L 9 AL 375/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 805/93
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 375/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.10.1998 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 12.05.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1993 Arbeitslosenhilfe vom 16.04.1993 bis 31.03.1994 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem 1. und 2. Rechtszug zu drei Viertel.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit und das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe.

Die 1949 geborene Klägerin hat ein Jura-Studium abgebrochen und eine Ausbildung zum Immobilienwirt absolviert. Sie war mehrfach in Hausverwaltungen beschäftigt und hat zuletzt bis Ende 1987 in der Registratur der Rechtsabteilung von S. gearbeitet. Vom 12.01.1988 bis 09.01.1989 bezog sie Arbeitslosengeld, vom 13.10.1989 bis 14.07.1992 Anschluss-Arbeitslosenhilfe. Ab 15.07. 1992 nahm sie eine Beschäftigung als Sachbearbeiterin bei der Immobilienverwaltung S. auf.

Der Bezug der Anschluss-Arbeitslosenhilfe war mehrfach durch Sperrzeiten unterbrochen. Letztmals stellte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.1992 den Eintritt einer 8-wöchigen Sperrzeit wegen der Ablehnung einer Beschäftigung als Städtische Spielplatzaufsicht für den Zeitraum vom 15.02.1991 bis 11.04.1991 fest. In dem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass der Anspruch erlösche, wenn die Klägerin erneut Anlass für den Eintritt einer 8- oder 12-wöchigen Sperrzeit gebe.

Am 25.01.1993 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Sie hatte am 21.01.1993 mündlich und mit nachfolgendem Schreiben vom gleichen Tag schriftlich gekündigt.

Hierzu machte sie folgende schriftliche Angaben: Am Mittwoch, dem 20.01.1993, habe sie gegen etwa 14.oo Uhr ein privates Telefongespräch mit dem Präsidenten des Sozialgerichts München B. geführt. Ihre Kollegin B. habe sie daraufhin wiederholt sehr laut angesprochen und sie aufgefordert, ihre Privatgespräche zu führen, wenn sie, Frau B. , nicht da sei. Sie wolle jetzt telefonieren. Dazu sei zu sagen, dass die Kollegin B. täglich offiziell um 14.oo Uhr Arbeitsschluss habe. Die massive Störung des Telefongesprächs mit B. am 20.01.1993 sei der Höhepunkt einer Serie von aggressiven, emotionalen Anfeindungen gewesen, die die Kollegin B. fast täglich ab 14.oo Uhr vorgenommen habe; sie habe dazu mit Vorliebe Überstunden hergenommen, um im Anschluss an die Auseinandersetzungen nach Hause gehen zu können. Ein andermal zum Beispiel habe Kollegin B. ihr einen Ordner wieder weggenommen, den sie zum Zweck der Belegprüfung gegen 14.oo Uhr aus deren Zimmer geholt habe.

Nachdem es der Kollegin B. gelungen sei, das Telefongespräch mit B. so zu stören, dass es habe beendet werden müssen, habe B. selbst telefoniert und habe als krönenden Abschluss die Polizei gegen sie eingesetzt. Gegen 14.45 Uhr seien in ihrem Zimmer die Herren S. und N. von der Polizeiinspektion T. erschienen.

Ein Arbeitsverhältnis, bei dem eine Mitarbeiterin gegen eine Arbeitskollegin aus Konkurrenz- und Nachfolgegründen die Polizei einsetze, sei unzumutbar. Auf das beiliegende Kündigungsschreiben werde verwiesen.

Darin heißt es:

Sehr geehrter Herr S. , hiermit darf ich Ihnen meine fristlose Kündigung nach dem Gespräch vom heutigen Tage und den Vorfällen am 20.01.93 aussprechen. Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ist hiermit beendet. Der Grund für die fristlose Kündigung ist die Verleumdung nach § 187 Strafgesetzbuch und die falsche Verdächtigung nach § 164 Strafgesetzbuch durch Frau B. am 20.01.93. Beweis: Vernehmungsprotokoll der Polizei vom 20.01.93 (Herren S. und N.).

Der um Stellungnahme gebetene Firmeninhaber S. sandte dem Arbeitsamt eine von der Sachbearbeiterin B. am 14.04.1993 im Rahmen einer polizeilichen Anhörung abgegebene schriftliche Stellungnahme: Am 20.01.1993 habe sie sich mit Herrn S. in der Zeit von 11.oo Uhr bis 13.3o Uhr im Außendienst befunden. Herr S. habe sie vor den Büroräumen der Firma abgesetzt, nachdem er ihr Telefonate an Handwerksfirmen aufgegeben habe, welche dringend vor 14.oo Uhr anzusetzen gewesen seien, da erfahrungsgemäß nach diesem Zeitpunkt kein Handwerker mehr ansprechbar sei.

