Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 315/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 157/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22.09.1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der ... geborene Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater des Klägers zu 2 (im Folgenden: der Verunglückte) wohnte in Plauen und war Arbeitnehmer eines Tiefbauunternehmens, der A ...-T ... S ... G.m.b.H. (ATS Bau G.m.b.H.) in St ... Am Unfalltage, dem 24.6.1996, fuhr er mit seinem PKW früh morgens von Plauen zu seinem Arbeitsplatz, einer Baustelle am Autobahndreieck K .../B ... (Entfernung ca. 80 bis 90 km). Er arbeitete auf der Baustelle als Walzenfahrer.
Die Arbeiter verließen die Baustelle nach 19.30 h, möglicherweise auch erst nach 20.00 h. Aus den Angaben des Betriebs und von Kollegen des Verunglückten ergibt sich, dass dieser danach noch den Auspuff seines PKW repariert hatte, bevor er losfuhr (vgl. Blatt 6, 12, 19, 44, 186 f. der Beklagtenakte). Am Unfalltage arbeitete der Verunglückte ausweislich der Stundenliste 13,5 Stunden (Blatt 189 der Beklagtenakte). Wegen der genauen Wegstrecke wird auf Blatt 20 und Blatt 20a der Beklagtenakte verwiesen.
Durch einen Verkehrsunfall, der sich am Abend des 24.6.1996 gegen 22.25 h ereignete, wurde der Verunglückte auf dem Weg nach P ... zu seiner Familie tödlich verletzt. Das von der Staatsanwaltschaft P ... bei Dr.-Ing. M ... in Auftrag gegebenen Gutachten über Ursachen und Verlauf des Verkehrsunfalls ergab folgenden Sachverhalt: Kurz vor der Autobahnausfahrt P ...-Ost, bei Kilometer ...,0 der Richtungsfahrbahn H ..., behielt der PKW des Verunglückten am Ende einer Geraden, die in eine Rechtskurve überging, seine Richtung bei und glitt über 20 Meter hinweg mit seiner linken Seite an der Mittelleitplanke entlang. Nach Auffassung des Unfallsachverständigen sei diese Spurenausbildung typisch dafür, dass der Fahrzeugführer aufgrund Übermüdung eingeschlafen sei. Durch eine Lenkbewegung wurde der PKW nach rechts zum Fahrbahnrand gesteuert und durch eine weitere Lenkbewegung ein unkontrollierter Schleudervorgang in Richtung Mittelleitplanke eingeleitet. Der PKW berührte die Mittelleitplanke, drehte sich um seine eigene Achse und kollidierte schließlich mit der Leitplanke am rechten Fahrbahnrand. Er kam quer zur rechten Fahrspur mit der Front zur Leitplanke hin zum Stehen. Im Streifeneinsatzbericht wurde festgehalten, dass der PKW des Verunglückten unbeleuchtet gewesen sei, weil durch den Unfall eine Batterieklemme abgerissen gewesen sei. Es ist unbekannt, was der Verunglückte danach genau unternahm. Jedenfalls verließ er seinen PKW und wurde vom PKW des Zeugen D ... (Mercedes ...) erfasst. Der Unfallsachverständige nimmt an, dass sich die tatsächliche Kollisionsstelle mindestens 10 bis 20 Meter vor der Stelle befunden habe, wo der Verunglückte nach dem Unfall lag. Eine genaue Skizze der Lage des Verunglückten und seines PKW existiert nicht. Der Verunglückte müsse sich jedoch in Richtung auf den ihn streifenden PKW des Zeugen D ... zubewegt haben, also von seinem eigenen PKW weg entgegen der Fahrtrichtung gegangen sein, ohne dass jedoch klar sei, in welchem spitzen oder stumpfen Winkel zur Fahrtrichtung dies geschehen sei. Der Unfallsachverständige schätzt die Kollisionsgeschwindigkeit auf 120 bis 124 km/h, als die rechte Fahrzeugvorderkante des PKW des Zeugen D ... den Verunglückten vermutlich im rechten Bereich der linken Fahrspur erfasst habe. Dabei sei der Verunglückte teilweise auf den PKW aufgeladen worden und fast gleichzeitig nach rechts abgeglitten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 97 bis 141 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Von einem der den Unfall aufnehmenden Polizisten wurde in der Verkehrsunfallanzeige die Vermutung geäußert, der Verunglückte habe, nachdem sein Fahrzeug quer zur Fahrbahn zum Stehen gekommen sei, die Absicht gehabt, den nachfolgenden Verkehr zu warnen, und sei deswegen auf dem linken Fahrstreifen entgegen der Fahrtrichtung gelaufen (Blatt 1 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte). Demgegenüber äußerte später der Unfallsachverständige, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Verunglückte infolge des vorherigen Unfalls mit seinem eigenen PKW noch unter Schockwirkung gestanden habe und somit möglicherweise in einem leicht verwirrten Zustand über die Autobahn gelaufen sei (Blatt 117 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte). In dem Durchgangsarztbericht vom 25.6.1996 wurden die Angaben des Notarztes wiedergegeben, wonach der Verunglückte von einem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst worden sei, als er selbst aufgrund einer Panne oder eines Unfalls (das sei unbekannt) nach seinem Fahrzeug habe schauen wollen (Blatt 9 der Beklagtenakte). Eine spätere Nachfrage der Beklagten ergab, dass sich die nächste Notrufsäule in Laufrichtung des Verunglückten befunden hat (Blatt 272 der Beklagtenakte).
Gegen 22.55 h wurde der Verunglückte in das V ... eingeliefert. Bei der Aufnahme wurden ein traumatisch bedingter hämorrhagischer Schock, eine Beckenringfraktur mit massiver Eingeweideverletzung, eine traumatische Amputation des rechten Unterschenkels sowie multiple Frakturen im Bereich des rechten Oberschenkels und des rechten Oberarms festgestellt. Trotz einer umgehend eingeleiteten Notoperation verstarb der Verunglückte am 25.6.1996 um 2.14 h an einem Herzkreislaufstillstand infolge des irreversiblen hämorrhagischen Schockzustandes und der Polytraumatisation.
Nach dem Steifeneinsatzbericht vom 26.6.1996 (Blatt 27 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte) gab der Lenker des Kollisionsfahrzeugs - Herr D ... - an, es sei ihm, als er mit ca. 120 km/h auf der rechten Spur gefahren sei, plötzlich eine Person auf der rechten Fahrspur entgegengekommen, der er nicht mehr habe ausweichen können, so dass es zur Kollision im Frontbereich des PKW gekommen sei. Im Zuge der weiteren polizeilichen Ermittlungen machte Herr D ... als Beschuldigten keine Angaben zur Sache. Herr G ..., der als erster an den Unfallort gekommen war, berichtete, ihm gegenüber habe der wieder zu Bewusstsein gekommene Verunglückte angegeben, er habe "am Radio gestellt", als sich der Unfall ereignete, sowie auf seine Frage, er sei angegurtet gewesen. Herr G ... gab auch die weitere Information, dass der Verunglückte ziemlich weit links auf dem rechten Fahrstreifen gelegen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 30 f. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Das rechtsmedizinische Gutachten vom 12.8.1996 kam zu dem Ergebnis, dass der Verunglückte aufgrund der massiven abdominellen Weichteilverletzungen und mehrfachen Beckensprengungen verblutet sei. Anders als der Unfallsachverständige, der von einer ungebremsten Kollision ausgeht, nehmen die Fachärzte für Rechtsmedizin Dres. H ... und P ... an, dass der Zeuge D ... das Fahrzeug bei der Kollision vermutlich stark abgebremst habe. Für den Todeszeitpunkt wurde eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,36 Promille ermittelt und geschätzt, dass die BAK im Unfallzeitpunkt 0,7 Promille betragen haben könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 64 bis 72 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.4.1997 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene mit der Bitte um Prüfung, ob diese zuständig sei, weil sich der Unfall bei dem Versuch des Verunglückten ereignet habe, den Verkehr zu warnen und damit eine Gefahr von der Allgemeinheit abzuwenden. Die Beigeladene verneinte mit Schreiben vom 24.4.1997 ihre Zuständigkeit, weil die in der Verkehrsunfallaufnahme enthaltenen Vermutungen über die Motive des Verhaltens des Verunglückten nicht ausreichten, um einen Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9a Reichsversicherungsordnung (RVO) zu belegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Verunglückte unter Schock gestanden habe und sein Laufen entgegen der Fahrtrichtung nicht wesentlich von der Absicht bestimmt gewesen sei, aktiv zugunsten Dritter tätig zu werden. Am 22.9.1997 wurde von einem Sachbearbeiter der Beklagten vorgeschlagen, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Ursache des Schleuderunfalls sei ein kurzfristiges Einschlafen wegen Übermüdung gewesen. Diese sei auf die lange Arbeitszeit zurückzuführen. Alkoholbeeinflussung scheide als Ursache aus. Der Verunglückte habe nach dem Unfall unter Schock gestanden und sei deswegen entgegen der Fahrtrichtung auf der Fahrbahn gegangen. In einem weiteren Aktenvermerk vom 16.10.1997 wurde von einem anderen Sachbearbeiter der Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Verunglückte bei lebensnaher Betrachtung nachfolgende Verkehrsteilnehmer habe warnen wollen. Andernfalls hätte sich der Verunglückte ohnehin auf einem Abweg befunden. Es solle daher der Zeuge D ... befragt werden, gegen den zwischenzeitlich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt worden war. Für den Zeugen D ... erklärte die Rechtsanwältin B ..., der Zeuge könne überhaupt nichts aussagen. Er habe lediglich einen Schlag an seinem PKW verspürt. In einem weiteren ausführlichen Aktenvermerk eines dritten Sachbearbeiters vom 19.1.1998 wurde die Auffassung geäußert, dass das Verhalten des Verunglückten nach dem ersten Unfall auf einem psychischen Trauma beruhe (Blatt 270 bis 272 der Beklagtenakte). Erneut wurde behördenintern die Auffassung vertreten, dass der Zeuge D ... richterlich zu vernehmen sei. Mit Schreiben vom 10.3.1998 teilte dieser mit: "Kurz vor dem Aufprall habe ich Umrisse wahrgenommen, die ich aber nicht zuordnen konnte. Ich habe das Fahrzeug sofort angehalten. Erst dann konnte ich feststellen, dass es sich bei dem Umriss um einen Menschen handelte". Daraufhin wurde nicht länger an der richterlichen Vernehmung des Zeugen D ... festgehalten. Mit zwei Bescheiden vom 8.5.1998 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1 die Gewährung von Witwenrente und Sterbegeld und gegenüber dem Kläger zu 2 die Gewährung von Waisenrente ab, weil sich der Verunglückte einer selbstgeschaffenen Gefahr ausgesetzt habe. Die dagegen erhobenen Widersprüche wurden durch zwei Widerspruchsbescheide vom 24.9.1998 zurückgewiesen. Der Sachverhalt sei umfassend ermittelt worden. Die bestehen bleibende Ungewissheit über die Einzelheiten des Unfallhergangs gingen zu Lasten der Kläger. Es stehe nicht fest, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall ein psychisches Trauma erlitten habe. Als sich der Verunglückte nach dem ersten Unfall in die aus der Sicht des Heimwegs entgegengesetzte Richtung bewegt habe, habe er sich nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung befunden. Darüber hinaus stelle das Verbleiben auf der Autobahn eine selbstgeschaffene Gefahr dar. Bei einem in so hohem Maße leichtfertigen Verhalten habe der Verunglückte damit rechnen müssen, dass er sich einer tödlichen Gefahrenquelle aussetze. Mögliche betriebsbedingte Begleitumstände seien bei dieser Sachlage derart in den Hintergrund gedrängt worden, dass sie lediglich als unwesentliche Ursachen für den Eintritt des tödlichen Unfalles zu werten seien.
Mit ihrer dagegen vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, nach allgemeiner Lebenserfahrung müsse es als erwiesen gelten, dass der Verunglückte unter Schock gestanden habe und in verwirrtem Zustand über die Autobahn gelaufen sei. Eine bewusste Selbstgefährdung habe nicht vorgelegen. Die Beklagte hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und klargestellt, dass die anderslautenden Aktenvermerke keine Außenwirkung besäßen.
Mit Beschluss vom 1.9.1999 hat das SG die Unfallkasse Sachsen beigeladen. Der in der mündlichen Verhandlung am 22.9.1999 als Zeuge vernommene Herrn D ... hat u.a. ausgesagt, nach seiner ganz groben Schätzung habe der Verunglückte nach der Kollision rund 30 Meter vor seinem querstehenden PKW gelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 98 f. der SG-Akte verwiesen.
