L 5 RJ 184/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RJ 255/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 184/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Invalidität zusteht.

Die am ... geborene Klägerin war nach einer in der Zeit vom 01. September 1967 bis August 1979 erfolgreich absolvierten Lehre zum Kürschner in diesem Beruf bis Dezember 1990. Vom 01. Juli 1991 bis 04. Oktober 1991 arbeitete sie in einem Gardinenservice. Anschließend war sie arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezog Sozialleistungen.

Im Januar 2001 hat sie sich mehrfach um einen Arbeitsplatz als Kürschner beworben.

Am 14. August 1996 beantragte die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Invalidität, den sie mit Weichteilrheumatismus, der seit Mai 1995 bestehe, begründete.

Der Beklagten lagen im Verwaltungsverfahren vor: - Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 18. Dezember 1992, 18. Mai 1993, 26. August 1996 und 17. Oktober 1996, - Entlassungsbericht des Reha-Klinikums B ... über die Maßnahme vom 17. Januar 1996 bis 14. Februar 1996, - Gutachten des Ärztlichen Dienstes des A ... C ... vom 08. September 1993 und 13. Mai 1997, - Gutachten vom 29. April 1997 von Dr. B ... vom Gesundheitsamt der Stadt Chemnitz, - Gutachten von Dr. H ..., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Rheumatologie der Z ...kliniken B ... Chemnitz, vom 28. Oktober 1997.

Mit Bescheid vom 28. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 1998 wies die Beklagte den Antrag zurück. der Arme und Beine sowie Druck schmerzhafter Nervus radialis beiderseits. Die Klägerin sei noch in der Lage, vollschichtig leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, nicht überwiegend im Freien und ohne Gefährdung durch Zugluft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Als Facharbeiterin sei sie auf die Tätigkeit einer Verkäuferin in Pelzgeschäften, Änderungsschneiderin und Bürohilfskraft zu verweisen. Invalidität liege nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin das Sozialgericht Chemnitz (SG) angerufen. Dieses hat Befundberichte von Dr. B ... vom 02. November 1998, Dr. H ... vom 13. November 1998, ein Gutachten des MDK vom 7. Juli 1997, ein weiteres ärztliches Gutachten des Ärztlichen Dienstes des A ... C ... vom 10. November 1998, eine Auskunft des letzten Arbeitgebers vom 20. März 1999 sowie ein Gutachten zum Leistungsvermögen der Klägerin eingeholt, welches Dr. med. J ..., Orthopäde/Rheumatologe, am 29. Januar 2000 erstattet hat.

Mit Urteil vom 22. Mai 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Hauptberuf der Klägerin sei "Wäscherin und Dekorateurin". Von der Tätigkeit der Kürschnerin habe sie sich nicht aus gesundheitlichen Gründe gelöst. Als ungelernte Arbeiterin sei die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen. Sie verfüge über ein vollschichtiges Leistungsvermögen zumindest für leichte Tätigkeiten. Atypische spezifische gesundheitliche oder berufliche Einschränkungen, die einen Einsatz für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zusätzlich erschwerten, liegen nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die vorträgt, sie habe sich ab Februar 1991 intensiv um Arbeit im erlernten Beruf als Kürschnerin bemüht. Am 02. Juli 1991 habe sie dann die Tätigkeit im Gardinen- und Wäscheservice angenommen, nachdem sie froh gewesen sei, überhaupt einer Tätigkeit nachgehen zu können. Geplant sei gewesen, dass diese Tätigkeit so lange ausgeübt werde, bis sie wieder ihrer gelernten Tätigkeit als Kürschnerin nachgehen könne. Entgegen dem fachorthopädischen Gutachten von Dr. J ... sei sie nicht mehr in der Lage, vollschichtig einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. Mai 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 1998 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 14. August 1996 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, hilfsweise Invalidität zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf das erstinstanzliche Urteil. Die eingeholten Befundberichte hätten Änderungen nicht ergeben.

