L 4 RA 63/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 RA 44/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 63/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 09.10.2002 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente.

Der 1941 geborene Kläger bezog seit Jahren durchgehend Arbeitslosenhilfe. Das Arbeitsamt C ... legte bei der Berechnung der an die Beklagte abzuführenden Beiträge bis zum 31.12.1999 als Bemessungsgrundlage 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) mit Wirkung ab dem 01.01.1997 zugrunde. Seit Januar 2000 ermittelte das Arbeitsamt C ... die Beiträge aus dem Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe nach §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a Abs. 2 S. 1 SGB VI in der ab 01.01.2000 geltenden Fassung (Art. 22 des Haushaltssanierungsgeseztes - HSanG - vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2530). Mit Schreiben vom 21.02.2001 übersandte der Kläger der Beklagten die vom Arbeitsamt C ... ausgestellte Bescheinigung nach §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a Abs. 1 SGB VI i.d.F. vom 01.01.2000 und fragte an, ob und in welcher Höhe Zahlungen zur Rentenversicherung geleistet werden können. Die Beklagte fasste das Schreiben als formlosen Antrag zur Aufstockung der Beiträge wegen Bezuges von Arbeitslosenhilfe nach § 276 a Abs. 2 SGB VI auf. Mit Bescheid vom 14.12.2001 stellte sie fest, dass der Kläger zur Zahlung zusätzlicher Beiträge nach § 276 a SGB VI für die Zeit des Bezuges von Arbeitslosenhilfe vom 01.01.2000 bis 31.12.2000 in Höhe von insgesamt 8515,35 DM (4353,83 Euro) berechtigt ist.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Regelung des § 276 a SGB VI sei verfassungswidrig. Durch einen Raubüberfall im März 1994 in St. P ... sei er unverschuldet in gesundheitliche, wirtschaftliche und persönliche Schwierigkeiten geraten. Nach mehreren Operationen und dem Verlust des linken Auges sei er arbeitslos und habe einen Grad der Behinderung von 60. Er erhalte weder Leistungen aus der Unfallversicherung noch nach dem Opferentschädigungsgesetz. Deshalb sei er nicht in der Lage, den in dem Bescheid festgestellten Aufstockungsbetrag aufzubringen. Am 17.05.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger zahlte keine Aufstockungsbeiträge nach § 276 a SGB VI an die Beklagte.

Mit Bescheid vom 07.05.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Schwerbehinderung in Höhe von 906,15 Euro monatlich ab Juni 2003. Sie berücksichtigte u. a. Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.01.2000 bis 30.04.2003 unter Zugrundelegung der vom Bund gezahlten Beiträge nach §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a nF, 276 a Abs. 2 S. 1 SGB VI.

Mit der am 05.06.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat der Kläger die Gewährung eines Nachteilausgleiches in Höhe von jährlich 4353,83 Euro bis zum Beginn der Altersrente von der Beklagten begehrt. Er hat vorgetragen, er habe seit Beginn seiner beruflichen Tätigkeit am 15.04.1956 Beiträge an die Rentenversicherung unter Zugrundelegung seines Bruttoeinkommens gezahlt. Das Bruttoeinkommen sei auch bis Ende 1999 bei der Berechnung der Beiträge für Zeiten des Bezuges der Arbeitslosenhilfe zugrunde gelegt worden. Die Regelung des § 276 a SGB VI, wonach seit dem 01.01.2000 der von der Bundesanstalt für Arbeit zu leistende Beitrag nach der Höhe des Zahlbetrages der Arbeitslosenhilfe berechnet werde, sei verfassungswidrig. Er sei finanziell nicht in der Lage, den Aufstockungsbeitrag nach § 276 a SGB VI aufzubringen. Er sei durch eine unverschuldete Notlage arbeitslos geworden.

Mit Gerichtsbescheid vom 09.10.2002 hat das SG Münster die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 12.10.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.11.2002 Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und ist der Auffassung, die Regelungen des §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a Abs. 2 S. 1 SGB VI mit Wirkung ab dem 01.01.2000 verstießen gegen Art. 14 und 3 Grundgesetz (GG).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 09.10.2002 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 07.05.2003 zu verurteilen, höhere Altersrente unter Berücksichtigung einer Beitragsbemessungsgrundlage nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI in der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung für die Zeit ab 01.01.2000 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung und die zweitinstanzliche Klage sind unbegründet.