Mit Urteil vom 22.9.1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, Sterbegeld und Witwenrente sowie Halbwaisenrente zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auf den vorliegenden Sachverhalt sei das Recht der RVO anzuwenden. Der Verunglückte habe einen nach § 550 Abs. 1 RVO versicherten Wegeunfall erlitten, als er sich auf dem direkten Weg von seiner Arbeitsstätte zur Familienwohnung in Plauen befunden habe. Eine Lösung vom Versicherungsschutz sei zwischenzeitlich nicht erfolgt, obwohl der Verunglückte nicht sofort nach Arbeitsende gegen 20.00 h nach Hause gefahren sei. Bei einem ermittelten Unfallzeitpunkt um ca. 22.25 h, einem mutmaßlichen Arbeitsende um ca. 20.00 h und einer üblichen Fahrzeit von gut einer Stunde sei es ausgeschlossen, dass der Verunglückte die Heimfahrt erst zwei Stunden nach dem mutmaßlichen Arbeitsende angetreten habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Reparatur des Auspuffs betriebsbedingt gewesen sei. Zur vollen Überzeugung des SG stehe fest, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall mit seinem eigenen PKW ein psychisches Trauma erlitten habe, wie dies in der medizinischen Literatur beschrieben werde (umfängliche Wiedergabe von Ausführungen bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl., S. 221). Anders als mit einem psychischen Trauma lasse sich die Reaktion des Verunglückten nach dem ersten Unfall nicht erklären. Er habe sich in einem Erregungszustand befunden, der mit blindem Bewegungssturm und panikartiger Fluchtreaktion einhergegangen sei. Demzufolge sei der haftungsausfüllende Kausalzusammenhang zwischen dem Erstschaden (psychisches Trauma) und dem Folgeunfall (Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW) wahrscheinlich. Ohne die unkontrollierte Fluchtreaktion hätte sich der zweite, tödliche Unfall nicht ereignet. Demgegenüber sei nichts dafür ersichtlich, dass der Verunglückte versucht habe, nachfolgende Fahrzeuge zu warnen. Ein Warndreieck sei im Unfallbereich nicht aufgefunden worden. Auch habe der Zeuge D ... ein solches Dreieck nicht gesehen. Aber selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehe, dass es sich bei dem zweiten, tödlichen Unfall um eigenständiges, isoliert zu betrachtendes Geschehen gehandelt habe, habe sich der Verunglückte nicht auf einem Abweg befunden, weil dann nur die Möglichkeit in Betracht komme, dass er sich zielgerichtet auf den Weg zur nächsten Notrufsäule gemacht habe. Angesichts des schweren ersten Unfalls sei es aber nicht vorstellbar, dass der Verunglückte überhaupt zu einem zielgerichteten Handeln in der Lage gewesen sei. Der Versicherungsschutz entfalle daher hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr. Denn dies setze voraus, dass jemand in der Lage sei, sich bewusst einer Gefahr auszusetzen.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, der Verunglückte habe sich auf einem Abweg befunden. Die Begründung des SG, der Verunglückte habe einen Schock erlitten, sei spekulativ. Überhaupt nicht berücksichtigt worden sei, dass der Verunglückte unter Alkoholeinfluss gestanden habe, der bei einem Abbauwert von 0,15 Promille im Unfallzeitpunkt 0,875 Promille betragen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Alkoholeinfluss und die dadurch bedingte relative Fahruntüchtigkeit die allein wesentliche Ursache des ersten Unfalls gewesen seien. Da der erste Unfall des Verunglückten infolgedessen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, sei auch der zweite, tödliche Unfall nicht versichert gewesen. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass die Alkoholisierung ursächlich dafür gewesen sei, dass sich der Verunglückte nach dem ersten Unfall noch auf der Fahrbahn aufgehalten habe. Gehe man jedoch davon aus, dass er trotz Alkoholeinflusses unter Versicherungsschutz gestanden habe, müsse sein Verhalten dahingehend gedeutet werden, dass er versucht habe, den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Wenn es ihm lediglich darum gegangen wäre, die nächste Notrufsäule aufzusuchen, hätte er den Randstreifen benutzen können. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass er keine Zeit gehabt habe, ein Warndreieck aufzustellen und sich deshalb entschlossen habe, durch seine Person selbst zu warnen. In derartigen Fällen habe das Bundessozialgericht (BSG) die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung der öffentlichen Hand angenommen.
Die Kläger halten das Urteil des SG für zutreffend. Soweit nunmehr die Beklagte vortrage, der Verunglückte habe unter Alkoholeinfluss gestanden, sei dem entgegenzuhalten, dass der den Verunglückten behandelnde Arzt Dr. M ... eine Alkoholisierung des Verunglückten ausdrücklich ausgeschlossen habe (Blatt 31 der LSG-Akte).
Hierauf hat die Beklagte erwidert, die Ärzte des V ... P ... seien in erster Linie mit lebensrettenden Maßnahmen befasst gewesen und könnten deshalb keine eindeutigen Angaben zur Alkoholisierung machen. Demgegenüber weisen die Kläger darauf hin, dass der Obduktionsbefund nur einen geschätzten Wert von 0,7 Promille im Unfallzeitpunkt ergeben habe. Dies stelle nur eine leichte alkoholische Beeinflussung dar. Es sei daher zu keiner haftungsausschließenden Selbstgefährdung gekommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22.9.1999 aufzu heben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem am 26.6.2001 durchgeführten Erörterungstermin hat sich die Beklagte für den Fall bereit erklärt, die Berufung zurückzunehmen, dass die Beigeladene sich verpflichte, die Hälfte der Kosten der Hinterbliebenenleistungen im Innenverhältnis zu übernehmen. Mit Schriftsatz vom 6.7.2001 hat dies die Beigeladene abgelehnt. Der Verunglückte habe einen Wegeunfall erlitten. Es sei schon im Ansatz nichts für eine auf eine Hilfeleistung gerichtete Handlungstendenz erkennbar. Insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Verunglückte noch unweit seines eigenen PKW oder auf dem Weg zur Notrufsäule befunden habe.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte ... vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verurteilt, der Klägerin zu 1 Witwenrente und Sterbegeld und dem Kläger zu 2 Halbwaisenrente zu gewähren.
Anwendbar ist das Recht der RVO. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen.
Nach § 589 Abs. 1 RVO besteht Anspruch auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten, wenn der Tod infolge des Arbeitsunfalls eingetreten ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Verunglückte einen zu seinem Tode führenden Arbeitsunfall erlitten, der von ihr als zuständiger Berufsgenossenschaft zu entschädigen ist.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass das Unfallgeschehen vom 24.6.1996 aus medizinischer Sicht ursächlich für den Tod des Verunglückten war, sondern nur, ob der Verunglückte überhaupt unter Unfallversicherungsschutz stand, ob der Unfallversicherungsschutz gegebenenfalls während des Unfallablaufs vor Eintritt der Verletzung endete oder ob die Unfallversicherungslast während des Unfallgeschehens auf die Beigeladene überging. Der Verunglückte befand sich ab Beginn des Unfallgeschehens unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (I), er endete auch nicht während des Unfallgeschehens (II). Trotz der nicht weiteren Aufklärbarkeit des Sachverhalts ist die Beklagte aus Rechtsgründen der für die Entschädigung zuständige Unfallversicherungsträger (III). Auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der vom SG zugesprochenen Leistungen sind erfüllt. Dies hat bereits das SG zutreffend entschieden und die einschlägigen Normen genannt; darauf wird Bezug genommen.
I.
Der Verunglückte war, als er sich am Abend des 24.6.1996 auf dem Weg von der Baustelle bei K ... zur Familienwohnung in P ... befand, als Arbeitnehmer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 550 Abs. 1 RVO versichert.
Nach diesen Vorschriften steht der unmittelbare Weg von dem Ort der nach § 539 Abs. 1 RVO versicherten Tätigkeit zur Wohnung des Versicherten ebenfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Heimweg im Anschluss an die Beendigung der Tätigkeit ohne größere zeitliche Unterbrechung angetreten wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG führt eine Unterbrechung des Heimwegs aus eigenwirtschaftlichen Gründen, die nicht länger als zwei Stunden dauert, nicht zum Erlöschen des Unfallversicherungsschutzes (vgl. statt vieler Kater/Leube, SGB VII, § 8 Rn. 191 m.w.N.). Der Heimweg steht dann noch in innerem Zusammenhang mit der vorausgegangenen versicherten Tätigkeit. Es gibt verschiedene Angaben darüber, wann der Verunglückte seine versicherte Tätigkeit als Arbeitnehmer der ATS Bau G.m.b.H. tatsächlich eingestellt hat (vgl. die Angabe des Betriebs: gegen 19.30 h [Blatt 12 der Beklagtenakte], was sich mit den notierten 13,5 Arbeitsstunden und der Angabe der Klägerin decken würde, dass Arbeitsbeginn 6.00 h gewesen sei [Blatt 58 der SG-Akte]; die Angabe des Bauleiters Schnabel vom 8.9.1996: Beginn der Reparatur nach 20.00 h [Blatt 44 der Beklagtenakte]; die korrigierte Angabe des Bauleiters Sch ...: Arbeitsschluss um 20.00 h, aber danach noch Abstellen der Maschinen, was eine gewisse Zeit dauerte [Blatt 186 der Beklagtenakte]). Der Senat folgt dabei den in der Beklagtenakte dokumentierten Angaben des Bauleiters vom 18.3.1997, wonach der Verunglückte erst eine gewisse Zeit nach 20.00 h mit der Reparatur seines PKW beginnen konnte, weil diese Angaben von demjenigen stammen, der vor Ort als Baustellenleiter die tatsächlichen Verhältnisse besonders gut kannte. Unabhängig von der Notwendigkeit der Reparatur für die Heimfahrt - woran durchaus Zweifel bestehen, da der Verunglückte schon tags zuvor nach Schlauchbindern gefragt haben soll (so die Angabe seines Kollegen Schramm Blatt 187 der Beklagtenakte) - musste der Verunglückte schon rein rechnerisch spätestens zwischen 21.30 und 21.45 h den Heimweg angetreten haben. Denn die Fahrt von der Baustelle zur Wohnung dauerte rund eine Stunde, bei schneller Fahrt auch einige Minuten weniger. Der Unfall ereignete sich aber kurz vor Plauen gegen 22.25 h. Mithin betrug die Unterbrechung nach dem Arbeitsende und vor dem Antritt der Heimfahrt keinesfalls mehr als 90 bis 100 Minuten.
Als der Verunglückte kurz vor Plauen mit seinem PKW ins Schleudern kam, war dies nicht wesentlich auf eine unversicherte innere Ursache, die Wirkungen des Alkoholgenusses, zurückzuführen. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein alkoholbedingter Leistungsabfall im Sinne der Fahruntüchtigkeit wesentlich das Unfallgeschehen eingeleitet hat. Hierfür trägt die Beklagte aber die Beweislast. Nur wenn der erste Unfall nicht durch versicherte betriebliche Umstände verursacht worden wäre, wäre ein Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt des Wegeunfalls ausgeschlossen gewesen. Allein dann hätte das spätere, in seinen Einzelheiten ungeklärte gefahrbringende Verhalten des Verunglückten nicht mehr auf das Schleudern und Kollidieren des PKW mit den Leitplanken zurückgeführt werden können.
Das Fahrverhalten des Verunglückten war mit Sicherheit beeinflusst durch die Folgen (Ermüdung) der langen Arbeitszeit von 15 bis 16 Stunden (13,5 h bis 14 h tatsächliche Arbeitszeit, eine Stunde Anfahrt und eine Stunde Rückfahrt). Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Unfalltag für den Verunglückten spätestens gegen 4.30 h begonnen hatte. Deshalb ist es naheliegend, dass der Verunglückte infolge einer allgemeinen Müdigkeit die Verkehrslage nicht richtig einschätzte und sich im falschen Zeitpunkt durch die Bedienung des Autoradios von der Fahrbahn ablenken ließ. Immerhin hat er noch am Unfallort angegeben, er habe zu Beginn des Unfallgeschehens das Radio bedient. Auch bei einem Autofahrer, der überhaupt keinen Alkohol genossen hat, besteht bei einem derart langen und anstrengenden Arbeitstag wie im Falle des Verunglückten die Gefahr, dass er spät abends am Steuer seines Wagens in einen Sekundenschlaf fällt oder ihm bei der autobahnüblichen Geschwindigkeit (der im Ermittlungsverfahren herangezogene Sachverständige rekonstruierte eine Geschwindigkeit zwischen 150 und 155 km/h, ohne freilich nachprüfbare Rechenschritte anzuführen) eine Unachtsamkeit widerfährt und er deswegen von der Fahrbahn abkommt. Zwar kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine im rechtsmedizinischen Gutachten für den Unfallzeitpunkt für möglich gehaltene Blutalkoholkonzentration von 0,7 Promille für das Lenkverhalten des Verunglückten mitverantwortlich war, insbesondere erst einen eventuellen Sekundenschlaf verursacht hat. Aufgrund der bekannten, eine alkoholunabhängige Müdigkeit indizierenden Umstände ergibt sich aber jedenfalls kein Beweis des ersten Anscheins, dass der Verunglückte am Ende einer Geraden alkoholbedingt nicht dem Verlauf der beginnenden Rechtskurve gefolgt ist. Insbesondere indiziert auch nicht etwa eine (zu) hohe Geschwindigkeit, dass das Fahrverhalten des Verunglückten durch die Wirkungen des Alkoholgenusses geprägt war und er enthemmt gefahren ist, da sich das genaue gefahrene Tempo nicht mehr feststellen lässt. Im Übrigen wäre die vom Sachverständige rekonstruierte Geschwindigkeit autobahnüblich und keineswegs enthemmt. Ebenso plausibel wäre, dass der Verunglückte schnell nach Hause kommen wollte, um alsbald schlafen zu können, da er am nächsten Tag wieder sehr früh hätte aufstehen müssen. Nach den Umständen ist eine weitere Aufklärung der Ursachen für den Fahrfehler des Verunglückten nicht möglich. Die Nichterweislichkeit der Ursächlichkeit des fehlerhaften Fahrverhaltens des Verunglückten geht zu Lasten der Beklagten.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für die weiteren Lenkmanöver, bevor der PKW des Verunglückten zum Stillstand gekommen ist. Wenn ein PKW auf der Autobahn an die Mittelleitplanke gerät und dort entlanggleitet, lässt sich daraus kein Beweis des ersten Anscheins ableiten, dass ein völlig alkoholabstinenter Fahrer diese Verkehrssituation, mit der sich der Verunglückte hier konfrontiert sah, besser bewältigt hätte.
II.
Der Verunglückte verlor auch nicht dadurch den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, dass er, nachdem sein PKW im rechten Winkel zur Fahrbahn mit der Motorhaube an der den Fahrbahnrand begrenzenden Leitplanke zum Stehen gekommen war, sich nicht sofort hinter diese Leitplanke gegeben hatte.
Was genau der Verunglückte unmittelbar danach getan hat und auf welcher Stelle der Fahrbahn genau er von dem Fahrzeug erfaßt wurde, lässt sich mit Sicherheit nicht mehr klären. Im Betracht kommt ein Standort von rechts auf der rechten Fahrspur (A/1-2.) bis nach rechts auf der linken Spur (B/1-2.).
