Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 317/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 92/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24. November 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit anstelle von Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 01.01.1994 bis 31.07.1998.
Der 1938 geborene Kläger hat von 1953 bis 1955 den Beruf eines Textilkaufmanns erlernt, war anschließend als Textilfachverkäufer und Textilkaufmann bis 1989 mit Unterbrechungen beschäftigt. Ab 02.10.1989 war er arbeitslos. Rentenantrag stellte er am 06.07.1992.
Eine Untersuchung beim Internisten Dr.R. im März 1993, ergab ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Textilkaufmann im Außendienst bzw. eine Bürotätigkeit ohne chemische und physikalische Reizeinwirkungen, ohne ausgeprägte Nässe und nicht mit ungünstigen Temperatureinflüssen. Der Orthopäde Dr.R. stellte nach Untersuchung im Februar 1993 fest, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Erwerbsfähigkeit bestehe, außer für Tätigkeiten mit Aufsichtsführung. Mit einer Befundverbesserung sei bis Anfang April 1993 zu rechnen. Im Innendienst könne der Kläger leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung noch halb- bis unter vollschichtig ausüben. Erst nach dem Ergebnis der Behandlung des Schleudertraumas der Halswirbelsäule solle eine endgültige Beurteilung abgegeben werden.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 16.04.1992 ab mit der Begründung, er sei noch in der Lage als Textilkaufmann im Innendienst vollschichtig zu arbeiten.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.1993 zurückgewiesen. Ausgewertet wurde ein orthopädisches Gutachten von Dr.W. , der ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für abwechslungsreiche Tätigkeiten teils im Sitzen, Stehen, teils im Gehen beschrieb. Die Außendiensttätigkeit als Textilkaufmann sei orthopädischerseits nicht zumutbar.
Eine weitere Begutachtung wurde am 01.09.1993 vom Nervenarzt Dr.K. durchgeführt, dieser hielt alle bildungsentsprechenden Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne stärkere Belastung der Wirbelsäule und der Kniegelenke für möglich. Dr.K. spricht von einer Rentenneurose, d.h. einer besonderen Form der Begehrensneurose. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hat Dr.K. verneint.
Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid richtete sich das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg Az.: S 13 An 213/93. Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde Dr.W. bestellt. Dieser hat im Gutachten vom 02.05.1994 nach Untersuchung des Klägers einen Widerspruch zwischen den demonstrierten schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule und der fehlenden schmerzreflektorischen Muskelverspannung beschrieben. Er schilderte die auffällig betonte demonstrative Darstellung der Leidensgeschichte und der Behinderung, ohne dass eine depressive Verarbeitung von Krankheitswert festzustellen sei. Die Demonstration erscheine vordergründig und zweckdienlich im Sinne des Rentenbegehrens. Eine tiefergehende neurotische Fehlentwicklung konnte Dr.W. nicht erkennen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Kläger seine seelische Hemmung gegen die Arbeitsleistung aus eigener Kraft zumindest teilweise überwinden könne. Die Tätigkeit als Textilkaufmann und Einkäufer sei wegen der längeren Autofahrten nicht mehr durchführbar, leichte Arbeiten seien aber ohne zeitliche Einschränkungen möglich.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 05.07.1994 die Klage ab.
Im dagegen gerichteten Berufungsverfahren wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Dr.R. gehört, der im Gutachten vom 15.12.1994 den Kläger seit dem Unfallereignis Dezember 1992, vermehrt aber durch Zunahme der Beschwerden seit Sommer 1994 für nur mehr zwei Stunden bis unter halbschichtig belastbar hielt. Er könne verkehrssicher keinen Pkw mehr lenken und könne zwei bis vier Stunden nurmehr ganz leichte Tätigkeiten mit häufig wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen, ohne Knien und Treppensteigen, ohne langzeitiges Hochheben der Arme und ohne besondere nervliche Belastung ausüben.
Veranlasst wurde außerdem ein orthopädisches Gutachten nach § 106 SGG bei Dr.L. vom 21.08.1995 sowie ein röntgenologisches Zusatzgutachten vom 22.08.1995. Dr.L. hat von Mai bis Dezember 1992 sowie ab 01.03.1993 ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen, wobei die Tätigkeit als Textilzentraleinkäufer ab 01.03.1993 nicht mehr ausgeübt werden könne. Dr.L. setzte sich dabei mit dem Gutachten des MDK sowie mit den Vorgutachten des Dr.R. , W. und Dr.K. auseinander. Er hielt die Beurteilungspraxis von Dr.R. für äußerst großzügig und nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte gab ein Teilanerkenntnis ab, wonach Rente wegen Berufsunfähigkeit befristet ab 01.01.1993 anerkannt wurde.
Dieses Angebot wurde vom Kläger angenommen und der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Mit Bescheid vom 29.05.1996 führte die Beklagte das Anerkenntnis aus, gewährte ab 01.01.1993 Rente wegen Berufsunfähigkeit und lehnte den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab.
