Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 14 U 167/95
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 23/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen Lärmschwerhörigkeit.
Der am ...1945 geborene Kläger leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Der Kläger wurde nach einer Bescheinigung der praktischen Ärztin Dr. V ... vom 21.4.1976 von ihr von 1960 bis zum II. Quartal 1962 wegen Epilepsie behandelt und 1964 als dauernd untauglich für den Wehrdienst ausgemustert, jedoch wurde ihm 1976 die Fahrerlaubnis ohne medizinisch begründete Auflagen erteilt.
Er arbeitete vom 18.2.1965 bis 30.9.1991 bei dem VEB S ... A ... in Z ..., zunächst als Hilfsarbeiter, dann als Maschinenarbeiter, später als Galvaniseur (er verzinkte Kleinteile) und schließlich als Schleifer und Polierer von Stoßstangen. Nach den sehr divergierenden Angaben - insoweit wird auf das Aufklärungsschreiben des Senats vom 24.1.2001 nebst den dort aufgeführten Anlagen verwiesen - kommt als längstmögliche Expositionsdauer der Zeitraum vom 3.9.1969 bis 30.9.1991, als kürzestmögliche Expositionsdauer der Zeitraum von 1980 bis 30.9.1991 in Betracht. Ab Mitte 1984 trug der Kläger Gehörschutzkappen. In Beantwortung des Aufklärungsschreibens des Senats hat der Kläger mit Schreiben vom 5.2.2001 angegeben, er habe am 1.1.1972 seine Tätigkeit als Schleifer und Polierer aufgenommen. Dieses Datum weicht von seinen bisherigen Angaben ab (Angabe gegenüber der Beklagten am 8.2.1994: 1.1.1971; Angabe gegenüber Dr. Z ... Ende Januar 1996: 1975). Daneben gibt es noch andere, zum Teil offenkundig widersprüchliche Angaben des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber teilte am 28.2.1994 unter Bezugnahme auf ein beigefügtes, undatiertes Messprotokoll als Ergebnis der Lärmmessung 86 dB (AS) mit. In der BK-Anzeige des Betriebes vom 29.7.1982 waren allerdings 92-94 dB (AI) genannt worden. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten ging entsprechend den ursprünglichen Angaben des Klägers davon aus, dass der Kläger 22 Jahre (1971 bis 1991; richtig hätte es heißen müssen: 20 Jahre) eine lärmgefährdende Tätigkeit ausgeübt habe.
Im Rahmen einer betrieblichen Reihenuntersuchung wurde im Mai 1980 erstmals vermerkt, das Hörvermögen des Klägers betrage auf beiden Ohren weniger als 5 Meter. Als erforderliche Maßnahme wurde die Einschaltung des HNO-Arztes Dr. G ... angegeben. Bei Reihenuntersuchungen in den Jahren davor war allerdings bereits eine Hörminderung festgestellt worden. Schon 1965 war angegeben worden, das Hörvermögen des Klägers betrage auf beiden Ohren 5 Meter. Hinzugefügt wurde die Bemerkung: "laute Umgangssprache". In den folgenden Jahren wurde bei nahezu jeder Reihenuntersuchung die beidseitige Hörminderung auf dem Untersuchungsbogen festgehalten. Der Kläger wurde am 11.6.1981 erstmals siebaudiometrisch von Dr. G ... untersucht. Bei der Reihenuntersuchung im Juni 1982 wurde erneut auf Dr. G ... und eine am selben Tag durchgeführte tonaudiometrische Prüfung ("Großaudiogramm") hingewiesen. Der Kläger wurde auf seinem damaligen Arbeitsplatz als nur noch beschränkt einsatzfähig eingestuft. Neben dem Tonaudiogramm vom 9.6.1982 wurde nochmals am 1.8.1989 ein Tonaudiogramm erstellt. Bis 1988 wurden noch weitere 4 Siebaudiogramme angefertigt.
