L 11 KA 136/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 86/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 136/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 5) wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2000 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die bedarfsunabhängige Zulassung des Klägers als psychologischer Psychotherapeut in L, Cstraße 0 (§ 95 Abs. 10 SGB V). Während es im bisherigen Verfahren vorrangig um den Fachkundenachweis nach § 95 c 2 Nr. 3 SGB V i.v.m. mit § 12 Abs. 3 und 4 PsychThG ging (§ 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 SGB V), insbesondere um den Nachweis einer mindestens 140-stündigen theoretischen Ausbildung im Verfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, streiten die Beteiligten jetzt über die Voraussetzungen des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V, nämlich den Umfang der Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung.

Der Kläger ist 0000 geboren und seit 1974 Diplompsychologe. Er hat drei in den Jahren 0000 - 0000 geborene Kinder und ist seit 0000 verheiratet.

Auf Grund eines im Jahre 1980 mit seiner späteren Ehefrau geschlossenen Gesellschaftsvertrages über eine bürgerlich-rechtliche Gesellschaft unter dem Namen "D" betreibt er u.a. eine psychologische Praxis in L, Cstraße 0. Die Tätigkeit der Gesellschaft ist in drei Abteilungen gegliedert, an denen der Kläger und seine Ehefrau seit 1981 je zur Hälfte beteiligt sind. Überschüsse werden nach den festgelegten Anteilen ausbezahlt ( § 5 des Gesellschaftsvertrages). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz vom 04.05.2001).

Seit dem Jahre 1987 hat die Gesellschaft von einer Eigentümergemeinschaft, an der neben dem Kläger und seiner späteren Ehefrau zwei weitere Personen beteiligt sind, Räume mit einer Grundfläche von 200 qm zum Betrieb einer psychologischen Praxis gemietet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 00.00.1987 mit nachträglichen Zusatzvereinbarungen Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz vom 04.05.2001).

Für das D waren Diplompsychologen auf Grund eines "Vertrages für freie Mitarbeiter "tätig", nach dem sie als freie Mitarbeiter die selbständige Arbeit mit Klienten im Rahmen der Praxis auf den Gebiet psychologische Behandlung übernahmen. Der freie Mitarbeiter erhielt pro geleisteter Stunde unabhängig von dem mit dem Klienten vereinbarten Honorar einen Stundensatz von 00,- DM (Stand 1992), später 00,- DM bzw. 00,- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf einen vorgelegten Vertrag Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz vom 04.05.2001).

In der Zeit vom 00.00.1994 bis 00.00.1997 hat der Kläger persönlich 1047 Stunden psychotherapeutischer Behandlung an Versicherten gesetzlicher Krankenkassen geleistet, für die die jeweiligen Krankenkassen die Kostenübernahme bestätigt haben. Für weitere 60 Behandlungsstunden haben die Krankenkassen die Kostenerstattung noch nicht bestätigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage 5 zum Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 02.05.2001 Bezug genommen.

Die Einkommensverhältnisse des Klägers ergeben sich für die Jahre 1994 - 1997 aus den vorgelegten Einnahme-Überschuss-Rechnungen und Gewinnfeststellungen des D und den Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zu den Schriftsätzen vom 02. und 04.05.2001 Bezug genommen.

Der Antrag des Klägers auf bedarfsunabhängige Zulassung vom 00.00.1998 ist vor den Zulassungsgremien erfolglos geblieben. Der Zulassungsausschuss für Ärzte L lehnte ihn mit Beschluss vom 00.00.1999 ab. Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 00.00.1999 zurück, weil der Nachweis einer mindestens 140-stündigen theoretischen Ausbildung in einem anerkannten Behandlungsverfahren fehle. Nach dem Studium habe der Kläger keine weitere theoretische Ausbildung durchlaufen. Ob die beschriebene konkrete theoretische Ausbildung überhaupt während des Studiums möglich sei, könne dahingestellt bleiben, denn der Kläger habe eine solche nachweislich nicht absolviert.

