L 10 SB 35/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 SB 113/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 SB 35/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.03.2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird an das Sozialgericht Köln zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1947 geborene Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).

Mit Bescheid vom 19.01.1995 stellte der Beklagte bei ihr einen GdB von 50 unter Berücksichtigung der Funktionsstörung "Verlust der rechten Brust im Stadium der Heilungsbewährung" fest. Dem Bescheid lag die zu den eingeholten Befundberichten ergangene beratungsärztliche Stellungnahme vom 22.11.1994 zugrunde.

Mit Bescheid vom 22.05.1996 änderte bzw. ergänzte der Beklagte die Funktionsstörungen wie folgt: "1. Operative Entfernung der rechten Brust im Stadium der Heilungsbewährung, 2. Verschleißerkrankung und Bandscheibenschaden der Wirbelsäule"; die Feststellung eines höheren GdB lehnte er hingegen ab. Der Funktionsstörung zu 2. maß die beratende Ärztin einen GdB von 10 bei.

Im September 1999 leitete der Beklagte ein Nachprüfungsverfahren ein und holte von dem Facharzt für Orthopädie Dr. H ... und der Ärztin für Frauenheilkunde Dr. K ... Befundberichte sowie die gutachtliche Stellungnahme des Dr. K ... vom 30.10.1999 ein. Dieser bewertete den Verlust der rechten Brustdrüse nunmehr mit einem GdB von 30. Nachdem der Beklagte die Klägerin zu seiner Absicht, den GdB auf 30 herabzusetzen, angehört hatte, stellte er mit Bescheid vom 14.01.2001 unter Berücksichtigung der Funktionsstörungen "1. Verlust der rechten Brustdrüse, 2. Verschleißerkrankung und Bandscheibenschaden der Wirbelsäule" den GdB entsprechend der beratungsärztlichen Stellungnahme fest.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin weiterhin einen GdB von 50 geltend. Infolge der Brustoperation seien die Belastbarkeit und Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes eingeschränkt; wöchentlich sei eine Lymphdrainage erforderlich. Mehrfach seien Mittelohr- entzündungen aufgetreten, außerdem sei es zu einem Hörsturz gekommen. Wegen Halswirbelspannungen stehe sie in ständiger ärztlicher Behandlung. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2000 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.04.2000 unter Übersendung von Fotokopien der im Verwaltungsverfahren eingeholten Berichte und eines Arztbriefes des HNO-Arztes Dr. R ... (09.11.1999) Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Vorbringen aus dem Vorverfahren hat sie vorgetragen, aus den vom Beklagten eingeholten Befundberichten ergäben sich außerdem degenerative Verschleißerscheinungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule, eine Arthrose an beiden Daumensattelgelenken, eine Rhizarthrose, eine Coxarthrose rechts, eine Epicondylitis radialis rechts sowie Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und ein Hörsturz.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2000 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2000 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht (SG) hat Beweis erhoben durch Einholung des fachgynäkologischen Gutachtens des Dr. J ... vom 26.11.2001. Der Sachverständige hat den Zustand nach (Z.n.) Ablatio mammae rechts mit Wiederaufbau und Größenanpassung links mit einem GdB von 30 bwertet, weil die Heilungsbewährung abgelaufen sei. Dem Z.n. Hysterektomie und den klimakterischen Beschwerden mit Hormonersatztherapie hat der Sachverständige einen GdB von jeweils unter 10 beigemessen.

Die 14. Kammer des SG hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2002 abgewiesen.

Im Oktober 2002 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Vorsitzende der 14. Kammer seit längerem arbeitsunfähig erkrankt und nicht abzusehen sei, wann diese ihren Dienst wieder aufnehme; eine Abfassung des Urteils sei somit zur Zeit nicht möglich.

Die Klägerin hat am 12.03.2003 Berufung eingelegt.

