Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 76/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 547/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde des Beigeladenen wird verworfen.
II. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Augsburg vom 05.09.2005 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 24.02.2006 die Kosten für das ambulant betreute Wohnen des Antragstellers in der Wohnung A. , L. , vorläufig und längstens bis zu einer Entscheidung in einem folgenden Widerspruchsverfahren zu übernehmen.
III. Der Beigeladene hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für das ambulant betreute Einzelwohnen des Antragstellers im Zeitraum ab dem 01.05.2005.
Ausweislich eines ärztlichen Attestes vom 02.05.2005 leidet der 1942 geborene Antragsteller (Ast) an einer hirnorganischen Wesensänderung bei Alkoholkrankheit, Korsakow-Syndrom. Die Landesversicherungsanstalt Oberbayern bescheinigt mit Mitteilung vom 09.05.2005 eine seit dem 03.10.1998 bestehende volle Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage. Die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Nr 2 SGB XII seien beim Ast erfüllt. Der Grad der Behinderung (GdB) beim Ast beträgt 70 vH.
Am 02.03.2005 beantragte der Ast beim Bezirk Oberbayern die Kostenübernahme für die ihm von der R.-Stiftung L. angebotene Möglichkeit für ein ambulant betreutes Einzelwohnen. Die R.-Stiftung L. betreibt am Standort in L. das Haus C. , eine Außenwohngruppe für Menschen mit psychischen Behinderungen, in der der Ast seit August 2002 vollstationär wohnt. In diesem Zeitraum übernahm der Bezirk Oberbayern die Kosten. Zur Begründung für das beabsichtigte ambulante Einzelwohnen gab der Ast wiederholt seinen Unmut über das Leben in der Wohngruppe an. Er sei inzwischen genügend selbstständig für das Leben in einer eigenen Wohnung.
Mit Schreiben vom 03.03.2005 leitete der Bezirk Oberbayern diesen Antrag mit dem Hinweis auf dessen Zuständigkeit an den Beigeladenen weiter.
Am 16.03.2005 beantragte der Ast beim Beigeladenen die Kostenübernahme für das beabsichtigte ambulant betreute Einzelwohnen, woraufhin der Beigeladene mit Antwortschreiben vom 30.03.2003 weitere Unterlagen zur Beurteilung des formlosen Antrages anforderte.
Am 11.04.2005 teilte der Ast dem Beigeladenen mit, er werde am 12.04.2005 eine Wohnung in L. anmieten, die er zum 01.05.2005 beziehen könne. Er beantrage ab diesem Zeitpunkt die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie von Hilfen bei Krankheit nach dem 4. und 5. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die vom Beigeladenen angeforderten Belege reichte er nach. Am 15.04.2005 beantragte er beim Beigeladenen zudem die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen durch Übernahme der Kosten für ein ambulant betreutes Einzelwohnen.
Daraufhin wandte sich der Beigeladene mit Kurzmitteilung vom 11.05.2005 unter Hinweis auf ein Schreiben des Therapiezentrums C. vom 20.12.2001 an den Antragsgegner (Ag) mit der Bitte, den Hilfefall zuständigkeitshalber zu übernehmen. Der Ag sei der nach § 98 Abs 5 SGB XII für den Hilfefall örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe. Der Ast habe vom 15.12.1997 bis 10.02.2001 im Haus S. in K. gewohnt. Vom 11.02.2001 bis 10.03.2001 habe er keinen festen Wohnsitz gehabt, sich aber im Allgäu aufgehalten. Vom 11.03.2001 bis 16.09.2001 sei der Ast in der Justizvollzugsanstalt K. inhaftiert gewesen. Etwa Mitte Oktober 2001 sei er nach K. gefahren, um sich wieder im Haus S. vorzustellen. Dort habe er keine Aufnahme gefunden. Er habe sich für ca 14 Tage in K. aufgehalten und in Pensionen oder bei Bekannten übernachtet. Ende Oktober 2001 sei er freiwillig ins Bezirkskrankenhaus G. zur Entgiftung gegangen.
Vom 07.11.2001 bis 08.08.2002 hielt sich der Ast im Therapiezentrum C. in T. auf. Von dort aus wurde er von der R.-Stiftung L. übernommen.
Mit einer Mail vom 01.07.2005 lehnte der Ag die Übernahme der Kosten gegenüber dem Beigeladenen ab. Die Zuständigkeit richte sich nach § 98 Abs 2 SGB XII. Damit komme es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Ast nach seiner Haftentlassung am 16.09.2001 bis zu seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. am 15.10.2001 an. In diesem Zeitpunkt habe sich der Ast zwar in K. aufgehalten, aber unter Umständen, die nicht auf die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes schließen ließen. Die übrigen Beteiligten werden hiervon durch Zusendung eines Absendens der Mail vom 01.07.2005 in Kenntnis gesetzt.
Am 21.07. beantragte der Ast beim Sozialgericht München (SG), im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Ag vorläufig verpflichtet sei, die Kostenübernahme für ein ambulant betreutes Einzelwohnen seit 01.05.2005 in der Wohnung Z. , L. sowie Grundsicherungsleistungen und Krankenhilfe bzw Anmeldung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seit demselben Zeitpunkt zu bewilligen.