Dr. G ... diagnostizierte einen kombinierten Hörschaden (Innenohr-Schallleitungshörstörung älterer Genese), der durch Lärmexposition verschlimmert worden sei. Am 11.6.1982 erstattete Dr. G ... eine BK-Anzeige. Er ging davon aus, das Gehör des Klägers sei durch eine Streptomycinbehandlung vorgeschädigt gewesen - entsprechende Vermerke gab es schon zuvor auf den Untersuchungsbögen -, schloss aber nicht aus, dass die Hörminderung durch die Lärmexposition beim Kläger, der Hörschutzwatte getragen hatte, verstärkt worden sei. In der kurze Zeit später ebenfalls erstatteten BK-Meldung durch den Betrieb wurde der Beschwerdebeginn auf das Jahr 1979 datiert. Erstmals am 3.1.1983 wurde von Dr. T ... ein audiologisches Gutachten erstellt. Die subjektiven Beschwerden des Klägers wurden wie folgt wiedergegeben:
"Nach Angaben des Untersuchten bemerke er bereits seit 1959, im Anschluss an eine Streptomycinbehandlung, eine geringe Hörminderung. Er hätte vor der Spritzenbehandlung alle Feinheiten gehört. Das Gehör hätte sich dann allmählich immer mehr verschlechtert. Keine Ohrgeräusche."
Das Verständnis für Umgangssprache (Zahlen) betrug auf beiden Ohren 5 Meter, das binaurale Wortverständnis (Einsilber) nur 1 Meter. Aufgrund des Sprachaudiogramms wurde nach der Methode von Trautmann ein Hörverlust von 77 % auf dem rechten und von 79 % auf dem linken Ohr errechnet. Das Tonschwellenaudiogramm ergab nach der Methode Fowler/Sabine einen Hörverlust auf dem rechten Ohr von 73,5 % und auf dem linken Ohr von 74,6 %. Ein Cortischaden wurde als nicht wahrscheinlich angesehen. Diagnostiziert wurde ein hochgradiger cochleobasaler Innenohrschaden, beginnend ab 250 Hz, von annähernd seitengleicher Ausbildung als Folge einer toxischen Schädigung. Eine Berufskrankheit nach Nr. 50 der Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.4.1981 (GBl. I 139 ) wurde verneint, wobei Dr. T ... sogar von einer Lärmexposition ab 1966 ausging. Mit einem an den FDGB-Kreisvorstand Verwaltung der Sozialversicherung - gerichteten Schreiben vom 6.4.1983 empfahl OMR Dr. D ..., eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR beim Kläger nicht anzuerkennen. Mit Bescheid vom 16.5.1983 wurde die Anerkennung abgelehnt, weil die Schwerhörigkeit des Klägers Folge von Medikamentennebenwirkungen sei, wobei der Lärm zu einer Beeinflussung des Leidens teilweise beitrage.
Mit Schreiben vom 13.12.1993, eingegangen bei der Beklagten am 14.12.1993, zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass er möglicherweise berufsbedingt an einer Lärmschwerhörigkeit leide. Die BK-Anzeige der Dipl.-Med. F ... ging bei der Beklagten am 19.1.1994 ein. Die Beklagte ließ den Kläger am 1.7.1994 von Dr. T ... begutachten, der nur insoweit von seinem früheren Gutachten aus dem Jahre 1983 abwich, als er nunmehr eine geringfügige Zunahme der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit feststellte (nach der Methode Boenninghaus/Röser ausgewertetes Sprachaudiogramm: Hörverlust des rechten Ohres 80 %, Hörverlust des linken Ohres 90 %) und insbesondere auch von einer Schallleitungskomponente ausging. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen ab, weil keine Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR vorliege (Bescheid vom 8.3.1995). Die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit sei Folge der Einnahme von ototoxischen Medikamenten nach epileptischen Anfällen. Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, als Jugendlicher sei er noch nicht schwerhörig gewesen und bei seiner Einstellung im VEB S ... A ... sei keine Schwerhörigkeit festgestellt worden. Im Widerspruchsverfahren nahm der die Beklagte beratende Prof. Dr. T ... dahingehend Stellung, dass er die vorformulierte Frage "Sprechen Art, Verlauf und insbesondere die audiologischen Befunde für eine berufliche Verursachung" mit "ja" beantwortete, jedoch hinzufügte, die belegte Hörminderung zu Beginn der Exposition, der Hinweis auf die Streptomycinbehandlung, das Fehlen von Recruitment-Zeichen und das Ausmaß der Hörminderung machten ein Überwiegen des lärmunabhängigen Geschehens wahrscheinlich. Eine überzeugende Aufteilung, insbesondere nach Verursachungsanteilen während der Expositionszeit und unter dem Gesichtspunkt des Vorschadens, sei unmöglich, da schon zu Beginn der Exposition ein Überwiegen des lärmunabhängigen Anteils zu unterstellen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.8.1995).