Auf den Antrag vom 14.01.1998 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 22.04.1998 Altersrente für schwerbehinderte Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab 01.08.1998. Wegen der Berücksichtigung einer Anrechnungszeit stellte die Beklagte die Altersrente mit Bescheid vom 04.09.1998 neu fest. Dagegen wurde Widerspruch eingelegt, der im Hinblick auf die mangelnde Begründung zurückgewiesen wurde. In der am 16.12.1998 bei der Beklagten eingegangen Begründung dieses Widerspruchs macht der Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attestes geltend, dass seit Januar 1994 Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.02.1999 gerichtete Klage wurde vom Kläger zum einen wegen der nicht berücksichtigten Zeiten erhoben, gleichzeitig wurde aber auch vorgetragen, dass bereits ab 01.03.1993 statt der Berufsunfähigkeitsrente Erwerbsunfähigkeitsrente zugestanden habe.
Zur Begründung des letztgenannten Sachverhaltes wurde vorgetragen, dass aufgrund der Weiterentwicklung medizinischer Diagnosemöglichkeiten und neuester medizinischer Erkenntnisse auf dem Gebiet der Halswirbelsäulenschleuderverletzung jetzt die Möglichkeit bestehe nachzuweisen, dass der Kläger sich beim Unfall im Dezember 1992 eine Zerreißung seiner Kopfgelenksbänder zugezogen habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2002 wurde das Vorbringen zur Erwerbsunfähigkeit als Überprüfungsantrag gewertet und zu Protokoll ein entsprechender Antrag auf Überprüfung des Anerkenntnisses der Beklagten vom 19.04.1996 gestellt und im Übrigen die Klage im vollem Umfang für erledigt erklärt.
In einem internen Vermerk vertrat die Beklagte die Auffassung, dass das Schreiben des Versicherten vom 27.01.1998 als formloser Antrag auf Umwandlung der BU- in eine EU-Rente zu betrachten sei.
Es wurden einige medizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes Bayern sowie ein Gutachten und ein Entlassungsbericht über ein Heilverfahren vorgelegt. Die Beklagte beauftragte mit der Begutachtung des Klägers Dr.B. , Orthopäde und Rheumatologe, der am 21.08.2002 eine Untersuchung durchführte. Dr.B. stellte die Diagnosen: - Chronisches, seit Jahren therapieresistentes cervicocephales Syndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen - ohne Nachweis für eine posttraumatische Instabilität Pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen. Dr.B. wertete dabei eine Reihe von magnetresonanztomographischen Aufnahmen aus. Nach seiner Beurteilung lassen die vorgelegten Aufnahmen keine neuen Gesichtspunkte erkennen, insbesondere im Hinblick auf das Distorsionstrauma der HWS ließe sich keine Läsion des Bandapparates oder andere posttraumatische Schäden nachweisen.
Die Beklagte veranlasste weiter ein internistisches Gutachten bei Prof.Dr.K. , erstellt nach der ambulanten Begutachtung vom 19.08.2002. Dieser diagnostizierte: 1. Chronisch obstruktive Bronchopneumopathie mit leichtgradiger Obstruktion. Lungenüberblähung mit sekundärer Restriktion. Small-airways-disease. 2. Arterielle Hypertonie. 3. Hypercholesterinämie. 4. Psoriasis, derzeit asymptomatisch. 5. HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen. Es bestehe eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für schwere bis mittelschwere Belastungen, wobei leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar seien. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zentraleinkäufer hat der Gutachter aus kardiologisch-pulmonologischer Sicht für zumutbar gehalten. Eine Begründung für eine Umwandlung der Berufsunfähigkeit in eine Erwerbsunfähigkeit bestehe aus internistischer Sicht nicht.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18.10.2002 wurde der Umwandlungsantrag abgelehnt. Der Kläger sei noch in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Den Widerspruch begründete der Bevollmächtigte mit den Arztschreiben von Dr.V. und Dr.S. vom 09.03.1998, wo eine Traumatisierung mit Verletzung der Kopfgelenksebene diagnostiziert worden sei. Beim Ausgangsbescheid sei das cervikocephale Syndrom vom Gutachter Dr.B. unbeachtet geblieben und auch Dr.S. habe im Arztschreiben vom Januar 2000 schwere degenerative Veränderungen der LWS festgestellt. Deshalb sei der Kläger zu keiner nennenswerten Erwerbstätigkeit mehr fähig.
Der als weiterer Gutachter gehörte Orthopäde Dr.S. kam zum Ergebnis, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichtet werden können. Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung wurde wegen der festgestellten Rentenneurose empfohlen.
Dr.M. erstellte am 11.04.2003 ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Er konnte aus dem neurologischen Befund keine Hinweise für eine spinale Schädigung und auch keine sicheren radikulären Ausfälle als mögliche Mitursache der Schmerzen feststellen. Die HWS-Beweglichkeit sei aktiv und passiv schmerzhaft eingeschränkt. Klinisch und elektrophysiologisch ergäben sich aber keine Hinweise auf neurologische Komplikationen. Bei Fehlen typisch neurologischer Komplikationen sollte die Leistungseinschränkung vom orthopädischem Fachgebiete beurteilt werden. Zusätzliche Leistungseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet ergäben sich nicht. Vom psychischen Aspekt bestehe ein weitgehend unauffälliger Befund. Das inhaltliche Denken sei stark von Krankheitssymptomen eingenommen, dies stelle keinen eigenständigen krankhaften Befund dar. Auch aus psychischer Sicht ergäben sich somit keine weiteren Leistungseinschränkungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Mit der Klage zum Sozialgericht Augsburg begehrt der Kläger die Überprüfung der gewährten Berufsunfähigkeitsrente, denn er sei der Auffassung bereits seit 1992 habe Erwerbsunfähigkeit bestanden. Die eingeholten Gutachten hätten es nicht berücksichtigt.
