L 4 KR 95/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 42/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 95/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 5. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung für Kopien von Röntgenaufnahmen.

Die am 1955 geborene und bei der Beklagten bis 31.12.1999 pflichtversicherte Klägerin lebt als arbeitslose Diplomingenieurin von Arbeitslosenhilfe bzw. Sozialhilfe.

Mit Schreiben vom 11.08.1996 beantragte sie die Kostenerstattung für am 31.07.1996 bezahlte Kopien von MR- und Mammographie-Bildern in Höhe von insgesamt 154,70 DM. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.08.1996 Kostenerstattung mit der Begründung ab, die Röntgenbilder könnten im Original von einem Arzt zum anderen mitgenommen werden. Auf den Widerspruch der Klägerin erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid vom 01.01. 1996 mit der gleichen Begründung. Der nochmals eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 24.01.1997 zurückgewiesen. Eine Kostenerstattung für pflichtversicherte Mitglieder sei im Rahmen der Erprobungsregelung vorgesehen, woran die Klägerin nicht teilnehme. Aber auch danach bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung, da der die Röntgenuntersuchung durchführende Arzt verpflichtet sei, einem anderen Arzt die Röntgenaufnahmen leihweise zu überlassen, wenn dadurch eine Wiederholung der röntgenologischen Maßnahmen vermieden werden könne. Halte der behandelnde Arzt die leihweise Inbesitznahme der Röntgenbilder nicht für ausreichend, könne er hiervon Kopien herstellen lassen. Die dadurch entstehenden Kosten seien über die Versichertenkarte von dem betreffenden Arzt abzurechnen.

Die Klägerin hat hiergegen am 10.02.1997 Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Sie habe sich kurzfristig für das Kopieren von Röntgenaufnahmen entschieden, so dass sie vorher nicht mehr bei der Beklagte rückfragen konnte. Das Ausleihen von Röntgenaufnahmen sei für ihre Behandlung nicht hilfreich gewesen. Der Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe und das Ablehnungsgesuch waren ohne Erfolg.

Das SG hat mit Beschluss vom 17.02.2000 die vorliegende Streitsache mit anderen Streitsachen verbunden und den Rechtsstreit unter dem Az.: S 18 KR 42/97 fortgeführt. Es hat mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2002 die Klage insoweit mit der Begründung abgewiesen, eine Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten für die ohne Rücksprache mit der Beklagten in Auftrag gegebenen Kopien von Röntgenaufnahmen gebe es nicht.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 31.05.2002 mit der sie wieder geltend macht, die Röntgenaufnahmen seien zur Vorlage bei anderen Ärzten kopiert worden. Die Beklagte habe die Kosten im Wege einer Härtefallregelung zu übernehmen. Der Senat hat Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 05.04.2002 und unter Aufhebung der Bescheide vom 23.08.1996 und 01.10.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1997 zu verurteilen, ihr die Kosten für das Kopieren von Röntgenaufnahmen in Höhe von 154,70 DM in Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs.1 Satz 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Berufungsfrist von einem Monat ist gewahrt, da das Ende der Frist auf einen Feiertag gefallen ist (§ 64 Abs.3 SGG); damit endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der vom SG verbundenen Verfahren überschreitet 500,00 EUR. Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs.2 SGG).

Die Berufung ist unbegründet; ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht nicht.

Abgesehen davon, dass gemäß § 13 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) die Krankenkasse Kosten nur erstatten darf, soweit es dieses Buch vorsieht und die Klägerin an der im Jahr 1996 noch geltenden Erprobungsregelung (§ 64 SGB V) nicht teilnimmt, sind die Voraussetzungen der im vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 13 Abs.3 SGB V nicht erfüllt. Danach hängt eine Kostenerstattung davon ab, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. In beiden Alternativen sind diese Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Unaufschiebbare Leistungen sind Notfälle im krankenversicherungsrechtlichen Sinne (§ 76 SGB V) sowie Systemstörungen oder Versorgungslücken. Systemstörungen liegen aber nicht vor, wenn sich aus dem Versicherungsverhältnis selbst Leistungsschranken ergeben. Es gibt hier, wie das SG zutreffend festgestellt hat, im Leistungsrecht des SGB V keine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Krankenkasse, Kosten für die Anfertigung von Kopien von Röntgenaufnahmen zu erstatten. §§ 11, 27 SGB V, die ein selektives Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten, ist ein derartiger Anspruch nicht zu entnehmen. Eine gesetzlich nicht geregelte Ersatzleistung scheidet gleichfalls aus, da die geltend gemachte Kostenerstattung für die oben genannten Kopien nicht an die Stelle einer an sich geschuldeten anderen Leistung tritt. Auch wenn Vertragsärzte für das Anfertigen von Kopien unter bestimmten Voraussetzungen eine Vergütung erhalten, hat die Klägerin nicht deren, sondern ihre eigenen Interessen wahrgenommen, so dass auch eine Erstattung entsprechend den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ausscheidet.

Die Beklagte hat das Kopieren der oben genannten Aufnahmen auch nicht rechtswidrig abgelehnt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu der zweiten Alternative der Kostenerstattung gemäß § 13 Abs.3 SGB V sind Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten (BSG vom 24.09.2996 BSGE 79, 125). § 13 Abs.3. 2. Alternative SBG V schließt eine Kostenerstattung für die Zeit vor der Leistungsablehnung generell aus. Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung, soweit sie nicht ausnahmsweise unaufschiebbar waren, sind nur zu ersetzen, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung vorher abgelehnt hatte. Dies ist hier nicht der Fall, da die Klägerin zunächst die Aufnahmen auf eigene Kosten hat kopieren lassen und sich anschließend an die Beklagte mit der Bitte um Kostenerstattung gewendet hat.

Ebenso wenig ergibt sich ein Anspruch aus der Härtefallregelung der §§ 61, 62 SGB V. Die hier streitige Leistung fällt nicht unter die dort genannten Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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