A/1. Aus der Lage des Körpers nach dem Aufprall im Vergleich zum Standort seines PKW kann zunächst nur geschlossen werden, dass er sich anfangs entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung zurückbewegt hatte. Da die Kollisionsspuren sowohl am Fahrzeug als auch an seinem Körper auf der rechten Seite sichtbar waren, lässt sich daraus schließen, dass er zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes ebenfalls noch dem auf ihn zukommenden Fahrzeug (stehend oder möglicherweise gehend) entgegenblickte.
Der staatsanwaltschaftliche Sachverständige hat sich außerstande gesehen, die genaue Stelle des Kollisionspunktes auf der Fahrbahn zu bestimmen, meint aber, aus der späteren Endlage des Verunglückten lasse sich schließen, daß sich der PKW zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes im rechten Bereich der linken Fahrspur befunden habe. Dann müßte auch der Verunglückte so weit in die Fahrbahn geraten sein. Das ist aber durchaus zweifelhaft; eher in Betracht zu ziehen ist, dass sich die Kollision auf der rechten Fahrspur ereignete. Der Sachverständige begründet seine Ansicht u.a. damit, dass es aufgrund der vorliegenden Kollisionsart sowohl zu einer "Wurfkomponente" in Längs- aber auch in Querrichtung gekommen sei. Tatsächlich aber hat der Sachverständige, der von einem "Aufladen" des Fußgängers auf den PKW spricht, noch im Bereich der rechten Dachseite und des rechten Kofferraumdeckels Streifspuren festgestellt. Das aber weist darauf hin, dass das Fahrzeug unter dem Körper hinweggeglitten ist, wegen des Reibungswiderstandes den Körper allerdings zugleich nach vorwärts weiterbewegte. Auch die rechtsmedizinischen Sachverständigen führen aus, dass beim Verunglückten keine eindeutigen Verletzungen festzustellen waren, die auf ein Abschleudern oder Anprall auf der Straße hinweisen (Akten Bl. 67).
Gegen eine wesentliche Wurfkomponente in Querrichtung spricht auch die im Steifeneinsatzbericht wiedergegebene Aussage von Herrn D ..., er selbst sei auf der rechten Fahrspur gefahren und der Verunglückte sei ihm auf der "rechten" Fahrspur entgegengekommen. Danach hätte sich zwischen Kollisionsort und Körperendlage keine wesentliche Seitabweichung ergeben. Die Angabe von Herrn D ... ist deshalb glaubhaft, weil sein Verschuldensanteil um so geringer wäre, je weiter zur linken Fahrspur der Fußgänger vorgedrungen gewesen wäre.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass sich der Unfall im Bereich einer Rechtskurve ereignete. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes wies damit der Vektor der Fahrtrichtung des PKW von vornherein in Richtung Fahrbahnmitte. Hinzu kommt die als unvermeidlich zu unterstellende Ausweichreaktion des Lenkers des Fahrzeugs ebenfalls nach links Richtung Fahrbahnmitte, der nach Einschätzung im rechtsmedizinischen Gutachten (Akten Bl. 64 ff. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten) sein Fahrzeug stark abgebremst haben muss, was in dem Gutachten aus der Art der Verletzung geschlossen wird. Wurde aber der Körper, wie der Sachverständige meint und wie es sich aus den Umständen zwanglos ergibt, von dem Fahrzeug "getragen", dann hatte dies tendenziell eine Veränderungsrichtung zur Fahrbahnmitte zur Folge, was bedeutet, dass sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenprall weiter rechts beim Fahrbahnrand befunden hat als die spätere Lage des Körpers.
Unterstützt wird dies durch den Umstand, daß die von Herrn G ... beobachtete Kolonne von 6 bis 7 Fahrzeugen den Verunglückten passieren konnte. Der Verunglückte wäre aber schon vom ersten Fahrzeug der auf ihn zurasenden Kolonne erfaßt worden, wäre er auf der linken Fahrbahn gegangen. Es lässt sich zwar nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, an welcher Position der Kolonne sich der Unfall-PKW befand. Doch sprechen die Umstände dafür, das Herrn D ... Fahrzeug das letzte war. Andernfalls hätte sich einer der anderen Fahrer so verhalten wie Herr G ...: vor dem am Boden liegenden Körper anhalten. Auch war Herr D ... noch nicht zur Stelle, als Herr G ... bei dem Verletzten anhielt, sondern kam erst später dazu, nachdem er sein Fahrzeug auf dem Pannenstreifen abgestellt hatte.
Zwar fehlt in den Ermittlungsakten eine Lageskizze mit genauen Entfernungsangaben. Doch lassen es die gemachten Aufnahmen zu, die Entfernung zwischen Körperlage und Standort des PKW des Verunglückten auf etwa 15 m bis 20 m zu schätzen. Zusammen mit der vom Sachverständigen rekonstruierten Entfernung zwischen Kollisionspunkt und Körperendlage von 10 bis 20 m (welche Schätzung jedoch nicht zwingend ist, da sie von einer nicht überzeugenden "Wurfkomponente" ausgeht) ergibt sich, daß sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenpralls etwa 25 bis höchstens 40 m, im Mittel der Schätzung also etwas mehr als 30 m vom Standort seines PKW entfernt und zwar den Pannenstreifen nicht (mehr) benutzt hatte, aber noch im Bereich des rechten Fahrstreifens geblieben war und hier - jedenfalls nach der ursprünglichen Angabe von Herrn D ... - ebenfalls rechts, also noch in der Nähe des Pannensteifens.
A/2. Nach der Lebenserfahrung kommen für das Gehen auf dem rechten Streifen als Motiv in Betracht:
- das Erreichen einer Notrufsäule, das Sich-bemerkbar-Machen (um einen der Lenker der entgegenkommenden Fahrzeuge als Pannenhelfer zu gewinnen (auch wenn der als Zeuge befragte Herr D ... Winkbewegungen nicht wahrgenommen hat). Diese Tätigkeit mußte zwangsläufig in einiger Entfernung von dem Fahrzeug erfolgen, um den Fahrzeugen die Möglichkeit des rechtzeitigen Ausweichens zu eröffnen, weshalb sich der Verunglückte bei einem solchen Handlungsmotiv gegen die Fahrtrichtung zurückbewegen mußte. Dabei schließt das Warnen die gleichzeitige Absicht, zur Notrufsäule zu gelangen nicht aus. Der Verunglückte hätte dies sinnvollerweise verknüpft; - das Warnen des Gegenverkehrs vor dem querstehenden PKW als alleinige Absicht, auch wenn dies nach der Lebenserfahrung nicht naheliegt oder zu erwarten wäre; - Ein derartiger Sachverhalt lässt keine unfallfremde "eigenwirtschaftlichen" Motive erkennen. Es ist die von jedem kümmern, und zwar in der Weise, dass man andere PKW-Fahrer auf sich aufmerksam macht (um sie als Pannenhelfer zu gewinnen) oder indem man sich zur nächsten Notrufsäule begibt. Der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bleibt in jedem Fall aufrechterhalten, da die Handlungstendenz nach wie vor darauf gerichtet ist - nunmehr mit fremder Hilfe - an den Zielort (Wohnung) zu gelangen. Eine gleichzeitig damit verbundene Absicht, den Nachfolgeverkehr vor dem in die Fahrbahn ragenden liegengebliebenen PKW zu warnen, hätte gegenüber dieser Haupttendenz keine eigenständige Bedeutung.
a) Eine sog. "selbstgeschaffene Gefahr" (s. dazu unten) kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da diese Rechtsfigur stets richtunggebende eigenwirtschaftliche Motive voraussetzt, die hier nicht erkennbar sind.
b) Da aber das Fahrzeug in die Fahrbahn hineinragte, wäre es durchaus verständlich, wenn sich der Verunglückte deshalb - noch in Sichtweite seines PKW - in die Fahrbahn hineinbegab, um die nachfolgenden Fahrzeuge nach links abzudrängen, um ein Aufprallen zu verhindern, was ihm - was die erwähnte Kolonne betrifft - offenbar zunächst auch gelungen war. Einfluß auf die Leistungspflicht der Beklagten könnte dies freilich unter dem Gesichtspunkt einer Hilfe bei gemeinen Gefahr nur dann haben, wenn das Verhalten des Verunglückten allein durch diese Absicht bestimmt gewesen ist. Auch wenn das nach den feststellbaren Umständen nicht zwingend ist, so schließen diese Umstände eine derartige Handlungstendenz auch nicht sicher aus. Auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen ist unten einzugehen.
B/1. Obgleich die Rekonstruktion des staatsanwaltschaftlichen Sachverständigen, nach der sich der Verunglückte zum Unfallzeitpunkt im Bereich des linken Fahrstreifens aufgehalten hat, gemäß dem oben Dargelegten nicht voll überzeugend ist, kann sie andererseits auch nicht mit Gewißheit ausgeschlossen werden, weswegen der Senat seiner Entscheidung auch diese Version zugrunde legt, zumal im bisherigen Verfahren von einem derartigen Sachverhalt ausgegangen wurde.
Hielt sich der Verunglückte auf dem linken Fahrstreifen auf, dann kann nicht mehr von einer (die Handlungstendenz wesentlich bestimmenden) Absicht ausgegangen werden, zur nächstgelegenen Notrufsäule zu gelangen. Hätten sich die entgegenkommenden Fahrzeuge von vornherein auf der linken Fahrbahn fortbewegt, dann stellte dies allerdings auch eine Warnungsabsicht in Frage, weil eine Kollisionsgefahr mit dem quer auf dem rechten Pannenstreifen stehenden Fahrzeug nicht unmittelbar bestand. Es sind deshalb bei einem derartigen Sachverhalt folgende Handlungstendenzen in die rechtliche Würdigung mit einzubeziehen:
- Der Verunglückte stand noch unter den Nachwirkungen des Aufpralls auf die Leitplanken und vermochte deshalb sein Handeln nicht ausreichend kontrollieren; - der Verunglückte wollte ihm auf der linken Fahrbahn entgegenkommende Fahrzeuge zum Anhalten bewegen, um sie als Helfer zu gewinnen; - die alleinige Absicht des Verunglückten war, die Fahrzeuge vor der von seinem PKW ausgehenden Gefahr zu warnen, die für diese für den Fall konkret bestand, dass sie in der Rechtskurve das Fahrzeug nach rechts zögen, was durchaus erwartbar war.
B/2. Zwar kann bei einem derartigen Sachverhalt nicht mehr davon ausgegangen werden, dass für den Verunglückten im Zeitpunkt des Unfalles der Gang zur Notrufsäule im Vordergrund gestanden hat. Denn der linke Fahrstreifen ist kein geeigneter Weg, um dorthin zu gelangen. Ein derartiges Verhalten wäre in der Tat so hochgradig unvernünftig, dass durchaus von einer selbstgeschaffenen Gefahr gesprochen werden könnte. Doch sind deren Voraussetzungen im Falle des Verunglückten nicht gegeben.
a) Die Entscheidungserheblichkeit eines solchen Verhaltens ist allerdings entgegen der Auffassung des SG nicht schon wegen einer durch die erste Kollision mit den Leitplanken verursachten "psychischen Traumatisierung" zu verneinen.
Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Verunglückte nur deswegen auf der Fahrbahn aufgehalten hat, weil er sich durch den vorausgegangenen Unfall mit seinem eigenen PKW in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat, wie ihn das SG in seinem Urteil ausführlich beschrieben hat. Entgegen der Auffassung des SG ist die von diesem wiedergegebenen Literaturstelle jedoch kein Beleg dafür, dass im Sinne eines Anscheinsbeweises vom äußeren Ablauf eines Verkehrsunfalls und des nachfolgenden Verhaltens des Verkehrsteilnehmers auf dessen psychischen (Ausnahme-)Zustand geschlossen werden kann. Der Senat hält ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage für nicht erforderlich, weil die tatsächlich bekannten Umstände keinen Rückschluss auf die innere Befindlichkeit des Verunglückten nach dem Verlassen seines PKW und vor der Kollision mit dem PKW des Zeugen D ... zulassen. Bekannt ist lediglich, dass der Verunglückte nachdem er schwer verletzt worden war, noch ansprechbar war und immerhin noch situationsgerechte Antworten geben konnte. Das Verweilen auf der Fahrbahn ist für sich genommen nicht geeignet, eine psychologische Begutachtung zu tragen, weil es hier nur zu einer Petitio principii kommen könnte. Es würde nicht durch sonstige Umstände erklärt, sondern selbst zum Ausgangspunkt der Erklärung. Das zu Erklärende würde sich selbst erklären.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Verunglückte nach eigenen Angaben den Sicherheitsgurt angelegt hatte. Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten ergibt sich nichts Abweichendes. Auch steht nicht fest und kann auch nicht mehr festgestellt werden, ob sich die Fahrertür nach der Kollision und dem Entlanggleiten an der Leitplanke noch von innen öffnen ließ. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Verunglückte unmittelbar nach dem ersten Unfall in heilloser Panik davonzueilen vermochte. Vielmehr musste und konnte er immerhin den Sicherheitsgurt und die Fahrertür öffnen, gegebenenfalls sogar den Weg ins Freie über die Beifahrertür suchen. Schon danach ist es nicht einmal auszuschließen, dass ein etwaiges Schreckerlebnis schon hinreichend abgeklungen war, bevor der Verunglückte seinen PKW verlassen hatte.
