L 4 RA 172/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 RA 572/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 172/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 03. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger der Pflichtversicherung der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt und ob er Pflichtbeiträge nachentrichten kann.

Der am ...1940 geborene Kläger war bis zum 30.09.1995 versicherungspflichtig beschäftigt und war ab 01.10.1995 auf der Grundlage eines Agenturvertrages als "Vertreter" selbständig tätig. Auf den Antrag des Klägers vom 13.09.1995 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.1996 fest, dass der Kläger von Oktober 1995 an freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen hat. Auf Grund des Bescheides vom 30.12.1997 unterlag er ab 27.05.1997 für die Dauer des weiteren Bezuges von Übergangsgeld der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Ab Januar 1998 war der Kläger arbeitslos und ist seit dem 01.01.2001 erneut als Handelsvertreter tätig.

Am 02.06.1998 beantragte er bei der Beratungsstelle der Beklagten in Grimma, ihm mitzuteilen, wie viele Pflichtbeiträge noch zu erbringen seien, wenn er mit Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abzug in Rente gehen möchte. Wegen "Falschberatung einer Versichertenältesten" beantragte der Kläger am 09.11.1998 ab Oktober 1995 Pflichtbeiträge nachzahlen zu können, um den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu erreichen. Im August/September 1995 sei er von der Versichertenältesten T ... zur Absicherung in der selbständigen Tätigkeit beraten worden. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Versichertenälteste am 08.12.1998 mit, dass sich die Beratungen im Jahr 1995 auf die mündlichen Aussagen des Versicherten bezogen hätten und ordnungsgemäß und gesetzeskonform gewesen seien. Sie habe den Kläger darauf hingewiesen, dass seine vorgelegten Unterlagen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zur Prüfung weitergeleitet würden und erst nach Überprüfung eine verbindliche Aussage von der BfA getroffen werde. Entsprechend seiner unterschiedlichen Vorstellungen (Arbeitslosigkeit, zusätzlicher Nebenverdienst, Vorruhestandsregelung etc.) habe sie den Kläger in der Beratung auf verschiedene Möglichkeiten hingewiesen. Ein rechtskräftiger Bescheid erfolge erst nach Vorlage durch die BfA.

Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.12.1998 den Antrag auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen für selbständig Tätige gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI für die Zeit vom 01.10.1995 bis 31.05.1998 abgelehnt. Gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI seien Personen auf Antrag versicherungspflichtig, die nicht nur vorübergehend selbständig tätig sind, wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beantragen. Die selbständige Tätigkeit habe der Kläger am 01.10.1995 aufgenommen und diese nicht nur vorübergehend ausgeübt. Laut § 4 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI beginne die Versicherungspflicht mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Das Schreiben vom 02.06.1998 werde als Antrag nach § 4 Abs. 2 SGB VI gewertet, so dass die Versicherungspflicht auf Antrag von selbständig Tätigen dann am 03.06.1998 in Kraft trete. Da die Antragsfrist nicht eingehalten sei, wäre die Entrichtung von Pflichtbeiträgen nach § 4 Abs. 2 SGB VI nicht mehr möglich. Eine Falschberatung durch die Versichertenälteste sei nicht nachgewiesen.

Im Widerspruch vom 13.01.1999 führte der Kläger unter anderem aus, dass er den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend mache, da er von der Versichertenältesten nicht ordnungsgemäß beraten worden sei. Durch die Versichertenälteste seien verbindliche Aussagen getroffen worden, so dass er sich lediglich wegen Berufsunfähigkeit (BU) absichern ließ. Demzufolge scheitere der Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 38 SGB VI daran, dass der Kläger die Voraussetzung von acht Jahren Pflichtbeiträgen in den letzten Jahren vor Beginn der Rente mit 59 Monaten nicht erfüllt habe. Die Versichertenälteste habe die Auskunft gegeben, dass die bisherigen Aktivitäten zur Absicherung und Erreichung einer möglichen Rentenanwartschaft mit 60 Jahren ausreichen würden. Die Abstimmung mit der Versichertenältesten sei vor der Selbständigkeit erfolgt, so dass die Zahlung von Pflichtbeiträgen nicht mehr durchgeführt worden sei. Es sei die Empfehlung gegeben worden, nur die BU-Rente weiterzuzahlen und weitergehende Absicherungen nur im Rahmen der Krankenversicherung sowie von Krankentagegeld vorzunehmen. Durch 40 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung sei eine weitere Versicherung nicht erforderlich und er könne mit 60 in Rente gehen. Die Aussagen der Versichertenältesten seien im Beisein der Ehefrau des Klägers erfolgt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 29.04.1999 mit, dass er ab 03.06.1998 zur Zahlung von Pflichtbeiträgen berechtigt sei, die Anspruchsvoraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres ab 01.01.2001 dadurch allein nicht mehr erfüllt werden könnten.

Am 13.09.1999 erhob der Kläger am Sozialgericht (SG) Leipzig Untätigkeitsklage und richtete die Klage am 05.10.1999 gegen den zwischenzeitlich zugestellten Widerspruchsbescheid vom 07.09.1999. Darin führte die Beklagte aus, dass der begehrten Zahlung von Pflichtbeiträgen für selbständig Tätige nach § 4 Abs. 2 SGB VI ab 01.10.1995 nicht entsprochen werden könne. Als Antrag auf Versicherungspflicht könne frühestens das Schreiben vom 02.06.1998 gewertet werden, so dass die Versicherungspflicht erst ab 03.06.1998 beginne. Die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen fehlerhafter Beratung durch die Versichertenälteste könne ebenso nicht entsprochen werden. Diese habe nochmals erklärt, dass sie ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenälteste korrekt erfülle und es ihr nicht zukomme, verbindliche Aussagen oder gar Bescheide zu Rentenfragen zu geben.

In der Klagebegründung wiederholte der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Bei den Beratungen mit der Versichertenältesten sei es ihm immer darum gegangen, tatsächlich mit Erreichen des 60. Lebensjahres in Rente gehen zu können.

Das SG hat ergänzend Satzung und Geschäftsanweisung für die Versichertenältesten der BfA beigezogen und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.12.1999 die Versichertenälteste T ... sowie die Ehefrau des Klägers als Zeuginnen vernommen, wobei wegen der Einzelheiten auf das Sitzungsprotokoll Bl. 57 bis 61 der SG-Akte verwiesen wird. Die Versichertenälteste erinnerte sich in der Beweisaufnahme daran, dass der Kläger auf Grund seiner ganz konkreten arbeitsvertraglichen Situation um Beratung und Prüfung ersucht habe. Sie habe sich daran erinnern können, dass ein Zettel auf den durch den Kläger zugereichten und von ihr weitergeleiteten Unterlagen befestigt gewesen sei mit dem Vermerk, dass der Antrag auf freiwillige Beitragszahlung nur vorsorglich und vorbehaltlich einer Prüfung gestellt werde. Ein Schriftverkehr zwischen der BfA und der Versichertenältesten zwischen 1995 und 1997 finde sich jedoch in ihren Unterlagen nicht. Den Antrag auf freiwillige Versicherung habe die Versichertenälteste im Zusammenhang mit der Beratung am 06.09.1995 ausgefüllt. Dagegen habe sich die Ehefrau des Klägers in der Beweisaufnahme an Einzelheiten der zwischen dem Kläger und der Versichertenältesten geführten Gespräche erinnern können und dass es immer um das frühestmögliche Erreichen des Rentenalters gegangen sei. Bei der Antragstellung am 06.09.1995 war sie nicht anwesend.

Die Beklagte ergänzte, dass der Hinweis der Versichertenältesten hinsichtlich des Verweises an die Hauptverwaltung der BfA zur Klärung der Rentenansprüche schlüssig erscheine, weil vor der vollständigen Klärung des Versicherungskontos keine konkreten Auskünfte zur Gestaltung des Versicherungsverhältnisses bzw. zum Erwerb eines Rentenanspruchs erteilt werden könnten. Eine Rentenauskunft im Sinne von § 109 SGB VI sei nach Aktenlage nochmals am 04.06.1998 von der Beklagten erteilt worden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.07.2000 abgewiesen, da der Kläger am 02.06.1998 nicht hätte beantragen können, ab 01.10.1995 versicherungspflichtig zu sein. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch Pflichtverletzung eines Leistungsträgers seien nicht gegeben. Der Kläger habe den Nachweis einer tatsächlich fehlerhaften Beratung nicht führen können. Die Versichertenälteste habe in der Zeugenaussage erklärt, dass sie sich an mehrfache Beratungen des Klägers gut erinnern könne. Eine verbindliche Auskunft darüber, dass der Kläger mit 60 Jahren einen Rentenanspruch habe, hätte sie nicht erteilt. Dies mache sie in der Beratung nie. Sie habe auf keinen Fall zugesagt, dass er keine weiteren Pflichtbeiträge mehr zahlen solle. Zum Zeitpunkt der Beratungen hätte noch keine Kontenklärung durch die Beklagte vorgelegen, so dass die Aussagen der Versichertenältesten glaubhaft erscheinen. Es könne nicht geschlussfolgert werden, dass die Versichertenälteste fälschlich erklärt habe, der Kläger könne auch bei einer freiwilligen Versicherung mit 60 Jahren in Rente gehen.

Gegen das am 15.09.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.10.2000 eingelegte Berufung des Klägers zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG). Zur Begründung verwies er auf das bisherige Vorbringen. Ein Zettel auf dem Antrag vom 06.09.1995 wegen einer vorsorglichen Antragstellung auf freiwillige Beitragsentrichtung sei ihm nicht bekannt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Leipzig vom 03.07.2000 und den Bescheid vom 17.12.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom Oktober 1995 bis Mai 1998 die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist zulässig (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit für die Zeit vom 01.10.1995 bis 31.05.1998 die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten abgelehnt worden ist. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kläger ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen für den strittigen Zeitraum zu versagen.

Personen sind auf Antrag versicherungspflichtig, die nicht nur vorübergehend selbständig tätig sind, wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder dem Ende einer Versicherungspflicht auf Grund dieser Tätigkeit beantragen (§ 4 Abs. 2 SGB VI). Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen eingetreten sind (§ 4 Abs. 4 SGB VI). Insoweit hat die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 02.06.1998 zutreffend als Antrag nach § 4 Abs. 2 SGB VI gewertet und dem Kläger mitgeteilt, dass die Versicherungspflicht auf Antrag erst am 03.06.1998 eintreten kann. Entgegen seiner Ansicht ist der Kläger jedoch nicht berechtigt, bereits ab 01.10.1995 Pflichtbeiträge im Sinne von § 4 SGB VI zu entrichten.

Der Kläger übte unstrittig seit Oktober 1995 eine selbständige Tätigkeit aus. Ebenso steht außer Streit, dass der Kläger gemeinsam mit der Versichertenältesten T ... am 06.09.1995 (Eingang bei der Beklagten 13.09.1995) einen Antrag auf freiwillige Beitragszahlung ausfüllte. Er ist jedoch nicht so zu stellen, als hätte er den Antrag zur Versicherungspflicht rechtzeitig gestellt.

Der Ansicht der Beklagten folgend ist er auch auf Grund des von der Rechtsprechung entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (BSGE 60, 158, 164 m.w.N.) nicht so zu stellen, als ob er den Antrag bereits zum 01.10.1995 gestellt hätte. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt hat und die Pflichtverletzung ursächlich für einen dadurch eingetretenen sozialrechtlichen Schaden ist. Auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht nach § 13 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) kann der Kläger den Herstellungsanspruch nicht stützen. Diese Aufklärungspflicht begründet nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) regelmäßig kein subjektives Recht des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger. Aus einer möglichen Verletzung erwächst dem Betroffenen daher grundsätzlich kein Herstellungsanspruch (BSG, Urteil vom 21.04.1993 - 5 RJ 98/91).

