L 14 RJ 49/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 42 RJ 106/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RJ 49/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.03.2001 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 25.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 wird insoweit aufgehoben, als damit der Rentenbescheid vom 14.12.1995 über die Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 aufgehoben worden ist und die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 19.326,34 gefordert wird. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist entsprechend dem vom Kläger im Berufungsverfahren eingeschränkten Begehren nur noch, ob die Beklagte dem Kläger zu Recht die Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Wirkung ab 00.00.1997 gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) rückwirkend entzogen und die für die Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 ausgezahlte Rente in Höhe von 19.326,34 DM gemäß § 50 SGB X zurückgefordert hat.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker und hat in diesem Beruf auch die Meisterprüfung abgelegt. Nachdem er einen eigenen Betrieb im Jahr 1990 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte, war er danach als mitarbeitender Kfz-Meister sowie zeitweise als Tankwart bei dem Tankstellenbetrieb T in E beschäftigt. Diese Tätigkeit setzte er auch nach einer nicht abgeschlossenen Weiterbildung im Jahre 1997 zum Kfz-Sachverständigen bis zum 00.00.1999 fort. Seit 00.00.2001 ist der Kläger als Sachverständigenassistent bei der Firma C in I beschäftigt und bezieht nach der Arbeitgeberauskunft vom 00.00.2001 ein monatliches Entgelt von brutto 0000,00 DM.

Durch einen vor dem Sozialgericht Dortmund im Vorprozess S 00 J 0/00 am 16.05.1995 geschlossenen Vergleich wurde dem Kläger ab 00.00.1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt. Nach der Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts (Bl. 223 der Vorprozessakte) wurde als Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit derjenige der Arbeitsaufgabe gewählt. Nach dem vorliegenden Versicherungsverlauf vom 05.03.2003 (Bl. 185 der Gerichtsakten) wurden für den Kläger vom 00.00.1994 bis 00.00.1995 Pflichtbeiträge während des Bezugs von Sozialleistungen entrichtet.

Mit Rentenbescheid vom 14.12.1995 führte die Beklagte den geschlossenen Vergleich aus und gewährte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 00.00.1994. Auf Seite 3 des Rentenbescheides wurde unter "Mitteilungspflichten" ausgeführt, Arbeitsentgelt und bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt würden, könnten Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher bestehe die gesetzliche Verpflichtung, der Beklagten das Hinzutreten oder die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen. In dem nachfolgenden Katalog findet sich bezüglich des Bezugs von Arbeitsentgelt folgende Formulierung: "Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung aus einem vor Rentenbeginn begründeten Beschäftigungsverhältnis".

Auf eine Anfrage der Beklagten vom 01.05.1997 zur Prüfung des weiteren Rentenanspruchs teilte der Kläger unter dem 15.05.1997 mit, er sei nicht gegen Bezahlung beschäftigt und habe von der Unfallversicherung eine berufsfördernde Rehabilitationsmaßnahme erhalten. Auf eine weitere Anfrage der Beklagten vom 11.03.1999 teilte der Kläger der Beklagten unter dem 11.03.1999 mit, er sei seit 1991 als Kfz-Mechaniker bei dem Tankstellenbetrieb T beschäftigt und erhalte ein monatliches Bruttoentgelt von 0000,00 DM. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft vom 07.04.1999 ein, nach der der Kläger seit dem 00.00.1997 als mitarbeitender Kfz-Meister alle Tätigkeiten eines Kfz-Mechanikers mit Einschränkung der behinderten Hand ausübt. Zunächst sei die Tätigkeit 30 Stunden pro Woche ausgeübt worden, ab 00.00.1999 arbeite der Kläger unter Berücksichtigung seiner Behinderung als Vollzeitkraft bei einem Bruttogehalt von 0000,00 DM.

