Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 1603/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 658/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. Oktober 2004 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 29. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2002 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01.10.2002 bis 30.09.2005.
Der 1957 geborene Kläger, der gelernter Kfz-Mechaniker ist, arbeitete von 1977 bis 1983 als Maschinenbediener, anschließend als Reifenmonteur und von 1985 bis 2001 bei P. als Maschinenfahrer und Koordinator. Das dortige Arbeitsverhältnis wurde durch Auflösungsvertrag im Zusammenhang mit einer Entlassungswelle zum 30.09.2001 beendet. Ab Beginn einer Arbeitsunfähigkeit am 20.11.2002 erhielt er Krankengeld, ab Mai 2004 Arbeitslosengeld. Die seit 1995 nebenzu, ab 2001 hauptsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit als Markthändler (Verkauf von Kosmetikartikeln) gab er am 16.07.2004 auf.
Am 08.02.1980 hatte er einen Arbeitsunfall erlitten, weswegen er wegen Zustands nach weitgehendem Verlust des linken Zeige-, Mittel- und Ringfingers im Grundgliedbereich bei Einschränkung der Streckfähigkeit des linken Kleinfingers von der Berufsgenossenschaft Rente nach einer MdE von 30 erhält. Sein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz beträgt seit Juli 2000 50, seit Dezember 2002 wegen Hinzutretens von multiplen Gelenkentzündungen 60.
Am 19.03.2002 beantragte er wegen angstneurotischer Entwicklung, Lumbalsyndrom, Gelenkbeschwerden und Bronchitis Rente. Vorgelegt wurden zahlreiche Fremdbefunde, unter anderem Berichte über stationäre Behandlungen im Bezirkskrankenhaus A. vom 07.08. bis 06.10.2000 und vom 29.04. bis 04.05.2001.
Im Auftrag der Beklagten wurde der Kläger am 29.05.2002 von dem Internisten Dr.P. untersucht, der ein nervenärztliches Zusatzgutachten durch Dr.S. veranlasste. Letzterer diagnostizierte eine Angststörung mit psychogenen Schluckbeschwerden und Benzodiazepinabhängigkeit und hielt mittelschwere Arbeiten ohne Schicht und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit für zumutbar. Die letzte Tätigkeit als Koordinator sei ebenso wenig zumutbar wie die als Handelsvertreter, die Umstellungsfähigkeit sei erhalten. Dr.P. schrieb in seinem Gutachten vom 11.07.2002, beim Kläger lägen zusätzlich Abnutzungsveränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen vor, rheumatische Beschwerden in den Kniegelenken und Vorderfüßen sowie eine rezidivierende Magenschleimhautentzündung. Er nannte als zusätzliche Leistungseinschränkungen Zwangshaltung mit häufigem Bücken, Anforderungen an die volle Funktion der linken Hand, Einwirkung von Lärm, Kälte, Zugluft und Nässe. Eine zeitliche Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht gegeben. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag am 29.07.2002 mit der Begründung ab, es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie am 21.11.2002 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20.12.2002 Klage erhoben und wegen der im Vordergrund stehenden psychosomatischen Krankheit die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit beantragt. Die Firma P. hat am 19.05.2003 auf Anfrage mitgeteilt, der Kläger sei als Maschinenfahrer in der Pampersproduktion beschäftigt gewesen; diese Tätigkeit werde von Facharbeitern aus Metallberufen, aber auch von angelernten Kräften wie zum Beispiel Metzgern, Bäckern etc. ausgeübt. Die Anlernzeit hierfür betrage circa zwölf Wochen. Die Ausbildung als Kfz-Mechaniker sei vorteilhaft, aber nicht zwingend gewesen. Zuletzt sei der Kläger als Facharbeiter ohne Vorgesetztenfunktion beschäftigt gewesen. Von 1991 bis 1995 sei er Koordinator eines Schichtdiensts von zwölf Mitarbeitern gewesen. Entlohnt worden sei er auch nach Beendigung der Tätigkeit als Koordinator nach der Entgeltgruppe E 08 des Bundesentgelttarifvertrages mit der IG Bergbau, Chemie, Energie.
Nach Einholung eines Befundberichts vom Allgemeinarzt Dr.R. hat das Gericht den Neurologen und Psychiater Dr.Dr.W. mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung beauftragt. Dieser hat unter Berücksichtigung eines Entlassungsberichts des Klinikums I. betreffend den Aufenthalt vom 02.01. bis 24.01.2003 als Diagnosen genannt: - Persönlichkeitsstörung vom ängstlich-vermeidenden Typ mit Somatisierungsstörung im Sinn einer konversionsneurotischen Symptombildung, - Bandscheibenvorfall in Höhe L 5/S 1 mit Tangierung beider Wurzeln S 1 und - Zustand nach arthroskopischer Korrektur eines Impingement-Syndroms der rechten Schulter. Eine Medikamentenabhängigkeit sei nicht mehr vorhanden, dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeit und Zwangshaltung vollschichtig zumutbar. Eine sechsstündige Tätigkeit erscheine insbesondere wegen der Arbeitsanamnese (selbständiges Fahrgeschäft mit ca. 60 Aufstellungen pro Jahr), fehlendem Gewichtsverlust, psychotherapeutischer Intervention und ausreichendem kognitiven Leistungsvermögen zumutbar. Die Umstellungsmöglichkeit sei nicht eingeschränkt.
