L 5 RJ 198/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 14 RJ 372/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 198/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. September 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers für den Zeitraum vom 01. Januar 1965 bis zum 30. November 1989 in die Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zu § 22 Abs. 1 des Fremdrentengesetzes (FRG).

Der am ... in E ... geborene Kläger erwarb nach erfolgreicher Ausbildung am 31. August 1953 das Facharbeiterzeugnis "Elektroinstallateur" und war in diesem Berufsbereich bis zu seiner Übersiedlung in die alten Bundesländer am 30. November 1989 beschäftigt. Im Mai 1990 war er erneut als Elektromonteur, nach Rückkehr in die neuen Bundesländer von Juli bis August 1990 als Betriebshandwerker und von September 1990 bis September 1991 als Hausmeister tätig. Seitdem ist der Kläger arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Mit Bescheid vom 28. Februar 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 01. April 1996 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Als glaubhaft gemachte Beitragszeit in der Rentenversicherung der Arbeiter nach dem FRG wurde mit einer Anrechnung zu jeweils 5/6 berücksichtigt: die Zeit vom 01. September 1950 bis zum 06. August 1953 als Berufsausbildung und die Zeit vom 07. August 1953 bis zum 31. August 1989 als Beitragszeit unter Zuordnung in die Leistungsgruppe A-2 der Anlage 1 zu § 22 Abs. 1 FRG (Anlage 10 des Bescheides vom 28. Februar 1996).

Nach fristwahrendem Widerspruch vom 11. März 1996 führte der Kläger aus, er habe seinen Facharbeiter abgelegt und sei als Bauleiter mit der Anleitung von Fach- und Hilfsarbeitern (bis zu 12 Personen) sowie mit Aufsichts- und Dispositionsaufgaben beschäftigt gewesen. Neben verschiedenen Qualifikations- und Befähigungsnachweisen reichte er eine "Beurteilung" des VEB Elektromaschinen und Anlagenbau L ... vom 24. August 1989 ein, wonach er in diesem Betrieb seit 1960 als Elektromonteur tätig und nachfolgend als Bauleiter beschäftigt gewesen ist sowie auf Grund seiner guten fachlichen Qualifikation zeitweilig auf Auslandsmessen als Monteur hat eingesetzt werden können. Des Weiteren reichte der Kläger ein Schreiben des vorbezeichneten VEB vom 24. Oktober 1975 ein. Nach Glückwunsch zur 15-jährigen Tätigkeit in diesem Betrieb wird darin u. a. ausgeführt, "In dieser Zeit haben Sie sich vom Monteur zum Bauleiter qualifiziert."

Mit Bescheid vom 21. Mai 1996 stellte die Beklagte die Altersrente ab dem 01. April 1996 neu fest und berücksichtigte nunmehr zu 6/6 die Zeit vom 01. September 1950 bis zum 06. August 1953 als Beitragszeit (Berufsausbildung) und die Zeit vom 07. August 1953 bis zum 30. November 1989 als Beitragszeit zur Rentenversicherung der Arbeiter gemäß der Anlage A-1 zu § 22 Abs. 1 FRG.

Nach Aufrechterhaltung des Widerspruches vom 20. Juni 1996, in welchem der Kläger die Zuordnung zur Lohngruppe B-2 der Angestelltenversicherung begehrte, wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 21. Mai 1996 angeholfen wurde, mit Bescheid vom 17. März 1997 zurück. Die Ermittlung der Entgeltpunkte ergebe sich, da der Kläger vor dem 01. Januar 1937 geboren sei und am 18. Mai 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe, gemäß § 259a Abs. 1 SGB VI auf Grund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG. Nach den vorgelegten Unterlagen habe der Kläger die Qualifikation des Elektroinstallateurs erworben und diese Tätigkeit, gemäß den Eintragungen im SV-Ausweis, bis zum 30. November 1989 auch tatsächlich ausgeübt, woraus eindeutig eine Zuordnung zur Arbeiterrentenversicherung nach § 20 Abs. 1 FRG in Verbindung mit der Anlage 1 zum FRG folge. Mit der Einstufung in die Leistungsgruppe 1, als höchste Einstufung, sei der Verantwortung der Tätigkeit des Klägers Rechnung getragen. Die angegebene Tätigkeit als Bauleiter sei nicht der Rentenversicherung der Angestellten zuzuordnen, da sie überwiegend körperlicher Art gewesen und die zur Zuordnung der Tätigkeit als Bauleiter im Sinne der Angestelltenversicherung erforderlichen speziellen Nachweise über Studien (z. B. Ingenieur) nicht vorgelegt worden seien.