Mit Schreiben vom 20.05.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, den Rentenbescheid vom 14.12.1995 über die Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 48 Abs. 1 SGB X ab 01.12.1997 aufzuheben und den Kläger zur Erstattung der in der Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 in Höhe von 19.326,34 DM zu Unrecht erbrachten Leistungen nach § 50 SGB X zu verpflichten. Zur Begründung führte die Beklagte in dem Schreiben aus, der Kläger habe die Aufnahme der zumutbaren Verweisungstätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister nicht mitgeteilt, obwohl ihm aus dem ursprünglichen Rentenbescheid bekannt gewesen sei, dass er entsprechende Mitteilungspflichten habe. Er könne sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen. Mit dem Schreiben vom 20.05.1999 wurde der Kläger zugleich gemäß § 24 SGB X angehört.

Nachdem der Kläger daraufhin die Auffassung vertreten hatte, er arbeite nicht in einem zumutbaren Verweisungsberuf und habe nicht gegen Mitteilungspflichten verstoßen, hob die Beklagte mit Bescheid vom 25.06.1999 den Rentenbescheid vom 14.12.1995 ab 00.00.1997 nach § 48 SGB X auf und forderte den Kläger auf, den in dem Zeitraum vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 überzahlten Betrag in Höhe von 19.326,34 DM gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Zur Begründung führte die Beklagte in dem Bescheid i.W. aus, eine Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 SGB X sei dahingehend eingetreten, dass der Kläger zum Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleiches über die Zuerkennung der Rente (16.05.1995) arbeitslos gewesen sei und er danach vom 00.00.1997 an, nach einer Umschulung zum Kfz-Sachverständigen, in einer zumutbaren Verweisungstätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister arbeite. Aus dem ursprünglichen Rentenbescheid sei dem Kläger bekannt gewesen, dass er die Aufnahme der Tätigkeit hätte mitteilen müssen.

Den dagegen vom Kläger unter dem 29.06.1999 erhoben Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1999 zurück. Zur Begründung führte sie in dem Bescheid u.a. erneut aus, der ursprüngliche Rentenbescheid sei ab dem 00.00.1997 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 SGB X aufzuheben, weil der Kläger die Aufnahme einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nicht mitgeteilt habe, obwohl er in dem Rentenbescheid darauf hingewiesen worden sei. Nach § 48 SGB X solle der Verwaltungsakt in diesem Fall mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Im Bescheid vom 14.12.1995 befinde sich auf Seite 3 unter der Rubrik Mitteilungspflichten der Absatz, dass Arbeitsentgelte und bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt würden, Einfluss auf die Rentenhöhe hätten. Der Kläger sei also ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sich erzieltes Arbeitsentgelt auf die Rente auswirken könne, so dass er zu unverzüglichen Mitteilungen verpflichtet gewesen sei. Demgemäss sei der ursprüngliche Rentenbescheid abzuändern gewesen und die überzahlten Beträge nach § 50 SGB X zurückzufordern. Abschließend wird in dem Widerspruchsbescheid ausgeführt, da es sich im vorliegenden Fall nicht um einen außergewöhnlichen Fall (sogenannter atypischer Fall) handele, der zu einer Ermessensentscheidung über die Bescheid-Korrektur führen würde, sei die Ausübung des Ermessens auf Null reduziert.

Zur Begründung der dagegen am 09.09.1999 erhobenen Klage hat der Kläger u.a. vorgetragen, die Tätigkeit im Tankstellenbetrieb T sei nicht rentenschädlich gewesen, denn sie sei auf Kosten der Gesundheit erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 00.00.1997 hinaus nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihren Verwaltungsentscheidungen festgehalten und darauf verwiesen, dass der Kläger bereits im Überprüfungsbogen vom 15.05.1997 sowie unmittelbar nach Erteilung des Rentenbescheides im Jahr 1995 keine Angaben über das zwischenzeitlich von ihm aufgenommene Arbeitsverhältnis gemacht habe, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei. Darüber hinaus lägen keine Anhaltspunkte vor, dass das Arbeitsverhältnis auf Kosten der Gesundheit aufgenommen worden sei. Sein Entgelt habe zudem über 1000,00 DM höher gelegen als sein letztes Entgelt vor der Rente.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung ärztlicher Befundberichte des Arztes für Orthopädie Dr. L, K, vom 04.02.2000 sowie des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. X, K, vom 21.02.2000. Weiter ist der Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums C1 Te über eine medizinische Rehabilitation in der Zeit vom 00.00.2000 bis 00.00.2000 beigezogen worden.

Mit Urteil vom 26.03.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und als Begründung i.W. ausgeführt, dem Kläger stehe eine Weiterbewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 00.00.1997 nicht zu. Die Rückforderung der geleisteten Rentenzahlung für die Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 sei rechtmäßig. Mit dem sich aus den ärztlichen Befundberichten und dem Entlassungsbericht aus dem medizinischen Rehabilitationsverfahren ergebenden verbliebenen Leistungsvermögen sei der Kläger noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten mit Einschränkungen der linken Hand zu verrichten. Da über die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers kein Streit bestehe, sei es für das Sozialgericht entbehrlich gewesen, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen sei der Kläger nicht berufsunfähig. Nach dem im Vorprozess eingeholten berufskundlichen Gutachten des Sachverständigen T2, E1, vom 12.01.1995 sei der Kläger, der den Beruf des Kfz-Mechanikers erlernt und mit der Meisterprüfung abgeschlossen habe, als Facharbeiter im Sinne des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschemas einzustufen. Als Facharbeiter sei er auf andere Facharbeitertätigkeiten sowie Tätigkeiten als angelernter Arbeiter verweisbar. Ausweislich der im Verwaltungsverfahren eingeholten Arbeitgeberauskunft des Tankstellenbetriebs T vom 07.04.1999 sei der Kläger in der Lage, die Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister auszuüben. Daraus sei erkennbar, dass der Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz innehatte, der seiner beruflichen Ausbildung als Kfz-Meister entspreche und auch als solcher entlohnt worden sei. Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, er habe die Tätigkeit nur auf Kosten der Gesundheit ausgeübt, ergäben sich nicht. Die Beklagte habe daher zu Recht den Rentenbescheid vom 14.12.1995 mit Wirkung ab 00.00.1997 aufgehoben. Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X sei der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 - 4 SGB X solle der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gelte in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen sei, der Beginn des Anrechnungszeitraumes. Durch die Aufnahme der Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister seien wesentliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers eingetreten. Der Kläger habe trotz seiner Mitteilungspflicht, die sich ausdrücklich aus dem Rentenbescheid vom 14.12.1995 ergebe, die Beklagte nicht über die Aufnahme einer Tätigkeit in Kenntnis gesetzt. Damit sei er seiner Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Die Beklagte sei daher berechtigt, den Rentenbescheid vom 14.12.1995 mit Wirkung ab 00.00.1997 aufzuheben und die Überzahlung in Höhe von 19.326,34 DM gemäß § 50 SGB X zurückzufordern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 04.04.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.04.2001 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung trägt er erneut vor, dass die ab 00.00.1997 ausgeübte Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister gesundheitlich nach dem im Vorprozess von Dr. C2 eingeholten Gutachten vom 27.04.1994 wegen der eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der Hände nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei ihm in subjektiver Hinsicht nicht vorwerfbar, dass er bei gleichbleibender gesundheitlicher Situation - also keine Verbesserung - die damalige Tätigkeit nicht hätte ausüben dürfen. Die Anfragen der Beklagten seien von ihm beantwortet worden.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sein Begehren dahingehend eingeschränkt, dass er sich nur noch gegen die rückwirkende Aufhebung der Rentenbewilligung für die Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 und die Rückforderung der Leistungen in Höhe von 19.326,34 DM wendet. Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 00.00.1999 hinaus wird vom Kläger nicht mehr begehrt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.03.2001 zu ändern und den Bescheid vom 25.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 aufzuheben, soweit er die rückwirkende Aufhebung der Rentenbewilligung für die Zeit vom 00.00.1997 bis 00.00.1999 und die Rückforderung der Leistungen in Höhe von 19.326,34 DM betrifft.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat einen neuen Antrag des Klägers wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 07.12.2000 mit Bescheid vom 05.02.2002 abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Beklagte verpflichtet, über den Widerspruch gegen diesen Bescheid gesondert zu entscheiden.