Die Beklagte hat auch keine dem Kläger gegenüber gemäß § 14 SGB I bestehende Pflicht zur Einzelberatung verletzt. In der Regel wird eine solche Pflicht erst durch ein entsprechendes Begehren ausgelöst (BSG SozR 1200 § 14 Nrn. 9 und 12). Allerdings ist der Versicherungsträger, auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, gehalten, dem Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan" auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem veständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (BSG SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO; BSG SozR 3-1200 § 14 Nrn. 5 und 6). Ein solcher konkreter Anlass kann sich etwa aus einem laufenden Rentenfeststellungsverfahren oder nach dem erfolglosen Abschluss eines Rentenverfahrens bzw. eines Rechtsstreites über die beanspruchte Rente ergeben (BSG, Urteil vom 23.04.1990 - 5 RJ 65/89). Im Rahmen des Beendigungsantrages für die Pflichtversicherung als Selbständiger und beim Übergang zur freiwilligen Versicherung besteht eine Beratungspflicht gerade im Hinblick auf die versicherungsrechtlichen Konsequenzen für eine Rente wegen EU/BU, weil keine Pflichtbeiträge mehr gezahlt werden (vgl. BSG SozR 3-1200 Nr. 15). In solchen Fällen liegt ein konkreter Anlass für eine so genannte Spontanberatung vor. Angesichts dessen war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen (Sächsisches LSG, Urteil vom 13.01.1999 - L 5 RJ 118/98). Anderes kann vorliegend nicht gelten.

Insoweit steht fest, dass der Kläger im September 1995 vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.10.1995 die Versichertenälteste T ... zwecks Beratung aufsuchte. In den schriftlichen Erklärungen vom 05.12.1996 und vom 17.05.1999 an die Beklagte hat die Versichertenälteste dargelegt, dass sie den Kläger entsprechend seiner unterschiedlichen Vorstellungen hinsichtlich Arbeitslosigkeit, zusätzlicher Nebenverdienst, Vorruhestandsregelung etc. auf verschiedene Möglichkeiten hingewiesen hat. Dies erfolgte mit dem Hinweis, dass die Bearbeitung, Prüfung und Bescheiderteilung nur durch die BfA direkt erfolgt und dass sie verbindliche Aussagen zu Rentenfragen nicht erteile. Die vorgelegten Unterlagen sind an die Beklagte zur Prüfung weitergeleitet worden. Im Rahmen der Beweisaufnahme des SG hat die Versichertenälteste ausgeführt, dass sie gegenüber dem Kläger erklärte, dass zunächst eine Kontenklärung durchgeführt werde. Dazu sollte eine Rentenauskunft erteilt werden. In diesem Zusammenhang ist ein Antrag auf freiwillige Beitragszahlung ausgefüllt worden. Soweit die Versichertenälteste in der mündlichen Verhandlung des SG darlegte, dass der Antrag auf freiwillige Versicherung mit einem Vermerk auf einem Zettel versehen gewesen sei, dass der Antrag nur vorsorglich und vorbehaltlich einer weiteren Prüfung gestellt werde, war dem Kläger ein solcher Vermerk nicht bekannt. Verbindliche Aussagen über die Art der Versicherung hat die Versichertenälteste zur Überzeugung des Senats jedoch nicht abgeben können, da in Ermangelung einer Kontenklärung dazu die entsprechenden Grundlagen fehlten. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte ist das Kontenklärungsverfahren erst am 30.09.1996 beantragt worden.

Der Antrag auf Beitragszahlung zur Angestelltenversicherung im Beitrittsgebiet vom 13.09.1995 ist zweifelsfrei ein Antrag auf erstmalige freiwillige Versicherung bei beabsichtigter freiwilliger Beitragszahlung ab 01.10.1995 in Höhe des Mindestbeitrages (Ost). Als Grund gab der Kläger die Tätigkeit eines Handelsvertreters ab Oktober 95 und die Versicherungsfreiheit zur gesetzlichen Rentenversicherung ab diesem Zeitpunkt an. Hinweise auf eine vorsorgliche Antragstellung sind diesem Dokument nicht zu entnehmen. Fragen zur Pflichtversicherung von selbständig Tätigen sind in diesem Antrag nicht ausgefüllt worden. Dementsprechend hat die Beklagte nach Vorlage von Unterlagen durch den Kläger über die Gewerbeanmeldung mit Bescheid vom 12.06.1996 die Berechtigung zur freiwilligen Beitragsentrichtung zur Rentenversicherung in Höhe des Mindestbeitrages (Ost) festgestellt. Ein Widerspruch des Klägers zu diesem Bescheid oder sonstiger Schriftwechsel zwischen den Beteiligten bezüglich der Entrichtung von Pflichtbeiträgen ist in der Verwaltungsakte nicht dokumentiert und ist vom Kläger insoweit auch nicht vorgetragen.