Der Senat hat zur Arbeitsmarktlage des Kürschners für die Jahre von 1991 - 1996 eine Auskunft des LAA Sachsen eingeholt. Weiter hat der Senat Befundberichte von Dipl.-Med. Sch ... vom 16. Oktober 2000, Dr. B ... vom September 2000 und Dr. H ... vom Oktober 2000 eingeholt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akten des Arbeitsamts Chemnitz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Die Klägerin ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig (§ 43 II, S. 1, § 44 II, S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]; die Anwendung dieser Vorschriften beruht auf der Rentenantragstellung im August 1996, § 300 II SGB VI).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die er nach seinem Gesundheitszustand und nach seinem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). Der bisherige Beruf liegt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit deshalb zugrunde, weil er die volle Erwerbsfähigkeit des Versicherten kennzeichnet, die mit der auf zumutbare Tätigkeiten begrenzten verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu vergleichen ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158). In der Regel ist bisheriger Beruf die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig, d. h., mit dem Ziel verrichtet worden ist, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze oder bis zu Eintritt der Unfähigkeit aus den in § 43 Abs. 2 SGB VI (a. F.) genannten Gründen auszuüben (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 3, 130, 164). Daraus ergibt sich, dass die bloße Aufgabe einer Tätigkeit unabhängig von den dazu führenden Gründen noch nicht zum Verlust des entsprechenden Berufsschutzes führt, solange der Versicherte noch keinen anderen auf Dauer ausgerichteten Beruf aufgenomen hat. Daher ist die nur vorübergehende Aufnahme einer anderen Tätigkeit unschädlich, weil sie nicht zum Erwerb eines neuen Dauerberufs und damit auch nicht zum Verlust des Berufsschutzes aus dem alten Beruf führt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).

Letzte Tätigkeit in diesem Sinne ist die Tätigkeit der Klägerin als Mitarbeiterin im Wäsche- und Gardinenservice. Mit der Aufnahme dieser Tätigkeit hat sich die Klägerin von dem bis dahin ausgeübten Beruf der Kürschnerin bzw. Pelznäherin - einem Facharbeiterberuf - aus anderen als gesundheitlichen Gründen gelöst. Bei einem Wechsel aus anderen als gesundheitlichen Gründen ist die neue Tätigkeit maßgeblicher Beruf, wenn sich der Versicherte von der früheren Tätigkeit gelöst hat; eine solche Lösung ist bereits dann anzunehmen, wenn der Versicherte sich mit dem Wechsel abgefunden hat (vgl. BSG, Urteile vom 09. November 1968 - 5 RK 1 23/59 - BSGE 15, 212 = SozR Nr. 16 zu § 35 RKGAF ud vom 25. April 1978, SozR 2600 § 45 Nr. 22; BSG vom 30. Juli 1997 - 5 RJ 20/97 - nicht veröffentlicht), sei es auch nur im Laufe der Zeit und unter dem Druck der Verhältnisse (vgl. BSG 46, 121 m. w. N. und vom 04. November 1998 - B 13 RJ 95/97R - nicht veröffentlicht). Die Klägerin hat selbst erklärt, sie habe diese Tätigkeit so lange ausüben wollen, bis sie wieder eine Tätigkeit als Kürschnerin habe aufnehmen können. Entsprechende Bemühungen hat sie jedoch in den Jahren vor 1993 nicht übernommen. Darüber, dass sie im Zeitraum bis Oktober 2000 außer der entsprechenden Meldung beim Arbeitsamt Anstrengungen unternommen hätte, in diesem Beruf wieder tätig zu werden, ist kein Beweisvortrag und auch kein Beweisstück vorhanden. Infolge des im Dezember 1991 erlittenen Verkehrsunfalles bestand spätestens im September 1993 keine Möglichkeit mehr für die Klägerin, die Tätigkeit als Kürschnerin auszuüben, wie sich aufgrund des Gutachtens vom 08. September 1993 (Dipl.-Med. E ...) ergibt. Danach bestand nach dem Verkehrsunfall eine operativ versorgte Bänderverletzung zwischen 3. und 4. Finger rechts bei Mißbildung der rechten Mittelhand, Funktionseinschränkung der Finger der rechten Hand mit verminderter grober Kraft beim Zufassen, ein Beschwerdebild im Rücken-Lenden-Bereich bei Verbiegung der Lendenwirbelsäule - ohne Funktionsstörung sowie Verschleißerscheinungen hinter der Kniescheibe beidseits. Die Klägerin war nicht für eine Tätigkeit als Kürschnerin geeignet, für leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Zwangshaltungen und Heben und Tragen über sechs Kilogramm, ohne anhaltende Feinarbeiten und ohne Überlastung der rechten Hand bei nicht fixierter Körperhaltung war sie jedoch vollschichtig leistungsfähig.

