Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 186/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 141/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15.08.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob es sich bei den Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Hand und des rechten Unterarmes um entschädigungspflichtige Berufskrankheiten handelt.
Der am ... geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1958 bis Februar 1960 eine Maschinenschlosser-Lehre und war danach bis Dezember 1961 als Elektroschweißer tätig. Nach einer Zeit des Wehrdienstes arbeitete er von Februar 1962 bis 1976 als Kaftfahrer und danach als Kraftfahrzeugschlosser. Vom 26.11.1993 bis 22.11.1996 war er insbesondere wegen Beschwerden im Bereich der rechten Hand und des rechten Unterarmes arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23.11.1996 bis 05.05.1998 arbeitete er als Kraftfahrer, ab 06.05.1998 war er wegen eines Herzinfarktes arbeitsunfähig erkrankt.
Am 25.11.1993 hatte der Kläger beim Richten einer Runge plötzlich heftige und stechende Schmerzen im rechten Handgelenk verspürt. Die Fachärztin für Chirurgie Dr. L ..., die er am nächsten Tag aufsuchte, diagnostizierte eine Distorsion des rechten Handgelenkes. Wegen nicht nachlassender Beschwerden konsultierte der Kläger am 18.01.1994 den Orthopäden Dipl. Med. D ..., der eine ausgeprägte Synovitis im Handgelenksbereich feststellte. In der Orthopädischen Klinik H ..., die der Kläger zur weitergehenden Diagnostik aufsuchte, wurde ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom festgestellt, das am 06.05.1994 operativ behandelt wurde. Nach der Operation traten sensible Störungen im Bereich des Nervus ulnaris auf, wegen derer im August 1995 eine Arthroskopie des rechten Handgelenkes durchgeführt wurde, ohne dass hiernach Beschwerdefreiheit eintrat. Am 22.05.1996 wurde eine Arthrose im Gelenk im Dreiecksbein und Erbsenbein festgestellt und das Erbsenbein entfernt. Nach einer weiteren Denervations-Operation am rechen distalen Unterarm im September 1997 im Kreiskrankenhaus Z ... trat eine Besserung der Beschwerden ein.
Wegen des Ereignisses vom 25.11.1993 wurde von der Beklagten ein Feststellungsverfahren bezüglich der Feststellung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalles durchgeführt. Nach Einholung eines fachchirurgischen Gutachtens, das von Privatdozent Dr. med. St ... nach einer Untersuchung am 08.08.1995 erstellt worden war, wurde mit Bescheid vom 27.11.1995 und Widerspruchsbescheid vom 22.10.1996 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aufgrund des Ereignisses vom 25.11.1993 abgelehnt. Nachdem der Kläger hiergegen unter dem Az. S 5 U 383/96 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben hatte, erstellte Privatdozent Dr. P ..., Krankenhaus D ..., auf Veranlassung des SG am 23.06.1997 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass das Ereignis vom 25.11.1993 nicht geeignet gewesen sei, das später vorgefundene Karpaltunnelsyndrom und die Arthrose im Handgelenk auch nur vorübergehend zu verschlimmern. Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde mit Gerichtsbescheid vom 07.10.1997 die Klage abgewiesen. Berufung wurde nicht eingelegt.
Ebenfalls im Oktober 1997 leitete die Beklagte ein weiteres Feststellungsverfahren ein, in dem geprüft wurde, ob es sich bei den Beschwerden des Klägers im Bereich des rechten Unterarmes bzw. des rechten Handgelenkes um eine BK nach der Nr. 2101 bzw. Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) handele. Sie ermittelte zunächst in medizinischer Hinsicht und zog u. a. das im Verfahren S 5 U 383/96 erstellte Gutachten bei.
In diesem Gutachten vom 23.06.1997 hatte Dr. P ... festgestellt, dass die Auswärtsdrehung und die Handgelenksbeweglichkeit rechts eingeschränkt seien. Weitere krankhafte Befunde wurden nicht erhoben. Der Faustschluss war normal, Sensibilitätsstörungen ließen sich nicht objektivieren. Ferner führte Dr. P ... aus, es habe sich bei der Tätigkeit, die der Kläger ausgeführt habe, als die Schmerzen im Handgelenksbereich eintraten, um eine Tätigkeit gehandelt, die der Kläger jahrelang ausgeführt habe und die als gewohnte schwere körperliche Arbeit einzuschätzen sei. Dass es beim Schlagen auf Metallteile zu Rückstoßerschütterungen komme, sei verständlich. Dabei seien Prellungen denkbar, die sich aus einem vorübergehenden lockeren Festhalten des Setzeisens erklären ließen. Derartige Verprellungen könnten heftige Schmerzen verursachen, hinterließen aber keine strukturellen Veränderungen an Knochen, Gelenken oder Weichteilstrukturen. Objektiv nachweisbar sei in der Folgezeit ein Karpaltunnelsyndrom gewesen, bedingt durch die sonografisch gefundene erhebliche Synovitis in diesem Bereich. Diese sei jedoch nicht als Folge einer einmaligen unfallähnlichen Krafteinwirkung zu erklären, sondern in der Regel die Folge einer chronischen Überbeanspruchung und somit Ausdruck eines sogenannten Überlastungsschadens. Ein Karpaltunnelsyndrom enstehe in der Regel durch chronische spezifische oder unspezifische Entzündungen im Bereich der Sehnenscheiden oder posttraumatisch nach Radiusfrakturen. Die noch später aufgetretenen Sensibilitätsstörungen im Ulnarisbereich ließen sich mit dem Unfallereignis in keinen kausalen Zusammenhang bringen.
