L 4 RA 116/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RA 646/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 116/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Anrechnung von Zurechnungsjahren wegen Invalidität.

Die am ... geborene Klägerin bezog ab 01.09.1983 eine Rente wegen Invalidität. Diese betrug aus der Sozialversicherung (SV) 396,00 Mark und aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) 105,00 Mark. Mit Bescheid vom 23.04.1987 wurde Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt. Zum 31.12.1991 betrug die Rente aus der SV 899,00 DM und die Zusatzaltersrente 198,00 DM. Mit Umwertungsbescheid vom 01.01.1992 erfolgte die Umwertung der Rente gemäß § 307 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Hierbei ergab sich eine Rente nach SGB VI für Dezember 1991 von 1.052,11 DM. Dem gegenüber stand der um 6,84 % erhöhte bisherige Zahlbetrag von insgesamt 1.172,03 DM. Hieraus errechnete die Beklagte einen Auffüllbetrag von 119,92 DM. Die Rente wurde zum 01.01.1992 auf 1.174,71 DM errechnet. Diesem Betrag wurde der statische Auffüllbetrag, der bis 31.12.1995 zu zahlen war, hinzugerechnet, so dass der Zahlbetrag zum 01.01.1992 1.211,78 DM betrug.

Bei der Berechnung wurde das Ende des 20-Jahres-Zeitraums auf 31.12.1982 festgelegt. Ausgegangen wurde von einem Durchschnittseinkommen von 595,00 Mark für die Rente aus der SV und von 290,00 Mark für die Rente aus der FZR. Hieraus ergaben sich durchschnittliche Entgeltpunkte von 1,1973 für jedes Arbeitsjahr, vervielfältigt mit 41 Arbeitsjahren insgesamt 49,0893. Hierzu kam ein Zuschlag von 0,75 Entgeltpunkten für ein Kind. Zurechnungsjahre wegen Invalidität ergaben sich nicht, da eine Zurechnung nur bis zum 55. Lebensjahr erfolge. Die Invalidisierung der Klägerin erfolgte erst später.

Mit Schreiben vom 24.03.1999 beantragte die Klägerin Überprüfung der Rentenberechnung. Nach ihrer Meinung wurden ihr bei der Umwertung 1992 fünf Jahre Zurechnungszeit wegen Invalidität aberkannt.

Der Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 07.06.1999 zurückgewiesen. Bei der Umwertung der Rente sei nach dem SGB VI nur eine Zeit der Invalidität vom Rentenbeginn bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres zuzurechnen. Die Umwertung sei zu Recht erfolgt. Auch die Abschmelzung des Auffüllbetrages sei korrekt. Hier gelte § 315 a SGB VI.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie könne sich nicht damit abfinden, dass der Auffüllbetrag abgeschmolzen worden sei, und dass man sage, dass mit 55 Jahren Ende sei.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 15.10.1999 zurückgewiesen. Nach § 307 a Abs. 3 SGB VI seien bei der Umwertung der bisher gezahlten Rente nur noch die Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und die Zurechnungsjahre wegen Invalidität vom Rentenbeginn bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres als Arbeitsjahre anzunehmen. Diese Zurechnungsjahre seien als Steigerungsbetrag im Zahlbetrag der Rente für Dezember 1991 enthalten gewesen. Im Rahmen des Besitzschutzes seien sie Teil des Auffüllbetrages geworden.

Mit der am 19.11.1999 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie sei schuldlos zu 50 % behindert gewesen. Nach der Zahlung von fünf Jahren Altersrente könne man nicht einfach sagen, dass fünf Jahre der Invalidität abgezogen würden. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssten Arbeitnehmer das, was sie zur DDR-Zeit erhalten haben, behalten dürfen. Dies falle unter den Eigentumsschutz des Grundgesetzes.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 05.04.2000 ab. Die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) richte sich nach § 307 a SGB VI. Hierbei seien die Arbeitsjahre und die Zurechnungsjahre wegen Invalidität bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres zu berücksichtigen. Danach sei die Berechnung der Rente richtig erfolgt. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ergeben sich nicht. Im Übrigen ist auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, das am 09.06.2000 als zugestellt gilt, richtet sich die Berufung vom 06.07.2000. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihre Argumente. Sie ist der Meinung, dass die Zeit der Invalidität bis zum 60. Lebensjahr zuzurechnen sei, da in der DDR der Rentenbeginn für Frauen bei 60 Jahren gelegen habe.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05.04.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 07.06.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in Abänderung des Umwertungsbescheides zum 01.01.1992 bei der Rentenberechnung die Jahre ab Rentenbeginn wegen Invalidität bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres als Zurechnungsjahre anzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass die Umwertung nach § 307 a korrekt durchgeführt sei. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage liege bisher nicht vor.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und der beigezogenen Akte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und fristgerechte Berufung, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), erweist sich als unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Zeit vom 01.09.1983 bis 31.07.1987 als Zurechnungszeit bei der Rentenberechnung berücksichtigt wird. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

