L 5 RJ 265/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RJ 588/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 265/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. Juli 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise wegen Invalidität.

Die am ... 1955 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01. September 1970 bis zum 28. Februar 1973 eine Lehre zur Facharbeiterin für technische Textilien, schloss diese mit dem Erwerb des entsprechenden Facharbeiterzeugnisses erfolgreich ab und war als solche bis zum 18. Dezember 1975 beschäftigt. Von Januar 1976 bis Dezember 1988 arbeitete sie in Teilzeit als Raumpflegerin, Kindergartenhelferin und Küchenhilfe. Von Januar 1989 bis Dezember 1990 war sie in Teilzeit und von Januar 1991 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 08. August 1994 erneut als Küchenhilfe mit Tätigkeiten beschäftigt, welche auch von ungelernten Arbeitnehmern nach einer Einarbeitungszeit von ca. einem Jahr verrichtet werden können. Seitdem ist die Klägerin arbeitsunfähig/arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.

Den am 23. Januar 1996 gestellten Rentenantrag begründete sie mit einem depressiven Syndrom seit dem 08. September 1994.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 24. November 1995 (Arbeitsunfähigkeit auf Zeit wegen hypochondrisch-depressiven Zustandsbilds), - Befundbericht der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie R ... vom 15. Januar 1996, - Bericht der Klinik B ... G ... vom 01. Juli 1996, wonach die Klägerin bei Psychalgie und Konversionsneurose mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen entlassen wurde.

Mit Bescheid vom 27. September 1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 14. Oktober 1996 eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte, nach Beiziehung eines nach Aktenlage erstellten Gutachtens des Arbeitsamtes P ... vom 05. August 1996, mit Bescheid vom 12. Mai 1997 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen könne die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Beiköchin, welcher der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen sei, nicht mehr verrichten. Sie sei jedoch in der Lage, sonstige leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Absturzgefahr vollschichtig zu verrichten.

Auf die am 03. Juni 1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der Gemeindeverwaltung N ... vom 06. Oktober 1997, einen Befundbericht des Dr. L ..., Facharzt für Innere Medizin/ Rheumatologie, vom 13. Oktober 1997 und der Ärztin R ... vom 28. November 1997 sowie ein internistisch-rheumatologisches Gutachten des Dr. T ... eingeholt. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 04. Juli 1999 nach ambulanter Untersuchung am 12. April 1999:

- Spondylitis ankylosans mit passageren peripheren Arthritiden,
- Coxarthrosis deformans beiderseits; Chondropathia retropatellaris beiderseits; Kreuzbandinstabilität links; fibulare Bandinstabilität linkes Sprunggelenk; schmerzhafte partielle Schulterkontraktur rechts bei Periarthropathia humeroscapularis beiderseits; Epicondylopathia humeri radialis beiderseits,
- depressives Syndrom,
- Milztumor (jetzt Zustand nach Splenektomie 10.03.1999).

Unter Beachtung der bestehenden Funktionseinschränkungen könne die Klägerin seit März 1996 nur noch leichte körperliche Tätigkeiten, etwa je zu einem Drittel im Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen, ohne Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken, Arbeiten an Maschinen und am Fließband, bis zu zwei Stunden täglich mit Unterbrechungen jeweils spätestens nach einer halben Stunde von jeweils 15 bis 20 Minuten, verrichten. Des Weiteren hat dem Sozialgericht der Bericht der Klinik Bad Brambach vom 28. März 2000 vorgelegen, wonach die Klägerin arbeitsunfähig für die bisherige Tätigkeit als Köchin mit einem unter zweistündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entlassen wurde.

Mit Urteil vom 05. Juli 2000 hat das Sozialgericht die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 1996 in der Fassung vom 12. Mai 1997 verurteilt, der Klägerin ab April 1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Invalidität zu gewähren. Es hat, ausgehend von dem Gutachten des Dr. T ... und den Rehabilitationsberichten der Kliniken B ... G ... und B ... B ..., seit März 1996 ein nur noch zweistündiges Leistungsvermögen angenommen.

