L 14 KG 22/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 72/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 22/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.-

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Kindergeldanspruch für das am 1994 geborene nichteheliche Kind L. für die Zeit vom 01.04.1998 bis 31.12.1999.

Die im Jahre 1993 geschiedene und im Jahre 1997 wieder verheiratete Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, bezog von der Beklagten - bereits vor dem 01.01.1996 - Kindergeld für das weder vom ersten noch vom zweiten Ehemann stammende Kind L ... Sie wurde für die Zeit ab 01.10.1997 beim Deutschen Entwicklungsdienst gemeinnützige Gesellschaft mbH (DED), Berlin, eingestellt und ist für diesen ab 01.04.1998 in Namibia, Afrika, als Entwicklungshelferin tätig.

Bei einem wohnsitzbedingten Wechsel des Arbeitsamts - Kindergeldkasse - übersandte sie der Beklagten das am 11.10.1997 ausgefüllte Formular "Antrag auf Kindergeld". Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.11.1997 entschied das Arbeitsamt Nürnberg, dass dem "Antrag auf Kindergeld vom 11.10.1997" nicht entsprochen werden könne, weil zwar die Voraussetzungen der §§ 1 und 2 Bundeskindergeldgesetz neue Fassung (BKGG n.F.) erfüllt seien, aber nach den vorliegenden Unterlagen dem leiblichen Vater (Herrn F.) des Kindes L. ein Kinderfreibetrag nach dem Einkommensteuergesetz zustehe (Rechtsmittelbelehrung: Widerspruch).

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe weiterhin einen Anspruch gemäß § 1 Abs.1 Nr.2, § 3 Abs.2 BKGG n.F., weil das Kind in ihrem Haushalt lebe und mit ihr nach Afrika ausreisen werde; im Falle der Ablehnung werde vorsorglich das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) beantragt.

Mit weiterem Bescheid vom 06.03.1998 entschied das Arbeitsamt Nürnberg, dem Widerspruch werde insoweit stattgegeben, als bis März 1998 ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG zuerkannt werde, weil die Klägerin bis dahin einen Wohnsitz in der BRD gehabt habe. Dieser Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) "Verfahrensgegenstand". Der (zweite) Ehegatte der Klägerin "rügte" am 11.03.1998 telefonisch diese Entscheidung. Die Klägerin legte im Oktober 1998 erneut "Widerspruch" ein und machte einen Anspruch auf Kindergeld für die Zeit ab 01.04.1998 geltend, weil sie alleine sorgeberechtigt für L. sei, das Kind in ihrem (ausländischen) Haushalt lebe und keinerlei Kontakt zu dem leiblichen Vater bestehe.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den "Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.11.1997" mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.1998 mit folgendem Ausspruch zurück: 1. Ein Kindergeldanspruch nach dem Einkommensteuergesetz wird bis März 1998 anerkannt. 2. Im Übrigen wird der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. 3. Im Widerspruchsverfahren gegebenenfalls entstandene notwendige Aufwendungen können zu 1/10 erstattet werden. Zur Begründung wurde angegeben, dass gemäß § 2 Abs.4 BKGG Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG Kindergeld oder Kinderfreibetrag zustehe, nicht berücksichtigt würden. Der Kindsvater, nicht aber die Klägerin, habe einen Wohnsitz in der BRD, sei deswegen unbeschränkt steuerpflichtig und habe Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG; für die Anwendung der Konkurrenzvorschrift des § 2 Abs.4 BKGG sei es unschädlich, ob der nach dem EStG Anspruchsberechtigte das Kindergeld selbst erhalte; der Anspruchsausschluss trete vielmehr auch ein, wenn dieser Elternteil kein Kindergeld beantragt habe (Rechtsmittelbelehrung: Klage beim Sozialgericht Nürnberg).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 11.11.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie Kindergeld für den Sohn L. ab 01.04.1998 nach den Vorschriften des BKGG zu bezahlen. Sie hielt § 1 Abs.1 Nr.2, § 2 Abs.5 Satz 2 BKGG n.F. für einschlägig und § 2 Abs.4 BKGG n.F. für unanwendbar. Es müsse wegen des besonderen Berufsbilds des Entwicklungshelfers das "Obhutsprinzip" auch bei Aufenthalt im Ausland gelten; es gehe nicht an, dass dem leiblichen Vater des Kindes bei Auslandstätigkeit der Mutter das Kindergeld bzw. der Kinderfreibetrag zuwachse. Es bestehe ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz insoweit, als im Ausland tätige Entwicklungshelfer-Ehepaare das Kindergeld beziehen könnten, ebenso der im Inland zurückgebliebene sorgeberechtigte Elternteil. Außerdem müsse Art.6 des Grundgesetzes (GG) geprüft werden, weil die ausreisenden Entwicklungshelfer (sinngemäß: unter Zugrundelegung derselben Familienverhältnisse wie bei der Klägerin) zum Erhalt des Kindergelds gezwungen sein würden, das Kind im Inland zu belassen. Es sei willkürlich, wenn im Falle der Klägerin dem leiblichen Vater nur der Kinderfreibetrag, der eventuell nicht ausgeschöpft werden könne, zustehe.

Die Beklagte ermittelte während des Klageverfahrens erstmals, dass der leibliche Vater bis zum Jahre 1998 beim zuständigen Finanzamt Hannover "steuerlich nicht geführt" worden sei, obwohl von der Stadt Hannover Lohnsteuerkarten für die Jahre 1996 und 1997 mit dem Eintrag eines halben Kinderfreibetrags ausgestellt worden seien. Die Lohnsteuerkarten für 1996 und 1997 seien an die Stadt Hannover zurückgegeben, und für das Jahr 1998 sei keine Lohnsteuerkarte ausgegeben worden.

Die Beklagte vertrat im Rechtsstreit die Ansicht, verfassungsrechtliche Bedenken gegen die bestehende Regelung (dem leiblichen Vater stehe der Kinderfreibetrag zu, unter Umständen bei Auslandsaufenthalt des Kindes in geminderter Höhe) verstoße weder aus steuerrechtlicher noch aus sozialrechtlicher Sicht gegen die Verfassung. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29.05.1990 (BVerfGE 82, 60) sei der vom Verfassungsgericht dem Gesetzgeber freigestellte Systemwechsel durch vorrangige Regelung des Kindergeldrechts im EStG erfolgt. Durch die Vorschriften des EStG n.F. werde die Besteuerung des Existenzminimums des Kindes vermieden und das sozialrechtliche Kindergeld ausgeschlossen, wenn das Existenzminimum des Kindes durch steuerliches Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag dem Grunde nach gesichert sei (gemeint: wenn eine Besteuerung der Einkünfte in Höhe des Existenzminimums für ein Kind durch den Kinderfreibetrag vermieden oder durch Kindergeld ausgeglichen werde). Bei dieser Lage sei ein Anspruch auf Sozialleistungen, hier Kindergeld nach dem BKGG n.F., aus Art.6 Abs.1 und 20 Abs.1 GG nicht herleitbar; diese Aufgabe der Gewährleistung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein komme der Sozialhilfe und nicht dem Kindergeld zu (es folgen Zitate aus Entscheidungen des BVerfG und des BSG).