Angesichts dessen ist die Aufnahme der geringerwertigen Tätigkeit vor Eintritt der gesundheitlichen Einschränkungen erfolgt, welche den Beruf der Kürschnerin nicht mehr zuließen. Der Klägerin war bekannt, dass sie diesen Beruf nicht mehr ausüben konnte, nachdem ihr das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes eröffnet worden war. Ein danach noch vorgetragener Rückkehrwille in diese Tätigkeit ist angesichts dessen wie auch der Tatsache, dass entsprechende Bewerbungen erst zu einem Zeitpunkt nach Berufungseinlegung dokumentiert sind, nicht glaubwürdig. Hierauf kommt es jedoch nicht an, denn auch im Zeitraum vor Dezember 1991 lässt sich kein Rückkehrwille zur Tätigkeit als Kürschnerin bzw. Pelznäherin feststellen. Selbst wenn die Klägerin die Tätigkeit im Gardinenservice nur aufgenommen hat, um die Zeit bis zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit als Kürschnerin bzw. Pelznäherin zu überbrücken, und damit Arbeitslosigkeit zu beseitigen, ist es vorliegend zur Lösung vom bisherigen Beruf gekommen. Eine zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit aufgenommene Tätigkeit kann auch auf Dauer gerichtet sein mit der Folge, dass sie zur Lösung vom bisherigen Beruf führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Versicherte damit abgefunden hat, dass eine Rückkehr zum früheren Beruf nicht möglich ist und die Ausübung des neuen Berufs zwangsläufig auf Dauer ausgerichtet sein muss. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Zwangsläufigkeit dem Willen des Versicherten entspricht. Auch wenn der Versicherte lieber zur früheren Tätigkeit zurückkehren würde, daran aber durch äußere Umstände gehindert wird, kann die Ausübung der neuen Tätigkeit auf Dauer ausgerichtet sein. Der Wille zur früheren Tätigkeit zurückzukehren, ist nur dann beachtlich, wenn er auch realisierbar ist, solange also der Versicherte eine reelle Chance hat und versucht, in diese Tätigkeit zurückzukehren (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158). Welcher Art der Druck der Verhältnisse ist, die dazu führen, dass der Versicherte sich mit einem neuen, nunmehr ausgeübten Beruf endgültig abgefunden hat (bzw. abfinden musste), ist unerheblich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 158). Eine reelle Chance der Klägerin, den höherwertigen Beruf der Kürschnerin bzw. Pelznäherin wieder aufzunehmen, gab es nicht. Das Landesarbeitsamt Sachsen hat für die Branche der Fellverarbeiter dargelegt, dass die Anzahl der offenen Stellen von 91 im Jahre 1991 einer Zahl der Arbeitslosen von 1482 gegenüberstand. Die Zahl der Arbeitslosen in den neuen Bundesländern war auch jeweils höher als die Zahl der entsprechend sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Im Jahr 1991 bestand für die Klägerin demgemäß nur eine geringe Chance, eine ihrer Ausbildung als Kürschnerin entsprechende Arbeitsstelle zu erhalten. Dies war der Klägerin auch bewusst. In der mündlichen Verhandlung vom 07. Juni 2001 hat sie ausgeführt, dass Kürschner meistens in Familienbetrieben arbeiteten, und sie deshalb keine Chance gehabt habe, wieder in diesen Beruf zurückzukehren. Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin die Tätigkeit im Gardinenservice nicht nur zur Überbrückung einer ansonsten weiter bestehenden Arbeitslosigkeit, sondern insbesondere aus Resignation über die Rückkehrmöglichkeit in den alten Beruf der Kürschnerin aufnahm. Sie hatte unter dem Druck des aus ihrer Sicht aussichtslosen Arbeitsmarktes die neue Tätigkeit aufgenommen, um sie auf unbestimmte Zeit auszuüben. Diese Tätigkeit, die körperlich auch schwere Tätigkeiten und auch Klettern und Steigen (Gardinen aufhängen) beinhaltet, kann die Klägerin nicht mehr ausüben, wie sich aus sämtlichen vorliegenden Gutachten ergibt.

Dennoch ist sie nicht berufsunfähig, da sie zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar ist, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SSozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechende Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Jeder Versicherte kann zumutbar auf Tätigkeiten verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als der bisherige Beruf. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein Angelernter auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m. w. N.; BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 5). Die Einstufung in den Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich bzw. des unteren Bereiches hat insoweit nur die Auswirkung, dass dem Angelernten im oberen Bereich eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45), dem angelernten Arbeiter des unteren Bereichs jedoch nicht, da dieser sozial zumutbar auf das gesamte allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden kann (BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 62).