Mit seiner dagegen vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe als Kind im Jahre 1958 einen Schlittenunfall erlitten und sei deswegen am Oberschenkel genäht worden. Nach dem Unfall habe er ein oder zwei Schwindelanfälle erlitten, jedoch keine epileptischen Anfälle. Ihm seien im Abstand von einer Woche zwei Streptomycin-Spritzen verabreicht worden.
Das SG hat Dr. Z ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Beweisanordnung vom 15.12.1995). In seinem Gutachten hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass weder Epilepsie noch eine Weichteilverletzung mit Streptomycin behandelt würden, insbesondere sei an keiner Stelle der Nachweis erbracht, dass der Kläger wirklich mit Streptomycin behandelt worden sei. Bei einer Einzeldosis von 40 mg müssten rund 1000 Injektionen verabreicht werden, um eine toxische Wirkung zu erzielen. Die Sprachstörung des Klägers (Sigmatismus) lasse jedoch den Schluss auf eine frühkindliche Innenohrstörung zu. Es liege eine audiogene Dyslalie vor. Diese sei beim Kläger nicht erkannt worden. Im weiteren Verlauf sei die Innenohrschädigung durch die Lärmexposition verschlimmert worden. Der Vorschaden sei als gering- bis mittelgradig einzuschätzen. Es seien daher jeweils 35 % Hörverlust als Vorschaden vom tatsächlichen Hörverlust abzuziehen. Ausgehend von dem im August 1989 erstellten Audiogramm (Hörverlust des rechten Ohres 78,6 %, Hörverlust des linken Ohres 80,6 %) resultiere hieraus eine MdE um mindestens 25 v.H.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.2.1997). Der bereits bei Beginn der Lärmexposition bestehende prozentuale Hörverlust könne nicht mehr genau ermittelt werden. Tonschwellenaudiogramme lägen erst seit 1983 vor, also dem Zeitpunkt, zu dem die Lärmexposition geendet habe. Die Schätzung des Sachverständigen Dr. Z ... zum Vorschaden des Klägers sei spekulativ. Da der Umfang der berufsbedingten Schwerhörigkeit mangels Kenntnis des genauen Vorschadens nicht ermittelt werden könne, lasse sich auch nicht feststellen, dass ein Grad des Körperschadens von mehr als 20 % durch die berufsbedingte Lärmeinwirkung verursacht worden sei.
Im Wege der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der vom Senat mit Beweisbeschluss vom 29.8.1997 zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. H ... ist zu dem Ergebnis gekommen, es liege nach der Tabelle von Boenninghaus/Röser ein beidseitiger Hörverlust von 80 % vor. Werde das Gesamtwortverstehen gewichtet, ergebe sich ein Hörverlust des rechten Ohres von 80 % und ein solcher des linken Ohres von 90 %. Ein cochleärer Hörschaden könne aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse der vorgenommenen Tests nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Das Audiogramm aus dem Jahre 1982 zeige eine nahezu pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits ab 0,5 kHz. Dieser Hörkurvenverlauf mit bereits in tiefen Frequenzen anzutreffendem Hörverlust und die fehlende C/5-Senke seien für eine Lärmschwerhörigkeit untypisch. Es sei unwahrscheinlich, dass eine bis dahin 12-jährige Lärmexposition mit grenzwertigen Lärmpegeln eine derartige Hörstörung verursacht habe. Das Audiogramm aus dem Jahre 1989 zeige eine Zunahme des Hörverlustes insbesondere im höheren Frequenzbereich. Diese nicht lineare Zunahme sei möglicherweise auf die weitere Lärmbelastung zurückzuführen. Dies sei aber wenig wahrscheinlich, da ab 1984 Gehörschutzkappen getragen worden seien. Der lärmbedingte Anteil der Schwerhörigkeit an der MdE werde auf weniger als 10 v.H. geschätzt.