Der Technische A ... ( ...) der Beklagten führte im Schreiben vom 24.09.1998 aus, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme ener gefährdenden Belastung der Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht gegeben seien. Sowohl das Führen von Lkw ohne Servolenkung und mit mechanischem Schaltgetriebe als auchd die manuelle handwerkliche Tätigkeit in der Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt seien nicht geeignet, einseitige und langandauernde mechanische Beanspruchungen der oberen Extremitäten zu bewirken.
Der Gewerbearzt Dr. N ... gab in einer gewerbeärztlichen Kurzstellungnahme hinsichtlich der BK Nr. 2101 an, dass kein begründeter BK-Verdacht bestehe, da lt ... keine ausreichende Exposition gegeben sei. Bezüglich einer BK Nr. 2106 bestehe ebenfalls kein begründeter Verdacht. Kraftaufwendige Beuge-, Streck- und Greifbewegungen der Hand, ggf. auch mit Druck auf den Bereich des Karpaltunnels kämen bei Kfz-Schlossern gelegentlich, jedoch im allgemeinen nicht häufig bzw. in schneller zeitlicher Folge vor. Eine BK-relevante Exposition werde deshalb nicht angenommen.
Mit Bescheid vom 07.01.1999 wurde daraufhin das Vorliegen einer BK 2101 bzw. 2106 der Anlage zur BKV verneint. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19.05.1999 zurückgewiesen. Am 21.06.1999 hat der Kläger Klage vor dem SG erhoben. Im Rahmen seiner Ermittlungen hat das SG zunächst eine Stellungnahme des ... bezüglich des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK Nr. 2106 eingeholt.
In der Stellungnahme vom 06.09.1999 hat der ... ausgeführt, dass Voraussetzung für das Vorliegen einer Drucklähmung der Nerven ein von außen kommender anhaltender oder wiederholt auftretender Druck sei. Auch ständig gleichartige Körperbewegungen könnten infolge von Überdehnung Drucklähmungen von Nerven hervorrufen. Annahmekriterien seien für den Bereich der oberen Extremitäten das Arbeiten mit Aufstützen der Ellenbogen oder Druck von Werkzeugen o. ä. gegen die Hohlhand durch Melken, Gravieren, Glasschneiden, Zuschneiden u. ä. Durch Schlagen mit dem Fäustel und Gegenhalten mit dem Setzeisen werde Blech getrieben. Diese Arbeit werde im Wesentlichen bei Karosserierepaturen an Kraftfahrzeugen ausgeführt. Beim leichten repetitiven Schlagen mit Bewegung des Handgelenks entstünden durch den Aufprall des Hammers Druckkräfte, die über den Griff auf die Innenhand im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger auf den umklammernden Ringfinger und den kleinen Finger übertragen würden. Der Kläger habe angegeben, dass er die Arbeit mit Fäustel und Setzeisen seit 20 Jahren ausführe, wobei ähnliche Anstrengungen wie am 25.1.1993 durchaus alltäglich gewesen seien. Zusammenfassend werde festgestellt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der BK Nr. 2106 gegeben gewesen seien.
Ferner hat das SG nach Einholung von Befundberichten Prof. Dr. D ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 03.05.2000 hat Prof. Dr. D ... nach einer Untersuchung am 02.05.2000 folgende Diagnosen gestellt:
1. Elektroneurologisch nachgewiesenes rezidivierendes Karpal tunnelsyndrom beiderseits bei Arthrose im Bereich beider Handgelenke.
2. Elektroneurologisch nachgewiesenes Sulcus nervi ulnaris-Syn drom beiderseits bei röntgenologisch nachgewiesener leichter humero-ulnarer Arthrose beiderseits.
3. Zervikales vertebragenes lokales bis pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei leichten polysegmentalen degenerativen Veränderungen an der HWS.
Des Weiteren hat der Gutachter insbesondere ausgeführt, dass krankhafte Befunde im Sinne einer Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze an der oberen Extremität nicht vorlägen. Krankhafte Befunde im Sinne einer BK Nr. 2106 lägen formal als Karpaltunnelsyndrom und als Sulcus ulnaris-Syndrom beiderseits vor. Jedoch sei das Sulcus ulnaris-Syndrom erstmals elektroneurologisch in Form leichter sensibler Störungen im Ulnarisbereich am 31.08.1994, also über neun Monate nach dem Ende der beruflichen Exposition aufgetreten. Auch das Karpaltunnelyndrom habe nicht am Anfang der Symptomatik gestanden. Vielmehr seien die inititalen Symptome deutliche Hinweiszeichen für eine Synovialitis, wie sie bei einem degenerativen Prozess im Handwurzelbereich wie auch an anderen Gelenken typisch seien. Noch am 08.02.1994 hätten nur diskrete Veränderungen im Sinne eines Kompressionssyndroms des Nervus medianus rechts gefunden werden können. Dass es Jahre später und somit Jahre nach dem Ende der haftungsbegründenden beruflichen Exposition dann auch linksseitig zur Ausbildung eines Karpaltunnelsyndroms gekommen sei, spreche eindeutig gegen einen Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und Karpaltunnelsyndrom. Die Arthroskopie des rechten Handgelenkes am 01.09.1995 habe eine leichte Arthrose im radialen Abschnitt des rechten Handgelenkes gezeigt. Diese sei geeignet, eine Synovialitis, wie sie zuvor bereits sonographisch belegt worden sei, hervorzurufen. Die zwischenzeitlich auch röntgenologisch eindeutig belegte Arthrose in beiden Handgelenken sei mithin Ausdruck des progeredienten degenerativen Prozesses an den Handgelenken beiderseits.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zum einen eine berufsbedingte Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze mit der Folge einer erzwungenen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als KFZ-Schlosser nicht nachgewiesen werden und somit eine BK Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht vorliegen könne. Auch eine BK Nr. 2106 lasse sich nicht feststellen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und seiner beruflichen Tätigkeit als KFZ-Schlosser nicht festgestellt werden könne.
Gegen den ihm mit Einschreiben vom 11.09.2000 zugestellte Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.10.2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat er ausgeführt, seines Erachtens müsse gerichtlich geklärt werden, ob er am 25.11.1993 einen Unfall erlitten habe oder ob seine Erkrankung eine Berufskrankheit darstelle. Beides solle es nicht sein. Es seien beide Verfahren zu überprüfen. Denn es könne nicht sein, dass alles so formuliert sei, dass beide Verfahren zu seinen Ungunsten ausgingen. Des Weiteren begehre er Schmerzensgeld und Verdienstausfall seit dem Unfallereignis vom 25.11.1993. Mit gerichtlichem Schreiben vom 27.11.2000 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass streitgegenständlich nur das Verfahren bezüglich des Vorliegens einer Berufskrankheit sei. Eine Reaktion hierauf ist nicht erfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 15.08.2000 und den Bescheid vom 07.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.1999 aufzuheben und das Vorliegen einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach ist der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 04.09.2001 bzw. 03.09.2001 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür erforderliche Einverständnis vorliegt.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind zu Recht ergangen; der Kläger ist hierdurch nicht beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung der Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Unterarmes und rechten Handgelenkes als Berufskrankheit. Die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sind nicht erfüllt.
Der Anspruch richtet sich, wie bereits das SG zu Recht ausgeführt hat, noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall nur vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) eingetreten sein kann (Art. 36 des Unfallversicherungseinordnungsgesetzes, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -).
Eingetreten ist der Versicherungsfall Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Gefährdungen realisiert haben, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll, damit zu dem Zeitpunkt des Eintritts jedes Gesundheitsschadens, der die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Berufskrankheit erfüllt (Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand 22.11.2001, E § 9 SGB VII Rn. 42, S. 97 m. w. N.). Diese sind gegeben, wenn die schädigende Einwirkung einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand verursacht hat, der die Krankheitsmerkmale eines Berufskrankheitentatbestandes erfüllt und wenn ggf. erforderliche besondere Merkmale, insbesondere die Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten, vorliegen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 31.01.2001, § 9 SGB VII Rn. 7). Da vorliegend als gefährdende Tätigkeit nur die Tätigkeit des Kfz-Schlossers in Betracht kommt und da der Kläger nach 1993 in diesem Beruf nicht mehr gearbeitet hat, kann der Versicherungsfall nur vor 1997 eingetreten sein.
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet - die BKV nebst Anlage - und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO benannten Tätigkeiten erleidet. In Betracht kommen vorliegend die BKen Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur BKV.
