L 12 KA 193/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1416/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 193/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Abrechenbarkeit der Nr. 1242 EBM (binokulare Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes, einschließlich Spaltlampenmikroskopie der vorderen und mittleren Augenabschnitte) neben der Nr. 1251 EBM (Lokalisierung von Netzhautveränderungen für einen gezielten operativen Eingriff) streitig.

Die Kläger waren im streitigen Quartal 1/00 im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis als Augenärzte in B. niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 31. Juli 2000 im Quartal 1/00 unter anderem in 72 Fällen 79-mal den Ansatz der Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO abgesetzt, weil neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO die Nr. 1242 BMÄ/E-GO nicht berechnungsfähig sei. Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Kläger vom 1. August 2000. Wie bereits erläutert, sei eine Unverträglichkeit zwischen den Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO nicht zu erkennen. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2001 den Widerspruch zurückgewiesen. Gemäß den Allgemeinen Bestimmungen A I 1 des EBM sei eine Leistung dann nicht berechnungsfähig, wenn sie Teil einer anderen berechnungsfähigen Leistung sei. Ob eine Leistung Teil einer anderen Leistung sei und deswegen nicht neben einer anderen Leistung abgerechnet werden könne, ergebe sich entweder aus dem Aufbau bestimmter Leistungskomple- xe oder aus dem Wortlaut einzelner Leistungslegenden oder aus besonderen Anmerkungen dazu. Neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO könne die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO nicht abgerechnet werden, da die Nr. 1242 BMÄ/E-GO Teilleistung der Nr. 1251 BMÄ/E-GO sei.

Hiergegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München vom 24. April 2001. Die in Frage stehende Leistung der Nr. 1242 BMÄ/E-GO sei nicht Teil der Leistung nach der Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Die Untersuchung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO umfasse die Untersuchung beider Augen, auch des nicht von einem operativen Eingriff betroffenen Auges. Die Nr. 1251 BMÄ/E-GO betreffe typischerweise das zu operierende Auge (nicht eben das Gegenauge) und enthalte auch nicht notwendigerweise die binokulare Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes. Insbesondere bei der fokalen Laserkoagulation nach fluoreszenzangiographischem Befund, aber auch bei Netzhautlöchern, bei denen vom Zuweiser oder Voruntersucher eine Angabe der Lokalisation gemacht werde, sei eine Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes nicht unbedingt notwendig, so dass offenkundig werde, dass die Nr. 1251 BMÄ/E-GO nicht den Leistungsinhalt der Nr. 1242 BMÄ/E-GO umfasse. Die Höherbewertung gegenüber der Nr. 1242 BMÄ/E-GO honoriere vielmehr die intellektuelle Leistung für die Indikationsstellung, welcher Eingriff und in welchem Umfang dieser vorgenommen werden solle. Der für den Rechtsstreit gültige EBM sehe auch keinen ausdrücklichen Ausschluss der gleichzeitigen Abrechnungsfähigkeit der genannten Nummern vor. Der Klageschrift liegt unter anderem ein Schreiben des Berufsverbandes der Augenärzte vom 13. November 1998 bei. Danach sei in den offiziellen EBM-Texten ein Ausschluss der Abrechenbarkeit der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO nirgends zu finden. Nur der gemeinsame Bewertungsausschuss von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen könne einen solchen Ausschluss einführen. Das Schreiben endet mit der Feststellung, dass aufgrund der Praxisbudgets auch die erlaubte Nebeneinanderabrechnung der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO keine positiven Auswirkungen auf das Honorar haben dürfte. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Juli 2001 Stellung genommen. Nicht jeder Ausschluss von Leistungen in der jeweils gültigen Gebührenordnung müsse explizit aufgeführt werden, zumal sich Leistungen auch anhand ihres im EBM niedergeschriebenen Leistungsinhaltes ausschließen könnten. So verhalte es sich auch mit dem Ausschluss der Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der spezielleren Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Beide Ziffern würden die Untersuchung des Augenhintergrundes beinhalten, wobei die Nr. 1251 BMÄ/E-GO unter Berücksichtigung der Operationsindikation gegenüber der Nr. 1242 BMÄ/E-GO die speziellere Untersuchung darstelle. Die Nr. 1242 BMÄ/E-GO werde somit vom Leistungsinhalt der Nr. 1251 BMÄ/E-GO umschlossen und sei unter Hinweis auf die Allgemeinen Bestimmungen A I 1 des EBM nicht gesondert abrechnungsfähig. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass weitere Verfahren des Klägers zu 1) (Einzelpraxis bis einschließlich Quartal 4/99) in gleicher Sache bei der 43. Kammer betreffend die Quartale 3/98, 4/98 und 2/99 (Az.: S 43 KA 1549/99; S 43 KA 2035/99; S 43 KA 982/00) anhängig seien. Dem Schreiben liegt eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 5. Juni 2000 bei. Zwar finde sich im EBM kein ausdrücklicher Abrechnungsausschluss, jedoch ergebe sich dieser aus den All- gemeinen Bestimmungen A I Teil A 1. Danach sei eine Leistung nicht berechnungsfähig, wenn Teile der einen Leistung ebenfalls Leistungsinhalt einer anderen berechnungsfähigen Leistung seien. Sowohl die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO als auch die Leistung nach der Nr. 1251 BMÄ/E-GO sei mit dem binokularen Ophthalmoskop durchzuführen. Würden bei der binokularen Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes Netzhautveränderungen festgestellt und lokalisiert, so könne für die Lokalisierung der Netzhautveränderungen im Rahmen der Durchführung der binokularen Untersuchung des Augenhintergrundes diese Leistung nicht extra bewertet werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2001 hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger kurz die Vorgehensweise der Kläger geschildert. Danach werde zunächst regelmäßig nicht jeder Patient "weit getropft". Es werde mit dem Ophthalmoskop zunächst der Teil des Augenhintergrundes betrachtet, der ohne vorheriges Weittropfen sichtbar sei. Würden Veränderungen der Netzhaut festgestellt, so schließe sich eine binokulare Untersuchung beider Augen an. Die Kläger haben erstinstanzlich den Antrag gestellt, den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2001 abzuändern und die Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der Nr.1251 BMÄ/E-GO zu vergüten.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 18. Juli 2001 die Klage abgewiesen. Allein aufgrund des Wortlautes der streitigen Gebührenpositionen ergebe sich kein gegenseitiger Ausschluss. Auch aus dem Umstand, dass vor dem 1. Januar 1996 expressis verbis im EBM ein Ausschluss der Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO vorgesehen gewesen sei, könnten keine Folgerungen, weder in der einen noch in der anderen Richtung, hergeleitet werden. Zu beachten sei allerdings, dass nach der Allgemeinen Bestimmung A I Teil A 1 eine Leistung dann nicht berechnungsfähig sei, wenn sie Teil des Inhalts einer anderen berechnungsfähigen Leistung sei. Das Gericht schließe sich hier der Auffassung der KBV an, wonach beide Leistungen nach den Gebührenordnungsnummern 1242 und 1251 BMÄ/E-GO mit einem binokularen Ophthalmoskop durchzuführen seien. Mit der Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO könne auch eine Lokalisierung von Netzhautveränderungen stattfinden, so dass grundsätzlich die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO die Leistung nach der Nr. 1251 BMÄ/E-GO miteinschließe und die Nr. 1251 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1242 BMÄ/E-GO an sich abgesetzt werden müsste. Aufgrund der Präambel A I Allgemeine Bestimmungen (EBM) Teil A Ziffer 1 könne für den Fall, dass die Berechnung von Leistungen nebeneinander ausgeschlossen sei, jeweils die höher bewertete Leistung berechnet werden. Insofern habe die Beklagte im Ergebnis zu Recht die Nr. 1251 BMÄ/E-GO belassen und die Nr. 1242 BMÄ/E-GO abgesetzt. Abgesehen davon bestätige die in der mündlichen Verhandlung geschilderte Vorgehensweise der Kläger den Ansatz der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO nebeneinander nicht. Klägerseits werde geltend gemacht, es würde zunächst mit dem Ophthalmoskop der Teil des Augenhintergrundes betrachtet, der ohne vorheriges Weittropfen sichtbar sei. Soweit die Kläger hierfür die Nr. 1242 BMÄ/E-GO in Ansatz bringen, sei äußerst fraglich, ob überhaupt die Leistungslegende der genannten Gebührenziffer erfüllt sei. Denn nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO sei der gesamte Augenhintergrund und nicht nur ein Teil des Augenhintergrundes zu unter- suchen. Die geschilderte Vorgehensweise der Kläger erfülle auch nicht die Leistungslegende der Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Bei der geschilderten Erstuntersuchung handle es sich um keine Untersuchung für einen gezielten operativen Eingriff, vielmehr um eine orientierende Untersuchung.