Der auf Antrag des Klägers durch Beweisanordnung vom 21.9.1998 nach § 109 SGG zum Sachverständigen ernannte Dr. R ..., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, meint, eine Hörstörung durch Streptomycinbehandlung könne ebenso ausgeschlossen werden wie eine frühkindliche Hörstörung. Die Prüfung der Umgangssprache im Rahmen der Reihenuntersuchungen sei kaum verwertbar, da geringere Schwerhörigkeiten bestenfalls über die Flüstersprache erkennbar seien. Eine C/5-Senke könne sich während einer 22-jährigen Lärmexposition in eine cochleobasale Hörstörung verändert haben. Eine lärmbedingte Ursache der Schwerhörigkeit sei somit wahrscheinlich. Der Sachverständige hat die MdE auf 60 v.H. geschätzt. Hierauf hat der vom Senat zur Stellungnahme aufgeforderte Prof. Dr. H ... entgegnet, maßgeblich werde das Ergebnis der Begutachtung - der überwiegende Anteil der vorliegenden Schwerhörigkeit sei nicht durch berufsbedingten Lärm verursacht - auf den bereits 1982 beschriebenen, untypischen Hörkurvenverlauf mit einem erheblichen Hörverlust auch im tiefen Frequenzbereich nach 12-jähriger Lärmexposition bei grenzwertigen Lärmpegeln und auf die Zunahme des Hörverlustes auch nach Tragen von Gehörschutzkappen gestützt.
Mit Beweisanordnung vom 19.7.1999 ist Prof. Dr. H ... erneut zum Sachverständigen ernannt und eine ausführliche Zusatzbegutachtung eingeholt worden. In diesem Zusatzgutachten hat Prof. Dr. H ... seine schon zuvor vertretene gutachtliche Position nochmals ausführlich dargestellt und vertieft. Die Ursache der bereits bei der Reihenuntersuchung 1965 festgestellten Hörminderung sei nicht mehr abklärbar. Insbesondere könne eine Gehörschädigung durch eine Streptomycinbehandlung nicht schlüssig nachvollzogen werden. Eine nahezu pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit mit einem Hörverlust für Knochenleitung von 30 dB nach 12 Jahren beruflicher Lärmexposition bei einem grenzwertigen äquivalenten Dauerschalldruckpegel von 85-89 dB (A) sei deshalb unwahrscheinlich. Bei dieser 12-jährigen Lärmexposition sei die Entstehung einer entschädigungspflichtigen Lärmschwerhörigkeit eher unwahrscheinlich bis nicht völlig auszuschließen. 1982 wäre eher ein Anfangsstadium mit C/5-Senke zu erwarten gewesen. Eine Umwandlung in dieser Zeit zu einer cochleo-basalen Hörstörung sei - entgegen der Auffassung von Dr. R ... - nicht wahrscheinlich. Nur bei extrem hohen Lautstärken von über 100 dB sei nach vielen Jahren Exposition auch ein Tieftonverlust zu erwarten. Allerdings sei die aus den Audiogrammen von 1994 und 1997 abzuleitende fehlende Progredienz der Hörstörung auf die fehlende weitere Einwirkung einer gehörschädigenden Noxe zurückzuführen. Dieser Anteil könne jedoch nur klein sein, weil von 1984 bis 1991 Gehörschutzkappen getragen worden seien und die Lärmexposition grenzwertig gewesen sei. Aufgrund der grenzwertigen Lärmexposition, des anamnestischen Vorschadens, des untypischen Tonschwellenkurvenverlaufes und der uneinheitlichen überschwelligen Tests sei die Schwerhörigkeit des Klägers in ihrem überwiegenden Anteil nicht lärmbedingt. Eine mögliche Lärmkomponente könne gradmäßig nicht sicher abgegrenzt werden. Aufgrund fehlender Audiogramme sei der Vorschaden in seinem Ausmaß retrospektiv nicht erfassbar und damit nicht abgrenzbar. Daher müsse der Gesamtschaden als lärmunabhängig verursacht angesehen werden. Die von Dr. Z ... vorgenommene Aufteilung sei nicht nachvollziehbar. Dr. R ... diskutiere weder den annehmbaren Vorschaden noch die sich widersprechenden überschwelligen Tests. Aus Dr. R ... Gutachten gehe nicht hervor, ob er die Gesamt-MdE von 60 v.H. allein auf den Lärm zurückführe.
