Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 KR 3/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. April 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die bei der beklagten landwirtschaftlichen Krankenkasse familienversicherte Klägerin wendet sich gegen die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung für das Kalenderjahr 1993.
Ihr Ehemann war als Landwirt Mitglied der Beklagten, die Klägerin selbst war dort ohne gesonderten Beitrag im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert. Die Klägerin hatte im Mai 1989 auf einem Fragebogen der Beklagten durch Ankreuzen angegeben, sie beziehe kein eigenes Einkommen und sei erwerbslos. Daraufhin hatte die Beklagte in einem Vermerk auf jenem Fragebogen festgehalten: "Familienversicherung besteht". Auf einem weiteren Fragebogen der Beklagten hatte der Ehemann im August 1992 mitgeteilt, die Klägerin erziele ein monatliches Einkommen in Höhe von DM 300,-, habe keine Einkünfte aus Kapitalvermögen und sei nicht selbst versichert. Nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts P. vom 15. Dezember 1994 erzielte sie im Jahr 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 6.719,- (abzüglich DM 136,- Werbungskosten). Die Beklagte beendete mit Bescheid vom 27. Mai 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1997 die Familienversicherung der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1993. Die Klägerin habe im Jahre 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, die den damaligen Grenzwert von DM 530,-/Monat überschritten hätten. Die Beklagte machte ihren Rückforderungsanspruch nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich eventuell in Anspruch genommener Leistungen geltend, räumte der Klägerin jedoch gleichzeitig die Möglichkeit ein, der Beklagten binnen dreier Monate nach Bekanntgabe des Bescheides für 1993 als freiwilliges Mitglied beizutreten.
Die Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht Kiel (SG) die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sei nach § 20 Abs 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) der Sparer-Freibetrag in Höhe von DM 6.000,- abzuziehen. Dies gelte auch im Rahmen des § 16 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), auf den § 10 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (hier nach § 7 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) 1989 anzuwenden) verweise (Hinweis ua auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 6 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG): BSG vom 13. Mai 1998 - B 14 EG 2/98 R, B 14 EG 8/97 R und B 14 EG 10/97 R (letzteres veröffentlicht in SozR 3-7833 § 6 Nr 18)). Auf die Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. April 1999). Im Gegensatz zur Regelung des § 6 BErzGG nehme § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V iVm § 16 SGB IV zwar pauschal auf das Steuerrecht Bezug, löse sich jedoch von der strengen Systematik des § 2 EStG. Bei dem Sparer-Freibetrag handele es sich nicht um Werbungskosten, sondern um einen aus wirtschafts- bzw steuerpolitischen Gründen mehr oder weniger willkürlich gegriffenen Freibetrag, der mit dem Entstehen der Einkünfte aus Kapitalvermögen in keinem Zusammenhang stehe. Es sei nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber bei derartig hohen Einkünften, die folgerichtig bei entgegenstehender Auffassung jährlich DM 12.360,- (DM 6.000,- zuzüglich der Einkommensgrenze von 12 x DM 530,-) betragen würden, eine Berechtigung zur Familienversicherung habe zulassen wollen (Hinweis auf BSG vom 9. September 1981 - 3 RK 19/80, USK 81223). Es könne offenbleiben, ob in dem Aktenvermerk der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 23. Mai 1989 über den Beginn der Familienversicherung der Klägerin ein Verwaltungsakt zu sehen sei. Die Befugnis der Beklagten zur rückwirkenden Beendigung der Familienversicherung ergebe sich jedenfalls aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm Satz 3 SGB X.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 16 SGB IV iVm § 10 Abs 1 SGB V und § 7 Abs 1 Satz 1 KVLG. Für die einzelnen Sozialbereiche (hier einerseits der des BErzGG, andererseits der des § 16 SGB IV) sei eine einheitliche Auslegung geboten. Es sei schlechterdings nicht vorstellbar, daß die gleiche Problematik in verschiedenen Sozialbereichen unterschiedlich gehandhabt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 126 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, daß das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuweisen ist.
Zwischen den Beteiligten ist lediglich streitig, ob die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid die Familienversicherung der Klägerin für das Jahr 1993 beenden, dh feststellen durfte, daß in jenem Zeitraum keine Familienversicherung bestanden hätte. Die hieraus zu ziehenden Folgerungen (insbesondere die im Bescheid geltend gemachte Rückforderung) stehen außer Streit. Die Beteiligten haben sich nach dem vom LSG in Bezug genommenen Akteninhalt dahingehend geeinigt, daß die Klägerin der Beklagten freiwillig beitritt, soweit das Jahr 1993 nicht durch eine Familienversicherung abgedeckt ist, und die entsprechenden Beiträge entrichtet; diese hat ihr die Beklagte - zinslos - gestundet (Schreiben der Beklagten vom 19. September 1997; Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 29. September und 24. Oktober 1997).
Die den angefochtenen Bescheiden der Beklagten zugrundeliegende Rechtsauffassung erweist sich insoweit als zutreffend, als jedenfalls für das Streitjahr 1993 das im Rahmen des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V maßgebliche Gesamteinkommen (§ 16 SGB IV) ohne Berücksichtigung des Steuer-Freibetrags nach § 20 Abs 4 EStG zu berechnen war. Das hat das LSG im Ergebnis zutreffend erkannt (1). Anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann jedoch noch nicht entschieden werden, ob die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide des Jahres 1997 feststellen durfte, daß im gesamten Jahr 1993 die Voraussetzungen für die Familienversicherung der Klägerin nicht vorlagen. Es fehlen Feststellungen darüber, zu welchem Zeitpunkt vorausschauend mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, daß die Einkünfte der Klägerin im Jahre 1993 den Grenzwert von DM 530,-/Monat übersteigen werden (2).
(1) Die Regelungen des § 10 SGB V über die Familienversicherung gelten für die Familienversicherung in der Krankenversicherung der Landwirte entsprechend (§ 7 Abs 1 Satz 1 KVLG 1989). Die Spezialvorschriften des § 7 Abs 1 Satz 2 bis 4 und Abs 2 KVLG sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Von den - materiellen - Voraussetzungen für die Familienversicherung ohne gesonderten Beitrag war im Kalenderjahr 1993 bei der Klägerin - rückblickend - die Voraussetzung nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V nicht erfüllt. Hiernach besteht eine Familienversicherung für den Ehegatten eines Mitglieds (nur) dann, wenn dieser kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Im Jahre 1993 erzielte die Klägerin jedoch ein Gesamteinkommen über dieser Grenze, die damals DM 530,-/Monat bzw DM 6.360,-/Jahr betrug (nach § 2 Abs 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1993 (SVBezGrV 1993) vom 22. Dezember 1992, BGBl I 2474, betrug die Bezugsgröße iS des § 18 Abs 1 SGB IV im Jahre 1993 DM 44.520,-/Jahr und DM 3.710,-/Monat). Denn nach dem maßgebenden Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes P. vom 15. Dezember 1994 erzielte die Klägerin im Jahre 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 6.583,- (DM 6.719,- abzüglich Werbungskosten in Höhe von DM 136,-).
Die Verteilung der Einkünfte innerhalb des Kalenderjahres 1993 ist insoweit unbeachtlich. Bei schwankenden Einkommen - wie bei Einkünften aus Kapitalvermögen typisch - ist für die Feststellung, ob ein Gesamteinkommen "regelmäßig im Monat" überschritten wird, vom gezwölftelten Jahreseinkommen auszugehen (vgl BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41 S 104f; s jedoch auch die Ausführungen zu (2 a)).
