L 5 RJ 129/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 RJ 393/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 129/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am ... geborene Klägerin erlernte nach Abschluss der achten Klasse in der Zeit von September 1965 bis Juli 1968 den Beruf einer Schneiderin, erwarb am 12. Juli 1968 das entsprechende Facharbeiterzeugnis und war als solche bis Juli 1969 beschäftigt. Nach anschließender Tätigkeit als angelernte Verkäuferin für Lebensmittel bis Juli 1971 war sie bis September 1976 als Werkstattschreiberin und von Juli 1990 bis zum Konkurs im Mai 1995 als angelernte Verkäuferin (Teilinhaberin) in einem Einzelhandelsgeschäft tätig. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos/arbeitsunfähig und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.

Den am 01. März 1997 gestellten Rentenantrag begründete sie mit einem Schädelhirntrauma nach Verkehrsunfall 1976, psychischen Anfällen und einer Beinverletzung.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- die Befundberichte der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H ... vom 31. Januar 1997 und vom 04. August 1997 (jeweils mit Fremdbefunden) sowie - das neurologisch-psychiatrische Gutachten der Dipl.-Med. H ... vom 05. Dezember 1997, in welchem bei chronifizierter, neurotischer Fehlentwicklung bei hysterisch, einfach strukturierter Persönlichkeit mit Neigung zu Primitivreaktionen, ohne momentanen Anhalt für eine posttraumatische Epilepsie, ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr und nicht an laufenden Maschinen sowie für die Tätigkeit als Verkaufsdirektorin bescheinigt wurde.

Mit Bescheid vom 12. Januar 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen im angelernten Beruf als Verkaufsdirektorin ab. Den Widerspruch vom 19. Januar 1998 wies sie mit Bescheid vom 04. Mai 1998 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen weiterhin vollschichtig als Verkaufsdirektorin tätig sein. Sie sei darüber hinaus in der Lage, vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck (z. B. Fließband, Akkord), ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, nicht an laufenden Maschinen, ohne Publikumsverkehr und ohne beruflichen Kontakt zu Alkohol auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Auf die am 20. Mai 1998 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz einen Befundbericht der Dr. H ... vom 02. September 1998 und des Facharztes für Neurologie/Psychiatrie Dipl.-Med. G ...vom 28. August 1998 eingeholt sowie das Gutachten des Arbeitsamtes A ... vom 02. März 1998 beigezogen. Des Weiteren hat es Prof. Dr. R ... mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Dieser erhob, nach ambulanter Untersuchung am 27. April 1999, in seinem Gutachten vom 30. April 1999 folgende Feststellungen/Diagnosen:

- Medikamentenabhängigkeit vom Bezodiazepin-Typ
- psychogene Anfälle bei histrionischer Persönlichkeitsstörung
- Diabetes mellitus ohne neurologisch-psychiatrische Kompli kationen

Die psychischen und psychopathologischen Auffälligkeiten besäßen keinen bedeutsamen sozialmedizinischen Krankheitswert; es ließen sich keine wesentlichen quantitativen oder qualitativen Funktionseinschränkungen im konkreten Berufsfeld und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt herleiten. Die Klägerin könne mit Rücksicht auf die bestehenden Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere und leichte Arbeiten vollschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen verrichten. Wegen der Anfallzustände müssten bestimmte Verrichtungen, wie z. B. Arbeiten an ungeschützten Maschinen und in der Höhe, vermieden werden. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeit bestünden nicht. Damit könne die Klägerin die Tätigkeiten einer Verkaufsdirektorin, Verkäuferin/Kassiererin, Mitarbeiterin in der Poststelle, Materialverwaltung oder Registratur sowie als Pförtnerin vollschichtig verrichten. Das Leistungsbild bestehe seit der Rentenantragstellung.

Mit Urteil vom 29. März 2000 hat das Sozialgericht Chemnitz die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob als bisherige Tätigkeit die der Werkstattschreiberin oder der Verkaufsdirektorin zugrunde zu legen sei, da beide Tätigkeiten allenfalls der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen seien. Zumindest die Tätigkeit als Verkaufsdirektorin sowie eine Beschäftigung als Verkäuferin im angelernten Bereich oder als Poststellenmitarbeiterin könne die Klägerin noch ausüben. Das vollschichtige Leistungsvermögen für diese Tätigkeiten ergebe sich insbesondere nach den medizinischen Feststellungen des Prof. Dr. R ...

Die Klägerin macht mit der am 03. Mai 2000 bei dem Sozialgericht Chemnitz eingelegten Berufung geltend, in der Regel komme es alle zwei bis drei Wochen zu einem Anfall, so dass sie sich zu einer geregelten Erwerbstätigkeit nicht in der Lage sehe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. März 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Mai 1998 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Sie seien durch den Rehabilitationsentlassungsbericht und die Wertung aller Berichte bestätigt wurden.

Der Senat hat die Befundbericht des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch ... vom 26. Juni 2000 und vom 21. März 2001 eingeholt sowie den Bericht der Klinik B ... G ... vom 04. Januar 2001 über eine stationäre, psychosomatische Rehabilitation vom 10. August bis zum 21. September 2000, aus welcher die Klägerin noch arbeitsunfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten und als Verkäuferin entlassen wurde, beigezogen.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.

