Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 12 (6) RA 569/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 174/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Inhaber einer Urkunde über den Hochschulabschluss als Diplom-Landwirt ist nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur zu führen. Daran ändert auch die spätere Einführung des akademischen Grades eines Diplom-Agraringenieurs in der DDR nichts.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat.
Der im Mai 1945 geborene Kläger erwarb ausweislich einer Urkunde der Karl-Marx- Universität L ... vom 28. Juni 1969 den akademischen Grad "Diplom-Landwirt". Von September 1969 bis Dezember 1988 war er bei einem VE Kombinat für Getreidewirtschaft, später VEB Getreidewirtschaft tätig. Ab Januar 1989 bis mindestens Juni 1990 war er als Leiter der Materialverwaltung beim VEB Letex W ... beschäftigt. Eine schriftliche Versorgungszusage hat der Kläger während des Bestehens der DDR nicht erhalten. Sein Versicherungskonto enthält hinsichtlich der hier umstrittenen Zeit eine Lücke, weil es insoweit noch nicht geklärt ist.
Im März 1999 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf Urteile des Bundessozialgerichts von März und Juni 1998 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech): Seine Gehaltseinstufung sei größtenteils nach der Tabelle für ingenieurtechnisches Personal erfolgt. Mit Bescheid vom 13. Juli 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Die Qualifikation als Diplom-Landwirt entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne des Wortlauts der Versorgungsordnung. Die ausgeübte Beschäftigung könne lediglich zu den so genannten Ermessensfällen gerechnet werden. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt bzw. ersetzt werden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Der Bewertung seiner beruflichen Qualifikation als Diplom-Landwirt durch die Beklagte könne er nicht folgen, da ab 1970 mit der Einführung der neuen Berufsbezeichnung "Diplom agr. Ingenieur" eine Gleichstellung erfolgt sei. Die Tätigkeiten hätten oftmals Fachwissen vorausgesetzt, das durch die Schulbildung einer Fachrichtung allein nicht habe abgedeckt werden können. Er sei als Werkleiter, was mit Werkdirektor identisch sei, beim zur damaligen Zeit ersten und modernsten Mischfutterwerk im früheren RGW-Bereich tätig gewesen. Dazu seien vielseitige technische und organisatorische sowie leitungsspezifische Kenntnisse nötig gewesen. Heute müsse es Ermessensspielräume geben, die aus Gründen der Gerechtigkeit eine Anerkennung rechtfertigten. Auch wenn vor der Wende keine Gleichheit vor dem Gesetz geherrscht habe, so habe das Bundessozialgericht mit der Schaffung des Ermessenspielraums die Gleichheit vor dem Gesetz herstellen wollen. Seine Tätigkeit als Werkleiter ab 1. April 1975 beim VEB Getreidewirtschaft E ... müsse als Zusatzversorgungszeit festgestellt werden, weil Werkleiter bei dem Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich mit aufgeführt seien. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2002 zurück: Der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen worden, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nach den Regeln des § 1 Abs. 1 S. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2.DB) v. 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487; 2. DB) nicht angehört. Als Diplom-Landwirt sei er nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen.
Gegen diese Ablehnung hat der Kläger mit einem am 27. Dezember 2002 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben: Es sei unzutreffend, dass weder seine Qualifikation als Diplom-Landwirt noch seine Berufsbezeichnung als Stellvertreter des Direktors und "Werkleiter" eines Mischfutterwerkes die Voraussetzung für die Einbeziehung in die AVItech erfülle. Soweit die Beklagte auf Grund der Berufsbezeichnung Diplom-Landwirt der Auffassung sei, er sei als solcher nicht berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen, berücksichtige sie nicht, dass bereits ein Semester nach Abschluss seines Studiums (Wintersemester 1969/70) das identische Studium mit der Berufsbezeichnung "Dipl. agr. Ingenieur" abgeschlossen worden sei. Deshalb fehle ihm nicht die erforderliche Qualifikation. Er sei berechtigt, im Rahmen der Gleichstellung den Titel eines "Dipl. agr. Ing." zu führen.