Der Bescheid vom 07.05.2003 über die Gewährung von Altersrente hat den Bescheid vom 14.12.2001 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2002 ersetzt und ist damit nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

Der Bescheid vom 07.05.2003 ist rechtsmäßig. Dem Kläger besteht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente zu.

Die Beklagte hat zutreffend bei der Berechnung der Höhe der Altersrente die Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezuges von Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 30.04.2003 unter Zugrundelegung der vom Bund für diesen Zeitraum geleisteten Beiträge nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a Abs. 2 SGB VI n. F. berücksichtigt und bewertet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Pflichtbeitragszeiten ab 01.01.2000 nach der bis zum 31.12.1999 geltenden Beitragsbemessungsgrundlage - 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde gelegten Arbeitsentgeltes (§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI mit Wirkung ab dem 01.01.1997) - zu bewerten.

Bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe handelt es sich nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI um sonstige Versicherte, für die Beiträge an die Rentenversicherung abzuführen sind. Als beitragspflichtige Einnahmen haben beim Bezug von Arbeitslosenhilfe nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI mit Wirkung ab dem 01.01.1997 (Art. 1 Nr. 20 Wachstums- und Beschäftigungsgesetz vom 25.09.1996, BGBl. I, 1461) 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde gelegten Arbeitsentgeltes, vervielfältigt mit dem Wert, der sich ergibt, wenn die zu zahlende Arbeitslosenhilfe durch die ohne Berücksichtigung von Einkommen zu zahlende Arbeitslosenhilfe geteilt wird, höchstens jedoch die sich bei entsprechender Anwendung von Nr. 2 ergebenden Einnahmen, gegolten. Bis Dezember 1997 hat die Bundesanstalt für Arbeit bei Bezug von Arbeitslosenhilfe die Beiträge nach § 170 Abs. 1 Nr. 2 b SGB VI i.d.F. getragen, ab Januar 1998 hat der Bund die Beiträge nach § 170 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung (Art. 6 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24.03.1997, BGBl. I, 594) unter Beibehaltung der Beitragsbemessungsgrundlage geleistet. Die beitragspflichtigen Einnahmen bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe wurden durch Art. 22 Nr. 2 und 6 des HSanG mit Wirkung vom 01.01.2000 geändert. Beitragsbemessungsgrundlage ist seit Januar 2000 der Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe (§ 166 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI), die Beitragstragung durch den Bund wurde aufrechterhalten. Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die vor dem 01.01.2000 das 55. Lebensjahr erreicht hatten und vor dem 01.01.2000 arbeitslos geworden sind, hat der Gesetzgeber aus Vertrauensschutzgründen die Möglichkeit eingeräumt, die von Januar 2000 an zu zahlenden Beiträge für den Bezug von Arbeitslosenhilfe durch eigene Beitragsleistungen ab dem 01.01.2000 aufzustocken. Nach § 276 a Abs. 1 SGB VI ist beitragspflichtige Einnahme bei diesen Versicherten 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes, vervielfältigt mit dem Wert, der sich ergibt, wenn die zu zahlende Arbeitslosenhilfe durch die ohne Berücksichtigung von Einkommen zu zahlende Arbeitslosenhilfe geteilt wird, höchstens jedoch die sich bei entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 Nr. 2 ergebenden Einnahmen, wenn die Beiträge insgesamt bis zum 30.06. des Kalenderjahres gezahlt werden, das dem Kalenderjahr folgt, in dem der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestanden hat. Die Beiträge werden nach § 276 a Abs. 2 S. 1 SGB VI vom Bund getragen, soweit Beitragsbemessungsgrundlage die gezahlte Arbeitslosenhilfe ist, im übrigen vom Versicherten. Der Kläger hat keinen Aufstockungsbeitrag für die Zeit ab 01.01.2000 geleistet. Den Aufstockungsbetrag hat der Kläger auch selbst zu tragen, eine Tragung des Aufstockungsbetrages durch sonstige Dritte wie z.B. Bund, Beklagte als zuständiger Rentenversicherungsträger oder Bundesanstalt für Arbeit als Leistungsträger, ist auch bei wirtschaftlichem Unvermögen des Arbeitslosenhilfebeziehers nicht vorgesehen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Bestimmungen des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a SGB VI i.d.F. vom 01.01.2000 nicht verfassungswidrig. Der Senat hat daher keinen Anlass gesehen, die Streitsache dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG vorzulegen.