Letztlich ist all dies jedoch spekulativ. Gewissheit über eine psychische Traumatisierung des Verunglückten durch den ersten Unfall wäre nur dann zu gewinnen, wenn es einen medizinischen Erfahrungssatz dergestalt gäbe, dass vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls ein PKW-Fahrer auf einen Unfall, wie ihn der Verunglückte mit seinem PKW erlebt hat, immer panisch mit Fluchttendenzen reagieren müsse. Hierfür gibt es, wie gerade die vom SG zitierte Stelle bei Schönberger/Mehrtens/Valentin belegt, keine Anhaltspunkte. Es lässt sich zwar nicht ausschließen, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall innerlich aufgewühlt, verwirrt und in seiner Fähigkeit, die Sachlage angemessen zu beurteilen, eingeschränkt war. Dies ist sogar eine durchaus naheliegende Möglichkeit. Hieraus folgt aber keineswegs zwingend, dass der Verunglückte deswegen zwangsläufig und in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand auf der Fahrbahn entgegen der Fahrtrichtung zu Fuß flüchtete oder dort ziellos umherirrte. Ein für die Beurteilung des Einzelfalles erforderliches "Mehr" an individuumsbezogenen Informationen existiert nicht. Ein Gutachten könnte über bloße Möglichkeiten nicht hinausgelangen.
b) Der Verunglückte ist auch nicht Opfer einer sog. selbstgeschaffenen Gefahr geworden. Dies gilt unabhängig davon, welche Handlungstendenz man seinem Verhalten zugrunde legt. Die Lehre von der selbstgeschaffenen Gefahr - von Krasney als ein "Beitrag" der Rechtsprechung bezeichnet, "der mehr Verwirrung als Nutzen gebracht hat" (in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2 Unfallversicherung, § 8 Rn. 93; kritisch dazu auch Schulin, a.a.O. § 30 Rn. 56) - verlangt zunächst ein Verhalten des Verunfallten, das in so hohem Maße vernunftwidrig ist, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, er werde verunglücken. Ferner müssen dem vernunftwidrigen Verhalten betriebsfremde Gründe zugrunde liegen. Die Lehre von der selbstgeschaffenen Gefahr als eng auszulegender richterrechtlicher Einschränkung des Versicherungsschutzes (s. Schulin ebd.) beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der sich aus betriebsfremden Motiven in einem sehr hohen vernunftwidrigen Maße einer Gefahr ausgesetzt hat, dann nicht mehr vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst sein soll, wenn sich die selbstgeschaffene Gefahr realisiert. Die selbstgeschaffene Gefahr löst den inneren Zusammenhang zwischen der konkreten und der abstrakt versicherten Tätigkeit, weil die Handlungstendenz nicht mehr betriebsbezogen ist, vielmehr der Versicherte nur im äußeren Handlungsrahmen einer an sich versicherten Tätigkeit der Gefahr erliegt, die von ihm in diese Tätigkeit aus betriebsfremden Motiven hineingetragenen worden ist. Eine selbstgeschaffene Gefahr setzt damit immer eine gemischte Tätigkeit voraus, die zugleich betriebsbezogene und betriebsfremde Handlungstendenzen aufweist, bei der aber die betriebsfremden Handlungstendenzen die betriebsbezogenen völlig in den Hintergrund drängen und zugleich Quelle der realisierten Gefahr sind.
Die Unvernünftigkeit eines Verhaltens - als solches hier das Aufhalten oder gar Bewegen im Bereich der Fahrspuren einer Autobahn - indiziert nicht bereits die selbstgeschaffene Gefahr. Vielmehr muss eigenständig die betriebsfremde Handlungstendenz hinzukommen. Diese muss mit Gewissheit feststehen. Gewissheit bedeutet, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch Zweifel haben darf (BSGE 32, 203, 207). Suizidabsicht und Mutprobe können hier offensichtlich ausgeschlossen werden.
c) Sofern der Verunglückte hingegen die Absicht gehabt haben sollte, sich zu einer Notrufsäule zu begeben, um den Unfall zu melden, oder wenn er unmittelbar auf den nachfolgenden Verkehr zuging, um ihn zu warnen, oder wenn er durch seinen vorangegangenen PKW-Unfall verwirrt war, u.U. sogar panikartig auf der Autobahn herumirrte, stand ein solches Verhalten noch im unmittelbaren und alleinigen Bezug zum vorangegangenen Unfallgeschehen.
d) Soweit die Beklagte auch eingewandt hat, der Verunglückte habe sich auf einem Abweg befunden, handelt es sich letztlich nur um eine andere Bezeichnung für die bereits thematisierte selbstgeschaffene Gefahr. Da ausgeschlossen werden kann, dass der Verunglückte nach seinem ersten Unfall die Absicht hatte, in umgekehrter Richtung zu seiner bisherigen Fahrtrichtung eine Wanderung auf der Autobahn zu unternehmen, bleiben für den Aufenthaltsort bzw. die Bewegungsrichtung des Verunglückten nur die oben genannten möglichen Motive bzw. Ursachen.
e) Plausible betriebsfremde Motive sind nicht ersichtlich.
Es kann damit zusammenfassend festgestellt werden, dass der dokumentierte Sachverhalt sowohl die Möglichkeit offen lässt, dass sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenpralls (rechts) auf dem rechten als auch (rechts) auf dem linken Fahrbahnstreifen aufgehalten hat (mit allen Zwischenpositionen). Da unfallunabhängige eigenwirtschaftliche Motive mangels jeden Anhaltspunktes dafür auszuschließen sind, ergibt sich für die rechtliche Bewertung folgendes:
A. Bei allen Sachverhalten, bei denen das Handeln des Verunglückten entweder unmittelbar durch den vorausgegangenen Unfall (unmotiviertes Gehen auf der Fahrbahn) oder durch die Absicht bestimmt wurde, die Folgen des Unfalles (die Unterbrechung des Heimweges) zu beseitigen, stand der Verunglückte - was sich als unproblematisch darstellt - unter dem Versicherungsschutz des Heimweges gem. § 550 Abs. 1 RVO.
B. War das Verhalten des Verunglückten insbesondere beim Gehen auf dem linken Fahrstreifen durch die alleinige Absicht bestimmt, den Nachfolgeverkehr vor dem liegengebliebenen PKW zu warnen, so bestand für den Verunglückten bei dieser Alternative ebenfalls Versicherungsschutz, der sich dann jedoch nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO richtet, weil in diesem Fall sein Handeln von der Absicht bestimmt gewesen war, bei gemeiner Gefahr Hilfe zu leisten. Eine gemeine Gefahr ist gegeben, wenn sie die Allgemeinheit bedroht. Dies ist bereits dann der Fall, wenn sie in einem Bereich droht, welcher der Allgemeinheit zugänglich ist, wobei es genügt, dass nur eine einzige Person in diesen Bereich gerät und gefährdet erscheint (vgl. Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, § 2 Rn. 298 m.w.N. zur Rspr. zur RVO). Hier bestand die naheliegende Gefahr, dass in der Dunkelheit ein oder mehrere nachfolgende PKW auf das die rechte Fahrspur größtenteils blockierende, unbeleuchtete Fahrzeug des Verunglückten hätte auffahren können, zumal in diesem Bereich der Autobahn keine Geschwindigkeitsbegrenzung vorgesehen war.
Hatte der Verunglückte die Absicht, unmittelbar durch Zeichen oder mittelbar durch Information der zuständigen Behörden den Verkehr zu warnen, liegt auch keine selbstgeschaffene Gefahr vor. Denn in diesem Fall war der Verunglückte, gemessen an den in § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO genannten Tätigkeiten, nicht aus betriebsfremden Motiven auf der Fahrbahn unterwegs. Es spielt dann aber auch keine Rolle, dass ein derartiges Verhalten in hohem Maße gefahrträchtig war und als unvernünftig bezeichnet werden muss.
C. Welches Verhalten mit welcher Handlungstenz sich am Unfallort vollzog, lässt sich nicht mehr feststellen. Jedoch steht zur Überzeugung des Senats mit Gewißheit fest, daß der Verunglückte bei jeder der angeführten Alternativen unter Versicherungsschutz stand und dass eine dritte, versicherungslose Alternative ausgeschlossen werden kann.
Bei einer derartigen Konstellation ist allein die Beklagte der leistungspflichtige Unfallversicherungsträger.
a) Zwar kann der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. Januar 1986 2 RU 19/84 - SozR 2200 § 539 Nr. 116) nicht entnommen werden, dass bei einer in die Zurücklegung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs. 1 RVO) eingeschobenen Hilfeleistung der Fortbestand oder Wegfall des nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO auf dem Weg bestehenden Versicherungsschutzes davon abhängt, ob die Unterbrechung des Weges zum Zwecke der Hilfeleistung unerheblich (geringfügig) oder erheblich war. Auch eine aufgrund eines sekundenschnell gefassten Entschlusses geleistete Hilfe führt zum Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSGE 44, 22, 24). Die Beantwortung der Frage, ob Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO oder nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO gegeben ist, setzt die Prüfung voraus, welche Umstände rechtlich ins Gewicht fallen. Sind die für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in Betracht zu ziehenden Umstände gegenüber denjenigen, welche die Anwendung des § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO rechtfertigen, von so untergeordneter Bedeutung, dass sie als rechtlich unerheblich außer Betracht zu bleiben haben, richtet sich der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSG Urteil vom 15. Dezember 1966 - 2 RU 66/65). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, wie für die Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO gegenüber dem Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSG Urteile vom 27. April 1972 - 2 RU 94/68 - USK 7250, vom 22. Februar 1973 - 2 RU 125/70 - und vom 26. April 1973 - 2 RU 77/70 - FamRZ 1973, 630). Im vorliegenden Fall ist die (unterstellte) Hilfeleistung des Verunglückten von der Zurücklegung des Weges von dem Ort der Tätigkeit nicht abgrenzbar. Der Verunglückte hat sich, wenn man unterstellt, dass er auf die entgegenkommenden Fahrzeuge zugelaufen ist, um sie zu warnen, zwar bewusst von der Zurücklegung seines Weges ab- und der Gefahrenbeseitigung zugewandt. Diese Hilfeleistung war auch mit erheblichem körperlichen Einsatz und mit erkennbarem Unfallrisiko verbunden. Die Verknüpfung mit dem Beschäftigungsverhältnis ist dabei aber nicht von so untergeordneter Bedeutung, dass sie hier als rechtlich unwesentlich außer Betracht zu bleiben hat. Denn der Verunglückte hat durch seinen vorausgegangenen Verkehrsunfall, der auf das Engste mit seinem versicherten Nachhauseweg in Zusammenhang stand, selbst eine erhebliche Gefahr geschaffen. Als Störer im polizeirechtlichen und als Verkehrssicherungspflichtiger im zivilrechtlichen Sinne war er gehalten, vor der von seinem PKW ausgehenden Gefahr in angemessener Weise zu warnen. Wenn er dabei zu Maßnahmen gegriffen haben sollte, die höchst gefährlich und zudem unvernünftig waren, wird dadurch der Zusammenhang mit dem versicherten Nachhauseweg nicht gelöst. Die selbstgeschaffene Gefahr wurde oben bereits verneint. Ebensowenig löst eine überobligationsmäßige Rettungshandlung den Zusammenhang zwischen der Rettungshandlung und dem dem versicherten Nachhauseweg zuzurechnenden ersten Verkehrsunfall des Verunglückten. Zu keinem Zeitpunkt befand sich der Verunglückte in der Situation eines Dritten, der zufällig des Weges daherkommt und sich spontan entschließt, in das Geschehen einzugreifen. Demzufolge verbleibt es im vorliegenden Fall bei der grundsätzlichen Subsidiarität des für die Absicherung des Risikos von Rettungshandlungen zuständigen Unfallversicherungsträgers. Die Beigeladene ist nach keiner Sachverhaltsvariante leistungspflichtig.
b) Aber auch dann, wenn auf diesen Fall die vom BSG für die Wahlfeststellung entwickelten Grundsätze heranzuziehen wären (s. Urteil vom 27.6.2000 - B U 23/99 R - SozR 3-2200 § 550 Nr. 20), was aber nach Auffassung des Senats aus den vorstehend aufgeführten und den in seinem Schreiben vom 27.06.2001 genannten Gründen nicht der Fall ist, ergäbe sich für die alleinige Leistungspflicht der Beklagten nichts anderes. Ebenso wie hier kamen in jener Entscheidung zwei unterschiedliche Unfallversicherungsträger in Betracht; einer von beiden musste es sein. Das BSG hat dazu ausgeführt:
"Es ist vielmehr sachgerecht, bei einer solchen Konstellation mit dem LSG die Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers in entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze zu treffen, die das BSG für die Zuordnung des Leistungsverhältnisses bei multifunktionalen bzw. mehreren Unternehmen dienenden Tätigkeiten entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine der vorliegenden Konstellation vergleichbare Lage; die hierfür vorgesehenen Regeln sind mithin geeignet, eine sachgemäße Lösung auch für die hier zu entscheidende Situation herbeizuführen. Die danach zu beachtende Grundregel, nach der darauf abzustellen ist, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit letztlich oder überwiegend dient (vgl BSG, Urteil vom 8. Dezember 1983 - 2 RU 63/82 - = BAGUV-Rdschr 10/84) bzw - bei Unfallversicherungsschutz nach mehreren Rechtsvorschriften - welcher Vorschrift hier bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht beizumessen ist (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34), muß auch hier Anwendung finden."
Der Verunglückte hatte - wie bereits oben ausgeführt - durch seinen vorausgegangenen Verkehrsunfall, der auf das Engste mit seinem versicherten Nachhauseweg in Zusammenhang stand, selbst eine erhebliche Gefahr geschaffen, die ihn dazu veranlasste, die nachfolgenden Fahrzeuge zu warnen. Zu diesem zweiten Schritt wäre es ohne den ersten nicht gekommen. Die Warnung ist gegenüber der vorangegangenen Situation, vor der gewarnt werden sollte, sekundär. Es wäre deshalb - bei Berücksichtigung dieser Umstände und der Rechtsauffassung des BSG - auch den Vorschriften über den Schutz des Heimweges gegenüber denen der Warnung vor gemeiner Gefahr der Vorrang einzuräumen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der ... geborene Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater des Klägers zu 2 (im Folgenden: der Verunglückte) wohnte in Plauen und war Arbeitnehmer eines Tiefbauunternehmens, der A ...-T ... S ... G.m.b.H. (ATS Bau G.m.b.H.) in St ... Am Unfalltage, dem 24.6.1996, fuhr er mit seinem PKW früh morgens von Plauen zu seinem Arbeitsplatz, einer Baustelle am Autobahndreieck K .../B ... (Entfernung ca. 80 bis 90 km). Er arbeitete auf der Baustelle als Walzenfahrer.