Mit weiterem Bescheid vom 30.12.2003 lehnte die Beklagte es ab, den Bescheid vom 29.05.1996, der in Ausführung des Anerkenntnisses vom 19.04.1996 ergangen ist, nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Die Überprüfung habe ergeben, dass Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bzw. zum Zeitpunkt des Rentenantrages nicht vorgelegen habe.
Auf Antrag des Klägers wurde Dr.S. nach § 109 SGG zum Sachverständigen bestellt. Dieser hat im Gutachten vom 09.08.2004 die Diagnosen gestellt: - Funktionsminderung der HWS mit Cervikocephalgie und Brachialgie mit erheblichen degenerativen Veränderungen der HWS ohne Wurzelirritation. - Arthrose im Atlanto-Axial-Gelenk nach HWS-Beschleunigungstrauma. - Funktionsminderung der LWS bei degenerativen Veränderungen und Protrusionen der BS ohne Wurzelkompression. - Präarthrose der Hüftgelenke. - Präarthrose der Kniegelenke rechts größer links.
Auf fachfremden Gebieten bestünden zur Zeit eine chronische obstruktive Bronchoneumopathie mit leichtgradiger Obstruktion. Lungenüberblähung mit sekundärer Restriktion. Small-Airways-Disease, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Psoriasis, derzeit asymptomatisch.
Dr.S. beschrieb sowohl die klinischen Befunde als auch die vorliegenden Röntgenaufnahmen bzw. die MRT-Befunde und führte aus, dass die Erkrankungen zu keinen wesentlichen Einschränkungen im allgemeinen Leben führen, so dass der Kläger unter Einbeziehung gewisser Einschränkungen vollschichtig arbeitsfähig sei. Es bestünden vermehrt degenerative Veränderungen im gesamten Bewegungsapparat, jedoch keine wesentliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule und der oberen und unteren Extremitäten. Dies sei durch mehrere orthopädische und neurologische Untersuchungen bestätigt. Aktuell bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten, wechselnd im Sitzen, Gehen und Stehen. In den Jahren 1992 bis 1998 bestand eine Funktionsminderung der HWS, die zur Berufsunfähigkeit geführt habe. Die degenerativen Veränderungen der LWS, der Hüfte und der Kniegelenke hätten aber zu keiner wesentlichen Beschränkung im täglichen Leben geführt. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten zwischen Juni 1992 und Juli 1998 bestanden.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 24.11.2004 die Klage ab. Der weitere Bescheid vom 30.12.2003 habe zwar den angefochtenen Bescheid vom 18.10.2002 weder abgeändert noch ersetzt, jedoch sei er aus dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie wegen des inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Streitstoff einzubeziehen.
Die Klage könne aber keinen Erfolg haben, da keine Rücknahme nach § 44 SGB X zu erfolgen habe. Es habe sich nicht nachweisen lassen, dass zum Zeitpunkt der Erstentscheidung Erwerbsunfähigkeit beim Kläger vorgelegen habe. Entgegen den Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid und der Antragstellung im Erörterungstermin gehe es nicht um die Rücknahme des Bescheides vom 29.05.1996, vielmehr liege eine Überprüfung des Bescheides vom 16.04.1993 vor, da dieser bestandskräftig die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt habe. Der Bescheid vom 29.05.1996 führe lediglich das Anerkenntnis aus und nehme insoweit nur eine teilweise Abänderung des Bescheides vom 16.04.1993 vor. Auch der nach § 109 SGG gehörte Gutachter Dr.S. habe nicht feststellen können, dass ab 1992 beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vorgelegen habe. Dem Gutachten von Dr.R. könne dagegen nicht gefolgt werden, da sich dieser bei der Beurteilung im Wesentlichen auf psychosomatische Überlagerung gestützt habe, die jedoch in den weiter erstellten nervenärztlichen Gutachten so nicht bestätigt habe werden können. Eine Veranlassung für eine neurochirurgische oder radiologische Zusammenhangsbegutachtung bestehe nicht, denn entscheidend sei nicht die Ursache einer Gesundheitsstörung, sondern die Funktionseinschränkungen, die im Erwerbsleben durch die Erkrankung hervorgerufen würden. Dass eine Funktionsstörung der Halswirbelsäule vorliege, sei von sämtlichen Gutachtern berücksichtigt worden, auch sei den Gutachtern ab 2002 die frühere Befundung, insbesondere des MRT des Dr.V. aus dem Jahre 1998 bekannt gewesen. Da darüber hinaus auch keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliege, erweise sich der Bescheid als rechtmäßig. Die Klage habe aber auch keinen Erfolg, soweit eine Umwandlung im Jahre 1998 beantragt wurde. Wie bereits begründet, liege Erwerbsunfähigkeit nicht vor.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er sei im streitigen Zeitraum erwerbsunfähig und nicht nur berufsunfähig gewesen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei das Gutachten von Dr.R. überzeugend, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Dr.V. bei dem Kläger eine Verletzung der Ligamenta alaria (Kopfgelenksbänder) festgestellt habe. Zumindest hätte das Sozialgericht das beantragte neurologische und radiologische Zusammenhangsgutachten einholen müssen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24.11.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2003 sowie des Bescheides vom 30.12.2003 zu verurteilen, dem Kläger vom 01.01.1994 bis 31.07.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg S 13 An 75/92, S 13 An 213/93, S 5 RA 79/99, S 6 KR 7/99 und S 12 RA 317/03 sowie die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 13 An 109/94 und L 16 R 92/05 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Zeit vom 01.01.1994 bis 31.07.1998, weil Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung ) nicht vorliegt.