Der Ag sei der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe, weil zur Auslegung des hier einschlägigen § 98 Abs 5 SGB XII nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 SGB XII zurückgegriffen werden könne. Die Voraussetzungen des § 98 Abs 5 SGB XII lägen für den Beigeladenen nicht vor. Der Ast sei erstmals am 15.10.2001 in das Bezirkskrankenhaus G. und damit in eine Einrichtung eingetreten. Vor diesem Zeitpunkt habe er sich nicht im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen aufgehalten. Der Ag erfülle die Voraussetzungen des § 98 Abs 5 SGB XII bereits deshalb, weil der Bezirk Oberbayern einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Landkreises R. angenommen habe. Ob der Ast unmittelbar vor seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. gehabt habe, könne dahinstehen. Dem Ast fehle es im Hinblick auf § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) bzw nach § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. § 14 SGB IX sei für die hier beantragten Leistungen der Grundsicherung und Krankenhilfe nicht einschlägig. Die Voraussetzungen des § 43 SGB I lägen weder gegen den Ag noch gegen den Beigeladenen vor. Der erstangegangene Träger der Sozialhilfe sei vorliegend der Bezirk Oberbayern gewesen, der den Anspruch bereits unter Hinweis darauf abgelehnt hat, dass er als überörtlicher Träger nicht zur Leistung verpflichtet sei.
Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.
Das Sozialgericht München erklärte sich mit Beschluss vom 02.08.2005 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Sozialgericht Augsburg (SG).
Mit Beschluss vom 09.08.2005 wurde der Landkreis Unterallgäu zum Verfahren beigeladen.
Er stellte im Verfahren vor dem SG keinen Antrag, hielt den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Ag aber für begründet. § 98 Abs 5 SGB XII sei für alle Hilfearten einschlägig. Die Vorschrift regele die örtliche Zuständigkeit abweichend von den allgemeinen Vorschriften des § 98 Abs 1 und 2 SGB XII, um die Einrichtungsorte vor ungerechtfertigten Kostenbelastungen zu schützen und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Maßgeblich sei deshalb wo sich der Ast vor Beginn der Maßnahme tatsächlich außerhalb von Einrichtungen aufgehalten habe. Derjenige örtliche Sozialhilfeträger, der bei Gewährung der Hilfe in seinem Bereich örtlich zuständig gewesen wäre, bleibe demnach örtlich zuständig, auch wenn die Hilfe in Form ambulant betreuten Wohnens und nicht mehr in seinem Zuständigkeitsbereich gewährt werde. Da sich der Ast die letzten Tage vor der Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. im Raum K. aufgehalten habe, sei der Ag vor Eintritt in die jetzige Wohnform zuletzt örtlich und sachlich zuständig gewesen. Es bestehe auch keine Vorleistungspflicht des Beigeladenen gemäß § 43 SGB I, da nicht er, sondern der Bezirk Oberbayern erstangegangener Leistungsträger gewesen sei.
Mit Beschluss vom 05.09.2005 lehnte das SG den Antrag ab. Gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 SGB XII sei auf das Verhältnis der angegangenen Leistungsträger untereinander abzustellen. Angegangen seien hier der Ag und der Beigeladene. Von diesen beiden ist offensichtlich der Beigeladene zuerst angegangen worden. Gegenüber dem Ag habe der Ast zudem keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil der Ag für den streitigen Hilfefall örtlich nicht zuständig sei.
Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner beim SG am 26.09.2005 eingegangenen Beschwerde.
Ohne einen ausdrücklichen Antrag im Beschwerdeverfahren zu stellen, weist der Beigeladene darauf hin, dass er, entgegen der Auffassung des SG, nicht der zuerst angegangene Leistungsträger sei. Der Ast habe am 02.03.2005 zuerst beim Bezirk Oberbayern entsprechende Leistungen beantragt. Der Bezirk Oberbayern sei auch für die Gewährung von Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten grundsätzlich zuständig. Auch wenn der Bezirk seine Aufgaben auf die örtlichen Sozialhilfeträger delegiert habe und damit die endgültige Zuständigkeit verlagert habe, ändere dies nichts daran, dass er grundsätzlich als Sozialhilfeträger in Frage komme. Zudem sei die Auffassung des SG zu § 98 Abs 5 SGB XII unzutreffend. Die örtliche Zuständigkeit iS des § 98 Abs 5 SGB XII knüpfe nicht an den tatsächlichen Aufenthalt an, sondern perpetuiere die örtliche Zuständigkeit des zuletzt zuständigen Trägers.
Die Beschwerde des Ast ging beim SG am 05.10.2005 ein.
Auch er stellt keinen ausdrücklichen Antrag, weist aber darauf hin, dass zwischenzeitlich vom Beigeladenen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als vorläufige Leistung nach § 43 SGB I bewilligt worden sei. Ungeklärt sei noch die Krankenhilfe, die Anmeldung nach § 264 SGB IV sowie die Kostenübernahme für ein ambulant betreutes Einzelwohnen des Ast in der Wohnung Z. , L ... Dem Beschluss des SG vom 05.09.2005 werde dahin entgegen getreten, dass ein Anordnungsgrund fehle. Der Beigeladene erachte sich nicht als zuerst angegangener Leistungsträger und verweise an den Bezirk Oberbayern. Dieser bezeichne wiederum den Beigeladenen als den zuerst angegangenen Rechtsträger. Auch der Ast vertritt die Auffassung, der Gesetzgeber habe mit § 98 Abs 5 SGB XII eine abschließende Sonderregelung treffen wollen.