Die Arbeiter verließen die Baustelle nach 19.30 h, möglicherweise auch erst nach 20.00 h. Aus den Angaben des Betriebs und von Kollegen des Verunglückten ergibt sich, dass dieser danach noch den Auspuff seines PKW repariert hatte, bevor er losfuhr (vgl. Blatt 6, 12, 19, 44, 186 f. der Beklagtenakte). Am Unfalltage arbeitete der Verunglückte ausweislich der Stundenliste 13,5 Stunden (Blatt 189 der Beklagtenakte). Wegen der genauen Wegstrecke wird auf Blatt 20 und Blatt 20a der Beklagtenakte verwiesen.
Durch einen Verkehrsunfall, der sich am Abend des 24.6.1996 gegen 22.25 h ereignete, wurde der Verunglückte auf dem Weg nach P ... zu seiner Familie tödlich verletzt. Das von der Staatsanwaltschaft P ... bei Dr.-Ing. M ... in Auftrag gegebenen Gutachten über Ursachen und Verlauf des Verkehrsunfalls ergab folgenden Sachverhalt: Kurz vor der Autobahnausfahrt P ...-Ost, bei Kilometer ...,0 der Richtungsfahrbahn H ..., behielt der PKW des Verunglückten am Ende einer Geraden, die in eine Rechtskurve überging, seine Richtung bei und glitt über 20 Meter hinweg mit seiner linken Seite an der Mittelleitplanke entlang. Nach Auffassung des Unfallsachverständigen sei diese Spurenausbildung typisch dafür, dass der Fahrzeugführer aufgrund Übermüdung eingeschlafen sei. Durch eine Lenkbewegung wurde der PKW nach rechts zum Fahrbahnrand gesteuert und durch eine weitere Lenkbewegung ein unkontrollierter Schleudervorgang in Richtung Mittelleitplanke eingeleitet. Der PKW berührte die Mittelleitplanke, drehte sich um seine eigene Achse und kollidierte schließlich mit der Leitplanke am rechten Fahrbahnrand. Er kam quer zur rechten Fahrspur mit der Front zur Leitplanke hin zum Stehen. Im Streifeneinsatzbericht wurde festgehalten, dass der PKW des Verunglückten unbeleuchtet gewesen sei, weil durch den Unfall eine Batterieklemme abgerissen gewesen sei. Es ist unbekannt, was der Verunglückte danach genau unternahm. Jedenfalls verließ er seinen PKW und wurde vom PKW des Zeugen D ... (Mercedes ...) erfasst. Der Unfallsachverständige nimmt an, dass sich die tatsächliche Kollisionsstelle mindestens 10 bis 20 Meter vor der Stelle befunden habe, wo der Verunglückte nach dem Unfall lag. Eine genaue Skizze der Lage des Verunglückten und seines PKW existiert nicht. Der Verunglückte müsse sich jedoch in Richtung auf den ihn streifenden PKW des Zeugen D ... zubewegt haben, also von seinem eigenen PKW weg entgegen der Fahrtrichtung gegangen sein, ohne dass jedoch klar sei, in welchem spitzen oder stumpfen Winkel zur Fahrtrichtung dies geschehen sei. Der Unfallsachverständige schätzt die Kollisionsgeschwindigkeit auf 120 bis 124 km/h, als die rechte Fahrzeugvorderkante des PKW des Zeugen D ... den Verunglückten vermutlich im rechten Bereich der linken Fahrspur erfasst habe. Dabei sei der Verunglückte teilweise auf den PKW aufgeladen worden und fast gleichzeitig nach rechts abgeglitten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 97 bis 141 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Von einem der den Unfall aufnehmenden Polizisten wurde in der Verkehrsunfallanzeige die Vermutung geäußert, der Verunglückte habe, nachdem sein Fahrzeug quer zur Fahrbahn zum Stehen gekommen sei, die Absicht gehabt, den nachfolgenden Verkehr zu warnen, und sei deswegen auf dem linken Fahrstreifen entgegen der Fahrtrichtung gelaufen (Blatt 1 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte). Demgegenüber äußerte später der Unfallsachverständige, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Verunglückte infolge des vorherigen Unfalls mit seinem eigenen PKW noch unter Schockwirkung gestanden habe und somit möglicherweise in einem leicht verwirrten Zustand über die Autobahn gelaufen sei (Blatt 117 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte). In dem Durchgangsarztbericht vom 25.6.1996 wurden die Angaben des Notarztes wiedergegeben, wonach der Verunglückte von einem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst worden sei, als er selbst aufgrund einer Panne oder eines Unfalls (das sei unbekannt) nach seinem Fahrzeug habe schauen wollen (Blatt 9 der Beklagtenakte). Eine spätere Nachfrage der Beklagten ergab, dass sich die nächste Notrufsäule in Laufrichtung des Verunglückten befunden hat (Blatt 272 der Beklagtenakte).
Gegen 22.55 h wurde der Verunglückte in das V ... eingeliefert. Bei der Aufnahme wurden ein traumatisch bedingter hämorrhagischer Schock, eine Beckenringfraktur mit massiver Eingeweideverletzung, eine traumatische Amputation des rechten Unterschenkels sowie multiple Frakturen im Bereich des rechten Oberschenkels und des rechten Oberarms festgestellt. Trotz einer umgehend eingeleiteten Notoperation verstarb der Verunglückte am 25.6.1996 um 2.14 h an einem Herzkreislaufstillstand infolge des irreversiblen hämorrhagischen Schockzustandes und der Polytraumatisation.
Nach dem Steifeneinsatzbericht vom 26.6.1996 (Blatt 27 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte) gab der Lenker des Kollisionsfahrzeugs - Herr D ... - an, es sei ihm, als er mit ca. 120 km/h auf der rechten Spur gefahren sei, plötzlich eine Person auf der rechten Fahrspur entgegengekommen, der er nicht mehr habe ausweichen können, so dass es zur Kollision im Frontbereich des PKW gekommen sei. Im Zuge der weiteren polizeilichen Ermittlungen machte Herr D ... als Beschuldigten keine Angaben zur Sache. Herr G ..., der als erster an den Unfallort gekommen war, berichtete, ihm gegenüber habe der wieder zu Bewusstsein gekommene Verunglückte angegeben, er habe "am Radio gestellt", als sich der Unfall ereignete, sowie auf seine Frage, er sei angegurtet gewesen. Herr G ... gab auch die weitere Information, dass der Verunglückte ziemlich weit links auf dem rechten Fahrstreifen gelegen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 30 f. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Das rechtsmedizinische Gutachten vom 12.8.1996 kam zu dem Ergebnis, dass der Verunglückte aufgrund der massiven abdominellen Weichteilverletzungen und mehrfachen Beckensprengungen verblutet sei. Anders als der Unfallsachverständige, der von einer ungebremsten Kollision ausgeht, nehmen die Fachärzte für Rechtsmedizin Dres. H ... und P ... an, dass der Zeuge D ... das Fahrzeug bei der Kollision vermutlich stark abgebremst habe. Für den Todeszeitpunkt wurde eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,36 Promille ermittelt und geschätzt, dass die BAK im Unfallzeitpunkt 0,7 Promille betragen haben könnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 64 bis 72 der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.4.1997 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene mit der Bitte um Prüfung, ob diese zuständig sei, weil sich der Unfall bei dem Versuch des Verunglückten ereignet habe, den Verkehr zu warnen und damit eine Gefahr von der Allgemeinheit abzuwenden. Die Beigeladene verneinte mit Schreiben vom 24.4.1997 ihre Zuständigkeit, weil die in der Verkehrsunfallaufnahme enthaltenen Vermutungen über die Motive des Verhaltens des Verunglückten nicht ausreichten, um einen Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9a Reichsversicherungsordnung (RVO) zu belegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Verunglückte unter Schock gestanden habe und sein Laufen entgegen der Fahrtrichtung nicht wesentlich von der Absicht bestimmt gewesen sei, aktiv zugunsten Dritter tätig zu werden. Am 22.9.1997 wurde von einem Sachbearbeiter der Beklagten vorgeschlagen, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Ursache des Schleuderunfalls sei ein kurzfristiges Einschlafen wegen Übermüdung gewesen. Diese sei auf die lange Arbeitszeit zurückzuführen. Alkoholbeeinflussung scheide als Ursache aus. Der Verunglückte habe nach dem Unfall unter Schock gestanden und sei deswegen entgegen der Fahrtrichtung auf der Fahrbahn gegangen. In einem weiteren Aktenvermerk vom 16.10.1997 wurde von einem anderen Sachbearbeiter der Beklagten die Auffassung vertreten, dass der Verunglückte bei lebensnaher Betrachtung nachfolgende Verkehrsteilnehmer habe warnen wollen. Andernfalls hätte sich der Verunglückte ohnehin auf einem Abweg befunden. Es solle daher der Zeuge D ... befragt werden, gegen den zwischenzeitlich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt worden war. Für den Zeugen D ... erklärte die Rechtsanwältin B ..., der Zeuge könne überhaupt nichts aussagen. Er habe lediglich einen Schlag an seinem PKW verspürt. In einem weiteren ausführlichen Aktenvermerk eines dritten Sachbearbeiters vom 19.1.1998 wurde die Auffassung geäußert, dass das Verhalten des Verunglückten nach dem ersten Unfall auf einem psychischen Trauma beruhe (Blatt 270 bis 272 der Beklagtenakte). Erneut wurde behördenintern die Auffassung vertreten, dass der Zeuge D ... richterlich zu vernehmen sei. Mit Schreiben vom 10.3.1998 teilte dieser mit: "Kurz vor dem Aufprall habe ich Umrisse wahrgenommen, die ich aber nicht zuordnen konnte. Ich habe das Fahrzeug sofort angehalten. Erst dann konnte ich feststellen, dass es sich bei dem Umriss um einen Menschen handelte". Daraufhin wurde nicht länger an der richterlichen Vernehmung des Zeugen D ... festgehalten. Mit zwei Bescheiden vom 8.5.1998 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1 die Gewährung von Witwenrente und Sterbegeld und gegenüber dem Kläger zu 2 die Gewährung von Waisenrente ab, weil sich der Verunglückte einer selbstgeschaffenen Gefahr ausgesetzt habe. Die dagegen erhobenen Widersprüche wurden durch zwei Widerspruchsbescheide vom 24.9.1998 zurückgewiesen. Der Sachverhalt sei umfassend ermittelt worden. Die bestehen bleibende Ungewissheit über die Einzelheiten des Unfallhergangs gingen zu Lasten der Kläger. Es stehe nicht fest, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall ein psychisches Trauma erlitten habe. Als sich der Verunglückte nach dem ersten Unfall in die aus der Sicht des Heimwegs entgegengesetzte Richtung bewegt habe, habe er sich nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung befunden. Darüber hinaus stelle das Verbleiben auf der Autobahn eine selbstgeschaffene Gefahr dar. Bei einem in so hohem Maße leichtfertigen Verhalten habe der Verunglückte damit rechnen müssen, dass er sich einer tödlichen Gefahrenquelle aussetze. Mögliche betriebsbedingte Begleitumstände seien bei dieser Sachlage derart in den Hintergrund gedrängt worden, dass sie lediglich als unwesentliche Ursachen für den Eintritt des tödlichen Unfalles zu werten seien.
Mit ihrer dagegen vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, nach allgemeiner Lebenserfahrung müsse es als erwiesen gelten, dass der Verunglückte unter Schock gestanden habe und in verwirrtem Zustand über die Autobahn gelaufen sei. Eine bewusste Selbstgefährdung habe nicht vorgelegen. Die Beklagte hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und klargestellt, dass die anderslautenden Aktenvermerke keine Außenwirkung besäßen.
Mit Beschluss vom 1.9.1999 hat das SG die Unfallkasse Sachsen beigeladen. Der in der mündlichen Verhandlung am 22.9.1999 als Zeuge vernommene Herrn D ... hat u.a. ausgesagt, nach seiner ganz groben Schätzung habe der Verunglückte nach der Kollision rund 30 Meter vor seinem querstehenden PKW gelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 98 f. der SG-Akte verwiesen.
