L 2 U 111/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 148/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 111/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16.11.1998 und der Bescheid vom 10.02.1998 i. d. Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.1998 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall der Klägerin vom 10.03.1995 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen ab 01.10.1997 zu erbringen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel (2/3) der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Unfalles vom 10.03.1995 als Arbeitsunfall.

Die im Jahre ...geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Inhaberin eines Textilwarengeschäfts in der Pfaffendorfer Straße in L ..., mit mehreren Filialen u. a. in der Hainstraße in L ...

Mit Schreiben vom 15.10.1997 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei am Freitag, den 10.03.1995 gegen 15.00 Uhr auf dem Weg zu einem ihrer Geschäfte auf dem Gehsteig mit dem linken Fuß umgeknickt. Die sich daraufhin eingestellten Beschwerden habe sie bis Montag, den 13.03.1995 selbst behandelt, indem sie den Fuß gekühlt habe. Am Dienstag, den 14.03.1995 habe sie den Arzt aufsuchen müssen. Nachdem eine mehrmalige Behandlung mit Strom keine Besserung gebracht habe, habe sie den Arzt gewechselt. Der neue Arzt habe dann eine Fibularinfraktion links festgestellt. Die Klägerin wies außerdem ausdrücklich darauf hin, dass sie diesen Wegeunfall bereits am 15.03.1995 gemeldet habe. Auf einem vorgedruckten Fragebogen habe sie der Beklagten ihre persönlichen Angaben eingereicht.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, zum Unfallzeitpunkt habe sie sich auf dem Weg von ihrem Geschäft in der Pfaffendorfer Straße zu ihrer Filiale in der Hainstraße befunden. Sie habe diesen Unfall auch ihrer privaten Unfallversicherung, der Mannheimer Versicherung, gemeldet.

Die Beklagte hat sodann die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Der erstbehandelnde Arzt, Bernd H ... aus Leipzig teilte mit, die Klägerin habe bei ihm am 14.03.1995 wegen seit etwa einer Woche bestehender Schmerzen im linken Fuß vorgesprochen. Anamnesisch sei ihm von einem Unfall vom 10.03.1995 nichts bekannt; die Klägerin habe darüber auch nichts berichtet. Ein akutes Trauma sei ihr nicht erinnerlich gewesen. Der weiter behandelnde Arzt, Dr. H ... aus Leipzig, berichtet, die Klägerin sei ihm am 13.04.1995 vom Hausarzt unter der Verdachtsdiagnose Fibularinfraktion links nach fünf Wochen altem Trauma überwiesen worden. Diese Verdachtsdiagnose habe sich dann bestätigt.

Mit Bescheid vom 10.02.1998 lehnt die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Trotz Ausschöpfung aller Beweismittel und sorgfältiger Beweiswürdigung könne nicht mit Gewissheit bewiesen werden, dass die Kläger zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Die Beweislosigkeit ginge zu Lasten der Klägerin.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie habe Herrn H ... ihres Wissens nach den genauen Schädigungshergang erläutert. Sie wies darauf hin, dass sie den Unfall bei ihrer Krankenkasse, der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) und der privaten Unfallversicherung gemeldet habe. Sie legte ein Schreiben der DAK Leipzig vom 08.05.1998 vor, in dem ihr bestätigt wurde, sie hätte ihren Unfall vom 10.03.1995 gemeldet. Abschließend kündigte sie an, sie werde in den nächsten Tagen eine Kopie ihrer Unfall-Schadensanzeige an ihre private Unfallversicherung vorlegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Rückfrage bei der DAK habe ergeben, dass nicht mehr feststellbar sei, welche Angaben die Klägerin zum Unfallhergang gemacht habe, weil der entsprechende Unfallfragebogen zwischenzeitlich vernichtet worden sei. Die DAK habe der Beklagten bestätigt, dass bei einem entsprechenden Hinweis auch einen Arbeitsunfall im Unfallfragebogen umgehend eine Meldung an die Beklagte ergangen wäre. Es bestünden nach wie vor Zweifel am Vorliegen einer versicherten Tätigkeit, weil von der DAK auch keine Meldung erfolgt sei.