Hiergegen richtet sich die Berufung zum Bayer. Landessozialgericht vom 8. November 2001. Zunächst sei festzustellen, dass die Beklagte und das Erstgericht unterschiedlicher Meinung seien, welche der beiden Leistungsnummern die umfassendere sei. Diese Meinungsverschiedenheit sei bereits ein Indiz dafür, dass keine der beiden Nummern Teil des Inhalts der jeweils anderen Nummer sei. Die Auffassung des Erstgerichts, dass die Nr. 1242 BMÄ/E-GO die Nr. 1251 BMÄ/E-GO miteinschließe, ignoriere die Tatsache, dass es sich bei der Nr. 1251 BMÄ/E-GO in erster Linie um eine intellektuelle Leistung und keine rein ophthalmoskopische wie bei der Nr.1242 BMÄ/E-GO handle. Eine Lokalisierung von Netzhautveränderungen für einen gezielten Eingriff sei auch durchaus ohne eine binokulare Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes zu erbringen, so zum Beispiel durch Diaphanoskopie. Hierbei werde das Auge mit hellem Licht durchleuchtet, um zum Beispiel einen Aderhautnävus aufzufinden. Weiterhin könne mittels einer Ultraschalluntersuchung ein Netzhautloch bei Glaskörpereinblutung lokalisiert werden ohne eine binokulare Untersuchung des Augenhintergrundes. Eine Lokalisation werde von den Klägern auch häufig anhand von floureszenzangiographischen Bildern erbracht. Auch wenn eine Lokalisation am hinteren Augenpol vorgenommen werde, sei hierzu eine Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO nicht notwendig. Zum Beweis hierfür wird ein Sachverständigengutachten angeboten. Klargestellt werde, dass die Nr. 1242 BMÄ/E-GO von den Klägern nur nach Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes in Ansatz gebracht werde. Diese Untersuchung setzte nicht zwangsläufig eine vorherige Pupillenerweiterung voraus. Sie könne auch bei enger Pupille mit einem Spezialkontaktglas durchgeführt werden. Zur genauen Lokalisa- tion für einen operativen Eingriff sei jedoch eine nachfolgende Pupillenerweiterung notwendig. Auch hierzu wird zum Beweis ein Sachverständigengutachten angeboten. Bereits dieser Sachverhalt zeige, dass die Nr. 1242 BMÄ/E-GO die Leistung nach der Nr. 1251 BMÄ/E-GO keineswegs miteinschließe. Dem Wortlaut nach setze die Nr. 1242 BMÄ/E-GO im Übrigen lediglich die Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes (Einzahl) voraus, so dass es durch- aus möglich sei, an einem Auge die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO zu erbringen und am anderen Auge die Lokalisation nach der Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Im Termin zur mündlichen Verhandlung habe sich die Gegenseite dahingehend geäußert, dass die anderen augenärztlichen Kollegen zunächst die Nr. 1242 BMÄ/E-GO erbräch- ten und drei Tage später sodann die Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Nur auf diese Weise seien beide Nummern nebeneinander abrechnungsfähig. Diese Auffassung müsse erstaunen, da in diesem Falle keine anderen Leistungen erbracht werden könnten, sondern lediglich eine zeitliche Zäsur vorliege. Es stelle sich dann auch die Frage, wie lange diese zeitliche Zäsur sein müsse. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. April 2002 Stellung genommen. Der Ausschluss der Nebeneinanderabrechnung der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO könne zwar nicht aus dem Wortlaut der Leistungslegenden abgeleitet werden, ergebe sich aber aus Sinn und Zweck der Vorschriften sowie der tatsächlich im Zusammenhang mit den Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO durchzuführenden ärztlichen Untersuchung. Komme der Patient erstmalig in die Praxis eines Augenarztes bzw. würden bei dem Patienten nicht bereits in vorhergehenden Untersuchungen Netzhautveränderungen festgestellt, werde zunächst eine orientierende Untersuchung mit dem binokularen Ophthalmoskop durchgeführt. Werde im Rahmen dieser Untersuchung eine Netzhautveränderung festgestellt, sei damit auch untrennbar deren Lokalisation verbunden. Sollte sich der Patient in einem solchen Fall sofort im Anschluss an die Diagnostizierung mit einer "Laser-Op" einverstanden erklären, sei eine nochmalige Lokalisation der Netzhautveränderung für den gezielten operativen Eingriff nicht mehr erforderlich. Komme der Patient