Ausgehend von der Tätigkeit als Mitarbeiterin im Wäsche- und Gardinenservice ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich zuzuordnen. Eine Einarbeitungszeit von mehr als einem Jahr hierfür ist nicht ersichtlich. Damit ist die Klägerin sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 62).

Gesundheitliche Einschränkungen, die dieser Verweisung entgegenstehen, liegen nicht vor. Die Klägerin ist jedenfalls noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Hinsichtlich der Feststellung des Leistungsvermögens wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 153 Abs. 2 SGG.

Ergänzend ist auszuführen, dass die Diagnose "Fibromyalgiesyndrom" allein noch keine weitergehenden funktions- bzw. quantitativen Leistungseinschränkungen ergibt. Nach den Ausführungen in "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung", herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 5. Auflage, Seite 182, ist bei Patienten mit gesicherter Fibromyalgie und erheblichen Leidensdruck noch vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit den entsprechenden hier vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Regel erhalten. So liegt es auch hier. Unabhängig davon, ob die Diagnosestellung am 10. April 1996 durch Dr. B ... vom Gesundheitsamt Chemnitz auf das Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms zutreffend ist (die Untersuchung bei Dr. J ... am 12. Oktober 1999 ergab Schmerzfreiheit aller für diese Krankheit typischen Punkte) hätte dieses Syndrom jedoch lediglich Schmerzen im Bereich der rechten Schulter wie bei einer Sehnenansatzreizung, teilweise auch Schmerzen bei der Ellbogen und des Nackenbereichs bewirkt, wie Dr. J ... in seinem Gutachten nochmals darstellt. Nach dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 26. August 1996 waren diese Schmerzen in ihrer Intensität stark wechselnd, wobei es besonders bei plötzlichen Drehbewegungen zu Beschwerden kam. Die Bewegungen im Bereich der Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule waren jedoch nicht eingeschränkt. Die Extremitäten wurden als aktiv und passiv freibeweglich dokumentiert. Lediglich im Bereich des rechten Schultergelenks waren die Bewegungen in allen Ebenen eingeschränkt. Auch im Gutachten von Dipl.-med. E ... vom 13. Mai 1997 wird die Beweglichkeit der Klägerin als nicht wesentlich eingeschränkt dargestellt.