Dabei ist dem Sozialgericht zuzustimmen, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 30.12.2003 nach § 96 Abs.1 SGG als Gegenstand des Klageverfahrens angesehen hat. Denn unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie ist es geboten § 96 SGG weit auszulegen, da grundsätzlich alle Verwaltungsakte zu erfassen sind, die den Prozessstoff beeinflussen können (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 96 Anm.4). Das Sozialgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der vom Kläger ebenfalls gestellte und weiter verfolgte Umwandlungsantrag das eigentliche Ziel, nämlich die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1994, verfehlen muss, da dieser Antrag auf Umwandlung der bezahlten Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente frühestens im Schreiben vom 16.12.1998 gestellt wurde und somit ins Leere geht, da der Kläger bereits ab 01.08.1998 Altersrente bezieht. Das Überprüfungsziel des Streits kann der Kläger somit nur nach § 44 SGB X erreichen. Dieser Antrag wurde von der Beklagten für das Jahr 2002 angenommen, so dass sich nach Auffassung des Senats ein Überprüfungszeitraum erst ab 01.01.1998 ergibt und nicht wie vom Kläger gewünscht, bereits für die Zeit ab 01.01.1994 (§ 44 Abs.4 Satz 1 und 2 SGB X). Da aber Gegenstand jeder Überprüfung die Frage sein muss, ob der Kläger vor dem anerkannten Zeitpunkt erwerbsunfähig war, kommt es auf den Zeitpunkt der Überprüfung insoweit nicht an.
Denn zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger weder zum Zeitpunkt des Teilanerkenntnisses durch die Beklagte noch zum Zeitpunkt des Beginns der Altersrente erwerbsunfähig im Sinne von § 44 SGB VI a.F. gewesen ist. Dass Erwerbsunfähigkeit beim Kläger nicht vorliegt, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Es sind auch insbesondere keine neuen Gesichtspunkte, die bei der früheren Entscheidung nicht berücksichtigt wurden, aufgetreten oder bekannt geworden, denn allein aus der Diagnose kann kein Rückschluss auf die Auswirkung der Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen gezogen werden. Maßgeblich kann daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Bezeichnung der Gesundheitstörungen sein, maßgeblich ist vielmehr allein, welche Auswirkungen die von den Gutachtern festgestellten Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen haben. Dabei ist entscheidend das Ergebnis der zeitnahen Begutachtungen, insbesondere der Gutachten von Dr.W. , Dr.K. , Dr.W. und Dr.L ... Diese Gutachter haben damals übereinstimmend ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beim Kläger festgestellt, während ebenfalls alle Gutachter einig darüber waren, dass im zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr gearbeitet werden kann. Bei vollschichtigem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegen aber die Voraussetzungen des § 44 SGB VI nicht vor. Diese Gutachten haben überzeugend dargelegt und begründet wie sie zu ihrer Leistungsbeurteilung gekommen sind. Nicht gefolgt werden kann dagegen dem Gutachten von Dr.R. , da dieser keine überzeugende Begründung für seine abweichende Beurteilung gegeben hat. Vor allem hat dieser nicht dargelegt, warum er zunächst von einer kurzfristigen Einschränkung ausgehend, dann eine Dauerminderung des Leistungsvermögens angenommen hat. Dies kann umso weniger überzeugen, als alle folgenden Gutachter mit nachvollziehbarer Begründung eine andere Auffassung vertreten haben. Zuletzt hat dies überzeugend und ausführlich der vom Sozialgericht gehörte Dr.S. zusammenfassend dargestellt. Alle genannten Gutachter sind erfahrene Sachverständige und mit dem Recht der Sozialversicherung besonders vertraut. Da diese Gutachter übereinstimmend und widerspruchsfrei ihre Beurteilung abgegeben haben, gebührt diesen Gutachten der Vorzug gegenüber dem Gutachten von Dr.R ... Dies hat das Sozialgericht überzeugend im angefochtenen Urteil dargestellt, so dass sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts anschließt und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG absieht.
Entgegen der Auffassung des Klägers musste sich der Senat auch zu keiner erneuten, insbesondere nicht zu der beantragten neurochirurgischen oder radiologischen Zusammenhangsbegutachtung gedrängt fühlen, denn es sind keine neuen bisher unbeachteten Gesichtspunkte vorgetragen worden. Alle vom Kläger genannten Unterlagen standen bei den früheren Begutachtungen bereits zur Verfügung und wie bereits ausgeführt, ist nicht die Diagnose ausschlaggebend für die Beurteilung, sondern der klinische Befund in Zusammenschau mit den röntgenologischen und sonstigen bildgebenden Befunden, die der Leistungsbeurteilung zugrunde zu legen sind. Da somit nicht festgestellt werden konnte, dass beim Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen 01.01.1994 und 31.07.1998 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen hat, konnte die beantragte Überprüfung zu keinem abweichenden Ergebnis führen, so dass sich das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24.11.2004 und die angefochtenen Bescheide der Beklagten als zutreffend erweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit anstelle von Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 01.01.1994 bis 31.07.1998.
