L 4 RJ 82/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 15 RJ 376/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RJ 82/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ...1943 geborene Kläger war nach Schulabschluss der 8. Klasse in un- und angelernten Tätigkeiten beschäftigt und arbeitete von Oktober 1962 bis Dezember 1996 als Kraftfahrer. 1968 erwarb er im Wege der Erwachsenenqualifizierung den Facharbeiterabschluss als Berufskraftfahrer. Seit Januar 1997 ist er arbeitslos.

Bei Erntearbeiten verlor er 1959 den dritten bis fünften Finger links und erlitt einen Teilverlust des ersten, vierten und fünften Fingers der rechten Hand. 1960 erlitt er einen Motorradunfall mit Fraktur des Ober- und Unterschenkels links sowie Trümmerfraktur des linken Kniegelenks und Ausrenkung der linken Schulter.

Am 25.05.1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten Dr. L ... vom 13.08.1998 ein. Danach sei der Kläger in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Stresssituationen, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände, ohne Hebe- und Tragebelastung sowie ohne häufiges Bücken vollschichtig zu verrichten.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 03.09.1998 ab. Die Erwerbsfähigkeit sei durch Beinverkürzung und Instabilität linkes Kniegelenk nach Oberschenkelfraktur 1960, Verschleiß der Halswirbelsäule (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) ohne neurologische Defizite, Behinderung der Hantierfähigkeit beidseits nach mehrfachen Fingeramputationen (1959) und Arthrose im Zeigefinger-Grundgelenk links sowie Nebennierentumor rechts (seit 1996 bekannt) ohne Wachstumstendenz beeinträchtigt. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig arbeiten.

Den Widerspruch vom 01.10.1998 wies die Beklagte mit Bescheid vom 03.05.1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne er zwar nicht mehr als LKW-Fahrer tätig sein, sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände zu verrichten. Ausgangspunkt für die rentenrechtliche Beurteilung sei der Hauptberuf eines Kraftfahrers. Nach dem beruflichen Werdegang sei der Kläger in den oberen Bereich der Gruppe der angelernten Arbeiter einzustufen und damit auf alle ungelernten, dem Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten verweisbar. Der Kläger sei auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar.

Dagegen hat der Kläger am 14.05.1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz erhoben, da er auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit habe. Hinsichtlich der Einstufung in die Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich weise er ausdrücklich darauf hin, dass er im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung den Facharbeiterabschluss als Berufskraftfahrer anerkannt bekommen habe. Er sei wie ein Facharbeiter entlohnt worden. In Anbetracht einer über 30-jährigen Beschäftigung als Kraftfahrer werde eine Überprüfung für erforderlich gehalten. Die Verweisungstätigkeit Pförtner könne er nicht ausüben.

Das SG hat aktuelle Befundberichte und Krankenunterlagen der behandelnden Ärzte sowie die Akte der Tiefbau-Berufsgenossenschaft beigezogen. Das ärztliche Gutachten des Arbeitsamtes Plauen vom 16.10.1998 schätzte vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ein.

Gutachten vom 16.08.2000:

- Bewegungseinschränkungen in allen Drehebenen der Halswirbelsäule und Zervikalsyndrom bei Osteochondrose (C4 bis C6/7) und beginnende Spondylosis deformans (C5/6),
- Schulter-Arm-Syndrom links,
- Störungen in der Beweglichkeit im thorakolumbalen Übergang und rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne neurologische Ausfälle bei kleinen Bandscheibenvorfällen im Bereich der 3. und 4. Lendenwirbelkörper sowie mäßige Rechtsskoliose der Brustwirbelsäule (BWS) und Linksskoliose der LWS mit Beckenschiefstand links,
- Zustand nach traumatischer Fingeramputation an beiden Händen mit sekundärer Gelenkarthrose am Zeigefinger der linken Hand,
- beginnende Retropatellararthrose und Beinverkürzung um 1,5 cm bei Zustand nach Trümmerfraktur des linken Knies mit Bänderinstabilität,
- beginnende Coxarthrose rechts,
- Nebennierentumor rechts, nach den vorliegenden Befunden ohne Vergrößerungstendenz,
- Zustand nach Magen-Operation Billroth I.