Anschließend hat die Beklagte eine stationäre medizinische Rehamaßnahme bewilligt, die vom 30.12.2003 bis 10.02.2004 in der L.-Klinik durchgeführt worden ist. Von dort ist der Kläger wegen psychogener Schluckstörung mit ausgeprägter Angstsymptomatik mit Auswirkung auf die Aufrechterhaltung einer bestimmten Tagesstruktur als arbeitsunfähig entlassen worden. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er auf Grund einer fehlenden geistig-psychischen Belastbarkeit nicht arbeitsfähig. Dieser Beurteilung hat sich Dr.F. von Seiten der Beklagten nicht angeschlossen. Nach Einholung eines Befundberichts von der Stationsärztin der L.-Klinik hat Dr.Dr.W. am 28.06.2004 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Seines Erachtens ist eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit mit 50 bis 60 Marktaufstellungen pro Jahr nicht vereinbar. Auch liege keine Arbeit auf Kosten der Gesundheit vor.
Das Sozialgericht Landshut hat die Beklagte mit Urteil vom 29.10.2004 verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01.10.2002 bis 30.09.2005 dem Grunde nach zu gewähren. Der Kläger genieße Berufsschutz als Facharbeiter, weil er nach der Stellungnahme des ehemaligen Arbeitgebers Facharbeitertätigkeiten ausgeübt habe und auch entsprechend tariflich entlohnt worden sei. Weil die Beklagte zumutbare Verweisungsberufe nicht benannt habe, habe sich das Gericht nicht veranlasst gesehen, insoweit Ermittlungen durchzuführen.
Gegen das der Beklagten am 09.11.2004 zugestellte Urteil hat diese am 23.11.2004 Berufung eingelegt. Sie hat argumentiert, der Kläger sei nicht als Facharbeiter einzustufen, da für seine von ihm ausgeübte Tätigkeit eine zwölfwöchige Anlernzeit ausreichend sei. Die hohe tarifliche Entlohnung als Facharbeiter sei entsprechend der telefonischen Erläuterung durch den Arbeitgeber wegen des Engagements am konkreten Arbeitsplatz und nicht wegen der Qualität der Arbeitstätigkeit erfolgt. Dies entspreche amerikanischer Unternehmenskultur. Der Kläger sei daher als Angelernter einzustufen und auf Tätigkeiten als Bote, Wächter, Bürohilfskraft etc. verweisbar; auch die Tätigkeit eines Telefonisten in der chemischen Industrie komme in Betracht, die nach der ständigen Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts sogar Facharbeitern auf Grund der tariflichen Einstufung sozial zumutbar sei.
Demgegenüber ist von der Klägerbevollmächtigten geltend gemacht worden, die Maschinenbedienung erfordere technische Kenntnisse. Als Koordinator sei der Kläger für Mitarbeiterführung, Personalunterlagenverwaltung, Abnahme der Staplerfahrerführerscheins, Sicherheitsunterweisungen etc. verantwortlich gewesen. Hierfür habe er zahlreiche Lehrgänge und Schulungen besucht. Die Höherstufung von E6 zu E8 sei nur im Hinblick auf die Mechanikerausbildung erfolgt. Der Kläger sei zumindest als Facharbeiter, wenn nicht als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion, einzustufen.
Demgegenüber hat die Beklagte die Facharbeiterqualifikation wegen der angegebenen Anlernzeit von zwölf Wochen bezweifelt. Selbst wenn er Facharbeiterschutz genieße, sei er auf die Tätigkeit als Telefonist verweisbar. Nach Einholung eines Befundberichts von Dr.R. , der zahlreiche Fremdbefunde übersandt hat, hat Dr.Dr.W. eine neuropsychiatrische Stellungnahme dazu abgegeben, ob der Kläger im strittigen Zeitraum in der Lage gewesen sei, die ausschließlich sitzende Tätigkeit eines Telefonisten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ihm sind berufskundliche Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern, vom 27.02.2004 und 07.04.2005 zur Tätigkeit des Telefonisten zur Verfügung gestellt worden. Dr.Dr.W. hat diese Frage in kritischer Auseinandersetzung mit dem Entlassungsbericht der L.-Klinik bejaht. Darin werde eine eigenständige Stellungnahme der Untersucher zum Leistungsvermögen des Untersuchten vermisst, der Bericht beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergaben der Beschwerden des Klägers und seine defizitäre Selbsteinschätzung, wobei dieses von einem entschlossenen Rentenbegehren getragen werde, wie dies im Bericht mehrfach hervorgehoben werde. Von Arbeitsfähigkeit sei zumindest bis 10.02.2004 auszugehen, für die Zeit danach lägen tragfähige Unterlagen nicht vor.
In einer weiteren Stellungnahme vom 02.02.2006 hat sich der Sachverständige mit dem Einwand der Klägerbevollmächtigten auseinandergesetzt, der Umfang der Händlertätigkeit sei weit geringer gewesen als das im Gutachten zum Ausdruck komme und schließlich ganz aufgegeben worden. Dazu hat Dr.Dr.W. ausgeführt, es fehle dennoch an Anhaltspunkten für eine quantitative Leistungseinschränkung als Telefonist.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2002 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und erweist sich als begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 kann keinen Bestand haben. Der Bescheid der Beklagten vom 29.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2002 begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Im strittigen Zeitraum vom 01.10.2002 bis 30.09.2005 steht dem Kläger keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Er genießt zwar Berufsschutz, ist jedoch auf eine Tätigkeit als Telefonist verweisbar.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs.2 Satz 1, 2, 4 SGB VI).