Der 1938 geborene Kläger hat von 1953 bis 1955 den Beruf eines Textilkaufmanns erlernt, war anschließend als Textilfachverkäufer und Textilkaufmann bis 1989 mit Unterbrechungen beschäftigt. Ab 02.10.1989 war er arbeitslos. Rentenantrag stellte er am 06.07.1992.
Eine Untersuchung beim Internisten Dr.R. im März 1993, ergab ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine Tätigkeit als Textilkaufmann im Außendienst bzw. eine Bürotätigkeit ohne chemische und physikalische Reizeinwirkungen, ohne ausgeprägte Nässe und nicht mit ungünstigen Temperatureinflüssen. Der Orthopäde Dr.R. stellte nach Untersuchung im Februar 1993 fest, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Erwerbsfähigkeit bestehe, außer für Tätigkeiten mit Aufsichtsführung. Mit einer Befundverbesserung sei bis Anfang April 1993 zu rechnen. Im Innendienst könne der Kläger leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung noch halb- bis unter vollschichtig ausüben. Erst nach dem Ergebnis der Behandlung des Schleudertraumas der Halswirbelsäule solle eine endgültige Beurteilung abgegeben werden.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 16.04.1992 ab mit der Begründung, er sei noch in der Lage als Textilkaufmann im Innendienst vollschichtig zu arbeiten.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.1993 zurückgewiesen. Ausgewertet wurde ein orthopädisches Gutachten von Dr.W. , der ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für abwechslungsreiche Tätigkeiten teils im Sitzen, Stehen, teils im Gehen beschrieb. Die Außendiensttätigkeit als Textilkaufmann sei orthopädischerseits nicht zumutbar.
Eine weitere Begutachtung wurde am 01.09.1993 vom Nervenarzt Dr.K. durchgeführt, dieser hielt alle bildungsentsprechenden Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne stärkere Belastung der Wirbelsäule und der Kniegelenke für möglich. Dr.K. spricht von einer Rentenneurose, d.h. einer besonderen Form der Begehrensneurose. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hat Dr.K. verneint.
Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid richtete sich das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg Az.: S 13 An 213/93. Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde Dr.W. bestellt. Dieser hat im Gutachten vom 02.05.1994 nach Untersuchung des Klägers einen Widerspruch zwischen den demonstrierten schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule und der fehlenden schmerzreflektorischen Muskelverspannung beschrieben. Er schilderte die auffällig betonte demonstrative Darstellung der Leidensgeschichte und der Behinderung, ohne dass eine depressive Verarbeitung von Krankheitswert festzustellen sei. Die Demonstration erscheine vordergründig und zweckdienlich im Sinne des Rentenbegehrens. Eine tiefergehende neurotische Fehlentwicklung konnte Dr.W. nicht erkennen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Kläger seine seelische Hemmung gegen die Arbeitsleistung aus eigener Kraft zumindest teilweise überwinden könne. Die Tätigkeit als Textilkaufmann und Einkäufer sei wegen der längeren Autofahrten nicht mehr durchführbar, leichte Arbeiten seien aber ohne zeitliche Einschränkungen möglich.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 05.07.1994 die Klage ab.
Im dagegen gerichteten Berufungsverfahren wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Dr.R. gehört, der im Gutachten vom 15.12.1994 den Kläger seit dem Unfallereignis Dezember 1992, vermehrt aber durch Zunahme der Beschwerden seit Sommer 1994 für nur mehr zwei Stunden bis unter halbschichtig belastbar hielt. Er könne verkehrssicher keinen Pkw mehr lenken und könne zwei bis vier Stunden nurmehr ganz leichte Tätigkeiten mit häufig wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen, ohne Knien und Treppensteigen, ohne langzeitiges Hochheben der Arme und ohne besondere nervliche Belastung ausüben.
Veranlasst wurde außerdem ein orthopädisches Gutachten nach § 106 SGG bei Dr.L. vom 21.08.1995 sowie ein röntgenologisches Zusatzgutachten vom 22.08.1995. Dr.L. hat von Mai bis Dezember 1992 sowie ab 01.03.1993 ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen, wobei die Tätigkeit als Textilzentraleinkäufer ab 01.03.1993 nicht mehr ausgeübt werden könne. Dr.L. setzte sich dabei mit dem Gutachten des MDK sowie mit den Vorgutachten des Dr.R. , W. und Dr.K. auseinander. Er hielt die Beurteilungspraxis von Dr.R. für äußerst großzügig und nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte gab ein Teilanerkenntnis ab, wonach Rente wegen Berufsunfähigkeit befristet ab 01.01.1993 anerkannt wurde.
Dieses Angebot wurde vom Kläger angenommen und der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Mit Bescheid vom 29.05.1996 führte die Beklagte das Anerkenntnis aus, gewährte ab 01.01.1993 Rente wegen Berufsunfähigkeit und lehnte den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab.
Auf den Antrag vom 14.01.1998 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 22.04.1998 Altersrente für schwerbehinderte Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige ab 01.08.1998. Wegen der Berücksichtigung einer Anrechnungszeit stellte die Beklagte die Altersrente mit Bescheid vom 04.09.1998 neu fest. Dagegen wurde Widerspruch eingelegt, der im Hinblick auf die mangelnde Begründung zurückgewiesen wurde. In der am 16.12.1998 bei der Beklagten eingegangen Begründung dieses Widerspruchs macht der Kläger unter Vorlage eines ärztlichen Attestes geltend, dass seit Januar 1994 Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.02.1999 gerichtete Klage wurde vom Kläger zum einen wegen der nicht berücksichtigten Zeiten erhoben, gleichzeitig wurde aber auch vorgetragen, dass bereits ab 01.03.1993 statt der Berufsunfähigkeitsrente Erwerbsunfähigkeitsrente zugestanden habe.