In der mündlichen Verhandlung ist mit den Beteiligten erörtert worden, ob im Hinblick auf die Formulierung der "Mitteilungspflichten" auf Bl. 3 des Rentenbescheides vom 14.12.1995 ein sogenannter atypischer Fall im Sinne der Rechtsprechung vorliegt, der im Rahmen des § 48 SGB X eine Ermessensausübung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der vom Sozialgericht Dortmund beigezogenen Vorprozessakte S 00 J 0/00, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist mit dem in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Antrag auch begründet. Die Voraussetzungen nach § 48 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides, mit dem dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt worden war, liegen nicht vor. Die Beklagte war daher auch nicht gemäß § 50 SGB X berechtigt, die Erstattung der bereits geleisteten Rentenzahlungen zu verlangen.

Zwar ist auch nach Auffassung des Senats durch die Aufnahme der Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister spätestens ab 00.00.1997 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten, denn der Kläger hatte im Gegensatz zum Zeitpunkt der Rentengewährung durch Vergleich im Vorprozess am 16.05.1995, zu dem er arbeitslos war, nunmehr wieder einen zumutbaren und leidensgerechten Arbeitsplatz inne. Nach der Arbeitgeberauskunft ist der Senat auch überzeugt, dass der Kläger die von ihm verlangten Arbeiten vollwertig über einen längeren Zeitraum und nicht auf Kosten seiner Gesundheit verrichtet hat. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß dem damals noch anzuwendenden § 1246 Reichsversicherungsordnung (RVO) a.F. lagen daher ab 00.00.1997 nicht mehr vor. Die Beklagte war daher gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X berechtigt, die Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zukunft zu entziehen. Dies ist vom Kläger durch die Beschränkung seines Antrags in der mündlichen Verhandlung letztlich auch akzeptiert worden.

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des ursprünglichen Rentenbescheides mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (hier: 00.00.1997) liegen nach Auffassung des Senats dagegen nicht vor. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1. die Änderung zugunsten des Betroffen erfolgt

2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist

3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder

4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

Nach § 48 Abs. 1 S. 3 SGB X gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen sind, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

Im vorliegenden Fall ist der Senat zunächst mit der Beklagten und dem Sozialgericht der Auffassung, dass der Kläger zumindest grob fahrlässig im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X seiner Mitteilungspflicht bezüglich der aufgenommenen Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister nicht nachgekommen ist. Aus dem Vorprozess musste dem Kläger nämlich bekannt sein, dass schon die früher im Tankstellenbetrieb T ausgeübte Tätigkeit als Tankwart nach Auffassung der Beklagten der Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit entgegen stand. Demgemäß ist in dem im Vorprozess am 16.05.1995 geschlossenen Vergleich Berufsunfähigkeit ausdrücklich erst ab einem Zeitpunkt angenommen worden, zu dem der Kläger keine Tätigkeit mehr ausübte. Dem Kläger musste daher klar sein, dass sich schon die nach Abschluss des Vergleichs im Jahre 1995 aufgenommene Tätigkeit auf seinen Anspruch auf Berufsunfähigkeit hätte auswirken können. Ihm mussten daher erst Recht mögliche Auswirkungen der Aufnahme einer Tätigkeit als mitarbeitender Kfz-Meister auf seine Berufsunfähigkeitsrente bewusst sein. Er hat daher grob fahrlässig gegen seine Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) verstoßen.

Nach der Regelung in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X soll in einem solchen Fall der ursprüngliche Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Die Formulierung "soll" bedeutet, dass dies in aller Regel zu geschehen hat. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (vgl. Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Auflage 1996, RdNr. 20 zu § 48, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG) kann nur in Ausnahmefällen - in sogenannten atypischen Fällen - allein für die Zukunft aufgehoben werden. Jedoch ist der Verwaltung in diesen Fällen ein von ihr auszuübendes Ermessen eingeräumt, auch dann noch für die Vergangenheit aufzuheben. Nur in atypischen Fällen muss daher nach der Rechtsprechung des BSG die Verwaltung ein Ermessen ausüben.

Eine solche atypische Fallgestaltung liegt nach Auffassung des Senats hier vor. Die Formulierung im Rentenbescheid vom 14.12.1995 zu den "Mitteilungspflichten" ist nach Auffassung des Senats nämlich äußerst missverständlich und konnte beim Kläger den Eindruck erwecken, dass in seinem Fall keine Mitteilungspflicht besteht. Zwar wird in dem Abschnitt "Mitteilungspflichten", auf den die Beklagte sich beruft, zunächst ausgeführt, Arbeitsentgelt und bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt würden, könnten Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher bestehe die gesetzliche Verpflichtung, der Beklagten das Hinzutreten oder die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen. Der nachfolgende Katalog der anzuzeigenden Leistung enthält hinsichtlich des hier betroffenen Arbeitsentgelts aber lediglich die Formulierung: "Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung aus einem vor Rentenbeginn begründeten Beschäftigungsverhältnis". Da der Katalog so formuliert ist, als handele es sich um eine abschließende Aufzählung, entsteht der Eindruck, dass in anderen Fällen erzieltes Arbeitsentgelt nicht anzugeben ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts ergibt sich daher aus den Hinweisen im Rentenbescheid keine eindeutige Mitteilungspflicht des Klägers. Nach der Rechtsprechung des BSG (s.o.) liegt bei der Anwendung des § 48 SGB X ein atypischer Fall, der die Ausübung von Ermessen erforderlich macht, insbesondere dann vor, wenn die Verwaltung an der Überzahlung ein Mitverschulden trifft sowie bei missverständlichen Hinweisen in Merkblättern. Da der Formulierung des Hinweises auf die Mitteilungspflichten in dem Rentenbescheid vom 14.12.1995 nach Auffassung des Senats in keiner Weise entnommen werden konnte, dass in Fällen der vorliegenden Art Arbeitsentgelt bzw. die Aufnahme einer Tätigkeit mitzuteilen ist, liegt ein atypischer Fall vor.

In dem Widerspruchsbescheid hat die Beklagte aber ausdrücklich ausgeführt, dass ein atypischer Fall nach ihrer Auffassung nicht vorliegt. Demgemäß finden sich weder in dem Bescheid vom 25.06.1999 noch im Widerspruchsbescheid vom 03.09.1999 Ausführungen zur Ermessensausübung. Die Gerichte sind aber generell nicht befugt, die im Verwaltungsverfahren fehlende Ermessensausübung durch die Verwaltungsbehörde durch eigene Ermessenserwägungen zu ersetzen. Vielmehr ist in solchen Fällen der Verwaltungsakt wegen fehlender Ermessensausübung aufzuheben (vgl. Schroeder-Printzen, a.a.O., Rdnr. 20 zu § 48).

Aus diesem Grunde war der Senat gehindert, die von ihm angesichts des grob fahrlässigen Verstoßes des Klägers gegen die ihm obliegenden Mitteilungspflichten für angemessen gehaltene Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung eines größeren Betrages der zu Unrecht empfangenen Berufsunfähigkeitsrente durch Urteil auszusprechen. Einem entsprechenden Vergleichsvorschlag des Senats hat der Sitzungsvertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aber nicht zugestimmt. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten waren daher - soweit noch streitig - in vollem Umfang aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger sich zunächst nicht nur gegen die rückwirkende Rentenentziehung gewandt hat, sondern auch über den 00.00.1997 hinaus Rente für die Zukunft begehrt hat.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved