L 2 U 120/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 351/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 120/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 12.07.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für die Medikamente Dobica, Aescusan und Vitamin-B-Komplex.

Der am ... geborene Kläger erlitt am 03.02.1989 auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall, der ausweislich der Unfallmeldung des Betriebes vom 09.02.1989 eine komplizierte Unterschenkelfraktur links und Schnittwunden am Kopf zur Folge hatte. Er wurde im Kreiskrankenhaus C ... erstversorgt.

In einem ärztlichen Gutachten vom 10.01.1990 wird ausgeführt, dass der Kläger bei dem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades mit Impressionsfraktur des Sinus frontalis und ausgedehnten Gesichtsplatzwunden und eine offene Unterschenkelfraktur links erlitten habe. Der Grad des Körperschadens betrage 25 v. H. Dem Kläger wurde in der Folge eine Verletztenrente nach einem Grad des Körperschadens in dieser Höhe gewährt.

In einem von Dr. H ..., Leitender Arzt der Chrirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses C ..., erstellten Befundbericht vom 06.05.1991 wird ausgeführt, dass weder die Röntgenaufnahme des Schädels vom 03.02.1989 noch der HNO-Bericht einen Anhalt für eine Fraktur ergeben hätten. Der Heilverlauf aller Verletzungen sei komplikationslos gewesen.

Am 02.10.1994 erstellte Dr. M ... für die Beklagte ein sog. Zweites Rentengutachten. In diesem wird beschrieben, dass der Kläger u. a. über Taubheit über der linken Stirnhälfte und ein Spannungsgefühl im Gesicht geklagt habe. Das linke Bein schwelle tagsüber an. Es habe sich ein geringes Knöchelödem gefunden; das Schädel-Hirn-Trauma I. Grades habe keine Folgen hinterlassen. Die arteriellen Pulse seien beidseits gut tastbar. Es finde sich eine Bewegungseinschränkung mit Muskelmassenminderung am linken Bein. Ärztliche Maßnahmen seien nicht erforderlich.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dipl. Med. W ... diagnostizierte in ärztlichen Unfallmeldungen vom 03.08.1995, 06.02.1996, 18.11.1996 und 15.09.1997 einen Zustand nach Unterschenkelfraktur links und eine posttraumatische Durchblutungsstörung. Zunächst Herr W ... und später Frau Dipl. Med. L ... verordneten dem Kläger laufend Dobica, Aescusan und Vitamin-B-Komplex.

Mit Schreiben vom 10.05.1999 holte die Beklagte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. F ... bezüglich der Verordnung der Medikamente ein. Ihrer Anfrage legte sie eine Beschreibung dieser Medikamente bei, aus der sich ergibt, dass das Medikament Dobica bei Gefäßschäden mit erhöhter Kapillarbrüchigkeit und -durchlässigkeit und venöser Insuffizienz Anwendung findet. Aescusan diene der Förderung der Durchblutung der Haut bei venösen, gemischt arteriell-venösen Durchblutungsstörungen und Gefäßschäden und werde zudem bei mit funktionellen Durchblutungsstörungen einhergehenden Affektionen des Bewegungsapparates, der Muskulatur und der Weichteile angewandt; Vitamin-B-Komplex werde verschrieben bei Vitamin-B-Mangelzuständen, die diätetisch nicht behoben werden könnten.

Da nach Ansicht des Beratungsarztes die kontinuierliche Verordnung der Medikamente wegen der angegebenen Unfallfolgen nicht gerechtfertigt war, wurden die Kosten für die streitgegenständlichen Medikamente ab August 1999 nicht mehr übernommen.

Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, er benötige die Medikamente dringend, finde jedoch keinen Hausarzt, wurde Dr. H ..., Durchgangsarzt und Leiter des Bereichs Unfallchirurgie der P ...klinik, von der Beklagten gebeten, festzustellen, ob die Verordnung der Medikamente aufgrund der Unfallfolgen gerechtfertigt sei. Ggf. solle er die Medikamente verschreiben.

Mit Schreiben vom 26.08.1999 führte Dr. H ... aus, die zur Diskussion stehenden Medikamente seien als Dauermedikation im vorliegenden Fall nicht erforderlich und sollten nicht verordnet werden. Befunde, die auf eine chronisch-venöse Insuffizienz hindeuteten, seien nicht zu finden. Deshalb bestehe für Dobica und Aescusan keine Indikation in Verbindung mit den Folgen des Unfalles vom 03.02.1989. Vitamin-B-Komplex, der für Zustände mit verminderter Nahrungsaufnahme oder Stoffwechselstörungen empfohlen werde, sei in Verbindung mit den erlittenen Unfallfolgen nicht indiziert.

Mit Bescheid vom 21.10.1999 wurde daraufhin die Kostenübernahme für die Medikamente Vitamin-B-Komplex, Aescusan und Dobica abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.1999 zurückgewiesen.

Am 07.12.1999 hat der Kläger hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben und zur Begründung insbesondere ausgeführt, er benötige die Medikamente dringend, da er wegen der Folgen des Unfalles vom 03.02.1989 unter Durchblutungsstörungen des linken Beines und des Kopfes leide.

Das SG hat zur Aufklärung des Sachverhaltes in medizinischer Hinsicht zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt und des Weiteren eine angiologische Untersuchung bei Dr. K ... veranlasst. Dieser gab nach einer Untersuchung des Klägers am 14.12.2000 an, dass der Kläger u. a. über Schmerzen und Spannungsgefühl im linken Fuß geklagt habe, ferner über Kribbeln und Taubheitsgefühl im gesamten linken Bein und über Dysästhesien im Gesichtsbereich, verbunden mit Wetterfühligkeit. Anlässlich der angiologischen Diagnostik habe sich ein regelrechter venöser Ausstrom sowie ein ebenfalls regelrechter arterieller Einstrom ohne Anhalt für postthrombotische Veränderungen gefunden. Die Darstellung einer proximalen Leitveneninsuffizienz bds. sei nicht in Zusammenhang mit dem Unfallereignis zu sehen. Insgesamt liege ein suffizientes arterielles Stromgebiet in den unteren Extremitäten vor. Die fortbestehende Schwellung des linken Unterschenkels und das Spannungsgefühl unter Belastung seien als arthrogenes Stauungssyndrom auf Grund der eingeschränkten Gelenkbeweglichkeit der Beine zu deuten.

Ferner hat das SG ein Gutachten nach Aktenlage auf internistischem Fachgebiet in Auftrag gegeben. Der Gutachter Dr. F ... hat im Gutachten vom 01.03.2001 u. a. ausgeführt, dass eine Nachfrage bei Dr. K ... über Therapiemöglichkeiten bezüglich der Schwellung und des Spannungsgefühles im linken Bein ergeben habe, dass diese nicht durch eine medikamentöse Behandlung zu beeinflussen seien. Vielmehr seien als Behandlung lediglich Physiotherapie, Lymphdrainage und Verordnung eines Kompressionsstrumpfes sinnvoll. Eine unfallbedingte Venenerkrankung liege nicht vor. Die Verordnung der streitgegenständlichen Medikamente sei nach sämtlichen Vorbefunden nicht zu begründen.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, zur Überzeugung des Gerichtes stehe aufgrund der eingeholten medizinischen Unterlagen fest, dass der Kläger aufgrund der noch bestehenden Unfallfolgen der Einnahme der streitgegenständlichen Medikamente nicht bedürfe.

Gegen den ihm mit Einschreiben vom 22.08.2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.09.2001 Berufung eingelegt und zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass er seiner Meinung nach die Medikamente wegen der noch bestehenden Unfallfolgen im Kopfbereich und im linken Bein benötige.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 12.07.2001 und den Bescheid vom 21.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Medikamente Dobica, Aescusan und Vitamin-B-Komplex zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach ist der geltend gemachte Anspruch nicht begründet.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 2. hat darauf hingewiesen, dass bei dem vom Gutachter festgestellten unfallunabhängigen Befund die Verordnung der streitgegenständlichen Medikamente auch wegen unfallunabhängiger Gesundheitsstörungen nicht erfolgen dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtmäßig, der Kläger ist durch sie nicht in seinen Rechten verletzt.

Die streitentscheidenden Normen hat das SG zutreffend genannt; hierauf wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten für die Medikamente Dobica, Aescusan und Vitamin-B-Komplex zu erstatten, da er diese Medikamente jedenfalls wegen Folgen des Unfalles vom 03.02.1989 nicht benötigt:

Aus den vorhandenen ärztlichen Unterlagen und Gutachten ergibt sich, dass der Kläger nicht an Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten leidet, die auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Schon Dr. H ... konnte ausweislich seines Schreibens vom 26.08.1999 keine Befunde, die auf eine chronisch-venöse Insuffizienz der Beine hindeuten könnten, feststellen. Der Angiologie Dr. K ... hat ein suffizientes arterielles Stromgebiet in den unteren Extremitäten ermittelt und darauf hingewiesen, dass die fortbestehende Schwellung des linken Unterschenkels und das Spannungsgefühl unter Belastung, die als arthrogenes Stauungssyndrom auf Grund der eingeschränkten Gelenkbeweglichkeit der Beine zu deuten seien, sinnnvollerweise mit Physiotherapie, Lymphdrainage und durch Tragen eines Kompressionsstrumpfes zu behandeln seien. Dr. F ... hat sich dem angeschlossen. Hinweise auf eine unfallbedingte Vitamin-B-Mangelversorgung finden sich in den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. Soweit die den Kläger behandelnden Ärzte dennoch die streitgegenständlichen Medikamente verschrieben haben, ist dies offensichtlich erfolgt, ohne dass zuvor eine entsprechende Diagnostik durchgeführt worden ist.

Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers, dass er die Medikamente wegen unfallbedingter Durchblutungsstörungen im Schädelbereich benötige, ergibt sich nichts anderes, da sich für das Vorhandensein von Durchblutungsstörungen im Kopfbereich in den Akten keine Anhaltspunkte finden. Es ist davon auszugehen, dass die bei dem Unfall am 03.02.1989 dort erlittenen Verletzungen bis auf Sensibilitätsstörungen ausgeheilt sind. Zur Besserung der Sensibilitätsstörungen im Stirnbereich können die vom Kläger begehrten Medikamente jedoch nicht beitragen.

Angesichts der schlüssigen, übereinstimmenden und nachvollziehbaren Angaben der im Verfahren gehörten Gutachter, denen sich der Senat anschließt, besteht deshalb keine Möglichkeit, die Beklagte zur Übernahme der Kosten der vom Kläger begehrten Medikamente zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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