Mit der am 11. Oktober 2000 eingelegten Berufung bekundet die Beklagte, das erstinstanzliche Gericht habe die starken Schmerzäußerungen der Klägerin zu Unrecht als ausreichend bewertet, um eine Erwerbsfähigkeit gänzlich zu verneinen. Die geklagten Beschwerden seien in dem Gutachten des Dr. T ... und den Rehabilitationsentlassungsberichten nicht objektiv nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. Juli 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Der Senat hat den Bericht des Vogtland-Klinikums P ... vom 22. Januar 2001 über einen stationären Aufenthalt vom 08. September bis zum 10. Januar 2001 und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Frau Dr. H ... vom 12. März 2001 eingeholt. Sie hat auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet:

- somatisierte Depression mit phasischem Verlauf,
- lokales Halswirbelsäulensyndrom,
- lokales Lendenwirbelsäulensyndrom.

auf fachfremdem Gebiet:

- unklare Stützgerüstbeschwerden, DD Spondylitis, DD Weichteilrheumatismus,
- Coxarthrose beiderseits,
- Chondropathia patellae beiderseits,
- Periarthropathia humeroscapularis rechts,
- Epicondylopathia humeri radialis beiderseits,
- Zustand nach Entfernung eines gutartigen Milztumors 1999,
- Übergewicht BMI 31.

festgestellt. Die Klägerin könne noch einer vollschichtigen leichten bis mittelschweren Tätigkeit mit Funktionseinschränkung nachgehen.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Invalidität verurteilt, weil der Klägerin ein solcher Anspruch nicht zusteht.

Die Klägerin ist weder berufs-, noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]) und nicht invalide (Art. 2 § 7 Abs. 3 des Rentenüberleitungsgesetzes RÜG -).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Beiköchin. Diese hat die Klägerin vollwertig bewusst und gewollt von Januar 1989 bis zum 08. August 1994 zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin in der Lage ist, diesen Beruf noch vollwertig zu verrichten. Denn sie ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Diesem Schema ist eigentümlich, dass jeder Versicherte auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.