Maßgeblich für die Beurteilung des Berufsschutzes ist der versicherungspflichtig ausgeübte Hauptberuf des Versicherten, selbst wenn die Berufsausübung längere Zeit zurückliegt und danach keine oder eine versicherungsfreie bzw. nicht versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde. In der Regel ist dies die der Versicherungspflicht zu Grunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer ausgeübt hat (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr.130). Dies war beim Kläger unstreitig die des Maschinenfahrers, die er von 1996 bis zur Beendigung der Beschäftigung am 30.09.2001 ausgeübt hat. Die Aufgabe als Koordinator, die eine höhere tarifliche Einstufung zur Folge hatte, nahm der Kläger betriebsbedingt lediglich von 1991 bis circa 1995 wahr. Hat sich der Versicherte von einer höherwertigen Beschäftigung freiwillig gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinn des § 240 Abs.2 SGB VI. Eine Lösung liegt vor, wenn der Versicherte sich damit abgefunden hat, dass eine Rückkehr zum früheren Beruf nicht möglich ist und die Ausübung eines anderen Berufs zwangsläufig auf Dauer ausgerichtet ist. Der eventuelle Wille, zur früheren Tätigkeit zurückzukehren, ist nur beachtlich, wenn er realisierbar ist, solange der Versicherte also eine reelle Chance hat und sie zu nutzen versucht (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.158). Innerbetrieblich hatte der Kläger nach eigenen Angaben wegen der Umstrukturierung keine Chance, wieder als Koordinator tätig zu sein. Ernsthafte Versuche, sich außerbetrieblich nach einer höherqualifizierten Tätigkeit umzusehen, hat der Kläger wohl im Hinblick auf die fortgeltende hohe tarifliche Entlohnung nach der Gruppe 08 unterlassen. Er hat sich also von der Tätigkeit als Koordinator gelöst; gesundheitliche Gründe dafür sind nicht ersichtlich.
Als Maschinenfahrer war der Kläger als Facharbeiter tätig. Es handelt sich dabei zwar um keinen anerkannten Ausbildungsberuf und die Anlernzeit für einen Arbeitnehmer ohne Vorkenntnisse beträgt nach Angaben des Arbeitgebers lediglich ca. zwölf Wochen. Als Facharbeiter sind jedoch auch solche Versicherte einzustufen, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind (BSGE 43, 243; BSGE 56, 72; BSG 58, 239). Maßgeblich ist, ob der für den Versicherten geltende Tarifvertrag eine entsprechend hohe Einordnung vornimmt. Für den Kläger war der Bundesentgelttarifvertrag mit der IG Bergbau, Chemie und Energie vom 18.07.1987 einschlägig. Bei diesem Tarifvertrag handelt es sich um einen nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag. Die Entgeltgruppen von E1 bis E13 enthalten aufsteigend unterschiedliche Qualitäten. Die Entgeltgruppe E6 ist Arbeitnehmern vorbehalten, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene mindestens dreijährige Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf erworben worden sind. Das Merkmal der abgeschlossenen Berufsausbildung wird erfüllt durch den erfolgreichen Abschluss zum Beispiel einer Handwerkerausbildung sowie eine Ausbildung zum Kaufmann, Chemiekanten, Pharmakanten, technischen Zeichner oder zur Fachkraft für Lagerwirtschaft. Es handelt sich also um eine Gruppe mit anerkannten Facharbeitern. Weiter heißt es im Entgeltgruppenkatalog zu E6, folgende Tätigkeit könne als Richtbeispiel gelten: Fahren (Überwachen und/oder Steuern) von Anlagen und Teilanlagen, auch mit Prozessleittechnik, in Produktions- oder Energiebetrieben mit den entsprechenden Kenntnissen und Fertigkeiten des oben genannten Personenkreises. Eine derartige Tätigkeit hat der Kläger nach den Angaben des Arbeitgebers in der Auskunft vom 19.05.2003 ausgeübt. Er arbeitete in allen Bereichen der flexiblen Fertigungsanlage des Höschenwindelnproduktionsmoduls. Seine Aufgaben waren Kontrolle der Prozessdaten und deren Dokumentation, Einstellen der Prozessparameter, Bestücken der Fertigungsanlage mit Roh- und Packmaterialien, Bedienen der Verpackungsmaschine und Überwachung des Prozessablaufes sowie Einstellungen bei Produktänderungen und Umbauten sowie mechanische Wartungen und Formatwechsel. Maßgeblich ist schließlich, dass der Kläger von Anfang an in diese Entgeltgruppe eingestuft war. Es besteht daher keinerlei Veranlassung, die Wertigkeit des Berufs als Facharbeit anzuzweifeln. Bei einer tarifvertraglichen Gleichstellung eines Berufs ist die Dauer der erforderlichen Ausbildung für die qualitative Bewertung unerheblich, sie folgt unmittelbar aus der Einschätzung durch die Tarifpartner, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung deshalb zu akzeptieren ist, weil die Tarifvertragsparteien als die unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligten die Bewertung von Berufstätigkeiten relativ zuverlässig vornehmen können (BSGE 68, 277 und BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.14).