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens ist der Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs 4 Satz 1 EStG (im Jahre 1993: DM 6.000,-) nicht abzuziehen. Der Senat führt insoweit die bereits bestehende Rechtsprechung (BSG 3. Senat vom 9. September 1981 - 3 RK 19/80, USK 81223 S 962) zum Anspruch auf beitragsfreie Familienkrankenhilfe nach dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 205 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) fort. Bereits nach dieser Vorschrift hing ein Anspruch des Versicherten auf Leistungen für Angehörige (Familienhilfe) vom Nichtüberschreiten einer Gesamteinkommensgrenze ab. Diese war mit Wirkung vom 1. Juli 1977 durch Art 1 § 1 Nr 18 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) in § 205 RVO eingefügt worden (Abs 1 Satz 1). Sie betrug ursprünglich ein Fünftel, dann ein Sechstel und ist auf ein Siebtel der Bezugsgröße abgesenkt worden (zur Verfassungsmäßigkeit einer Einkommensgrenze Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse des Dreier-Ausschusses vom 9. Juni 1978, SozR 2200 § 205 Nrn 18 und 19). Gleichzeitig mit dem KVKG war das SGB IV in Kraft getreten, das in seinem § 16 eine für § 205 Abs 1 Satz 1 RVO und dementsprechend auch für § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V verbindliche Bestimmung des Gesamteinkommens enthält (BSG 12. Senat vom 3. Februar 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 4). Damit kann auch für die Auslegung des Begriffs "Gesamteinkommen" die bisherige Rechtsprechung zu § 16 SGB IV und § 205 RVO herangezogen werden (BSG vom 25. Februar 1997 - 12 RK 19/96, USK 9716).
Nach dem seit seinem Inkrafttreten unveränderten § 16 SGB IV ist das Gesamteinkommen "die Summe der Einkünfte iS des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen". Da im vorliegenden Fall weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen eine Rolle spielen, ist entscheidend, ob bei der Ermittlung der "Summe der Einkünfte" der Sparer-Freibetrag zu berücksichtigen ist.
Im Einkommensteuerrecht ist der Begriff "Summe der Einkünfte" eindeutig definiert: Nach § 2 Abs 1 EStG unterliegen der Einkommensteuer sieben verschiedene Einkommensarten, darunter (§ 2 Abs 1 Nr 5 EStG) Einkünfte aus Kapitalvermögen. § 2 Abs 2 EStG sagt nun, was unter dem Begriff "Einkünfte" zu verstehen ist, nämlich bei drei von den sieben Einkommensarten der Gewinn (§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG), bei den restlichen (darunter auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen) der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG). Aus den Einkünften aber ergibt sich die "Summe der Einkünfte", die nach § 2 Abs 3 EStG um bestimmte Posten vermindert (ua den Altersentlastungsbetrag) den "Gesamtbetrag der Einkünfte" ergibt. Aus diesem wiederum errechnet sich nach § 2 Abs 4 EStG, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, das "Einkommen". § 2 Abs 5 regelt dann die Ermittlung der "Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer" aus dem Einkommen, § 2 Abs 6 EStG schließlich die der "festzusetzenden Einkommensteuer" aus der "tariflichen Einkommensteuer".
Nichts anderes galt im übrigen (entgegen Klose, SGb 1998, 253, 257) bereits im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zum SGB IV (verkündet am 23. Dezember 1976, BGBl I 3845). Denn § 2 EStG hat seinen im Streitjahr 1993 maßgeblichen, oben dargestellten Inhalt (mit allenfalls kleinen, für den Begriff "Summe der Einkünfte" nicht erheblichen Abweichungen) bereits durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I 1769) erhalten. Im Urteil des 3. Senats des BSG vom 22. Juni 1979 (SozR 2200 § 205 Nr 23 S 47 ff; s ferner zB BSG vom 25. Februar 1997 - 12 RK 19/96 = USK 9716 sowie BSG 11. Senat vom 10. November 1982, SozR 5420 § 32 Nr 6 S 10) ist bereits ausführlich dargelegt, daß § 16 Halbsatz 1 SGB IV - zur Verwaltungsvereinfachung - den einkommensteuerrechtlichen Begriff der Einkünfte mit seinem fest umrissenen Bedeutungsinhalt übernehmen wollte (aA insoweit Klose aaO). Anders ist auch die Wortwahl "Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts" nicht zu erklären.
Auf der Grundlage des Steuerrechts ist weiterhin die in § 2 Abs 3 EStG definierte "Summe der Einkünfte" unter Beachtung (Abzug) des Sparer-Freibetrags zu berechnen (vgl zB das Schema bei Günther in: Dankmeyer/Giloy, EStG, § 2 RdNr 33 - Stand: 1998 - sowie neuestens Bundesfinanzhof (BFH) vom 26. September 2000 - VI R 85/99, DStR 2000, 1950, zur Berücksichtigung des Sparer-Freibetrags bei der Gewährung des Kindergeldes). Denn wie wiederum die "Einkünfte aus Kapitalvermögen" iS des § 2 Abs 1 Nr 5 zu ermitteln sind, sagt § 20 EStG und damit ua auch dessen Abs 4 Sätze 1 und 2: "Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach Abzug der Werbungskosten ein Betrag von 6.000 Deutsche Mark abzuziehen (Sparer-Freibetrag). Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Freibetrag von 12.000 Deutsche Mark gewährt" (Gesetzesfassung im hier streitigen Jahr 1993). Bei der Bemessung der "Summe der Einkünfte" iS des § 2 Abs 3 EStG spielt keine Rolle, daß es sich bei dem Sparer-Freibetrag nicht um Werbungskosten handelt, über die hinaus, folgt man strikt dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Nr 2 EStG, nichts von den "Einnahmen" abgesetzt werden dürfte, um die "Einkünfte" aus Kapitalvermögen zu ermitteln.
Gleichwohl nötigt diese Erkenntnis jedenfalls für das Streitjahr 1993 nicht zum Abzug des Sparer-Freibetrags bei Ermittlung des Gesamteinkommens auf der Grundlage von Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies folgt aus § 15 SGB IV in seiner damals geltenden Fassung.
Die Regelung des § 15 Satz 2 SGB IV bestimmte in ihrer ursprünglichen, vom 1. Juli 1977 bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung (Gesetz vom 23. Dezember 1976, BGBl I 3845) für das in Satz 1 jener Vorschrift geregelte Arbeitseinkommen: "Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen." Der Senat schließt sich der früheren Rechtsprechung des BSG an, daß die Vorschrift des § 15 Satz 2 SGB IV aF nicht nur auf das Arbeitseinkommen und auch nicht nur bei der Ermittlung jener Einkünfte anzuwenden war, bei denen es auf den Gewinn ankommt; vielmehr waren im Rahmen des Sozialrechts steuerliche Vergünstigungen darüber hinaus bei allen Einkunftsarten unberücksichtigt zu lassen (BSG 3. Senat vom 22. Juli 1981, SozR 2200 § 205 Nr 43 S 114, und vom 26. Oktober 1982, SozR 2200 § 205 Nr 52 S 144).
Bei dem Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs 4 Satz 1 EStG handelt es sich um eine derartige steuerliche Vergünstigung. Mit diesem Begriff sind solche Vergünstigungen bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gemeint, die in Abweichung von den üblichen Regelungen der Gewinnermittlung besondere Vorteile einräumen, die im wesentlichen nicht der möglichst wirklichkeitsnahen Erfassung des Gewinns, sondern der Förderung bestimmter Sozialzwecke dienen (vgl BSG vom 31. August 1993 - 4 RLw 2/92, Die Beiträge 1994, 474, 476 f; BSG vom 8. Dezember 1988, BSGE 64, 213, 217 = SozR 2100 § 15 Nr 10; BSG vom 17. Juli 1985, BSGE 58, 277, 280 = SozR 2100 § 15 Nr 8; BSG vom 9. März 1982, BSGE 53, 138, 141 ff = SozR 2100 § 15 Nr 5). Dieser Definition entspricht der Sparer-Freibetrag.
