L 2 U 119/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 89/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 119/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen des Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30.06.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer Rotatorenmanschettenruptur als Folge eines Arbeitsunfalles und um die Gewährung einer Verletztenteilrente.

Der am ... geborene Kläger war als Meister bei der I ... L ... GmbH in D ... beschäftigt. Ausweislich eines Durchgangsarztberichtes vom 08.04.1997 stürzte der Kläger am 11.03.1997 über ein Kabel und fiel mit der linken Schulter gegen einen Türrahmen. Den linken Arm habe es weggedrückt, mit der rechten Hand habe er sich auf dem Boden abgestützt und sich dabei die rechte Schulter gezerrt bzw. gestaucht. Erstmals sei er am 14.03.1997 behandelt worden. Seither sei keine Besserung der Beweglichkeit der linken Schulter eingetreten. Es bestehe eine sehr starke Bewegungseinschränkung, besonders beim Seitheben, wobei auch die rechte Schulter in der Beweglichkeit eingeschränkt sei. Aus dem Röntgenbild beider Schultergelenke ergebe sich kein Anhalt für eine Fraktur. Die Durchgangsärztin diagnostizierte eine Schulterkontusion und -distorsion beidseits, ferner ein Impingementsyndrom links. Nach Durchführung eines beabsichtigten MRT am 11.04.1997 werde eine AU-Schreibung erfolgen müssen; bisher sei der Kläger arbeiten gewesen, da er als Meister seine Arbeit habe einteilen können.

Der Kläger selbst beschrieb am 02.05.1997 gegenüber der Beklagten den Unfallhergang dahin, dass er am 11.03.1997 über ein unsachgemäß verlegtes Kabel gestolpert und mit der linken Schulter gegen den Türrahmen gestoßen sei. Beim Sturz seien dann beide Oberarme geprellt worden. Die linke Schulter sei ebenfalls geprellt worden und infolge des Abfangens zusätzlich die rechte Schulter. Äußere Verletzungszeichen hätten nicht bestanden. Die Schmerzen hätten sich sofort nach dem Sturz bemerkbar gemacht. Der linke Arm sei wie ausgekugelt gewesen; den rechten Arm habe er nur unter Schmerzen bewegen können. Die Arbeit habe er nicht eingestellt.

In einem von der Beklagten angeforderten Befundbericht vom 17.04.1997 diagnostizierte die Fachärztin für Chirurgie K ... einen Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter und Teilruptur der Rotatorenmanschette der rechten Schulter. Der Kläger klage über Ruhe- und Belastungsschmerzen und starke Bewegungseinschränkungen in beiden Schultergelenken. Sie habe u.a. schmerzhafte Bewegungseinschränkungen in beiden Schultergelenken, links mehr als rechts festgestellt, der Supraspinatustest sei links eindeutig positiv gewesen, rechts habe sich eine eingeschränkte Funktion ergeben. Ferner habe sich ein positives "Drop-arm-sign" links als Zeichen für eine komplette Rotatorenmanschettenruptur ergeben. Auch seien degenerative Veränderungen im rechten Schultergelenk festgestellt worden.