Auf die Klage des Klägers hat das Sozialgericht Köln mit Urteil vom 03.05.2000 den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses verurteilt, den Kläger zur vertragsärztlichen Versorgung als psychologischen Psychotherapeuten bedarfsunabhängig zuzulassen. Auf Grund der vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung von Professor Dr. T als Zeugen ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der zu 5) beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Sie macht geltend, der Kläger habe den Nachweis von 140 Stunden theoretischer Ausbildung in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie nicht erbracht. Im Übrigen stünde der Kläger wegen der in Vollzeit ausgeübten Tätigkeit als C1 der Gesellschaft für X e. V. für die Versorgung der Versicherten nicht in dem gemäß § 20 Ärzte-ZV erforderlichen Maße zur Verfügung.

Die Beigeladene zu 5) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass er die vom Senat in den Vordergrund gestellte Voraussetzung der Teilnahme i. S. des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGG V erfüllt habe. Er habe seit 1974 unter Einsatz seiner Arbeitskraft und seiner finanziellen Mitteln seine berufliche Existenz in L geschaffen. Er habe ununterbrochen seit 1974 sein Erwerbseinkommen nahezu ausschließlich aus der ambulanten psychotherapeutischen Tätigkeit in eigener Praxis erzielt, wobei diese Tätigkeit jedenfalls während der gesamten Dauer des Zeitfensters zu ca. 2/3 von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert worden sei. Er habe drei in den Jahren von 0000 - 0000 geborene Kinder, die er zusammen mit der Kinder-Mutter betreut habe. Während des Zeitraumes des Zeitfensters sei er als Q des maßgeblichen Psychologenverbandes zuständig für die berufspolitische Begleitung und Unterstützung des Gesetzgebungsverfahrens für das Psychotherapeut Gesetz gewesen. Mit den von ihm nachgewiesenen und vom Senat zugrundegelegten 1107 Zeitfensterstunden liege er erheblich über dem vom Bundessozialgericht in den Urteilen vom 08.11.2000 genannten Rahmen.

Ein Antrag des Klägers vom 00.00.1999 auf vorläufige Zulassung als psychologischer Psychotherapeut im Wege der Einstweiligen Anordnung war erfolglos, Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23.06.1999 - S 00 KR 00/00 ER, Beschluss des Senates vom 01.12.1999 - L 00 B 00/00 KA.

Weitere Einzelheiten, auch des Vorbringens der Beteiligten, ergeben sich aus den Prozessakten, den Verwaltungsakten des Beklagten und des Zulassungsausschusses für Ärzte L, aus den Akten L 00 B 00/00 KA LSG NRW und aus den vom Kläger mit den oben genannten Schreiben vorgelegten Unterlagen, auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen zu 5) gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2000 ist statthaft, zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat darin den Beklagten zu Unrecht verpflichtet, den Kläger als psychologischen Psychotherapeuten in Köln zuzulassen. Der dies ablehnende Bescheid des Beklagten vom 00.00.1999 ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als psychologischer Psychotherapeut in L.

Im Hinblick auf die im Planungsbereich der Stadt L seit dem 25.08.1999 und nach wie vor bestehende Zulassungssperre wegen Überversorgung könnte der Kläger sich dort nur auf Grund einer bedarfsunabhängigen Zulassung niederlassen. Der Kläger erfüllt jedoch jedenfalls nicht das Tatbestandsmerkmal des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V, nämlich der Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Zeitfenster. Ob der bisher im Verfahren streitig gewesene Nachweis der Fachkunde ebenfalls nicht erbracht ist, kann deswegen dahingestellt bleiben. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Kläger wegen der Tätigkeit als C1, für die Versorgung der Versicherten nicht im ausreichenden Maß zur Verfügung steht.

Der Senat schließt sich zu Gunsten des Klägers der vom Bundessozialgericht in den Urteilen vom 08.11.2000 - B 6 KA 52/00 R - u.a. vertretenen Rechtsauffassung an, dass überhaupt Erstattungspsychotherapeuten wie der Kläger zum Kreis der durch die Übergangsregelung begünstigten Personen gehören (Bl. 15 bis 16 des führenden Urteils B 6 KA 52/00 R). Er lässt danach ebenso wie das Bundessozialgericht offen, ob überhaupt schützenswerte Vertrauenspositionen bei Erstattungstherapeuten aus der Behandlung von Versicherten mit Kostenerstattungsansprüchen entstehen konnten, obwohl diese Therapeuten - wie auch der Kläger - am Delegationsverfahren mangels ausreichender Qualifikation nicht beteiligt werden konnten und waren und dies auch nicht wollten.