Als sie um 13.3o Uhr ins Büro gekommen sei, habe Kollegin P. telefoniert. Da diese ziemlich heftige und laute Äußerungen von sich gegeben habe, habe sie bemerkt, dass es sich um ein Privatgespräch gehandelt habe. Das Büro der Firma habe nur eine Amtsleitung, welche durch dieses Gespräch blockiert gewesen sei. Sie sei unter Zeitdruck gestanden und habe sich dann um 13.45 Uhr erlaubt, durch Zwischenfragen herauszufinden, ob das Telefonat noch lange dauern würde, da sie dringend noch die Aufträge des Firmeninhabers habe erledigen müssen. Die Kollegin P. habe sich jedoch nicht unterbrechen lassen, vielmehr von ihren Versuchen, sie anzusprechen, gar keine Kenntnis genommen.

Als die Kollegin P. dann endlich exakt um 14.oo Uhr ihr Telefonat beendet habe, habe sie - in diesem Augenblick im Türdurchgang zum Zimmer der Frau P. - diese gebeten, doch in Zukunft derartig lange private Telefonate erst dann zu führen, wenn sie ihrerseits die ihr erteilten Aufträge erfüllt habe und dann das Büro verlassen könne.

Die Kollegin P. sei daraufhin mit den Worten: "Was glauben Sie denn, wer Sie sind, Sie sind überhaupt nicht wichtig, wichtig ist nur mein Sozialgericht", auf sie zugekommen. Sie sei einen Schritt zurückgewichen, als die Kollegin P. sie unvermittelt plötzlich mit der rechten Hand am Hals gepackt habe. Auf ihren entsetzten Ausruf:"Sind Sie verrückt?" habe die Kollegin P. sie auch mit der linken Hand am Hals gepackt und zugedrückt. Erst als sie der Kollegin P. geistesgegenwärtig eine Ohrfeige verpasst habe, habe diese zuerst losgelassen, sie dann aber sofort wieder mit unkontrollierten Schlägen ins Gesicht traktiert, jedoch so, dass ihre Brille heruntergefallen sei, und habe sie dabei ständig beschimpft. Sie habe sich dann mühsam befreien können und habe vergeblich versucht, den Firmeninhaber S. telefonisch zu erreichen. Sie habe dann Frau S. in deren Privatwohnung erreicht und dieser die Ereignisse geschildert, so gut es ihr möglich gewesen sei.

Bei weiteren Versuchen, die ihr aufgetragene Tätigkeit auszuüben, sei sie von der Kollegin P. nochmals beschimpft worden mit den Worten:"So dumm wie Sie möchte ich niemals sein". Als sie der Kollegin P. daraufhin empfohlen habe, sich einen guten Psychiater zuzulegen, habe diese versucht, sie aus dem Büro zu werfen und habe gemeint, sie, Frau B. , solle doch endlich verschwinden, sie hätte hier nichts mehr zu suchen, und sei dann erneut tätlich auf sie losgegangen. Sie habe nun ernsthaft Angst bekommen und habe in ihrer Verzweiflung nochmals Frau S. angerufen, die ihr dann dringend empfohlen habe, sofort die Polizei zu rufen. Auf Anfrage der zuständigen Polizeibehörde habe sie darauf hingewiesen, dass sie sich bedroht fühle und welche tätlichen Vorkommnisse ihrem Anruf bereits vorangegangen seien. Auf Befragen durch die dann eingetroffenen Polizeibeamten habe sich die Kollegin P. dahingehend eingelassen, sie habe sie in ihre Schranken verweisen müssen.

Des Weiteren übersandte der Firmeninhaber S. dem Arbeitsamt einen handgeschriebenen Zettel seiner Ehefrau:"E. , bitte gleich Frau B. daheim anrufen! Sie rief mich an: Frau P. sei ihr "an die Gurgel gegangen" und habe sie ins Gesicht geschlagen! 14.1o Uhr: Eben rief Frau B. nochmals an, dass Frau P. wieder auf sie losginge. Ich riet ihr, die Funkstreife anzurufen, bevor Schlimmeres passiert".