Die Regelungen sind mit Art. 14 GG vereinbar. Bei Inkrafttreten der Änderung des SGB VI hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrundlage beim Bezug von Arbeitslosenhilfe hat der Kläger ein Rentenanwartschaftsrecht inne gehabt, das dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. GG unterfällt. Denn Rentenanwartschaftsrechte sind dem Versicherten i. S. eines subjektiv-öffentlichen Rechts individuell zugeordnet. Sie beruhen - auch soweit versicherungstypische Risiken wie Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit bewertet werden - auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Versicherten und dienen seiner Existenzsicherung (BSG, Urteil vom 29.08.1997, 8 RKn 5/97, SozR 3-2600 § 166 Nr. 1; Beschluss vom 16.12.1999, B 4 RA 11/99 R). Das Rentenanwartschaftsrecht unterfällt dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, jedoch nicht die einzelnen Anspruchs- bzw. Berechnungselemente (vgl. BSG, Urteil vom 18.04.1996, 4 RA 36/94, SozR 3-2600 § 71 Nr. 1; Urteil vom 11.12.1999, B 5 RJ 26/98 R). Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich aus den Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Die durch §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a SGB VI verfügte Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage für Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe und die dadurch verbundene Verminderung des Rentenanwartschaftsrecht stellt eine Schrankenbestimmung des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG verleiht dem Gesetzgeber die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, zu kürzen und umzugestalten, wenn dies durch Gründe des öffentlichen Interesses und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (BVerfG, Beschluss vom 28.04.1999, 1 BvL 32/95, BVerfGE 100, 1 (37)). Bei Eingriffen in bestehenden Rentenanwartschaftsrechten steht dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu, da in den Rentenanwartschaften die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Damit ist eine Beschränkung des Rentenanwartschaftsrechts zum Zwecke des Allgemeinwohls unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Gesichtspunktes des Vertrauenschutzes zulässig.

Der vom HSanG verfolgte Regelungszweck dient dem Allgemeinwohl. Mit den im HSanG ergriffenen Maßnahmen hat der Gesetzgeber eine strukturelle Konsolidierung des Bundeshaushaltes angestrebt, um die Finanzierung von notwendigen Zukunftsinvestitionen und Steuersenkungen sowie eine Zurückführung der Neuverschuldung sicher zu stellen (BT-Drucks. 14/1523, S. 163). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Als Mittel der Ausgabenkürzung ist die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage für Bezieher von Arbeitslosenhilfe von 80 % des dem Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes auf den Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe und die damit verbundene Reduzierung der Beitragslast des Bundes an die Rentenversicherung zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes geeignet und erforderlich gewesen. Insbesondere ist die umgehende Umsetzung der Einsparung erforderlich gewesen, um die notwendige Verbesserung der Finanzlage des Bundes rasch zu erreichen. Die Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage ist dem Kläger auch zumutbar gewesen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Befugnis des Gesetzgebers zu Eingriffen in das Rentenanwartschaftsrecht um so weiter geht, als die das Rentenanwartschaftsrecht begründenden Zeiten nicht auf eigenen Beiträgen des Versicherten beruhen, sondern vom Staat in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz eingeräumt worden ist. Der Berücksichtigung der Bezugszeiten von Arbeitslosenhilfe im Rentenversicherungsrecht liegt keine einkommensbezogene Eigenleistung des Versicherten zugrunde. Denn bei der Arbeitslosenhilfe handelt es sich nicht um eine Leistung, die dem Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterfällt, da sie keine aus Beiträgen des Versicherten, sondern eine aus Steuermitteln finanzierten Leistung darstellt. Dem aus Steuermitteln finanzierte Arbeitslosenhilfeanspruch liegt keine Leistung des Versicherten zugrunde, sondern er ist eine Leistung des Staates, die Elemente der Fürsorgeleistung enthält (BSG, Urteil vom 21.11.2002, B 11 Al 1/02 R m.n.V.). Als Ausdruck der besonderen staatlichen Fürsorge hat der Gesetzgeber die Berücksichtigung von Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe in der Rentenversicherung sichergestellt. Vom Versicherten müssen keine eigenen Leistungen aufgewandt werden. Die Neuregelung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI i.d.F. vom 01.01.2000 sieht auch weiterhin eine Berücksichtigung von Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe als Pflichtversicherungszeiten vor, aber unter Zugrundelegung einer geringeren Bewertung. Wegen der fehlenden Beitragsbezogenheit ist ein Eingriff des Gesetzgebers in diese Zeiten zulässig. Die Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage wird für Versicherte, die zum Zeitpunkt der Rechtsänderung das 55. Lebensjahr erreicht hatten und vor dem 01.01.2000 arbeitslos geworden sind, durch die Übergangsvorschrift des § 276 a SGB VI abgemildert. Ihnen wird in dieser Übergangsvorschrift die Möglichkeit eingeräumt, durch eigene Leistungen die Rentenanwartschaft weiter zu steigern, wie es dem bisherigen Recht entsprochen hat. Dabei räumt der Senat ein, dass im Hinblick darauf, dass die Arbeitlosenhilfe nur bei Bedürftigkeit gezahlt wird, der Personenkreis, der diese Übergangsvorschrift in Anspruch nehmen kann, eingeschränkt ist.