Mit Urteil vom 22.9.1999 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, Sterbegeld und Witwenrente sowie Halbwaisenrente zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auf den vorliegenden Sachverhalt sei das Recht der RVO anzuwenden. Der Verunglückte habe einen nach § 550 Abs. 1 RVO versicherten Wegeunfall erlitten, als er sich auf dem direkten Weg von seiner Arbeitsstätte zur Familienwohnung in Plauen befunden habe. Eine Lösung vom Versicherungsschutz sei zwischenzeitlich nicht erfolgt, obwohl der Verunglückte nicht sofort nach Arbeitsende gegen 20.00 h nach Hause gefahren sei. Bei einem ermittelten Unfallzeitpunkt um ca. 22.25 h, einem mutmaßlichen Arbeitsende um ca. 20.00 h und einer üblichen Fahrzeit von gut einer Stunde sei es ausgeschlossen, dass der Verunglückte die Heimfahrt erst zwei Stunden nach dem mutmaßlichen Arbeitsende angetreten habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Reparatur des Auspuffs betriebsbedingt gewesen sei. Zur vollen Überzeugung des SG stehe fest, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall mit seinem eigenen PKW ein psychisches Trauma erlitten habe, wie dies in der medizinischen Literatur beschrieben werde (umfängliche Wiedergabe von Ausführungen bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl., S. 221). Anders als mit einem psychischen Trauma lasse sich die Reaktion des Verunglückten nach dem ersten Unfall nicht erklären. Er habe sich in einem Erregungszustand befunden, der mit blindem Bewegungssturm und panikartiger Fluchtreaktion einhergegangen sei. Demzufolge sei der haftungsausfüllende Kausalzusammenhang zwischen dem Erstschaden (psychisches Trauma) und dem Folgeunfall (Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden PKW) wahrscheinlich. Ohne die unkontrollierte Fluchtreaktion hätte sich der zweite, tödliche Unfall nicht ereignet. Demgegenüber sei nichts dafür ersichtlich, dass der Verunglückte versucht habe, nachfolgende Fahrzeuge zu warnen. Ein Warndreieck sei im Unfallbereich nicht aufgefunden worden. Auch habe der Zeuge D ... ein solches Dreieck nicht gesehen. Aber selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehe, dass es sich bei dem zweiten, tödlichen Unfall um eigenständiges, isoliert zu betrachtendes Geschehen gehandelt habe, habe sich der Verunglückte nicht auf einem Abweg befunden, weil dann nur die Möglichkeit in Betracht komme, dass er sich zielgerichtet auf den Weg zur nächsten Notrufsäule gemacht habe. Angesichts des schweren ersten Unfalls sei es aber nicht vorstellbar, dass der Verunglückte überhaupt zu einem zielgerichteten Handeln in der Lage gewesen sei. Der Versicherungsschutz entfalle daher hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr. Denn dies setze voraus, dass jemand in der Lage sei, sich bewusst einer Gefahr auszusetzen.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, der Verunglückte habe sich auf einem Abweg befunden. Die Begründung des SG, der Verunglückte habe einen Schock erlitten, sei spekulativ. Überhaupt nicht berücksichtigt worden sei, dass der Verunglückte unter Alkoholeinfluss gestanden habe, der bei einem Abbauwert von 0,15 Promille im Unfallzeitpunkt 0,875 Promille betragen habe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Alkoholeinfluss und die dadurch bedingte relative Fahruntüchtigkeit die allein wesentliche Ursache des ersten Unfalls gewesen seien. Da der erste Unfall des Verunglückten infolgedessen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, sei auch der zweite, tödliche Unfall nicht versichert gewesen. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass die Alkoholisierung ursächlich dafür gewesen sei, dass sich der Verunglückte nach dem ersten Unfall noch auf der Fahrbahn aufgehalten habe. Gehe man jedoch davon aus, dass er trotz Alkoholeinflusses unter Versicherungsschutz gestanden habe, müsse sein Verhalten dahingehend gedeutet werden, dass er versucht habe, den nachfolgenden Verkehr zu warnen. Wenn es ihm lediglich darum gegangen wäre, die nächste Notrufsäule aufzusuchen, hätte er den Randstreifen benutzen können. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass er keine Zeit gehabt habe, ein Warndreieck aufzustellen und sich deshalb entschlossen habe, durch seine Person selbst zu warnen. In derartigen Fällen habe das Bundessozialgericht (BSG) die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung der öffentlichen Hand angenommen.
Die Kläger halten das Urteil des SG für zutreffend. Soweit nunmehr die Beklagte vortrage, der Verunglückte habe unter Alkoholeinfluss gestanden, sei dem entgegenzuhalten, dass der den Verunglückten behandelnde Arzt Dr. M ... eine Alkoholisierung des Verunglückten ausdrücklich ausgeschlossen habe (Blatt 31 der LSG-Akte).
Hierauf hat die Beklagte erwidert, die Ärzte des V ... P ... seien in erster Linie mit lebensrettenden Maßnahmen befasst gewesen und könnten deshalb keine eindeutigen Angaben zur Alkoholisierung machen. Demgegenüber weisen die Kläger darauf hin, dass der Obduktionsbefund nur einen geschätzten Wert von 0,7 Promille im Unfallzeitpunkt ergeben habe. Dies stelle nur eine leichte alkoholische Beeinflussung dar. Es sei daher zu keiner haftungsausschließenden Selbstgefährdung gekommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 22.9.1999 aufzu heben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem am 26.6.2001 durchgeführten Erörterungstermin hat sich die Beklagte für den Fall bereit erklärt, die Berufung zurückzunehmen, dass die Beigeladene sich verpflichte, die Hälfte der Kosten der Hinterbliebenenleistungen im Innenverhältnis zu übernehmen. Mit Schriftsatz vom 6.7.2001 hat dies die Beigeladene abgelehnt. Der Verunglückte habe einen Wegeunfall erlitten. Es sei schon im Ansatz nichts für eine auf eine Hilfeleistung gerichtete Handlungstendenz erkennbar. Insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Verunglückte noch unweit seines eigenen PKW oder auf dem Weg zur Notrufsäule befunden habe.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte ... vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verurteilt, der Klägerin zu 1 Witwenrente und Sterbegeld und dem Kläger zu 2 Halbwaisenrente zu gewähren.
Anwendbar ist das Recht der RVO. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des SG verwiesen.
Nach § 589 Abs. 1 RVO besteht Anspruch auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrenten, wenn der Tod infolge des Arbeitsunfalls eingetreten ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Verunglückte einen zu seinem Tode führenden Arbeitsunfall erlitten, der von ihr als zuständiger Berufsgenossenschaft zu entschädigen ist.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass das Unfallgeschehen vom 24.6.1996 aus medizinischer Sicht ursächlich für den Tod des Verunglückten war, sondern nur, ob der Verunglückte überhaupt unter Unfallversicherungsschutz stand, ob der Unfallversicherungsschutz gegebenenfalls während des Unfallablaufs vor Eintritt der Verletzung endete oder ob die Unfallversicherungslast während des Unfallgeschehens auf die Beigeladene überging. Der Verunglückte befand sich ab Beginn des Unfallgeschehens unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (I), er endete auch nicht während des Unfallgeschehens (II). Trotz der nicht weiteren Aufklärbarkeit des Sachverhalts ist die Beklagte aus Rechtsgründen der für die Entschädigung zuständige Unfallversicherungsträger (III). Auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der vom SG zugesprochenen Leistungen sind erfüllt. Dies hat bereits das SG zutreffend entschieden und die einschlägigen Normen genannt; darauf wird Bezug genommen.
I.
Der Verunglückte war, als er sich am Abend des 24.6.1996 auf dem Weg von der Baustelle bei K ... zur Familienwohnung in P ... befand, als Arbeitnehmer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 550 Abs. 1 RVO versichert.
Nach diesen Vorschriften steht der unmittelbare Weg von dem Ort der nach § 539 Abs. 1 RVO versicherten Tätigkeit zur Wohnung des Versicherten ebenfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Heimweg im Anschluss an die Beendigung der Tätigkeit ohne größere zeitliche Unterbrechung angetreten wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG führt eine Unterbrechung des Heimwegs aus eigenwirtschaftlichen Gründen, die nicht länger als zwei Stunden dauert, nicht zum Erlöschen des Unfallversicherungsschutzes (vgl. statt vieler Kater/Leube, SGB VII, § 8 Rn. 191 m.w.N.). Der Heimweg steht dann noch in innerem Zusammenhang mit der vorausgegangenen versicherten Tätigkeit. Es gibt verschiedene Angaben darüber, wann der Verunglückte seine versicherte Tätigkeit als Arbeitnehmer der ATS Bau G.m.b.H. tatsächlich eingestellt hat (vgl. die Angabe des Betriebs: gegen 19.30 h [Blatt 12 der Beklagtenakte], was sich mit den notierten 13,5 Arbeitsstunden und der Angabe der Klägerin decken würde, dass Arbeitsbeginn 6.00 h gewesen sei [Blatt 58 der SG-Akte]; die Angabe des Bauleiters Schnabel vom 8.9.1996: Beginn der Reparatur nach 20.00 h [Blatt 44 der Beklagtenakte]; die korrigierte Angabe des Bauleiters Sch ...: Arbeitsschluss um 20.00 h, aber danach noch Abstellen der Maschinen, was eine gewisse Zeit dauerte [Blatt 186 der Beklagtenakte]). Der Senat folgt dabei den in der Beklagtenakte dokumentierten Angaben des Bauleiters vom 18.3.1997, wonach der Verunglückte erst eine gewisse Zeit nach 20.00 h mit der Reparatur seines PKW beginnen konnte, weil diese Angaben von demjenigen stammen, der vor Ort als Baustellenleiter die tatsächlichen Verhältnisse besonders gut kannte. Unabhängig von der Notwendigkeit der Reparatur für die Heimfahrt - woran durchaus Zweifel bestehen, da der Verunglückte schon tags zuvor nach Schlauchbindern gefragt haben soll (so die Angabe seines Kollegen Schramm Blatt 187 der Beklagtenakte) - musste der Verunglückte schon rein rechnerisch spätestens zwischen 21.30 und 21.45 h den Heimweg angetreten haben. Denn die Fahrt von der Baustelle zur Wohnung dauerte rund eine Stunde, bei schneller Fahrt auch einige Minuten weniger. Der Unfall ereignete sich aber kurz vor Plauen gegen 22.25 h. Mithin betrug die Unterbrechung nach dem Arbeitsende und vor dem Antritt der Heimfahrt keinesfalls mehr als 90 bis 100 Minuten.
Als der Verunglückte kurz vor Plauen mit seinem PKW ins Schleudern kam, war dies nicht wesentlich auf eine unversicherte innere Ursache, die Wirkungen des Alkoholgenusses, zurückzuführen. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein alkoholbedingter Leistungsabfall im Sinne der Fahruntüchtigkeit wesentlich das Unfallgeschehen eingeleitet hat. Hierfür trägt die Beklagte aber die Beweislast. Nur wenn der erste Unfall nicht durch versicherte betriebliche Umstände verursacht worden wäre, wäre ein Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt des Wegeunfalls ausgeschlossen gewesen. Allein dann hätte das spätere, in seinen Einzelheiten ungeklärte gefahrbringende Verhalten des Verunglückten nicht mehr auf das Schleudern und Kollidieren des PKW mit den Leitplanken zurückgeführt werden können.
Das Fahrverhalten des Verunglückten war mit Sicherheit beeinflusst durch die Folgen (Ermüdung) der langen Arbeitszeit von 15 bis 16 Stunden (13,5 h bis 14 h tatsächliche Arbeitszeit, eine Stunde Anfahrt und eine Stunde Rückfahrt). Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Unfalltag für den Verunglückten spätestens gegen 4.30 h begonnen hatte. Deshalb ist es naheliegend, dass der Verunglückte infolge einer allgemeinen Müdigkeit die Verkehrslage nicht richtig einschätzte und sich im falschen Zeitpunkt durch die Bedienung des Autoradios von der Fahrbahn ablenken ließ. Immerhin hat er noch am Unfallort angegeben, er habe zu Beginn des Unfallgeschehens das Radio bedient. Auch bei einem Autofahrer, der überhaupt keinen Alkohol genossen hat, besteht bei einem derart langen und anstrengenden Arbeitstag wie im Falle des Verunglückten die Gefahr, dass er spät abends am Steuer seines Wagens in einen Sekundenschlaf fällt oder ihm bei der autobahnüblichen Geschwindigkeit (der im Ermittlungsverfahren herangezogene Sachverständige rekonstruierte eine Geschwindigkeit zwischen 150 und 155 km/h, ohne freilich nachprüfbare Rechenschritte anzuführen) eine Unachtsamkeit widerfährt und er deswegen von der Fahrbahn abkommt. Zwar kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine im rechtsmedizinischen Gutachten für den Unfallzeitpunkt für möglich gehaltene Blutalkoholkonzentration von 0,7 Promille für das Lenkverhalten des Verunglückten mitverantwortlich war, insbesondere erst einen eventuellen Sekundenschlaf verursacht hat. Aufgrund der bekannten, eine alkoholunabhängige Müdigkeit indizierenden Umstände ergibt sich aber jedenfalls kein Beweis des ersten Anscheins, dass der Verunglückte am Ende einer Geraden alkoholbedingt nicht dem Verlauf der beginnenden Rechtskurve gefolgt ist. Insbesondere indiziert auch nicht etwa eine (zu) hohe Geschwindigkeit, dass das Fahrverhalten des Verunglückten durch die Wirkungen des Alkoholgenusses geprägt war und er enthemmt gefahren ist, da sich das genaue gefahrene Tempo nicht mehr feststellen lässt. Im Übrigen wäre die vom Sachverständige rekonstruierte Geschwindigkeit autobahnüblich und keineswegs enthemmt. Ebenso plausibel wäre, dass der Verunglückte schnell nach Hause kommen wollte, um alsbald schlafen zu können, da er am nächsten Tag wieder sehr früh hätte aufstehen müssen. Nach den Umständen ist eine weitere Aufklärung der Ursachen für den Fahrfehler des Verunglückten nicht möglich. Die Nichterweislichkeit der Ursächlichkeit des fehlerhaften Fahrverhaltens des Verunglückten geht zu Lasten der Beklagten.
Im Ergebnis nichts anderes gilt für die weiteren Lenkmanöver, bevor der PKW des Verunglückten zum Stillstand gekommen ist. Wenn ein PKW auf der Autobahn an die Mittelleitplanke gerät und dort entlanggleitet, lässt sich daraus kein Beweis des ersten Anscheins ableiten, dass ein völlig alkoholabstinenter Fahrer diese Verkehrssituation, mit der sich der Verunglückte hier konfrontiert sah, besser bewältigt hätte.
II.
Der Verunglückte verlor auch nicht dadurch den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, dass er, nachdem sein PKW im rechten Winkel zur Fahrbahn mit der Motorhaube an der den Fahrbahnrand begrenzenden Leitplanke zum Stehen gekommen war, sich nicht sofort hinter diese Leitplanke gegeben hatte.
Was genau der Verunglückte unmittelbar danach getan hat und auf welcher Stelle der Fahrbahn genau er von dem Fahrzeug erfaßt wurde, lässt sich mit Sicherheit nicht mehr klären. Im Betracht kommt ein Standort von rechts auf der rechten Fahrspur (A/1-2.) bis nach rechts auf der linken Spur (B/1-2.).
A/1. Aus der Lage des Körpers nach dem Aufprall im Vergleich zum Standort seines PKW kann zunächst nur geschlossen werden, dass er sich anfangs entgegen seiner ursprünglichen Fahrtrichtung zurückbewegt hatte. Da die Kollisionsspuren sowohl am Fahrzeug als auch an seinem Körper auf der rechten Seite sichtbar waren, lässt sich daraus schließen, dass er zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes ebenfalls noch dem auf ihn zukommenden Fahrzeug (stehend oder möglicherweise gehend) entgegenblickte.
Der staatsanwaltschaftliche Sachverständige hat sich außerstande gesehen, die genaue Stelle des Kollisionspunktes auf der Fahrbahn zu bestimmen, meint aber, aus der späteren Endlage des Verunglückten lasse sich schließen, daß sich der PKW zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes im rechten Bereich der linken Fahrspur befunden habe. Dann müßte auch der Verunglückte so weit in die Fahrbahn geraten sein. Das ist aber durchaus zweifelhaft; eher in Betracht zu ziehen ist, dass sich die Kollision auf der rechten Fahrspur ereignete. Der Sachverständige begründet seine Ansicht u.a. damit, dass es aufgrund der vorliegenden Kollisionsart sowohl zu einer "Wurfkomponente" in Längs- aber auch in Querrichtung gekommen sei. Tatsächlich aber hat der Sachverständige, der von einem "Aufladen" des Fußgängers auf den PKW spricht, noch im Bereich der rechten Dachseite und des rechten Kofferraumdeckels Streifspuren festgestellt. Das aber weist darauf hin, dass das Fahrzeug unter dem Körper hinweggeglitten ist, wegen des Reibungswiderstandes den Körper allerdings zugleich nach vorwärts weiterbewegte. Auch die rechtsmedizinischen Sachverständigen führen aus, dass beim Verunglückten keine eindeutigen Verletzungen festzustellen waren, die auf ein Abschleudern oder Anprall auf der Straße hinweisen (Akten Bl. 67).
Gegen eine wesentliche Wurfkomponente in Querrichtung spricht auch die im Steifeneinsatzbericht wiedergegebene Aussage von Herrn D ..., er selbst sei auf der rechten Fahrspur gefahren und der Verunglückte sei ihm auf der "rechten" Fahrspur entgegengekommen. Danach hätte sich zwischen Kollisionsort und Körperendlage keine wesentliche Seitabweichung ergeben. Die Angabe von Herrn D ... ist deshalb glaubhaft, weil sein Verschuldensanteil um so geringer wäre, je weiter zur linken Fahrspur der Fußgänger vorgedrungen gewesen wäre.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass sich der Unfall im Bereich einer Rechtskurve ereignete. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes wies damit der Vektor der Fahrtrichtung des PKW von vornherein in Richtung Fahrbahnmitte. Hinzu kommt die als unvermeidlich zu unterstellende Ausweichreaktion des Lenkers des Fahrzeugs ebenfalls nach links Richtung Fahrbahnmitte, der nach Einschätzung im rechtsmedizinischen Gutachten (Akten Bl. 64 ff. der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten) sein Fahrzeug stark abgebremst haben muss, was in dem Gutachten aus der Art der Verletzung geschlossen wird. Wurde aber der Körper, wie der Sachverständige meint und wie es sich aus den Umständen zwanglos ergibt, von dem Fahrzeug "getragen", dann hatte dies tendenziell eine Veränderungsrichtung zur Fahrbahnmitte zur Folge, was bedeutet, dass sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenprall weiter rechts beim Fahrbahnrand befunden hat als die spätere Lage des Körpers.
Unterstützt wird dies durch den Umstand, daß die von Herrn G ... beobachtete Kolonne von 6 bis 7 Fahrzeugen den Verunglückten passieren konnte. Der Verunglückte wäre aber schon vom ersten Fahrzeug der auf ihn zurasenden Kolonne erfaßt worden, wäre er auf der linken Fahrbahn gegangen. Es lässt sich zwar nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, an welcher Position der Kolonne sich der Unfall-PKW befand. Doch sprechen die Umstände dafür, das Herrn D ... Fahrzeug das letzte war. Andernfalls hätte sich einer der anderen Fahrer so verhalten wie Herr G ...: vor dem am Boden liegenden Körper anhalten. Auch war Herr D ... noch nicht zur Stelle, als Herr G ... bei dem Verletzten anhielt, sondern kam erst später dazu, nachdem er sein Fahrzeug auf dem Pannenstreifen abgestellt hatte.
Zwar fehlt in den Ermittlungsakten eine Lageskizze mit genauen Entfernungsangaben. Doch lassen es die gemachten Aufnahmen zu, die Entfernung zwischen Körperlage und Standort des PKW des Verunglückten auf etwa 15 m bis 20 m zu schätzen. Zusammen mit der vom Sachverständigen rekonstruierten Entfernung zwischen Kollisionspunkt und Körperendlage von 10 bis 20 m (welche Schätzung jedoch nicht zwingend ist, da sie von einer nicht überzeugenden "Wurfkomponente" ausgeht) ergibt sich, daß sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenpralls etwa 25 bis höchstens 40 m, im Mittel der Schätzung also etwas mehr als 30 m vom Standort seines PKW entfernt und zwar den Pannenstreifen nicht (mehr) benutzt hatte, aber noch im Bereich des rechten Fahrstreifens geblieben war und hier - jedenfalls nach der ursprünglichen Angabe von Herrn D ... - ebenfalls rechts, also noch in der Nähe des Pannensteifens.
A/2. Nach der Lebenserfahrung kommen für das Gehen auf dem rechten Streifen als Motiv in Betracht:
- das Erreichen einer Notrufsäule, das Sich-bemerkbar-Machen (um einen der Lenker der entgegenkommenden Fahrzeuge als Pannenhelfer zu gewinnen (auch wenn der als Zeuge befragte Herr D ... Winkbewegungen nicht wahrgenommen hat). Diese Tätigkeit mußte zwangsläufig in einiger Entfernung von dem Fahrzeug erfolgen, um den Fahrzeugen die Möglichkeit des rechtzeitigen Ausweichens zu eröffnen, weshalb sich der Verunglückte bei einem solchen Handlungsmotiv gegen die Fahrtrichtung zurückbewegen mußte. Dabei schließt das Warnen die gleichzeitige Absicht, zur Notrufsäule zu gelangen nicht aus. Der Verunglückte hätte dies sinnvollerweise verknüpft; - das Warnen des Gegenverkehrs vor dem querstehenden PKW als alleinige Absicht, auch wenn dies nach der Lebenserfahrung nicht naheliegt oder zu erwarten wäre; - Ein derartiger Sachverhalt lässt keine unfallfremde "eigenwirtschaftlichen" Motive erkennen. Es ist die von jedem kümmern, und zwar in der Weise, dass man andere PKW-Fahrer auf sich aufmerksam macht (um sie als Pannenhelfer zu gewinnen) oder indem man sich zur nächsten Notrufsäule begibt. Der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bleibt in jedem Fall aufrechterhalten, da die Handlungstendenz nach wie vor darauf gerichtet ist - nunmehr mit fremder Hilfe - an den Zielort (Wohnung) zu gelangen. Eine gleichzeitig damit verbundene Absicht, den Nachfolgeverkehr vor dem in die Fahrbahn ragenden liegengebliebenen PKW zu warnen, hätte gegenüber dieser Haupttendenz keine eigenständige Bedeutung.
a) Eine sog. "selbstgeschaffene Gefahr" (s. dazu unten) kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da diese Rechtsfigur stets richtunggebende eigenwirtschaftliche Motive voraussetzt, die hier nicht erkennbar sind.
b) Da aber das Fahrzeug in die Fahrbahn hineinragte, wäre es durchaus verständlich, wenn sich der Verunglückte deshalb - noch in Sichtweite seines PKW - in die Fahrbahn hineinbegab, um die nachfolgenden Fahrzeuge nach links abzudrängen, um ein Aufprallen zu verhindern, was ihm - was die erwähnte Kolonne betrifft - offenbar zunächst auch gelungen war. Einfluß auf die Leistungspflicht der Beklagten könnte dies freilich unter dem Gesichtspunkt einer Hilfe bei gemeinen Gefahr nur dann haben, wenn das Verhalten des Verunglückten allein durch diese Absicht bestimmt gewesen ist. Auch wenn das nach den feststellbaren Umständen nicht zwingend ist, so schließen diese Umstände eine derartige Handlungstendenz auch nicht sicher aus. Auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen ist unten einzugehen.
B/1. Obgleich die Rekonstruktion des staatsanwaltschaftlichen Sachverständigen, nach der sich der Verunglückte zum Unfallzeitpunkt im Bereich des linken Fahrstreifens aufgehalten hat, gemäß dem oben Dargelegten nicht voll überzeugend ist, kann sie andererseits auch nicht mit Gewißheit ausgeschlossen werden, weswegen der Senat seiner Entscheidung auch diese Version zugrunde legt, zumal im bisherigen Verfahren von einem derartigen Sachverhalt ausgegangen wurde.
Hielt sich der Verunglückte auf dem linken Fahrstreifen auf, dann kann nicht mehr von einer (die Handlungstendenz wesentlich bestimmenden) Absicht ausgegangen werden, zur nächstgelegenen Notrufsäule zu gelangen. Hätten sich die entgegenkommenden Fahrzeuge von vornherein auf der linken Fahrbahn fortbewegt, dann stellte dies allerdings auch eine Warnungsabsicht in Frage, weil eine Kollisionsgefahr mit dem quer auf dem rechten Pannenstreifen stehenden Fahrzeug nicht unmittelbar bestand. Es sind deshalb bei einem derartigen Sachverhalt folgende Handlungstendenzen in die rechtliche Würdigung mit einzubeziehen:
- Der Verunglückte stand noch unter den Nachwirkungen des Aufpralls auf die Leitplanken und vermochte deshalb sein Handeln nicht ausreichend kontrollieren; - der Verunglückte wollte ihm auf der linken Fahrbahn entgegenkommende Fahrzeuge zum Anhalten bewegen, um sie als Helfer zu gewinnen; - die alleinige Absicht des Verunglückten war, die Fahrzeuge vor der von seinem PKW ausgehenden Gefahr zu warnen, die für diese für den Fall konkret bestand, dass sie in der Rechtskurve das Fahrzeug nach rechts zögen, was durchaus erwartbar war.
B/2. Zwar kann bei einem derartigen Sachverhalt nicht mehr davon ausgegangen werden, dass für den Verunglückten im Zeitpunkt des Unfalles der Gang zur Notrufsäule im Vordergrund gestanden hat. Denn der linke Fahrstreifen ist kein geeigneter Weg, um dorthin zu gelangen. Ein derartiges Verhalten wäre in der Tat so hochgradig unvernünftig, dass durchaus von einer selbstgeschaffenen Gefahr gesprochen werden könnte. Doch sind deren Voraussetzungen im Falle des Verunglückten nicht gegeben.
a) Die Entscheidungserheblichkeit eines solchen Verhaltens ist allerdings entgegen der Auffassung des SG nicht schon wegen einer durch die erste Kollision mit den Leitplanken verursachten "psychischen Traumatisierung" zu verneinen.
Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Verunglückte nur deswegen auf der Fahrbahn aufgehalten hat, weil er sich durch den vorausgegangenen Unfall mit seinem eigenen PKW in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat, wie ihn das SG in seinem Urteil ausführlich beschrieben hat. Entgegen der Auffassung des SG ist die von diesem wiedergegebenen Literaturstelle jedoch kein Beleg dafür, dass im Sinne eines Anscheinsbeweises vom äußeren Ablauf eines Verkehrsunfalls und des nachfolgenden Verhaltens des Verkehrsteilnehmers auf dessen psychischen (Ausnahme-)Zustand geschlossen werden kann. Der Senat hält ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage für nicht erforderlich, weil die tatsächlich bekannten Umstände keinen Rückschluss auf die innere Befindlichkeit des Verunglückten nach dem Verlassen seines PKW und vor der Kollision mit dem PKW des Zeugen D ... zulassen. Bekannt ist lediglich, dass der Verunglückte nachdem er schwer verletzt worden war, noch ansprechbar war und immerhin noch situationsgerechte Antworten geben konnte. Das Verweilen auf der Fahrbahn ist für sich genommen nicht geeignet, eine psychologische Begutachtung zu tragen, weil es hier nur zu einer Petitio principii kommen könnte. Es würde nicht durch sonstige Umstände erklärt, sondern selbst zum Ausgangspunkt der Erklärung. Das zu Erklärende würde sich selbst erklären.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Verunglückte nach eigenen Angaben den Sicherheitsgurt angelegt hatte. Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten ergibt sich nichts Abweichendes. Auch steht nicht fest und kann auch nicht mehr festgestellt werden, ob sich die Fahrertür nach der Kollision und dem Entlanggleiten an der Leitplanke noch von innen öffnen ließ. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Verunglückte unmittelbar nach dem ersten Unfall in heilloser Panik davonzueilen vermochte. Vielmehr musste und konnte er immerhin den Sicherheitsgurt und die Fahrertür öffnen, gegebenenfalls sogar den Weg ins Freie über die Beifahrertür suchen. Schon danach ist es nicht einmal auszuschließen, dass ein etwaiges Schreckerlebnis schon hinreichend abgeklungen war, bevor der Verunglückte seinen PKW verlassen hatte.