Der Senat schließt sich ebenfalls nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung der in den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 08.11.2000 vertretenen Rechtsauffassung an, dass diese Regelung mit Verfassungsrecht in Einklang steht. Danach sind die Einbeziehung der Psychotherapeuten in die Bedarfsplanung und die Bindung der Privilegierung einer bedarfsunabhängigen Zulassung als Psychotherapeut an die Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung in der Vergangenheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (S. 7 bis 10 des Urteils). In dieser Auslegung des Begriffs der Teilnahme im Zeitfenster durch die Urteile des BSG liegt die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 16.03.2000 (- 1 BvR 53/99 - NJW 2000, 1779, 1780) noch erwartete Vorklärung im Sinne von Aufklärungs- und Begründungsbedarf, ob und wann durch die Kostenerstattung im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V, von der auch der Kläger profitiert hat, ein schützenswertes Vertrauen begründet wurde, welches durch das Psychotherapeutengesetz i.V. mit den Änderungen des SGB V enttäuscht worden sein könnte. Weiterhin ist damit die Frage nach dem Bestandsschutz geklärt, auf welche Einnahmen (absolut und prozentual) ein Therapeut sein Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regelung gründete. Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr entschieden, dass die Auslegung des Bundessozialgerichts in den obengenannten Urteilen den Anforderungen an Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen im Bereich der Gewährleistung von Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie dem Gleichheitssatz gemäß Artikel 3 Abs. 3 GG ausreichend Rechnung trägt. Danach kann das Tatbestandsmerkmal der "Teilnahme" nur durch zahlenmäßig relevante Behandlungstätigkeit an der Versorgung von Kassenpatienten erfüllt werden (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 20.03.2001 - 1 BvR 409/01 und vom 03.04.2001 - 1 BvR 462/01). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese den Beteiligten bekannten Beschlüsse Bezug genommen.

Auch der Senat ist nach eigener Prüfung und Beurteilung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Überzeugung, dass diese Auslegung des Begriffs der "Teilnahme" durch das Bundessozialgericht Grundrechte des Klägers nicht verletzt. Eine Ausnahme von der bedarfsabhängigen Zulassung sieht das Gesetz nur für diejenigen Psychotherapeuten vor, die innerhalb des Zeitfenster an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten teilgenommen haben. Damit sollen diejenigen Psychotherapeuten geschützt werden, für die die grundsätzlich zumutbare Verweisung auf eine bedarfsabhängige Zulassung eine unbillige Härte darstellen würde. Aus dem in der Gesetzesbegründung ausdrücklich formulierten und hinreichend deutlich zum Ausdruck kommenden Charakter als Härtefallregelung kann die Zulassung auch in einem überversorgten Planungsbereich zur Vermeidung der Notwendigkeit einer Aufgabe einer selbstgeschaffenen Praxis erteilt werden. Die in § 95 Abs. 10 Satz 1 SGB V enthaltene Differenzierung zwischen Berufsangehörigen, die in überversorgten Gebieten zugelassen werden können, und solchen, die ihren Zulassungswunsch nur abhängig von der Bedarfslage realisieren können, verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG. Die Privilegierung der bisher an der ambulanten Versorgung der Versicherten beteiligten Psychotherapeuten rechtfertigt sich nur dann, wenn diese sich unter Einsatz ihrer Arbeitskraft und finanzieller Mittel eine berufliche Existenz an einem bestimmten Orte geschaffen haben, die für sie in persönlicher wie materieller Hinsicht das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht hat. Danach muss der Psychotherapeut im sogenannten Zeitfenster in niedergelassener Praxis eigenverantwortlich Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen in anerkannten Behandlungsverfahren in einem bestimmten Mindestumfang behandelt haben. Damit ist sowohl den Zulassungsgremien wie den Sozialgerichten eine flexible, den Besonderheiten jedes Einzelfalles Rechnung tragende Handhabe ermöglicht (S. 10 bis 12 des Urteils). Es sind alle Umstände in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, die für das Vorliegen eines Härtefalles relevant sein können.