Mit Urteil vom 15.03.1999 wies das Sozialgericht die Klage ab. Soweit ein Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG versagt werde, bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für eine sozialgerichtliche Klärung, selbst wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs.1 bis 3 EStG nicht, noch nicht bzw. nicht bestandskräftig oder rechtskräftig geklärt seien, wofür die Sozialgerichte sachlich nicht zuständig seien. Die Klage wegen des "sozialrechtlichen" Kindergelds sei unbegründet. Ein Anspruch hierauf bestehe nach der ab 01.01.1996 gegebenen Gesetzeslage nicht. Gemäß dem EStG sei sichergestellt, dass von den Einkünften der Eltern das Existenzminimum für die Kinder nicht besteuert werde; es sei systemgerecht, denjenigen - Klägerin und leiblichem Vater des Kindes - , bei denen ein steuerlicher Zugriff auf das Erwerbsvermögen nicht stattfinde, keine Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichs (EStG n.F.) zu gewähren, ebenso, hierfür grundsätzlich keine Sozialleistungen (nach dem BKGG n.F.) bereitzustellen. Kindergeld nach dem BKGG n.F. werde nur in besonderen Fällen (z.B. elternlose Kinder; z.B. Gewährleistung des Kindergelds im EG-Bereich) aus sachlichen, nicht gegen Art.3 GG verstoßenden Gründen gewährt. Der Leistungsausschluss des § 2 Abs.4 BKGG n.F. sei verfassungsgemäß, weil bereits über das Steuerrecht für ein Kind eine (teilweise) Entlastung erfolge. Denn die vorliegende Fallgestaltung betreffe einen Sachverhalt, bei dem der im Inland verbliebene leibliche Elternteil, der keinen Betreuungsunterhalt leisten könne, grundsätzlich für minderjährige Kinder oder Kinder in Ausbildung zum Barunterhalt verpflichtet sei, unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall ein Unterhaltsanspruch verwirklicht werde oder werden könne oder ob die leiblichen Eltern eine andere Regelung über den Barunterhalt getroffen hätten. Verfassungsrechtlich unbedenklich seien damit auch Rechtsfolgen, die in Einzelfällen "unzuträglich erschienen" oder für die der Gesetzgeber ebenfalls aus sachgerechten Gründen eine andere gesetzliche Regelung hätte finden können.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt die Klägerin vor, die "Auslegung" des § 2 Abs.4 BKGG n.F. vom reinen Wortlaut her durch das Sozialgericht sei unerträglich; es bestehe in ihrem Falle eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte, unerkannte Lücke. Es sei davon auszugehen, dass vom Sachprogramm des Entwicklungshelfer-Gesetzes (EhfG) her die Regelung des Kindergelds für Entwicklungshelfer ebenso im EhfG selbst hätte aufgenommen werden können. Nach dem Sachprogramm des EhfG, "die Entwicklungshelder im Ergebnis möglichst so zu stellen, wie sie bei inländischer Beschäftigung ständen", müssten Entwicklungshelfer für ihre in ihren Haushalt aufgenommenen Kinder auch dann Kindergeld erhalten, wenn der leibliche Vater der Kinder nicht in diesem gemeinsamen Haushalt lebe. Ob der leibliche Vater der Kinder mit der Entwicklungshelferfamilie ins Gastland ausgereist sei bzw. sich aus anderen Gründen nicht im Inland aufhalte, oder nach wie vor sich im Inland aufhalte und damit dem Grunde nach der Steuerpflicht unterliege, sei für dieses Sachprogramm des Gesetzgebers unerheblich. Es bestehe im Kindergeldrecht eine unbeabsichtigte Lücke, wie das BSG in Angelegenheiten des Mutterschaftsgeldes und des Erziehungsgeldes zu Gunsten der Entwicklungshelfer entschieden habe (BSG 1/3 RK 1/90 und 14 REg 6/94). Falls aber § 2 Abs.4 BKGG n.F. nicht im Sinne der Lückenschließung (Gewährung von Kindergeld in ihrem Falle) auszulegen sei, so bestünden verfassungsrechtliche Bedenken, im Übrigen auch in drei beim Sozialgericht Nürnberg anhängigen Fällen, die nicht aus Art.6 und Art.20 GG ableitbar seien, sondern aus Art.3 Abs.1 GG. Der Gruppe der Entwicklungshelfer sei der besondere Anspruch auf Kindergeld zusätzlich zu den Unterhaltsleistungen gemäß § 4 Abs.1 Nr.1 EhfG durch gesetzgeberische Entscheidung zuerkannt worden. Es gebe keine nachvollziehbare Begründung, warum Entwicklungshelfer nur deshalb nicht das ihnen grundsätzlich zustehende Kindergeld beanspruchen könnten, weil das Kind einen im Inland zurückgebliebenen leiblichen Elternteil besitze und obwohl dieser mit der Sorge und dem unmittelbaren materiellen Aufwand für das Kind im Sinne der Familienförderung durch den sozialrechtlichen Familienlastenausgleich nichts zu tun habe.

Nach Änderungen des BKGG n.F. und des EStG n.F. erteilte die Beklagte der Klägerin den Bescheid vom 05.03.2002, mit dem ihr Kindergeld ab 01.01.2000 bewilligt wurde. In diesem Zusammenhang vertritt die Beklagte die Ansicht, der Kindergeldbezug der Klägerin ab Januar 2000 beruhe auf einer eindeutigen gesetzlichen Regelung und sei für die vorausgehende Zeit nicht gerechtfertigt.