Wie im bereits zitierten Urteil des 3. Senats des BSG vom 9. September 1981 (3 RK 19/80 - USK 81223 S 962) herausgestellt, handelt es sich bei dem Sparer-Freibetrag nicht um einen - auch nicht pauschalierten - Werbungskostenbetrag oder einen sonstigen, dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstandenen Aufwendungsbetrag. Vielmehr soll der Freibetrag ein Sockel-Sparvermögen steuerlich schonen (so bereits BT-Drucks 7/1470 S 220, zur ursprünglichen Höhe dieses Freibetrages von DM 300,-, für Eheleute DM 600,-). Die Anhebung des Sparer-Freibetrages auf seine auch im Streitjahr 1993 maßgebende Höhe (DM 6.000,-; für Eheleute DM 12.000,-) durch das Zinsabschlaggesetz vom 9. November 1992 (BGBl I 1853) war von der Überlegung bestimmt, die vom BVerfG (Urteil vom 27. Juni 1991, BVerfGE 84, 239) geforderte Gleichstellung von Zins- mit anderen Einkünften zu gewährleisten. Dem entspreche ein anrechenbarer Steuerabzug mit Vorauszahlungscharakter (Zinsabschlag) iVm mit kräftig angehobenen Sparer-Freibeträgen am besten: "Dieses Verfahren schont den Kapitalmarkt, befreit kleinere und mittlere Zinseinkommen von der Einkommensteuer, ist mit angemessenem Verwaltungsaufwand durchführbar ..." (BT-Drucks 12/2501 S 111); hierbei berücksichtige die Höhe der Sparer-Freibeträge "insbesondere die Geldwertabhängigkeit und damit die gesteigerte Inflationsanfälligkeit der Einkunftsart Kapitalvermögen (sowie) den Gesichtspunkt der Kapitalbildung als Quelle der Altersversorgung oder als sonstige existenzsichernde Versorgungsgrundlage" (BT-Drucks 12/2690 S 13). Zudem blieben durch die Verzehnfachung des Sparer-Freibetrages ca 80 vH der Zinsempfänger insoweit steuerfrei, so daß die Voraussetzungen für eine individuelle Überprüfung der verbleibenden Steuerpflichtigen erheblich verbessert würden (BT-Drucks 12/2736 S 32). Alle diese Erwägungen belegen, daß mit dem Sparer-Freibetrag nicht (auch nicht pauschaliert) solche Einkünfte des Steuerpflichtigen, die ihm nicht zur Verfügung stehen, von der Besteuerung ausgenommen werden sollten, sondern daß hiervon unabhängig finanzpolitische Zwecke verfolgt wurden.
Der Senat sieht sich bei seiner rechtlichen Beurteilung nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG zur Regelung des § 6 Abs 1 BErzGG, auf die das SG entscheidend abgestellt hat. Für die in § 6 Abs 1 BErzGG enthaltene Wendung "Summe der ... Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes" geht der 14. Senat zwar von der erforderlichen Berücksichtigung (dem Abzug) des Sparer-Freibetrags nach § 20 Abs 4 EStG aus. Im Gegensatz zur Rechtslage bei Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 16 SGB IV war jedoch für diese rechtliche Beurteilung maßgebend, daß die früheren Fassungen des BErzGG ausdrücklich auf die "positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2" EStG abgestellt hatten, "und zwar so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind". Aus der Entstehungsgeschichte des § 6 BErzGG in der für ihn maßgeblichen Fassung hatte der 14. Senat (vor allem im Urteil vom 13. Mai 1998 - B 14 EG 10/97 R, SozR 3-7833 § 6 Nr 18 S 104 ff) abgeleitet, daß diese Fassung insofern keine Neuregelung bringen wollte. Hieraus folgerte er, daß auch weiterhin von einer strengen Bindung an steuerrechtliche Vorgaben auszugehen war. Demgegenüber läßt sich jedoch, wie dargelegt, den Regelungen des § 16 SGB IV und des § 15 SGB IV aF keine derartige Bindung an das materielle Steuerrecht oder gar, darüber hinaus, an den Inhalt der Steuerbescheide entnehmen (s BSG 3. Senat vom 6. August 1987, BSGE 62, 90, 92 = SozR 2200 § 205 Nr 63).
Der Senat kann offenlassen, ob nach der ab 1. Januar 1995 geltenden Neufassung des § 15 SGB IV durch Art 3 Nr 2 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) (vom 29. Juli 1994, BGBl I 1890) etwas Abweichendes gilt. Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, inwieweit bei der Gewinnermittlung steuerliche Vergünstigungen zu Buche geschlagen haben; vielmehr stellt § 15 Abs 1 SGB IV nF allein auf die steuerrechtliche Behandlung ab (vgl das Senatsurteil vom 27. August 1998 - B 10 LW 8/97 R, Die Beiträge Beilage 1999, 195, 199; insoweit einschränkend für die Zuordnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit BSG 4. Senat vom 27. Januar 1999, SozR 3-2400 § 15 Nr 6).
Im vorliegenden Fall ist demgemäß nicht zu entscheiden, ob sich das bis zum 31. Dezember 1994 bereits aus § 15 Satz 2 SGB IV herzuleitende Ergebnis auch aus der darüber hinaus geltenden Regelung des § 17 Abs 1 SGB IV ergibt (vgl zu dieser Vorschrift die Urteile des 3. Senats des BSG vom 22. Juni 1979, SozR 2200 § 205 Nr 23 S 49 und vom 6. August 1987, BSGE 62, 90, 93 = SozR 2200 § 205 Nr 63).
(2) Der Senat kann jedoch noch nicht abschließend entscheiden, ob die Beklagte berechtigt war, mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1997 die Familienversicherung der Klägerin rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr 1993 zu "beenden", dh festzustellen, daß die Klägerin vom 1. Januar bis 31. Dezember 1993 keinen Anspruch auf Familienversicherung hatte.
(a) Bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht - und um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung - ist grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt (Peters in: Kasseler Komm, § 10 SGB V RdNr 19; Stand: 2000): Der Betreffende muß beim Entfallen der Familienversicherung für eine anderweitige Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit zuverlässig wissen, wie und wo er versichert ist. Dies erfordert eine Prognose unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das hierbei gewonnene Ergebnis bleibt dann auch verbindlich, wenn die Entwicklung später anders verläuft als angenommen (noch zu § 205 RVO: BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41 S 102 f mwN). Die Änderung kann jedoch Anlaß für eine neue Prüfung und - wiederum vorausschauende - Beurteilung sein (Peters aaO § 6 SGB V RdNr 11, Stand: 2000).
Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen (vgl BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41, sowie vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52; hier ergibt sich jeweils aus den vollständigen Gründen (insoweit in SozR nicht abgedruckt), daß rückwirkende Feststellungen streitig waren): Auch dann bestand - rückblickend - nur für solche Zeiträume keine Familienversicherung, zu deren Beginn - ggf anhand der durchschnittlichen Verhältnisse der vergangenen Zeit - bereits absehbar war, daß die insoweit geltenden Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt würden. Beruhten zB die Kapitaleinkünfte der Klägerin im Jahre 1993 (in Höhe von ca DM 6.700,-) auf einem bereits im Dezember 1992 vorhandenen und festverzinslich zu 6,7 % angelegten Kapital von ca DM 100.000,-, so bestand - auch rückblickend - während des gesamten Jahres 1993 keine Familienversicherung. Anders hingegen, wenn die gesamten Kapitaleinkünfte dadurch erzielt wurden, daß das zum genannten Zinssatz angelegte Kapital zunächst nur DM 50.000,- betrug und erst zum 1. Juli 1993 (etwa durch eine Erbschaft) auf DM 150.000,- anwuchs: Dann dürfte eine Familienversicherung erst in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr bestanden haben. Die entsprechenden Verhältnisse im Fall der Klägerin wird das LSG noch aufzuklären haben.
(b) Soweit jedoch - nach den obigen Maßstäben - materiell-rechtlich keine Familienversicherung bestand, war die Beklagte nicht gehindert, dies auch rückwirkend durch den angefochtenen Bescheid des Jahres 1997 festzustellen.
Ein Verwaltungsakt der Beklagten über das Bestehen der Familienversicherung ist nicht ergangen. Die Klägerin hat sich auf eine entsprechende ausdrückliche Entscheidung der Beklagten nicht berufen. Auch das LSG hat insoweit lediglich offengelassen, "ob in dem Aktenvermerk der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 23. Mai 1989 über den Beginn der Familienversicherung der Klägerin ein Verwaltungsakt zu sehen" sei. Die hierdurch aufgeworfene Frage ist jedoch zu verneinen. Das Berufungsurteil nimmt zur Ergänzung des Tatbestands ua auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug. Hiernach aber wurde jener Vermerk - unter dem Datum vom 2. Juni 1989 - auf dem Schreiben angebracht, nachdem es - von der Klägerin am 23. Mai 1989 ausgefüllt - am 24. Mai 1989 wieder bei der Beklagten eingegangen war; im Vermerk ist ferner bei der vorgedruckten Wendung "Bescheid erteilt" das hierfür vorgesehene Kästchen nicht angekreuzt. Dies läßt nur den Schluß zu, daß es sich um einen rein internen Vermerk gehandelt hat, der weder der Klägerin noch ihrem Ehemann (als Stammversicherten) bekanntgegeben wurde. Ohne Bekanntgabe (§ 37 SGB X) aber ist ein Verwaltungsakt nicht existent (vgl § 39 Abs 1 SGB X).