Der Firmeninhaber S. selbst hat sich hierzu in einem Begleitschreiben vom 15.04.1993 an das Arbeitsamt geäußert: Nachdem er die Informationen vom 20.01.1993 zur Verfügung gehabt habe, habe er am 21.01.1993 versucht, Frau P. in einem Gespräch klar zu machen, dass er es sehr bedauerlich finde, dass sich in den Räumen der Firma Situationen ergäben, welche er nur noch mit den in den Medien zitierten Schulhof-Gewalttätigkeiten vergleichen könne. Dies habe bei Frau P. eine Reaktion ausgelöst, sie sei sofort aufgesprungen und habe gerufen:"Das sagen Sie, somit kündige ich hiermit fristlos".

Mit Bescheid vom 12.05.1993 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe auf den Antrag der Klägerin vom 25.01. 1993 hin ab. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Liegenschaftsverwaltung S. selbst gelöst, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Damit trete eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, die mit dem 22.01.1993 beginne. Da die Klägerin nach der Entstehung des Anspruchs auf Leistungen nunmehr erneut Anlass für eine Sperrzeit gegeben habe, sei der Anspruch erloschen.

Die Klägerin erhob Widerspruch: Sie habe sehr wohl einen wichtigen Grund zur Kündigung bei der Firma S. gehabt, nämlich die Verleumdung nach § 187 StGB und die falsche Verdächtigung nach § 164 StGB aus dem Arbeitgeberbereich heraus, ganz abgesehen von dem inszenierten Polizeieinsatz. Unabhängig davon könne es nicht zum Erlöschen des Anspruchs kommen. Sie habe durch ihre Tätigkeit bei der Firma S. eine Anwartschaft auf Arbeitslosenhilfe erworben. Der hierdurch begründete Anspruch auf Arbeitslosenhilfe stehe in keinem Zusammenhang mit dem bisherigen Anspruch.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.1993 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben und beantragt, den Bescheid vom 12.05.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe ab 25.01.1993 zu leisten.

Sie hat vorgetragen: Es habe ihr bei dem irrationalen und unberechenbaren Verhalten der Kollegin B. nicht zugemutet werden können, weiter in der Firma zu bleiben, zumal der Inhaber S. häufig abwesend gewesen sei. Dieser sei zu Gunsten der Kollegin B. voreingenommen gewesen, er habe diese stets als seine Favoritin und sie, die Klägerin, als eine Art Auszubildende behandelt, obwohl sie bereits über eine längere Erfahrung in der Immobilienverwaltung verfüge. Der Kollegin B. sei es auch gelungen, am Telefon die Ehefrau des Herrn S. für sich einzuvernehmen, so dass diese ihr geraten habe, die Funkstreife anzurufen. Des Weiteren habe sie auch den Arzt Dr. L. für ihre Interessen gewonnen.

Dem hat die Klägerin die Kopie einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I vom 13.10.1993 gegen Dr.L. aus F. wegen Ausstellung eines unwahren Gesundheitszeugnisses nach § 278 StGB sowie gegen Frau C. B. aus F. wegen Gebrauch eines unwahren Gesundheitszeugnisses nach § 279 StGB beigelegt. Darin heißt es u.a., dass die bei Frau B. angeblich vorgefundenen Anzeichen einer Körperverletzung weder am 20.01.1993 noch am Kündigungstag, dem 21.01.1993, ersichtlich gewesen seien. Des Weiteren legte sie dem SG ein "Tatblatt" der Polizeiinspektion 24 in der B.straße in M. über die Vorgänge am 20.01.1993 vor. Darin ist die Anzeige der Klägerin gegen die Kollegin B. wegen Verleumdnung nach § 187 StGB und dem Vergehen der falschen Verdächtigung nach § 164 StGB vermerkt sowie auf einem Beiblatt eine Stellungnahme der Frau B. , die inhaltlich dem vom Firmeninhaber S. dem Arbeitsamt vorgelegten Anhörungsbogen vom 14.04.1993 entspricht.

Während des sozialgerichtlichen Verfahren hat die Klägerin vom 02.05.1994 bis 24.06.1994 eine weitere Fortbildungsmaßnahme besucht und Unterhaltsgeld bezogen. Den an die Maßnahme anschließenden Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 25.06.1994 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.07. 1994 und Widerspruchsbescheid vom 08.09.1994 ab, da der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe erloschen sei und sie seither keine Anwartschaft erfüllt habe. Dagegen hat die Klägerin die unter dem Az.: S 35 AL 1391/94 erhobene Anfechtungsklage und die unter dem Az.: S 35 AL 1723/94 geführte Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bewilligungsbescheides über Arbeitslosenhilfe ab 25.06.1994 erhoben.