Nachdem der Widerspruchsbescheid zur Post gegeben war, legte die Klägerin eine Kopie ihrer Unfallschadensmeldung an ihre private Unfallversicherung vom 30.05.1995 vor. In dieser Meldung gab die Klägerin u. a. an, sie habe am 10.03.1995 gegen 15.00 Uhr einen Unfall auf dem Weg von ihrem Laden in der Pfaffendorfer Straße zur Sparkasse erlitten. Auf dem sehr unebenen Fußweg sei sie umgeknickt und habe sich dabei eine Fraktur im linken Fußgelenk zugezogen. Der Unfall habe sich in Ausübung des Berufes ereignet.

Die Klägerin erhob sodann Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG). Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag gab sie an, von der Unfallmeldung habe sie keine Kopie gefertigt, weil sie zu diesem Zeitpunkt persönlich kein Kopiergerät besessen hätte. Ihre Tochter könne aber bestätigen, dass sie das Geschäft in der Pfaffendorfer Straße gegen 15.00 Uhr verlassen habe. Auch habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass sich die Klägerin in einem Beweisnotstand befinde.

Mit Urteil vom 16.11.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Es bestünden schon erhebliche Zweifel daran, ob das angeschuldigte Ereignis als Unfall anzusehen sei, weil der diagnostizierte Ermüdungsbruch höchstwahrscheinlich etwa zur selben Zeit durch jedes alltäglich vorkommende Ereignis etwa im selben Umfang eingetreten wäre. Darüber hinaus stehe nicht mit Gewissheit fest, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Die Klägerin habe weder gegenüber Herrn H ... noch gegenüber Dr. C ... angegeben, dass es sich bei dem Bruch um die Folge eines Unfalles gehandelt habe. Hinzu komme, dass die DAK trotz der Unfallmeldung der Klägerin und ihrer Schilderung des Unfallherganges keinen Anlass gesehen habe, das angeschuldigte Ereignis als Unfall der Beklagten zu melden. Die Notizen der Klägerin zum Unfallfragebogen würden nur die Ansicht der Klägerin widerspiegeln. Die Vernehmung der Tochter der Klägerin als Zeugin sei nicht notwendig gewesen, weil diese nicht bezeugen könne, dass die Klägerin auf dem von ihr - der Klägerin - geschilderten Weg umgeknickt sei.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigtigen der Klägerin am 30.11.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.12.1998 Berufung eingelegt. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf ihre bisherigen Ausführungen. Ergänzend trug sie vor, es habe kein Ermüdungsbruch vorgelegen. Ohne weitere Nachforschungen und Begründungen hätte das SG nicht von einer so genannten Gelegenheitsursache ausgehen dürfen. Auch hätte das SG ihre Tochter vernehmen müssen, weil dadurch der Unfallzeitraum jedenfalls derart zeitlich hätte eingegrenzt werden können, dass sich der Unfall allein auf dem Weg zwischen den zwei Filialen zugetragen haben konnte. Vom SG sei außerdem die Unfallschadensmeldung an die Privatversicherung unberücksichtigt geblieben. Schließlich dürften wegen Vernichtung von Unterlagen an die Beweisanforderungen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden.

Zur Ausräumung von Widersprüchen der Klägerin hat diese noch darauf hingewiesen, sie habe zum damaligen Zeitpunkt keinen Kopierer gehabt. Es könne aber sein, dass die Unfallmeldung an die Beklagte durch das Fax-Gerät gezogen worden sei. Auch sei zu beachten, dass der Weg zu der Filiale in der Hainstraße an der Sparkasse vorbeiführe.

Mit Beschluss vom 10.05.1999 hat der Senat die DAK Hamburg zum Verfahren beigeladen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16.11.1998 sowie den Bescheid vom 10.02.1998 i. d. Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall der Klägerin vom 10.03.1995 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ab diesem Zeitpunkt zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend; es habe zu Recht die Klage unter Berücksichtigung der Beweislastverteilung abgewiesen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie weist aber darauf hin, dass die Nichtweitergabe der Unfallmeldung an die Unfallabteilung und die Nichtanmeldung von Erstattungsansprüchen bei der Beklagten keinesfalls als Indiz gewertet werden dürfe, bei dem streitgegenständlichen Unfall handle es sich um keinen Arbeitsunfall.