Liegt jedoch ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, ist die Krankenkasse nicht gehindert, rückwirkend festzustellen, daß ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt eine Familienversicherung nicht bestanden hat. Der Senat schließt sich insoweit der bisherigen Rechtsprechung des BSG an.
Der 12. Senat des BSG hat - ebenso wie bereits mehrfach der zuvor insoweit zuständige 3. Senat hinsichtlich der Familienhilfe nach § 205 RVO (s zB die Urteile vom 29. Januar 1980, SozR 2200 § 205 Nr 33; vom 4. Juni 1981, SozR aaO Nr 41; vom 28. Oktober 1981, SozR aaO Nr 45; vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52 und vom 6. August 1987, BSGE 62, 90 = SozR aaO Nr 63) - Bescheide über die rückwirkende Feststellung, daß keine Familienversicherung nach § 10 SGB V mehr bestanden habe, nicht beanstandet (BSG vom 3. Februar 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 4; vom 30. August 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 6) und dies damit begründet, daß kein anderweitiger bindender Verwaltungsakt entgegenstehe (insbes Urteil vom 30. August 1994, aaO S 20 unten).
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 12. Senats auch insoweit an, als dieser - konkludent - im Aushändigen von Krankenscheinen oder der Krankenversichertenkarte (§§ 15, 291 SGB V) keinen Verwaltungsakt über das Versicherungsverhältnis sieht (sonst hätte in den genannten Fällen im Zweifel ein Verwaltungsakt über die Familienversicherung vorgelegen oder zumindest vorliegen können).
Dieser Lösung stehen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder der Besonderheiten der Statusentscheidungen im Versicherungsverhältnis (s hierzu oben unter a) nicht entgegen.
Die insoweit geltenden Grundsätze wollen die Betroffenen davor schützen, daß sie plötzlich rückwirkend ohne Versicherungsschutz dastehen und deshalb Rückforderungen in - möglicherweise - existenzbedrohender Höhe für erbrachte Leistungen ausgesetzt sind, ohne die Möglichkeit zu haben, sich hiergegen - nachträglich - durch den Abschluß einer privaten Krankenversicherung oder durch einen freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern. Diese Gesichtspunkte haben ihren Platz bei der Entscheidung, inwieweit die Regeln der §§ 44 ff (insbes § 45 und § 48 Abs 1) SGB X anzuwenden sind, wenn bereits ein bestandskräftiger Verwaltungsakt über den Status im Versicherungsverhältnis ergangen ist. Sie bedürfen jedoch keiner Erörterung bei der - hier zu prüfenden - rückwirkenden Feststellung, es habe keine Familienversicherung bestanden, wenn hierüber noch kein Verwaltungsakt ergangen war. Dann werden sie erst bei der - denknotwendigerweise nachgelagerten - Entscheidung relevant, inwieweit aufgrund fehlerhaft angenommener Familienversicherung erbrachte Leistungen zurückzufordern sind; (erst) hier gelten nach § 50 Abs 2 Satz 2 SGB X die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend (hierzu BSG vom 24. Januar 1995, BSGE 75, 291, 292 f = SozR 3-1300 § 50 Nr 17 mwN).
Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß sich die Problematik einer (entsprechenden) Anwendung der §§ 45, 48 SGB X bei der Rückabwicklung einer fehlerhaften Familienversicherung dann nicht mehr - oder nicht mehr in vollem Ausmaß - stellen dürfte, wenn die Krankenkassen in Fällen wie dem vorliegenden verpflichtet wären, den Betroffenen die rückwirkende Begründung einer freiwilligen Krankenversicherung anzubieten (wie es die Beklagte im angefochtenen Bescheid getan hat und worauf die Klägerin nach dem Akteninhalt auch - vorbehaltlich des Ausgangs des vorliegenden Rechtsstreits - eingegangen ist). Damit könnten etwaige Bedenken entkräftet werden, es komme bei rückwirkender Entziehung der Familienversicherung zu unzumutbaren Auswirkungen auf den Betroffenen.
Für eine derartige Rechtsanwendung - über die im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden ist - spricht nach Auffassung des Senats einiges:
Nach § 9 Abs 1 Nr 2 SGB V können der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beitreten ua "Personen, deren Versicherung nach § 10 erlischt"; der Beitritt ist der Krankenkasse "innerhalb von drei Monaten ... nach Beendigung der Versicherung" anzuzeigen (§ 9 Abs 2 Nr 2 SGB V). In den Fällen der rückwirkenden Beendigung der Familienversicherung dürfte diese Regelung in der Form anzuwenden sein, daß die Dreimonatsfrist erst mit der Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides beginnt, nicht jedoch bereits zu dem, in der Vergangenheit liegenden, Zeitpunkt des Beginns der Rückwirkung. Denn ein Anlaß für die Ausübung jenes Gestaltungsrechts besteht erst mit der Entscheidung der Krankenkasse über die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung (vgl zu einer entsprechenden Fallkonstellation Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 22/99 R mwN). Bei Erlaß eines die Versicherung - auch rückwirkend - beendenden Verwaltungsakts obläge es dann auch der Krankenkasse, den Betroffenen auf die erläuterte Möglichkeit hinzuweisen; anderenfalls stünde dem Betroffenen uU der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Seite.
Inwieweit bei einer derartigen rückwirkenden freiwilligen Versicherung auch die Vorversicherungszeit nach § 9 Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 SGB V vorliegen muß, braucht der Senat ebensowenig zu entscheiden: Insoweit kommt hinzu, daß diese Einschränkung der Weiterversicherungsmöglichkeit früher Familienversicherter erst mit Wirkung ab 1. Januar 2000 durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) eingeführt worden ist, also im hier maßgeblichen Zeitraum noch nicht galt. Gleichermaßen offen kann der Senat lassen, ob auch solchen Betroffenen die Möglichkeit einer nachträglichen freiwilligen Weiterversicherung einzuräumen ist, deren Familienversicherung mit wissentlich falschen Angaben vorsätzlich erschlichen wurde.
Mit der vorliegenden Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des früher für die Krankenversicherung der Landwirte zuständigen 4. Senats des BSG vom 16. November 1995 (BSGE 77, 86 = SozR 3-5405 Art 59 Nr 1). Dieser Entscheidung läßt sich kein Rechtssatz entnehmen, daß eine rückwirkende Entziehung der Familienversicherung generell - auch zB bei falschen Angaben des Versicherten - nicht möglich sei. Vielmehr legte der 4. Senat (BSGE aaO 90 ff) die von ihm geprüfte Übergangsregelung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) dahingehend aus, daß dem durch den Wegfall der Familienhilfe der RVO betroffenen Personenkreis ein risikoloses Wahlrecht zwischen dem Abschluß eines privaten Krankenversicherungsvertrages und dem freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung zustehen sollte. Die Gesetzesänderung könne mithin Rechtswirkungen erst für die Zukunft, mit Bekanntgabe des sie umsetzenden Verwaltungsakts, entfalten. Eine derartige Änderung der Rechtslage könne nicht im Wege eines Selbstvollzugs des Gesetzes umgesetzt werden. Mit jener Fallgestaltung läßt sich die vorliegende nicht vergleichen.
Dem LSG obliegt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I
Die bei der beklagten landwirtschaftlichen Krankenkasse familienversicherte Klägerin wendet sich gegen die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung für das Kalenderjahr 1993.
Ihr Ehemann war als Landwirt Mitglied der Beklagten, die Klägerin selbst war dort ohne gesonderten Beitrag im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert. Die Klägerin hatte im Mai 1989 auf einem Fragebogen der Beklagten durch Ankreuzen angegeben, sie beziehe kein eigenes Einkommen und sei erwerbslos. Daraufhin hatte die Beklagte in einem Vermerk auf jenem Fragebogen festgehalten: "Familienversicherung besteht". Auf einem weiteren Fragebogen der Beklagten hatte der Ehemann im August 1992 mitgeteilt, die Klägerin erziele ein monatliches Einkommen in Höhe von DM 300,-, habe keine Einkünfte aus Kapitalvermögen und sei nicht selbst versichert. Nach dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts P. vom 15. Dezember 1994 erzielte sie im Jahr 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 6.719,- (abzüglich DM 136,- Werbungskosten). Die Beklagte beendete mit Bescheid vom 27. Mai 1997 idF des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1997 die Familienversicherung der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1993. Die Klägerin habe im Jahre 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, die den damaligen Grenzwert von DM 530,-/Monat überschritten hätten. Die Beklagte machte ihren Rückforderungsanspruch nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich eventuell in Anspruch genommener Leistungen geltend, räumte der Klägerin jedoch gleichzeitig die Möglichkeit ein, der Beklagten binnen dreier Monate nach Bekanntgabe des Bescheides für 1993 als freiwilliges Mitglied beizutreten.
Die Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 28. Mai 1998 hat das Sozialgericht Kiel (SG) die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sei nach § 20 Abs 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) der Sparer-Freibetrag in Höhe von DM 6.000,- abzuziehen. Dies gelte auch im Rahmen des § 16 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), auf den § 10 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) (hier nach § 7 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) 1989 anzuwenden) verweise (Hinweis ua auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 6 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG): BSG vom 13. Mai 1998 - B 14 EG 2/98 R, B 14 EG 8/97 R und B 14 EG 10/97 R (letzteres veröffentlicht in SozR 3-7833 § 6 Nr 18)). Auf die Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. April 1999). Im Gegensatz zur Regelung des § 6 BErzGG nehme § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V iVm § 16 SGB IV zwar pauschal auf das Steuerrecht Bezug, löse sich jedoch von der strengen Systematik des § 2 EStG. Bei dem Sparer-Freibetrag handele es sich nicht um Werbungskosten, sondern um einen aus wirtschafts- bzw steuerpolitischen Gründen mehr oder weniger willkürlich gegriffenen Freibetrag, der mit dem Entstehen der Einkünfte aus Kapitalvermögen in keinem Zusammenhang stehe. Es sei nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber bei derartig hohen Einkünften, die folgerichtig bei entgegenstehender Auffassung jährlich DM 12.360,- (DM 6.000,- zuzüglich der Einkommensgrenze von 12 x DM 530,-) betragen würden, eine Berechtigung zur Familienversicherung habe zulassen wollen (Hinweis auf BSG vom 9. September 1981 - 3 RK 19/80, USK 81223). Es könne offenbleiben, ob in dem Aktenvermerk der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 23. Mai 1989 über den Beginn der Familienversicherung der Klägerin ein Verwaltungsakt zu sehen sei. Die Befugnis der Beklagten zur rückwirkenden Beendigung der Familienversicherung ergebe sich jedenfalls aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm Satz 3 SGB X.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 16 SGB IV iVm § 10 Abs 1 SGB V und § 7 Abs 1 Satz 1 KVLG. Für die einzelnen Sozialbereiche (hier einerseits der des BErzGG, andererseits der des § 16 SGB IV) sei eine einheitliche Auslegung geboten. Es sei schlechterdings nicht vorstellbar, daß die gleiche Problematik in verschiedenen Sozialbereichen unterschiedlich gehandhabt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 126 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, daß das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuweisen ist.
Zwischen den Beteiligten ist lediglich streitig, ob die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid die Familienversicherung der Klägerin für das Jahr 1993 beenden, dh feststellen durfte, daß in jenem Zeitraum keine Familienversicherung bestanden hätte. Die hieraus zu ziehenden Folgerungen (insbesondere die im Bescheid geltend gemachte Rückforderung) stehen außer Streit. Die Beteiligten haben sich nach dem vom LSG in Bezug genommenen Akteninhalt dahingehend geeinigt, daß die Klägerin der Beklagten freiwillig beitritt, soweit das Jahr 1993 nicht durch eine Familienversicherung abgedeckt ist, und die entsprechenden Beiträge entrichtet; diese hat ihr die Beklagte - zinslos - gestundet (Schreiben der Beklagten vom 19. September 1997; Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 29. September und 24. Oktober 1997).
Die den angefochtenen Bescheiden der Beklagten zugrundeliegende Rechtsauffassung erweist sich insoweit als zutreffend, als jedenfalls für das Streitjahr 1993 das im Rahmen des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V maßgebliche Gesamteinkommen (§ 16 SGB IV) ohne Berücksichtigung des Steuer-Freibetrags nach § 20 Abs 4 EStG zu berechnen war. Das hat das LSG im Ergebnis zutreffend erkannt (1). Anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann jedoch noch nicht entschieden werden, ob die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide des Jahres 1997 feststellen durfte, daß im gesamten Jahr 1993 die Voraussetzungen für die Familienversicherung der Klägerin nicht vorlagen. Es fehlen Feststellungen darüber, zu welchem Zeitpunkt vorausschauend mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, daß die Einkünfte der Klägerin im Jahre 1993 den Grenzwert von DM 530,-/Monat übersteigen werden (2).
(1) Die Regelungen des § 10 SGB V über die Familienversicherung gelten für die Familienversicherung in der Krankenversicherung der Landwirte entsprechend (§ 7 Abs 1 Satz 1 KVLG 1989). Die Spezialvorschriften des § 7 Abs 1 Satz 2 bis 4 und Abs 2 KVLG sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Von den - materiellen - Voraussetzungen für die Familienversicherung ohne gesonderten Beitrag war im Kalenderjahr 1993 bei der Klägerin - rückblickend - die Voraussetzung nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V nicht erfüllt. Hiernach besteht eine Familienversicherung für den Ehegatten eines Mitglieds (nur) dann, wenn dieser kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Im Jahre 1993 erzielte die Klägerin jedoch ein Gesamteinkommen über dieser Grenze, die damals DM 530,-/Monat bzw DM 6.360,-/Jahr betrug (nach § 2 Abs 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1993 (SVBezGrV 1993) vom 22. Dezember 1992, BGBl I 2474, betrug die Bezugsgröße iS des § 18 Abs 1 SGB IV im Jahre 1993 DM 44.520,-/Jahr und DM 3.710,-/Monat). Denn nach dem maßgebenden Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes P. vom 15. Dezember 1994 erzielte die Klägerin im Jahre 1993 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 6.583,- (DM 6.719,- abzüglich Werbungskosten in Höhe von DM 136,-).
Die Verteilung der Einkünfte innerhalb des Kalenderjahres 1993 ist insoweit unbeachtlich. Bei schwankenden Einkommen - wie bei Einkünften aus Kapitalvermögen typisch - ist für die Feststellung, ob ein Gesamteinkommen "regelmäßig im Monat" überschritten wird, vom gezwölftelten Jahreseinkommen auszugehen (vgl BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41 S 104f; s jedoch auch die Ausführungen zu (2 a)).
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens ist der Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs 4 Satz 1 EStG (im Jahre 1993: DM 6.000,-) nicht abzuziehen. Der Senat führt insoweit die bereits bestehende Rechtsprechung (BSG 3. Senat vom 9. September 1981 - 3 RK 19/80, USK 81223 S 962) zum Anspruch auf beitragsfreie Familienkrankenhilfe nach dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 205 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) fort. Bereits nach dieser Vorschrift hing ein Anspruch des Versicherten auf Leistungen für Angehörige (Familienhilfe) vom Nichtüberschreiten einer Gesamteinkommensgrenze ab. Diese war mit Wirkung vom 1. Juli 1977 durch Art 1 § 1 Nr 18 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) in § 205 RVO eingefügt worden (Abs 1 Satz 1). Sie betrug ursprünglich ein Fünftel, dann ein Sechstel und ist auf ein Siebtel der Bezugsgröße abgesenkt worden (zur Verfassungsmäßigkeit einer Einkommensgrenze Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse des Dreier-Ausschusses vom 9. Juni 1978, SozR 2200 § 205 Nrn 18 und 19). Gleichzeitig mit dem KVKG war das SGB IV in Kraft getreten, das in seinem § 16 eine für § 205 Abs 1 Satz 1 RVO und dementsprechend auch für § 10 Abs 1 Nr 5 SGB V verbindliche Bestimmung des Gesamteinkommens enthält (BSG 12. Senat vom 3. Februar 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 4). Damit kann auch für die Auslegung des Begriffs "Gesamteinkommen" die bisherige Rechtsprechung zu § 16 SGB IV und § 205 RVO herangezogen werden (BSG vom 25. Februar 1997 - 12 RK 19/96, USK 9716).
Nach dem seit seinem Inkrafttreten unveränderten § 16 SGB IV ist das Gesamteinkommen "die Summe der Einkünfte iS des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen". Da im vorliegenden Fall weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen eine Rolle spielen, ist entscheidend, ob bei der Ermittlung der "Summe der Einkünfte" der Sparer-Freibetrag zu berücksichtigen ist.
Im Einkommensteuerrecht ist der Begriff "Summe der Einkünfte" eindeutig definiert: Nach § 2 Abs 1 EStG unterliegen der Einkommensteuer sieben verschiedene Einkommensarten, darunter (§ 2 Abs 1 Nr 5 EStG) Einkünfte aus Kapitalvermögen. § 2 Abs 2 EStG sagt nun, was unter dem Begriff "Einkünfte" zu verstehen ist, nämlich bei drei von den sieben Einkommensarten der Gewinn (§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG), bei den restlichen (darunter auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen) der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG). Aus den Einkünften aber ergibt sich die "Summe der Einkünfte", die nach § 2 Abs 3 EStG um bestimmte Posten vermindert (ua den Altersentlastungsbetrag) den "Gesamtbetrag der Einkünfte" ergibt. Aus diesem wiederum errechnet sich nach § 2 Abs 4 EStG, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, das "Einkommen". § 2 Abs 5 regelt dann die Ermittlung der "Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer" aus dem Einkommen, § 2 Abs 6 EStG schließlich die der "festzusetzenden Einkommensteuer" aus der "tariflichen Einkommensteuer".
Nichts anderes galt im übrigen (entgegen Klose, SGb 1998, 253, 257) bereits im Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zum SGB IV (verkündet am 23. Dezember 1976, BGBl I 3845). Denn § 2 EStG hat seinen im Streitjahr 1993 maßgeblichen, oben dargestellten Inhalt (mit allenfalls kleinen, für den Begriff "Summe der Einkünfte" nicht erheblichen Abweichungen) bereits durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I 1769) erhalten. Im Urteil des 3. Senats des BSG vom 22. Juni 1979 (SozR 2200 § 205 Nr 23 S 47 ff; s ferner zB BSG vom 25. Februar 1997 - 12 RK 19/96 = USK 9716 sowie BSG 11. Senat vom 10. November 1982, SozR 5420 § 32 Nr 6 S 10) ist bereits ausführlich dargelegt, daß § 16 Halbsatz 1 SGB IV - zur Verwaltungsvereinfachung - den einkommensteuerrechtlichen Begriff der Einkünfte mit seinem fest umrissenen Bedeutungsinhalt übernehmen wollte (aA insoweit Klose aaO). Anders ist auch die Wortwahl "Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts" nicht zu erklären.
Auf der Grundlage des Steuerrechts ist weiterhin die in § 2 Abs 3 EStG definierte "Summe der Einkünfte" unter Beachtung (Abzug) des Sparer-Freibetrags zu berechnen (vgl zB das Schema bei Günther in: Dankmeyer/Giloy, EStG, § 2 RdNr 33 - Stand: 1998 - sowie neuestens Bundesfinanzhof (BFH) vom 26. September 2000 - VI R 85/99, DStR 2000, 1950, zur Berücksichtigung des Sparer-Freibetrags bei der Gewährung des Kindergeldes). Denn wie wiederum die "Einkünfte aus Kapitalvermögen" iS des § 2 Abs 1 Nr 5 zu ermitteln sind, sagt § 20 EStG und damit ua auch dessen Abs 4 Sätze 1 und 2: "Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach Abzug der Werbungskosten ein Betrag von 6.000 Deutsche Mark abzuziehen (Sparer-Freibetrag). Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, wird ein gemeinsamer Sparer-Freibetrag von 12.000 Deutsche Mark gewährt" (Gesetzesfassung im hier streitigen Jahr 1993). Bei der Bemessung der "Summe der Einkünfte" iS des § 2 Abs 3 EStG spielt keine Rolle, daß es sich bei dem Sparer-Freibetrag nicht um Werbungskosten handelt, über die hinaus, folgt man strikt dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Nr 2 EStG, nichts von den "Einnahmen" abgesetzt werden dürfte, um die "Einkünfte" aus Kapitalvermögen zu ermitteln.
Gleichwohl nötigt diese Erkenntnis jedenfalls für das Streitjahr 1993 nicht zum Abzug des Sparer-Freibetrags bei Ermittlung des Gesamteinkommens auf der Grundlage von Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies folgt aus § 15 SGB IV in seiner damals geltenden Fassung.
Die Regelung des § 15 Satz 2 SGB IV bestimmte in ihrer ursprünglichen, vom 1. Juli 1977 bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung (Gesetz vom 23. Dezember 1976, BGBl I 3845) für das in Satz 1 jener Vorschrift geregelte Arbeitseinkommen: "Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen." Der Senat schließt sich der früheren Rechtsprechung des BSG an, daß die Vorschrift des § 15 Satz 2 SGB IV aF nicht nur auf das Arbeitseinkommen und auch nicht nur bei der Ermittlung jener Einkünfte anzuwenden war, bei denen es auf den Gewinn ankommt; vielmehr waren im Rahmen des Sozialrechts steuerliche Vergünstigungen darüber hinaus bei allen Einkunftsarten unberücksichtigt zu lassen (BSG 3. Senat vom 22. Juli 1981, SozR 2200 § 205 Nr 43 S 114, und vom 26. Oktober 1982, SozR 2200 § 205 Nr 52 S 144).
Bei dem Sparer-Freibetrag nach § 20 Abs 4 Satz 1 EStG handelt es sich um eine derartige steuerliche Vergünstigung. Mit diesem Begriff sind solche Vergünstigungen bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gemeint, die in Abweichung von den üblichen Regelungen der Gewinnermittlung besondere Vorteile einräumen, die im wesentlichen nicht der möglichst wirklichkeitsnahen Erfassung des Gewinns, sondern der Förderung bestimmter Sozialzwecke dienen (vgl BSG vom 31. August 1993 - 4 RLw 2/92, Die Beiträge 1994, 474, 476 f; BSG vom 8. Dezember 1988, BSGE 64, 213, 217 = SozR 2100 § 15 Nr 10; BSG vom 17. Juli 1985, BSGE 58, 277, 280 = SozR 2100 § 15 Nr 8; BSG vom 9. März 1982, BSGE 53, 138, 141 ff = SozR 2100 § 15 Nr 5). Dieser Definition entspricht der Sparer-Freibetrag.
Wie im bereits zitierten Urteil des 3. Senats des BSG vom 9. September 1981 (3 RK 19/80 - USK 81223 S 962) herausgestellt, handelt es sich bei dem Sparer-Freibetrag nicht um einen - auch nicht pauschalierten - Werbungskostenbetrag oder einen sonstigen, dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstandenen Aufwendungsbetrag. Vielmehr soll der Freibetrag ein Sockel-Sparvermögen steuerlich schonen (so bereits BT-Drucks 7/1470 S 220, zur ursprünglichen Höhe dieses Freibetrages von DM 300,-, für Eheleute DM 600,-). Die Anhebung des Sparer-Freibetrages auf seine auch im Streitjahr 1993 maßgebende Höhe (DM 6.000,-; für Eheleute DM 12.000,-) durch das Zinsabschlaggesetz vom 9. November 1992 (BGBl I 1853) war von der Überlegung bestimmt, die vom BVerfG (Urteil vom 27. Juni 1991, BVerfGE 84, 239) geforderte Gleichstellung von Zins- mit anderen Einkünften zu gewährleisten. Dem entspreche ein anrechenbarer Steuerabzug mit Vorauszahlungscharakter (Zinsabschlag) iVm mit kräftig angehobenen Sparer-Freibeträgen am besten: "Dieses Verfahren schont den Kapitalmarkt, befreit kleinere und mittlere Zinseinkommen von der Einkommensteuer, ist mit angemessenem Verwaltungsaufwand durchführbar ..." (BT-Drucks 12/2501 S 111); hierbei berücksichtige die Höhe der Sparer-Freibeträge "insbesondere die Geldwertabhängigkeit und damit die gesteigerte Inflationsanfälligkeit der Einkunftsart Kapitalvermögen (sowie) den Gesichtspunkt der Kapitalbildung als Quelle der Altersversorgung oder als sonstige existenzsichernde Versorgungsgrundlage" (BT-Drucks 12/2690 S 13). Zudem blieben durch die Verzehnfachung des Sparer-Freibetrages ca 80 vH der Zinsempfänger insoweit steuerfrei, so daß die Voraussetzungen für eine individuelle Überprüfung der verbleibenden Steuerpflichtigen erheblich verbessert würden (BT-Drucks 12/2736 S 32). Alle diese Erwägungen belegen, daß mit dem Sparer-Freibetrag nicht (auch nicht pauschaliert) solche Einkünfte des Steuerpflichtigen, die ihm nicht zur Verfügung stehen, von der Besteuerung ausgenommen werden sollten, sondern daß hiervon unabhängig finanzpolitische Zwecke verfolgt wurden.
Der Senat sieht sich bei seiner rechtlichen Beurteilung nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG zur Regelung des § 6 Abs 1 BErzGG, auf die das SG entscheidend abgestellt hat. Für die in § 6 Abs 1 BErzGG enthaltene Wendung "Summe der ... Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes" geht der 14. Senat zwar von der erforderlichen Berücksichtigung (dem Abzug) des Sparer-Freibetrags nach § 20 Abs 4 EStG aus. Im Gegensatz zur Rechtslage bei Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 16 SGB IV war jedoch für diese rechtliche Beurteilung maßgebend, daß die früheren Fassungen des BErzGG ausdrücklich auf die "positiven Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und 2" EStG abgestellt hatten, "und zwar so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind". Aus der Entstehungsgeschichte des § 6 BErzGG in der für ihn maßgeblichen Fassung hatte der 14. Senat (vor allem im Urteil vom 13. Mai 1998 - B 14 EG 10/97 R, SozR 3-7833 § 6 Nr 18 S 104 ff) abgeleitet, daß diese Fassung insofern keine Neuregelung bringen wollte. Hieraus folgerte er, daß auch weiterhin von einer strengen Bindung an steuerrechtliche Vorgaben auszugehen war. Demgegenüber läßt sich jedoch, wie dargelegt, den Regelungen des § 16 SGB IV und des § 15 SGB IV aF keine derartige Bindung an das materielle Steuerrecht oder gar, darüber hinaus, an den Inhalt der Steuerbescheide entnehmen (s BSG 3. Senat vom 6. August 1987, BSGE 62, 90, 92 = SozR 2200 § 205 Nr 63).
Der Senat kann offenlassen, ob nach der ab 1. Januar 1995 geltenden Neufassung des § 15 SGB IV durch Art 3 Nr 2 des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) (vom 29. Juli 1994, BGBl I 1890) etwas Abweichendes gilt. Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, inwieweit bei der Gewinnermittlung steuerliche Vergünstigungen zu Buche geschlagen haben; vielmehr stellt § 15 Abs 1 SGB IV nF allein auf die steuerrechtliche Behandlung ab (vgl das Senatsurteil vom 27. August 1998 - B 10 LW 8/97 R, Die Beiträge Beilage 1999, 195, 199; insoweit einschränkend für die Zuordnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit BSG 4. Senat vom 27. Januar 1999, SozR 3-2400 § 15 Nr 6).
Im vorliegenden Fall ist demgemäß nicht zu entscheiden, ob sich das bis zum 31. Dezember 1994 bereits aus § 15 Satz 2 SGB IV herzuleitende Ergebnis auch aus der darüber hinaus geltenden Regelung des § 17 Abs 1 SGB IV ergibt (vgl zu dieser Vorschrift die Urteile des 3. Senats des BSG vom 22. Juni 1979, SozR 2200 § 205 Nr 23 S 49 und vom 6. August 1987, BSGE 62, 90, 93 = SozR 2200 § 205 Nr 63).
(2) Der Senat kann jedoch noch nicht abschließend entscheiden, ob die Beklagte berechtigt war, mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 1997 die Familienversicherung der Klägerin rückwirkend für das gesamte Kalenderjahr 1993 zu "beenden", dh festzustellen, daß die Klägerin vom 1. Januar bis 31. Dezember 1993 keinen Anspruch auf Familienversicherung hatte.
(a) Bei Statusentscheidungen im Versicherungsrecht - und um eine derartige Entscheidung handelt es sich bei der Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung - ist grundsätzlich eine vorausschauende Betrachtungsweise angezeigt (Peters in: Kasseler Komm, § 10 SGB V RdNr 19; Stand: 2000): Der Betreffende muß beim Entfallen der Familienversicherung für eine anderweitige Versicherung sorgen können und bei plötzlich auftretender Krankheit zuverlässig wissen, wie und wo er versichert ist. Dies erfordert eine Prognose unter Einbeziehung der mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Veränderungen. Das hierbei gewonnene Ergebnis bleibt dann auch verbindlich, wenn die Entwicklung später anders verläuft als angenommen (noch zu § 205 RVO: BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41 S 102 f mwN). Die Änderung kann jedoch Anlaß für eine neue Prüfung und - wiederum vorausschauende - Beurteilung sein (Peters aaO § 6 SGB V RdNr 11, Stand: 2000).
Dies gilt auch für rückwirkende Entscheidungen (vgl BSG vom 4. Juni 1981, SozR 2200 § 205 Nr 41, sowie vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52; hier ergibt sich jeweils aus den vollständigen Gründen (insoweit in SozR nicht abgedruckt), daß rückwirkende Feststellungen streitig waren): Auch dann bestand - rückblickend - nur für solche Zeiträume keine Familienversicherung, zu deren Beginn - ggf anhand der durchschnittlichen Verhältnisse der vergangenen Zeit - bereits absehbar war, daß die insoweit geltenden Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt würden. Beruhten zB die Kapitaleinkünfte der Klägerin im Jahre 1993 (in Höhe von ca DM 6.700,-) auf einem bereits im Dezember 1992 vorhandenen und festverzinslich zu 6,7 % angelegten Kapital von ca DM 100.000,-, so bestand - auch rückblickend - während des gesamten Jahres 1993 keine Familienversicherung. Anders hingegen, wenn die gesamten Kapitaleinkünfte dadurch erzielt wurden, daß das zum genannten Zinssatz angelegte Kapital zunächst nur DM 50.000,- betrug und erst zum 1. Juli 1993 (etwa durch eine Erbschaft) auf DM 150.000,- anwuchs: Dann dürfte eine Familienversicherung erst in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr bestanden haben. Die entsprechenden Verhältnisse im Fall der Klägerin wird das LSG noch aufzuklären haben.
(b) Soweit jedoch - nach den obigen Maßstäben - materiell-rechtlich keine Familienversicherung bestand, war die Beklagte nicht gehindert, dies auch rückwirkend durch den angefochtenen Bescheid des Jahres 1997 festzustellen.
Ein Verwaltungsakt der Beklagten über das Bestehen der Familienversicherung ist nicht ergangen. Die Klägerin hat sich auf eine entsprechende ausdrückliche Entscheidung der Beklagten nicht berufen. Auch das LSG hat insoweit lediglich offengelassen, "ob in dem Aktenvermerk der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 23. Mai 1989 über den Beginn der Familienversicherung der Klägerin ein Verwaltungsakt zu sehen" sei. Die hierdurch aufgeworfene Frage ist jedoch zu verneinen. Das Berufungsurteil nimmt zur Ergänzung des Tatbestands ua auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug. Hiernach aber wurde jener Vermerk - unter dem Datum vom 2. Juni 1989 - auf dem Schreiben angebracht, nachdem es - von der Klägerin am 23. Mai 1989 ausgefüllt - am 24. Mai 1989 wieder bei der Beklagten eingegangen war; im Vermerk ist ferner bei der vorgedruckten Wendung "Bescheid erteilt" das hierfür vorgesehene Kästchen nicht angekreuzt. Dies läßt nur den Schluß zu, daß es sich um einen rein internen Vermerk gehandelt hat, der weder der Klägerin noch ihrem Ehemann (als Stammversicherten) bekanntgegeben wurde. Ohne Bekanntgabe (§ 37 SGB X) aber ist ein Verwaltungsakt nicht existent (vgl § 39 Abs 1 SGB X).
Liegt jedoch ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, ist die Krankenkasse nicht gehindert, rückwirkend festzustellen, daß ab einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt eine Familienversicherung nicht bestanden hat. Der Senat schließt sich insoweit der bisherigen Rechtsprechung des BSG an.
Der 12. Senat des BSG hat - ebenso wie bereits mehrfach der zuvor insoweit zuständige 3. Senat hinsichtlich der Familienhilfe nach § 205 RVO (s zB die Urteile vom 29. Januar 1980, SozR 2200 § 205 Nr 33; vom 4. Juni 1981, SozR aaO Nr 41; vom 28. Oktober 1981, SozR aaO Nr 45; vom 26. Oktober 1982, SozR aaO Nr 52 und vom 6. August 1987, BSGE 62, 90 = SozR aaO Nr 63) - Bescheide über die rückwirkende Feststellung, daß keine Familienversicherung nach § 10 SGB V mehr bestanden habe, nicht beanstandet (BSG vom 3. Februar 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 4; vom 30. August 1994, SozR 3-2500 § 10 Nr 6) und dies damit begründet, daß kein anderweitiger bindender Verwaltungsakt entgegenstehe (insbes Urteil vom 30. August 1994, aaO S 20 unten).
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des 12. Senats auch insoweit an, als dieser - konkludent - im Aushändigen von Krankenscheinen oder der Krankenversichertenkarte (§§ 15, 291 SGB V) keinen Verwaltungsakt über das Versicherungsverhältnis sieht (sonst hätte in den genannten Fällen im Zweifel ein Verwaltungsakt über die Familienversicherung vorgelegen oder zumindest vorliegen können).
Dieser Lösung stehen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes oder der Besonderheiten der Statusentscheidungen im Versicherungsverhältnis (s hierzu oben unter a) nicht entgegen.
Die insoweit geltenden Grundsätze wollen die Betroffenen davor schützen, daß sie plötzlich rückwirkend ohne Versicherungsschutz dastehen und deshalb Rückforderungen in - möglicherweise - existenzbedrohender Höhe für erbrachte Leistungen ausgesetzt sind, ohne die Möglichkeit zu haben, sich hiergegen - nachträglich - durch den Abschluß einer privaten Krankenversicherung oder durch einen freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern. Diese Gesichtspunkte haben ihren Platz bei der Entscheidung, inwieweit die Regeln der §§ 44 ff (insbes § 45 und § 48 Abs 1) SGB X anzuwenden sind, wenn bereits ein bestandskräftiger Verwaltungsakt über den Status im Versicherungsverhältnis ergangen ist. Sie bedürfen jedoch keiner Erörterung bei der - hier zu prüfenden - rückwirkenden Feststellung, es habe keine Familienversicherung bestanden, wenn hierüber noch kein Verwaltungsakt ergangen war. Dann werden sie erst bei der - denknotwendigerweise nachgelagerten - Entscheidung relevant, inwieweit aufgrund fehlerhaft angenommener Familienversicherung erbrachte Leistungen zurückzufordern sind; (erst) hier gelten nach § 50 Abs 2 Satz 2 SGB X die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend (hierzu BSG vom 24. Januar 1995, BSGE 75, 291, 292 f = SozR 3-1300 § 50 Nr 17 mwN).
Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß sich die Problematik einer (entsprechenden) Anwendung der §§ 45, 48 SGB X bei der Rückabwicklung einer fehlerhaften Familienversicherung dann nicht mehr - oder nicht mehr in vollem Ausmaß - stellen dürfte, wenn die Krankenkassen in Fällen wie dem vorliegenden verpflichtet wären, den Betroffenen die rückwirkende Begründung einer freiwilligen Krankenversicherung anzubieten (wie es die Beklagte im angefochtenen Bescheid getan hat und worauf die Klägerin nach dem Akteninhalt auch - vorbehaltlich des Ausgangs des vorliegenden Rechtsstreits - eingegangen ist). Damit könnten etwaige Bedenken entkräftet werden, es komme bei rückwirkender Entziehung der Familienversicherung zu unzumutbaren Auswirkungen auf den Betroffenen.
Für eine derartige Rechtsanwendung - über die im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden ist - spricht nach Auffassung des Senats einiges:
Nach § 9 Abs 1 Nr 2 SGB V können der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beitreten ua "Personen, deren Versicherung nach § 10 erlischt"; der Beitritt ist der Krankenkasse "innerhalb von drei Monaten ... nach Beendigung der Versicherung" anzuzeigen (§ 9 Abs 2 Nr 2 SGB V). In den Fällen der rückwirkenden Beendigung der Familienversicherung dürfte diese Regelung in der Form anzuwenden sein, daß die Dreimonatsfrist erst mit der Bekanntgabe des entsprechenden Bescheides beginnt, nicht jedoch bereits zu dem, in der Vergangenheit liegenden, Zeitpunkt des Beginns der Rückwirkung. Denn ein Anlaß für die Ausübung jenes Gestaltungsrechts besteht erst mit der Entscheidung der Krankenkasse über die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung (vgl zu einer entsprechenden Fallkonstellation Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 22/99 R mwN). Bei Erlaß eines die Versicherung - auch rückwirkend - beendenden Verwaltungsakts obläge es dann auch der Krankenkasse, den Betroffenen auf die erläuterte Möglichkeit hinzuweisen; anderenfalls stünde dem Betroffenen uU der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Seite.
Inwieweit bei einer derartigen rückwirkenden freiwilligen Versicherung auch die Vorversicherungszeit nach § 9 Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 SGB V vorliegen muß, braucht der Senat ebensowenig zu entscheiden: Insoweit kommt hinzu, daß diese Einschränkung der Weiterversicherungsmöglichkeit früher Familienversicherter erst mit Wirkung ab 1. Januar 2000 durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) eingeführt worden ist, also im hier maßgeblichen Zeitraum noch nicht galt. Gleichermaßen offen kann der Senat lassen, ob auch solchen Betroffenen die Möglichkeit einer nachträglichen freiwilligen Weiterversicherung einzuräumen ist, deren Familienversicherung mit wissentlich falschen Angaben vorsätzlich erschlichen wurde.
Mit der vorliegenden Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des früher für die Krankenversicherung der Landwirte zuständigen 4. Senats des BSG vom 16. November 1995 (BSGE 77, 86 = SozR 3-5405 Art 59 Nr 1). Dieser Entscheidung läßt sich kein Rechtssatz entnehmen, daß eine rückwirkende Entziehung der Familienversicherung generell - auch zB bei falschen Angaben des Versicherten - nicht möglich sei. Vielmehr legte der 4. Senat (BSGE aaO 90 ff) die von ihm geprüfte Übergangsregelung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) dahingehend aus, daß dem durch den Wegfall der Familienhilfe der RVO betroffenen Personenkreis ein risikoloses Wahlrecht zwischen dem Abschluß eines privaten Krankenversicherungsvertrages und dem freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung zustehen sollte. Die Gesetzesänderung könne mithin Rechtswirkungen erst für die Zukunft, mit Bekanntgabe des sie umsetzenden Verwaltungsakts, entfalten. Eine derartige Änderung der Rechtslage könne nicht im Wege eines Selbstvollzugs des Gesetzes umgesetzt werden. Mit jener Fallgestaltung läßt sich die vorliegende nicht vergleichen.
Dem LSG obliegt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens.
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