In der am 02. April 1997 bei dem Sozialgericht Leipzig erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren (Einstufung in die Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zum FRG für Angestellte) wiederholt und u. a. Auszüge aus Informationsheften der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Landesversicherungsanstalt eingereicht. Des Weiteren hat er bekundet, sein Auslandseinsatz habe insgesamt neun Wochen betragen.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft über das Berufsbild eines Bauleiters für Hoch- und Niederspannungsleitungen vom Verband der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. vom 24. März 1998 eingeholt und die Klage mit Urteil vom 24. September 1998 abgewiesen. Eine Zuordnung zur Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zu § 22 Abs. 1 FRG könne nicht erfolgen. Zum einen sei der Kläger zu Beginn der streitigen Zeit am 01. Januar 1965 erst 28 Jahre alt gewesen und habe das für diese Gruppe erforderliche Alter von 45 Jahren nicht erreicht. Neben seinem durchschnittlichen Facharbeiterabschluss und den vorgelegten betrieblichen Qualifikationsnachweisen habe er, mangels weiterer (Hochschul-) Ausbildung und Qualifikationen, vorzeitig keine beruflichen Erfahrungen im Sinne der Leistungsgruppe 2 der Anlage 1 B zum FRG erworben. Eine Zuordnung zur Leistungsgruppe B-2 ab Vollendung des 45. Lebensjahres komme nicht in Betracht. Es sei nicht objektiv feststellbar, dass der Kläger über die "besonderen Erfahrungen" dieser Leistungsgruppe verfügt habe. Aus der betrieblichen Beurteilung vom 28. August 1989 und dem Dank- und Gratifikationsschreiben vom 24. Oktober 1975 ergebe sich nicht die Qualität der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Bauleiter. Gegen eine Einstufung in die Leistungsgruppe B-2 spreche auch, dass die vom Kläger bekundete Bauleitertätigkeit weder in seinem SV-Buch noch arbeitsvertraglich dokumentiert sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an Qualifikationen und Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen habe, welche das Merkmal "besondere Erfahrungen" anbelange und ihn deutlich aus dem Kreis seiner damaligen Kollegen heraushebe, bestünden nicht. Nach der Auskunft des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom 24. März 1998 gehöre zum Aufgabenbereich eines Elektromonteurs auch die Anleitung und Betreuung von Gruppen bis zu 15 Mitarbeitern sowie die Organisation des Montage- und Baustellenablaufes. Der Kläger habe nach eigenen Angaben eine Tätigkeit verrichtet, welche unter den gegebenen Verhältnissen nicht ungewöhnlich gewesen sei und noch seiner Ausbildung und dem traditionellen Bild des Elektromonteurs entsprochen habe.

Der Kläger verfolgt mit der am 11. Dezember 1998 bei dem Sozialgericht Leipzig eingelegten Berufung sein Begehren weiter.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. September 1998 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Februar 1996, in der Fassung des Bescheides vom 21. Mai 1996, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 1997 zu verurteilen, für die Zeit vom 01. Januar 1965 bis zum 30. November 1989 die Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zu § 22 FRG zu Grunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Das Gericht hat am 25. Oktober 1999 Beweis erhoben durch die Einvernahme der Sachverständigen Bauingenieurin Viehweger. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen und verwiesen.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die Zuordnung zur Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zu § 22 Abs. 1 FRG in der Zeit vom 01. Januar 1965 bis zum 30. November 1989 nicht zusteht.

Es kann objektiv nicht festgestellt werden, dass der Kläger während der vorbezeichneten Zeit den Anforderungen der Leistungsgruppe B-2 entsprochen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, welchen der Senat nach Überprüfung vollumfänglich beitritt, Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht im Berufungsverfahren. Eine Zuordnung zur Leistungsgruppe B-2 der Anlage 1 zu § 22 Abs. 1 FRG lässt sich aus den Äußerungen der Sachverständigen Zeugin V ... nicht ableiten. Diese hat nämlich bekundet, dass der Begriff des Bauleiters nicht genau definiert ist, zu Zeiten der ehemaligen DDR entsprechende Positionen jedoch in den Funktionsplänen des Unternehmens genau definiert und beschrieben gewesen sind. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass im SV-Ausweis als Berufsbezeichnung die Tätigkeit als Elektromonteur eingetragen ist, wenngleich der Kläger ab Januar 1965 als vollwertiger Bauleiter tätig geworden sein soll. Im Übrigen vermochte die Zeugin V ... zu einer Tätigkeit als Bauleiter im Elektrobereich mangels persönlicher Kenntnisse keine Auskünfte zu erteilen. Insoweit ist zur Beurteilung der vom Kläger verrichteten Tätigkeit weiterhin die grundsätzliche Definition der Leistungsgruppe 2 in der Anlage 1 B zu § 22 Abs. 1 FRG heranzuziehen. Zur Einstufung in diese Gruppe ist das kumulative Vorliegen aller dort genannten Merkmale erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 1977, Az. 11 RA 92/76). Aus dem Merkmal "besondere Erfahrung" ergibt sich, insbesondere auch im Verhältnis zu den Anforderungen der Leistungsgruppe 3, dass eine solche regelmäßig erst nach einem rund 20-jährigen stetigen Berufsleben nach Vollendung des 45. Lebensjahres vorliegt (vgl. BSG a.a.O.) Da der Kläger eine fachbezogene akademische Ausbildung nicht durchlaufen hat, kann gerade nicht festgestellt werden, dass er bereits zum 01. Januar 1965, also noch vor der Vollendung seines 29. Lebensjahres, durch seine bisherige berufliche Tätigkeit besondere, über das Maß der normalen Berufstätigkeit eines Elektromonteurs hinausgehende Erfahrungen erlangt hat. Kurzfristige Fortbildungs- und Qualifikationsmaßnahmen, wie der Besuch von Kursen, Lehrgängen, Schulungen und dergleichen, reichen regelmäßig nicht aus, um den langwierigen Aufbau eines umfangreichen und vielseitigen beruflichen Erfahrungsschatzes zu beschleunigen. Dies gilt auch für die vom Kläger absolvierten Fortbildungs- und Qualifikationsmaßnahmen in den Bereichen Schweißen, Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz, Schaltberechtigung, Hebebühnen, Funkverkehr und Betriebsfahrerlaubnis. Aus vorbezeichneten Gründen ist eine Zuordnung zur Lohngruppe B-2 ab dem 45. Lebensjahr nicht objektiv feststellbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Leipzig am 24. September 1998 selbst bekundet, einen schriftlichen Arbeitsvertrag über seine Leitungsfunktion (Tätigkeit als Bauleiter) nicht vorlegen zu können, da der alte Betrieb nicht mehr existiert. Zeugen für seine berufliche Tätigkeit sind vom Kläger nicht benannt worden. Ebenso hat der Kläger bekundet, zuletzt in der Lohngruppe 8 eingruppiert gewesen zu sein. Nach der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Auskunft des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. vom 24. März 1998 werden in die Lohngruppe 9 Vorarbeiter für Elektrikerarbeiten und die Lohngruppe 10 bauleitende Vorarbeiter für Elektrikerarbeiten eingestuft. Arbeiter in der Lohngruppe 10 sind u. a. auch bauleitende Monteure, welche mit der Organisation des Montage- und Baustellenablaufes betraut sind und bis zu 15 unterstellte Mitarbeiter beaufsichtigen. Die Einstufung des Klägers in die Lohngruppe 8 bestätigt daher seine berufliche Qualifikation als Facharbeiter. Insoweit haben für das Gericht keine weiteren Anhaltspunkte bestanden, von Amts wegen weitere Ermittlungen zu veranlassen. Nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, vermochte der Berufung nicht zum Erfolg verholfen zu werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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