§ 307 a SGB VI bestimmt, dass bei Bestandsrentnern aus der Sozialpflichtversicherung und der FRZ zum 31.12.1991 für die Zeit ab 01.01.1992 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln sind. Danach sind die durchschnittlichen Entgeltpunkte je Arbeitsjahr zu ermitteln. Zurückgegriffen wird hierbei auf den 20-Jahres-Zeitraum vor Eintritt in die Rente nach der Sozialversicherungsordnung (SVO) der DDR. Die danach ermittelten Entgeltpunkte werden mit der Anzahl der Arbeitsjahre vervielfältigt. Den so ermittelten Punkten wird für jedes berücksichtigte Kind ein Zuschlag von 0,75 Punkten hinzugerechnet. Nach Abs. 3 der Vorschrift werden als Arbeitsjahre zugrunde gelegt nur die Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit und die Zurechnungsjahre wegen Invalidität vom Rentenbeginn bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres des Versicherten. Mit dieser Vorschrift ist eine Angleichung des Rechts an das Recht der alten Bundesländer erfolgt. Hier war schon durch § 1260 der früher geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO) bestimmt, dass Jahre der Invalidität nur bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres anzurechnen sind.

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestehen nicht. Mit dem Einigungsvertrag wurden die Bestandsrentner der DDR insoweit geschützt, als ihnen für die Zukunft mindestens der nach DDR-Recht errechnete Zahlbetrag ihrer Rente nach Umstellung in DM zugesichert wurde, falls die nach den Vorschriften des SGB VI errechnete Rente niedriger lag. Damit fällt unter den Eigentumsschutz des Grundgesetzes der zum 31.12.1991 nach dem weiter geltenden Recht der DDR errechnete Zahlbetrag. Geschützt ist nicht der Weg, wie dieser Betrag errechnet wurde. Für die Berechnung der SGB-Rente gilt das Recht des SGB VI.

Wie sich der Zahlbetrag, der geschützt ist, für die Folgezeit errechnet, bestimmt § 315 a SGB VI. Da ab 01.01.1992 die Rentner einen Beitrag zur Krankenkasse zu leisten hatten, wurde der festgestellte Zahlbetrag um 6,84 % erhöht, was in etwa dem Beitragsanteil der Rentner zur Krankenversicherung entsprach. Hiervon wurde der niedrigere Betrag der SGB-Rente abgezogen. Die Differenz ergab den Auffüllbetrag, der bis zum 31.12.1995 als statischer Betrag weiter zu zahlen war. Hierauf wurden demgemäß nicht die Rentenerhöhungen angerechnet, so dass praktisch für die Folgezeit der geschützte Zahlbetrag immer wieder erhöht wurde. Erst ab 01.01.1996 war dieser Betrag abzuschmelzen, so dass mit der Zeit eine niedrigere SGB-Rente den geschützten Betrag erreichen und auch überschreiten konnte.

Diese Regelung wird, soweit ersichtlich, vom BVerfG als verfassungsgemäß angesehen. In seine Entscheidung zu den Zusatzversorgungssystemen vom 28.04.1999, z.B. 1 BvL 32/95, hat es die Vorschrift für die Umwertung der Versorgung aus Sozialpflichtversicherung und Zusatzversorgungssystemen, § 307 b Abs. 1 SGB VI für verfassungswidrig erklärt, weil sie diese Rentner anders behandelt als die Rentner der SV und FZR, deren Rente nach § 307 a SGB VI umgewertet wird. Es hat außerdem entschieden, dass der garantierte Zahlbetrag nicht statisch sein dürfe, wenn dieser Zahlbetrag über eine längere Zeit den Wert der SGB VI-Rente übersteige. Damit erfüllt § 307 a SGB VI die Vorgaben des BVerfG. Denn nach dieser Vorschrift werden die SGB-Renten erhöht, der Auffüllbetrag wird zusätzlich gewährt, so dass sich auf längere Frist auch der geschützte Zahlbetrag in angemessenem Umfang erhöht. Dass dieser Auffüllbetrag ab 01.01.1996 "abgeschmolzen" wird, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf längere Frist soll die Rentenberechnung im Bundesgebiet vereinheitlicht werden. Dies gebietet die Überführung der Altersversorgungen der DDR in das Rentensystem des SGB VI. Die Absenkung des zusätzlich gewährten Zahlungsniveaus erfolgt in kleineren Schritten und ist damit sozial verträglich.

Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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