L 3 AL 56/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 4/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 56/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. März 1999 insoweit aufgehoben, als die Klage für den Zeitraum vom 20.05.1998 bis 15.09.1998 abgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin 1/3 (ein Drittel) der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 13.10.1997.

Die am ...1953 geborene, seit 1973 verheiratete Klägerin ist Mutter zweier Kinder. Sie befand sich ab 1993 durchgängig in der Steuerklasse V.

Bis zum 31.10.1992 war sie als Raumpflegerin beschäftigt. Beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis erhielt sie eine Abfindung in Höhe von 13.079,00 DM. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld (Alg) vom 02.11.1992 bis 30.08.1993 arbeitete sie in der Zeit vom 31.08.1993 bis 30.09.1993 versicherungspflichtig als Mitarbeiterin Produktion, bevor sie vom 05.10.1993 bis 04.12.1993 wiederum Alg bezog. Nach einer vom 07.12.1993 bis 06.06.1995 dauernden Arbeitsbeschaffungsmaßnahme erhielt sie in der Zeit vom 07.06.1995 bis 09.12.1995 wiederum Alg. Vom 11.12.1995 bis 10.12.1996 war sie erneut im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme versicherungspflichtig tätig. Sie erzielte ein durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt von 2.350,99 DM. In der Zeit vom 11.12.1996 bis 05.08.1997 erhielt sie wiederum Alg nach einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM, der Leistungsgruppe D und einem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 191,40 DM wöchentlich.

Der Ehemann der Klägerin erzielte in den Monaten Juli und August 1997 ein Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. je 4.560,00 DM. Von September 1997 bis Mai 1998 bezog er Alg i. H. v. 2.353,00 DM monatlich (= 543,00 DM pro Woche).

Für die am 31.08.1976 geborene studierende Tochter K ... war in den BAföG-Bescheiden vom 29.07.1997 und 28.11.1997 für die Zeit von Juli 1997 bis Mai 1998 ein monatlicher wurde BAföG i. H. v. 112,00 DM, für August 1997 175,00 DM, für September 1997 175,00 DM und für Oktober 1997 bis Mai 1998 je 606,00 DM ausgezahlt.

Am 16.07.1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Alhi. Darin gab sie an, sie verfüge gemeinsam mit ihrem Ehemann über ein Bankguthaben von 50.000,00 DM. Die Zinsen für das letzte Jahr beliefen sich auf 1.189,59 DM. Darüber hinaus stünden im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten folgende Wertpapiere: eine Anlage über 3.000,00 DM zum Zinssatz von 5,5 %, angelegt am 01.11.1996, sowie ein Wertpapier im Wert von 1.000,00 DM zu einem Zinssatz von 6%, angelegt am 15.11.1994. Die Anlage sei jeweils für die Dauer von fünf Jahren erfolgt. Überdies stehe ein eigengenutztes Hausgrundstück mit einer Größe von 1.184 m2 (Wohnfläche 105 m2) im gemeinsamen Eigentum der Eheleute. Ihre Tochter studiere und beziehe 112,00 DM BAföG.

Am 25.07.1997 erließ die Beklagte einen ablehnenden Bescheid. Bei der Klägerin und ihrem Ehemann sei ein Vermögen von jeweils 17.000,00 DM gemäß §§ 134, 137 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu berücksichtigen. Angesichts des verwertbaren Gesamtvermögens sei der Lebensunterhalt der Klägerin für 58 Wochen (bis 15.09.1998) gewährleistet.

Am 13.10.1997 beantragte die Klägerin erneut die Bewilligung von Alhi. Das gemeinsame Vermögen der Ehegatten betrage 3.000,00 DM. Daneben stünden Wertpapiere im Wert von 10.000,00 DM im gemeinsamen Eigentum. Das 1.184 m2 große Hausgründstück zähle weiterhin zum Vermögen der Ehegatten. Das gemeinsame Kind erhalte nunmehr kein BAföG mehr.

Mit Bescheid vom 29.10.1997 lehnte die Beklagte den Anspruch erneut ab. Laut Bescheid vom 25.07.1997 ruhe der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 06.08.1997 bis 15.09.1998.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin von 02.11.1997. Ihre Vermögensverhältnisse hätten sich verglichen mit denen zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 16.07.1997 verändert. 34.000,00 DM hätten sie ihrem Sohn zum Zwecke des Eigenheimbaues überlassen. 500,00 DM monatlich gewährten sie ihrer studierenden Tochter gemäß §§ 11 und 21 BAföG monatlich als Unterhalt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie habe mit Bescheid vom 25.07.1997 das Ruhen des Anspruchs auf Alhi für die Dauer von 58 Wochen festgestellt. Gemäß § 9 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) bestehe keine Bedürftigkeit für die Zahl von Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach der sich die Alhi richte. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin das Vermögen vorzeitig verbraucht habe, bestehe ein Anspruch vor Ablauf der 58 Wochen nicht.