Sie hat schriftsätzlich beantragt,

unter Aufhebung des Urteils das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Köln zurückzuverweisen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2000 (407 471 048 529 - 4 - 73) in der Form des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2000, zugestellt am 09.03.00, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen,

äußerst hilfsweise, das Verfahren - unter Berücksichtigung der Beweisangebote im Schriftsatz vom 25.03.2002 - bis zur Entscheidung des Versorgungsamtes Aachen über den Antrag der Klägerin vom 26.11.2001 auszusetzen.

Der Beklagte hat sich dem Hauptantrag der Klägerin angeschlossen und hilfsweise beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand mündlicher Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten entscheiden, da dieser in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen worden ist, dass auch beim Ausbleiben eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann.

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.

Das Urteil des SG, das mit der Verkündung existent wurde, ist mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar. Denn die Zustellung des Urteils ist keine Bedingung für die Zulässigkeit der Berufung, sondern lediglich Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Berufungsfrist (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.1983 - 2 RU 3/82 - SozR 2220 § 539 Nr. 88 m.w.N.; Meyer- Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 135 Rdnr. 3).

Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung durch Urteil aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder aber ein Mangel der Entscheidung selbst (Senatsurteile vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01 - und 23.01.2002 - L 10 SB 150/01 -; Urteil des 6. Senats des LSG NW vom 11.07.1995 - L 6 Vs 67/95 -; Meyer-Ladewig, a.a.O. § 159 Rdn. 3 mwN; Zeihe, SGG, § 159 Rdn. 2a, 8a; Frehse in Jansen, Berliner Kommentare, Sozialgerichtsgesetz, 2003, § 159 Rdn. 2, 6 ). Gleichermaßen kommt eine Zurückverweisung bei unzureichender Begründung der angefochtenen Entscheidung (vgl. Senatsurteile vom 05.09.2001 und 23.01.2002, a.a.O.; Urteil des 7. Senats LSG NRW vom 14.05.1998 - L 7 SB 146/97 -; Frehse, a.a.O. Rdn. 6 m.w.N.), bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung (Zeihe, aaO, Rdn. 8d) oder dann in Betracht, wenn sich das SG zu weiterer Beweiserhebung hätte gedrängt fühlen müssen.

Solche Mängel liegen hier vor.

1. Das angefochtene Urteil verstößt insbesondere gegen die zwingenden Verfahrensvorschriften der §§ 134 Satz 1, 135 SGG, die unter anderem bestimmen, dass das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen vom Vorsitzenden zu unterschreiben und den Beteiligten zuzustellen ist. Auch liegt - u.a. - ein Verstoß gegen die §§ 136 Abs. 1 Nr. 6, 128 Abs. 1 SGG vor, nach denen ein Urteil Entscheidungsgründe enthalten muss und die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

Eine vollständige Heilung dieser Mängel kommt nicht mehr in Betracht. Eine nachträgliche Abfassung des Urteils, Unterschriftsleistung der mitwirkenden Kammervorsitzenden und Zustellung dieses Urteils sind ggf. tatsächlich noch möglich; jedoch würden dann weiterhin die schriftlichen Urteilsgründe fehlen. Seit der Verkündung des Urteils sind nämlich bereits 16 Monate vergangen. Nach Ablauf dieser Zeit ist nicht mehr gewährleistet, dass eine Urteilsbegründung den Verlauf der mündlichen Verhandlung sowie das Beratungsergebnis zutreffend wiedergibt. Auch bei einer nachträglichen schriftlichen Absetzung und Ausfertigung der Urteilsgründe bliebe zumindest ein wesentlicher Verfahrensmangel bestehen. Denn die mit der schriftlichen Urteilsabfassung erstrebte Sicherung der Beurkundungsfunktion ist so lange Zeit nach Verkündung des Urteils nicht mehr erreichbar (s. dazu z.B. BSG, Urteil vom 22.09.1993 - 12 RK 39/93 - SozR3-1750 § 551 Nr. 5; Urteil vom 22.09.1993 - 12 RK 93/92 -, Die Beiträge 1994, 224; Urteil vom 03.03.1994 - 1 RK 6/93 - SozR3-1750 § 551 Nr. 7; Urteil vom 10.03.1994 - 12 RK 47/93 -, Die Beiträge 1994, 508; Urteil vom 06.03.1996 - 9 RVg 3/94 -). Der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluss vom 27.04.1993 (GmS-OGB 1/92, NJW 1993, 2603 = ZIP 1993, 1341) einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten entschieden, dass selbst ein Urteil, das formal vollständig ist, als nicht mit Gründen versehen gilt, wenn es nicht innerhalb von fünf Monaten nach Verkündung unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt ist. Damit stellt die Absetzung der schriftlichen Urteilsgründe nach Ablauf von mehr als fünf Monaten einen so erheblichen und nicht heilbaren Verfahrensmangel dar, dass vorliegend von dem Versuch, von dem SG eine nachträgliche Urteilsbegründung mit Unterschriftsleistung einzuholen, abzusehen war.