Der Senat hat die Tochter der Klägerin, Christine W ..., uneidlich vernommen. Am Unfalltage habe die Klägerin das Geschäft in der Paunsdorfer Straße gegen 14.00 Uhr verlassen. Kurz vor 17.00 Uhr sei sie dann zurückgekommen und habe gesagt, sie könne nicht mehr laufen. Die Klägerin habe ihr weiter erzählt, sie sei richtig umgeknickt und der Fuß würde ihr nun wehtun. Über das Wochenende sei der Fuß richtig dick angeschwollen gewesen.

Dem Senat liegen die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Anerkennung des Unfalles vom 10.03.1995 als Arbeitsunfall und dem Grunde nach auch auf dessen Entschädigung.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil der von ihr geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 01.01.1997 eingetreten ist (§ 212 SGB VII).

Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs. 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543-545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet.

Die Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall erfordert, dass die versicherte Tätigkeit, das Unfallereignis und die Erkrankung mit Gewissheit bewiesen sind (vgl. hierzu: Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 SGB VII, Rn. 10). Gewissheit bedeutet, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch Zweifel hat. Eine Tat sei es also bewiesen, wenn sie in einem so hohen Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (vgl. BSGE 48, 285; 58, 80, 83).

Unter Anwendung dieser Grundsätze vermag der Senat nicht zu erkennen, worauf sich ernsthafte Zweifel daran begründen lassen können, dass die Klägerin zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt und dass sie sich dabei eine Fibularinfraktion links zugezogen hat, für deren Entschädigung die Beklagte prinzipiell einzustehen hat.

Auf Grund der beigezogenen Unterlagen, einschließlich der Krankenunterlagen, steht zunächst fest, dass sich die Klägerin am 10.03.1995 eine Fibularisinfraktion links zugezogen hat. Ursache des Sturzes war ein umknicken auf dem unebenen Fußweg. Der Unfallzeitpunkt lässt sich durch die Unfallschadensanzeige an die private Unfallversicherung vom 30.05.1995 sowie aus der Unfallmeldung an die DAK nachweisen. In beiden Fällen hat die Klägerin als Unfallzeitpunkt den 10.03.1995 angegeben. Darüber hinaus hat die Zeugin W ... bekundet, dass der Unfall sich am 10.03.1995 ereignet hat. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Unfall sich zu einem anderen Zeitpunkt ereignet haben könnte. Zwar wird in den Krankenunterlagen der genaue Unfallzeitpunkt nicht genannt. Aber aus den Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass sich der streitgegenständliche Unfall etwa um den 10.03.1995 ereignet hat.

Unter Würdigung der gesamten Aktenlage, hat der Senat keinerlei Zweifel, dass die Klägerin am 10.03.1995 einen Unfall erlitten hat, in dem sie mit dem linken Fuß umgeknickt ist. Dass sie sich bei diesem Unfall eine Fibularinfraktur links zugezogen hat, ist aufgrund der Krankenunterlagen nachgewiesen. Darüber besteht letztendlich zwischen den Beteiligten auch gar kein Streit.

Streitig ist aber, ob die Klägerin zum Unfallzeitpunkt überhaupt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Dies ist zu bejahen. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, dass sich die Klägerin zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg ihres Geschäftes in der Pfaffendorfer Straße zur Filiale in der Hainstraße befand. Diese Überzeugung stützt sich im Wesentlichen auf die Eintragungen in der Unfallanzeige an die private Unfallversicherung. Diese Unfallanzeige wurde am 30.05.1995 gefertigt und ging bei der privaten Unfallversicherung am 09. Juni 1995 (vgl. Bl. 183 LSG-Akte) ein. Darin führt die Klägerin aus, sie habe sich auf dem Weg zwischen ihrem Geschäft auf der Pfaffendorfer Straße zur Sparkasse befunden. Der Unfall habe sich in Ausübung des Berufes ereignet.

Zwar hat die Klägerin später immer wieder behauptet, sie habe sich auf dem Weg von der Pfaffendorfer Straße in die Hainstraße, also nicht zur Sparkasse, befunden. Diesem Umstand ist aber keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Dies deshalb, weil sowohl die Sparkasse als auch die Filiale der Klägerin sich in der Hainstraße befindet. Zudem hat die Zeugin W ..., an deren Glaubwürdigkeit der Senat keine Zweifel hat, bekundet, dass sich die Klägerin, als sich der Unfall ereignete, auf dem Weg von ihrem Geschäft in der Pfaffendorfer Straße zur Filiale in der Hainstraße befand.

Aus diesen Fakten ergibt sich zwanglos, dass sich die Klägerin zum Unfallzeitpunkt unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung befand. Insbesondere die zeitnahe Schadensanzeige an die private Unfallversicherung lässt keinen Zweifel darüber aufkommen.

Soweit die Beklagte sich auf die Angaben von Herrn H ..., dem erstbehandelnden Arzt, bezieht, wonach die Klägerin offensichtlich keine Angaben zu einem konkreten Unfallereignis gegeben hat, ist dem keine Bedeutung beizumessen. Dies schon allein deshalb, weil - was die Beklagte unbeachtet ließ - die Überweisung durch diesen Arzt wegen eines fünf Wochen alten Traumas erfolgte. Dies ergibt sich aus dem Facharztbericht von Dr. H ... vom 17.11.1995 (Bl. 15 Beklagten-Akte). Ganz offensichtlich ist Herr H ... also auch von einem Unfall ausgegangen, obwohl er sich nicht daran erinnern kann, dass die Klägerin ihm hierüber etwas berichtete. Der Senat hält es im Übrigen nicht für ausgeschlossen, dass die Klägerin Herrn H ... und auch Dr. C ... von einem Unfall ausgegangen sind. Herr H ... hat im Krankenblatt unter dem Datum vom 14.03.1995 vermerkt, dass die Klägerin wahrscheinlich umgeknickt sei. Die Diagnose lautete: Distorsion (Verstauchung, Verdrehung) linkes Sprunggelenk. Eine solche Verletzung kann im Übrigen nur durch ein Unfallereignis eintreten. Abgesehen davon, dass im Nachhinein eine Fibularisinfraktion festgestellt wurde, zeigt deutlich, dass sich ein Unfall ereignet hat.

Zweifel daran, dass dieser Unfall sich während der versicherten Tätigkeit ereignet hat, ergeben sich auch nicht daraus, dass die DAK keine Ersatzansprüche gestellt hat. Die Beigeladene hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass der Sachbearbeiter mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Bagatellunfall ausgegangen sein durfte. Darüber hinaus kann allein der Umstand, dass ein Erstattungsanspruch durch die Beigeladene nicht angemeldet wurde, noch kein Beweis geführt werden, dass es sich um keinen Arbeitsunfall handelt. Ein solcher Umstand kann allerhöchstens als Indiz herangezogen werden. Da es aber an weiteren Indizien fehlt, die gegen einen Arbeitsunfall sprechen, spricht unter Abwägung des Gesamtergebnisses alles dafür, dass sich die Klägerin auf einem versicherten Weg befand.

Ob es sich bei dem streitgegenständlichen Unfall um eine so genannte Gelegenheitsursache - wovon das SG ausging - handelte, hat der Senat nicht zu entscheiden. Dies hat die Beklagte im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen. Jedenfalls kann dem SG nicht zugestimmt werden, wenn es aufgrund der Diagnose: Ermüdungsfraktur Fabula links auf eine so genannte Gelegenheitsursache schließt. Aufgrund welcher Umstände der Arzt zu dieser Diagnose gekommen ist, ist nicht ersichtlich. Eine nachgewiesene Schädigungseinwirkung, die ursächlich auf einer Tätigkeit aus einem geschützten Riskobereich beruht, darf nur dann als Gelegenheitsursache gewertet werden, wenn die schädigungsunabhängigen Kausalfaktoren, die als allein wesentliche Ursache in Erwägung gezogen werden sollen: - In ihren tatsächlichen Grundlagen für den vorliegenden konkreten Einzelfall im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind,

- mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Conditio sine qua non für den Eintritt des Erfolges (schädigendes Ereignis bzw. Gesundheitsschaden) bilden,

- für sich gesehen rechtlich auch wesentlich und

- bei der gebotenen Abwägung mit den schädigungsbedingten Einwirkungen von solch überragender Bedeutung für den Eintritt des Erfolges sind, dass sie bei der gebotenen vernünftigen, lebensnahen Würdigung als sie tatsächlich und rechtlich eindeutig überwiegende, allein wesentliche Ursache und die schädigungsbedingten Kausalfaktoren demgegenüber als praktisch unbedeutend zu werten sind.

Das SG hat letztendlich lediglich die Formel für eine Gelegenheitsursache herangezogen, ohne im Einzelnen zu prüfen, ob die einzelnen Voraussetzungen im Sinne des Vollbeweises sicher nachgewiesen sind.

Der Senat kann auch dem SG nicht darin folgen, dass ein Umknccken kein Unfall sein soll.

Der Begriff des Unfalls ist in der RVO nicht bestimmt. Nach deren Rechtsprechung und Schrifttum seit langem und im Wesentlichen ein heilig vertretenen Auffassung ist ein Unfall ein körperlich schädigendes, zeitlich begrenztes Ereignis (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1997 - 2 RU 8/96 -). Soweit daneben zum Teil auch gefordert wird, das Ereignis müsse "von außen" auf den Menschen einwirken, soll damit lediglich ausgedrückt werden, dass ein aus innerer Ursache, aus dem Menschen selbst kommendes Ereignis nicht als Unfall anzusehen ist. Wesentlich für den Begriff des Unfalles sind hiernach ein ("äußeres") Ereignis als Ursache und eine Körperschädigung als Wirkung. Ein solches "äußeres" Ereignis liegt hier in der Unebenheit des Fußweges. Der Senat hat deshalb keinerlei Bedenken im Umknicken der Klägerin einen Unfall i. S. des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO zu sehen.

Nach alledem hat die Klägerin am 10.03.1995 einen Arbeitsunfall erlitten.

Die Klägerin hat allerdings Entschädigungsansprüche wegen dieses Unfalles erst ab 01. Oktober 1997.

Nach § 1546 Abs. 1 Satz 1 RVO ist der Anspruch spätestens zwei Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden, soweit die Unfallentschädigung von Amts wegen festgestellt wird; wird der Anspruch später angemeldet, so beginnen die Leistungen mit dem ersten des Antragsmonats, es sei denn, dass die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet ist, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen.

Die Klägerin hat den Unfall der Beklagten erst am 17.10.1997, also mehr als 2½-Jahre nach dem Unfallereignis gemeldet. Sie hat deshalb - da die Zwei-Jahres-Frist überschritten ist - Anspruch auf Entschädigung erst ab dem 01. Oktober 1997.

Soweit die Klägerin behauptet, sie habe diesen Unfall der Beklagten bereits am 15.03.1995 gemeldet, ist sie dafür beweispflichtig. Einen solchen Beweis konnte die Klägerin aber nicht erbringen. Die Klägerin hätte beweisen müssen, dass diese Unfallmeldung auch bei der Beklagten einging. Allein die Vorlage einer Kopie der Unfallmeldung hätte dafür noch nicht ausgereicht. Da die Klägerin diesen Beweis nicht führen kann, ist zu unterstellen, dass eine Meldung des Unfalles nicht erfolgte. Die Beklagte konnte jedenfalls einen Eingang der Unfallmeldung der Klägerin nicht feststellen.

Auch sind die Voraussetzungen des § 1546 Abs. 1 Satz 1 2. HS RVO nicht gegeben. Der Klägerin wäre es durchaus möglich gewesen, bereits vor Ablauf der 2-Jahres-Frist bei der Beklagten nachzufragen, ob die Unfallmeldung dort eingegangen ist und bearbeitet wird. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet ist, die außerhalb des Willens der Klägerin lag. Solche wurden auch nicht vorgetragen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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