Nach der Nr. 2101 der Anlage zur BKV sind Berufskrankheiten Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder des Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Der Kläger leidet jedoch nicht an einer derartigen Erkrankung, so dass eine BK Nr. 2101 schon aus diesem Grunde nicht bejaht werden kann. Insbesondere hat Prof. Dr. D ... in seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten vom 03.05.2000, dem sich das Gericht anschließt, dargelegt, dass der Kläger (bezüglich der oberen Extremitäten) lediglich an einem Karpaltunnelsyndrom beidseits bei Arthrose im Bereich beider Handgelenke und einem einem Sulcus nervi ulnaris-Syndrom beidseits bei leichter humero-ulnarer Arthrose beidseits leidet. Diese Erkrankungen erfüllen jedoch nicht den Tatbestand der BK Nr. 2101.
Nach der Nr. 2106 der Anlage zur BKV liegt eine Berufskrankheit bei einer (beruflich verursachten) Druckschädigung der Nerven vor. Eine Druckschädigung eines Nervs im Sinne dieser BK setzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Als Gefahrenquellen kommen sich ständig wiederholende, gleichartige Körperbewegungen im Sinne von z. B. mechanischen Überbelastungen oder Andrücken eines Werkzeuges vor (Mehrtens/Perlebach, aaO., M 2106, S. 1 f.). Ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Kfz-Schlosser entsprechende Tätigkeiten ausführte, (vgl. die Ausführungen des ... der Beklagten im Schreiben vom 06.09.2001, wonach der Kläger Arbeiten wie Blech treiben mit Fäustel und Setzeisen häufig ausführte), kann jedoch letztlich offen bleiben, da jedenfalls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass die Erkrankungen des Klägers im Bereich der rechten oberen Extremität auf seine berufliche Tätigkeit als Kfz-Schlosser zurückzuführen sind.
Zwar liegen beim Kläger Nervenschädigungen vor (Karpaltunnelsydrom und Sulcus nervi ulnaris-Syndrom). Jedoch hat die berufliche Tätigkeit des Klägers diese Erkrankungen nicht rechtlich wesentlich verursacht.
Eine Berufskrankheit ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die beruflichen Belastungen in rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen der Erkrankung beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht identisch mit den Beschreibungen "überwiegend", "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine "nicht annähernd gleichwertige" sondern rechnerisch (prozentual), also verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist vielmehr nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers das Karpaltunnelsyndrom und das Sulcus nervi ulnaris-Syndrom rechtlich wesentlich verursacht hat. Hiergegen spricht insbesondere der fehlende zeitliche Zusammenhang: Das Karpaltunnelsyndrom wurde erstmals ca. sieben Wochen nach dem Ereignis vom 25.11.1993, anlässlich dessen die Beschwerden erstmals auftraten, diagnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Karpaltunnelsyndrom jedoch in einem nur geringen Umfang und wurde lediglich anlässlich der Untersuchung des Klägers bezüglich der Folgen des Ereignisses vom 25.11.1993 festgestellt; die damaligen Beschwerden des Klägers können, wie sich sowohl aus dem im Verfahren SG Dresden, S 5 U 383/96 am 23.06.1997 erstellten Gutachten von Privatdozent Dr. P ... und dem Gutachten von Prof. Dr. D ... vom 03.05.2000 ergibt, nicht auf das Karpaltunnelsyndrom zurückgeführt werden. Dass sich in der Folgezeit auch linksseitig ein Karpaltunnelsyndrom entwickelte, weist ebenfalls auf den fehlenden Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und Karpaltunnelsyndrom hin.
Auch die Nervenschädigung in Form des Sulcus nervi ulnaris-Syndrom kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden. Zum einen wurde es erstmals erst im August 1994 diagnostiziert, zum anderen ist auch diese Schädigung beidseits aufgetreten.
Im Übrigen geht der Kläger fehl in der Annahme, dass seine Beschwerden entweder auf einem Arbeitsunfall beruhen oder den Tatbestand einer Berufskrankheit erfüllen müssten. Berufskrankheiten können, wie bereits dargelegt, nur die in der Anlage zur BKV aufgeführten Erkrankungen sein. Andere Erkrankungen, auch wenn sie berufsbedingt sind, können in der Regel nicht als Berufskrankheiten anerkannt werden. Darüber hinaus können auch nicht alle Gesundheitsstörungen, die bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit (in Form eines Unfalles) eintreten, als Arbeitsunfälle entschädigt werden. Auch insoweit ist Voraussetzung, dass die berufliche Tätigkeit die Schädigung rechtlich wesentlich verursacht hat. Einem "Vergleich" der Entscheidungen des SG im Verfahren S 5 U 383/96 und im Verfahren S 5 U 186/99 stand zudem die Rechtskraft des im Verfahren S 5 U 383/96 am 07.10.1997 ergangenen Gerichtsbescheides entgegen. Darüber hinaus existieren keine Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer im sozialgerichtlichen Verfahren Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen erlittener Arbeitsunfälle beansprucht werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob es sich bei den Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der rechten Hand und des rechten Unterarmes um entschädigungspflichtige Berufskrankheiten handelt.