allerdings an einem gesonderten Termin zur "Laser-Op", könne am Tag der Diagnostizierung der Netzhautveränderung nur die Nr. 1242 BMÄ/E-GO zur Abrechnung kommen. Am "Op-Tag" müsse die zu lasernde Stelle nochmals lokalisiert werden, hierfür sei dann die Nr. 1251 BMÄ/E-GO abrechenbar. In diesem Falle liege auch die von der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz erwähnte zeitliche Zäsur vor. Wie sich aus den der Verwaltungsakte beiliegenden Datenträger- ausdrucken ergebe, erfolgten die orientierende Untersuchung und die "Laser-Op" seitens der Kläger immer am gleichen Tag. Eine Nebeneinanderabrechnung der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO scheide daher aufgrund obiger Ausführungen aus. Auch die Notwendigkeit der Pupillenerweiterung für die eine oder andere Leistung könne die Nebeneinanderabrechnung nicht rechtfertigen. Es sei davon auszugehen, dass es der augenärztlichen Sorgfaltspflicht entspreche, bei völlig unbekanntem Krankheitsbild die Pupille auch bereits vor der orientieren Untersuchung "weit zu tropfen". Die von der Klägerseite dargestellte Konstellation - rechtes Auge Nr. 1242 BMÄ/E-GO und linkes Auge Nr. 1251 BMÄ/E-GO - und die daraus abgeleitete Nebeneinanderabrechnung sei ebenfalls nicht gerechtfertigt, da bei den Augen als paarigem Organ auch die Nr. 1242 BMÄ/E-GO nicht mehrfach nebeneinander abgerechnet werden könne. Auch die Argumentation der Klägerseite, die Lokalisation einer Netzhautveränderung für einen gezielten Eingriff sei auch ohne eine binokulare Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes möglich, sei nicht geeignet, das Nebeneinander der Nrn. 1242 und 1251 BMÄ/E-GO zu begründen. Überraschenderweise komme selbst die Klägerseite in Absatz 4 der Berufungsbegründung zu dem Ergebnis, dass zur Lokalisierung von Netzhautveränderungen zum Beispiel durch Diaphanoskopie oder Ultraschalluntersuchung die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO nicht notwendig sei. Um so mehr stelle sich die Frage, warum die Kläger dann die Nrn. 1242, 1251 BMÄ/E-GO in jedem streitgegenständlichen Fall nebeneinander für erforderlich halten und abrechnen würden. Die Art der Untersuchungsmethode könne nicht das entscheidende Kriterium sein. Soweit das Gericht hinsichtlich der medizinischen Aspekte weiteren Klärungsbedarf sehe, werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Hierzu hat die Klägervertreterin nochmals mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 Stellung genommen. Die Ausführungen der Beklagten seien sachlich in mehrfacher Hinsicht falsch. Es sei richtig, dass bei einer orientierenden Untersuchung mit einem binokularen Ophthalmoskop eine Netzhautveränderung identifiziert werden könne und oftmals auch werde. Da aber in der Praxis selten die Laserbehandlung unmittelbar bei der Untersuchung stattfinden könne, aus forensischen Gründen sich dies schon verbiete, erfolge nach der binokularen Augenhintergrunduntersuchung die Aufklärung des Patienten und gegebenenfalls am gleichen Tag die Laseroperation. Diese erfolge an einer speziellen Laserspaltlampe mit vom Untersuchungsmikroskop unterschiedlichen optischen Eigenschaften und mache eine neuerliche genaue Lokalisation der zu behandelnden Läsion nötig, es fänden immer zwei Untersuchungen statt, die Funduskopie und die Lokalisation an der Laserspaltlampe. Abgesehen davon könne eine Lokalisation für einen laserchirurgischen Eingriff auch ohne Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO erfolgen, zum Beispiel nach extern erfolgten bildgebenden Verfahren, insbesondere bei der häufigen zentralen Laserkoagulation, bei der lediglich eine Untersuchung des zentralen Augenhintergrundes zur Lokalisation notwendig sei. Wenn also hierbei der gesamte Fundus untersucht werde, werde zusätzlich zur Lokalisation eine Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO erbracht. Da sich beide Seiten auf Sachverständigenstellungnahmen berufen würden, werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2003 hat die Klägerbevollmächtige noch ein nach ihrer Ansicht für die Kläger sprechendes Urteil des Sozialgerichts München vom 8. Januar 2002 (Az.: S 28 KA 1359/01) übersandt.