Berufsunfähigkeit ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger bis Juli 2004 eine selbständige Tätigkeit als Markthändler ausgeübt hat. Trotz entgegenstehender Ansicht Dr.Dr.W. erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger diese Arbeit auf Kosten der Gesundheit ausgeübt hat. Dies gilt insbesondere angesichts der Ausführungen Dr.P. und Dr.S. , die den Kläger im Verwaltungsverfahren persönlich untersucht haben. Übereinstimmend sind sie zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger als Handelsvertreter nicht mehr eingesetzt werden könne. Angesicht der unstrittigen Diagnosen auf verschiedenen Fachgebieten und der Leistungseinschränkungen erscheint dies nachvollziehbar. Schließlich hat der Kläger seine Tätigkeit auch aufgegeben.
Keinem Zweifel unterliegt jedoch die Einschätzung Dr.Dr.W. , der Kläger habe im strittigen Zeitraum noch als Telefonist tätig sein können. Mit dieser Beurteilung befindet er sich in Übereinstimmung mit den im Verwaltungsverfahren gehörten Ärzten, die eine Umstellungsfähigkeit für einen Anlernberuf bejaht haben. Dr.Dr.W. hat den Kläger im strittigen Zeitraum persönlich untersucht und sich ausführlich mit den zahlreich vorhandenen Fremdbefunden auseinander gesetzt.
Im Vordergrund des Beschwerdebildes standen Einschlafschwierigkeiten wegen Erstickungsängsten, Essstörungen mit Schluckerschwernissen und verlangsamtem Essvorgang bei morgentlicher Müdigkeit wegen des erschwerten Einschlafverhaltens. Deswegen fanden insgesamt drei stationär-psychiatrische Aufenthalte statt. Dabei wurde kein gravierendes psychopathologisches Defizit beschrieben. Eine Medikamenteneinnahme fand ebenso wenig statt wie eine regelmäßige nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung. Festzustellen war daher eine Persönlichkeitsstörung vom ängstlich-vermeidenden Typ, ferner eine Somatisierungsstörung im Sinn einer konversionsneurotischen Symptombildung mit Schluckstörungen. Ein Gewichtsverlust war nicht zu verzeichnen. Daneben besteht ein Bandscheibenvorfall mit Kontakt zu den Wurzeln S 1 beidseits sowie ein Zustand nach arthroskopischer Korrektur eines Impingement-Syndroms der rechten Schulter. Eine orthopädische Behandlung findet bei altersentsprechend freier Beweglichkeit und fehlendem Nervenwurzelreiz nicht statt. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten oder Zwangshaltungen, besonderen Zeitdruck und ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sind dem Kläger daher zumutbar. Auch der Einfluss von Lärm, Kälte, Zugluft und Nässe muss ausgeschlossen sein.
Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens lässt sich nicht begründen. Zwar heißt es im Entlassungsbericht der Klinik L. , wegen der psychogenen Schluckstörung seien dem Kläger keinerlei Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr zumutbar. Der in der Klinik erhobene Befund trägt jedoch diese sozialmedizinische Konsequenz schwerlich. Dies vor allem, weil in dem gesamten Bericht zum Rehabilitationsverlauf eine eigenständige Stellungnahme der Untersucher zum Leistungsvermögen des Klägers fehlt und der Bericht sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Beschwerden des Klägers und seine defizitäre Selbsteinschätzung beschränkt. Diese Selbsteinschätzung ist vor allem sehr entschlossen rentenbegehrend getragen, wie dies im Klinikbericht mehrfach betont wird. Schließlich ist das sozialmedizinische Ergebnis vom persönlichen Einverständnis des Klägers abhängig gemacht worden. Zudem war der Kläger tatsächlich bis Juli 2004 der anstrengenden Tätigkeit eines Reisehändlers gewachsen.
Das Restleistungsvermögen des Klägers ist mit der Tätigkeit eines Telefonisten vereinbar. Nach der Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern, vom 07.04.2005 handelt es sich bei der Tätigkeit eines Telefonisten um eine körperlich leichte Tätigkeit, die ausschließlich im Sitzen ausgeübt wird. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und zum Teil Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechungen vorgenommen werden können. Dies unterliegt im Fall des Klägers, der seit 1980 unter Arbeitsunfallfolgen an der linken Hand leidet, angesichts der Arbeitsanamnese keinem Zweifel. Die erfolgreiche Tätigkeit als Verkäufer schließlich beweist auch, dass der Kläger die übrigen Voraussetzungen eines Telefonisten wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit und ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit erfüllt. Schließlich ist die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers eher überdurchschnittlich ausgestaltet, die Fähigkeit, sich in einen anderen Berufsbereich einzuarbeiten, ist zuverlässig unverkürzt. Dies ergibt sich insbesondere auch aus den von Dr.Dr.W. durchgeführten Leistungstests.
Die Tätigkeit eines Telefonisten ist dem Kläger auch sozial zumutbar. Damit stützt sich der Senat auf die Ausführungen des 20. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts im Urteil vom 15.12.2004 (L 20 RJ 500/02), in dem auf die Ermittlungsergebnisse des Hessischen Landessozialgerichts Bezug genommen wird, die dem dortigen Urteil vom 26.05.2000, Aktenzeichen L 13 RJ 411/98, zu Grunde liegen. Danach wird die Tätigkeit des Telefonisten wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet und eingestuft. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gehalts- und Lohntarifvertrag für den hessischen Einzelhandel, dem Gehaltstarifvertrag für den Berliner Einzelhandel oder für den Berliner Groß- und Außenhandel. Schließlich kann die Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten erlernt werden.
Aus diesen Gründen war die Berufung in vollem Umfang begründet.
Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01.10.2002 bis 30.09.2005.
Der 1957 geborene Kläger, der gelernter Kfz-Mechaniker ist, arbeitete von 1977 bis 1983 als Maschinenbediener, anschließend als Reifenmonteur und von 1985 bis 2001 bei P. als Maschinenfahrer und Koordinator. Das dortige Arbeitsverhältnis wurde durch Auflösungsvertrag im Zusammenhang mit einer Entlassungswelle zum 30.09.2001 beendet. Ab Beginn einer Arbeitsunfähigkeit am 20.11.2002 erhielt er Krankengeld, ab Mai 2004 Arbeitslosengeld. Die seit 1995 nebenzu, ab 2001 hauptsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit als Markthändler (Verkauf von Kosmetikartikeln) gab er am 16.07.2004 auf.
Am 08.02.1980 hatte er einen Arbeitsunfall erlitten, weswegen er wegen Zustands nach weitgehendem Verlust des linken Zeige-, Mittel- und Ringfingers im Grundgliedbereich bei Einschränkung der Streckfähigkeit des linken Kleinfingers von der Berufsgenossenschaft Rente nach einer MdE von 30 erhält. Sein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz beträgt seit Juli 2000 50, seit Dezember 2002 wegen Hinzutretens von multiplen Gelenkentzündungen 60.
Am 19.03.2002 beantragte er wegen angstneurotischer Entwicklung, Lumbalsyndrom, Gelenkbeschwerden und Bronchitis Rente. Vorgelegt wurden zahlreiche Fremdbefunde, unter anderem Berichte über stationäre Behandlungen im Bezirkskrankenhaus A. vom 07.08. bis 06.10.2000 und vom 29.04. bis 04.05.2001.
Im Auftrag der Beklagten wurde der Kläger am 29.05.2002 von dem Internisten Dr.P. untersucht, der ein nervenärztliches Zusatzgutachten durch Dr.S. veranlasste. Letzterer diagnostizierte eine Angststörung mit psychogenen Schluckbeschwerden und Benzodiazepinabhängigkeit und hielt mittelschwere Arbeiten ohne Schicht und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit für zumutbar. Die letzte Tätigkeit als Koordinator sei ebenso wenig zumutbar wie die als Handelsvertreter, die Umstellungsfähigkeit sei erhalten. Dr.P. schrieb in seinem Gutachten vom 11.07.2002, beim Kläger lägen zusätzlich Abnutzungsveränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen vor, rheumatische Beschwerden in den Kniegelenken und Vorderfüßen sowie eine rezidivierende Magenschleimhautentzündung. Er nannte als zusätzliche Leistungseinschränkungen Zwangshaltung mit häufigem Bücken, Anforderungen an die volle Funktion der linken Hand, Einwirkung von Lärm, Kälte, Zugluft und Nässe. Eine zeitliche Leistungseinschränkung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht gegeben. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag am 29.07.2002 mit der Begründung ab, es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie am 21.11.2002 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20.12.2002 Klage erhoben und wegen der im Vordergrund stehenden psychosomatischen Krankheit die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit beantragt. Die Firma P. hat am 19.05.2003 auf Anfrage mitgeteilt, der Kläger sei als Maschinenfahrer in der Pampersproduktion beschäftigt gewesen; diese Tätigkeit werde von Facharbeitern aus Metallberufen, aber auch von angelernten Kräften wie zum Beispiel Metzgern, Bäckern etc. ausgeübt. Die Anlernzeit hierfür betrage circa zwölf Wochen. Die Ausbildung als Kfz-Mechaniker sei vorteilhaft, aber nicht zwingend gewesen. Zuletzt sei der Kläger als Facharbeiter ohne Vorgesetztenfunktion beschäftigt gewesen. Von 1991 bis 1995 sei er Koordinator eines Schichtdiensts von zwölf Mitarbeitern gewesen. Entlohnt worden sei er auch nach Beendigung der Tätigkeit als Koordinator nach der Entgeltgruppe E 08 des Bundesentgelttarifvertrages mit der IG Bergbau, Chemie, Energie.
Nach Einholung eines Befundberichts vom Allgemeinarzt Dr.R. hat das Gericht den Neurologen und Psychiater Dr.Dr.W. mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung beauftragt. Dieser hat unter Berücksichtigung eines Entlassungsberichts des Klinikums I. betreffend den Aufenthalt vom 02.01. bis 24.01.2003 als Diagnosen genannt: - Persönlichkeitsstörung vom ängstlich-vermeidenden Typ mit Somatisierungsstörung im Sinn einer konversionsneurotischen Symptombildung, - Bandscheibenvorfall in Höhe L 5/S 1 mit Tangierung beider Wurzeln S 1 und - Zustand nach arthroskopischer Korrektur eines Impingement-Syndroms der rechten Schulter. Eine Medikamentenabhängigkeit sei nicht mehr vorhanden, dem Kläger seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeit und Zwangshaltung vollschichtig zumutbar. Eine sechsstündige Tätigkeit erscheine insbesondere wegen der Arbeitsanamnese (selbständiges Fahrgeschäft mit ca. 60 Aufstellungen pro Jahr), fehlendem Gewichtsverlust, psychotherapeutischer Intervention und ausreichendem kognitiven Leistungsvermögen zumutbar. Die Umstellungsmöglichkeit sei nicht eingeschränkt.