Am 06.01.1998 hat die Klägerin zur Niederschrift des Sozialgerichts (SG) Dresden Klage erhoben. Die Eheleute hätten zum 20.10.1997 ein Sparvermögen von 31.682,10 DM auf ihren Sohn Tilo übertragen. Ihre Tochter erhalte monatlich 606,00 BAföG. Seit Juli 1997 zahlten die Eheleute zusätzlich 500,00 DM an sie.

Am 11.06.1998 hat die Klägerin ihren Antrag auf Alhi bei der Beklagten erneuert, den diese mit Bescheid vom 22.07.1998 wiederum mit der Begründung abgelehnt hat, laut Bescheid vom 25.07.1997 ruhe der Anspruch auf Alhi für die Dauer von 58 Wochen (06.08.1997 bis 15.09.1998).

Am 29.07.1998 hat sich die Klägerin erneut arbeitlos gemeldet und Alhi beantragt. Sie verfüge gemeinsam mit ihrem Ehegatten nunmehr lediglich noch über ein Bankguthaben von 1.000,00 DM sowie Wertpapiere im Wert von 10.000,00 DM. Ihr Ehegatte beziehe Alg.

Mit Bescheid vom 18.09.1998 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 03.12.1998 hat die Beklagte der Klägerin ab 16.09.1998 Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 580,00 DM, der Leistungsgruppe D und dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von 151,55 DM wöchentlich bewilligt.

Mit Veränderungsmitteilung vom 11.05.1999 hat die Klägerin der Beklagten mitgeteilt, sie befinde sich ab 01.01.1999 in Arbeit.

Die Beklagte hat den am 19.08.1998 gegen den Ablehnungsbescheid vom 22.07.1998 erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.1999 als unbegründet zurückgewiesen.

Auf Nachfrage des SG hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.08.1998 Berechnungen vorgelegt, nach denen - falls die Eheleute zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht über Vermögen verfügt hätten - Einkommen des Ehemanns der Klägerin i. H. v. 11,44 DM wöchentlich auf die Alhi der Klägerin anzurechnen gewesen wäre.

Mit Schriftsatz vom 10.03.1999 hat die Klägerin gebeten, das Urteil des BSG, Az.: B 7 AL 118/97, bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Mit Urteil vom 11.03.1999 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen, ohne die während des Klageverfahrens ergangenen Bescheide der Beklagten in die Entscheidung einzubeziehen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 06.08.1997 bis 15.09.1998 zu. Für die Frage, ob ein Arbeitsloser bedürftig sei, komme es darauf an, über welches Vermögen er zum Zeitpunkt der Antragstellung verfügt habe. Bei Antragstellung am 13.10.1997 habe die Klägerin auf ein Vermögen von 31.682,10 DM zurückgreifen können, da ein Übertrag an den Sohn zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt war. Unabhängig von der Übertragung des Sparvermögens auf den Sohn am 20.10.1997 liege jedoch auch für den Zeitraum danach keine Bedürftigkeit vor. Die Beklagte habe zu Recht mit Bescheid vom 25.07.1997 Alhi für die Dauer von 58 Wochen abgelehnt. Sie habe das nach Abzug von jeweils 8.000 DM für die Klägerin und ihren Ehegatten verbliebene Vermögen von 34.000,00 DM durch das maßgebliche Arbeitsentgelt von 580,00 DM geteilt. Gemäß § 9 AlhiV ruhe der Anspruch auf Alhi bis 15.09.1998. Die Verwertung der 34.000,00 DM sei auch nicht unzumutbar gewesen. Insbesondere habe es nicht einer angemessenen Alterssicherung gedient. Die Klägerin habe vor Veröffentlichung der Entscheidung des BSG vom 22.10.1998, Az.: B 7 AL 118/97, zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass das Sparvermögen der Alterssicherung diene. Die Übertragung des Vermögens auf den Sohn spreche ebenso gegen eine derartige Zweckbestimmung. Auch die Verschenkung des Vermögens vor Ablauf der 58 Wochen führe nicht zu einer Bedürftigkeit. Der Wortlaut des § 137 Abs. 1 AFG lege es nahe, vom Arbeitslosen zu verlangen, dass er Finanzmittel gleichmäßig für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes verwerte. Insbesondere könne ein absichtliches Verhalten zur Schaffung der Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi nicht bei der Frage der Bedürftigkeit berücksichtigt werden. Auch die Tatsache, dass die Eheleute ihrer Tochter monatlich 500,00 DM Unterhalt gewährten, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Bei der Feststellung des Anspruchs auf Alhi sei die Prüfung der Bedürftigkeit nach § 137 AFG streng von der Einkommensanrechnung nach § 138 AFG zu trennen. Nur bei der Einkommensanrechnung nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG würden Unterhaltsleistungen einkommensmindernd berücksichtigt. Unterhaltsansprüche fänden jedoch bei der Bedürftigkeitsprüfung im Sinne des § 137 AFG keine Berücksichtigung.