Der Ag tritt den Beschwerden entgegen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis des Ast lasse sich nicht erkennen, weil der Beigeladene bereits Leistungen im notwendigen Umfange erbringe. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit könne in einem Kostenerstattungsverfahren bzw im Hauptsacheverfahren entschieden werden. Nach dortiger Ansicht sei bereits die Anerkennung der örtlichen Zuständigkeit durch den Bezirk Oberbayern bei Aufnahme in die vollstationäre Einrichtung Bezirkskrankenhaus G. fehlerhaft festgestellt worden. Seinerzeit sei der gewöhnliche Aufenthalt des Ast entsprechend § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I maßgeblich gewesen, der zum fraglichen Zeitpunkt der vollstationären Aufnahme am 15.10.2001 im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen gelegen habe. Die fehlerhafte Zuständigkeitsprüfung durch den Bezirk Oberbayern stehe aber einer weiteren Zuständigkeit des Beigeladenen entsprechend § 98 Abs 5 iVm Abs 2 SGB XII nicht entgegen.
Der Beigeladene ergänzt mit Schreiben vom 07.11.2005, dass er zwischenzeitlich seine Zuständigkeit für eine vorläufige Leistungserbringung gemäß § 43 Abs 1 SGB I hinsichtlich der Krankenhilfe für die Zeit ab 21.10.2005 anerkannt habe. Hinsichtlich der Eingliederungshilfe sehe er nach wie vor den Bezirk Oberbayern als den im Sinne von § 43 Abs 1 SGB I zuerst angegangenen Träger an.
Der Ast und der Beigeladene begründen weiter die Eilbedürftigkeit der Entscheidung zur Eingliederungshilfe (betreutes Wohnen).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die gegen den Beschluss des SG vom 05.09.2005 erhobenen Beschwerden haben nur zum Teil Erfolg.
1. Die Beschwerde des Beigeladenen vom 12.05.2005 wird verworfen, weil sie unzulässig ist. Dem Beigeladenen fehlt es an einer Beschwer.
Die Zulässigkeit seiner Beschwerde ist davon abhängig, ob er durch die angefochtene Entscheidung des SG im Eilverfahren materiell beschwert ist (vgl. dazu Meyer-Ladwig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl.2005, vor § 143 RdNr 8 und § 141 RdNrn 17 ff).
Das ist hier nicht der Fall. Zutreffend anerkennt der Beigeladene, dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit vom SG letztlich nicht entschieden wurde und damit auch nicht in Rechtskraft erwachsen kann. Dass es lediglich nach Auffassung des Beigeladenen möglicherweise erneut zu einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommen kann, begründet in der vorläufigen Fallkonstellation keine Beschwer. Von einer etwa folgenden weiteren einstweiligen Anordnung wird ein anderer Bewilligungszeitraum betroffen sein.
2. Die Beschwerde des Ast vom 07.10.2005 hat teilweise Erfolg.
Bei ihr handelt es sich um eine selbstständige Beschwerde. Insbesondere hat der Ast die Beschwerdefrist gewahrt. Seine Beschwerde verliert ihre Wirkung deshalb nicht dadurch, dass die zeitlich vorausgegangene Beschwerde des Beigeladenen als unzulässig verworfen wird (vgl. dazu § 567 Abs 3 Zivilprozessordnung - ZPO - entsprechend).
Die so verstandene Beschwerde des Ast ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das SG hat ihr nicht abgeholfen.
Gegenstand der Beschwerde des Ast ist lediglich noch die Frage, ob der Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, neben den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Krankenhilfe, die er ohnehin bereits vorläufig gemäß § 43 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) übernommen hat, vorläufig auch die Kosten für das ambulant betreute Wohnen des Ast zu übernehmen hat.
Von einer Beiladung des Bezirkes Oberbayern hat der Senat aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und auch deshalb abgesehen, weil nach der Delegationsverordnung für die Hilfe "Betreutes Wohnen" nicht die Bezirke, sondern die örtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig sind (Art 13 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches - AGSGB -.
Der Ast beantragt in der Sache eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Eine solche einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl. 2005, RdNr 644).
Die Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materielle rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 86b RdNr 41).
Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG vom 12.05.2005 NDV-RD 2005, 59) zeigt sich, dass dem Ast ein Anordnungsgrund nur zum Teil zur Seite steht. Soweit ein Anordnungsgrund gegeben ist, steht dem Ast aber auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Soweit der Ast Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.05.2005 bzw. ab Dezember 2005 bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erstreiten will, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe - wie sie hier begehrt werden - für abgelaufene Bewilligungszeiträume durch einstweilige Anordnung regelmäßig nicht zugesprochen werden können. Der Ast hat insoweit keine Ausnahmen glaubhaft gemacht. Der Senat geht bei Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände davon aus, dass der Fortbestand der Unterbringung des Ast bei einer Leistungsgewährung ab Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht gefährdet ist. Der Ast ist deshalb für die zurückliegenden Bewilligungszeiträume auf ein etwa folgendes Hauptsacheverfahren zu verweisen (vgl. dazu unten).
Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts steht dem Ast sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Der Ast kann sein Begehren auf vorläufige Übernahme der Kosten für die Unterbringung in der bereits bewohnten Wohnung auf § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stützen, weil er Leistungen zur Teilhabe iS des § 4 Abs 1 Nr 4 SGB IX geltend macht, bei ihm eine Behinderung iS des § 2 SGB IX offensichtlich vorliegt und die am Verfahren Beteiligten, sowie der Bezirk Oberbayern, Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX sind.
Hauptanliegen des SGB IX ist es, die Koordination der Leistungen und der Leistungsträger durch wirksame Instrumente sicher zu stellen (vgl dazu BT-Drs 14/5074, S. 95). Dazu dient insbesondere auch § 14 SGB IX, wonach Streitigkeiten über die Zuständigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen sollen. Grundsätzlich soll zwar die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherung für Rehabilitationsträger unberührt bleiben. Andererseits soll jedoch das auf Leistungserbringung gerichtete Verfahren durch eine rasche Zuständigkeitsklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die Leistungen schnellstmöglich erhalten (BT-Drs aaO).
Hierfür sieht § 14 SGB IX eine Regelung über die Zusammenarbeit der Leistungsträger vor, wobei er eine vorläufige Zuständigkeit der Leistungsträger gegenüber den eigentlich endgültig zuständigen Leistungsträgern bestimmt. Die Vorschrift nimmt es in Kauf, dass eine endgültige Klärung der Zuständigkeit erst nach der Leistungsbewilligung durch den vorläufig zuständigen Rehabilitationsträger erfolgt (so BSG vom 26.10.2004 SozR 4-3250 § 14 Nr 1 unter Hinweis auf Oppermann in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 5 RdNr 22).
Der Ag ist gemäß § 14 Abs 2 Satz 5 SGB IX vorläufig zur Kostenübernahme verpflichtet. Nach dieser Vorschrift klärt ein Rehabilitationsträger, an den ein Antrag auf Leistungen der Rehabilitation von einem anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist, der aber für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger sein kann, unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger die Frage, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der in den Sätzen 2 und 4 des § 14 SGB IV genannten Fristen entschieden wird. Nach der Gesetzbegründung (BT-Drs 15/1783 S.13) soll diese Regelung klarstellen, dass der Rehabilitationsträger, an den Antrag von einem anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet wurde, diesen Antrag nicht ein weiteres Mal weiterleiten darf, und zwar selbst dann nicht, wenn er kein Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 SGB IX sein kann. Die Vorschrift zeigt damit, dass im Gegensatz zur vorläufigen Leistung, die den zuständigen Leistungsträger nicht unmittelbar tangiert, eine nach außen verbindliche neue Zuständigkeit geschaffen worden ist, gleichzeitig aber intern Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträger fortbestehen. Leitet deshalb ein Rehabilitationsträger einen Antrag an einen anderen Rehabilitationsträger weiter, wird weder er noch ein dritter Rehabilitationsträger als der Sache nach eigentlich zuständiger Rehabilitationsträger aus seiner unmittelbaren Verantwortung gänzlich entlassen, obwohl sich aus der Weiterleitung allein eine vorläufige Zuständigkeit des angegangenen Rehabilitationsträgers - hier des Beigeladenen - ergibt (BSG aaO unter Hinweis Luik in Eicher/Schlegel, SGB III 2004, § 97 RdNrn 104 ff).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Es ist unstreitig, dass der Bezirk Oberbayern als Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX vom Ast mit einem Antrag auf Rehabilitationsleistungen als erster angegangen wurde und diesen Antrag innerhalb der dort genannten Frist gemäß § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX an den Beigeladenen weitergeleitet hat, der allein hierwegen iS der oben genannten Rechtsprechung des BSG vorläufig zur Leistung verpflichtet ist. Darauf, dass der Ast unter dem 16.03.2005 zudem beim Ag einen weiteren Antrag auf Leistungen der Rehabilitation gestellt hat, und der Ag diesen Antrag entgegen den Bestimmungen des § 14 Abs 1 SGB IX nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat, und auch hierwegen vorläufig zur Leistung verpflichtet bleibt, kommt es nach alledem nicht mehr an.
Nicht geklärt sind letztendlich im vorläufigen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Hilfe. Die vom Bundesverfassungsgericht (aaO) vorgegebene Güter- und Folgenabwägung schlägt aber für den Zeitraum ab Entscheidung des Beschwerdegerichtes eindeutig zu Gunsten des Ast aus. Wegen der Streitigkeiten um die örtliche Zuständigkeit und wegen der vorläufigen Leistungsverpflichtung unter den möglichen Leistungsträgern konnte der Ast bislang keine rechtsmittelfähige Entscheidung erhalten. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass er bis zu einer solchen Entscheidung, wobei auf die letztmögliche Behördenentscheidung im Widerspruchsverfahren, also auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides abzustellen ist, insoweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu schützen ist. Die Beendigung seiner Wohnsituation wegen mangelnder Kostenerstattung würde ihm Nachteile zufügen, die durch eine etwaige Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr auszugleichen wären. In diesem Sinne bedarf es keiner weiteren vertieften erstmaligen Überprüfung der materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen durch das Beschwerdegericht.