Der am ... geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1958 bis Februar 1960 eine Maschinenschlosser-Lehre und war danach bis Dezember 1961 als Elektroschweißer tätig. Nach einer Zeit des Wehrdienstes arbeitete er von Februar 1962 bis 1976 als Kaftfahrer und danach als Kraftfahrzeugschlosser. Vom 26.11.1993 bis 22.11.1996 war er insbesondere wegen Beschwerden im Bereich der rechten Hand und des rechten Unterarmes arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23.11.1996 bis 05.05.1998 arbeitete er als Kraftfahrer, ab 06.05.1998 war er wegen eines Herzinfarktes arbeitsunfähig erkrankt.
Am 25.11.1993 hatte der Kläger beim Richten einer Runge plötzlich heftige und stechende Schmerzen im rechten Handgelenk verspürt. Die Fachärztin für Chirurgie Dr. L ..., die er am nächsten Tag aufsuchte, diagnostizierte eine Distorsion des rechten Handgelenkes. Wegen nicht nachlassender Beschwerden konsultierte der Kläger am 18.01.1994 den Orthopäden Dipl. Med. D ..., der eine ausgeprägte Synovitis im Handgelenksbereich feststellte. In der Orthopädischen Klinik H ..., die der Kläger zur weitergehenden Diagnostik aufsuchte, wurde ein beginnendes Karpaltunnelsyndrom festgestellt, das am 06.05.1994 operativ behandelt wurde. Nach der Operation traten sensible Störungen im Bereich des Nervus ulnaris auf, wegen derer im August 1995 eine Arthroskopie des rechten Handgelenkes durchgeführt wurde, ohne dass hiernach Beschwerdefreiheit eintrat. Am 22.05.1996 wurde eine Arthrose im Gelenk im Dreiecksbein und Erbsenbein festgestellt und das Erbsenbein entfernt. Nach einer weiteren Denervations-Operation am rechen distalen Unterarm im September 1997 im Kreiskrankenhaus Z ... trat eine Besserung der Beschwerden ein.
Wegen des Ereignisses vom 25.11.1993 wurde von der Beklagten ein Feststellungsverfahren bezüglich der Feststellung eines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalles durchgeführt. Nach Einholung eines fachchirurgischen Gutachtens, das von Privatdozent Dr. med. St ... nach einer Untersuchung am 08.08.1995 erstellt worden war, wurde mit Bescheid vom 27.11.1995 und Widerspruchsbescheid vom 22.10.1996 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aufgrund des Ereignisses vom 25.11.1993 abgelehnt. Nachdem der Kläger hiergegen unter dem Az. S 5 U 383/96 Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben hatte, erstellte Privatdozent Dr. P ..., Krankenhaus D ..., auf Veranlassung des SG am 23.06.1997 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass das Ereignis vom 25.11.1993 nicht geeignet gewesen sei, das später vorgefundene Karpaltunnelsyndrom und die Arthrose im Handgelenk auch nur vorübergehend zu verschlimmern. Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde mit Gerichtsbescheid vom 07.10.1997 die Klage abgewiesen. Berufung wurde nicht eingelegt.
Ebenfalls im Oktober 1997 leitete die Beklagte ein weiteres Feststellungsverfahren ein, in dem geprüft wurde, ob es sich bei den Beschwerden des Klägers im Bereich des rechten Unterarmes bzw. des rechten Handgelenkes um eine BK nach der Nr. 2101 bzw. Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) handele. Sie ermittelte zunächst in medizinischer Hinsicht und zog u. a. das im Verfahren S 5 U 383/96 erstellte Gutachten bei.
In diesem Gutachten vom 23.06.1997 hatte Dr. P ... festgestellt, dass die Auswärtsdrehung und die Handgelenksbeweglichkeit rechts eingeschränkt seien. Weitere krankhafte Befunde wurden nicht erhoben. Der Faustschluss war normal, Sensibilitätsstörungen ließen sich nicht objektivieren. Ferner führte Dr. P ... aus, es habe sich bei der Tätigkeit, die der Kläger ausgeführt habe, als die Schmerzen im Handgelenksbereich eintraten, um eine Tätigkeit gehandelt, die der Kläger jahrelang ausgeführt habe und die als gewohnte schwere körperliche Arbeit einzuschätzen sei. Dass es beim Schlagen auf Metallteile zu Rückstoßerschütterungen komme, sei verständlich. Dabei seien Prellungen denkbar, die sich aus einem vorübergehenden lockeren Festhalten des Setzeisens erklären ließen. Derartige Verprellungen könnten heftige Schmerzen verursachen, hinterließen aber keine strukturellen Veränderungen an Knochen, Gelenken oder Weichteilstrukturen. Objektiv nachweisbar sei in der Folgezeit ein Karpaltunnelsyndrom gewesen, bedingt durch die sonografisch gefundene erhebliche Synovitis in diesem Bereich. Diese sei jedoch nicht als Folge einer einmaligen unfallähnlichen Krafteinwirkung zu erklären, sondern in der Regel die Folge einer chronischen Überbeanspruchung und somit Ausdruck eines sogenannten Überlastungsschadens. Ein Karpaltunnelsyndrom enstehe in der Regel durch chronische spezifische oder unspezifische Entzündungen im Bereich der Sehnenscheiden oder posttraumatisch nach Radiusfrakturen. Die noch später aufgetretenen Sensibilitätsstörungen im Ulnarisbereich ließen sich mit dem Unfallereignis in keinen kausalen Zusammenhang bringen.