Die Klägerin ist weder berufs- noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung kann es dahinstehen, ob die Klägerin den Beruf als Werkstattschreiberin oder Verkäuferin noch vollschichtig verrichten kann. Denn Berufsunfähigkeit liegt nicht vor. Die Klägerin ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).

Gleichfalls kann es dahinstehen, ob als letzte Beschäftigung die aus gesundheitlichen Gründen aufgegebene Tätigkeit als Werkstattschreiberin oder die der Verkaufsdirektorin/angelernte Verkäuferin anzunehmen ist. Denn beide Tätigkeiten sind allenfalls der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen. Dies ergibt sich nach den eigenen Angaben der Klägerin, da sie weder für die Tätigkeit als Werkstattschreiberin, noch für die als Verkäuferin eine geregelte Ausbildung absolviert hat. Angelernte Arbeitnehmer im oberen Bereich sind auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, mit Ausnahme solcher, die nur einen ganz geringen qualitativen Wert besitzen und sich durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 143, Seite 473 m.w.N.), verweisbar. Der Klägerin ist objektiv und subjektiv die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle zumutbar. Nach dem erstinstanzlich beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin Silvia Hochheim vom 31. Mai 1996 in anderer Sache handelt es sich bei der Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle generell um eine körperlich leichte, geistig einfache und routinemäßige Bürohilfsarbeit, welche im Wechsel der Körperhaltungen zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird, so dass Zwangshaltungen vermieden werden können. Diese Arbeit bedingt kein schweres Heben oder Tragen von Lasten, denn die zu transportierenden Schriftstücke können mittels Wagen befördert werden. Die Arbeit erfordert Genauigkeit und Konzentration. Für die Tätigkeit wird grundsätzlich weder ein anerkannter Ausbildungsabschluss noch eine bestimmte Ausbildung vorausgesetzt. Eine Anlernung/Einarbeitungszeit ist üblich. Tätigkeiten dieser Art können auch von Berufsfremden innerhalb einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeführt werden. Die Entlohnung erfolgt im öffentlichen Dienst nach den Vergütungsgruppen BAT VIII/X, in der privaten Wirtschaft in den Gehaltsgruppen 1 oder 2 des jeweiligen Tarifvertrages und ist der Klägerin nach ihrer beruflichen Qualifikation sozial zumutbar. Arbeitsplätze dieser Art stehen trotz rückläufiger Tendenzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in genügender Anzahl zur Verfügung. Es handelt sich hierbei nicht ausschließlich um Schonarbeitsplätze.

Diese Tätigkeit vermag die Klägerin ganztätig zu verrichten. Insoweit schließt sich der Senat nach Überprüfung den entsprechenden Feststellungen des SG an und nimmt darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Danach verfügt die Klägerin über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mindestens leichte körperliche Tätigkeiten. Eine verminderte Konzentrationsfähigkeit, eine einschränkte Reaktions- und Übersichtsfähigkeit oder eine reduzierte Anpassungsfähigkeit oder geistige Beweglichkeit wurde ärztlich nicht festgestellt. Aus der am 30. April 2000 erlittenen Sprunggelenksfraktur rechts resultieren nach den medizinischen Feststellungen keine dauerhaften Funktionseinschränkungen. Dr. Sch ... hat in seinem Befundbericht vom 21. März 2001 nach erfolgter Osteosynthese nur noch eine endgradige Bewegungseinschränkung festgestellt. Gegenüber dem Gutachten des Prof. Dr. R ... ist dem Entlassungsbericht der Klinik B ... G ... vom 04. Januar 2001 eine wesentliche Verschlechterung, welche es der Klägerin unmöglich machen würde, eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Poststelle oder eine sonstige, körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten, nicht zu entnehmen. Während der Rehabilitation wurde ein manipulatives Verhalten - ebenso wie in dem Gutachten des Prof. Dr. R ... - und eine erhebliche Diskrepanz zwischen geklagten Beschwerden und objektiven Befunden festgestellt; eine Verschlechterung wurde nicht bekundet, auch konnte das Auftreten eines psychogenen Anfalls nicht festgestellt werden. Die Leistungsbeurteilung der Rehabilitationsklinik, ein Einsatz in der regulären Arbeitswelt erscheine gegenwärtig nicht realisierbar, hingegen sei die Klägerin für eine berufliche Rehabilitation geeignet und motiviert, ist widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Hierdurch wird gerade belegt, dass die Klägerin unter zumutbarer Willensanstrengung in der Lage ist, ihre psychischen Probleme innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes zu überwinden. Unabhängig davon, ob die Klägerin ihre Bereitschaft zur Besserung ihres Leistungsvermögens willentlich umsetzt, ist der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. R ... zu folgen. Denn mit dem in seinem Gutachten festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin, trotz der bestehenden Einschränkungen, zu einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere als Mitarbeiterin in der Poststelle, seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung einsetzbar.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in einer Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Bei einer auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 01. März 1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).

Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB VI (a.F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.

Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung im März 1997 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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