Zur Begründung des letztgenannten Sachverhaltes wurde vorgetragen, dass aufgrund der Weiterentwicklung medizinischer Diagnosemöglichkeiten und neuester medizinischer Erkenntnisse auf dem Gebiet der Halswirbelsäulenschleuderverletzung jetzt die Möglichkeit bestehe nachzuweisen, dass der Kläger sich beim Unfall im Dezember 1992 eine Zerreißung seiner Kopfgelenksbänder zugezogen habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2002 wurde das Vorbringen zur Erwerbsunfähigkeit als Überprüfungsantrag gewertet und zu Protokoll ein entsprechender Antrag auf Überprüfung des Anerkenntnisses der Beklagten vom 19.04.1996 gestellt und im Übrigen die Klage im vollem Umfang für erledigt erklärt.
In einem internen Vermerk vertrat die Beklagte die Auffassung, dass das Schreiben des Versicherten vom 27.01.1998 als formloser Antrag auf Umwandlung der BU- in eine EU-Rente zu betrachten sei.
Es wurden einige medizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes Bayern sowie ein Gutachten und ein Entlassungsbericht über ein Heilverfahren vorgelegt. Die Beklagte beauftragte mit der Begutachtung des Klägers Dr.B. , Orthopäde und Rheumatologe, der am 21.08.2002 eine Untersuchung durchführte. Dr.B. stellte die Diagnosen: - Chronisches, seit Jahren therapieresistentes cervicocephales Syndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen - ohne Nachweis für eine posttraumatische Instabilität Pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen. Dr.B. wertete dabei eine Reihe von magnetresonanztomographischen Aufnahmen aus. Nach seiner Beurteilung lassen die vorgelegten Aufnahmen keine neuen Gesichtspunkte erkennen, insbesondere im Hinblick auf das Distorsionstrauma der HWS ließe sich keine Läsion des Bandapparates oder andere posttraumatische Schäden nachweisen.
Die Beklagte veranlasste weiter ein internistisches Gutachten bei Prof.Dr.K. , erstellt nach der ambulanten Begutachtung vom 19.08.2002. Dieser diagnostizierte: 1. Chronisch obstruktive Bronchopneumopathie mit leichtgradiger Obstruktion. Lungenüberblähung mit sekundärer Restriktion. Small-airways-disease. 2. Arterielle Hypertonie. 3. Hypercholesterinämie. 4. Psoriasis, derzeit asymptomatisch. 5. HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen. Es bestehe eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit für schwere bis mittelschwere Belastungen, wobei leichte körperliche Tätigkeiten zumutbar seien. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zentraleinkäufer hat der Gutachter aus kardiologisch-pulmonologischer Sicht für zumutbar gehalten. Eine Begründung für eine Umwandlung der Berufsunfähigkeit in eine Erwerbsunfähigkeit bestehe aus internistischer Sicht nicht.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18.10.2002 wurde der Umwandlungsantrag abgelehnt. Der Kläger sei noch in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Den Widerspruch begründete der Bevollmächtigte mit den Arztschreiben von Dr.V. und Dr.S. vom 09.03.1998, wo eine Traumatisierung mit Verletzung der Kopfgelenksebene diagnostiziert worden sei. Beim Ausgangsbescheid sei das cervikocephale Syndrom vom Gutachter Dr.B. unbeachtet geblieben und auch Dr.S. habe im Arztschreiben vom Januar 2000 schwere degenerative Veränderungen der LWS festgestellt. Deshalb sei der Kläger zu keiner nennenswerten Erwerbstätigkeit mehr fähig.
Der als weiterer Gutachter gehörte Orthopäde Dr.S. kam zum Ergebnis, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichtet werden können. Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung wurde wegen der festgestellten Rentenneurose empfohlen.
Dr.M. erstellte am 11.04.2003 ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Er konnte aus dem neurologischen Befund keine Hinweise für eine spinale Schädigung und auch keine sicheren radikulären Ausfälle als mögliche Mitursache der Schmerzen feststellen. Die HWS-Beweglichkeit sei aktiv und passiv schmerzhaft eingeschränkt. Klinisch und elektrophysiologisch ergäben sich aber keine Hinweise auf neurologische Komplikationen. Bei Fehlen typisch neurologischer Komplikationen sollte die Leistungseinschränkung vom orthopädischem Fachgebiete beurteilt werden. Zusätzliche Leistungseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet ergäben sich nicht. Vom psychischen Aspekt bestehe ein weitgehend unauffälliger Befund. Das inhaltliche Denken sei stark von Krankheitssymptomen eingenommen, dies stelle keinen eigenständigen krankhaften Befund dar. Auch aus psychischer Sicht ergäben sich somit keine weiteren Leistungseinschränkungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Mit der Klage zum Sozialgericht Augsburg begehrt der Kläger die Überprüfung der gewährten Berufsunfähigkeitsrente, denn er sei der Auffassung bereits seit 1992 habe Erwerbsunfähigkeit bestanden. Die eingeholten Gutachten hätten es nicht berücksichtigt.