Auch anlässlich der Untersuchung durch Dr. H ... am 29. August 1997 konnte außer der Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der Muskulatur bzw. der Senenansätze, die auf eine Fibromyalgie hindeuteten, weder entzündliche Gelenkbefunde erhoben werden noch nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule festgestellt werden. Im Gutachten vom 10. November 1998 stellt Dipl.-med. E ... fest, dass nach wie vor chronische Gelenk- und Rückenschmerzen beklagt würden, ohne dass nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen oder Entzündungszeichen erhoben werden könnten. Angesichts dessen, dass bei keiner der vielfältigen Untersuchungen größere Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt wurden, liegen keine weiteren Leistungseinschränkungen als die vom Sozialgericht aufgeführten vor. Auch die Berücksichtigung der Äußerung von Dr. B ... ergibt kein objektiv anderes Bild. In ihrem Befundbericht vom 22. November 1998 berichtet Dr. B ..., dass objektiv nachweisbare Befunde nicht erhoben werden könnten, so dass eine objektive Befundverschlechterung schlecht nachweisbar sei. Die Meinung von Dr. B ..., die Klägerin könne auch körperlich leichte Tätigkeiten nur unterhalbschichtig verrichten, ist nicht nachvollziehbar. Die Schmerzen an den sogenannten Tenlerpoints sind nicht durchgängig nachweisbar, wie sich nach dem Gutachten von Dr. J ... ergibt. Im Weiteren ist eine Leistungseinschränkung aufgrund des Schmerzerlebens allein auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Klägerin nach den Erhebungen von Dr. H ... am 29. August 1997 bis 125 Watt belastbar war. Die Ergometrieerhebungen lassen demnach sogar bis mittelschwere Tätigkeiten zu (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, S. 202). Eine solche Leistung wäre ohne deutliche Schmerzangabe oder sogar Abbruch wegen Schmerzen bei einem ausgeprägten Fibromyalgiesyndrom, das mit schneller Ermüdbarkeit einhergeht und eine besonders starke Schmerzsymptomatik aufweist, nicht nachvollziehbar. Nach dem Befundbericht von Dipl.-Med. Sch ... vom 03. November 1998 hatte sich die Symptomatik seit März 1996 nicht verändert. Auch die Tatsache, dass bei der Klägerin möglicherweise ein Gichtleiden vorliegt, führt zu keinen weitergehenden Einschränkungen des Leistungsvermögens, da hierüber lediglich zeitweise berichtet wurde und dieses in den Behandlungsdaten nicht als wesentlich erwähnt wird. Selbst wenn die Gicht vorliegt, ändert dies am gefundenen Ergebnis nichts, da die Diagnose allein nicht ausreichend ist, um weitergehende Leistungseinschränkungen zu bewirken. Für die sozialmedizinische Beurteilung maßgebliche weitere Funktionseinschränkungen sind hier nicht ableitbar. Gicht ist lediglich in ihrer chronischen Form sozialmedizinisch relevant. Diese chronische (trophöse) Gicht ist bei den heutigen therapeutischen Möglichkeiten ein seltenes Krankheitsbild geworden. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit liegt in der Regel bei Gicht nicht vor, lediglich bei Gelenkbeschwerden, destruktive Veränderungen und Vorliegen sogenannter Gichtnieren kann eine Leistungseinbuse gegeben sein (Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, Seite 271). Entsprechende entzündliche Gelenkerkrankungen, destruktive Gelenkveränderungen oder Gichtnieren liegen bei der Klägerin jedoch nach den Erkenntnissen der Begutachtungen nicht vor. Auch unter Berücksichtigung des Berichts von Dipl.-Med. Sch ... vom 16. Oktober 2000 ist das Leistungsvermögen der Klägerin nicht anders zu beurteilen. Sie ist vielmehr durch die eingeholten Befunde und Gutachten - wie oben ausgeführt - widerlegt. Die in ihrem Befundbericht benannten Beschwerden sind im Wesentlichen als durchgängig beschrieben und in den Begutachtungen ausgewertet worden. Die unklaren Brustkorbschmerzen und Schmerzen im Beckenbereich, in beiden Großzehen-Grundgelenken und im Ober- und Unterkiefer werden anamnestisch angegeben. Eine deutliche Verschlechterung wird nicht berichtet. Vielmehr wird angegeben, die Befunde hätten sich in letzter Zeit "eher verschlechtert". Die wesentlichen Befundunterlagen waren beigefügt. Dazu, dass sich die Symptomatik nach dem Befundbericht weiter verschlechtert hätte, ist nichts ersichtlich geworden. Bei Dr. B ... war die Klägerin zuletzt am 20. Mai 1998 in Behandlung. Auch hiernach lässt sich keine weitergehende Verschlechterung nachvollziehen. Aus dem dem Befundbericht von Dipl.-med. Sch ... beigelegten Arztschreiben von Dr. G ..., FA für Orthopädie, über die Untersuchung am 19. Januar 2000 lässt sich bei einem angegebenen Finger-Bodenabstand von 0 cm, Bewegungsmaßen der Brustwirbelsäule ohne pathologischem Befund und lediglich entgradig eingeschränkter Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit, Bewegungsschmerz und entgradiger Funktionseinschränkung sowie leichtem Facettendruckschmerz in den unteren Lendenwirbelsäulen auch keine weitergehende Leistungseinschränkung entnehmen. Im Gutachten von Dr. J ... war von einem Finger-Bodenabstand von 20 cm berichtet worden. Auch das Schobersche Zeichen von 10/14 cm (Dr. J ...) bzw. 10/15 cm (Dr. G ...) lässt keine Verschlechterung erkennen.

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 - 5a RKn 18/83 - SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Da die Klägerin eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig ausüben kann, ist sie auch nicht erwerbsunfähig gemäß § 44 SGB VI a. F., da sie noch im Stande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben bzw. Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Da ihr Leistungsvermögen nicht um mehr als zwei Drittel des entsprechenden Leistungsvermögens einer vergleichbaren Versicherten des Beitrittsgebiets eingeschränkt ist, liegt keine Invalidität vor.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen liegt auch kein Leistungsfall nach den ab dem 01. Januar 2001 geltenden Vorschriften des §§ 43, 240 SGB VI vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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