Anschließend hat die Beklagte eine stationäre medizinische Rehamaßnahme bewilligt, die vom 30.12.2003 bis 10.02.2004 in der L.-Klinik durchgeführt worden ist. Von dort ist der Kläger wegen psychogener Schluckstörung mit ausgeprägter Angstsymptomatik mit Auswirkung auf die Aufrechterhaltung einer bestimmten Tagesstruktur als arbeitsunfähig entlassen worden. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er auf Grund einer fehlenden geistig-psychischen Belastbarkeit nicht arbeitsfähig. Dieser Beurteilung hat sich Dr.F. von Seiten der Beklagten nicht angeschlossen. Nach Einholung eines Befundberichts von der Stationsärztin der L.-Klinik hat Dr.Dr.W. am 28.06.2004 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Seines Erachtens ist eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit mit 50 bis 60 Marktaufstellungen pro Jahr nicht vereinbar. Auch liege keine Arbeit auf Kosten der Gesundheit vor.
Das Sozialgericht Landshut hat die Beklagte mit Urteil vom 29.10.2004 verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01.10.2002 bis 30.09.2005 dem Grunde nach zu gewähren. Der Kläger genieße Berufsschutz als Facharbeiter, weil er nach der Stellungnahme des ehemaligen Arbeitgebers Facharbeitertätigkeiten ausgeübt habe und auch entsprechend tariflich entlohnt worden sei. Weil die Beklagte zumutbare Verweisungsberufe nicht benannt habe, habe sich das Gericht nicht veranlasst gesehen, insoweit Ermittlungen durchzuführen.
Gegen das der Beklagten am 09.11.2004 zugestellte Urteil hat diese am 23.11.2004 Berufung eingelegt. Sie hat argumentiert, der Kläger sei nicht als Facharbeiter einzustufen, da für seine von ihm ausgeübte Tätigkeit eine zwölfwöchige Anlernzeit ausreichend sei. Die hohe tarifliche Entlohnung als Facharbeiter sei entsprechend der telefonischen Erläuterung durch den Arbeitgeber wegen des Engagements am konkreten Arbeitsplatz und nicht wegen der Qualität der Arbeitstätigkeit erfolgt. Dies entspreche amerikanischer Unternehmenskultur. Der Kläger sei daher als Angelernter einzustufen und auf Tätigkeiten als Bote, Wächter, Bürohilfskraft etc. verweisbar; auch die Tätigkeit eines Telefonisten in der chemischen Industrie komme in Betracht, die nach der ständigen Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts sogar Facharbeitern auf Grund der tariflichen Einstufung sozial zumutbar sei.
Demgegenüber ist von der Klägerbevollmächtigten geltend gemacht worden, die Maschinenbedienung erfordere technische Kenntnisse. Als Koordinator sei der Kläger für Mitarbeiterführung, Personalunterlagenverwaltung, Abnahme der Staplerfahrerführerscheins, Sicherheitsunterweisungen etc. verantwortlich gewesen. Hierfür habe er zahlreiche Lehrgänge und Schulungen besucht. Die Höherstufung von E6 zu E8 sei nur im Hinblick auf die Mechanikerausbildung erfolgt. Der Kläger sei zumindest als Facharbeiter, wenn nicht als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion, einzustufen.
Demgegenüber hat die Beklagte die Facharbeiterqualifikation wegen der angegebenen Anlernzeit von zwölf Wochen bezweifelt. Selbst wenn er Facharbeiterschutz genieße, sei er auf die Tätigkeit als Telefonist verweisbar. Nach Einholung eines Befundberichts von Dr.R. , der zahlreiche Fremdbefunde übersandt hat, hat Dr.Dr.W. eine neuropsychiatrische Stellungnahme dazu abgegeben, ob der Kläger im strittigen Zeitraum in der Lage gewesen sei, die ausschließlich sitzende Tätigkeit eines Telefonisten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ihm sind berufskundliche Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern, vom 27.02.2004 und 07.04.2005 zur Tätigkeit des Telefonisten zur Verfügung gestellt worden. Dr.Dr.W. hat diese Frage in kritischer Auseinandersetzung mit dem Entlassungsbericht der L.-Klinik bejaht. Darin werde eine eigenständige Stellungnahme der Untersucher zum Leistungsvermögen des Untersuchten vermisst, der Bericht beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergaben der Beschwerden des Klägers und seine defizitäre Selbsteinschätzung, wobei dieses von einem entschlossenen Rentenbegehren getragen werde, wie dies im Bericht mehrfach hervorgehoben werde. Von Arbeitsfähigkeit sei zumindest bis 10.02.2004 auszugehen, für die Zeit danach lägen tragfähige Unterlagen nicht vor.
In einer weiteren Stellungnahme vom 02.02.2006 hat sich der Sachverständige mit dem Einwand der Klägerbevollmächtigten auseinandergesetzt, der Umfang der Händlertätigkeit sei weit geringer gewesen als das im Gutachten zum Ausdruck komme und schließlich ganz aufgegeben worden. Dazu hat Dr.Dr.W. ausgeführt, es fehle dennoch an Anhaltspunkten für eine quantitative Leistungseinschränkung als Telefonist.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2002 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und erweist sich als begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29.10.2004 kann keinen Bestand haben. Der Bescheid der Beklagten vom 29.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2002 begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Im strittigen Zeitraum vom 01.10.2002 bis 30.09.2005 steht dem Kläger keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Er genießt zwar Berufsschutz, ist jedoch auf eine Tätigkeit als Telefonist verweisbar.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs.2 Satz 1, 2, 4 SGB VI).
