L 7 P 15/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 1 P 42/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 15/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.03.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe III aus der Pflegeversicherung streitig.

Die am 1922 geborene Klägerin erlitt am 03.01.2000 eine Hirnmassenblutung. Nach einer stationären Krankenhausbehandlung und einem Reha-Aufenthalt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 06.04.2000 Pflegegeld nach Pflegestufe II. Nachdem die Klägerin in ihrem Widerspruch einen höheren Pflegebedarf geltend gemacht hatte, wurde sie von einer Pflegefachkraft des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern (MDK) am 14.07. 2000 untersucht. In dem Gutachten vom 17.08.2000 wurde ein Hilfebedarf in der Grundpflege von 169 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten festgestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2001 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück.

Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht Bayreuth (SG) hat nach Beiziehung der Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung Bayreuth und eines Befundberichtes des Allgemeinarztes Dr. R. den Sachverständigen Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat die Klägerin am 15.09. 2001 zuhause aufgesucht und in seinem Gutachten vom 28.09.2001 den Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege mit 171 Minuten angegeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.03.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Gericht schließe sich dem überzeugenden Gutachten des Dr. H., das sich im Einklang mit der vorangegangenen Begutachtung des MDK befinde, an. Sicherlich sei der 1919 geborene Ehemann, der die Klägerin pflege, mehr gefordert als eine jüngere, sich in guter körperlicher Verfassung befindliche Pflegeperson; jedoch sei im Rahmen der Beurteilung nicht von der konkreten Pflegeperson auszugehen, sondern von einer durchschnittlichen. Zudem beträfen die zusätzlich angeführten Pflegezeiten zum Teil einen allgemeinen Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf, der nicht berücksichtigt werden könne.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, bei ihr sei zusätzlich eine Parkinson-Erkrankung festgestellt worden. Es lägen Störungen der Hirnfunktion vor, allgemein leide sie an Lebensmüdigkeit und Niedergeschlagenheit. Immer wieder komme es zu unfreiwilligem Urinabgang.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.03.2002 und unter Abänderung des Bescheides vom 06.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2001 zu verurteilen, ihr ab 05.04.2000 Pflegegeld nach Pflegestufe III zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat einen Befundbericht des Hausarztes Dr. R. vom 15.11.2002 beigezogen und das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 11.12.2002 eingeholt; auf den Inhalt dieses Gutachtens wird Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs. 1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Klägerin Leistungen nach Pflegestufe II nicht zustehen. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der schlüssigen und überzeugenden Gutachten des Dr. H. und der Dr. B. , an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht.

Wie Dr. B. in ihrem Gutachten vom 11.12.2002, das sie nach Untersuchung der Klägerin am 03.12.2002 erstellt hat, darlegt, handelt es sich bei dieser um einen Zustand nach Hirnmassenblutung mit Restschwäche der linken Körperhälfte, jedoch ohne ausgeprägte Lähmungen; der neu aufgetretene Parkinson äußert sich in geringem Tremor sowie allgemeiner Antriebsarmut und Bewegungsverlangsamung. Die Klägerin bedarf sechsmal wöchentlich einer Ganzkörperwäsche, die vollständig durch den Pflegedienst übernommen wird; hierfür sind, auf den Tag umgerechnet, 18 Minuten erforderlich. Zusätzlich sind einmal täglich eine Reinigung des Unterkörpers und viermal täglich eine Unterstützung bei der Reinigung der Hände und des Gesichts erforderlich, wofür im Durchschnitt 16 Minuten anzusetzen sind. Das einmal in der Woche durchgeführte Baden erfordert 25 Minuten, die Hilfe bei der Zahnpflege 2 Minuten, ebenso beim Kämmen. Die Hilfe bei der Darm- und Blasenentleerung einschließlich des Richtens der Kleidung umfasst durchschnittlich 12 Minuten täglich, die Unterstützung bei der Intimhygiene ebenfalls 12 Minuten. Bei der Klägerin sind durchschnittlich zehnmal täglich die Einlagen zu wechseln; unter Einbeziehung der Tatsache, dass die Klägerin meist inkontinent ist, ergibt sich ein Hilfebedarf von etwa 23 Minuten. Die mundgerechte Zubereitung der Nahrung erfordert 8 Minuten, eine Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst ist nicht erforderlich. Die Hilfe beim Aufstehen und zu Bett gehen erfordert 10 Minuten, die beim An- und Auskleiden 16 Minuten sowie die Begleitung beim Gehen innerhalb der Wohnung etwa 20 Minuten.

Diese dem sogenannten Grundpflegebedarf im Sinne des § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI zuzurechnende Verrichtungen umfassen somit insgesamt 164 Minuten. Damit ist der für die Pflegestufe III in der Grundpflege gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB III erforderliche Hilfebedarf von wenigstens 4 Stunden nicht erreicht; es kann deshalb hinstehen, in welchem Umfang Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig ist.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass nicht berücksichtigt werden kann, dass der 1919 geborene Ehemann der Klägerin, der einen großen Teil der Pflegeleistungen erbringt, für diese einen höheren Zeitaufwand benötigt, als Dr. B. in ihrem Gutachten zugrunde gelegt hat. Denn gemäß § 15 Abs. 3 SGB XI ist nicht der Zeitaufwand zugrunde zu legen, den die konkrete Pflegeperson benötigt, sondern es ist der fiktive Zeitaufwand heranzuziehen, den eine nicht als Pflegekraft ausgebildete, durchschnittliche Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Weiterhin kann nicht berücksichtigt werden, dass die Klägerin wegen ihrer Verwirrtheitszustände häufig oder ständig der Beaufsichtigung bedarf, da nur der Hilfebedarf berücksichtigt werden kann, der bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführten gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen anfällt. Dieser Hilfebedarf erreicht nicht die in der Grundpflege erforderlichen 4 Stunden, weshalb derzeit kein Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe III besteht.

Somit war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.03.2002 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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