Das SG hat die Klagen S 35 AL 1391/94 und S 35 AL 1723/94 mit Beschluss vom 09.09.1998 dem Verfahren S 35 AL 805/93 unter den führenden Aktenzeichen S 35 AL 805/93 dazuverbunden.

Es hat in der mündlichen Verhandlung am 30.10.1998 den Inhaber der Firma S. , Herrn E. S. , sowie die Kollegin der Klägerin, Frau B. , uneidlich als Zeugen einvernommen.

Der Zeuge S.: Er sei damals Inhaber der seinerzeitigen Einzelfirma Liegenschaftsverwaltung S. gewesen. Nachdem ihn seine Frau informiert habe, sei er sofort ins Büro gefahren und habe, nachdem er von den Vorfällen erfahren habe, mit der Klägerin gesprochen und ihr erklärt, dass er in seinem Büro keinen "Schulhofterror" dulde. Daraufhin habe ihm die Klägerin die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Die Zeugin B.: Sie sei seinerzeit Sachbearbeiterin bei der Firma S. gewesen. Am 20.01.1993 habe sie, nachdem Herr S. sie um 13.3o Uhr vor dem Büro abgesetzt habe, um wichtige Telefonate mit Handwerkern zu führen, zu telefonieren versucht. Dies sei ihr aber nicht gelungen, da die Klägerin die einzige Telefonleitung blockiert habe. Sie, die Zeugin, habe bemerkt, dass es sich um ein Privatgespräch gehandelt habe und habe versucht, die Klägerin zum Aufhören zu bewegen. Diese habe jedoch nicht reagiert. Nachdem die Klägerin gegen 14.oo Uhr ihr Gespräch beendet gehabt habe, habe sie, die Zeugin, sie gebeten, Privatgespräche dann zu führen, wenn sie bereits das Büro verlassen habe, denn sie, die Zeugin, habe eine flexible Arbeitszeit gehabt, um die wichtigen Arbeiten zu erledigen. Daraufhin sei die Klägerin auf sie zugesprungen und habe erklärt, besonders wichtig sei doch nicht die Arbeit, sondern ihr Gespräch mit dem Präsidenten des Sozialgerichts. Die Klägerin sei auf sie, die Zeugin, zugesprungen und habe sie am Hals gepackt. Als die Klägerin sie mit der zweiten Hand an der Gurgel gepackt habe, habe sie, die Zeugin, der Klägerin eine Ohrfeige gegeben. Ihr einziger Gedanke sei gewesen, wenn sie zuschlage, lasse die Klägerin vielleicht ihren Hals los. Die Klägerin habe dann auch losgelassen, sie, die Zeugin, aber massiv geohrfeigt. Sie habe dann versucht, Herrn S. zu erreichen, weil sie total durcheinander gewesen sei. Die Klägerin habe noch verlangt, dass sie, die Zeugin, das Büro verlassen solle, worauf sie, die Zeugin, erklärt habe, die Klägerin solle sich einen Psychiater suchen. Frau S. habe ihr dann geraten, die Polizei zu rufen, die auch gekommen sei.

Sie sei zum Arzt gegangen. Das Verfahren wegen Körperverletzung gegen die Klägerin sei wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Soweit sie sich erinnere, sei auch das Verfahren, das die Klägerin gegen sie selbst wegen Verleumdung eingeleitet habe, eingestellt worden.

Die Klägerin hat hierzu vor dem SG erklärt: Nicht sie habe den B. angerufen, vielmehr habe der Präsident des Sozialgerichts sie angerufen. Sie bestreite, dass sie die Zeugin geschlagen habe. Die Zeugen B. und S. wollten ihr schaden.

Mit Urteil vom 30.10.1998 hat das SG die Klagen abgewiesen.

Die Klage S 35 AL 805/93 sei unbegründet. Anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin bei der Firma S. sei eine Sperrzeit eingetreten. Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund dafür gehabt, das Arbeitsverhältnis mit der Firma durch Eigenkündigung zu beenden. Sie habe die Eskalation am Arbeitsplatz durch eigenes Fehlverhalten herbeigeführt. Dies deswegen, da sie durch private Telefongespräche den betrieblichen Ablauf behindert und auf die berechtigten Vorhaltungen der Zeugin B. hin diese tätlich angegriffen habe, wie den Aussagen der Zeugin glaubhaft zu entnehmen sei. Entsprechend dem Vorbringen der Beklagten handele es sich bei der anlässlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. eingetretenen Sperrzeit um eine zweite Sperrzeit, so dass die Erlöschensfolge des § 119 Abs.3 AFG eingetreten sei.