Die Entscheidung der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie die von ihm ausgeübte Beschäftigung als stellvertretender Direktor und Werkleiter zu den so genannten Ermessensfällen gerechnet habe. Dabei klammere sich die Beklagte insbesondere an der kryptischen Ausdrucksweise in den Arbeitsverträgen. Aus heutiger Sicht sei sein neben der Tätigkeit als verantwortlicher Werkleiter (Werkdirektor) weiterer Verantwortungsbereich als stellvertretender Direktor für Produktion insoweit irreführend, als es zwar einen Direktor für den Gesamtbetrieb VEB Getreidewirtschaft gegeben habe, nicht aber einen separaten Direktor für Produktion, welchem er unterstellt gewesen wäre. Einer Ermessensentscheidung im Sinne der 2. DB habe es insoweit nicht bedurft.
Mit Urteil vom 30. März 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Als Diplom-Landwirt habe er nicht zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehört. Eine erweiternde Auslegung des Personenkreises sei nicht möglich. Deshalb sei es unerheblich, ob später der gleiche Studiengang mit dem Titel Diplom-Agraringenieur abgeschlossen habe. Er könne auch nicht mit Erfolg anführen, dass er als Werkdirektor des VEB Getreidewirtschaft unabhängig von seiner Qualifikation als Diplom-Landwirt obligatorisch in das Zusatzversorgungssystem einzubeziehen sei, denn am 30. Juni 1990 sei er nicht mehr als Werkleiter beschäftigt gewesen, sondern als Leiter der Materialverwaltung beim VEB Letex W ... Mangels notwendiger Qualifikation habe der Kläger lediglich auf Antrag durch eine Ermessensentscheidung einbezogen werden können. Da eine Ermessensentscheidung allein aus Sicht der DDR und nach deren Maßstäben hätte getroffen werden können, dürfe sie mangels sachlicher, objektivierbarer bundesrechtlich nachvollziehbarer Gründe nicht rückschauend ersetzt werden.
Gegen das ihm am 29. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 25. Mai 2004 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt: Der Auffassung des Sozialgerichts, dass er nicht berechtigt gewesen sei, den Titel eines Ingenieurs zu führen, könne nicht gefolgt werden. Gemäß § 1 Buchst. d der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12.4.62 (GBl. DDR II S. 278) seien auch Personen berechtigt gewesen, diese Berufsbezeichnung zu führen, denen sie auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt worden sei. Das von ihm absolvierte Hochschulstudium mit dem Abschluss als Diplom-Landwirt sei als Vorläufer der Fachrichtung Pflanzenproduktion anzusehen, wobei die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur erst nach der 3. Hochschulreform (Beginn 1969/70) vergeben worden sei. Als Inhaber einer Urkunde über einen Hochschulabschluss sei er berechtigt, gemäß § 4 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3.3.76 die im Verzeichnis genannte Berufsbezeichnung als "Dipl.-Agr.-Ing. (33 0 01)" zu führen. Demzufolge habe er auf Grund seines gleichwertigen Abschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 S. 2 des Einigungsvertrages als Diplom-Agraringenieur zu dem Personenkreis gehört, für den eine obligatorische Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem hätte erfolgen müssen. Einer Umstellung seines akademischen Grades habe es nicht bedurft. Das Urteil des Bundessozialgerichts v. 31.7.02 (B 4 RA 25/02 R) stehe dem von ihm erhobenen Anspruch nicht entgegen. Denn das Gericht habe die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung v. 25.10.79 nicht berücksichtigt, wonach Diplom-Landwirte berechtigt gewesen seien, den Titel eines (Agar-) Ingenieurs zu führen.
Zur Unterstützung seiner Rechtsansicht hat er ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 3.6.04 (Bl. 54, 55 d.A.), einen Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen vom 16.8.04 (Bl. 56 d.A.) und eine Bescheinigung des ehemaligen Betriebsdirektors und jetzigen Geschäftsführers des Rechtsnachfolgers des VEB Letex W ..., E ... S ..., vom 30.4.04 (Bl. 57 d.A.) eingereicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 30. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum von September 1969 bis Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Kläger gehöre nicht zu den Personen, die kraft ihrer Ausbildung – ohne zusätzlichen Auswahlakt – der AVItech angehörten, denn er habe keinen Berufsabschluss als Ingenieur. Den vorliegenden Urkunden lasse sich an keiner Stelle entnehmen, dass er einen formalen Abschluss als Ingenieur habe und einen solchen Titel führen dürfe.
Der Senat hat die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3.3.76 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 869; Bl. 74, 75 d.A.), ein Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 12.3.03 sowie ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 31.1.02 (Bl. 79, 80 d.A.) beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 11.7.05, Schriftsatz der Beklagten vom 21.7.05).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr ... – ZV) verwiesen. Diese haben bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen hat.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG in der Fassung durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die beantragten Feststellungen. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der AVItech angehört hat.
Eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG ist dem Kläger zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (st. Rspr., z.B. BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich im streitigen Zeitraum nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn der Kläger erfüllte zu diesem Zeitpunkt nicht die später zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems der AVItech.
Die Voraussetzungen dafür liegen auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einem Diplom-Landwirt nicht vor (Urt. v. 31.7.02 – B 4 RA 25/02 R, zit. nach Juris). Die insoweit allein maßgebliche Vorschrift des § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB knüpft eine zwingende Versorgungsberechtigung an den Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Aus der Gegenüberstellung von Personen ohne den "Titel" eines Ingenieurs oder Technikers im Rahmen der Ermessensversorgung in § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 2.DB lässt sich nämlich auf die Erforderlichkeit eines solchen "Titels" für eine etwaige Anspruchsversorgung nach § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB schließen (BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Dass § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB daneben auch berufliche Stellungen wie Werkdirektoren als anspruchsberechtigend benennt, kann dahinstehen, weil der Kläger am 30. Juni 1990 als Leiter der Materialverwaltung keine der hierfür in Betracht kommenden Stellungen bekleidet hat.
Der Kläger ist nicht berechtigt, als Inhaber einer Urkunde über den Hochschulabschluss als Diplom-Landwirt die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur zu führen. Denn nach den vom Senat beigezogenen Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 12.3.03 sowie der Berliner Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 31.1.02 erfolgte keine Umwandlung des Grades "Di-plom-Landwirt" in den Grad "Diplom-Agraringenieur". Daran änderte die Einführung des akademischen Grades "Diplom-Agraringenieur" nichts. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung v. 3.3.76 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 869) in der zuletzt geltenden Fassung v. 4.3.88 (GBl. I der DDR S. 71), durch deren § 6 Abs. 2 die vom Kläger in bezug genommene Anordnung v. 25.10.79 mit Wirkung ab 1.5.88 außer Kraft trat. Denn die Anordnung v. 4.3.88 – wie schon jene v. 3.3.76 – besagt nichts über die förmliche Umwandlung einer bereits erteilten Berufsbezeichnung, hier Diplom-Landwirt, in eine andere. § 3 Abs. 3 der Anordnung v. 4.3.88 erlaubt Inhabern einer Urkunde über einen Hochschulabschluss (Staatsexamen, Hauptprüfung, Diplom, Attestation, Zuerkennung u.a.) bzw. einen Fachschulabschluss, eine ihrer Ausbildung entsprechende, im Hoch- und Fachschulverzeichnis des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen genannte Berufsbezeichnung bzw. eine ihnen mit Zeugnis oder Urkunde erteilte Berufsbezeichnung zu führen. Dies besagt, dass ein Diplom-Landwirt nach dem erfolgreichen Abschluss des entsprechenden Studienganges den Titel Diplom-Landwirt führen darf und nur ein Diplom-Agraringenieur eben diesen Titel. § 3 Abs. 3 der Anordnung stellt den Gleichklang von Abschluss und Berufsbezeichnung sicher.
Darüber hinaus ersetzt eine – ggf. von öffentlichen Stellen nach dem Beitritt aufgrund des Einigungsvertrages bescheinigte – Gleichstellung bzw. Gleichwertigkeit von Abschlüssen nicht den Titel als solchen.
Zu diesem – von einer engen, wortlautbezogenen Auslegung der Versorgungsvorschriften getragenen – Ergebnis gelangt auch der Senat allgemein vom Zweck der genannten Rechtsprechung her, Fehlentscheidungen von willkürlichem Ausmaß herauszuarbeiten. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3- 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
In diesem Zusammenhang ist nicht zu entscheiden, ob der Senat dem Kläger bei einer erstmaligen Anwendung der Versorgungsordnung nach einer historisch-systematischen Auslegung der einschlägigen Vorschriften eine ihn begünstigende Zusatzversorgung zusprechen würde. Dies ist nicht mehr der Prüfungsmaßstab einer Einbeziehung nach Bundesrecht, weil sie nicht – wie ursprünglich die Versorgungsordnungen – unmittelbar an eine herausgehobene Erwerbstätigkeit anknüpft oder dies auch nur vor dem Grundgesetz könnte. Maßstab der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist nämlich nicht mehr die Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes als Zielsetzung der ursprünglichen bestmöglichen Auslegung der Versorgungsordnungen, sondern das in engerem Umfang wirkende rechtsstaatliche Vertrauen, nicht willkürlich von Normgeltung ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Darin liegt auch der Grund, weshalb die nach § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 2. DB vorgesehene Möglichkeit einer Einbeziehung nach Ermessen von der vorzunehmenden Prüfung schon dem Ansatz nach ausgenommen ist. Das Unterlassen einer Einbeziehung im Ermessenswege war nämlich von Einzelfallumständen abhängig, die gerade nicht Inhalt eines Normtextes sind und ihre Abhängigkeit von Willkür im Nachhinein unüberprüfbar machen.
Der Bundesgesetzgeber wäre demgegenüber schon nicht berechtigt, z.B. Mitarbeiter von volkseigenen Produktionsbetrieben gegenüber solchen von privaten oder genossenschaftlichen Betrieben, Dienstleistungs- oder Handelsbetrieben (vgl. dazu § 1 Abs. 2 2.DB) nur wegen ihrer Tätigkeit mit einer bevorzugten Altersversorgung zu versehen. Der Senat hat dementsprechend keine Vergleiche der ausbildungsbezogenen und beruflichen Leistung anzustellen, sondern zu prüfen, ob ein gesetzlich bestimmtes Privileg von der Verwaltungspraxis übergangen wurde. Dies bemisst sich aber nur nach der Deutlichkeit der Abfassung der Versorgungsnormen der DDR, nicht nach deren systemgerechtem Inhalt. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob möglicherweise die ursprüngliche Versorgungsordnung im Sinne einer Einbeziehung auch eines Diplom-Landwirtes in den Kreis der begünstigten Berufsgruppen hätte ausgelegt werden können. Denn selbst die Verfehlung der bestmöglichen Auslegung nach Normsystematik und -zweck durch die tatsächliche Unterlassung der Versorgungszusage hat nicht schon einen rechtsstaatswidrig willkürlichen Ausschluss von einem gesetzlichen Privileg zum Inhalt.
Ein weiteres Verständnis der Voraussetzungen folgt auch nicht aus dem Rechtssatz, es komme auf eine konkrete entgeltliche Beschäftigung an, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 9). Denn dies bezieht sich nicht auf eine hochwertige Tätigkeit an sich, sondern auf die Erfüllung eines Tatbestandes der jeweiligen Versorgungsordnung. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Abstellen auf abstrakt-generelle Voraussetzungen, worunter Merkmale eines gesetzlichen Tatbestandes verstanden werden. Dieser verlangt hier eine durch eine vorausgesetzte Ausbildung bestimmte Beschäftigung. In diesem Sinne hat die Rechtsprechung die Prüfung auch jederzeit vorgenommen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R, a.a.O.; Urt. v. 30.6.98 – B 4 RA 11/98 R, zitiert nach Juris). Nach dem dargelegten Zweck dieser Rechtsprechung kommt auch ein anderes Verständnis nicht in Betracht, weil die Frage, ob durch unterlassene Rechtsanwendung Willkür geschehen ist, nur nach der Prüfung aller gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen, nicht nur der beruflichen Anforderungen, beantwortet werden kann.
Der Ausschluss des Klägers vom Anwendungsbereich des AAÜG gilt selbst dann, wenn seine Tätigkeit als Werkleiter ab 1. April 1975 unter den Begriff des Werkdirektors im Sinne von § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB zu subsumieren wäre. Denn der Kläger hätte gemäß § 2 2.DB eine während des zur Feststellung geltend gemachten Zeitraumes möglicherweise nach den abstrakt-generellen Regelungen bestehende Zusatzversorgungsanwartschaft jedenfalls verloren, weil er aus seiner Tätigkeit als Werkleiter ausgeschieden und zuletzt am 30. Juni 1990 als Leiter der Materialverwaltung beschäftigt war. Schon deshalb schließt sich der Senat dem Rechtssatz des Bundessozialgerichts (Urt. v. 29.7.04 – B 4 RA 4/04 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 4), wonach die maßgeblichen Voraussetzungen noch am 30. Juni 1990 vorgelegen haben müssen, an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem hat.
Der im Mai 1945 geborene Kläger erwarb ausweislich einer Urkunde der Karl-Marx- Universität L ... vom 28. Juni 1969 den akademischen Grad "Diplom-Landwirt". Von September 1969 bis Dezember 1988 war er bei einem VE Kombinat für Getreidewirtschaft, später VEB Getreidewirtschaft tätig. Ab Januar 1989 bis mindestens Juni 1990 war er als Leiter der Materialverwaltung beim VEB Letex W ... beschäftigt. Eine schriftliche Versorgungszusage hat der Kläger während des Bestehens der DDR nicht erhalten. Sein Versicherungskonto enthält hinsichtlich der hier umstrittenen Zeit eine Lücke, weil es insoweit noch nicht geklärt ist.
Im März 1999 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf Urteile des Bundessozialgerichts von März und Juni 1998 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech): Seine Gehaltseinstufung sei größtenteils nach der Tabelle für ingenieurtechnisches Personal erfolgt. Mit Bescheid vom 13. Juli 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab: Die Qualifikation als Diplom-Landwirt entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne des Wortlauts der Versorgungsordnung. Die ausgeübte Beschäftigung könne lediglich zu den so genannten Ermessensfällen gerechnet werden. Eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt bzw. ersetzt werden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch: Der Bewertung seiner beruflichen Qualifikation als Diplom-Landwirt durch die Beklagte könne er nicht folgen, da ab 1970 mit der Einführung der neuen Berufsbezeichnung "Diplom agr. Ingenieur" eine Gleichstellung erfolgt sei. Die Tätigkeiten hätten oftmals Fachwissen vorausgesetzt, das durch die Schulbildung einer Fachrichtung allein nicht habe abgedeckt werden können. Er sei als Werkleiter, was mit Werkdirektor identisch sei, beim zur damaligen Zeit ersten und modernsten Mischfutterwerk im früheren RGW-Bereich tätig gewesen. Dazu seien vielseitige technische und organisatorische sowie leitungsspezifische Kenntnisse nötig gewesen. Heute müsse es Ermessensspielräume geben, die aus Gründen der Gerechtigkeit eine Anerkennung rechtfertigten. Auch wenn vor der Wende keine Gleichheit vor dem Gesetz geherrscht habe, so habe das Bundessozialgericht mit der Schaffung des Ermessenspielraums die Gleichheit vor dem Gesetz herstellen wollen. Seine Tätigkeit als Werkleiter ab 1. April 1975 beim VEB Getreidewirtschaft E ... müsse als Zusatzversorgungszeit festgestellt werden, weil Werkleiter bei dem Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich mit aufgeführt seien. Diesen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2002 zurück: Der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen worden, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nach den Regeln des § 1 Abs. 1 S. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2.DB) v. 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487; 2. DB) nicht angehört. Als Diplom-Landwirt sei er nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen.
Gegen diese Ablehnung hat der Kläger mit einem am 27. Dezember 2002 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben: Es sei unzutreffend, dass weder seine Qualifikation als Diplom-Landwirt noch seine Berufsbezeichnung als Stellvertreter des Direktors und "Werkleiter" eines Mischfutterwerkes die Voraussetzung für die Einbeziehung in die AVItech erfülle. Soweit die Beklagte auf Grund der Berufsbezeichnung Diplom-Landwirt der Auffassung sei, er sei als solcher nicht berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen, berücksichtige sie nicht, dass bereits ein Semester nach Abschluss seines Studiums (Wintersemester 1969/70) das identische Studium mit der Berufsbezeichnung "Dipl. agr. Ingenieur" abgeschlossen worden sei. Deshalb fehle ihm nicht die erforderliche Qualifikation. Er sei berechtigt, im Rahmen der Gleichstellung den Titel eines "Dipl. agr. Ing." zu führen.
Die Entscheidung der Beklagten sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie die von ihm ausgeübte Beschäftigung als stellvertretender Direktor und Werkleiter zu den so genannten Ermessensfällen gerechnet habe. Dabei klammere sich die Beklagte insbesondere an der kryptischen Ausdrucksweise in den Arbeitsverträgen. Aus heutiger Sicht sei sein neben der Tätigkeit als verantwortlicher Werkleiter (Werkdirektor) weiterer Verantwortungsbereich als stellvertretender Direktor für Produktion insoweit irreführend, als es zwar einen Direktor für den Gesamtbetrieb VEB Getreidewirtschaft gegeben habe, nicht aber einen separaten Direktor für Produktion, welchem er unterstellt gewesen wäre. Einer Ermessensentscheidung im Sinne der 2. DB habe es insoweit nicht bedurft.