Die Klägervertreterin stellt sinngemäß den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 31. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2001 zu verurteilen, dem Kläger die in 72 Fällen 79-mal abgesetzte Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO nachzuvergüten.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte mit dem Az.: S 38 KA 1416/01 und die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 193/01 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch gemäß § 143 SGG statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht München hat in dem angefochtenen Urteil vom 18. Juli 2001 im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 20. März 2001 abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Nachvergütung der in 72 Fällen 79-mal abgesetzten Nr. 1242 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnungen ist in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegenden maßgeblich. Erweiternde Interpretationen der Leistungslegenden sind nur in engen Grenzen zulässig. Die Zurückhaltung bei der Auslegung des EBM-Ä bzw. der Vertragsgebührenordnungen beruht auf ihrem, dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten einerseits und Krankenkassen andererseits dienenden, vertraglichen Charakter. Es ist in erster Linie Aufgabe der Bewertungsausschüsse, unklare Regelungen der Gebührenordnung zu präzisieren. Wegen der aus funktionalen Gründen gebotenen Zurückhaltung der Gerichte bei der Auslegung der Gebührenordnungen kann eine systematische Interpretation lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur insoweit in Betracht, als Dokumente vorliegen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung erläutert haben. Die Leistungsbeschreibungen dürfen schließlich auch weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1999, SozR 3-5533 Nr.2449 BMÄ Nr.1 S.3 mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

In Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aus dem Wortlaut der beiden hier einschlägigen Leistungsnummern 1242 BMÄ/E-GO (binokulare Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes, einschließlich Spaltlampenmikroskopie der vorderen und mittleren Augenabschnitte) und Nr. 1251 BMÄ/E-GO (Lokalisierung von Netzhautveränderungen für einen gezielten operativen Eingriff) ergibt sich zunächst nicht grundsätzlich und generell, dass beide Ziffern nicht nebeneinander abgerechnet werden können. Bei dieser Betrachtung ist allerdings auch die Vorschrift der Allgemeinen Bestimmungen A I Teil A 1 Satz 2 des EBM zu berücksichtigen, wonach eine Leistung dann nicht neben oder anstelle einer anderen Leistung berechnungsfähig ist, wenn sie Teil des Leistungsinhalts einer anderen berechnungsfähigen Leistung oder eines Leistungskomplexes ist. Durch die generelle Regelung in A I Teil A 1 Satz 2 konnte in den Vertragsgebührenordnungen darauf verzichtet werden, jeweils in Anmerkungen nach allen in Frage kommenden Gebührenordnungsnummern aufzuzählen, welche Nummern neben dieser Leistung nicht berechnet werden können. Insofern sind die nach bestimmten Gebührenordnungsnummern in Anmerkungen festgehaltenen Ausschlussbestimmungen nicht vollständig und betreffen nur jene Positionen, bei denen es der Bewertungsausschuss für zweckdienlich gehalten hat, die Ausschlüsse der Nebeneinanderberechnung gesondert zu erwähnen, um Abrechnungsirrtümern vorzubeugen. Daraus darf aber nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass dort, wo spezifische Ausschlüsse nicht formuliert sind, eine Nebeneinanderberechnung generell möglich wäre. Vorliegend ist die Nebeneinanderabrechnung der Nrn. 1242, 1251 BMÄ/E-GO dann ausgeschlossen mit der Folge der Absetzung der geringer bewerteten Nr. 1242 BMÄ/E-GO, wenn die beiden Ziffern vom selben Arzt an einem Tag erbracht worden sind. Medizinisch ist in tatsächlicher Hinsicht von folgendem Untersuchungsvorgang auf der Grundlage der letzten Stellungnahme der Klägerbevollmächtigten auszugehen. Zunächst erfolgt eine orientierende Untersuchung mit einem binokularen Ophthalmoskop. Im Rahmen dieser Untersuchung wird wegen gefundener Netzhautveränderungen eine Operationsindikation gestellt. Die Kläger stellen daher dem Patienten eine sofortige Laseroperation am gleichen Tag