Als Beiköchin ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich (Ausbildungszeit bis zu einem Jahr) zuzuordnen. Dies ergibt sich aus ihren eigenen Darstellungen im Verwaltungsverfahren, wonach sie für diese Tätigkeit eine Anlernzeit von einem halben Jahr absolviert hat und aus der Auskunft ihres Arbeitgebers vom 06. Oktober 1997, in welcher eine Einarbeitungsdauer von ca. einem Jahr angegeben worden ist. Auf die erlernte Tätigkeit als Facharbeiterin für technische Textilien kann nicht abgestellt werden, da diese bereits 1975 aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden ist. Daher ist die Klägerin sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten. Entgegen der Leistungseinschätzung des SG ist die Klägerin seit der Rentenantragstellung am 23. Januar 1996, ausgenommen von kurzen Krankheitszeiten, in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bestehen eine somatisierte Depression mit phasischem Verlauf sowie ein lokales Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom. Daneben liegen unklare Stützgerüstbeschwerden, DD Spondylitis, DD Weichteilrheumatismus, Coxarthrose und Chondropathia patellae beiderseits, Periarthropathia humeroscapularis rechts und eine Epicondylopathia humeri radialis beiderseits sowie ein Übergewicht mit einem BMI von 31 vor. Eine endogene Depression, welche unter zumutbarer Willensanspannung therapeutisch nicht behandelbar ist, konnte nicht objektiviert werden. Die von der behandelnden Nervenärztin R ... in ihrem Bericht vom 15. Januar 1996 geäußerte Verdachtsdiagnose einer hypochondrisch gefärbten endogenen Depression wird in ihrem Gutachten vom 25. Juni 1996 für das Arbeitsamt P ... hinsichtlich einer endogenen Genese nicht bestätigt und die Stimmung als nicht mehr ausgesprochen depressiv angegeben. Objektive Befunde, welche ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen selbst für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes begründen könnten, sind weder dem vorgenannten Bericht, noch dem Gutachten zu entnehmen. Der Leistungsbeurteilung in dem Gutachten des Arbeitsamtes P ... vom 05. August 1996, das nach Aktenlage erstellt wurde und keine eigene Befunderhebung enthält, kann nicht gefolgt werden. Denn auch der Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad Gottleuba vom 01. Juli 1996 bescheinigt der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten. Psychisch wird die Klägerin als bewusstseinklar, ohne Orientierungsstörungen, ohne verminderte Aufmerksamkeit, Wachsamkeit und Konzentrationsvermögen, ohne mnestische Störungen sowie ohne inhaltliche und formale Denkstörungen beurteilt. Objektiv pathologische Auffälligkeiten, welche eine Arbeitsunfähigkeit begründen können, werden nicht mitgeteilt. Auf psychiatrischem Gebiet werden auch in dem Gutachten der Dr. H ... keine Befunde oder Funktionseinschränkungen angegeben, welche einem vollschichtigen Leistungsvermögen entgegenstünden. Testpsychologisch ist eine leichtgradig ausgeprägte Depression, mit gut zugänglicher Behandlungsmöglichkeit, erhoben worden. Bei einem unauffälligem Hirnleistungsergebnis bestehen keine Hinweise für eine kognitive Leistungseinschränkung. Der Nachweis einer entzündlich rheumatischen Erkrankung im Sinne einer Spondylitis ankylosans ist dem Gutachten des Dr. T ... nicht zu entnehmen. Dass es sich hierbei um eine Verdachtsdiagnose handelt, wird im Entlassungsbericht der Reha-Klinik B ... B ... bestätigt, wonach laborchemisch Entzündungszeichen nicht nachgewiesen werden konnten. Auf telefonische Rückfrage durch den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat die Chefärztin Dr. E ... (Reha-Klinik B ... B ...) bekundet, die Diagnosen Morbus Bechterew und Weichteilrheumatismus seien nicht eindeutig zu stellen und das geminderte Leistungsvermögen beruhe letztlich auf den subjektiven Schmerzschilderungen der Klägerin (Bl. 121 SG-Akte). Hierfür spricht auch, dass bei der ambulanten Untersuchung durch Dr. H ... die klassischen Tenderpoints zur Annahme eines Fibromyalgiesyndroms sämtlich negativ waren. Das lokale Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, die Coxarthrose und Chondropathia patellae beiderseits, die Periarthropathia humeroscapularis rechts und die Epicondylopathia humeri radialis beiderseits bedingen qualitative Einschränkungen derart, dass der Klägerin Heben und Tragen schwerer Lasten, in Akkordarbeit, Arbeiten in andauernden Zwangshaltungen sowie mit fortgesetztem Bücken und Knien nicht mehr möglich sind. Quantitativ ergibt sich daraus jedoch keine Limitierung der Arbeitsfähigkeit. Insgesamt ist der Leistungsbeurteilung der Dr. H ... zu folgen. Die Sachverständige hat nach Anamnese eine ambulante Untersuchung durchgeführt und sich mit den erhobenen Vorbefunden kritisch auseinandergesetzt. Sie hat nachvollziehbar ausgeführt, dass mangels objektiver Vorbefunde und auf Grund der selbst erhobenen Befunde weder eine endogene Depression, noch ein Weichteilrheumatismus besteht. Da, wie auch in den Vorgutachten, sensorische oder motorische Ausfälle oder schwere Funktionseinschränkungen nicht erhoben worden sind, ist ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, unter Beachtung der vorbezeichneten Einschränkungen, festzustellen. Die Adipositas und die Entfernung des gutartigen Milztumors 1999 bedingen keine zusätzlichen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Bei einer auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 01. März 1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).

Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB VI (a.F.). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Invalidenrente gemäß Art. 2 § 7 des RÜG, da dieser eine Minderung des gesundheitlichen Leistungsvermögens um mindestens 2/3 voraussetzt. Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.

Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 23. Januar 1996 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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