Mit Urteil vom 30. März 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Als Diplom-Landwirt habe er nicht zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehört. Eine erweiternde Auslegung des Personenkreises sei nicht möglich. Deshalb sei es unerheblich, ob später der gleiche Studiengang mit dem Titel Diplom-Agraringenieur abgeschlossen habe. Er könne auch nicht mit Erfolg anführen, dass er als Werkdirektor des VEB Getreidewirtschaft unabhängig von seiner Qualifikation als Diplom-Landwirt obligatorisch in das Zusatzversorgungssystem einzubeziehen sei, denn am 30. Juni 1990 sei er nicht mehr als Werkleiter beschäftigt gewesen, sondern als Leiter der Materialverwaltung beim VEB Letex W ... Mangels notwendiger Qualifikation habe der Kläger lediglich auf Antrag durch eine Ermessensentscheidung einbezogen werden können. Da eine Ermessensentscheidung allein aus Sicht der DDR und nach deren Maßstäben hätte getroffen werden können, dürfe sie mangels sachlicher, objektivierbarer bundesrechtlich nachvollziehbarer Gründe nicht rückschauend ersetzt werden.
Gegen das ihm am 29. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 25. Mai 2004 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt: Der Auffassung des Sozialgerichts, dass er nicht berechtigt gewesen sei, den Titel eines Ingenieurs zu führen, könne nicht gefolgt werden. Gemäß § 1 Buchst. d der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12.4.62 (GBl. DDR II S. 278) seien auch Personen berechtigt gewesen, diese Berufsbezeichnung zu führen, denen sie auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt worden sei. Das von ihm absolvierte Hochschulstudium mit dem Abschluss als Diplom-Landwirt sei als Vorläufer der Fachrichtung Pflanzenproduktion anzusehen, wobei die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur erst nach der 3. Hochschulreform (Beginn 1969/70) vergeben worden sei. Als Inhaber einer Urkunde über einen Hochschulabschluss sei er berechtigt, gemäß § 4 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3.3.76 die im Verzeichnis genannte Berufsbezeichnung als "Dipl.-Agr.-Ing. (33 0 01)" zu führen. Demzufolge habe er auf Grund seines gleichwertigen Abschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 S. 2 des Einigungsvertrages als Diplom-Agraringenieur zu dem Personenkreis gehört, für den eine obligatorische Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem hätte erfolgen müssen. Einer Umstellung seines akademischen Grades habe es nicht bedurft. Das Urteil des Bundessozialgerichts v. 31.7.02 (B 4 RA 25/02 R) stehe dem von ihm erhobenen Anspruch nicht entgegen. Denn das Gericht habe die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung v. 25.10.79 nicht berücksichtigt, wonach Diplom-Landwirte berechtigt gewesen seien, den Titel eines (Agar-) Ingenieurs zu führen.
Zur Unterstützung seiner Rechtsansicht hat er ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 3.6.04 (Bl. 54, 55 d.A.), einen Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen vom 16.8.04 (Bl. 56 d.A.) und eine Bescheinigung des ehemaligen Betriebsdirektors und jetzigen Geschäftsführers des Rechtsnachfolgers des VEB Letex W ..., E ... S ..., vom 30.4.04 (Bl. 57 d.A.) eingereicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 30. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum von September 1969 bis Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Kläger gehöre nicht zu den Personen, die kraft ihrer Ausbildung – ohne zusätzlichen Auswahlakt – der AVItech angehörten, denn er habe keinen Berufsabschluss als Ingenieur. Den vorliegenden Urkunden lasse sich an keiner Stelle entnehmen, dass er einen formalen Abschluss als Ingenieur habe und einen solchen Titel führen dürfe.
Der Senat hat die Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 3.3.76 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 869; Bl. 74, 75 d.A.), ein Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 12.3.03 sowie ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 31.1.02 (Bl. 79, 80 d.A.) beigezogen und den Beteiligten übersandt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägers vom 11.7.05, Schriftsatz der Beklagten vom 21.7.05).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr ... – ZV) verwiesen. Diese haben bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2002 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen hat.
Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG in der Fassung durch Gesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1672) keinen Anspruch auf die beantragten Feststellungen. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG, weil er in dem geltend gemachten Zeitraum weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzversorgungssystem der AVItech angehört hat.
Eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG ist dem Kläger zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung zugesagt worden.
Der Senat kann offen lassen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG im Wege der Unterstellung (st. Rspr., z.B. BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 8) vorliegen kann. Der Kläger fällt nämlich im streitigen Zeitraum nicht unter den in dieser Rechtsprechung enthaltenen Rechtssatz (Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 18/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 1), wonach ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage bestanden haben muss. Denn der Kläger erfüllte zu diesem Zeitpunkt nicht die später zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Voraussetzungen (vgl. dazu Urt. v. 9.4.02 – B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) des hier betroffenen Versorgungssystems der AVItech.
Die Voraussetzungen dafür liegen auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einem Diplom-Landwirt nicht vor (Urt. v. 31.7.02 – B 4 RA 25/02 R, zit. nach Juris). Die insoweit allein maßgebliche Vorschrift des § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB knüpft eine zwingende Versorgungsberechtigung an den Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Aus der Gegenüberstellung von Personen ohne den "Titel" eines Ingenieurs oder Technikers im Rahmen der Ermessensversorgung in § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 2.DB lässt sich nämlich auf die Erforderlichkeit eines solchen "Titels" für eine etwaige Anspruchsversorgung nach § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB schließen (BSG, Urt. v. 10.4.02 – B 4 RA 18/01 R – SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Dass § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB daneben auch berufliche Stellungen wie Werkdirektoren als anspruchsberechtigend benennt, kann dahinstehen, weil der Kläger am 30. Juni 1990 als Leiter der Materialverwaltung keine der hierfür in Betracht kommenden Stellungen bekleidet hat.
Der Kläger ist nicht berechtigt, als Inhaber einer Urkunde über den Hochschulabschluss als Diplom-Landwirt die Berufsbezeichnung Diplom-Agraringenieur zu führen. Denn nach den vom Senat beigezogenen Schreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom 12.3.03 sowie der Berliner Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Archiv- und Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen) vom 31.1.02 erfolgte keine Umwandlung des Grades "Di-plom-Landwirt" in den Grad "Diplom-Agraringenieur". Daran änderte die Einführung des akademischen Grades "Diplom-Agraringenieur" nichts. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung v. 3.3.76 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 869) in der zuletzt geltenden Fassung v. 4.3.88 (GBl. I der DDR S. 71), durch deren § 6 Abs. 2 die vom Kläger in bezug genommene Anordnung v. 25.10.79 mit Wirkung ab 1.5.88 außer Kraft trat. Denn die Anordnung v. 4.3.88 – wie schon jene v. 3.3.76 – besagt nichts über die förmliche Umwandlung einer bereits erteilten Berufsbezeichnung, hier Diplom-Landwirt, in eine andere. § 3 Abs. 3 der Anordnung v. 4.3.88 erlaubt Inhabern einer Urkunde über einen Hochschulabschluss (Staatsexamen, Hauptprüfung, Diplom, Attestation, Zuerkennung u.a.) bzw. einen Fachschulabschluss, eine ihrer Ausbildung entsprechende, im Hoch- und Fachschulverzeichnis des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen genannte Berufsbezeichnung bzw. eine ihnen mit Zeugnis oder Urkunde erteilte Berufsbezeichnung zu führen. Dies besagt, dass ein Diplom-Landwirt nach dem erfolgreichen Abschluss des entsprechenden Studienganges den Titel Diplom-Landwirt führen darf und nur ein Diplom-Agraringenieur eben diesen Titel. § 3 Abs. 3 der Anordnung stellt den Gleichklang von Abschluss und Berufsbezeichnung sicher.
Darüber hinaus ersetzt eine – ggf. von öffentlichen Stellen nach dem Beitritt aufgrund des Einigungsvertrages bescheinigte – Gleichstellung bzw. Gleichwertigkeit von Abschlüssen nicht den Titel als solchen.
Zu diesem – von einer engen, wortlautbezogenen Auslegung der Versorgungsvorschriften getragenen – Ergebnis gelangt auch der Senat allgemein vom Zweck der genannten Rechtsprechung her, Fehlentscheidungen von willkürlichem Ausmaß herauszuarbeiten. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3- 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
In diesem Zusammenhang ist nicht zu entscheiden, ob der Senat dem Kläger bei einer erstmaligen Anwendung der Versorgungsordnung nach einer historisch-systematischen Auslegung der einschlägigen Vorschriften eine ihn begünstigende Zusatzversorgung zusprechen würde. Dies ist nicht mehr der Prüfungsmaßstab einer Einbeziehung nach Bundesrecht, weil sie nicht – wie ursprünglich die Versorgungsordnungen – unmittelbar an eine herausgehobene Erwerbstätigkeit anknüpft oder dies auch nur vor dem Grundgesetz könnte. Maßstab der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist nämlich nicht mehr die Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes als Zielsetzung der ursprünglichen bestmöglichen Auslegung der Versorgungsordnungen, sondern das in engerem Umfang wirkende rechtsstaatliche Vertrauen, nicht willkürlich von Normgeltung ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Darin liegt auch der Grund, weshalb die nach § 1 Abs. 1 Unterabs. 2 2. DB vorgesehene Möglichkeit einer Einbeziehung nach Ermessen von der vorzunehmenden Prüfung schon dem Ansatz nach ausgenommen ist. Das Unterlassen einer Einbeziehung im Ermessenswege war nämlich von Einzelfallumständen abhängig, die gerade nicht Inhalt eines Normtextes sind und ihre Abhängigkeit von Willkür im Nachhinein unüberprüfbar machen.
Der Bundesgesetzgeber wäre demgegenüber schon nicht berechtigt, z.B. Mitarbeiter von volkseigenen Produktionsbetrieben gegenüber solchen von privaten oder genossenschaftlichen Betrieben, Dienstleistungs- oder Handelsbetrieben (vgl. dazu § 1 Abs. 2 2.DB) nur wegen ihrer Tätigkeit mit einer bevorzugten Altersversorgung zu versehen. Der Senat hat dementsprechend keine Vergleiche der ausbildungsbezogenen und beruflichen Leistung anzustellen, sondern zu prüfen, ob ein gesetzlich bestimmtes Privileg von der Verwaltungspraxis übergangen wurde. Dies bemisst sich aber nur nach der Deutlichkeit der Abfassung der Versorgungsnormen der DDR, nicht nach deren systemgerechtem Inhalt. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob möglicherweise die ursprüngliche Versorgungsordnung im Sinne einer Einbeziehung auch eines Diplom-Landwirtes in den Kreis der begünstigten Berufsgruppen hätte ausgelegt werden können. Denn selbst die Verfehlung der bestmöglichen Auslegung nach Normsystematik und -zweck durch die tatsächliche Unterlassung der Versorgungszusage hat nicht schon einen rechtsstaatswidrig willkürlichen Ausschluss von einem gesetzlichen Privileg zum Inhalt.
Ein weiteres Verständnis der Voraussetzungen folgt auch nicht aus dem Rechtssatz, es komme auf eine konkrete entgeltliche Beschäftigung an, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 9). Denn dies bezieht sich nicht auf eine hochwertige Tätigkeit an sich, sondern auf die Erfüllung eines Tatbestandes der jeweiligen Versorgungsordnung. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Abstellen auf abstrakt-generelle Voraussetzungen, worunter Merkmale eines gesetzlichen Tatbestandes verstanden werden. Dieser verlangt hier eine durch eine vorausgesetzte Ausbildung bestimmte Beschäftigung. In diesem Sinne hat die Rechtsprechung die Prüfung auch jederzeit vorgenommen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R, a.a.O.; Urt. v. 30.6.98 – B 4 RA 11/98 R, zitiert nach Juris). Nach dem dargelegten Zweck dieser Rechtsprechung kommt auch ein anderes Verständnis nicht in Betracht, weil die Frage, ob durch unterlassene Rechtsanwendung Willkür geschehen ist, nur nach der Prüfung aller gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen, nicht nur der beruflichen Anforderungen, beantwortet werden kann.
Der Ausschluss des Klägers vom Anwendungsbereich des AAÜG gilt selbst dann, wenn seine Tätigkeit als Werkleiter ab 1. April 1975 unter den Begriff des Werkdirektors im Sinne von § 1 Abs. 1 Unterabs. 1 2.DB zu subsumieren wäre. Denn der Kläger hätte gemäß § 2 2.DB eine während des zur Feststellung geltend gemachten Zeitraumes möglicherweise nach den abstrakt-generellen Regelungen bestehende Zusatzversorgungsanwartschaft jedenfalls verloren, weil er aus seiner Tätigkeit als Werkleiter ausgeschieden und zuletzt am 30. Juni 1990 als Leiter der Materialverwaltung beschäftigt war. Schon deshalb schließt sich der Senat dem Rechtssatz des Bundessozialgerichts (Urt. v. 29.7.04 – B 4 RA 4/04 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 4), wonach die maßgeblichen Voraussetzungen noch am 30. Juni 1990 vorgelegen haben müssen, an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
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