Die Klagen S 35 AL 1391/94 und S 35 AL 1723/94 seien gleichfalls unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach Beendigung der weiteren Fortbildungsmaßnahme ab 25.06.1994, da der bisherige Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erloschen sei und die Klägerin durch den Besuch der Maßnahme vom 02.05.1994 bis 24.06.1994 keine neue Anwartschaft erfüllt habe.

Mit der Berufung hat die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Sie legt besonderen Wert darauf, dass der wichtige Grund für ihre Kündigung in den von der Kollegin B. und dem Firmeninhaber S. begangenen Straftaten, nämlich Verleumdung und falsche Verdächtigung der Körperverletzung, gelegen habe. Im Übrigen habe sie aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Firma S. eine neue Anwartschaft erworben, so dass ihr Anspruch auf Arbeitslosenhilfe auf keinen Fall erloschen sei.

Sie beantragt:

1. Der Bescheid vom 12.05.1993 und der Widerspruchsbescheid vom 08.07.1993 werden aufgehoben. 2. Die Arbeitslosenhilfe ab dem 25.01.1993 wird bewilligt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem SG sei insoweit zu folgen, als anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. durch Eigenkündigung der Klägerin eine volle Sperrzeit eingetreten sei. Damit sei der Anspruch der Klägerin auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe erloschen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin in der Jahresvorfrist nach § 134 Abs.2 Nr.4 Buchst. b AFG mehr als 150 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden und damit die notwendige Anwartschaftszeit für eine originäre Arbeitslosenhilfe erfüllt habe. Da die Klägerin nämlich noch bis zum 14.07.1992, also innerhalb eines Jahres vor ihrer neuerlichen Arbeitslosmeldung am 25.01.1993 Anschluss-Arbeitslosenhilfe im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. a AFG bezogen habe, bestehe nach § 135 Abs.2 AFG der Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe ungeachtet der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. b AFG fort. Mit der Sperrzeit anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. am 21.01.1993 sei demnach eine zweite Sperrzeit nach Entstehung des Anspruchs, nämlich des ein- und desselben Anspruchs auf Anschluss- Arbeitslosenhilfe, eingetreten, so dass die Erlöschensfolge des § 119 Abs.3 AFG Platz greife.

Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts und des Arbeitsamts beigezogen. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I hat dem Senat mitgeteilt, dass die Akten über die wechselseitigen Strafanzeigen der Klägerin und der Zeugin B. gelöscht seien, was bedeute, dass die Verfahren ohne Strafausspruch eingestellt worden seien. Wegen des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 30.10.1998 ist zulässig, insbesondere statthaft und form- wie fristgerecht eingelegt.

Streitig war in zweiter Instanz nurmehr ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe vom 25.01.1993 bis 01.05.1994. Die Klägerin hat zwar in der Berufungsinstanz beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr "ab dem 25.01.1993" Arbeitslosenhilfe zu leisten - Ziff.2 des Antrags -, hat aber - Ziff.1 ihres Antrags - sich ausdrücklich auf das Begehren beschränkt, den Bescheid vom 12.05.1993 und den Widerspruchsbescheid vom 08.07.1993 aufzuheben. Die Aufhebung des Bescheides vom 05.07. 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.1994, womit die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach dem Besuch der Maßnahme vom 02.05.1994 bis 24.06.1994 ab 25.06. 1994 abgelehnt hat, hat die Klägerin nicht beantragt. Ihr Antrag muss daher sinngemäß dahingehend ausgelegt werden, dass sie jedenfalls in zweiter Instanz nurmehr die Verurteilung zur Leistung von Arbeitslosenhilfe bis zum 01.05.1994 beansprucht.

Auch insoweit ist die Berufung der Klägerin nur zum Teil begründet.

Zutreffend ist das SG der Beklagten insoweit gefolgt, als anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin bei der Firma S. eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten ist.

Maßgeblich sind im Fall der Klägerin noch die Vorschriften des AFG.

Nach § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 i.V.m. § 119 a Nr.1 AFG tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma S. durch fristlose mündliche Kündigung am 21.01.1993 beendet, der eine schriftliche Kündigung vom selben Tag nachgefolgt ist.