Maßgeblich für die Beurteilung des Berufsschutzes ist der versicherungspflichtig ausgeübte Hauptberuf des Versicherten, selbst wenn die Berufsausübung längere Zeit zurückliegt und danach keine oder eine versicherungsfreie bzw. nicht versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde. In der Regel ist dies die der Versicherungspflicht zu Grunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer ausgeübt hat (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr.130). Dies war beim Kläger unstreitig die des Maschinenfahrers, die er von 1996 bis zur Beendigung der Beschäftigung am 30.09.2001 ausgeübt hat. Die Aufgabe als Koordinator, die eine höhere tarifliche Einstufung zur Folge hatte, nahm der Kläger betriebsbedingt lediglich von 1991 bis circa 1995 wahr. Hat sich der Versicherte von einer höherwertigen Beschäftigung freiwillig gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinn des § 240 Abs.2 SGB VI. Eine Lösung liegt vor, wenn der Versicherte sich damit abgefunden hat, dass eine Rückkehr zum früheren Beruf nicht möglich ist und die Ausübung eines anderen Berufs zwangsläufig auf Dauer ausgerichtet ist. Der eventuelle Wille, zur früheren Tätigkeit zurückzukehren, ist nur beachtlich, wenn er realisierbar ist, solange der Versicherte also eine reelle Chance hat und sie zu nutzen versucht (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.158). Innerbetrieblich hatte der Kläger nach eigenen Angaben wegen der Umstrukturierung keine Chance, wieder als Koordinator tätig zu sein. Ernsthafte Versuche, sich außerbetrieblich nach einer höherqualifizierten Tätigkeit umzusehen, hat der Kläger wohl im Hinblick auf die fortgeltende hohe tarifliche Entlohnung nach der Gruppe 08 unterlassen. Er hat sich also von der Tätigkeit als Koordinator gelöst; gesundheitliche Gründe dafür sind nicht ersichtlich.
Als Maschinenfahrer war der Kläger als Facharbeiter tätig. Es handelt sich dabei zwar um keinen anerkannten Ausbildungsberuf und die Anlernzeit für einen Arbeitnehmer ohne Vorkenntnisse beträgt nach Angaben des Arbeitgebers lediglich ca. zwölf Wochen. Als Facharbeiter sind jedoch auch solche Versicherte einzustufen, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind (BSGE 43, 243; BSGE 56, 72; BSG 58, 239). Maßgeblich ist, ob der für den Versicherten geltende Tarifvertrag eine entsprechend hohe Einordnung vornimmt. Für den Kläger war der Bundesentgelttarifvertrag mit der IG Bergbau, Chemie und Energie vom 18.07.1987 einschlägig. Bei diesem Tarifvertrag handelt es sich um einen nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrag. Die Entgeltgruppen von E1 bis E13 enthalten aufsteigend unterschiedliche Qualitäten. Die Entgeltgruppe E6 ist Arbeitnehmern vorbehalten, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene mindestens dreijährige Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf erworben worden sind. Das Merkmal der abgeschlossenen Berufsausbildung wird erfüllt durch den erfolgreichen Abschluss zum Beispiel einer Handwerkerausbildung sowie eine Ausbildung zum Kaufmann, Chemiekanten, Pharmakanten, technischen Zeichner oder zur Fachkraft für Lagerwirtschaft. Es handelt sich also um eine Gruppe mit anerkannten Facharbeitern. Weiter heißt es im Entgeltgruppenkatalog zu E6, folgende Tätigkeit könne als Richtbeispiel gelten: Fahren (Überwachen und/oder Steuern) von Anlagen und Teilanlagen, auch mit Prozessleittechnik, in Produktions- oder Energiebetrieben mit den entsprechenden Kenntnissen und Fertigkeiten des oben genannten Personenkreises. Eine derartige Tätigkeit hat der Kläger nach den Angaben des Arbeitgebers in der Auskunft vom 19.05.2003 ausgeübt. Er arbeitete in allen Bereichen der flexiblen Fertigungsanlage des Höschenwindelnproduktionsmoduls. Seine Aufgaben waren Kontrolle der Prozessdaten und deren Dokumentation, Einstellen der Prozessparameter, Bestücken der Fertigungsanlage mit Roh- und Packmaterialien, Bedienen der Verpackungsmaschine und Überwachung des Prozessablaufes sowie Einstellungen bei Produktänderungen und Umbauten sowie mechanische Wartungen und Formatwechsel. Maßgeblich ist schließlich, dass der Kläger von Anfang an in diese Entgeltgruppe eingestuft war. Es besteht daher keinerlei Veranlassung, die Wertigkeit des Berufs als Facharbeit anzuzweifeln. Bei einer tarifvertraglichen Gleichstellung eines Berufs ist die Dauer der erforderlichen Ausbildung für die qualitative Bewertung unerheblich, sie folgt unmittelbar aus der Einschätzung durch die Tarifpartner, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung deshalb zu akzeptieren ist, weil die Tarifvertragsparteien als die unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligten die Bewertung von Berufstätigkeiten relativ zuverlässig vornehmen können (BSGE 68, 277 und BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.14).