Die subjektiv empfundenen Beschwerden des Klägers hätten sich seit der letzten Untersuchung im Rentenverfahren verstärkt. Trotz annehmbarer Aggravationstendenzen seien die Beschwerden nach den vorliegenden objektiven Befunden glaubhaft. Die Bewegungseinschränkung in der linken Schulter hätte sich verstärkt. Für die bei der Untersuchung gezeigten erheblichen Gangstörungen hätte keine objektivierende Ursache gefunden werden können. Der Kläger sei demnach in der Lage, leichte Arbeiten im Wechsel vorrangig im Sitzen, in vorwiegend geschlossenen Räumen bis zu acht Stunden täglich ohne spezielle Unterbrechungen unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Zwangstempo, an Maschinen und Fließbändern, bei Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände oder Fingergeschicklichkeit zu verrichten. Die Tätigkeit eines Berufskraftfahrers könne er nicht mehr vollschichtig ausüben. Als Pförtner oder Bürohilfskraft könne er vollschichtig arbeiten. Die eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der Hände verbiete dies nicht. Der Einsatz als Bürohilfskraft sei begrenzt, sofern längere Schreibarbeiten oder die Bedienung von Büromaschinen verlangt würden. Das Leistungsbild bestehe seit Rentenantrag. Die Wegefähigkeit sei nicht beeinträchtigt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.12.2000 abgewiesen, da ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) bzw. Erwerbsunfähigkeit (EU) nicht bestehe. Als bisheriger Beruf des Klägers sei dessen Tätigkeit als Berufskraftfahrer zugrunde zu legen. Diese Tätigkeit könne er nach den übereinstimmenden Feststellungen in dem Gutachten nicht mehr ausüben. Dass er als Berufskraftfahrer nicht mehr arbeiten könne, bedeute nicht, dass er berufsunfähig sei. Entsprechend dem Mehr-Stufen-Schema des Bundessozialgerichts (BSG) sei er dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen, obwohl er 1968 den Facharbeiterabschluss als Berufskraftfahrer erworben habe. Die Bezeichnung der Tätigkeit als "Facharbeiter" sei für deren Einstufung im konkreten Fall nicht entscheidend. Vielmehr sei für den Status eines "echten" Facharbeiters im Sinne der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich eine Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig von drei Jahren, erforderlich. Bei in der ehemaligen DDR erlernten Berufen käme die Zuordnung zur Gruppe der Facharbeiter nur dann in Betracht, wenn die vergleichbare Tätigkeit im (alten) Bundesgebiet als Facharbeiterberuf im Sinne des Mehr-Stufen-Schemas anerkannt sei, selbst wenn zu DDR-Zeiten für diese Tätigkeit nur eine zweijährige Ausbildung vorgeschrieben gewesen sei (Niesel, KassKom, § 43 SGB VI Rn. 41 m.w.N.). Für den vergleichbaren Beruf des Berufskraftfahrers im (alten) Bundesgebiet sei eine höchstens zweijährige Ausbildung vorgeschrieben und Berufskraftfahrer von ihrer Ausbildungsdauer her grundsätzlich als angelernte Arbeiter einzustufen. Sie könnten dann als Facharbeiter eingestuft werden, wenn für sie ein Tarifvertrag gelte, in dem die Tätigkeit als Berufskraftfahrer in einer Facharbeitergruppe genannt werde (BSG, Urteil vom 25.08.1993, 13 RJ 21/92). Ansonsten sei eine Einstufung als Facharbeiter unter Umständen auf Grund der besonderen Anforderungen des bisherigen Berufs denkbar (BSG, Urteil vom 30.07.1997, 5 RJ 8/96). Nach der eingeholten Auskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers sei die Tätigkeit nach keinem Tarifvertrag erfolgt und die verrichteten Tätigkeiten erforderten lediglich die entsprechende Fahrerlaubnis und hätten auch von ungelernten Arbeitern nach kurzer Einarbeitungszeit verrichtet werden können. Somit sei der Kläger dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen, welche pauschal auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könnten. Da jedoch die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit eine Ausbildung von regelmäßig zwei Jahren erforderte, sei er als "Angelernter des oberen Bereichs" anzusehen und sei demnach sozial zumutbar auf die Tätigkeiten eines Pförtners oder einer Bürohilfskraft verweisbar. Die Verweisungstätigkeit eines Pförtners sei dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar. Das SG folge dabei den schlüssigen, widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten ärztlichen Sachverständigen Dr. F ... und dessen Gutachten vom 16.08.2000 und den darin dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen. Der Sachverständige habe in sich stimmig im einzelnen dargelegt, an welchen Krankheiten der Kläger leide und welche Folgen dies für sein Leistungsvermögen habe. Auf Grund der vollschichtigen Einsatzfähigkeit als Pförtner scheide die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten am 07.03.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.03.2001 eingelegte Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG), mit welcher der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Wegen der im Urteil genannten zahlreichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei er nicht mehr in der Lage, überhaupt Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Als Berufskraftfahrer habe er seit 1977 LKW mit mindestens 15 t zulässigem Gesamtgewicht gefahren und hätte bis zu Beginn der Arbeitslosigkeit am LKW erforderliche leichte Reparaturarbeiten wie Elektroarbeiten, Schweißarbeiten, Reparatur der Einspritzpumpe selbst erledigen dürfen. Er bestreite die vom Arbeitgeber vertretene Ansicht, dass die vom ihm verrichtete Tätigkeit auch von ungelernten Arbeitern nach kurzer Einarbeitungszeit hätte verrichtet werden dürfen. Seiner Ansicht nach verfüge er über einen qualifizierten Berufsschutz. Dies hätten sowohl das SG als auch die Beklagte verkannt. Die Verweisungstätigkeit sei nicht zumutbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06.12.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidungsgründe des SG für zutreffend.