Der Technische A ... ( ...) der Beklagten führte im Schreiben vom 24.09.1998 aus, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme ener gefährdenden Belastung der Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht gegeben seien. Sowohl das Führen von Lkw ohne Servolenkung und mit mechanischem Schaltgetriebe als auchd die manuelle handwerkliche Tätigkeit in der Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt seien nicht geeignet, einseitige und langandauernde mechanische Beanspruchungen der oberen Extremitäten zu bewirken.
Der Gewerbearzt Dr. N ... gab in einer gewerbeärztlichen Kurzstellungnahme hinsichtlich der BK Nr. 2101 an, dass kein begründeter BK-Verdacht bestehe, da lt ... keine ausreichende Exposition gegeben sei. Bezüglich einer BK Nr. 2106 bestehe ebenfalls kein begründeter Verdacht. Kraftaufwendige Beuge-, Streck- und Greifbewegungen der Hand, ggf. auch mit Druck auf den Bereich des Karpaltunnels kämen bei Kfz-Schlossern gelegentlich, jedoch im allgemeinen nicht häufig bzw. in schneller zeitlicher Folge vor. Eine BK-relevante Exposition werde deshalb nicht angenommen.
Mit Bescheid vom 07.01.1999 wurde daraufhin das Vorliegen einer BK 2101 bzw. 2106 der Anlage zur BKV verneint. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19.05.1999 zurückgewiesen. Am 21.06.1999 hat der Kläger Klage vor dem SG erhoben. Im Rahmen seiner Ermittlungen hat das SG zunächst eine Stellungnahme des ... bezüglich des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK Nr. 2106 eingeholt.
In der Stellungnahme vom 06.09.1999 hat der ... ausgeführt, dass Voraussetzung für das Vorliegen einer Drucklähmung der Nerven ein von außen kommender anhaltender oder wiederholt auftretender Druck sei. Auch ständig gleichartige Körperbewegungen könnten infolge von Überdehnung Drucklähmungen von Nerven hervorrufen. Annahmekriterien seien für den Bereich der oberen Extremitäten das Arbeiten mit Aufstützen der Ellenbogen oder Druck von Werkzeugen o. ä. gegen die Hohlhand durch Melken, Gravieren, Glasschneiden, Zuschneiden u. ä. Durch Schlagen mit dem Fäustel und Gegenhalten mit dem Setzeisen werde Blech getrieben. Diese Arbeit werde im Wesentlichen bei Karosserierepaturen an Kraftfahrzeugen ausgeführt. Beim leichten repetitiven Schlagen mit Bewegung des Handgelenks entstünden durch den Aufprall des Hammers Druckkräfte, die über den Griff auf die Innenhand im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger auf den umklammernden Ringfinger und den kleinen Finger übertragen würden. Der Kläger habe angegeben, dass er die Arbeit mit Fäustel und Setzeisen seit 20 Jahren ausführe, wobei ähnliche Anstrengungen wie am 25.1.1993 durchaus alltäglich gewesen seien. Zusammenfassend werde festgestellt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung im Sinne der BK Nr. 2106 gegeben gewesen seien.
Ferner hat das SG nach Einholung von Befundberichten Prof. Dr. D ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 03.05.2000 hat Prof. Dr. D ... nach einer Untersuchung am 02.05.2000 folgende Diagnosen gestellt:
1. Elektroneurologisch nachgewiesenes rezidivierendes Karpal tunnelsyndrom beiderseits bei Arthrose im Bereich beider Handgelenke.
2. Elektroneurologisch nachgewiesenes Sulcus nervi ulnaris-Syn drom beiderseits bei röntgenologisch nachgewiesener leichter humero-ulnarer Arthrose beiderseits.
3. Zervikales vertebragenes lokales bis pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei leichten polysegmentalen degenerativen Veränderungen an der HWS.