Sie hatte hierfür keinen wichtigen Grund im Sinne von § 119 Abs.1 AFG. Eine fristlose Kündigung, wie sie die Klägerin ausgesprochen hat und wie sie durch den wichtigen Grund gedeckt sein müsste (BSG SozR 4000 § 119 Nr.2, Niesel, SGB III Rdz.80 zu § 144, Gagel, SGB III Rdz.108 zu § 144) kann in den Vorgängen vom 20.01.1993 nicht gesehen werden.

Unstreitig war Ausgangspunkt der Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der Zeugin B. ein längeres privates bzw. nicht dienstliches Gespräch der Klägerin mit dem Präsidenten des SG München. Dies war offensichtlich kein Einzelfall. Aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin geht hervor, dass sie es als ihr gutes Recht angesehen hat, Privatgespräche während der Dienstzeit zu führen, wohingegen sie es als ungehörig empfunden hat, wenn ihre Kollegin B. auch über die reguläre Dienstzeit bis 14.oo Uhr hinaus noch Aufträge erledigte. Die Zeugin hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die dienstlich veranlassten Telefonate Vorrang haben müssten.

Zweifelsfrei hat die Klägerin der Zeugin B. darüber hinaus Anlass gegeben, sich bedroht zu fühlen. Die Klägerin hat nicht bestritten, die Zeugin aufgefordert zu haben, das Büro zu verlassen. Dass dies jedenfalls auf aggressive Weise geschehen ist, entnimmt der Senat nicht nur aus den Angaben der Zeugin B. , sondern insbesondere auch den handschriftlichen Notizen der Ehefrau des Firmeninhabers S. vom 20.01.1993. Wäre es der Zeugin lediglich darum gegangen, der Klägerin eine Straftat anzuhängen, so hätte sie sich von sich aus an die Polizei gewandt, nicht aber erst nach einem zweiten Anruf bei der Ehefrau des Firmeninhabers und erst auf deren dringenden Rat.

Wenn der Zeuge S. der Klägerin am anderen Tag Vorhaltungen machte, dass sich Derartiges nicht wiederholen dürfe, so konnte sie eine solche Vorhaltung nicht als Verletzung der Fürsorgepflicht ansehen und durfte insbesondere nicht ohne weiteres fristlos kündigen. Sie hatte vielmehr, nachdem Ausgangspunkt ihr eigenes Fehlverhalten war, den Versuch zu unternehmen, im Gespräch mit dem Zeugen auf eine Aussöhnung mit der Zeugin B. , insbesondere ein Zurückziehen der wechselseitigen Strafanzeigen, und eine Abklärung der künftigen Zusammenarbeit hinzuwirken.

Die Klägerin hatte demnach keinen wichtigen Grund für die Lösung ihres Beschäftigungsverhältnisses zum gegebenen Zeitpunkt. Sie konne auch ohne weiteres voraussehen, dass sie infolge ihrer Kündigung arbeitslos werden würde. Damit ist der Sperrzeittatbestand des § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG erfüllt. Für die Annahme einer besonderen Härte nach § 119 Abs.2 AFG, die zur Halbierung der Sperrzeit führen würde, besteht kein Anlass, nachdem Ausgangspunkt des Geschehens, das zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. geführt hat, das eigene Verhalten der Klägerin war.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch insoweit begründet, als sie trotz des Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit anläßlich der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. aufgrund ihrer Arbeitslosmeldung und ihres Antrags vom 25.01.1993 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat.

Die Klägerin hat innerhalb eines Jahres vor ihrer neuerlichen Arbeitslosmeldung am 25.01.1993, also im Zeitraum vom 25.01. 1992 bis 24.01.1993 bei der Liegenschaftsverwaltung S. vom 15.07.1992 bis 21.01.1993 mehr als 150 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden und damit die Anwartschaftszeit für die sogenannte originäre Arbeitslosenhilfe nach § 134 Abs.1 Satz 1 Nr.4 b AFG erfüllt.

Allerdings hatte die Klägerin dem vorangehend einen Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe, der - als Stammrecht - zum Zeitpunkt ihrer neuerlichen Arbeitslosmeldung am 25.01. 1993 noch nicht erloschen war, da seit dem letzten Bezugstag, dem 14.07.1992, noch kein Jahr vergangen war (§ 135 Abs.1 Nr.2 AFG). Nach § 135 Abs.2 AFG erlischt ein Anspruch auf Anschluss- Arbeitslosenhilfe nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst.a AFG nicht durch Erfüllung der Voraussetzungen für eine originäre Arbeitslosenhilfe nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. b, Abs.2 oder Abs.3 AFG.