Mit Schreiben vom 22.05.2001 hat der Senat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört. Es bestand Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte. Des Weiteren lag dem Senat die Akte der Tiefbau-Berufsgenossenschaft Berlin vor.

Die statthafte Berufung ist zulässig (§ 143 SGG), erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Senat konnte die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Chemnitz nach Anhörung der Beteiligten durch einstimmigen Beschluss der Berufsrichter als unbegründet zurückweisen. Eine mündliche Verhandlung war nicht erforderlich (§ 153 Abs. 4 Satz 1 SGG). Die angefochtenen Entscheidungen des SG und der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Der Kläger ist weder berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) noch erwerbsunfähig gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung. Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente richtet sich noch nach § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, da er sich auf die Zeit ab Antragstellung (Mai 1998) bezieht.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig, weil seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst er durch eine ihm nach seinem Berufswerdegang und seinem Gesundheitszustand zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen kann (BSG, Urteil vom 28.02.1963, SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 107; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI verankerten Gedanken des Berufsschutzes soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (BSG, Urteil vom 30.07.1997 - 5 RJ 8/96; BSG, Urteil vom 04.11.1998 - B 13 RJ 95/97). Unter Berücksichtigung dieses Gedankens beurteilt sich die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs.

Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehr-Stufen-Schema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit dem Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 m.w.N.; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 15).

Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist vielmehr die Wertigkeit der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale umschrieben wird. Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrige Berufsgruppe verwiesen werden (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 m.w.N.; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Einem Versicherten ist grundsätzlich zumindest eine Tätigkeit konkret zu benennen, die er noch ausüben kann. Eine derartige Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit ist hingegen grundsätzlich nicht erforderlich, wenn der Versicherte zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage ist und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ungelernter Tätigkeiten verweisbar ist.