2. Welche Umstände des Einzelfalles das SG bewogen haben mögen, die Klage abzuweisen, ist mangels dokumentierter Entscheidungsgründe nicht ersichtlich. Zwar kann dem Sachzusammenhang entnommen werden, dass das SG sich der Beurteilung des Sachverständigen Dr. J ... angeschlossen hat. Dies reicht jedoch nicht aus, eine Urteilsbegründung zu ersetzen. Vielmehr müssen die Erwägungen, die das Gericht zum Urteilsausspruch führten, den Entscheidungsgründen zu entnehmen sein. Das Urteil muss aus sich heraus verständlich sein; insoweit notwendige Ausführungen können nicht schon durch Bezugnahme auf andere Unterlagen ersetzt werden. Zum Mindestinhalt eines Urteils gehört die Angabe der angewandten Rechtsnorm und der für erfüllt bzw. nicht gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der dafür ausschlaggebend gewesenen tatsächlichen und rechtlichen Gründe. Diese Anforderungen können nicht durch Heranziehung des übrigen Akteninhalts erfüllt werden (vgl. Senatsurteile vom 23.01.2002 - L 10 SB 150/01 -, vom 18.12.2002 - L 10 SB 101/02 - und vom 22.01.2003 - L 10 SB 105/02 -). Liegen aber letztlich die für die richterliche Entscheidung leitenden Gründe nicht vor, kann der Senat das Urteil inhaltlich nicht überprüfen.

3. Der Rechtsstreit ist in der Sache nicht zur Entscheidung reif. Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis wäre der Rechtsstreit auch bei rechtzeitiger Abfassung des Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden; denn das SG hätte sich zu weiterer Beweiserhebung gedrängt fühlen müssen. Es hat den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Allein auf das eingeholte Gutachten hätte die Abweisung der Klage nicht gestützt werden können.

Rechtsgrundlage des Verfahrens ist § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - Verwaltungsverfahren - i.V.m. §§ 3 und 4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. ab 01.07.2001 §§ 2, 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Als wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X ist auch eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin seit Erlass des letzten bindenden Bescheides zu sehen. Die Prüfung einer solchen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse setzt im Wesentlichen zunächst einen Vergleich zwischen den gesundheitlichen Verhältnissen, die bei Erlass des letzten bindenden Bescheides vorgelegen haben, und denen voraus, die nunmehr - bzw. im Zeitpunkt der beabsichtigten oder gebotenen Änderung (GdB-Feststellung) - vorliegen. Ergibt sich dabei eine Änderung, ist zu prüfen, ob diese wesentlich und darauf beruhend der seinerzeit festgestellte GdB zu ändern ist.