In diesem Umfang hat deshalb die Beschwerde des Ast Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Augsburg vom 05.09.2005 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, ab dem 24.02.2006 die Kosten für das ambulant betreute Wohnen des Antragstellers in der Wohnung A. , L. , vorläufig und längstens bis zu einer Entscheidung in einem folgenden Widerspruchsverfahren zu übernehmen.
III. Der Beigeladene hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für das ambulant betreute Einzelwohnen des Antragstellers im Zeitraum ab dem 01.05.2005.
Ausweislich eines ärztlichen Attestes vom 02.05.2005 leidet der 1942 geborene Antragsteller (Ast) an einer hirnorganischen Wesensänderung bei Alkoholkrankheit, Korsakow-Syndrom. Die Landesversicherungsanstalt Oberbayern bescheinigt mit Mitteilung vom 09.05.2005 eine seit dem 03.10.1998 bestehende volle Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage. Die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Nr 2 SGB XII seien beim Ast erfüllt. Der Grad der Behinderung (GdB) beim Ast beträgt 70 vH.
Am 02.03.2005 beantragte der Ast beim Bezirk Oberbayern die Kostenübernahme für die ihm von der R.-Stiftung L. angebotene Möglichkeit für ein ambulant betreutes Einzelwohnen. Die R.-Stiftung L. betreibt am Standort in L. das Haus C. , eine Außenwohngruppe für Menschen mit psychischen Behinderungen, in der der Ast seit August 2002 vollstationär wohnt. In diesem Zeitraum übernahm der Bezirk Oberbayern die Kosten. Zur Begründung für das beabsichtigte ambulante Einzelwohnen gab der Ast wiederholt seinen Unmut über das Leben in der Wohngruppe an. Er sei inzwischen genügend selbstständig für das Leben in einer eigenen Wohnung.
Mit Schreiben vom 03.03.2005 leitete der Bezirk Oberbayern diesen Antrag mit dem Hinweis auf dessen Zuständigkeit an den Beigeladenen weiter.
Am 16.03.2005 beantragte der Ast beim Beigeladenen die Kostenübernahme für das beabsichtigte ambulant betreute Einzelwohnen, woraufhin der Beigeladene mit Antwortschreiben vom 30.03.2003 weitere Unterlagen zur Beurteilung des formlosen Antrages anforderte.
Am 11.04.2005 teilte der Ast dem Beigeladenen mit, er werde am 12.04.2005 eine Wohnung in L. anmieten, die er zum 01.05.2005 beziehen könne. Er beantrage ab diesem Zeitpunkt die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie von Hilfen bei Krankheit nach dem 4. und 5. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die vom Beigeladenen angeforderten Belege reichte er nach. Am 15.04.2005 beantragte er beim Beigeladenen zudem die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen durch Übernahme der Kosten für ein ambulant betreutes Einzelwohnen.
Daraufhin wandte sich der Beigeladene mit Kurzmitteilung vom 11.05.2005 unter Hinweis auf ein Schreiben des Therapiezentrums C. vom 20.12.2001 an den Antragsgegner (Ag) mit der Bitte, den Hilfefall zuständigkeitshalber zu übernehmen. Der Ag sei der nach § 98 Abs 5 SGB XII für den Hilfefall örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe. Der Ast habe vom 15.12.1997 bis 10.02.2001 im Haus S. in K. gewohnt. Vom 11.02.2001 bis 10.03.2001 habe er keinen festen Wohnsitz gehabt, sich aber im Allgäu aufgehalten. Vom 11.03.2001 bis 16.09.2001 sei der Ast in der Justizvollzugsanstalt K. inhaftiert gewesen. Etwa Mitte Oktober 2001 sei er nach K. gefahren, um sich wieder im Haus S. vorzustellen. Dort habe er keine Aufnahme gefunden. Er habe sich für ca 14 Tage in K. aufgehalten und in Pensionen oder bei Bekannten übernachtet. Ende Oktober 2001 sei er freiwillig ins Bezirkskrankenhaus G. zur Entgiftung gegangen.
Vom 07.11.2001 bis 08.08.2002 hielt sich der Ast im Therapiezentrum C. in T. auf. Von dort aus wurde er von der R.-Stiftung L. übernommen.
Mit einer Mail vom 01.07.2005 lehnte der Ag die Übernahme der Kosten gegenüber dem Beigeladenen ab. Die Zuständigkeit richte sich nach § 98 Abs 2 SGB XII. Damit komme es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Ast nach seiner Haftentlassung am 16.09.2001 bis zu seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. am 15.10.2001 an. In diesem Zeitpunkt habe sich der Ast zwar in K. aufgehalten, aber unter Umständen, die nicht auf die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes schließen ließen. Die übrigen Beteiligten werden hiervon durch Zusendung eines Absendens der Mail vom 01.07.2005 in Kenntnis gesetzt.
Am 21.07. beantragte der Ast beim Sozialgericht München (SG), im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Ag vorläufig verpflichtet sei, die Kostenübernahme für ein ambulant betreutes Einzelwohnen seit 01.05.2005 in der Wohnung Z. , L. sowie Grundsicherungsleistungen und Krankenhilfe bzw Anmeldung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seit demselben Zeitpunkt zu bewilligen.