Gegen das an die Klägerin am 09.04.1999 per Einschreiben abgesandte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 29.04.1999, eingegangen beim Sozialgericht (SG) Dresden am 30.04.1999 und beim Sächsischen Landessozialgericht am 05.05.1999, Berufung eingelegt. Das von ihr benannte Urteil des BSG sei vom SG nicht berücksichtigt worden. Die Übergabe des Vermögens an ihren Sohn sei eine Leihgabe gewesen. Ihre Ersparnisse hätten in erster Linie der Altersvorsorge gedient.

Mit Teilanerkenntnis vom 28.07.1999 hat die Beklagte erklärt, der Bescheid vom 29.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.1998 sei abzuändern; der Zeitraum des Ruhens des Anspruchs auf Alhi sei auf 41 Wochen zu reduzieren. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis zum 31.10.1992 eine Abfindung in Höhe von 13.079,00 DM erhalten habe. Mit Schriftsatz vom 16.08.1999 hat die Klägerin das Teil- anerkenntnis angenommen.

Mit Änderungsbescheid vom 22.12.1999 hat die Beklagte ihre Bescheide entsprechend des Teilanerkenntnisses abgeändert und der Klägerin ab 20.05.1999 Alhi bewilligt (Bescheid vom 03.07.2000).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11.03.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.1998 sowie Änderung des Bescheides vom 22.07.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.02.1999 und unter Abänderung der Bescheide vom 22.12.1998 und vom 03.07.2000 zu verpflichten, der Klägerin Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe ab dem 13.10.1997 bis 19.05.1998 nachzubewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, soweit nicht anerkannt wurde.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes hat der Senat auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Leistungsakte der Beklagten, die er zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig, in der Sache jedoch - soweit das Begehren der Klägerin über das Teilanerkenntnis hinausgeht und den Zeitraum vom 13.10.1997 bis 19.05.1998 betrifft - unbegründet. Das Urteil des SG Dresden ist lediglich insoweit aufzuheben, als der Anspruch auf Alhi auch für die Zeit ab 20.05.1998 abgelehnt wurde. Die Bescheide der Beklagten vom 29.10.1997, 02.01.1998, 22.07.1998, 18.09.1998, 03.12.1998 und 11.02.1999 wurden bereits durch die Änderungsbescheide der Beklagten vom 22.12.1999 und 03.07.2000 abgeändert. Die Bescheide vom 22.07.1998, 03.12.1998, 11.02.1999, 22.12.1999 und 03.07.2000 sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens.

Der Klägerin steht für die Zeit vom 13.10.1997 bis 19.05.1998 kein Anspruch auf Alhi zu. Der Bewilligung steht bereits das mit Bescheid vom 25.07.1997 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.12.1999 festgestellte Ruhen des Anspruchs bis 19.05.1998 entgegen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 13.10.1997 war der Ruhenszeitraum noch nicht verstrichen.

Die Beklagte hat die Ruhensdauer im Bescheid vom 25.07.1997 in der Gestalt des Bescheides vom 22.12.1999 jedenfalls nicht zu Ungunsten der Klägerin fehlerhaft festgestellt. Gemäß dem zum Zeitpunkt der Antragstellung vom 16.07.1997 geltenden Recht des § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG in der Fassung des Artikel 11 des Arbeitsförderungsreformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl. I S. 594, setzt der Anspruch auf Alhi die Bedürftigkeit voraus. Nach § 137 Abs. 1 AFG ist ein Arbeitsloser bedürftig im Sinne von § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Der Arbeitslose ist gemäß § 137 Abs. 2 AFG nicht bedürftig, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen und das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist.