Sofern danach zwischen dem Kläger und der Versichertenältesten über verschiedene Möglichkeiten gesprochen worden war, in verschiedenen Lebensaltern in Rente zu gehen, lässt sich daraus dennoch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ableiten. Zum einen hat die Versichertenälteste keine verbindlichen Auskünfte erteilt und nach der Beweisaufnahme des Sozialgerichts dem Kläger auch nicht angeraten, keine weiteren Pflichtbeiträge mehr zu zahlen. Vielmehr hat sie den Antrag auf freiwillige Versicherung zwecks Prüfung an die Beklagte weitergeleitet. Den mikroverfilmten Unterlagen der Verwaltungsakte sind jedoch keine Auskünfte oder Mitteilungen zu entnehmen, inwieweit die Zah- aufrechterhalten bzw. gegebenenfalls in Wegfall bringen kann. Nach dem Antrag auf freiwillige Versicherung vom 13.09.1995 bestand für die Beklagte keine Veranlassung, darüber hinaus über Pflichtversicherung von selbständig Tätigen zu informieren oder zu belehren. Aus der Verwaltungsakte ergibt sich nicht, dass der Antrag "vorsorglich" gestellt sein sollte. Zudem hatte der Kläger davon ohnehin keine Kenntnis.

Der Beklagten ist dahin zu folgen, dass der Hinweis der Versichertenältesten hinsichtlich des Verweises an die Hauptverwaltung der BfA zur Klärung der Rentenansprüche schlüssig erscheint, weil vor der vollständigen Klärung des Versicherungskontos keine konkreten Auskünfte zur Gestaltung des Versicherungsverhältnisses bzw. zum Erwerb eines Rentenanspruchs erteilt werden können. Vielmehr ist erst am 02.06.1998 durch den Kläger die Pflichtversicherung von selbständig Tätigen ausdrücklich beantragt worden, worauf die Beklagte umgehend die Versicherungspflicht ab Juni 1998 anerkannte. Aus den von der Versichertenältesten im September 1995 zugeleiteten Unterlagen bestand für die Beklagte keine Veranlassung, eine sich aus § 14 SGB I ergebende Pflicht zur Einzelberatung zu erfüllen. Gemessen an den genannten Maßstäben ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt haben soll. Vielmehr hätte durch den Kläger beim Antrag auf freiwillige Versicherung auch die Entrichtung von Pflichtbeiträgen eingetragen werden können.

Insoweit bestehen nach den Feststellungen des Senats durchaus Widersprüche hinsichtlich des Zustandekommens des Antrages vom September 1995, da unterschiedliche Aussagen bezüglich des konkreten Antrages, des "vorsorglichen" Antrages und dem Inhalt der Beratung vorliegen. Die Ehefrau des Klägers war bei der Beratung und Antragstellung am 06.09.1995 nicht zugegen, wobei es vorrangig jedoch auf die Handlungsabläufe an diesem Tage ankommt.

Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast hat der Kläger die Beweislast für diejenigen Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Die Folgen des nicht erbrachten Nachweises bzw. der unzureichenden Glaubhaftmachung der Zahlung von Beiträgen zu einem Träger der Rentenversicherung oder des Vorliegens einer Falschberatung durch die Behörde gehen daher zu seinen Lasten (Meyer-Ladewig, Kommentar SGG, 6. Auflage, § 103 Rn. 19 m.w.N.). Dieser Grundsatz zur Beweislast gilt vor allem dann, wenn die gesetzlichen Beweiserleichterungen nicht greifen. Die objektive Beweislast (materielle Beweislast, Feststellungslast) hat demnach auch für das sozialgerichtliche Verfahren Bedeutung. Sie besagt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann. Es gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Das gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale (BSG, SozR § 103 SGG Nr. 57). Ein Beteiligter muss daher die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (Meyer-Ladewig a.a.O., Rn. 19a). Es gilt, dass ein nicht festgestelltes Tatbestandsmerkmal ebenso zu behandeln ist, als wenn es fehlte.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat der Kläger den Nachweis einer fehlerhaften Beratung durch die Versichertenälteste oder durch die Beklagte selbst nicht führen können. Der Kläger kann demzufolge seine Ansprüche auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen, so dass mithin eine Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ausscheidet. An diesen gesetzlichen Regelungen muss sich der Kläger festhalten lassen.

Damit war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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