Der Ag sei der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe, weil zur Auslegung des hier einschlägigen § 98 Abs 5 SGB XII nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs 2 SGB XII zurückgegriffen werden könne. Die Voraussetzungen des § 98 Abs 5 SGB XII lägen für den Beigeladenen nicht vor. Der Ast sei erstmals am 15.10.2001 in das Bezirkskrankenhaus G. und damit in eine Einrichtung eingetreten. Vor diesem Zeitpunkt habe er sich nicht im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen aufgehalten. Der Ag erfülle die Voraussetzungen des § 98 Abs 5 SGB XII bereits deshalb, weil der Bezirk Oberbayern einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Landkreises R. angenommen habe. Ob der Ast unmittelbar vor seiner Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. gehabt habe, könne dahinstehen. Dem Ast fehle es im Hinblick auf § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) bzw nach § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. § 14 SGB IX sei für die hier beantragten Leistungen der Grundsicherung und Krankenhilfe nicht einschlägig. Die Voraussetzungen des § 43 SGB I lägen weder gegen den Ag noch gegen den Beigeladenen vor. Der erstangegangene Träger der Sozialhilfe sei vorliegend der Bezirk Oberbayern gewesen, der den Anspruch bereits unter Hinweis darauf abgelehnt hat, dass er als überörtlicher Träger nicht zur Leistung verpflichtet sei.
Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.
Das Sozialgericht München erklärte sich mit Beschluss vom 02.08.2005 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Sozialgericht Augsburg (SG).
Mit Beschluss vom 09.08.2005 wurde der Landkreis Unterallgäu zum Verfahren beigeladen.
Er stellte im Verfahren vor dem SG keinen Antrag, hielt den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Ag aber für begründet. § 98 Abs 5 SGB XII sei für alle Hilfearten einschlägig. Die Vorschrift regele die örtliche Zuständigkeit abweichend von den allgemeinen Vorschriften des § 98 Abs 1 und 2 SGB XII, um die Einrichtungsorte vor ungerechtfertigten Kostenbelastungen zu schützen und Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Maßgeblich sei deshalb wo sich der Ast vor Beginn der Maßnahme tatsächlich außerhalb von Einrichtungen aufgehalten habe. Derjenige örtliche Sozialhilfeträger, der bei Gewährung der Hilfe in seinem Bereich örtlich zuständig gewesen wäre, bleibe demnach örtlich zuständig, auch wenn die Hilfe in Form ambulant betreuten Wohnens und nicht mehr in seinem Zuständigkeitsbereich gewährt werde. Da sich der Ast die letzten Tage vor der Aufnahme in das Bezirkskrankenhaus G. im Raum K. aufgehalten habe, sei der Ag vor Eintritt in die jetzige Wohnform zuletzt örtlich und sachlich zuständig gewesen. Es bestehe auch keine Vorleistungspflicht des Beigeladenen gemäß § 43 SGB I, da nicht er, sondern der Bezirk Oberbayern erstangegangener Leistungsträger gewesen sei.
Mit Beschluss vom 05.09.2005 lehnte das SG den Antrag ab. Gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 SGB XII sei auf das Verhältnis der angegangenen Leistungsträger untereinander abzustellen. Angegangen seien hier der Ag und der Beigeladene. Von diesen beiden ist offensichtlich der Beigeladene zuerst angegangen worden. Gegenüber dem Ag habe der Ast zudem keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil der Ag für den streitigen Hilfefall örtlich nicht zuständig sei.
Hiergegen wendet sich der Beigeladene mit seiner beim SG am 26.09.2005 eingegangenen Beschwerde.
Ohne einen ausdrücklichen Antrag im Beschwerdeverfahren zu stellen, weist der Beigeladene darauf hin, dass er, entgegen der Auffassung des SG, nicht der zuerst angegangene Leistungsträger sei. Der Ast habe am 02.03.2005 zuerst beim Bezirk Oberbayern entsprechende Leistungen beantragt. Der Bezirk Oberbayern sei auch für die Gewährung von Leistungen in Form ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten grundsätzlich zuständig. Auch wenn der Bezirk seine Aufgaben auf die örtlichen Sozialhilfeträger delegiert habe und damit die endgültige Zuständigkeit verlagert habe, ändere dies nichts daran, dass er grundsätzlich als Sozialhilfeträger in Frage komme. Zudem sei die Auffassung des SG zu § 98 Abs 5 SGB XII unzutreffend. Die örtliche Zuständigkeit iS des § 98 Abs 5 SGB XII knüpfe nicht an den tatsächlichen Aufenthalt an, sondern perpetuiere die örtliche Zuständigkeit des zuletzt zuständigen Trägers.
Die Beschwerde des Ast ging beim SG am 05.10.2005 ein.
Auch er stellt keinen ausdrücklichen Antrag, weist aber darauf hin, dass zwischenzeitlich vom Beigeladenen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als vorläufige Leistung nach § 43 SGB I bewilligt worden sei. Ungeklärt sei noch die Krankenhilfe, die Anmeldung nach § 264 SGB IV sowie die Kostenübernahme für ein ambulant betreutes Einzelwohnen des Ast in der Wohnung Z. , L ... Dem Beschluss des SG vom 05.09.2005 werde dahin entgegen getreten, dass ein Anordnungsgrund fehle. Der Beigeladene erachte sich nicht als zuerst angegangener Leistungsträger und verweise an den Bezirk Oberbayern. Dieser bezeichne wiederum den Beigeladenen als den zuerst angegangenen Rechtsträger. Auch der Ast vertritt die Auffassung, der Gesetzgeber habe mit § 98 Abs 5 SGB XII eine abschließende Sonderregelung treffen wollen.