Letztlich ist all dies jedoch spekulativ. Gewissheit über eine psychische Traumatisierung des Verunglückten durch den ersten Unfall wäre nur dann zu gewinnen, wenn es einen medizinischen Erfahrungssatz dergestalt gäbe, dass vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls ein PKW-Fahrer auf einen Unfall, wie ihn der Verunglückte mit seinem PKW erlebt hat, immer panisch mit Fluchttendenzen reagieren müsse. Hierfür gibt es, wie gerade die vom SG zitierte Stelle bei Schönberger/Mehrtens/Valentin belegt, keine Anhaltspunkte. Es lässt sich zwar nicht ausschließen, dass der Verunglückte durch den ersten Unfall innerlich aufgewühlt, verwirrt und in seiner Fähigkeit, die Sachlage angemessen zu beurteilen, eingeschränkt war. Dies ist sogar eine durchaus naheliegende Möglichkeit. Hieraus folgt aber keineswegs zwingend, dass der Verunglückte deswegen zwangsläufig und in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand auf der Fahrbahn entgegen der Fahrtrichtung zu Fuß flüchtete oder dort ziellos umherirrte. Ein für die Beurteilung des Einzelfalles erforderliches "Mehr" an individuumsbezogenen Informationen existiert nicht. Ein Gutachten könnte über bloße Möglichkeiten nicht hinausgelangen.
b) Der Verunglückte ist auch nicht Opfer einer sog. selbstgeschaffenen Gefahr geworden. Dies gilt unabhängig davon, welche Handlungstendenz man seinem Verhalten zugrunde legt. Die Lehre von der selbstgeschaffenen Gefahr - von Krasney als ein "Beitrag" der Rechtsprechung bezeichnet, "der mehr Verwirrung als Nutzen gebracht hat" (in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2 Unfallversicherung, § 8 Rn. 93; kritisch dazu auch Schulin, a.a.O. § 30 Rn. 56) - verlangt zunächst ein Verhalten des Verunfallten, das in so hohem Maße vernunftwidrig ist, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, er werde verunglücken. Ferner müssen dem vernunftwidrigen Verhalten betriebsfremde Gründe zugrunde liegen. Die Lehre von der selbstgeschaffenen Gefahr als eng auszulegender richterrechtlicher Einschränkung des Versicherungsschutzes (s. Schulin ebd.) beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der sich aus betriebsfremden Motiven in einem sehr hohen vernunftwidrigen Maße einer Gefahr ausgesetzt hat, dann nicht mehr vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst sein soll, wenn sich die selbstgeschaffene Gefahr realisiert. Die selbstgeschaffene Gefahr löst den inneren Zusammenhang zwischen der konkreten und der abstrakt versicherten Tätigkeit, weil die Handlungstendenz nicht mehr betriebsbezogen ist, vielmehr der Versicherte nur im äußeren Handlungsrahmen einer an sich versicherten Tätigkeit der Gefahr erliegt, die von ihm in diese Tätigkeit aus betriebsfremden Motiven hineingetragenen worden ist. Eine selbstgeschaffene Gefahr setzt damit immer eine gemischte Tätigkeit voraus, die zugleich betriebsbezogene und betriebsfremde Handlungstendenzen aufweist, bei der aber die betriebsfremden Handlungstendenzen die betriebsbezogenen völlig in den Hintergrund drängen und zugleich Quelle der realisierten Gefahr sind.
Die Unvernünftigkeit eines Verhaltens - als solches hier das Aufhalten oder gar Bewegen im Bereich der Fahrspuren einer Autobahn - indiziert nicht bereits die selbstgeschaffene Gefahr. Vielmehr muss eigenständig die betriebsfremde Handlungstendenz hinzukommen. Diese muss mit Gewissheit feststehen. Gewissheit bedeutet, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch Zweifel haben darf (BSGE 32, 203, 207). Suizidabsicht und Mutprobe können hier offensichtlich ausgeschlossen werden.
c) Sofern der Verunglückte hingegen die Absicht gehabt haben sollte, sich zu einer Notrufsäule zu begeben, um den Unfall zu melden, oder wenn er unmittelbar auf den nachfolgenden Verkehr zuging, um ihn zu warnen, oder wenn er durch seinen vorangegangenen PKW-Unfall verwirrt war, u.U. sogar panikartig auf der Autobahn herumirrte, stand ein solches Verhalten noch im unmittelbaren und alleinigen Bezug zum vorangegangenen Unfallgeschehen.
d) Soweit die Beklagte auch eingewandt hat, der Verunglückte habe sich auf einem Abweg befunden, handelt es sich letztlich nur um eine andere Bezeichnung für die bereits thematisierte selbstgeschaffene Gefahr. Da ausgeschlossen werden kann, dass der Verunglückte nach seinem ersten Unfall die Absicht hatte, in umgekehrter Richtung zu seiner bisherigen Fahrtrichtung eine Wanderung auf der Autobahn zu unternehmen, bleiben für den Aufenthaltsort bzw. die Bewegungsrichtung des Verunglückten nur die oben genannten möglichen Motive bzw. Ursachen.
e) Plausible betriebsfremde Motive sind nicht ersichtlich.
Es kann damit zusammenfassend festgestellt werden, dass der dokumentierte Sachverhalt sowohl die Möglichkeit offen lässt, dass sich der Verunglückte zum Zeitpunkt des Zusammenpralls (rechts) auf dem rechten als auch (rechts) auf dem linken Fahrbahnstreifen aufgehalten hat (mit allen Zwischenpositionen). Da unfallunabhängige eigenwirtschaftliche Motive mangels jeden Anhaltspunktes dafür auszuschließen sind, ergibt sich für die rechtliche Bewertung folgendes:
A. Bei allen Sachverhalten, bei denen das Handeln des Verunglückten entweder unmittelbar durch den vorausgegangenen Unfall (unmotiviertes Gehen auf der Fahrbahn) oder durch die Absicht bestimmt wurde, die Folgen des Unfalles (die Unterbrechung des Heimweges) zu beseitigen, stand der Verunglückte - was sich als unproblematisch darstellt - unter dem Versicherungsschutz des Heimweges gem. § 550 Abs. 1 RVO.
B. War das Verhalten des Verunglückten insbesondere beim Gehen auf dem linken Fahrstreifen durch die alleinige Absicht bestimmt, den Nachfolgeverkehr vor dem liegengebliebenen PKW zu warnen, so bestand für den Verunglückten bei dieser Alternative ebenfalls Versicherungsschutz, der sich dann jedoch nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO richtet, weil in diesem Fall sein Handeln von der Absicht bestimmt gewesen war, bei gemeiner Gefahr Hilfe zu leisten. Eine gemeine Gefahr ist gegeben, wenn sie die Allgemeinheit bedroht. Dies ist bereits dann der Fall, wenn sie in einem Bereich droht, welcher der Allgemeinheit zugänglich ist, wobei es genügt, dass nur eine einzige Person in diesen Bereich gerät und gefährdet erscheint (vgl. Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, § 2 Rn. 298 m.w.N. zur Rspr. zur RVO). Hier bestand die naheliegende Gefahr, dass in der Dunkelheit ein oder mehrere nachfolgende PKW auf das die rechte Fahrspur größtenteils blockierende, unbeleuchtete Fahrzeug des Verunglückten hätte auffahren können, zumal in diesem Bereich der Autobahn keine Geschwindigkeitsbegrenzung vorgesehen war.
Hatte der Verunglückte die Absicht, unmittelbar durch Zeichen oder mittelbar durch Information der zuständigen Behörden den Verkehr zu warnen, liegt auch keine selbstgeschaffene Gefahr vor. Denn in diesem Fall war der Verunglückte, gemessen an den in § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO genannten Tätigkeiten, nicht aus betriebsfremden Motiven auf der Fahrbahn unterwegs. Es spielt dann aber auch keine Rolle, dass ein derartiges Verhalten in hohem Maße gefahrträchtig war und als unvernünftig bezeichnet werden muss.
C. Welches Verhalten mit welcher Handlungstenz sich am Unfallort vollzog, lässt sich nicht mehr feststellen. Jedoch steht zur Überzeugung des Senats mit Gewißheit fest, daß der Verunglückte bei jeder der angeführten Alternativen unter Versicherungsschutz stand und dass eine dritte, versicherungslose Alternative ausgeschlossen werden kann.
Bei einer derartigen Konstellation ist allein die Beklagte der leistungspflichtige Unfallversicherungsträger.
a) Zwar kann der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. Januar 1986 2 RU 19/84 - SozR 2200 § 539 Nr. 116) nicht entnommen werden, dass bei einer in die Zurücklegung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs. 1 RVO) eingeschobenen Hilfeleistung der Fortbestand oder Wegfall des nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO auf dem Weg bestehenden Versicherungsschutzes davon abhängt, ob die Unterbrechung des Weges zum Zwecke der Hilfeleistung unerheblich (geringfügig) oder erheblich war. Auch eine aufgrund eines sekundenschnell gefassten Entschlusses geleistete Hilfe führt zum Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSGE 44, 22, 24). Die Beantwortung der Frage, ob Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO oder nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO gegeben ist, setzt die Prüfung voraus, welche Umstände rechtlich ins Gewicht fallen. Sind die für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in Betracht zu ziehenden Umstände gegenüber denjenigen, welche die Anwendung des § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO rechtfertigen, von so untergeordneter Bedeutung, dass sie als rechtlich unerheblich außer Betracht zu bleiben haben, richtet sich der Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSG Urteil vom 15. Dezember 1966 - 2 RU 66/65). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, wie für die Abgrenzung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO gegenüber dem Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO (vgl. BSG Urteile vom 27. April 1972 - 2 RU 94/68 - USK 7250, vom 22. Februar 1973 - 2 RU 125/70 - und vom 26. April 1973 - 2 RU 77/70 - FamRZ 1973, 630). Im vorliegenden Fall ist die (unterstellte) Hilfeleistung des Verunglückten von der Zurücklegung des Weges von dem Ort der Tätigkeit nicht abgrenzbar. Der Verunglückte hat sich, wenn man unterstellt, dass er auf die entgegenkommenden Fahrzeuge zugelaufen ist, um sie zu warnen, zwar bewusst von der Zurücklegung seines Weges ab- und der Gefahrenbeseitigung zugewandt. Diese Hilfeleistung war auch mit erheblichem körperlichen Einsatz und mit erkennbarem Unfallrisiko verbunden. Die Verknüpfung mit dem Beschäftigungsverhältnis ist dabei aber nicht von so untergeordneter Bedeutung, dass sie hier als rechtlich unwesentlich außer Betracht zu bleiben hat. Denn der Verunglückte hat durch seinen vorausgegangenen Verkehrsunfall, der auf das Engste mit seinem versicherten Nachhauseweg in Zusammenhang stand, selbst eine erhebliche Gefahr geschaffen. Als Störer im polizeirechtlichen und als Verkehrssicherungspflichtiger im zivilrechtlichen Sinne war er gehalten, vor der von seinem PKW ausgehenden Gefahr in angemessener Weise zu warnen. Wenn er dabei zu Maßnahmen gegriffen haben sollte, die höchst gefährlich und zudem unvernünftig waren, wird dadurch der Zusammenhang mit dem versicherten Nachhauseweg nicht gelöst. Die selbstgeschaffene Gefahr wurde oben bereits verneint. Ebensowenig löst eine überobligationsmäßige Rettungshandlung den Zusammenhang zwischen der Rettungshandlung und dem dem versicherten Nachhauseweg zuzurechnenden ersten Verkehrsunfall des Verunglückten. Zu keinem Zeitpunkt befand sich der Verunglückte in der Situation eines Dritten, der zufällig des Weges daherkommt und sich spontan entschließt, in das Geschehen einzugreifen. Demzufolge verbleibt es im vorliegenden Fall bei der grundsätzlichen Subsidiarität des für die Absicherung des Risikos von Rettungshandlungen zuständigen Unfallversicherungsträgers. Die Beigeladene ist nach keiner Sachverhaltsvariante leistungspflichtig.
b) Aber auch dann, wenn auf diesen Fall die vom BSG für die Wahlfeststellung entwickelten Grundsätze heranzuziehen wären (s. Urteil vom 27.6.2000 - B U 23/99 R - SozR 3-2200 § 550 Nr. 20), was aber nach Auffassung des Senats aus den vorstehend aufgeführten und den in seinem Schreiben vom 27.06.2001 genannten Gründen nicht der Fall ist, ergäbe sich für die alleinige Leistungspflicht der Beklagten nichts anderes. Ebenso wie hier kamen in jener Entscheidung zwei unterschiedliche Unfallversicherungsträger in Betracht; einer von beiden musste es sein. Das BSG hat dazu ausgeführt:
"Es ist vielmehr sachgerecht, bei einer solchen Konstellation mit dem LSG die Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers in entsprechender Anwendung der Rechtsgrundsätze zu treffen, die das BSG für die Zuordnung des Leistungsverhältnisses bei multifunktionalen bzw. mehreren Unternehmen dienenden Tätigkeiten entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine der vorliegenden Konstellation vergleichbare Lage; die hierfür vorgesehenen Regeln sind mithin geeignet, eine sachgemäße Lösung auch für die hier zu entscheidende Situation herbeizuführen. Die danach zu beachtende Grundregel, nach der darauf abzustellen ist, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit letztlich oder überwiegend dient (vgl BSG, Urteil vom 8. Dezember 1983 - 2 RU 63/82 - = BAGUV-Rdschr 10/84) bzw - bei Unfallversicherungsschutz nach mehreren Rechtsvorschriften - welcher Vorschrift hier bei Abwägung der Umstände des Einzelfalls versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht beizumessen ist (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 34), muß auch hier Anwendung finden."
Der Verunglückte hatte - wie bereits oben ausgeführt - durch seinen vorausgegangenen Verkehrsunfall, der auf das Engste mit seinem versicherten Nachhauseweg in Zusammenhang stand, selbst eine erhebliche Gefahr geschaffen, die ihn dazu veranlasste, die nachfolgenden Fahrzeuge zu warnen. Zu diesem zweiten Schritt wäre es ohne den ersten nicht gekommen. Die Warnung ist gegenüber der vorangegangenen Situation, vor der gewarnt werden sollte, sekundär. Es wäre deshalb - bei Berücksichtigung dieser Umstände und der Rechtsauffassung des BSG - auch den Vorschriften über den Schutz des Heimweges gegenüber denen der Warnung vor gemeiner Gefahr der Vorrang einzuräumen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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