Wendet man § 135 Abs.2 AFG in der gegebenen Fallkonstellation an, so wäre aufgrund der damit hergestellten Anspruchsidentität mit der anläßlich der Beschäftigungsaufgabe bei der Liegenschaftsverwaltung S. eingetretenen Sperrzeit eine weitere Sperrzeit seit der Entstehung des (Stamm)Anspruchs auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe eingetreten. Die Beklagte leitet hieraus die Erlöschensfolge des § 119 Abs.3 AFG ab.

Demgegenüber tritt nach der Rechtsprechung des BSG die Erlöschensfolge des § 119 Abs.3 AFG einerseits immer dann ein, wenn im Zuge des Verbrauchs einer Alg- oder Alhi-Anwartschaft auch bei zwischenzeitlicher Leistungsunterbrechung eine zweite Sperrzeit verwirklicht wird (BSG SozR 4 100 § 119 Nr.5), andererseits darf aber eine "weitere" Sperrzeit nicht zur gänzlichen Nicht-Realisierung einer nach der vormaligen Sperrzeit zwischenzeitlich neu erworbenen Anwartschaft führen (so ausdrücklich BSG im Urteil vom 22.03.1979 SozR 4100 § 119 Nr.8, das durch die Einfügung des 2. Halbsatzes in § 134 Abs.4 Satz 1 AFG durch das AFKG vom 22.12.1981 nur hinsichtlich des Verhältnisses von Alg und Anschluss-Alhi obsolet geworden ist).

Ein solches Ergebnis wäre auch schon von Sinn und Zweck des § 135 Abs.2 AFG nicht gedeckt.

Es heißt darin:"Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, der auf der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. a beruht, erlischt nicht durch Erfüllung der Voraussetzungen nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. b, Abs.2 oder Abs.3".

Die Vorschrift trifft keine Regelung darüber, was eigentlich mit dem Anspruch geschehen soll, der aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen des § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. b etc. AFG gegeben wäre. Es versteht sich allerdings von selbst, dass nicht beide Ansprüche, sowohl der nach Abs.1 Nr.4 Buchst. a wie auch der nach Abs.1 Nr.4 Buchst. b nebeneinander bestehen können, mit der Folge, dass infolge der Regelung des § 135 Abs.2 AFG der durch die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 134 Abs.1 Nr.4 Buchst. b AFG erworbenene Anspruch "verdrängt"wird. Diese Vorstellung einer Konkurrenz, bei der der nach § 134 Abs.2 Nr.4 Buchst. a AFG erworbene Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe privilegiert wird, ist auch die Vorstellung des Gesetzgebers.

Dieser hat in der amtlichen Begründung (Bundestagsdrucksache V /2291, S.86) ausgeführt: Mit der Regelung werde "deutlich, dass die Arbeitslosenhilfe in erster Linie für solche Personen bestimmt ist, die sonst zum Personenkreis der Beitragszahler gehören und daher in der Regel die Anwartschaftszeit erfüllen, ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch ausgeschöpft haben. Erst in zweiter Linie dient sie Personen, die bisher nicht oder nur kurze Zeit zum Personenkreis der Beitragszahler gehörten, künftig aber eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung uneingeschränkt ausüben wollen". Der Gesetzgeber geht damit von der "Verdrängung" des Anspruchs auf originäre Arbeitslosenhilfe durch den - fortbestehenden - Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe aus. Der Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe soll vorrangig vor einem etwa zwischenzeitlich erworbenen Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe die Funktion der Lohnersatzleistung für den Fall der Arbeitslosigkeit übernehmen (wobei es hinzunehmen ist, dass sich ein zwischenzeitlich erzieltes höheres Entgelt dadurch nicht auf die Leistung auswirkt, BSG vom 16.03.1983 Az.: 7 RAr 12/82).

Der Sinn und Zweck des § 135 Abs.2 AFG ginge aber bei Herstellung einer (Stamm)Anspruchsidentität mit der Folge des § 119 Abs.3 AFG von vornherein ins Leere. Die Anwendung des § 135 Abs.2 AFG bei zwischenzeitlichem Erwerb einer Anwartschaft auf originäre Arbeitslosenhilfe im Fall des Eintritts einer "weiteren" Sperrzeit anläßlich der nunmehrigen Beschäftigungsaufgabe würde gar nicht zum Wiederaufleben eines Anspruchs auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe führen, der den durch die Zwischenbeschäftigung erworbenen Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe als Lohnersatzleistung verdrängen könnte. Vielmehr würde der Anspruch auf Anschluss- Arbeitslosenhilfe lediglich rechtstechnisch für eine logische Sekunde wiederaufleben und in dieser logischen Sekunde zugleich wieder nach § 119 Abs.3 AFG erlöschen. Dies ist aber zweifelsfrei nicht das "Verdrängen" des Anspruchs auf originäre Arbeitslosenhilfe durch den Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe als fortbestehende Lohnersatzleistung, das sich der Gesetzgeber bei Einführung des § 135 Abs.2 AFG vorgestellt hat.