Des Weiteren hat der Gutachter insbesondere ausgeführt, dass krankhafte Befunde im Sinne einer Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze an der oberen Extremität nicht vorlägen. Krankhafte Befunde im Sinne einer BK Nr. 2106 lägen formal als Karpaltunnelsyndrom und als Sulcus ulnaris-Syndrom beiderseits vor. Jedoch sei das Sulcus ulnaris-Syndrom erstmals elektroneurologisch in Form leichter sensibler Störungen im Ulnarisbereich am 31.08.1994, also über neun Monate nach dem Ende der beruflichen Exposition aufgetreten. Auch das Karpaltunnelyndrom habe nicht am Anfang der Symptomatik gestanden. Vielmehr seien die inititalen Symptome deutliche Hinweiszeichen für eine Synovialitis, wie sie bei einem degenerativen Prozess im Handwurzelbereich wie auch an anderen Gelenken typisch seien. Noch am 08.02.1994 hätten nur diskrete Veränderungen im Sinne eines Kompressionssyndroms des Nervus medianus rechts gefunden werden können. Dass es Jahre später und somit Jahre nach dem Ende der haftungsbegründenden beruflichen Exposition dann auch linksseitig zur Ausbildung eines Karpaltunnelsyndroms gekommen sei, spreche eindeutig gegen einen Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und Karpaltunnelsyndrom. Die Arthroskopie des rechten Handgelenkes am 01.09.1995 habe eine leichte Arthrose im radialen Abschnitt des rechten Handgelenkes gezeigt. Diese sei geeignet, eine Synovialitis, wie sie zuvor bereits sonographisch belegt worden sei, hervorzurufen. Die zwischenzeitlich auch röntgenologisch eindeutig belegte Arthrose in beiden Handgelenken sei mithin Ausdruck des progeredienten degenerativen Prozesses an den Handgelenken beiderseits.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zum einen eine berufsbedingte Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze mit der Folge einer erzwungenen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als KFZ-Schlosser nicht nachgewiesen werden und somit eine BK Nr. 2101 der Anlage zur BKV nicht vorliegen könne. Auch eine BK Nr. 2106 lasse sich nicht feststellen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und seiner beruflichen Tätigkeit als KFZ-Schlosser nicht festgestellt werden könne.
Gegen den ihm mit Einschreiben vom 11.09.2000 zugestellte Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.10.2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat er ausgeführt, seines Erachtens müsse gerichtlich geklärt werden, ob er am 25.11.1993 einen Unfall erlitten habe oder ob seine Erkrankung eine Berufskrankheit darstelle. Beides solle es nicht sein. Es seien beide Verfahren zu überprüfen. Denn es könne nicht sein, dass alles so formuliert sei, dass beide Verfahren zu seinen Ungunsten ausgingen. Des Weiteren begehre er Schmerzensgeld und Verdienstausfall seit dem Unfallereignis vom 25.11.1993. Mit gerichtlichem Schreiben vom 27.11.2000 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass streitgegenständlich nur das Verfahren bezüglich des Vorliegens einer Berufskrankheit sei. Eine Reaktion hierauf ist nicht erfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Dresden vom 15.08.2000 und den Bescheid vom 07.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.1999 aufzuheben und das Vorliegen einer entschädigungspflichtigen Berufskrankheit festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach ist der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 04.09.2001 bzw. 03.09.2001 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das hierfür erforderliche Einverständnis vorliegt.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind zu Recht ergangen; der Kläger ist hierdurch nicht beschwert. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung der Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Unterarmes und rechten Handgelenkes als Berufskrankheit. Die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sind nicht erfüllt.
Der Anspruch richtet sich, wie bereits das SG zu Recht ausgeführt hat, noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall nur vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) eingetreten sein kann (Art. 36 des Unfallversicherungseinordnungsgesetzes, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -).
Eingetreten ist der Versicherungsfall Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Gefährdungen realisiert haben, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll, damit zu dem Zeitpunkt des Eintritts jedes Gesundheitsschadens, der die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Berufskrankheit erfüllt (Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, Stand 22.11.2001, E § 9 SGB VII Rn. 42, S. 97 m. w. N.). Diese sind gegeben, wenn die schädigende Einwirkung einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand verursacht hat, der die Krankheitsmerkmale eines Berufskrankheitentatbestandes erfüllt und wenn ggf. erforderliche besondere Merkmale, insbesondere die Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten, vorliegen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 31.01.2001, § 9 SGB VII Rn. 7). Da vorliegend als gefährdende Tätigkeit nur die Tätigkeit des Kfz-Schlossers in Betracht kommt und da der Kläger nach 1993 in diesem Beruf nicht mehr gearbeitet hat, kann der Versicherungsfall nur vor 1997 eingetreten sein.
Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) sind Berufskrankheiten die Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet - die BKV nebst Anlage - und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO benannten Tätigkeiten erleidet. In Betracht kommen vorliegend die BKen Nr. 2101 und 2106 der Anlage zur BKV.