Mit weiterem Bescheid vom 30.12.2003 lehnte die Beklagte es ab, den Bescheid vom 29.05.1996, der in Ausführung des Anerkenntnisses vom 19.04.1996 ergangen ist, nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Die Überprüfung habe ergeben, dass Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bzw. zum Zeitpunkt des Rentenantrages nicht vorgelegen habe.
Auf Antrag des Klägers wurde Dr.S. nach § 109 SGG zum Sachverständigen bestellt. Dieser hat im Gutachten vom 09.08.2004 die Diagnosen gestellt: - Funktionsminderung der HWS mit Cervikocephalgie und Brachialgie mit erheblichen degenerativen Veränderungen der HWS ohne Wurzelirritation. - Arthrose im Atlanto-Axial-Gelenk nach HWS-Beschleunigungstrauma. - Funktionsminderung der LWS bei degenerativen Veränderungen und Protrusionen der BS ohne Wurzelkompression. - Präarthrose der Hüftgelenke. - Präarthrose der Kniegelenke rechts größer links.
Auf fachfremden Gebieten bestünden zur Zeit eine chronische obstruktive Bronchoneumopathie mit leichtgradiger Obstruktion. Lungenüberblähung mit sekundärer Restriktion. Small-Airways-Disease, arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, Psoriasis, derzeit asymptomatisch.
Dr.S. beschrieb sowohl die klinischen Befunde als auch die vorliegenden Röntgenaufnahmen bzw. die MRT-Befunde und führte aus, dass die Erkrankungen zu keinen wesentlichen Einschränkungen im allgemeinen Leben führen, so dass der Kläger unter Einbeziehung gewisser Einschränkungen vollschichtig arbeitsfähig sei. Es bestünden vermehrt degenerative Veränderungen im gesamten Bewegungsapparat, jedoch keine wesentliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule und der oberen und unteren Extremitäten. Dies sei durch mehrere orthopädische und neurologische Untersuchungen bestätigt. Aktuell bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten, wechselnd im Sitzen, Gehen und Stehen. In den Jahren 1992 bis 1998 bestand eine Funktionsminderung der HWS, die zur Berufsunfähigkeit geführt habe. Die degenerativen Veränderungen der LWS, der Hüfte und der Kniegelenke hätten aber zu keiner wesentlichen Beschränkung im täglichen Leben geführt. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten zwischen Juni 1992 und Juli 1998 bestanden.
Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 24.11.2004 die Klage ab. Der weitere Bescheid vom 30.12.2003 habe zwar den angefochtenen Bescheid vom 18.10.2002 weder abgeändert noch ersetzt, jedoch sei er aus dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie wegen des inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Streitstoff einzubeziehen.
Die Klage könne aber keinen Erfolg haben, da keine Rücknahme nach § 44 SGB X zu erfolgen habe. Es habe sich nicht nachweisen lassen, dass zum Zeitpunkt der Erstentscheidung Erwerbsunfähigkeit beim Kläger vorgelegen habe. Entgegen den Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid und der Antragstellung im Erörterungstermin gehe es nicht um die Rücknahme des Bescheides vom 29.05.1996, vielmehr liege eine Überprüfung des Bescheides vom 16.04.1993 vor, da dieser bestandskräftig die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt habe. Der Bescheid vom 29.05.1996 führe lediglich das Anerkenntnis aus und nehme insoweit nur eine teilweise Abänderung des Bescheides vom 16.04.1993 vor. Auch der nach § 109 SGG gehörte Gutachter Dr.S. habe nicht feststellen können, dass ab 1992 beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vorgelegen habe. Dem Gutachten von Dr.R. könne dagegen nicht gefolgt werden, da sich dieser bei der Beurteilung im Wesentlichen auf psychosomatische Überlagerung gestützt habe, die jedoch in den weiter erstellten nervenärztlichen Gutachten so nicht bestätigt habe werden können. Eine Veranlassung für eine neurochirurgische oder radiologische Zusammenhangsbegutachtung bestehe nicht, denn entscheidend sei nicht die Ursache einer Gesundheitsstörung, sondern die Funktionseinschränkungen, die im Erwerbsleben durch die Erkrankung hervorgerufen würden. Dass eine Funktionsstörung der Halswirbelsäule vorliege, sei von sämtlichen Gutachtern berücksichtigt worden, auch sei den Gutachtern ab 2002 die frühere Befundung, insbesondere des MRT des Dr.V. aus dem Jahre 1998 bekannt gewesen. Da darüber hinaus auch keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliege, erweise sich der Bescheid als rechtmäßig. Die Klage habe aber auch keinen Erfolg, soweit eine Umwandlung im Jahre 1998 beantragt wurde. Wie bereits begründet, liege Erwerbsunfähigkeit nicht vor.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er sei im streitigen Zeitraum erwerbsunfähig und nicht nur berufsunfähig gewesen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei das Gutachten von Dr.R. überzeugend, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Dr.V. bei dem Kläger eine Verletzung der Ligamenta alaria (Kopfgelenksbänder) festgestellt habe. Zumindest hätte das Sozialgericht das beantragte neurologische und radiologische Zusammenhangsgutachten einholen müssen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24.11.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2003 sowie des Bescheides vom 30.12.2003 zu verurteilen, dem Kläger vom 01.01.1994 bis 31.07.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg S 13 An 75/92, S 13 An 213/93, S 5 RA 79/99, S 6 KR 7/99 und S 12 RA 317/03 sowie die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 13 An 109/94 und L 16 R 92/05 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Zeit vom 01.01.1994 bis 31.07.1998, weil Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung ) nicht vorliegt.
Dabei ist dem Sozialgericht zuzustimmen, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 30.12.2003 nach § 96 Abs.1 SGG als Gegenstand des Klageverfahrens angesehen hat. Denn unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie ist es geboten § 96 SGG weit auszulegen, da grundsätzlich alle Verwaltungsakte zu erfassen sind, die den Prozessstoff beeinflussen können (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 96 Anm.4). Das Sozialgericht hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der vom Kläger ebenfalls gestellte und weiter verfolgte Umwandlungsantrag das eigentliche Ziel, nämlich die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1994, verfehlen muss, da dieser Antrag auf Umwandlung der bezahlten Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente frühestens im Schreiben vom 16.12.1998 gestellt wurde und somit ins Leere geht, da der Kläger bereits ab 01.08.1998 Altersrente bezieht. Das Überprüfungsziel des Streits kann der Kläger somit nur nach § 44 SGB X erreichen. Dieser Antrag wurde von der Beklagten für das Jahr 2002 angenommen, so dass sich nach Auffassung des Senats ein Überprüfungszeitraum erst ab 01.01.1998 ergibt und nicht wie vom Kläger gewünscht, bereits für die Zeit ab 01.01.1994 (§ 44 Abs.4 Satz 1 und 2 SGB X). Da aber Gegenstand jeder Überprüfung die Frage sein muss, ob der Kläger vor dem anerkannten Zeitpunkt erwerbsunfähig war, kommt es auf den Zeitpunkt der Überprüfung insoweit nicht an.
Denn zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger weder zum Zeitpunkt des Teilanerkenntnisses durch die Beklagte noch zum Zeitpunkt des Beginns der Altersrente erwerbsunfähig im Sinne von § 44 SGB VI a.F. gewesen ist. Dass Erwerbsunfähigkeit beim Kläger nicht vorliegt, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Es sind auch insbesondere keine neuen Gesichtspunkte, die bei der früheren Entscheidung nicht berücksichtigt wurden, aufgetreten oder bekannt geworden, denn allein aus der Diagnose kann kein Rückschluss auf die Auswirkung der Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen gezogen werden. Maßgeblich kann daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Bezeichnung der Gesundheitstörungen sein, maßgeblich ist vielmehr allein, welche Auswirkungen die von den Gutachtern festgestellten Gesundheitsstörungen auf das berufliche Leistungsvermögen haben. Dabei ist entscheidend das Ergebnis der zeitnahen Begutachtungen, insbesondere der Gutachten von Dr.W. , Dr.K. , Dr.W. und Dr.L ... Diese Gutachter haben damals übereinstimmend ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beim Kläger festgestellt, während ebenfalls alle Gutachter einig darüber waren, dass im zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr gearbeitet werden kann. Bei vollschichtigem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liegen aber die Voraussetzungen des § 44 SGB VI nicht vor. Diese Gutachten haben überzeugend dargelegt und begründet wie sie zu ihrer Leistungsbeurteilung gekommen sind. Nicht gefolgt werden kann dagegen dem Gutachten von Dr.R. , da dieser keine überzeugende Begründung für seine abweichende Beurteilung gegeben hat. Vor allem hat dieser nicht dargelegt, warum er zunächst von einer kurzfristigen Einschränkung ausgehend, dann eine Dauerminderung des Leistungsvermögens angenommen hat. Dies kann umso weniger überzeugen, als alle folgenden Gutachter mit nachvollziehbarer Begründung eine andere Auffassung vertreten haben. Zuletzt hat dies überzeugend und ausführlich der vom Sozialgericht gehörte Dr.S. zusammenfassend dargestellt. Alle genannten Gutachter sind erfahrene Sachverständige und mit dem Recht der Sozialversicherung besonders vertraut. Da diese Gutachter übereinstimmend und widerspruchsfrei ihre Beurteilung abgegeben haben, gebührt diesen Gutachten der Vorzug gegenüber dem Gutachten von Dr.R ... Dies hat das Sozialgericht überzeugend im angefochtenen Urteil dargestellt, so dass sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts anschließt und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG absieht.
Entgegen der Auffassung des Klägers musste sich der Senat auch zu keiner erneuten, insbesondere nicht zu der beantragten neurochirurgischen oder radiologischen Zusammenhangsbegutachtung gedrängt fühlen, denn es sind keine neuen bisher unbeachteten Gesichtspunkte vorgetragen worden. Alle vom Kläger genannten Unterlagen standen bei den früheren Begutachtungen bereits zur Verfügung und wie bereits ausgeführt, ist nicht die Diagnose ausschlaggebend für die Beurteilung, sondern der klinische Befund in Zusammenschau mit den röntgenologischen und sonstigen bildgebenden Befunden, die der Leistungsbeurteilung zugrunde zu legen sind. Da somit nicht festgestellt werden konnte, dass beim Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen 01.01.1994 und 31.07.1998 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen hat, konnte die beantragte Überprüfung zu keinem abweichenden Ergebnis führen, so dass sich das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24.11.2004 und die angefochtenen Bescheide der Beklagten als zutreffend erweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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