Nach diesen Kriterien hatte das SG zutreffend zunächst den bisherigen Beruf des Klägers festzustellen. Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu verstehen. Sie ist auch dann maßgebend, wenn sie nur kurzfristig verrichtet wurde, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war. Zutreffend hat das SG den Berufskraftfahrer als bisherigen Beruf des Klägers angesehen und hat diese Tätigkeit der Berufsgruppe des "angelernten Arbeiters im oberen Bereich" zugeordnet. Das SG hat unter Bezugnahme auf das beigezogene Gutachten Dr. F ... festgestellt, dass der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig ausüben kann. Infolgedessen kann der Kläger, wie auch von der Beklagten nicht bezweifelt wird, seinen bisherigen Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben. Hierdurch ist er aber nicht zugleich berufsunfähig. Vielmehr ist zu prüfen, ob er auf andere ihm sozial zumutbare Beschäftigungen verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 30.07.1997 - 5 RJ 8/96). Vorliegend hat der Kläger im Jahre 1968 im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung den Berufsabschluss als Facharbeiter Berufskraftfahrer erworben. Entgegen seiner Ansicht ist jedoch nicht auf die Berufsvoraussetzungen in der damaligen DDR zur Frage der beruflichen Zuordnung abzustellen. Einerseits kann angesichts der Ausbildungsdauer von unter zwei Jahren ein Facharbeiterstatus des Klägers aus heutiger Sicht nicht hergeleitet werden. Wenn andererseits zu Gunsten des Klägers eine Ausbildung als Berufskraftfahrer unterstellt wird, reicht die erworbene Qualifikation nach der zur Beurteilung heranzuziehenden Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26.10.1973 (BGBl. I 1518) angesichts der für diesen Beruf vorgeschriebenen lediglich zweijährigen Regelausbildungszeit (§ 2 der Verordnung) für sich allein nicht aus, um ihm den Berufsschutz als Facharbeiter zuzubilligen (ständige Rechtsprechung des BSG; Urteil vom 30.07.1997 - B 5 RJ 8/96 m.w.N.; Sächsisches LSG, Urteil vom 21.05.2001 - L 4 RJ 323/00 sowie Beschluss vom 06.04.2001 - L 4 RA 140/00). Dazu hat das BSG festgestellt, dass selbst Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr wegen der damit verbundenen Verantwortung nicht generell als Facharbeiter anzusehen sind. Bloße Regeleigenschaften der Berufskraftfahrertätigkeit im Sinne der Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer (a.a.O.), wie umfangreiche technische Kenntnisse der Fahrzeuge, Befähigung zu laufenden Wartungs- und Reparaturmaßnahmen unterwegs, Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts, Kenntnisse des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte, Kenntnisse über Frachtbriefe und Zollformalitäten, stellen danach keine "besonderen" Anforderungen dar, weil sie jeder Berufskraftfahrertätigkeit immanent sind.

Gemessen an diesen Maßstäben steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger der Berufsschutz als Facharbeiter nicht zugebilligt werden kann. Von daher ist nicht erkennbar, dass bei der tatsächlichen Ausgestaltung der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Kraftfahrer für Möbel- und Kippertransporte sowie Transport- und Schüttgut im Nahverkehr diese qualitativ oberhalb der eines Berufskraftfahrers anzusiedeln ist. Insoweit kann dahinstehen, ob entsprechend der vom SG beigezogenen Arbeitgeberauskunft vom 15.11.1999 zur Verrichtung dieser Tätigkeiten lediglich ein entsprechender Führerschein Voraussetzung gewesen ist. Ohne eine zusätzliche Qualifikation ist der Kläger aber als Angelernter mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (oberer Bereich) zu behandeln und als solcher, wie vom SG und von der Beklagten zutreffend festgestellt, auf andere Anlerntätigkeiten zu verweisen.

