L 8 B 418/05 AL ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 1947/04 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 418/05 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 15. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig.

Mit Bescheid vom 15.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2004 lehnte die Beschwerdegegnerin (Bg.) den zum 03.06.2003 gestellten Antrag auf die Bewilligung von Alhi des Beschwerdeführers (Bf.) vom 30.05.2003 mangels Bedürftigkeit ab. Der Antrag des Bf. auf Bewilligung von Alhi im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes blieb vor dem Sozialgericht München (SG) und dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) ohne Erfolg (Beschluss des SG München vom 04.06.2004 - S 34 AL 282/04 ER -, Beschluss des Bayer. LSG vom 16.09.2004 - L 9 B 371/04 AL ER -).

Dabei bestätigte das LSG im Beschluss vom 16.09.2004 die Auffassung des SG München, dass neben den zur Ablehnung herangezogenen Vermögenswerten noch der Wert des vom Bf. nicht selbst genutzten Hauses in B. im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei.

Die Bg. lehnte mit Bescheid vom 03.02.2004 den weiteren Antrag des Bf. auf Bewilligung von Alhi vom 04.12.2003 wiederum mangels Bedürftigkeit ab. Dabei setzte die Bg. als verwertbares Vermögen das Giroguthaben von 1.247,64 EUR, Bargeld von 2.453,00 EUR sowie eine Lebensversicherung mit einem Wert von 10.408,00 EUR (= insgesamt 14.108,64 EUR) an.

Die Bg. kam unter Berücksichtigung des sich aus dem Lebensalter des Bf. (geb. 31.07.1964) ergebenden Freibetrages in Höhe von 7.800,00 EUR zu einem Vermögen über 6.308,64 EUR, das nach §§ 190 und 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zur Verneinung des Alhi-Anspruchs führte.

Mit dem Widerspruch machte der Bf. geltend, die Lebensversicherung dürfe nicht berücksichtigt werden, da diese verpfändet sei. Der Bg. liege seit dem 03.06.2003 die Pfandbestellung vor. Die Ermittlungen der Bg. zum Wert des vom Bf. nicht selbst bewohnten Hauses (A. Weg, B.) ergaben, dass in diesem Haus die Eltern des Bf. leben, zu deren Gunsten am 19.05.2003 im Grundbuch ein Wohnrecht auf Lebenszeit bestellt worden sei. Der Gutachterausschuss für Grundstückwerte in B. , dem das dingliche Wohnrecht bei der Wertermittlungsanfrage von der Bg. mitgeteilt wurde, gab als Wert des Hauses 160.160,50 EUR an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2004 wies die Bg. den Widerspruch als unbegründet zurück. Weiterhin verneinte sie das Vorliegen von Bedürftigkeit. Dabei ging die Bg. nunmehr von folgendem Vermögen aus:

Girokonten und Bargeld insgesamt 3.700,00 EUR bebautes Grundstück in B. 160.187,00 EUR = insgesamt 163.887,00 EUR

Nach Abzug der auf dem Haus lastenden Grundschulden in Höhe von 154.329,00 EUR errechnete die Bg. ein verwertbares Vermögen von 9.558,00 EUR, von dem nach Abzug des Freibetrages von 7.800,00 EUR 1.758,00 EUR verblieben. Die Bg. führte im Widerspruchsbescheid aus, vom Wert der Immobilie könnten keine weiteren Abzüge für das dingliche Wohnrecht vorgenommen werden, da dieses dem Gutachterausschuss in B. bekannt gewesen sei.

Gegen den Widerspruchsbescheid der Bg. vom 23.12.2004 hat der Bf. Klage zum SG München (S 34 AL 80/05) erhoben und gleichzeitig beantragt, die Bg. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur sofortigen Zahlung der Alhi zu verpflichten.

Mit Beschluss vom 15.06.2005 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung des materiell-rechtlichen Anspruchs des Bf. auf die beantragte Alhi führe bereits zur Verneinung eines Anordnungsanspruchs. Die Bg. habe im Bescheid der Agentur für Arbeit M. vom 03.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2004 das Vorliegen von Bedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Bewilligung von Alhi überzeugend verneint. Nach der im Antragsverfahren gebotenen summarischen Prüfung habe es die Bg. zu Recht abgelehnt, von dem vom Gutachterausschuss in B. angesetzten Wert des Hauses über die Grundschulden hinausgehende Absetzungen vorzunehmen. Hierfür spreche vor allem, dass das Wohnrecht der Eltern des Bf. dem Gutachterausschuss bekannt gewesen sei und der ermittelte Wert deutlich unter dem der Bg. bisher mitgeteilten Aufwendungen des Bf. für Anschaffung und Instandhaltung der Immobilie zurückbleibe. Die Klärung der Frage, ob sich der Bf. überhaupt auf eine Wertminderung berufen könne, die er selbst erst unmittelbar vor der Beantragung von Alhi durch Eintragung eines dinglichen Wohnrechts für die Eltern herbeigeführt habe, müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Im Rahmen der im Antragsverfahren gebotenen summarischen Prüfung sei sie zu verneinen. Neben dem Anordnungsanspruch sei auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu verneinen. Mit In-Kraft-Treten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.01.2005 sei die Alhi abgeschafft worden. Hinsichtlich der letztlich noch streitigen Nachzahlung von Alhi könne es dem Bf. zugemutet werden, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens vor dem SG abzuwarten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bf. Die Bg. lehne den Abzug des Wohnrechts bei der Ermittlung des Verkehrswertes ab. Sie ermittle also gar nicht erst ein verwertbares Vermögen, um danach dessen Verwertbarkeit (Zumutbarkeitsprüfung) unter den in der Alhi-Verordnung (Alhi-VO) genannten Kriterien bzw. dem Beschluss des LSG (L 9 B 371/04 AL ER) zu prüfen. Sie setze damit vielmehr nicht verwertbares Vermögen als verwertbar an. Diese Vorgehensweise verstoße grundsätzlich gegen die Rechtslage und die Rechtsprechung des BSG. Die Bg. ermittele weder einen Verkehrswert zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch entspreche der von ihr ermittelte Wert einem Verkehrswert nach § 1 Abs.4 Satz 1 Alhi-VO. Das SG stimme zumindest im Antragsverfahren der Vorgehensweise der Bg. zu, ohne hierfür rechtliche Grundlagen zu benennen. Selbst ohne das Wohnrecht würde der Verkehrswert des Grundstücks erheblich unter dem von der Bg. ermittelten Wert liegen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Vergleichsobjekten in der Kaufpreissammlung fast ausschließlich um selbst genutzte Einfamilienhäuser handele. Dieses Haus sei aber (seit über zehn Jahren) vermietet. Das Mietverhältnis sei auch durch entsprechende mietvertragliche Regelungen (Kündigungsausschluss aufgrund des Mieterdarlehens) gesichert. Da allein dadurch eine Eigennutzung auf längere Zeit ausgeschlossen sei, müsse dieser wertmindernde Umstand in die Verkehrswertermittlung einfließen. Bereits ein Abschlag von ca. 1 % würde zu einer Bewilligung des Antrags führen. Das SG habe diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt. Ein Abwarten bis zur Klärung im Hauptverfahren sei nicht zumutbar, da nicht absehbar sei, wann dieses beendet werde. Es handele sich für ihn nicht um eine Nachzahlung, sondern um die erstmalige Bewilligung von Alhi. Die Bg. habe das Verfahren über zwei Jahre verschleppt.

Der Bf. legte ein Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in B. vom 11.11.2005 vor.

Die Bg. hält die Beschwerde für unbegründet. Nach dem nunmehr vom Bf. vorgelegten Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung B. vom 11.11.2005 könnten dort nur Auskünfte aus der Kaufpreissammlung gegeben werden, bei denen individuelle Gegebenheiten, wie z.B. die Einräumung eines Wohnrechts, außen vor bleiben. Damit sei die vorliegende Auskunft auf den konkreten Fall nicht anwendbar, da der Bf. durch die Einräumung eines dinglichen Wohnrechts selbst Umstände geschaffen habe, die für die Ermittlung des Verkehrswertes die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens erforderlich machen würden. Bereits jetzt sei die erhebliche Diskrepanz zwischen den vom Bf. für den Erwerb und die Verbesserung des Hauses aufgewendeten Mittel und der erteilten Wertauskunft der Stadt B. auffällig gewesen, was die nachfolgende Aufstellung zeigen würde:

1. Mittel für den Erwerb des Hauses:

27.02.1994 Schenkung der Eltern 102.258,00 EUR (200.000,00 DM) 02.06.1994 Darlehen der Eltern 230.081,00 EUR (450.000,00 DM) 27.07.1994 Darlehen der Bank 56.242,00 EUR (110.000,00 DM)

Summe 388.581,00 EUR (760.000,00 DM)

2. Kurz vor Beantragung der Alhi an die Eltern zur Darlehenssicherung übertragene Vermögenswerte:

Verpfändung der Lebensversicherung 10.408,00 EUR Verpfändung des Bausparvertrages 3.842,00 EUR Verpfändung des Dresdener-Bank-Depots 1.466,00 EUR Übertragung des gesamten Wertpapierbe- sitzes bei der Deutschen Bank 96.276,00 EUR Übertragung des Tagesgeldkontos SEB 30.000,00 EUR Eintragung einer Grundschuld 50.000,00 EUR

Summe 206.992,00 EUR (404.841,00 DM)

Ferner ist das Darlehen 1997/1998 bereits in Höhe von 26.229,00 EUR (51.300,00 DM) getilgt worden.

Der Klärung im Hauptsacheverfahren sollte es des Weiteren vorbehalten bleiben, ob die vom Bf. nachträglich wertmindernde Verfügung (Eintragung des Wohnrechts für die Eltern) in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beantragung der Alhi und der Abklärung der Frage der Bedürftigkeit überhaupt Berücksichtigung finden könne. Hierbei handele es sich nach ihrer Auffassung um einen Vertrag "zu Lasten Dritter", nämlich der Steuerzahler.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich ist das Rechtsmittel aber nicht begründet, weil die von dem Bf. begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann.

Gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat der Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen.

Zu Recht hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Insbesondere liegt ein Anordnungsgrund nicht vor, da es sich um Leistungen für die Vergangenheit handelt und es dem Bf. insoweit zuzumuten ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Somit war die Beschwerde des Bf. gegen den Beschluss des SG München vom 15.06.2005 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs.1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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