Da § 135 Abs.2 AFG für die gegebene Fallkonstellation offensichtlich nicht gedacht ist, muss die zwischenzeitlich von der Klägerin erfüllte Anwartschaft nach § 134 Abs.1 Nr.4 b AFG - den Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe verdrängend - unter den gegebenen Umständen auch zu einem neuen Anspruch führen, nämlich einem Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe, belastet durch die Sperrzeit nach § 119 Abs.1 Nr.1 AFG. Demgegenüber erschiene es dem AFG wesensfremd, die Erfüllung der Anwartschaft auf originäre Arbeitslosenhilfe auf eine Art Sperrzeit-Bonusfunktion innerhalb eines dadurch dann aufrechterhaltenen Anspruchs auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe zu reduzieren, um das nicht hinnehmbare Ergebnis der Vernichtung zweier Anwartschaften anlläßlich des Eintritts einer Sperrzeit zu vermeiden.

Der sonach von der Klägerin erworbene Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach § 134 Abs.1 Nr.4 b AFG beginnt nach Ablauf der 12-wöchigen Sperrzeit am Freitag, den 16.04.1993.

Durch das erste SKWPG vom 21.12.1993 (Bundesgesetzblatt I 2353) ist mit Wirkung vom 01.01.1994 § 135 a AFG in das Gesetz eingefügt worden. Mit dieser Vorschrift ist die Dauer des originären Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe begrenzt worden. Sie beträgt 312 Bezugstage.

Die mit dem 1. SKWPG ab 01.01.1994 eingeführte zeitliche Begrenzung der originären Arbeitslosenhilfe wirkt auf in der Vergangenheit erworbene Ansprüche, ist aber für einen begünstigten Personenkreis in ihrer begrenzenden Auswirkung gestreckt worden. Die Übergangsregelung des § 242 q Abs.10 AFG bestimmt: "Haben die Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe für einen Zeitraum zwischen dem 01.10. 1993 und dem 31.12.1993 vorgelegen, sind bis zum 31.03.1994 ... 2) § 135 a i.V.m. mit § 134 Abs.4 Satz 1, § 110 nicht anzuwenden".

Dies bedeutet nicht, dass die mit dem 1. SKWPG angeordnete Verbrauchswirkung des Bezugs von originärer Arbeitslosenhilfe für den Personenkreis des § 242 q Abs.10 AFG überhaupt erst ab 01.04.1994 einsetzen soll, sondern vielmehr, dass der dort angesprochene Personenkreis noch bis zum 31.03.1994 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben soll, auch wenn der Betreffende schon vor diesem Zeitpunkt an 312 Tagen originäre Arbeitslosenhilfe bezogen hat bzw. die nunmehr an sich maßgebliche begrenzte Anspruchsdauer ausgeschöpft hätte (Urteil des Senats vom 27.11.1997 Az.: L 9 AL 79/95 S.11 ff. unter Hinweis u.a. auf BSG vom 29.01.1997 SozR 3-4100 § 242 q Nr.1).

Demnach hat die Klägerin soweit ihr Anspruch sich über den 31.12.1993 hinaus erstreckt, einen von Beginn an gerechneten Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe von 312 Tagen. Davon sind nach § 110 Abs.1 Nr.2 AFG 78 Bezugstage abzuziehen, was einen Anspruch von 234 Tagen ergibt. Dieser Anspruch wäre bei einer Bezugszeit von Freitag, den 16.04.1993, bis Dienstag, den Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe in einem Zeitraum zwischen dem 01.10.1993 und dem 31.12.1993 vorgelegen haben, fällt sie unter den begünstigten Personenkreis des § 242 q Abs.10 AFG, so dass sie einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bis zum 31.03.1994 hat.

Der diesem Ergebnis entgegenstehende Bescheid vom 12.05.1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.1993 war aufzuheben.

Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Der Sache kommt keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu, nachdem die originäre Arbeitslosenhilfe aufgrund des 3. SGB III-Änderungsgesetzes vom 22.12.1999 (Bundesgesetzblatt I 2624) entfallen ist.
Rechtskraft
Aus
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