Der Senat folgt nach eigener Prüfung dem SG, dass als zumutbare Beschäftigung die Tätigkeit als Pförtner in Betracht kommt. Nach der Berufsinformationskarte des Arbeitsamtes (BO 793) handelt es sich um leichte körperliche Arbeit, überwiegend in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge), überwiegend sitzend und für körperlich Behinderte geeignet. Zu den Aufgaben und Tätigkeiten gehört das Überwachen des Personen- und Fahrverkehrs an Türen/Toren von Betrieben und Bürohäusern. Dazu gehört des Weiteren das Empfangen von Besuchern und Lieferanten, ggf. Prüfen der Legitimationen, Anmelden der Besucher mit Ausstellen der Besucherscheine oder das Erteilen von Auskünften. Eine solche Tätigkeit spielt sich in einem geschlossenen, beheizten Raum ab. Es handelt sich um eine leichte Tätigkeit im Sitzen, bei welcher ab und zu aufgestanden und umhergegangen werden kann. Eine besondere Berufsausbildung wird nicht vorausgesetzt und die nötige Einarbeitung übersteigt in keinem Falle die Dauer von drei Monaten.

Die Verweisung des Klägers auf eine Tätigkeit als Pförtner ist objektiv zumutbar. Das BSG hat eine solche Verweisung wiederholt zugelassen, so in den Urteilen vom 23.05.1996 (13 RJ 75/95) und vom 22.10.1996 (13 RJ 35/95 und 13 RJ 81/95). Für den Kläger kommen als Einsatzmöglichkeiten in Betracht z.B. die Tätigkeit als "Pförtner an der Nebenpforte", wo es darum geht, bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (BSG, Urteil vom 23.05.1996 a.a.O.) oder als "Pförtner in Verwaltungsgebäuden" (BSG, Urteil vom 22.10.1996 a.a.O.).

Der Kläger ist auch nach seinem Gesundheitszustand in dieser genannten Verweisungstätigkeit einsetzbar, wie sich aus dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr. F ... vom 16.08.2000 ergibt. Nach den in diesem Gutachten genannten Diagnosen scheint es überzeugend, wenn der ärztliche Sachverständige den Kläger für in der Lage hält, leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit überwiegendem sitzenden Anteil vollschichtig zu verrichten. Der Kläger ist fähig, vollschichtig unter qualitativen Leistungseinschränkungen zu arbeiten. Hinsichtlich des Anforderungs- und Belastungsprofils eines Pförtners sowie zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Klägers zur Ausübung dieser Tätigkeit schließt sich der Senat im vollen Umfang der zutreffenden und ausführlichen Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die dem Kläger den Arbeitsmarkt trotz vollschichtiger Einsatzmöglichkeit als verschlossen erscheinen lässt (sog. "Katalogfälle" - BSG, Urteil vom 25.06.1986 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137), liegt bei ihm nicht vor. Insbesondere ist er nicht gehindert, die üblichen Verkehrswege zum Erreichen eines Arbeitsplatzes zurückzulegen (BSG SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), betriebsunübliche Pausen braucht er nicht einzulegen (BSG SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43).

Der Senat war nicht gehalten, weitere medizinische Ermittlungen durchzuführen, da vom Kläger eine Veränderung seines gesundheitlichen Zustandes nicht vorgetragen wurde und die letztmalige Begutachtung im August 2000 stattfand. Der vom Amt für Familie und Soziales Chemnitz festgesetzte und anerkannte Grad der Behinderung (GdB) von 70 ist für die Entscheidung, ob beim Kläger Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vorliegt, unmaßgeblich, da diese Entscheidung nach anderen Kriterien erfolgt. Die vom Versorgungsamt festgestellten Behinderungen sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens ausreichend berücksichtigt worden.

Nachdem somit bei dem Kläger Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI nicht vorliegt, hat er erst recht keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach der strengeren Vorschrift des § 44 SGB VI.

Der streitige Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen EU oder BU richtet sich noch nach den §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, da der Rentenantrag bereits im Mai 1998 gestellt worden ist. Ebenso besteht jedoch kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach §§ 43 Abs. 1 oder 2, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. S. 1827), denn der Kläger ist nach den übereinstimmenden ärztlichen Feststellungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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