Nach den Feststellungen des Senates erfüllt der Kläger die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht. Der Kläger hat nicht im erforderlichen zahlenmäßig relevanten Mindestumfang an der ambulanten Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teilgenommen. Der Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im obengenannten Urteil (S. 21 bis 25 des Urteils) an, dass der Behandlungsumfang gegenüber Versicherten der Krankenkassen annähernd einer halbtägigen Tätigkeit entsprochen haben muss. Die Verweisung auf eine bedarfsabhängige Zulassung und der damit verbundene Zwang zu einem beruflichen Neuanfang an einem anderen Orte als dem bisherigen Ort der ambulanten Betätigung kann nur dann eine unzumutbare Härte darstellen, wenn der bisherige ambulante Behandlungsumfang an gesetzlich Versicherten die Berufstätigkeit des Psychotherapeuten mitgeprägt hat oder objektiv nachvollziehbar darauf ausgerichtet gewesen ist. Danach muss die ambulante Behandlungstätigkeit als Erstattungstherapeut nicht die einzige einkommensrelevante berufliche Betätigung gewesen sein, andererseits muss die vom Umfang her für das gesamte Erwerbseinkommen bedeutsam gewesen sein.

Nach den Feststellungen des Senates anhand der eigenen Angaben des Klägers (Anlage 5, vorgelegt in der Sitzung vom 09.05.2001, Bl. 254 der Prozessakten) hat der Kläger im Zeitfenster insgesamt 1047 Stunden psychotherapeutischer ambulanter Behandlung an Versicherten von gesetzlichen Krankenkassen erbracht, für die die jeweiligen Krankenkassen die Kostenerstattung bestätigt haben. Weiterhin unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass auch für die weiteren 60,7 Behandlungsstunden eine Kostenübernahme stattgefunden hat, so dass der Kläger 1107,7 Behandlungsstunden nachgewiesen hat. Wegen der Verteilung auf die einzelnen Monate wird auf die vom Kläger gefertigte Aufstellung Bezug genommen. Daraus errechnet sich ein arithmetischer Durchschnitt von (aufgerundet) 8,6 Behandlungsstunden pro Woche. Für die einzelnen Zeitabschnitte innerhalb des Zeitfensters (zweite Jahreshälfte 1994, Kalenderjahr 1995, Kalenderjahr 1996, erste Jahreshälfte 1997) errechnen sich wöchentliche Behandlungsfrequenzen von 9,4, 8,9, 9,7 und 8,2 Stunden. Danach ist der Kläger sowohl bei Wertung des gesamten Zeitraums des Zeitfensters als auch bei Betrachtung der einzelnen Zeitabschnitte nicht "annähernd halbtägig" als Psychotherapeut in der Kostenerstattung tätig gewesen. Der Senat schließt sich der Würdigung des Bundessozialgerichts im oben genannten Urteil (S. 24 der Urteilsgründe) an, dass der untere Rahmen der halbtägigen Berufsausübung

eines Psychotherapeuten mit ca. 11,6 Behandlungsstunden pro Woche beschrieben werden kann. Das hat das Bundessozialgericht in seiner Stellungnahme zu der Vorgabe des mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen abgestimmten Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 18.08.1998 vorgerechnet. Denn wenn bei einer ausgelasteten Praxis von 35 bis 36 Behandlungsstunden pro Woche berücksichtigt wird, dass mit der Zahl der Behandlungsstunden nicht die Arbeitszeit eines Psychotherapeuten beschrieben wird, sondern diese im Hinblick auf die notwendigen begleitenden Tätigkeiten erheblich darüber liegt, hält sich die Forderung nach 250 Behandlungsstunden in einem Halbjahreszeitraum nach dem oben genannten Rundschreiben im Rahmen der Konkretisierung des Tatbestandsmerkmal des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Von dieser Grenze liegt der durchschnittliche Behandlungsumfang des Klägers von 8,6 Stunden in der Woche noch deutlich entfernt, allenfalls bewegt er sich im Bereich einer Berufsausübung von einem Drittel einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit.

Abgesehen davon, dass der Senat in jedem Fall eine Gesamtschau der beruflichen Betätigung des Klägers im gesamten Zeitfenster für geboten hält, liegen auch die Voraussetzungen, unter denen das Bundessozialgericht eine Teilnahme nicht für den gesamten Zeitraum des Zeitfensters verlangt hat, nicht vor. Davon kann nur abgesehen werden, wenn eine Praxis erst zu Beginn oder im Frühjahr des Jahres 1997 neu begründet worden ist. Das trifft aber für den Kläger nicht zu, der jedenfalls seit Anfang 1980 ambulant als Psychotherapeut tätig ist. Im übrigen hat der Behandlungsumfang des Klägers in den letzten beiden Halbjahren des Zeitfensters deutlich gegenüber dem Gesamtdurchschnitt abgenommen.

Der Hinweis des Klägers auf seine Tätigkeit in eigener Praxis seit 1974 und das Bestehen des konkreten Praxissitzes seit 1980 mit dem Erwerb der Räume im Jahre 1985 führt im Rahmen der gebotenen Gesamtschau zu keinem anderen Ergebnis. Denn bereits nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V müssen die Voraussetzungen einer Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten bis zu dem dort norminierten Stichtag und in dem sich daraus ergebenden Zeitraum erfüllt sein. So sieht es auch das Bundessozialgericht (S. 25 des Urteils). Auch das Bundesverfassungsgericht sieht durch die Stichtagregelung und damit durch das Zeitfenster schutzwürdiges Vertrauen nicht enttäuscht und die Regelung als von sachgerechten Erwägungen getragen (BVerfG vom 16.03.2000, a.a.O). Gründe für eine Verschiebung des Zeitraums des Zeitfensters (§ 95 Abs. 11b SGB V) sind in dem Hinweis des Klägers auf seine drei in den Jahren 0000 bis 0000 geborene Kinder nicht erkennbar. Er trägt nicht vor, dass er zumindest ein Kind allein betreut habe. Darüber hinaus würde dieser Umstand auch nur zu einer Vorverlegung des Beginns des Zeitraumes führen. Aus denselben grundsätzlichen Erwägungen scheidet eine Berücksichtigung der ambulanten Behandlungstätigkeit des Klägers nach dem 00.00.1997 aus, abgesehen davon, dass sein Behandlungsumfang wegen seiner berufspolitischen Aktivitäten zurückgegangen ist (siehe dazu Schriftsatz vom 01.10.1999 im Verfahren L 00 B 00/00 KA).

Einen darüber hinausgehenden Behandlungsumfang im Rahmen der Kostenerstattung konnte der Senat nicht mehr feststellen, hat der Kläger auch nicht mehr vortragen und belegen können. Insofern können die vom Kläger mit den Einkommensteuerbescheiden vorgelegten Aufstellungen über Psychotherapie-Stunden und Einnahmen für die Jahre 1994 bis 1997 nicht verwertet werden. Selbst danach ergäbe sich auch kein wöchentlicher Behandlungsdurchschnitt von mindestens 11,6 Stunden.

Weitere Behandlungsstunden, z.B. an GKV-Versicherten ohne Kostenerstattung oder damals nicht vergütete probatorische Sitzungen, kann der Senat aus grundsätzlichen Erwägungen nicht berücksichtigen. Denn Erstattungstherapeuten, die nach Auffassung des Bundessozialgerichts neben den Delegationspsychotherapeuten von der Regelung des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V begünstigt sein sollen, sind nur diejenigen Behandler, denen die Behandlungskosten auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 SGB V von den Krankenkassen direkt oder über den Versicherten erstattet worden sind (Seite 15 des Urteils). Das wird im weiteren durch die Beschreibungen und Wiedergaben der Formulierungen aus der Gesetzesbegründung wiederholt, dass neben den Psychotherapeuten im Delegationsverfahren auch solche eine bedarfsunabhängige Zulassung erhalten können, die im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V teilgenommen haben (Seite 16 des Urteils). Das sind Fallgestaltungen, in denen der Therapeut Behandlungsleistungen eigenverantwortlich erbracht und selbst abgerechnet hat, sei es direkt gegenüber den Krankenkassen oder gegenüber dem Versicherten, dem die Krankenkasse die Behandlungskosten erstattet hat, beides auf der Rechtsgrundlage des § 13 Abs. 3 SGB V. Ein Psychotherapeut, der in der Vergangenheit ganz überwiegend Privatversicherte oder selbstzahlende Patienten behandelt oder seine Leistungen mit anderen Kostenträgern abgerechnet hat, ist zur Fortsetzung dieser Tätigkeit rechtlich nicht auf eine Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung angewiesen (Seite 12/13 des Urteils). Dem schließt sich der Senat an und nimmt auf die Entscheidungsgründe des BSG-Urteils Bezug.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau stellt der Senat weiterhin fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Erstattungstherapeut auch nicht in materieller Hinsicht seine Lebensgrundlage in dem Umfang gesichert hat, dass sie unter Berücksichtigung aller einkommensrelevanten beruflichen Betätigungen des Klägers vom Umfang her für das gesamte Erwerbseinkommen bedeutsam gewesen ist.