Die Vorschriften des §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a SGB VI entsprechen auch dem im Rahmen des Art. 14 GG gebotenen Vertrauensschutzes, der dem aus dem Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 GG abgeleiteten Grundsatz entspricht (BSG, Beschluss vom 21.11.2002, B 11 Al 1/02 R). Die Regelungen verstoßen nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Eine im Regelfall unzulässige echte Rückwirkung liegt nur dann vor, wenn der Gesetzgeber in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände eingreift. Die §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a SGB VI entfalten ihre Rechtswirkung jedoch erst ab ihrem Inkrafttreten, dem 01.01.2000. Sie wirken lediglich auf Rechtsbeziehungen, d.h. auf das Versicherungsverhältnis, ein, die in der Vergangenheit begründet wurden. Damit kommt den Regelungen eine unechte Rückwirkung zu. Die unechte Rückwirkung einer Norm ist in der Regel verfassungsrechtlich zulässig, da das Vertrauen aus dem Fortbestand gesetzlicher Vorschriften regelmäßig nicht geschützt ist. Eine mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende unechte Rückwirkung kommt deshalb ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn das Vertrauen des Betroffenen in den Bestand einer begünstigenden Regelung generell schutzwürdiger ist als das öffentliche Interesse ihrer Änderung (BSG, Beschluss vom 21.11.2002, B 11 Al 1/02 R; Urteil vom 01.12.1999, B 5 RJ 26/98 R, SozR 3 - 5050 § 22 Nr. 7).

