L 5 RJ 157/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 4 RJ 369/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 157/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht als selbständiger Handwerker.

Der im ... geborene Kläger ist weniger als 18 Jahre bei der Beklagten pflichtversichert. Zum 01. März 1997 meldete er bei der Stadt ... die gewerbliche Tätigkeit als "Gerüstbauer" an. Diese Tätigkeit betreibt er im Rahmen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) mit zwei weiteren Personen.

Am 14. Oktober 1998 erteilte das Regierungspräsidium Dresden dem Kläger eine Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle als Gerüstbauer. Am 19. Oktober 1998 wurden die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und der Kläger als handwerklicher Betriebsleiter in die Handwerksrolle eingetragen.

Am 12. Februar 1999 stellte die Beklagte aufgrund der Eintragung in die Handwerksrolle die Versicherungspflicht des Klägers ab 19. Oktober 1998 fest und forderte für die Zeit vom 19. Oktober 1998 bis 31. Januar 1999 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.275,59 DM. Mit Bescheid vom 16. Februar 1999 lehnte die Beklagte die Anträge des Klägers vom 26. Februar 1997 und 18. August 1998 auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab: Da der Kläger nicht bereits zum 01. April 1998 versicherungspflichtig gewesen sei, erfülle er nicht die Voraussetzungen des § 231 Abs. 5 SGB VI i. d. F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 29. Mai 1998 (GBl. 1998, 1188 f.) [a. F.]. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06. Juli 1999 zurückgewiesen.

Die am 09. August 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 30. März 2000 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, da er nicht 18 Jahre lang Pflichtbeiträge geleistet hat, § 6 Abs. 1 SGB VI, und auch nicht am, sondern nach dem 01. April 1998 versicherungspflichtig geworden sei, § 231 Abs. 5 (a. F.) SGB VI.

Gegen das am 18. Mai 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 19. Juni 2000 eingegangene Berufung.

Der Kläger trägt vor, er habe aufgrund der Novellierung der Handwerksordnung erst in die Handwerksrolle eingetragen werden können, als ihm die Ausnahmegenehmigung nach § 8 Handwerksordnung erteilt worden sei. Diese Bewilligung sei erst im Oktober 1998 erfolgt; er wolle daher behandelt werden wie Gerüstbauer, die die Ausnahmebewilligung bereits früher erhalten hätten und somit mit In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung in die Handwerksrolle eingetragen worden seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. März 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 16. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Juli 1999 zu verurteilen, ihn ab dem 19.10.1998 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Dresden die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch, ab 19. Oktober 1998 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit zu werden.

Beim Kläger besteht ab 19. Oktober 1998 Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung: Er bzw. die Gesellschaft, deren Betriebsleiter er ist, wurde zu diesem Zeitpunkt in die Handwerksrolle eingetragen; gleichzeitig übt er das Handwerk des Gerüstbauers bereits seit 1997 aus, § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI.

Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI ist nicht möglich, da der Kläger noch nicht 18 Jahre lang Pflichtversicherungsbeiträge geleistet hat. Eine Befreiung nach § 231 Abs. 5 a. F. SGB VI ist ebenfalls nicht möglich: Der Kläger war nicht bereits zum 01. April 1998 versicherungspflichtig und erfüllt daher ein Tatbestandsmerkmal der Befreiungsvorschrift nicht. Es wird insoweit auf die sozialgerichtlichen Ausführungen verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.

Entgegen der Auffassung des Klägers bedurften die Gerüstbauer, die bereits vor dem 31. März 1998 tätig waren, weder eines Meisterbriefes - der zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Fehlens rechtlicher Regelungen gar nicht erworben werden konnte - noch einer Ausnahmegenehmigung nach § 8 Handwerksordnung, um in die Handwerksrolle eingetragen zu werden. Diesem Personenkreis, der aufgrund der Übernahme des Gerüstbaues in die Anlage A zur Handwerksordnung zum 01. April 1998 ein Handwerk ausübte und der damit zur weiteren Ausübung dieses Gewerbes die Eintragung in der Handwerksrolle benötigte, konnte die handwerksrechtliche Befähigung und somit auch die Eintragung in die Handwerksrolle nach der Ausnahmeregelung des § 119 Handwerksordnung zuerkannt werden (vgl. Pezoldt in Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken S. 546 ff.).

Diese Vorschrift gibt den Gewerbetreibenden Bestandsschutz, die ihr Handwerk bisher in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften ausübten. Ihnen wird die Weiterführung ihrer Tätigkeit - trotz geänderter gesetzlicher Vorschriften - ermöglicht, ohne dass weitere Zulassungsvoraussetzungen - wie z. B. der Erwerb des Meisterbriefes - erfüllt sein müssten.

Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für eine frühere Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle vorlagen, ist der Rentenversicherungsträger an den Zeitpunkt der Eintragung gebunden. Allein der Zeitpunkt dieser Eintragung - zusammen mit der tatsächlichen Ausübung des Handwerks - begründet die Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI. Denn der Bestand der Eintragung ist notwendiges Tatbestandsmerkmal der Versicherungspflicht; das Gesetz stellt nicht auf das tatsächliche Vorliegen einer sozialen Schutzbedürftigkeit ab (KassKomm - Gürtner § 2 SGB VI Rn. 30).

Auch die Befreiungsvorschrift des § 231 Abs. 5 a. F. SGB VI knüpft an die Eintragung in der Handwerksrolle an: Denn nur derjenige kann von der Versicherungspflicht befreit werden, der auch versicherungspflichtig war. Dies setzt wiederum zwingend die Eintragung voraus.

Da der Kläger nicht zum 01. April 1998 versicherungspflichtig war, erübrigen sich Ausführungen zu § 231 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 a. F. SGB VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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