Der Senat hat eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vom 16.05.2002 eingeholt; dieses legte folgendes zur Entstehungsgeschichte des § 2 Abs.4 BKGG in der bis 31.12.1999 und ab 01.01.2000 geltenden Fassungen unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründungen (Bundestags-Drucksachen 13/1558, S.163 ff. und 14/6160, S.14 ff.) dar: "Beide Fassungen (Anmerkung § 2 Abs.4 BKGG) sind Konkurrenz- vorschriften zur Vermeidung der doppelten Berücksichtigung von Kindern beim steuerlichen Familienleistungsausgleich nach § 31 EStG und dem sozialrechtlichen Kindergeld nach § 1 ff. BKGG. Sie betreffen nicht nur Entwicklungshelfer, sondern alle Fallgestaltungen, in denen ein Elternteil eines Kindes steuerpflichtig und ein anderer Elternteil nach § 1 BKGG berechtigt ist. Derartige Fallgestaltungen betreffen vor allem Entsendungen von Elternteilen innerhalb Europas und Fälle, in denen sich aus der VO (EWG) Nr.1408/71 Ansprüche von in Deutschland nicht steuerpflichtigen Elternteilen ergeben, während der jeweils andere Elternteil in Deutschland lebt und damit unbeschränkt steuerpflichtig ist. Es ist nicht bekannt, welchen Anteil Entwicklungshelfer an den Anwendungsfällen von § 2 Abs.4 BKGG haben.

Die ursprüngliche Fassung setzte bei dem Vorrang des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach § 31 EStG an. Dieser lässt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (umfassend dazu BVerfG vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91) ableiten. Danach ist verkürzt dargestellt die steuerliche Freistellung elterlichen Einkommens in Höhe des Existenzminimums ihrer Kinder in jedem Falle geboten, eine darüber hinausgehende Förderung in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt. So lange ein Elternteil in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist, wird bei ihm das Existenzminimum seiner Kinder durch Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs.6 EStG freigestellt. Wenn der andere Elternteil des Kindes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, wird bei dem steuerpflichtigen Elternteil das volle Existenzminimum des Kindes freigestellt (§ 32 Abs.6 Satz 3 Nr.2 EStG). Damit ist dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der steuerlichen Verschonung des elterlichen Einkommens in Höhe des Existenzminimums des Kindes Rechnung getragen. Das gilt auch dann, wenn die Freibeträge nach § 32 Abs.6 Satz 4 EStG wegen der Verhältnisse des Wohnsitzstaates (Anmerkung: Ausland) des Kindes gekürzt sind. Es gilt insbesondere auch dann, wenn der Steuerpflichtige kein Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG erhält, weil das Kind nicht innerhalb der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des europäischen Wirtschaftsraums lebt (vgl. § 63 Abs.1 Satz 3 EStG). Im Ergebnis war mit dieser Fassung von § 2 Abs.4 BKGG ausgeschlossen, dass für ein Kind, dessen Existenzminimum im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 EStG durch Kindergeld oder Freibeträge für Kinder steuerlich freigestellt war, zusätzlich ein sozialrechtliches Kindergeld gezahlt wurde. Nach Auffassung des Gesetzgebers bestand dazu keine Veranlassung (Bundestags-Drucksache 13/1558, S.163 ff.).

Ausgangspunkt für die Neukonzeption war die Petition einer alleinerziehenden Entwicklungshelferin. Bei den Vorarbeiten zur Neugestaltung waren sich die beteiligten Ressorts darüber aber einig, dass eine für alle Fallgestaltungen, in denen ein Kind sowohl im Rahmen des steuerlichen Familienleistungsausgleichs nach § 31 EStG als auch nach dem BKGG berücksichtigt werden kann, tragfähige Lösung gefunden werden müsse. Ebenfalls bestand unter den Ressorts Einvernehmen, dass durch die Neugestaltung keine Doppelleistungen ermöglicht werden sollten. Kindergeld, das nach §§ 62 ff. EStG bereits für in der EU bzw. im EWR lebende Kinder an die steuerpflichtigen Elternteile gezahlt worden war, konnte nicht zurückgefordert werden. Deshalb war im Regierungsentwurf eine Änderung mit Wirkung ab 01.01.2002 vorgesehen.

In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt: " ... die bisherige Regelung führt in Abweichung von §§ 64 EStG und 3 BKGG dazu, dass in Fällen, in denen nur ein Elternteil unbeschränkt steuerpflichtig ist, dieser das Kindergeld auch dann erhält, wenn nicht er, sondern der andere Elternteil das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder ihm überwiegend Unterhalt leistet. Besteht nach beiden Gesetzen ein Anspruch, so ist künftig derjenige kindergeldberechtigt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder - wenn das Kind nicht im Haushalt eines Elternteils lebt - ihm den höheren Barunterhalt leistet (Bundestags-Drucksache 14/6160, S.14 ff.). Zur Vermeidung von Doppelzahlungen von Kindergeld wurde in § 63 Abs.1 EStG ein neuer Satz 4 angefügt, der die Kindergeldzahlung nach dem EStG für Kinder ausschließt, für die nach der neuen Fassung von § 2 Abs.4 BKGG Kindergeld gezahlt wird. Nach der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung hat sich der Präsident des Deutschen Bundestages an den Bundeskanzler mit der Bitte gewandt, dafür Sorge zu tragen, dass die Neuregelung schon zum 01.01.2000 Anwendung finden könne. Die wenigen Fälle möglicher Doppelzahlung, die damit entstünden, könnten den Bundeshaushalt nicht übermäßig belasten. Diesem Schreiben des Präsidenten des Deutschen Bundestages lag ein entsprechender Beschluss des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages zugrunde. In der Bundesregierung bestand Einvernehmen, dass die vom Parlament gewünschte Regelung nur durch ausdrückliche Änderung der Inkrafttretensregelungen des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung herbeizuführen sei. Deshalb wurde dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages vorgeschlagen, im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2001 eine entsprechende Regelung zu treffen. Dies ist dann auch geschehen (Art.36 Steuerrechtsänderungsgesetz BGBl.I 2001, S.3794, 3820)."

Das BMFSFJ hat außerdem dargelegt, dass die Regelungen über das Kindergeld, insbesondere in der früheren Fassung des § 2 Abs.4 BKGG, nicht verfassungswidrig seien.

Der Senat hat weiterhin beim leiblichen Vater des Kindes L. angefragt und durch Einsicht in die Einkommensteuerbescheide für 1998 bis 2000 geklärt, dass dieser in den genannten Zeiträumen Einkünfte erzielt hat und bei der Festsetzung der steuerlichen Grundlagen Kinderfreibeträge berücksichtigt worden sind.

Mit Beschluss vom 29.11.2002 hat der Senat den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Finanzgericht Nürnberg verwiesen, soweit er das von der Klägerin begehrte Kindergeld nach dem EStG betrifft.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.03.1999 und den Bescheid der Beklagten vom 11.11.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Kindergeld für die Zeit vom 01.04.1998 bis 31.12.1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat haben zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf sowie auf den Inhalt der zu Beweiszwecken beigezogenen Kindergeldakte der Beklagten wird zur Ergänzung des Tatbestandes, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 SGG), in der Hauptsache aber nicht begründet.