anheim. Es erfolgt diesbezüglich die Aufklärung des Patienten und im Anschluss daran die Laseroperation. Diese Laseroperation erfolgt an einer speziellen Laserspaltlampe mit vom Untersuchungsmikroskop unterschiedlichen optischen Eigenschaften und macht eine neuerliche genaue Lokalisation der zu behandelnden Läsion nötig. Auf der Grundlage dieses medizinischen Sachverhaltes ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Kläger ist die für die Durchführung der Laseroperation mit der speziellen Laserspaltlampe notwendige neuerliche genaue Lokalisation an dem Operationsgerät wegen der gegenüber dem Untersuchungsmikroskop unterschiedlichen optischen Eigenschaften nicht mit der Nr. 1251 BMÄ/E-GO abzurechnen. Dass der bzw. die Kläger die Laserspaltlampe präzise einstellen müssen, um an der richtigen Stelle zu lasern, ist selbstverständlicher Bestanteil der Operationsleistung und daher mit der Operationsleistung nach der Nr. 1363 BMÄ/E-GO (Licht- bzw. Laser-Koagulation(en) der Netzhaut und/oder der Aderhaut) bzw. der Nr.1365 BMÄ/E-GO (Licht- bzw. Laser-Koagulation(en) der Netzhaut und/oder der Aderhaut, jede weitere Sitzung im Behandlungsfall an demselben Auge) abgegolten. Soweit im Rahmen einer binokularen Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes mittels binokularen Ophthalmoskops Netzhautveränderungen festgestellt werden, ist damit auch untrennbar deren Lokalisation verbunden. In diesem Fall kann die Lokalisation der Netzhautveränderungen im Rahmen der Durchführung der binokularen Untersuchung des Augenhintergrundes nicht zusätzlich abgerechnet werden. Der Senat stimmt diesbezüglich der entsprechenden Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in deren Stellungnahme vom 5. Juni 2000 zu. Die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO umfasst daher bei ein und demselben Arzt-Patienten-Kontakt die Nr. 1251 BMÄ/E-GO. Dementsprechend wäre an sich die Nr. 1251 BMÄ/E-GO neben der Nr. 1242 BMÄ/E-GO abzusetzen. Nach den Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I. Teil A Absatz 3 kann aber die jeweils höher bewertete Leistung berechnet werden, wenn die Berechnung der Leistungen nebeneinander ausgeschlossen ist. Da die Nr. 1251 BMÄ/E-GO mit 270 Punkten höher bewertet ist als die Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO mit 160 Punkten, ist dem Kläger die Nr. 1251 BMÄ/E-GO zu belassen und stattdessen die Nr. 1242 BMÄ/E-GO abzusetzen. Im Gegensatz zu der hier vorliegenden Fallgestaltung kommt die Nr. 1251 BMÄ/E-GO typischerweise dann zur Abrechnung, wenn ein Augenarzt im Rahmen einer orientierenden Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes mit dem binokularen Ophthalmoskop Netzhautveränderungen feststellt (= Leistung nach der Nr. 1242 BMÄ/E-GO) und deswegen den Patienten nunmehr an einen Operateur überweist. Die von dem personenverschiedenen Operateur durchgeführte nochmalige Lokalisation der Netzhautveränderungen mit dem binokularen Ophthalmoskop - nicht mit dem Operationsgerät - für den gezielten operativen Eingriff ist von diesem mit der Nr. 1251 BMÄ/E-GO abrechenbar. Die Nr. 1251 BMÄ/E-GO ist weiter dann abrechenbar, wenn ein Augenarzt im Rahmen einer orientierenden Untersuchung des gesamten Augenhintergrundes mit dem binokularen Ophthalmoskop Netzhautveränderungen feststellt und die Laser-Operation selbst durchführt - aber an einem anderen Tag zu einem gesonderten Termin. Die Diagnostizierung der Netzhautveränderung ist hier mit der Nr. 1242 BMÄ/E-GO abzurechnen. Am Operationstag muss dann die zu lasernde Stelle nochmals - mit dem binokularen Ophthalmoskop - für die Operation genau lokalisiert werden, was mit der Nr. 1251 BMÄ/E-GO abzurechnen ist. Beide Fallgestaltungen, die eine Abrechnung sowohl der Nr. 1242 BMÄ/E-GO als der Nr. 1251 BMÄ/E-GO erlauben, liegen bei den hier streitigen Fällen nicht vor. Vielmehr erfolgte nach den Angaben der Kläger und den vorliegenden Behandlungsausweisen - durchaus zur Überraschung des Senats - die Diagnostizierung der Netzhautveränderungen und die Laser-Operation in allen Fällen an ein und demselben Tag. Die Absetzung der Nr. 1242 BMÄ/E-GO erfolgte daher zu Recht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1, 4 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved