitarbeiter in der unmittelbaren Produktion im Sinne des fordistischen Modells tätig. Diese Tätigkeit hat dem VEB Robotron Vertrieb Berlin angesichts der Gesamt-Beschäftigtenzahl von über 4.000 nicht das Gepräge gegeben.
Für die vom Kläger zum Ausdruck gebrachte Auffassung, zur Beurteilung der betrieblichen Voraussetzung des Hauptzwecks sei nicht auf die Ebene des Betriebes, sondern auf diejenige des Kombinates abzustellen, fehlt es angesichts der rechtlichen Ausge-staltung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin als volkseigener Betrieb an einer Grundlage. Denn bereits gemäß § 7 Abs. 1 S. 1, 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes (v. 9.2.67, GBl. der DDR II S. 121) handelte es sich bei einem volkseigenen Betrieb um eine selbständige juristische Person, auf die bei der Prüfung, inwieweit die Produktion betrieblicher Hauptzweck war, abzustellen ist. Ein solcher Betrieb war nämlich eine Wirtschaftseinheit (BSG, Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 41). Dabei erfasste die genannte Verordnung trotz ihrer Bezugnahme auf Produktionsbetriebe auch den Betrieb des Klägers, weil sie nach ihrem § 49 Abs. 2 auf alle – auch nichtproduzierenden – volkseigenen Betriebe anzuwenden war, die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiteten. Dies war nach § 2 Abs. 3 der Gründungsanweisung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin vom 20. Dezember 1973 bei diesem Betrieb der Fall. Die Rechtsfähigkeit volkseigener Betriebe innerhalb eines Kombinates bestand auch nach § 9 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28.4.73 (GBl. I S. 129) und nach § 31 Abs. 2 S. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8.11.79 (GBl. I S. 355) bis zum 30. Juni 1990 fort. § 4 des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973 bestätigt, dass neben dem Kombinat auch die Betriebe des Kombinats rechtsfähig sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage bezüglich der Ablehnungsgründe durch die angegebene Rechtsprechung des BSG geklärt ist.
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