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass der Klägerin das Kindergeld für L. nach den Vorschriften des BKGG n.F. für die Jahre 1998/99 nicht zusteht.

1. Gegenstand des Verfahrens war der Bescheid vom 11.11.1997 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 06.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998, wobei die Wirkung der Ablehnung des begehrten Anspruchs durch den Bewilligungsbescheid vom 05.03.2002 eine zeitliche Begrenzung erfahren hat.

Die Klägerin hat nach Neuregelung des Kindergeldrechts, das ehemals im BKGG a.F. beheimatet war, durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 (JStG BGBl.I 1995, 1250 ff.) in der Zeit ab 01.01.1996 zunächst Kindergeld nach dem EStG n.F. be- zogen. Es galten hierbei folgende Vorschriften: § 31 EStG (Familienleistungsausgleich): "Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes wird durch den Kinderfreibetrag nach § 32 oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt bewirkt. Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie. Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt. Wird die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag abzuziehen. In diesen Fällen sind das Kindergeld oder vergleichbare Leistungen nach § 36 Abs.2 zu verrechnen, auch soweit sie dem Steuerpflichtigen im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zustehen. Wird nach ausländischem Recht ein höheres Kindergeld als nach § 66 gezahlt, so beschränkt sich die Verrechnung auf die Höhe des inländischen Kindergelds." § 32 Abs.6 EStG: "Für jedes zu berücksichtigende Kind (Anmerkung: zu berücksichtigen gemäß § 32 Abs.1 bis 5) wird ein Kinderfreibetrag von 261,00 DM für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen vorgelegen haben, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer vom Einkommen abgezogen. Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wird ein Kinderfreibetrag von 522,00 DM monatlich abgezogen, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht ... Für ein nicht nach § 1 Abs.1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind kann ein Kinderfrei- betrag nur abgezogen werden, soweit es nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen ist. Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflich- tigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs.1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt, oder wenn der andere Elternteil dem Antrag zustimmt ..." § 62 Abs.1 EStG: "Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder 2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland a) nach § 1 Abs.2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder b) nach § 1 Abs.3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird." § 63 Abs.1 EStG: "Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Abs.1, 2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten 3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. § 32 Abs.4 und 5 gilt entsprechend. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs.1 Nr.2."

Die Klägerin hat ab 01.01.1996 Kindergeld nach dem EStG bezogen. Die bescheidmäßige Festsetzung des Kindergelds nach § 62 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. - in der Regel durch die Arbeitsämter in der Eigenschaft als Finanzbehörden (§ 5 Abs.1 Nr.11 Finanzverwaltungsgesetz) - konnte unterbleiben; gemäß § 78 Abs.1 Satz 1 EStG n.F. gilt das Kindergeld, das bis zum 31.12.1995 nach den Vorschriften des BKGG a.F. gewährt wurde, als nach den Vorschriften "dieses Gesetzes" (Anmerkung: EStG, AO) festgesetzt.

Mit Bescheid vom 11.11.1997 hat die Beklagte nicht nur über den Weiterbezug des steuerrechtlichen Kindergelds (negativ) entschieden, sondern auf die Anzeige der Klägerin wegen Verzugs ins Ausland und des zugleich geäußerten Begehrens des weiteren Bezugs von Kindergeld (Kindergeldantrag gemäß §§ 9, 14 BKGG n.F.), dass das sozialrechtliche Kindergeld nach dem BKGG n.F. nicht gezahlt werde. In Bezug auf letzteres handelt es sich nicht um eine Entscheidung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X - Änderung der wesentlichen Verhältnisse), weil die ehemalige Bewilligung des Kindergelds nach den BKGG a.F. die Wirkung als begünstigender Dauerverwaltungsakt zum 31.12.1995 verloren hat (§ 39 Abs.2 SGB X), sondern um eine erstmalige Ab- lehnung. Diese Ablehnung ist im Teilabhilfebescheid vom 06.03. 1998, soweit es das Kindergeld nach dem BKGG n.F. betrifft, wiederholt und im Widerspruchsbescheid vom 23.03.1998 "bestätigt" worden. Zugleich hat das Arbeitsamt über den "Entzug" des steuerrechtlichen Kindergelds entschieden.

Soweit eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden ist, nämlich lediglich über den Widerspruch (im sozialrechtlichen Verfahren) und über die Klage zum Sozialgericht und nicht (auch) über den Einspruch (und den Rechtsweg zu den Finanzgerichten), so tut dies dem Begehren der Klägerin, Kindergeld gleich nach welchen Vorschriften zu erhalten, keinen Abbruch; eine Selektierung nach den zugrundeliegenden jeweiligen Rechtsvorschriften erscheint hier dem Senat ohnehin nicht möglich. Nachdem jedoch die in Frage stehenden Kindergeldansprüche nach gesetzlicher Systematik und Dogmatik wesensverschieden und zur Entscheidung unterschiedlichen Behörden und Gerichten zugewiesen sind, hat der Senat sich hinsichtlich des Kindergelds nach dem EStG n.F. für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Nürnberg verwiesen. Der Verweisung stand § 17a Abs.5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht entgegen. Diese Vorschrift sieht zwar vor, dass ein Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Diese Vorschrift ist aber vorliegend hinsichtlich des steuerrechtlichen Kindergelds nicht anwendbar. Das Sozialgericht hat insoweit weder vorab (§ 17a Abs.3 GVG) noch konkludent in einem Urteil entschieden, dass es für den Rechtsstreit sowohl hinsichtlich des sozialrechtlichen als auch des steuerrechtlichen Kindergelds in vollem Umfange zuständig wäre; es hat dies auch nicht irrtümlich angenommen und stillschweigend durch Erlass eines Urteils bejaht, sondern von vornherein klar gestellt, dass es nur einen Rechtsstreit hinsichtlich des sozialrechtlichen Kindergelds anhängig sehe und nur insoweit entscheide. Damit ist die Entscheidung über das Kindergeld nach dem EStG ausdrücklich offen geblieben. Nachdem dies vorliegend auch Streitgegenstand gewesen ist, hat der Senat die vom Sozialgericht unterlassene, jedoch gebotene Rechtswegeverweisung selbst vorgenommen und ist hierzu berechtigt.

Der Senat weist die Klägerin darauf hin, dass ein Teil ihres Vorbringens in zulässiger Weise nur vom Finanzgericht gewürdigt werden kann. Dies betrifft zunächst die Frage des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes (Mutter und Kind) und die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bzw. Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig (§ 62 Abs.1 EStG n.F. entsprechend § 1 Abs.1 BKGG n.F.). Hierzu gehören die diesbezüglichen Fragen, ob der Entwicklungshelfer (und das Kind) wie im Inland wohnend zu behandeln und dem Anspruchsberechtigten nach § 62 Abs.1 EStG n.F. gleichzustellen ist, und ob die Ausgestaltung des Familienleistungsausgleichs (vorliegend anstelle des Kindergelds an den leiblichen Vater nur der verminderte Kinderfreibetrag, auch wenn trotz Bestehens der Einkommensteuerpflicht wegen der nicht oder nur in zu geringer Höhe erzielten Einkünfte kein oder nur ein geringer geldwerter Vorteil aus dem Kinderfreibetrag besteht) nach auszulegendem Gesetzesrecht zutreffend und auch nicht verfassungswidrig ist.

Der Senat selbst kann die steuerrechtliche Regelung nicht auf Zulänglichkeit und Rechtmäßigkeit vorab prüfen, wenn er auch sieht, dass im EStG n.F. die Neuregelung in Bezug auf das Steuerrecht (Vermeidung der Besteuerung der Einkünfte insoweit, als das Existenzminimum des Kindes betroffen ist - daher steuerrechtliches Kindergeld oder Kinderfreibetrag) auch die Wendung zu einer rein sozialen (isolierten) Komponente des Familien- leistungsausgleichs nehmen kann (§ 31 Satz 2 EStG n.F.: Soweit das Kindergeld für die steuerliche Freistellung des Existenzminimums nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie). Der Familienleistungsausgleich (Kindergeld, Kinderfreibetrag) aufgrund der Vorschriften des EStG n.F., die der Auslegung, Bewertung und Beurteilung der Finanzgerichte obliegen, ist primär dort geregelt. Es handelt sich um vorrangiges Recht, so dass auch eine Entscheidung der Finanzgerichte die Sozialgerichte binden würde. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung verblieb im BKGG n.F. lediglich ein Resttatbestand an Leistungen rein sozialrechtlicher Art (z.B. das Kindergeld für Vollwaisen und bestimmte Personengruppen, § 1 Abs.1 und 2 BKGG n.F.), der zudem im Vergleich zu der vor dem 01.01.1996 geltenden Regelung weiterhin eingeschränkt worden ist. Die dortigen Vorschriften sind subsidiärer Art, wie es auch der Absicht des Gesetzgebers und der gesamten Systematik entspricht. Konsequent wurde daher in § 2 Abs.4 BKGG n.F. vorgesehen, dass "nach diesem Gesetz" Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG n.F. Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht, nicht berücksichtigt werden.

Der Senat kann über das sozialrechtliche Kindergeld nach dem BKGG n.F. nur entscheiden, weil der Fall vorliegt, dass - gleich ob eine Entscheidung des Finanzgerichts über den Familienleistungsausgleich im EStG n.F. in Bezug auf Vorteile der Klägerin positiv oder negativ ausfällt - keinesfalls Leistungen nach dem BKGG n.F. zustehen können.

Gemäß § 1 Abs.1 BKGG n.F. erhält Kindergeld, wer nach § 1 Abs.1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und 1. eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende oder nach § 169c Nr.1 des Arbeitsförderungsgesetzes beitragsfreie Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübt (bzw. in einem Versicherungspflichtverhältnis der Bundesanstalt für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Nr.1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist - ab 01.01.1998 geltende, redaktionell geänderte Fassung) oder 2. als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs.1 Nr.1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder 3. eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt. Die Klägerin fällt unter die Sondergruppe "Entwicklungshelfer". Soweit im vorliegenden Falle die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer angesprochen worden ist, so führt dies im Bereich des BKGG n.F. nicht weiter. Gemäß § 1 Abs.1 Nr.2 Buchst.a BKGG a.F. waren kindergeldberechtigt Personen, wenn sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten, dann, wenn sie von einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherrn zur vorübergehenden Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes entsandt, abgeordnet, versetzt oder kommandiert sind, also vor allem entsandte Arbeitnehmer. Die Vorschrift findet sich, anders formuliert, in § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG n.F. - in ähnlicher Form - wieder; auch derjenige übt eine der Beitragspflicht der Bundesanstalt für Arbeit unterliegende Beschäftigung als Arbeitnehmer aus, der im Inland bereits beschäftigt war und die Voraussetzungen der Entsendung im Sinne von § 4 Sozialgesetzbuch Teil IV erfüllt.

Die Klägerin ist aber weder Arbeitnehmerin noch entsandte Arbeitnehmerin, weil der Entwicklungsdienstvertrag nach § 4 EhfG nicht im Sinne eines Arbeitsvertrags auf den Austausch von Leistungen (Entgelt und Arbeitskraft) gerichtet ist (BSG vom 26.08.1975 - 7 RAr 6/74 in BSGE 40, 179; BSG vom 25.06.1991 - 1/3 RK 1/90 in SozR 3-2200 § 200 Nr.2). § 4 EhfG hilft hier nicht weiter. Der Gesetzgeber hat den Entwicklungshelfer nicht im Wege der Fiktion einem Arbeitnehmer gleichgestellt, sondern nur eine Fülle einzelner Vorschriften erlassen und hierin in Bezug auf die Arbeitslosenversicherung lediglich vorgesehen: "Soweit ein Anspruch nach dem Arbeitsförderungsgesetz (bzw. jetzt SGB III) davon abhängt, dass der Antragsteller in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, werden auch Zeiten des Entwicklungsdienstes einschließlich des Vorbereitungsdienstes berücksichtigt". Dies bedeutet, dass Zeiten der Tätigkeit als Entwicklungshelfer - im Falle der späteren Arbeitslosigkeit, letzteres bedeutet auch zugleich wiederum den Aufenthalt im Inland - bei Anspruchsbegründung und Anspruchserhaltung mitgezählt werden, ohne dass eine Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung vorgelegen hat.

Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass der Begriff "entsandter Arbeitnehmer" im BKGG n.F. nicht weiterführt. Der Gesetzgeber hat zwar nach wie vor die entsandten Arbeitnehmer als (in Frage kommende) Kindergeldberechtigte vorgesehen, nicht mehr aber für deren Kinder im Ausland. Gemäß § 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F. und n.F. werden Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, nicht berücksichtigt; dies gilt nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nr.2 BKGG a.F. (entsandte Arbeitnehmer, Bedienste der Deutschen Bundesbahn ... , Versorgungsempfänger ... , Entwicklungshelfer) bzw. ab 01.01.1996 gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs.1 Nrn.2 und 3 BKGG n.F. (nur noch Entwicklungshelfer, entsandte Beamte und später auch Missionare, nicht mehr die entsandten Arbeitnehmer), wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben (§ 2 Abs.5 Satz 2 BKGG a.F. und n.F.). Damit kann sich die Klägerin auf eine Gleichstellung mit Arbeitnehmern unter Hinweis auf Art.3 GG - im Bereich des BKGG n.F. - keinesfalls berufen, weil diese im Gegensatz zu Entwicklungshelfern ohnehin schlechter gestellt worden sind.

Die wenigen Sondergruppen, die nach § 1 Abs.1 BKGG n.F. noch durch doppelte Privilegierung (Auslandsaufenthalt des Kindergeldberechtigten und Auslandsaufenthalt des Kindes im Falle der Haushaltsaufnahme) Kindergeld erhalten können, werden aber auch dann, wenn die steuerrechtliche Regelung greift, vom Bezug des Kindergelds durch § 2 Abs.4 BKGG n.F. ausgeschlossen: "Kinder, für die einer anderen Person nach dem EStG Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht, werden nicht berücksichtigt". Damit ist eindeutig der Vorrang des steuerrechtlichen Familienleis- tungsausgleichs fixiert, gleich wie dieser jeweils im Einzelfall im EStG n.F. ausgestaltet ist.

Die Vorschrift des § 2 Abs.4 BKGG n.F. ist einer Auslegung, wie die Klägerin meint, nicht zugänglich, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des EhfG. Nach den Motiven des Gesetzgebers bestand nur die Absicht, den Entwicklungshelfern während des Aufenthalts im Ausland und auch für die Zeit danach wieder im Inland abzusichern. Hier ist aber nicht zu einer Fiktion (Arbeitnehmer) und nicht zu einer Gleichstellung von Auslandsaufenthalt mit Inlandaufenthalt gegriffen worden, sondern zu einer Summe von verschieden gestalteten begünstigten Einzelregelungen (vgl. §§ 4 ff. EhfG), die teils auf die Zeit des ausländischen Dienstes und teils auf die Zeit danach im Inland abstellen. Auf das Urteil des BSG vom 25.06.1991 - 1/3 RK 1/90 (SozR 3-2200 § 200 Nr.2) kann sich die Klägerin nicht berufen. Das BSG hat hier ausgeführt, dass der Entwicklungsdienstvertrag eine Übernahme der Pflichten, die unter anderem nach dem Mutterschutzgesetz dem Arbeitgeber obliegen, gemäß § 4 Abs.1 Nr.4 EhfG durch den Träger des Entwicklungsdienstes vorsieht; für die Zeit nach Beendigung des Dienstes komme ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Frage, wenn die Entwicklungshelferin im Inland wieder eine Arbeit aufnehme und diese wegen bevorstehender Geburt eines Kindes- a.F.) sei erweiternd dahin auszulegen, dass auch die Zeiten eines (beendeten) Entwicklungsdienstes bei den zeitlichen Voraussetzungen für das Mutterschaftsgeld als anspruchswahrend zu berücksichtigen seien; insoweit enthalte die genannte Vorschrift eine unbewusste Regelungslücke, die von der Rechtsprechung ergänzt werden dürfe, zumal § 200 RVO nur eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Mutterschaftsleistungen, zum Beispiel durch Begründung eines inländischen Arbeitsverhältnisses kurz vor Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs.2 Mutterschutzgesetzes, ausschließen wolle. Hinsichtlich des § 2 Abs.4 BKGG n.F. besteht aber keine unerkannte Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 1 BKGG n.F. den privilegierten Personenkreis und in § 2 BKGG die unter bestimmten Umständen zu berücksichtigenden Kinder genau umschrieben, sowohl im EStG n.F. als im BKGG n.F. Regelungen für Wohnsitz und Aufenthalt von Eltern wie auch Kindern in Inland und Ausland vorgesehen und im Übrigen den Vorrang der steuerrechtlichen Vorschriften angeordnet. Eine Lücke im Gesetz bestand nicht. Außerdem können die Begriffe Wohnsitz und ständiger Aufenthalt, Inland, Ausland, Kinderfreibetrag und Kindergeld ebenso wenig wie der des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 200 RVO anders ausgelegt werden (vgl. BSG, a.a.O., das an die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses im Inland nach Beendigung des Entwicklungshelferdienstes anknüpft und nicht an ein fingiertes Arbeitsverhältnis während des Auslandsdienstes.).

Auch aus dem Urteil des BSG vom 22.02.1995 - 14 REg 6/94 (gleichlautend BSG vom 22.02.1995 - 14 REg 4/94) kann zu Gunsten eines Kindergeldanspruchs der Klägerin nichts hergeleitet werden. Dieses Urteil befasst sich mit dem Erziehungsgeldanspruch einer Ausländerin, die mit einem Entwicklungshelfer verheiratet war und mit diesem im Ausland lebte; das BSG entschied, dass diese Frau zum Bezug des Erziehungsgeldes keine Aufenthaltsgenehmigung (für das Bundesgebiet) im Sinne von § 1 Abs.1 Satz 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes benötige, weil die Vorschriften dieses Gesetzes selbst das Territorialitätsprinzip bei dem vorliegenden Sachverhalt durchbrächen (§ 1 Abs.2 Nr.4 BErzGG) und das Erfordernis der Aufenthaltsberechtigung im Inland (Problemkreis Asylbewerber) sich nur auf Personen, die sich im Bundesgebiet auch tatsächlich aufhielten, bezöge.

Die von der Klägerin angesprochenen Urteile bewegen sich auf anderer Ebene. Der weiterhin von ihr erwähnte Plan des Gesetzgebers des EhfG, die Entwicklungshelfer im Ergebnis möglichst so zu stellen, wie sie bei einer inländischen Beschäftigung stünden (vgl. BSG vom 25.06.1991 unter Bezug auf Bundestags-Drucksache V/2696, S.8 unter A. Allgemeines), stellt im Übrigen ein Motiv dar und keinen Rechtsgrundsatz, der als lex specialis eine anderweitige abschließende und eindeutig lückenlose Regelung im BKGG n.F. oder EStG n.F. durchbrechen könnte. Davon abgesehen zielt dieses Motiv zunächst auf eine Gleichstellung des Aufenthalts von Mutter (und Kind) im Inland ab, so dass sie gegenüber dem leiblichen Vater vorrangig und alleine (ohne Teilung des Kinderfreibetrags) den steuerlichen Familienleistungsanspruch in der Form des Kindergelds in Anspruch nehmen könnte; bei Inlandsaufenthalt hätten aber die Finanzgerichte und nicht die Sozialgerichte über das Kindergeld zu entscheiden.

Soweit es um das sozialrechtliche Kindergeld geht, muss es bei dem Anknüpfungspunkt von Wohnort bzw. gewöhnlichem Aufenthalt (von Kind und Mutter) im Ausland verbleiben. Insoweit darf der Gesetzgeber das Territorialitätsprinzip anwenden, zumal der Gedanke der Nichtbesteuerung eventuell erzielter Einkünfte in Bezug sowohl auf den Vater als auch auf die Mutter des Kindes nicht verletzt ist. Lässt der Gesetzgeber wiederum vom Territorialitätsprinzip vereinzelt Ausnahmen zu, so hat er insoweit einen großen Gestaltungsspielraum, der lediglich vom Verbot der Willkür begrenzt wird: Insbesondere darf er nicht wiederum Sondergruppen gegenüber anderen Personen ohne sachlichen Grund bevorzugen oder benachteiligen. Im vorliegenden Streitfall werden aber alle Sondergruppen, die Kindergeld im Ausland beziehen können, gleich behandelt, und wenn im Einzelfall Personen im Ausland mit Kindern im ausländischen Haushalt das sozialrechtliche Kindergeld nicht beziehen können, so stellen die vorrangigen steuerrechtlichen Regeln einen sachlichen Grund dar. Unerheblich ist es, ob der Gesetzgeber im Bereich beitragsunabhängiger Sozialleistungen die jeweils zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Er darf auch pauschalierende vereinfachende Lösungen wählen und muss nicht jeden vereinzelten Sonderfall speziell regeln. Selbst wenn in einer geringen Zahl von Fällen der Gleichheitsgrundsatz verletzt sein sollte, liegt ein Verstoß gegen das Grundgesetz nicht vor.

Nur nebenbei wird noch angeführt, dass eine zwingende Notwendigkeit zur sozialen Absicherung des Entwicklungshelfers in Bezug auf das Kindergeld auch in Sonderfällen nicht zu bestehen scheint. Zwar ist nicht, wie die Beklagte gemeint hat, bei Auslandsaufenthalt von Kind und Mutter die Sozialhilfeverwaltung für gegebenfalls notwendige Hilfen zuständig. Insoweit erfolgt keine Leistung ins Ausland. Gemäß § 4 EhfG hat aber der Träger des Entwicklungsdienstes mit dem Entwicklungshelfer einen schriftlichen Vertrag, eine Art Garantievertrag, abzuschließen, der auch Unterhaltsgeld und Sachleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs (Unterhaltsleistungen) vorsehen muss. In dem Vertrag können weitere Leistungen zur sozialen Sicherung des Entwicklungshelfers, seines Ehegattens und seiner unterhaltsberechtigten Kinder im Rahmen der vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach § 2 Abs.2 EhfG erlassenen Auflagen vereinbart werden. Die Auflagen betreffen auch die Höhe der Unterhaltsleistungen und können unter dem Vorbehalt späterer Änderungen erteilt werden. § 3 EhfG sieht wiederum die Gewährung von Zuwendungen des Bundes nach Maßgabe ... der für ihre Vergabe geltenden Richtlinien vor. Dies eröffnet die Möglichkeit der Gewährung höherer Unterhaltsleistungen an den Entwicklungshelfer bei Wegfall des Kindergelds und wäre gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Motive des Gesetzgebers des EhfG in zwingende Vorschriften umzudeuten.

Die Tatsache, dass der Gesetzgeber später im Kindergeldrecht mit Wirkung ab 01.01.2000, letztlich aus politischen Gründen, eine andere Regelung als bisher getroffen hat, vermag nicht die Verfassungswidrigkeit der alten Regelung zu begründen; der Gesetzgeber hat es lediglich als zweckmäßig angesehen, eine andere, besser geeignete Lösung zu wählen. Der Vorrang der steuerrechtlichen Vorschriften wurde daher für einen Ausnahmefall dadurch durchbrochen, dass mit dem Zweiten Gesetz zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl.I 2001, S.2074 ff.) mit Wirkung ab 01.01.2002 (siehe Art.8 des Gesetzes) dem § 2 Abs.4 BKGG n.F. angefügt wurde: "Dies gilt nicht für Kinder, die in den Haushalt des Anspruchsberechtigten nach § 1 aufgenommen sind oder für die dieser die höhere Unterhaltsrente zahlt, wenn sie weder in seinen Haushalt noch in den Haushalt eines nach § 62 des Einkommensteuergesetzes Anspruchsberechtigten aufgenommen sind." Im Gegenzug hierzu wurde bei § 63 Abs.1 EStG angefügt: "Kinder im Sinne von § 2 Abs.4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt." Mit Art.36 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 20.12.2001 (Steueränderungsgesetz 2001, BGBl.I 2001, 3793 ff) wurde der bereits erfolgten Änderung im Kindergeldrecht nochmals Rückwirkung zum 01.01.2000 verliehen."

Zu der bis 31.12.1999 und der ab 01.01.2000 geltenden Regelung teilt der Senat letztlich die im Schreiben des BMFSFJ geäußerte Ansicht zur Verfassungsmäßigkeit und legt sie daher der Beurteilung des vorliegenden Streitfalls zugrunde, soweit hierdurch nicht der steuerrechtliche, nur von den Finanzgerichten zu beurteilende Familienlastenausgleich betroffen ist: "Nach hiesiger Auffassung stellt auch die bis zum 31.12.1999 geltende Fassung von § 2 Abs.4 BKGG eine zulässige und in sich schlüssige Regelung dar. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber von Verfassung wegen gehalten wäre, für Eltern ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland einen Kindergeldanspruch vorzusehen, wenn diese in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind. Damit stand es im Ermessen des Gesetzgebers zu bestimmen, ob und unter welchen Umständen er einen Anspruch auf Kindergeld für im Ausland lebende Entwicklungshelfer vorsehen wollte. Er war insbesondere nicht gehindert, einerseits den Anspruch dem Grunde nach zu gewähren, aber einen Ausschluss für den Fall zu bestimmen, dass für das betreffende Kind bereits Kindergeld oder Kinderfreibetrag nach § 31 EStG zustand. Da Voraussetzung für den Ausschluss von sozialrecht- lichem Kindergeldanspruch nach § 2 Abs.4 BKGG a.F. gerade der Anspruch eines anderen Elternteils auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld nach § 31 EStG für das betreffende Kind war, kann grundsätzlich auch nicht gesagt werden, dass für dieses Kind kein Familienleistungsausgleich stattgefunden habe. Es mag zwar Fälle geben, in denen der Abzug eines Kinderfreibetrags nicht zu einer Steuerminderung führt, weil der betreffende Steuerpflichtige auch ohne Abzug des Kinderfreibetrags keine Einkommensteuer zu entrichten gehabt hätte, auch in diesen Ausnahmefällen liegt ein Ausschluss vom Familienleistungsausgleich nicht vor.