Nach der Nr. 2101 der Anlage zur BKV sind Berufskrankheiten Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder des Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Der Kläger leidet jedoch nicht an einer derartigen Erkrankung, so dass eine BK Nr. 2101 schon aus diesem Grunde nicht bejaht werden kann. Insbesondere hat Prof. Dr. D ... in seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten vom 03.05.2000, dem sich das Gericht anschließt, dargelegt, dass der Kläger (bezüglich der oberen Extremitäten) lediglich an einem Karpaltunnelsyndrom beidseits bei Arthrose im Bereich beider Handgelenke und einem einem Sulcus nervi ulnaris-Syndrom beidseits bei leichter humero-ulnarer Arthrose beidseits leidet. Diese Erkrankungen erfüllen jedoch nicht den Tatbestand der BK Nr. 2101.
Nach der Nr. 2106 der Anlage zur BKV liegt eine Berufskrankheit bei einer (beruflich verursachten) Druckschädigung der Nerven vor. Eine Druckschädigung eines Nervs im Sinne dieser BK setzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Als Gefahrenquellen kommen sich ständig wiederholende, gleichartige Körperbewegungen im Sinne von z. B. mechanischen Überbelastungen oder Andrücken eines Werkzeuges vor (Mehrtens/Perlebach, aaO., M 2106, S. 1 f.). Ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Kfz-Schlosser entsprechende Tätigkeiten ausführte, (vgl. die Ausführungen des ... der Beklagten im Schreiben vom 06.09.2001, wonach der Kläger Arbeiten wie Blech treiben mit Fäustel und Setzeisen häufig ausführte), kann jedoch letztlich offen bleiben, da jedenfalls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass die Erkrankungen des Klägers im Bereich der rechten oberen Extremität auf seine berufliche Tätigkeit als Kfz-Schlosser zurückzuführen sind.
Zwar liegen beim Kläger Nervenschädigungen vor (Karpaltunnelsydrom und Sulcus nervi ulnaris-Syndrom). Jedoch hat die berufliche Tätigkeit des Klägers diese Erkrankungen nicht rechtlich wesentlich verursacht.
Eine Berufskrankheit ist nämlich nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen, wenn die beruflichen Belastungen in rechtlich wesentlicher Weise bei der Krankheitsentstehung mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen der Erkrankung beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht identisch mit den Beschreibungen "überwiegend", "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine "nicht annähernd gleichwertige" sondern rechnerisch (prozentual), also verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist vielmehr nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird.
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers das Karpaltunnelsyndrom und das Sulcus nervi ulnaris-Syndrom rechtlich wesentlich verursacht hat. Hiergegen spricht insbesondere der fehlende zeitliche Zusammenhang: Das Karpaltunnelsyndrom wurde erstmals ca. sieben Wochen nach dem Ereignis vom 25.11.1993, anlässlich dessen die Beschwerden erstmals auftraten, diagnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Karpaltunnelsyndrom jedoch in einem nur geringen Umfang und wurde lediglich anlässlich der Untersuchung des Klägers bezüglich der Folgen des Ereignisses vom 25.11.1993 festgestellt; die damaligen Beschwerden des Klägers können, wie sich sowohl aus dem im Verfahren SG Dresden, S 5 U 383/96 am 23.06.1997 erstellten Gutachten von Privatdozent Dr. P ... und dem Gutachten von Prof. Dr. D ... vom 03.05.2000 ergibt, nicht auf das Karpaltunnelsyndrom zurückgeführt werden. Dass sich in der Folgezeit auch linksseitig ein Karpaltunnelsyndrom entwickelte, weist ebenfalls auf den fehlenden Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und Karpaltunnelsyndrom hin.
Auch die Nervenschädigung in Form des Sulcus nervi ulnaris-Syndrom kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden. Zum einen wurde es erstmals erst im August 1994 diagnostiziert, zum anderen ist auch diese Schädigung beidseits aufgetreten.
Im Übrigen geht der Kläger fehl in der Annahme, dass seine Beschwerden entweder auf einem Arbeitsunfall beruhen oder den Tatbestand einer Berufskrankheit erfüllen müssten. Berufskrankheiten können, wie bereits dargelegt, nur die in der Anlage zur BKV aufgeführten Erkrankungen sein. Andere Erkrankungen, auch wenn sie berufsbedingt sind, können in der Regel nicht als Berufskrankheiten anerkannt werden. Darüber hinaus können auch nicht alle Gesundheitsstörungen, die bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit (in Form eines Unfalles) eintreten, als Arbeitsunfälle entschädigt werden. Auch insoweit ist Voraussetzung, dass die berufliche Tätigkeit die Schädigung rechtlich wesentlich verursacht hat. Einem "Vergleich" der Entscheidungen des SG im Verfahren S 5 U 383/96 und im Verfahren S 5 U 186/99 stand zudem die Rechtskraft des im Verfahren S 5 U 383/96 am 07.10.1997 ergangenen Gerichtsbescheides entgegen. Darüber hinaus existieren keine Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer im sozialgerichtlichen Verfahren Schmerzensgeld und Verdienstausfall wegen erlittener Arbeitsunfälle beansprucht werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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