Gemäß § 6 Abs. 1 der auf § 137 Abs. 3 AFG basierenden und die dort genannten Voraussetzungen erfüllenden Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) vom 07.08.1974 in der Gestalt des Artikel 2 des Arbeitslosenhilfereformgesetzes vom 24.06.1996, BGBl. I S. 878, ist das Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und der Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, 8.000,00 DM übersteigt. Gemäß § 7 Abs. 1 gilt Vermögen aus einmaligen Sozialleistungen für die Dauer von 5 Jahren als nicht verwertbar, soweit es 10.000,00 DM nicht übersteigt.

Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte im Hinblick auf das bei der Klägerin und ihrem Ehemann entsprechend den Angaben im Antrag vom 16.07.1997 vorhandene Sparvermögen von 50.000,00 DM und unter Abzug des Freibetrages von je 8.000,00 DM sowie des als Abfindung wegen Arbeitsplatzverlustes erhaltenen Teilbetrages von 10.000,00 DM (24.000,00 DM: BE i. H. v. 580,00 DM = 41,37) den Leistungsanspruch ab 08.06.1997 für die Dauer von 41 Wochen verneint (§ 9 AlhiV).

Nach den nunmehr auf Anforderung des Senats vorgelegten Unterlagen war zum Zeitpunkt der Antragstellung jedoch ein höheres Vermögen vorhanden. So verfügten die Eheleute über folgende Vermögensanlagen: - Sparbuch 50.282,10 DM - Giro 1.324,21 DM - Wertpapiere 4.000,00 DM 55.606,31 DM Hätte die Beklagte der Bedürftigkeitsprüfung dieses Vermögen zugrunde gelegt, hätte sich nach Abzug von Freibeträgen und der Abfindung (i. H. v. insgesamt 26.000,00 DM) ein einzusetzendes Vermögen von 29.606,31 DM ergeben. Dieses geteilt durch das BE von 580,00 DM hätte zu einem Ruhen des Anspruchs für 51 Wochen (bis 28.07.1998) geführt.

Die Beklagte ist daher nicht zu Ungunsten der Klägerin von einer Verwertbarkeit eines Vermögens von 24.000,00 DM ausgegangen. Die Verwertung des Vermögens war auch zumutbar. Die Verwertung war nicht gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 3 AlhiV ausgeschlossen, weil das Vermögen zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt gewesen wäre. Die Klägerin gab weder im Antrag von 16.07.1997 noch in dem vom 13.10.1997 einen Zweck für das angesparte Vermögen an. Sie brachte erstmals im Schriftsatz vom 10.03.1999 indirekt und im Berufungsschreiben vom 29.04.1999 unmittelbar zum Ausdruck, das Vermögen habe der Alterssicherung gedient.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist ein Vermögen lediglich dann nicht verwertbar, wenn es der Arbeitslose dazu bestimmt hat, der Alterssicherung zu dienen und wenn die objektiven Begleitumstände bei der Anlage des Vermögens - wie etwa Vertragsgestaltung, Alter des Versicherten, Familienverhältnisse - mit der subjektiven Zweckbestimmung im Einklang stehen und diese daher glaubhaft ist (BSG, Urteil vom 22.10.1998, B 7 AL 118/97 R; BSG, Urteil vom 17.10.1996, 7 RAr 2/96; BSG, Urteil vom 24.04.1997, 11 RAr 24/96; vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 26.07.2000, L 3 AL 87/97). Die vom Arbeitslosen angegebene Zweckbestimmung muss folglich an Hand objektiver Kriterien nachvollziehbar sein. Insoweit kann als Indiz gewertet werden, dass das Vertragsende einer Lebensversicherung oder einer sonstigen Vermögensanlage in etwa mit dem möglichen Eintritt in das Rentenalter (§§ 35 ff. SGB VI) zusammentrifft.

Die Anlage des Geldes auf einem normalen Sparkonto - Zinssatz 4,2 % - war gemäß § 21 Abs. 4 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten auflösbar. Es handelte sich weder um eine längerfristige Anlage noch um eine Anlage, deren Ende in etwa mit dem Zeitpunkt des Eintritts in die Altersrente zusammenfiel. Aus der Anlage auf einem Sparbuch kann objektiv nicht geschlossen werden, dass sie der Altersvorsorge diente. Eine Anlage auf einem Sparkonto deutet eher darauf hin, dass das Geld verfügbar sein und zum Verbrauch für das alltägliche Leben dienen soll.

Auch die spätere Verwendung des Geldes - Schenkung oder Leihe an den Sohn zum Bau eines Eigenheimes - ist eher ein weiteres Indiz dafür, dass das Vermögen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht zur Alterssicherung für die Klägerin selbst bestimmt war.