In einem Nachschaubericht des Kreiskrankenhauses Radebeul vom 15.08.1997 wird darüber hinaus ausgeführt, dass klinisch und im MRT gesichert beim Kläger eine sogenanntes Schulterengpasssyndrom (Impingement) im Bereich der linken Schulterecke vorliege. Im Nachschaubericht vom 17.04.1998 führte der Chirurg Dr. R ... aus, dass sich bei der Operation am 14.01.1998 ein erheblicher Defekt der Rotatorenmanschette gezeigt habe, so dass eine funktionelle Besserung durch die Operation nicht zu erwarten gewesen sei, wohl aber eine deutliche Besserung der Schmerzen im Bereich der linken Schulterecke.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. P ..., Chefarzt der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie des Krankenhauses D ...-F ... am 13.07.1998 ein Zusammenhangsgutachten nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 08.07.1998. Er führte aus, dass der Kläger bei der Untersuchung bestätigt habe, dass er am 11.03.1997 über ein Kabel gestolpert und deshalb mit der linken Schulter gegen einen Türrahmen gefallen sei. Dabei sei der linke Arm weggedrückt worden und der Kläger habe sich anschließend mit dem rechten Arm auf dem Boden abgestützt. Ferner habe der Kläger berichtet, dass er einen "Knall in der linken Schulter" mit einem sofort stechenden wahnsinnigen Schmerz verspürt habe. Der gesamte Arm einschließlich Finger und Hand seien wie gelähmt gewesen. Dr. P ... diagnostizierte eine mittel- bis hochgradige Einschränkung der aktiven Beweglichkeit des linken Schultergelenkes. Es bestünden röntgenologische Veränderungen, die auf einen Rotatorenmanschettendefekt im Schultergelenk hinwiesen. Bei dem Unfallereignis am 11.03.1997 sei es zu einer direkten Gewalteinwirkung auf die rechte Schultergegend gekommen, als der Kläger infolge Stolperns im Sturz mit der linken Schulter gegen einen Türrahmen geschlagen sei. Unmittelbar danach habe klinisch das Bild einer sogenannten Rotatorenmanschettenruptur bestanden. Es sei zur schmerzhaften Pseudolähmung des linken Armes gekommen. Nach der einschlägigen Literatur sei ein direktes Trauma nicht geeignet, eine Rotatorenmanschettenruptur ursächlich hervorzurufen. Erfahrungsgemäß seien im mittleren Lebensalter bei einem hohen Prozentsatz der Menschen degenerative Verschleißerkrankungen der Rotatorenmanschette zu finden. Diese bedingten eine leichte Zerreißbarkeit der Sehnenplatte, wobei es dann in der Regel eines relativ geringen Anlasses bedürfe, um aus der bisher klinisch stummen Vorschädigung ein akutes Krankheitsbild werden zu lassen. Im vorliegenden Fall wiesen neben dem Alter insbesondere der MRT-Befund und auch die Röntgenaufnahmen auf eine degenerative Vorschädigung der sogenannten Rotatorenmanschette hin. Aus dem klinischen Befund und aus dem MRT-Befund gehe weiterhin hervor, dass es sich um eine doppelseitige Vorschädigung handele. Im Laufe der ärztlichen Behandlung nach dem Unfallereignis seien auch beide Schultergelenke in die Behandlung einbezogen worden. Beim Unfallereignis am 11.03.1997 sei es also zu einer direkten Gewalteinwirkung auf das linke Schultergelenk gekommen. Somit habe es sich um eine Prellung des linken Schultergelenkes gehandelt. Das angeschuldigte Trauma sei aber nicht in der Lage gewesen, eine auch nur annähernd gesunde Rotatorenmanschette zu rupturieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe bereits eine Rotatorenmanschettendefekt infolge einer degenerativen Vorschädigung vorgelegen und dem Ereignis am 11.03.1997 komme bezüglich des weiteren Verlaufes nur die Rolle einer auslösenden Ursache zu. Es sei letztlich davon auszugehen, dass die Schulterprellung, die beim Schultergesunden in etwa drei bis vier Wochen ausgeheilt gewesen wäre, ersetzbar durch ein anderes Ereignis des täglichen Lebens erscheine. Der durchaus dramatisch erscheinende Beginn und der stark protrahierte Verlauf seien erklärbar dadurch, dass aufgrund der mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegenden Vorschädigung ein verhältnismäßig geringfügiges Trauma genügt habe, ein entsprechendes Krankheitsbild auszulösen.

Mit Bescheid vom 12.08.1998 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung einer Rente aus Anlass des Arbeitsunfalles vom 11.03.1997 ab. Die Prellung des linken Schultergelenkes sei lediglich auslösendes Moment für das Auftreten der bestehenden Vorschädigung am linken Schultergelenk gewesen. Im Widerspruchsschreiben gegen den Bescheid schilderte der Kläger nochmal den Hergang des Unfalles vom 11.03.1997. Er führte aus, er sei mit dem Fuß in einem Kabel hängengeblieben und mit voller Wucht gegen einen Türrahmen geschleudert worden. Bei seinem Bemühen, den Aufprall zu mindern, sei sein linker Arm nach hinten und unten weggedrückt worden. Er habe ein ziemliches Körpergewicht aufzuweisen und die Schulter habe den gesamten Schwung abhalten müssen. Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 09.03.1999 als unbegründet zurückgewiesen. Am 29.03.1999 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben.

Das SG hat im Rahmen seiner Ermittlungen u.a. eine ergänzende Stellungnahme von Dr. P ... eingeholt. Im Schreiben vom 01.11.1999 hat Dr. P ... ausgeführt, es sei glaubhaft und werde auch nicht bezweifelt, dass der Kläger vor dem Unfall am 11.03.1997 beschwerdefrei gewesen sei. Es werde auch nicht bestritten, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung fortbestehende Beschwerden vorgelegen hätten. Dies widerspreche jedoch in keiner Weise den Aussagen in seinem Gutachten. Bei nachgewiesener degenerativer Vorschädigung beider Rotatorenmanschetten sowohl im MRT als auch im röntgenologischen Befund und beim Vorliegen einer Gewalteinwirkung auf das Schultergelenk, die nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht geeignet sei, die Rotatorenmanschette zu schädigen (sogenanntes direktes Trauma), komme dem Unfallereignis vom 11.03.1997 nur die Bedeutung einer auslösenden Ursache, nicht aber der wesentlichen Teilursache für das Auftreten einer Rotatorenmanschettenruptur und der dadurch bedingten Folgeschäden zu. Die glaubhafte Beschwerdefreiheit vor dem Unfall spreche nicht gegen das Vorliegen auch ausgedehnter degenerativer Veränderungen in Form von Defekten und Ausdünnung der Rotatatorenmanschette. Diesbezüglich bestehe medizinischerseits keinerlei Zweifel. Gerade das Vorliegen beidseitiger Veränderungen müsse zu einer Bekräftigung der Aussagen in seinem Gutachten herangezogen werden.

Ferner erstattete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B ... auf Antrag des Klägers am 03.05.2000 ein ärztliches Gutachten. Dr. B ... führte aus, dass die seit dem Unfall bestehenden Beschwerden vor allem im linken Schultergelenk seines Erachtens in direktem Zusammenhang mit dem Unfallereignis stünden und auf diesem Unfallereignis beruhten. Er kenne den Kläger seit 1996 als Hausarzt. Vorschädigung, Unfälle oder Beschwerden der Schultergelenke hätten nicht bestanden. Die röntgenologisch festgestellten Abnutzungserscheinungen der Schultergelenke könne man nicht beweisend dem Kläger in der Begutachtung "anlasten", indem man dies als starke Vorschädigung und damit als Hauptursache sehe. Keiner könne diesbezüglich eine Einschätzung geben, es stehe jedoch fest, dass der Kläger ohne den Unfall jetzt nicht solche Beschwerden hätte. Bei dem Unfallereignis müsse es sich um einen schweren Aufprall gehandelt haben, bei dem es sicher zu Zerreißungen von Band- und Kapselstrukturen im Schultergelenk gekommen sei, welche den jetzigen krankhaften Zustand bedingten. Die bestehenden Bewegungsstörungen und Beschwerden bedingten seines Erachtens eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von etwa 20 bis 25 v.H. Eine solche prozentuale Einschätzung gehöre jedoch normalerweise nicht zu seiner routinemäßigen Arbeit. Ferner hat Dr. B ... ausgeführt, dass in der Arzt-Patienten-Beziehung auf hausärztliche Ebene weniger apparativ-technische Untersuchung eine Rolle, sondern mehr rationale und emotionale Eindrücke und Schlüsse spielten.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.06.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die bei der Operation am 13.01.1998 nachgewiesene Rotatorenmanschettenruptur links nicht mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall vom 11.03.1997 verursacht worden sei. Dem Unfallereignis vom 11.03.1997 komme nur die Bedeutung einer auslösenden Ursache zu, es sei aber nicht wesentliche Teilursache für das Auftreten der Rotatorenmanschettenruptur gewesen.

Gegen den ihm am 21.07.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.08.2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung ist insbesondere ausgeführt worden, dass sich aus der Wertung aller vorliegenden ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen ergebe, dass beim Kläger ohne das Unfallereignis vom 11.03.1997 die nunmehr vorliegende unbestrittene Gesundheitschädigung nicht vorläge. Somit sei das Unfallereignis Ursache für den Eintritt des Schadens gewesen. Da sowohl Unfallereignis als auch Gesundheitsstörungen nachgewiesen seien, seien die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente bzw. sonstige Leistungen gegeben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger den Unfallhergang nochmals so geschildert, dass er über ein Kabel gestolpert und mit der linken Schulter gegen einen Türrahmen geprallt sei, wobei es den linken Arm nach hinten weggedrückt habe. Wegen der Heftigkeit des Aufpralls sei er dann gestürzt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30.06.2000 und den Bescheid vom 12.08.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1999 aufzuheben, festzustellen, dass als Folge des Arbeitsunfalles vom 11.03.1997 eine Rotatorenmanschettenruptur im linken Schultergelenk aufgetreten ist und dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach liegen die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs nicht vor.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 05.07.2001 und 13.08.2001 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständnis vorliegt.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Ruptur der Rotatorenmanschette des linken Schultergelenkes des Klägers ist nicht Folge des Arbeitsunfalles vom 11.03.1997 (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H., da aufgrund des Arbeitsunfalles vom 11.03.1997 eine messbare Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nicht vorlag (§§ 56 Abs. 1 Satz 1, 72 Abs. 1 SGB VII).

Zwar hat der Kläger einen Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erlitten, als er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit mit der Schulter gegen einen Türrahmen geprallt und wegen der Heftigkeit des Aufpralls gestürzt ist. Jedoch ist die im MRT vom 14.04.1997 diagnostizierte Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter nicht rechtlich wesentlich auf diesen Arbeitsunfall zurückzuführen.

Ein Unfall ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die berufliche Tätigkeit in rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt hat. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht gemeinsam zum Entstehen des Schadens beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit)Ursachen im Rechtsinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff wesentlich ist hierbei nicht identisch mit den Beschreibungen überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch (prozentual), also verhältnismäßig, niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesentlich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte: Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zur ersteren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mertens, § 8 SGB VII Rdnr. 8.2.3).

Darüber hinaus ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, Seite 81).

Dem entsprechend darf eine Schadensanlage als allein wesentliche Ursache nur dann gewertet werden, wenn sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl. Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in: SGb 1997, Seite 355, 358 m. w. N.).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass bei dem Unfallereignis vom 11.03.1997 auch die Ruptur der Rotatorenmanschette im linken Schultergelenk des Klägers eingetreten ist. Dies ergibt sich insbesondere aus dem engen zeitlichen Zusammenhang von Unfallereignis und Eintritt der Beschwerden und wird bestätigt dadurch, dass zeitgleich mit dem Unfallereignis die bei einer aktuellen Rotatorenmanschettenruptur auftretenden Befunde vorhanden waren (sofortiges Schmerzmaximum, in den folgenden Wochen abklingend, Drop-arm - Fallarm -, vgl. Hansis/Mehrhoff, Rupturen der Rotatorenmanschette, Traumatische und nicht traumatische Zusammenhangstrennungen, in: Die BG, Februar 2000, S. 98, 100).