Das SG hätte unter Berücksichtigung der von ihm in der Beweisanordnung vom 14.05.2001 dem Grunde nach zutreffend zugrunde gelegten Anspruchsgrundlage der Frage nach der wesentlichen Änderung weiter nachgehen müssen. Abstellen müssen hätte das SG allerdings auf den Bescheid vom 19.01.1995; der von ihm zugrunde gelegte Bescheid vom 22.05.1996 erschöpft sich lediglich in einer ablehnenden Entscheidung und stellt keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Aufnahme der Funktionsstörung "Verschleißerkrankung und Bandscheibenschaden der Wirbelsäule" in den Bescheidtext. Dies stellt lediglich einen Teil der Entscheidungsbegründung des Beklagten dar.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage, ob gegenüber dem Bescheid vom 19.01.1995 eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist März 2000 (Widerspruchsbescheid vom 08.03.2000). Denn im Falle einer Anfechtungsklage - um eine solche handelt es sich vorliegend - ist auf den Zeitpunkt des angefochtenen Widerspruchsbescheides abzustellen (BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9RVs 12/95 -; Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - SozR 3-3870 § 3 Nr. 7), das heißt, es sind zunächst die Funktionsstörungen und deren Auswirkungen zu diesem Zeitpunkt festzustellen.

Die dazu angestellten Ermittlungen des SG sind nicht ausreichend. Es hätte seine Entscheidung nicht allein auf das fachgynäkologische Gutachten des Sachverständigen Dr. J ... stützen dürfen. Zwar hat dieser unter Berücksichtigung der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) 1996 Nr. 26.14 (S. 113 f.) zu Recht für den 1993 entfernten Brustdrüsentumor den Eintritt der Heilungsbewährung mit der Folge bejaht, dass der GdB nunmehr aufgrund der verbliebenen Gesundheitsstörungen zu bewerten ist. Daneben sind jedoch die im maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden, neu hinzugetretenen Funktionsstörungen in die Einschätzung des GdB einzubeziehen. So sind sowohl in dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundbericht des Orthopäden Dr. H ... als auch in dem von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren übersandten Arztbrief des HNO-Arztes Dr. R ... ein degeneratives Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Arthrose beider Daumensattelgelenke, eine Rhizarthrose, eine beginnende Coxarthrose rechts, eine Epicondylitis radialis rechts, Beschwerden in der beiderseitigen Schultermuskulatur, Gleichgewichtsstörungen und ein Hörsturz beschrieben worden. Gegenüber dem Sachverständigen hat die Klägerin auch über psychische Beschwerden in Form von depressiven Phasen mit Angstzuständen geklagt. Dass diese Gesundheitsstörungen bzw. deren Auswirkungen im März 2000 nicht mehr oder noch nicht vorgelegen haben, lässt sich den Berichten nicht entnehmen, ebenso nicht, ob und inwieweit diese zu Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft geführt haben. Das SG hätte sich demzufolge angesichts der ärztlichen Angaben bzw. des Vorbringens der Klägerin gedrängt fühlen müssen, weitere Befundberichte und ggf. Gutachten einzuholen, wobei den behandelnden Ärzten, die die Klägerin dem SG bereits benannt hatte, zunächst gezielte Fragen hinsichtlich der im fraglichen Zeitraum geklagten Beschwerden, der erhobenen Befunde und etwa durchgeführten bzw. angeordneten Therapien hätten gestellt werden müssen.

Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind wesentlich. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.

4. Die trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 SGG nicht zwingend vorgeschriebene Zurückverweisung ist angesichts der Kürze des Berufungsverfahrens und im Hinblick darauf, dass den Beteiligten eine weitere Tatsacheninstanz - zur sachgerechten Aufklärung des Sachverhalts - erhalten bleiben soll, geboten. Ein Zuwarten auf die Entscheidung des Beklagten über den im November 2001 gestellten Änderungsantrag ist nicht sinnvoll. Denn diese würde nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens werden; sie würde weder den angefochtene Herabsetzungsbescheid abändern noch ersetzen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem SG vorbehalten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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