Die Verwertung war auch nicht gemäß der Generalklausel des § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV ausgeschlossen. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV ist die Verwertung des Vermögens zumutbar, wenn sie nicht Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann. Die Verwertung des Vermögens war nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Sie konnte von der Klägerin auch billigerweise erwartet werden. Insbesondere rechtfertigt die Unterhaltsverpflichtung der Klägerin und ihres Ehegatten gegenüber ihrer Tochter kein anderes Ergebnis. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Ehegatte der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum ein Einkommen erzielte (Juli und August 1997 je 4.560,00 DM Bruttoarbeitsentgelt, September 1997 bis Mai 1998 je 2.533,00 DM Alg monatlich), von dem der an die Tochter zu zahlende Unterhalt erbracht werden konnte.

Für die Tochter der Klägerin war laut BAföG-Bescheiden vom 29.07.1997 und 28.11.1997 ein monatlicher Grundbedarf i. H. v. 833,75 DM ausgewiesen. Infolge der Anrechnung des Einkommens des Vaters gelangten folgende BAföG-Beträge zur Auszahlung: - für Juli 1990 112,00 DM - für August 1990 175,00 DM - für Sept. 1990 175,00 DM - für Okt. 1990 bis Mai 1998 je 606,00 DM Selbst nach Anrechnung der unter Berücksichtigung der BAföG-Zahlungen verbleibenden Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Tochter auf den Freibetrag des Ehemanns im Rahmen der Einkommensanrechnung gem. § 138 Abs. 1 Satz 3 AFG, verblieb dem Ehemann der Klägerin Einkommen, dass - falls die Ehegatten über kein verwertbares Vermögen verfügt hätten - zur Anrechnung dieses Einkommens auf die Alhi der Klägerin geführt hätte. Bei einem derartigen Sachverhalt ist die Verwertung von Vermögen wegen einer bestehenden Unterhaltsverpflichtung auch nicht gem. § 6 Abs. 3 AlhiV ausgeschlossen.

Auch nach Übertragung des Sparvermögens auf den Sohn stand der Klägerin kein Anspruch auf Alhi zu. Der Fortfall von Vermögen während des Zeitraums des Ruhens führt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04.09.1979, 7 RAr 63/78) lediglich dann zu einer neuen Prüfung der Bedürftigkeit, wenn das Vermögen für das tägliche Leben grob fahrlässig verbraucht wurde. Nach dieser Rechtsprechung ist - wenn der Betroffene absichtlich das Vermögen vermindert und so die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi schafft - die Bedürftigkeit nicht vor Ablauf der Ruhensdauer anzunehmen.

Die Klägerin und ihr Ehemann haben durch die am 21.10.1997 vorgenommene Übertragung ihres Sparvermögens von 31.682,10 DM auf ihren Sohn, zu der sie gesetzlich nicht verpflichtet waren, die Bedürftigkeit der Klägerin erst herbeigeführt. Wenn ein Betroffener sein Vermögen an Dritte ohne Gegenleistung in dem Wissen veräußert oder verleiht, dass er nachfolgend bedürftig wird, führt er seine Bedürftigkeit vorsätzlich herbei. Für eine einschränkende Auslegung des § 9 AlhiV ist in einem solchen Fall kein Raum. Verfügt der Sohn nicht über ausreichendes Eigenkapital für den Bau eines Eigenheimes, so kann er trotz vorliegender Baugenehmigung - wegen Nichterhalts eines Darlehns - den Bau nicht vornehmen. Für seine Eltern bestand keine gesetzliche Verpflichtung, den Sohn zu unterstützen.

Zudem kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Klägerin gegenüber ihrem Sohn ein Anspruch auf Rückgabe des Vermögens im Falle einer Schenkung wegen Notbedarf gem. § 528 S. 1 BGB bzw. - falls das Vermögen lediglich verliehen war - gemäß § 985 BGB nach Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß § 605 Nr. 1 BGB (vgl. Putzo in Palandt, BGB, 54. Auflage, Rdnr. 3 zu § 605) zustand. Die Klägerin war nach Vollziehung der Überlassung außerstande, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten.

Auch verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), das die eigene Lebensgrundlage bildende Vermögen zu verschenken oder zu verleihen, und nachfolgend aus der Tatsache, dass kein derartiges Vermögen vorhanden ist, Leistungen der Versichertengemeinschaft bzw. aus öffentlichen Mitteln zu beanspruchen ("venire contra factum proprium").

Der Klägerin war daher lediglich - wie im Bescheid der Beklagten vom 03.07.2000 geschehen - ab 20.05.1998 Alhi zu bewilligen.

Nach alledem war das Urteil des SG lediglich im Umfang des Teilanerkenntnisses aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG; Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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