Ebenfalls ursächlich für die Rotatorenmanschettenruptur waren jedoch auch die erheblichen degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette. Dass derartige Veränderung in einem besonderen Ausmaß vorgelegen haben müssen, ergibt sich insbesondere aus dem Unfallhergang. Das Gericht geht insoweit mit der (zumindest derzeitig) weit überwiegenden Meinung in der medizinischen Literatur davon aus, dass eine direkte Kontusion bzw. Prellung der Schulter bei einer gesunden Rotatorenmanschette nicht zu deren Ruptur führen kann, sondern dass eine Rotatorenmanschette, die nicht degenerativ verändert ist, nur dann rupturiert, wenn auf das Schultergelenk eine starke Zugbelastung einwirkt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, 6. Auflage 1998, Seite 473 ff.; Hansis/Mehrhoff, aaO. Seite 100). Einer Zugbelastung war die Rotatorenmanschette des Klägers bei dem Unfallereignis vom 11.03.1997 jedoch nicht ausgesetzt; vielmehr hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt, dass es sich im Hinblick auf das linke Schultergelenk um eine Kontusion bzw. Prellung und bezüglich des rechten Schultergelenkes um eine Stauchung handelte.

Die degenerativen Veränderungen im Schultergelenk des Klägers stellen die rechtlich allein wesentliche Ursache für die Rotatorenmanschettenruptur dar. Zur Überzeugung des Gerichtes steht fest, dass diese auch ohne den Arbeitsunfall vom 11.03.1997 zu ungefähr der gleichen Zeit und in annähernd gleicher Art und Weise entstanden wäre.

Das Gericht stützt sich insoweit insbesondere auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen im Gutachten von Dr. P ... vom 13. Juli 1998 nebst ergänzender Stellungnahme vom 01.11.1999, soweit Dr. P ... in dem Gutachten in Übereinstimmung mit der medizinischen Literatur dargelegt hat, dass das angeschuldigte Trauma nicht in der Lage gewesen sei, eine auch nur annähernd gesunde Rotatorenmanschette zu rupturieren mit der Folge, dass von einem Rotatorenmanschettendefekt infolge einer degenerativen Schädigung auszugehen sei und dem Ereignis vom 11.03.1997 lediglich die Rolle einer auslösenden Ursache zukomme.

Da bei dem Unfallereignis eine Zugbelastung der Rotatorenmanschette auch nicht in einem geringen Umfang gegeben war - das Unfallereignis ist vom Kläger immer so geschildert worden, dass eine direkte Kontusion bzw. Prellung des Schultergelenkes eintrat, von einer Zugbelastung ist im gesamten Akteninhalt nie die Rede gewesen - konnte sich das Gericht nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass in dem Unfallereignis auch eine rechtlich wesentliche Ursache für die Ruptur der Rotatorenmanschette liegt.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der einzelne Versicherte in seinem u.a. durch die Schadensanlage geprägten Gesundheitszustand grundsätzlich geschützt ist. Jedoch ist vorliegend angesichts dessen, dass bei dem Unfallereignis die Rotatorenmanschette keinen für sie besonderen Belastungen ausgesetzt war, davon auszugehen, dass die Schadensanlage so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es nur noch eines geringfügigen Anstoßes durch beliebig austauschbare Belastungen bedürfte, um den konkreten und vorliegenden Gesundheitsschaden auszulösen (vgl. hierzu Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in: SGb 8/97, Seite 355, 359). Gestützt wird dieses Ergebnis dadurch, dass auch die Rotatorenmanschette des rechten Schultergelenkes des Klägers degenerativ verändert war, wie sich bereits aus dem MRT vom 14.04.1997 ergibt.

Da somit Folge des Arbeitsunfalles vom 11.03.1997 nicht die Rotatorenmanschettenruptur im linken Schultergelenk, sondern - bezüglich des linken Schultergelenkes - lediglich eine Prellung der Schulter war, die in aller Regel nach 3 bis 4 Wochen folgenlos ausheilt und bezüglich derer die Akten auch keine entgegenstehenden Hinweise enthalten, kam auch die Gewährung einer Verletztenrente, die eine MdE von mindestens 20 v.H. voraussetzt, nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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