Das Vertrauen des Klägers in den Bestand der erst zum 01.01.1997 eingeführten Regelung des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI, wonach beim Bezug von Arbeitslosenhilfe 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes Beitragsbemessungsgrundlage für die Beiträge zur Rentenversicherung sind, ist nicht schutzwürdig. Der Kläger konnte auf die Dauerhaftigkeit dieser Regelung nicht vertrauen. Der Gesetzgeber hat schon mehrmals in der Vergangenheit die Bestimmungen über die Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe in der Rentenversicherung geändert. Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe wurden für die Zeiten ab 01.01.1983 nicht mehr als Pflichtbeitragszeiten, sondern lediglich als Ausfallzeiten gewertet, wobei deren Anrechnung von der Zahlung von "Beiträgen" durch die Bundesanstalt für Arbeit abhing. In dem ab 01.01.1992 geltenden SGB VI wurden die Zeiten des Bezuges von Lohnersatzleistungen, also auch der Bezug von Arbeitslosenhilfe, wieder als Pflichtbeitragszeiten gewertet. Als beitragspflichtige Einnahmen wurde dabei für Bezieher von Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.12.1994 der Zahlbetrag der Arbeitslosenhilfe (§ 276 Abs. 1 SGB VI) zugrunde gelegt. Gleichzeitig wurden die Zeiten des Bezuges von Arbeitslosenhilfe als Anrechnungszeiten berücksichtigt (§ 252 Abs. 2 SGB VI) und nach § 263 Abs. 3 SGB VI die Begrenzung des Gesamtleistungswertes ausgeschlossen. In dem Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1996 war nach § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes als beitragspflichtiges Einkommen zu versichern, wobei die Bundesanstalt für Arbeit die Beiträge leistet. Die Zeiten wurden weiterhin nach § 252 Abs. 2 SGB VI als Anrechnungszeiten berücksichtigt, die Begrenzung des Gesamtleistungswertes war gemäß § 263 Abs. 3 SGB VI auf 75 % bei einem Leistungsbeginn im Jahre 1995 und auf 90 % beim Rentenbeginn im Jahre 1996 beschränkt. Durch das Wachstums- und Beschäftigungsgesetz im Jahre 1996 wurde die Beitragsberechnung erneut geändert. In der Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.12.1999 bestimmte § 166 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI, dass 80 % des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes vervielfältigt mit dem Betrag, der sich ergibt, wenn die zu zahlende Arbeitslosenhilfe durch die ohne Berücksichtigung von Einkommen zu zahlende Arbeitslosenhilfe geteilt wird, beitragspflichtige Einnahme sein sollte, höchstens jedoch die sich nach der bis 1996 geltenden Regelung ergebenden Einnahmen. Der versicherungspflichtige Arbeitslosenhilfebezug war nach § 252 Abs. 2 SGB VI nur noch im Jahr 1997 Anrechnungszeit, weil die Begrenzung des Gesamtleistungswertes nach § 263 Abs. 2 a SGB VI zu beachten war. Ab Januar 1998 übernahm der Bund die Beiträge zur Rentenversicherungspflicht.

Die Regelungen des § 166 Abs. 1 Nr. 2 a, 276 a Abs. 2 S. 1 SGB VI mit Wirkung ab dem 01.01.2000 sind auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. GG vereinbar. Zwar wird seit dem 01.01.2000 bei der Berechnung von Beiträgen der Bezieher von Arbeitslosenhilfe nicht mehr auf das Arbeitsentgelt, das der Berechnung der Lohnersatzleistungen - hier: der Arbeitslosenhilfe - zugrunde gelegt wird, abgestellt, sondern auf den Zahlbetrag der Lohnersatzleistung, während Bemessungsgrundlage bei den Beiträgen der Erwerbstätigen das erzielte Arbeitsentgelt ist, wie der Kläger zutreffend ausgeführt hat. Der allgemeine Gleichheitssatz ist jedoch nur verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die vom Gesetzgeber getroffene rechtliche Unterscheidung darf in sachlichen Unterschieden keine ausreichende Stütze finden. Denn Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nur, Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen, also wesent- lich Gleiches ungleich zu behandeln (BSG, Urteil vom 06.02.2003, B - 13 RJ 17/02 - R n.b.N.; Urteil vom 30.01.2003, B 4 RA 47/02 R n.b.N.). Die Ungleichbehandlung von Erwerbstätigen und Beziehern von Arbeitslosenhilfe bei der Bestimmung der Beitragsbemessungsgrundlage ist nicht sachwidrig. Erwerbstätige leisten die Beiträge zur Rentenversicherung aus ihrem eigenen Einkommen und beabsichtigen durch diese Eigenleistung, ihre Existenz im Alter zu sichern. Demgegenüber übernimmt der Bund aus Fürsorgegesichtspunkten die Leistung von Beiträgen für die Personengruppe der Bezieher von Arbeitslosenhilfe, um Ansprüche dieser Personengruppe in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen - bzw. aufrechtzuerhalten. Dabei ist der Bund nicht gehalten, Arbeitslosenhilfebezieher mit der Personengruppe der Erwerbstätigen gleichzustellen. Dem Bund steht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er die Existenz der Bürger, ggfls. durch Leistung von Sozialhilfe, sichert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 196 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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