Das ... angeführte Argument der Unterhaltsbelastung führt nach hiesiger Auffassung nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Elternteil ist seinem Kinde regelmäßig auch dann zum Unterhalt verpflichtet, wenn es sich im Ausland aufhält. Nur bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Elternteils kann ein Unterhaltsanspruch ausgeschlossen sein. Entwicklungshelfer sind ihren Kindern im Ausland natürlich auch unterhaltspflichtig, den Kindern ihrer Ehegatten (Stiefkindern) allerdings nicht. Auch nach der jetzigen Fassung von § 2 Abs.4 BKGG kann es also vorkommen, dass eine dem Kind nicht zum Unterhalt verpflichtete Person Kindergeld erhält und dadurch einen Kindergeldbezug des unterhaltspflichtigen Elternteils ausschließt.

Nach hiesiger Auffassung hatte und hat der Gesetzgeber die Wahl, ob er bei der zweifellos notwendigen Vorschrift zur Vermeidung der doppelten Berücksichtigung des Kindes beim steuerlichen und sozialrechtlichen Familienleistungsausgleich an den Vorrang der steuerlichen Entlastung oder an das Obhutsprinzip anknüpfen wollte. Er hatte diese Wahl für alle Fallgestaltungen zu treffen, in denen gleichzeitig Ansprüche von verschiedenen Elternteilen nach § 31 EStG und nach § 1 ff. BKGG in Betracht kommen. Deshalb kann bei der Beurteilung der Regelung auch nicht allein auf die Auswirkungen bei einer kleinen Gruppe von Fällen, wie hier der Entwicklungshelfer, abgestellt werden. Auch wenn der Gesetzgeber seine ursprüngliche Regelung nun geändert hat und damit zu erkennen gibt, dass er die neue Regelung für zweckmäßiger hält, ist damit die frühere Regelung nicht willkürlich."

Zur Verfassungsmäßigkeit des Territorialitätsgrundsatzes, etwaiger Ausnahmen hierzu und dem freien Gestaltungsrecht des Gesetzgebers für den Fall, dass vom erzielten Einkommen das für das Kind bestimmte Existenzminimum nicht besteuert wird, verweist der Senat auf die Entscheidungen des BVerfG vom 29.05. 1990 - 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86 und vom 02.08.1990 - 1 BvR 1431, 86 in SozR 3-5870 § 10 Nr.1 und § 2 Nr.9 sowie vom 05.11. 1986 - 1 BvR 1108/86 in SozR 5870 § 2 Nr.48, weiterhin auf die Urteile des Bundessozialgerichts (mit zahlreichen Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung des BVerfG) vom 26.10.1978 - 8 RKg 5/77, 06.12.1978 - 8 RKg 2/78, 22.01.1981 - 10/8b RKg 7/79, 17.12.1981 - 10 RKg 4/81 und 12/81 in SozR 5870 § 2 Nrn.11, 13, 21, 24 und 25 sowie vom 25.08.1986 - 10 RKa 10/86.

Die Berufung war, soweit der Rechtsstreit nicht an das Finanzgericht Nürnberg verwiesen worden ist, aus den dargelegten Gründe mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine "Divergenzentscheidung" ist nicht bekannt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erscheint ebenfalls nicht gegeben. Ein Interesse an der Erhaltung der Rechtseinheit in ihrem Bestand und der Förderung der Weiterentwicklung des Rechts kann nicht gesehen werden. Die Vorschriften des BKGG n.F. (und des EStG n.F.), die für das jetzige Urteil entscheidend waren, sind ab 01.01.2000 geändert worden und haben keinen Anwendungsbereich mehr, wird von vereinzelten Fällen aus der Vergangenheit abgesehen. Insoweit hat die Klägerin behauptet, beim Sozialgericht Nürnberg seien drei Fälle, worunter sie möglicherweise ihren eigenen rechnet, anhängig oder anhängig gewesen. Beim Kindergeldsenat des Bayer. Landessozialgerichts sind drei Berufungen einschließlich des Streitfalles der Klägerin anhängig, wobei eine davon (L 14 KG 25/99) nicht als Parallelfall zu werten ist, weil es hier nicht um § 2 Abs.4 BKGG n.F. geht, sondern um die Frage, ob das in einem EG-Staat studierende Kind in den Haushalt des Entwicklungshelfers in Ekuador (noch) aufgenommen ist.

Nachdem einschlägige Fälle wegen fehlendem Wohnsitz des Entwicklungshelfers im Inland vom Arbeitsamt Nürnberg entschieden und dann gegebenenfalls beim Sozialgericht Nürnberg und anschließend beim Bayer. Landessozialgericht anhängig werden, kann ausgesagt werden, dass lediglich äußerst selten Streit- fälle ähnlich der Klägerin entstanden sind und kein Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts besteht, sondern allenfalls ein Individualinteresse einzelner an der Klärung einer Zweifelsfrage. Deswegen kann eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht bejaht werden. Abgesehen davon sieht der Senat bei der Anwendung der Vorschriften des EStG n.F. und des BKGG n.F. in den bis zum 31.12.1999 geltenden Fassungen keine Zweifelsfragen; die richtige Rechtshandhabung ergibt sich unmittelbar und offensichtlich aus dem Gesetz. Soweit es verfassungsrechtliche Fragen anbelangt, so haben das BSG und das BVerfG wiederholt ihre Auffassung dargelegt, unter welchen Voraussetzungen einschränkende Regelungen beitragsunabhängiger Sozialleistungen gegen das Grundgesetz verstoßen können. Auch insoweit sieht der Senat keinen Bedarf an einer weiteren Abklärung. Soweit im Hinblick auf das Kind L. steuerrechtliche Vorschriften anzuwenden sind, ist das im Übrigen anhand der einschlägigen Steuervorschriften einschließlich der hierzu gehörenden verfassungsrechtlichen Fragen von den Finanzgerichten zu prüfen (vgl. BSG vom 24.06. 1998 - B 14 KG 2/98 R in SozR 3-5870 § 2 Nr.40).
Rechtskraft
Aus
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