Der Ag tritt den Beschwerden entgegen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis des Ast lasse sich nicht erkennen, weil der Beigeladene bereits Leistungen im notwendigen Umfange erbringe. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit könne in einem Kostenerstattungsverfahren bzw im Hauptsacheverfahren entschieden werden. Nach dortiger Ansicht sei bereits die Anerkennung der örtlichen Zuständigkeit durch den Bezirk Oberbayern bei Aufnahme in die vollstationäre Einrichtung Bezirkskrankenhaus G. fehlerhaft festgestellt worden. Seinerzeit sei der gewöhnliche Aufenthalt des Ast entsprechend § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I maßgeblich gewesen, der zum fraglichen Zeitpunkt der vollstationären Aufnahme am 15.10.2001 im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen gelegen habe. Die fehlerhafte Zuständigkeitsprüfung durch den Bezirk Oberbayern stehe aber einer weiteren Zuständigkeit des Beigeladenen entsprechend § 98 Abs 5 iVm Abs 2 SGB XII nicht entgegen.
Der Beigeladene ergänzt mit Schreiben vom 07.11.2005, dass er zwischenzeitlich seine Zuständigkeit für eine vorläufige Leistungserbringung gemäß § 43 Abs 1 SGB I hinsichtlich der Krankenhilfe für die Zeit ab 21.10.2005 anerkannt habe. Hinsichtlich der Eingliederungshilfe sehe er nach wie vor den Bezirk Oberbayern als den im Sinne von § 43 Abs 1 SGB I zuerst angegangenen Träger an.
Der Ast und der Beigeladene begründen weiter die Eilbedürftigkeit der Entscheidung zur Eingliederungshilfe (betreutes Wohnen).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die gegen den Beschluss des SG vom 05.09.2005 erhobenen Beschwerden haben nur zum Teil Erfolg.
1. Die Beschwerde des Beigeladenen vom 12.05.2005 wird verworfen, weil sie unzulässig ist. Dem Beigeladenen fehlt es an einer Beschwer.
Die Zulässigkeit seiner Beschwerde ist davon abhängig, ob er durch die angefochtene Entscheidung des SG im Eilverfahren materiell beschwert ist (vgl. dazu Meyer-Ladwig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl.2005, vor § 143 RdNr 8 und § 141 RdNrn 17 ff).
Das ist hier nicht der Fall. Zutreffend anerkennt der Beigeladene, dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit vom SG letztlich nicht entschieden wurde und damit auch nicht in Rechtskraft erwachsen kann. Dass es lediglich nach Auffassung des Beigeladenen möglicherweise erneut zu einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommen kann, begründet in der vorläufigen Fallkonstellation keine Beschwer. Von einer etwa folgenden weiteren einstweiligen Anordnung wird ein anderer Bewilligungszeitraum betroffen sein.
2. Die Beschwerde des Ast vom 07.10.2005 hat teilweise Erfolg.
Bei ihr handelt es sich um eine selbstständige Beschwerde. Insbesondere hat der Ast die Beschwerdefrist gewahrt. Seine Beschwerde verliert ihre Wirkung deshalb nicht dadurch, dass die zeitlich vorausgegangene Beschwerde des Beigeladenen als unzulässig verworfen wird (vgl. dazu § 567 Abs 3 Zivilprozessordnung - ZPO - entsprechend).
Die so verstandene Beschwerde des Ast ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das SG hat ihr nicht abgeholfen.
Gegenstand der Beschwerde des Ast ist lediglich noch die Frage, ob der Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, neben den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Krankenhilfe, die er ohnehin bereits vorläufig gemäß § 43 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) übernommen hat, vorläufig auch die Kosten für das ambulant betreute Wohnen des Ast zu übernehmen hat.
Von einer Beiladung des Bezirkes Oberbayern hat der Senat aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und auch deshalb abgesehen, weil nach der Delegationsverordnung für die Hilfe "Betreutes Wohnen" nicht die Bezirke, sondern die örtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig sind (Art 13 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches - AGSGB -.
Der Ast beantragt in der Sache eine einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Eine solche einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl. 2005, RdNr 644).
Die Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materielle rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 86b RdNr 41).
Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG vom 12.05.2005 NDV-RD 2005, 59) zeigt sich, dass dem Ast ein Anordnungsgrund nur zum Teil zur Seite steht. Soweit ein Anordnungsgrund gegeben ist, steht dem Ast aber auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Soweit der Ast Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.05.2005 bzw. ab Dezember 2005 bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erstreiten will, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe - wie sie hier begehrt werden - für abgelaufene Bewilligungszeiträume durch einstweilige Anordnung regelmäßig nicht zugesprochen werden können. Der Ast hat insoweit keine Ausnahmen glaubhaft gemacht. Der Senat geht bei Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände davon aus, dass der Fortbestand der Unterbringung des Ast bei einer Leistungsgewährung ab Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht gefährdet ist. Der Ast ist deshalb für die zurückliegenden Bewilligungszeiträume auf ein etwa folgendes Hauptsacheverfahren zu verweisen (vgl. dazu unten).
Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts steht dem Ast sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.
Der Ast kann sein Begehren auf vorläufige Übernahme der Kosten für die Unterbringung in der bereits bewohnten Wohnung auf § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stützen, weil er Leistungen zur Teilhabe iS des § 4 Abs 1 Nr 4 SGB IX geltend macht, bei ihm eine Behinderung iS des § 2 SGB IX offensichtlich vorliegt und die am Verfahren Beteiligten, sowie der Bezirk Oberbayern, Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX sind.
Hauptanliegen des SGB IX ist es, die Koordination der Leistungen und der Leistungsträger durch wirksame Instrumente sicher zu stellen (vgl dazu BT-Drs 14/5074, S. 95). Dazu dient insbesondere auch § 14 SGB IX, wonach Streitigkeiten über die Zuständigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen sollen. Grundsätzlich soll zwar die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherung für Rehabilitationsträger unberührt bleiben. Andererseits soll jedoch das auf Leistungserbringung gerichtete Verfahren durch eine rasche Zuständigkeitsklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die Leistungen schnellstmöglich erhalten (BT-Drs aaO).
Hierfür sieht § 14 SGB IX eine Regelung über die Zusammenarbeit der Leistungsträger vor, wobei er eine vorläufige Zuständigkeit der Leistungsträger gegenüber den eigentlich endgültig zuständigen Leistungsträgern bestimmt. Die Vorschrift nimmt es in Kauf, dass eine endgültige Klärung der Zuständigkeit erst nach der Leistungsbewilligung durch den vorläufig zuständigen Rehabilitationsträger erfolgt (so BSG vom 26.10.2004 SozR 4-3250 § 14 Nr 1 unter Hinweis auf Oppermann in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 5 RdNr 22).
Der Ag ist gemäß § 14 Abs 2 Satz 5 SGB IX vorläufig zur Kostenübernahme verpflichtet. Nach dieser Vorschrift klärt ein Rehabilitationsträger, an den ein Antrag auf Leistungen der Rehabilitation von einem anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet worden ist, der aber für die beantragte Leistung nicht Rehabilitationsträger sein kann, unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger die Frage, von wem und in welcher Weise über den Antrag innerhalb der in den Sätzen 2 und 4 des § 14 SGB IV genannten Fristen entschieden wird. Nach der Gesetzbegründung (BT-Drs 15/1783 S.13) soll diese Regelung klarstellen, dass der Rehabilitationsträger, an den Antrag von einem anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet wurde, diesen Antrag nicht ein weiteres Mal weiterleiten darf, und zwar selbst dann nicht, wenn er kein Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 SGB IX sein kann. Die Vorschrift zeigt damit, dass im Gegensatz zur vorläufigen Leistung, die den zuständigen Leistungsträger nicht unmittelbar tangiert, eine nach außen verbindliche neue Zuständigkeit geschaffen worden ist, gleichzeitig aber intern Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträger fortbestehen. Leitet deshalb ein Rehabilitationsträger einen Antrag an einen anderen Rehabilitationsträger weiter, wird weder er noch ein dritter Rehabilitationsträger als der Sache nach eigentlich zuständiger Rehabilitationsträger aus seiner unmittelbaren Verantwortung gänzlich entlassen, obwohl sich aus der Weiterleitung allein eine vorläufige Zuständigkeit des angegangenen Rehabilitationsträgers - hier des Beigeladenen - ergibt (BSG aaO unter Hinweis Luik in Eicher/Schlegel, SGB III 2004, § 97 RdNrn 104 ff).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Es ist unstreitig, dass der Bezirk Oberbayern als Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX vom Ast mit einem Antrag auf Rehabilitationsleistungen als erster angegangen wurde und diesen Antrag innerhalb der dort genannten Frist gemäß § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX an den Beigeladenen weitergeleitet hat, der allein hierwegen iS der oben genannten Rechtsprechung des BSG vorläufig zur Leistung verpflichtet ist. Darauf, dass der Ast unter dem 16.03.2005 zudem beim Ag einen weiteren Antrag auf Leistungen der Rehabilitation gestellt hat, und der Ag diesen Antrag entgegen den Bestimmungen des § 14 Abs 1 SGB IX nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat, und auch hierwegen vorläufig zur Leistung verpflichtet bleibt, kommt es nach alledem nicht mehr an.
Nicht geklärt sind letztendlich im vorläufigen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Hilfe. Die vom Bundesverfassungsgericht (aaO) vorgegebene Güter- und Folgenabwägung schlägt aber für den Zeitraum ab Entscheidung des Beschwerdegerichtes eindeutig zu Gunsten des Ast aus. Wegen der Streitigkeiten um die örtliche Zuständigkeit und wegen der vorläufigen Leistungsverpflichtung unter den möglichen Leistungsträgern konnte der Ast bislang keine rechtsmittelfähige Entscheidung erhalten. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass er bis zu einer solchen Entscheidung, wobei auf die letztmögliche Behördenentscheidung im Widerspruchsverfahren, also auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides abzustellen ist, insoweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu schützen ist. Die Beendigung seiner Wohnsituation wegen mangelnder Kostenerstattung würde ihm Nachteile zufügen, die durch eine etwaige Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr auszugleichen wären. In diesem Sinne bedarf es keiner weiteren vertieften erstmaligen Überprüfung der materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen durch das Beschwerdegericht.
In diesem Umfang hat deshalb die Beschwerde des Ast Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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