Positive Einkünfte hat der Kläger nach den Einkommensteuerbescheiden für die Kalenderjahre von 1994 bis 1997 ausschließlich aus selbständiger Arbeit (abgesehen von zu vernachlässigenden Einkünften aus Kapitalvermögen und negativen aus Vermietung und Verpachtung) erzielt. Diese ergeben sich aus den von ihm vorgelegten Einnahmen-Überschuss-Rechnungen des D für die Kalenderjahre von 1994 bis 1997. Danach sind von ihm nach Abzug der sogenannten "Aufwendungen für Fremdleistungen" (Honorare an freie Mitarbeiter) aufgrund seiner hälftigen Beteiligung Betriebseinnahmen in Höhe von ca. 000.000,- DM, ca. 000.000,- DM, ca. 000.000,- DM und ca. 000.000,- DM erwirtschaftet worden, aus denen sich unter Berücksichtigung der Betriebsausgaben anteilige Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit vor Steuern in Höhe von 00.000,- DM, 00.000,- DM, 00.000,- DM und 00.000,- DM ergaben. An diesen Brutto-Betriebseinnahmen können die Einnahmen des Klägers aus eigener psychotherapeutischer Tätigkeit als Erstattungstherapeut im Durchschnitt der Jahre nur mit jährlich 00.000,- DM, somit etwa einem Viertel, beteiligt seien, wenn für die nachgewiesenen 1107 Stunden mit Kostenerstattung ein Durchschnittshonorar von 120,- DM zugrundegelegt wird. Bei Berücksichtigung des bundesdurchschnittlichen Kostensatzes von 40 Prozent Praxiskosten auf diese Einnahmen, beträgt der Anteil der durchschnittlichen jährlichen Nettoeinnahmen des Klägers an den Gesamteinkünften vor Steuern allenfalls um ein Drittel, bei Berücksichtigung des individuellen Betriebsausgabenanteils seines D von ca. 50 Prozent auch nur ein Viertel. Der Senat braucht nicht abschließend festzustellen, aufgrund welcher Gegebenheiten der Kläger den weiteren Anteil von zwei Drittel oder drei Viertel seiner versteuerten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt hat, die ihm nach den Einnahme-Überschuss-Rechnungen und Gewinnfeststellungen zugerechnet wurden. Jedenfalls bestimmen diese Einnahmen die gesamte Lebens- und Einkommenssituation des Klägers im Zeitfenster überdeutlich. Die Brutto- und Nettoeinnahmen als Erstattungstherapeut waren von allenfalls nachrangiger Bedeutung. Diese Behandlungstätigkeit bildete auch insofern nicht den Schwerpunkt oder zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der Einkommenserzielung im Rahmen eines für eine Berufstätigkeit typischen Ausmaßes. Deswegen ist der Kläger auch in Zukunft nicht auf die eigene Zulassung angewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht mehr vor, nachdem das Bundessozialgericht die grundsätzlichen Rechtsfragen geklärt, das Bundesverfassungsgericht in dieser Auslegung des Begriffs der Teilnahme einen Verfassungsstoß nicht gesehen und der Senat im übrigen aufgrund der von ihm festgestellten Umstände des Einzelfalles entschieden hat.
Rechtskraft
Aus
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