Berufsunfähigkeit ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger bis Juli 2004 eine selbständige Tätigkeit als Markthändler ausgeübt hat. Trotz entgegenstehender Ansicht Dr.Dr.W. erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger diese Arbeit auf Kosten der Gesundheit ausgeübt hat. Dies gilt insbesondere angesichts der Ausführungen Dr.P. und Dr.S. , die den Kläger im Verwaltungsverfahren persönlich untersucht haben. Übereinstimmend sind sie zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger als Handelsvertreter nicht mehr eingesetzt werden könne. Angesicht der unstrittigen Diagnosen auf verschiedenen Fachgebieten und der Leistungseinschränkungen erscheint dies nachvollziehbar. Schließlich hat der Kläger seine Tätigkeit auch aufgegeben.
Keinem Zweifel unterliegt jedoch die Einschätzung Dr.Dr.W. , der Kläger habe im strittigen Zeitraum noch als Telefonist tätig sein können. Mit dieser Beurteilung befindet er sich in Übereinstimmung mit den im Verwaltungsverfahren gehörten Ärzten, die eine Umstellungsfähigkeit für einen Anlernberuf bejaht haben. Dr.Dr.W. hat den Kläger im strittigen Zeitraum persönlich untersucht und sich ausführlich mit den zahlreich vorhandenen Fremdbefunden auseinander gesetzt.
Im Vordergrund des Beschwerdebildes standen Einschlafschwierigkeiten wegen Erstickungsängsten, Essstörungen mit Schluckerschwernissen und verlangsamtem Essvorgang bei morgentlicher Müdigkeit wegen des erschwerten Einschlafverhaltens. Deswegen fanden insgesamt drei stationär-psychiatrische Aufenthalte statt. Dabei wurde kein gravierendes psychopathologisches Defizit beschrieben. Eine Medikamenteneinnahme fand ebenso wenig statt wie eine regelmäßige nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung. Festzustellen war daher eine Persönlichkeitsstörung vom ängstlich-vermeidenden Typ, ferner eine Somatisierungsstörung im Sinn einer konversionsneurotischen Symptombildung mit Schluckstörungen. Ein Gewichtsverlust war nicht zu verzeichnen. Daneben besteht ein Bandscheibenvorfall mit Kontakt zu den Wurzeln S 1 beidseits sowie ein Zustand nach arthroskopischer Korrektur eines Impingement-Syndroms der rechten Schulter. Eine orthopädische Behandlung findet bei altersentsprechend freier Beweglichkeit und fehlendem Nervenwurzelreiz nicht statt. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, Überkopfarbeiten oder Zwangshaltungen, besonderen Zeitdruck und ohne volle Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sind dem Kläger daher zumutbar. Auch der Einfluss von Lärm, Kälte, Zugluft und Nässe muss ausgeschlossen sein.
Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens lässt sich nicht begründen. Zwar heißt es im Entlassungsbericht der Klinik L. , wegen der psychogenen Schluckstörung seien dem Kläger keinerlei Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr zumutbar. Der in der Klinik erhobene Befund trägt jedoch diese sozialmedizinische Konsequenz schwerlich. Dies vor allem, weil in dem gesamten Bericht zum Rehabilitationsverlauf eine eigenständige Stellungnahme der Untersucher zum Leistungsvermögen des Klägers fehlt und der Bericht sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Beschwerden des Klägers und seine defizitäre Selbsteinschätzung beschränkt. Diese Selbsteinschätzung ist vor allem sehr entschlossen rentenbegehrend getragen, wie dies im Klinikbericht mehrfach betont wird. Schließlich ist das sozialmedizinische Ergebnis vom persönlichen Einverständnis des Klägers abhängig gemacht worden. Zudem war der Kläger tatsächlich bis Juli 2004 der anstrengenden Tätigkeit eines Reisehändlers gewachsen.
Das Restleistungsvermögen des Klägers ist mit der Tätigkeit eines Telefonisten vereinbar. Nach der Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern, vom 07.04.2005 handelt es sich bei der Tätigkeit eines Telefonisten um eine körperlich leichte Tätigkeit, die ausschließlich im Sitzen ausgeübt wird. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und zum Teil Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechungen vorgenommen werden können. Dies unterliegt im Fall des Klägers, der seit 1980 unter Arbeitsunfallfolgen an der linken Hand leidet, angesichts der Arbeitsanamnese keinem Zweifel. Die erfolgreiche Tätigkeit als Verkäufer schließlich beweist auch, dass der Kläger die übrigen Voraussetzungen eines Telefonisten wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit und ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit erfüllt. Schließlich ist die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers eher überdurchschnittlich ausgestaltet, die Fähigkeit, sich in einen anderen Berufsbereich einzuarbeiten, ist zuverlässig unverkürzt. Dies ergibt sich insbesondere auch aus den von Dr.Dr.W. durchgeführten Leistungstests.
Die Tätigkeit eines Telefonisten ist dem Kläger auch sozial zumutbar. Damit stützt sich der Senat auf die Ausführungen des 20. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts im Urteil vom 15.12.2004 (L 20 RJ 500/02), in dem auf die Ermittlungsergebnisse des Hessischen Landessozialgerichts Bezug genommen wird, die dem dortigen Urteil vom 26.05.2000, Aktenzeichen L 13 RJ 411/98, zu Grunde liegen. Danach wird die Tätigkeit des Telefonisten wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet und eingestuft. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gehalts- und Lohntarifvertrag für den hessischen Einzelhandel, dem Gehaltstarifvertrag für den Berliner Einzelhandel oder für den Berliner Groß- und Außenhandel. Schließlich kann die Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten erlernt werden.
Aus diesen Gründen war die Berufung in vollem Umfang begründet.
Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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