Der Kläger macht nunmehr geltend, er habe vom 21.7.1969 bis 31.12.1971 Kleinteile verzinkt und cadmiert. Der Lärmpegel habe 92-94 dB betragen (Angabe des Betriebs: keine Lärmeinwirkung). Vom 1.1.1972 bis 30.9.1991 sei er als Schleifer und Polierer beschäftigt gewesen. Der Lärmpegel habe 94-110 dB betragen (Angabe des Betriebs 1994: 86 dB; 1982: 92-94 dB). Bei der Einstellungsuntersuchung sei kein Hörschaden festgestellt worden. Erst 1981 sei ein Gehörschaden festgestellt worden. Der Befundbericht von Dipl.-Med. F ... und das Gutachten von Dr. Z ... seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Mit Beschluss vom 23.2.2001 ist die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik beigeladen worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.2.1997 - S 14 U 167/95 - und den Bescheid der Beklagten vom 8.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.8.1995 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 50 der Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.4.1981 (GBl. I S. 139) vorliegt, und die Beigeladene zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Senat mit den Beteiligten den Inhalt der Fernkopie der DISOS-GmbH, Klingenberg, erörtert (LSG-Akte Bl. 172), wonach der Kläger ab 1.5.1967 als Maschinenarbeiter, ab 21.7.1969 als Galvaniseur und ab 3.9.1979 als Schleifer tätig war. Der Kläger hat Skizzen seines Arbeitsplatzes vorgelegt und erläutert.
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG die Klage gegen die Beklagte abgewiesen, die ebenfalls zu Recht die Gewährung von Leistungen abgelehnt hat (I). Der Kläger hat nach BK-Nr. 50 der BKVO-DDR keinen Anspruch gegen die Beigeladene auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H., weil bei ihm keine lärmbedingte Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung vorliegt (II). Infolgedessen musste auch sein gegen die Beigeladene gerichteter Feststellungsantrag erfolglos bleiben (III).
I.
Die mit Bescheid vom 8.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.8.1995 erfolgte Ablehnung von Entschädigungsleistungen durch die Beklagte und das diese Verwaltungsentscheidungen bestätigende Urteil des SG vom 19.2.1997 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil der vom Kläger behauptete Versicherungsfall der Lärmschwerhörigkeit nicht erst nach dem 31.12.1990 eingetreten sein kann und die Beklagte nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz und dem danach aufgestellten Verteilerschlüssel für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (Versicherungsfälle) bis 31.12.1990 nicht für Versicherte mit dem Geburtsdatum des Klägers zuständig ist.
Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz ist hier gegenüber der Vereinbarung der gewerblichen Unfallversicherungsträger über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei "Berufskrankheiten" vom 9.6.1994 und auch, soweit die Übergangsregelung nach § 8 der Vereinbarung vom 9.6.1994 eingreift, gegenüber der Vereinbarung über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei Berufskrankheiten vom 8./9.2.1973 in der Fassung des ab 1.8.1990 in Kraft getretenen zweiten Nachtrages der Arbeitshinweise vorrangig. Nach diesen Vereinbarungen ist die Berufsgenossenschaft zuständig, in deren Bereich die letzte gefährdende Tätigkeit vor der Meldung der Berufskrankheit - hier die Meldung des Versicherten vom 13.12.1993 und die BK-Anzeige der Dipl.Med. Frost vom 19.1.1994 - ausgeübt wurde. Dies wäre die Beklagte als die für den Betrieb des Klägers ab 1.1.1991 fachlich zuständige Berufsgenossenschaft. Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz geht jedoch als ausdrückliche gesetzliche Regelung und damit als höherrangiges Recht den genannten vertraglichen Regelungen vor, die gerade deswegen geschaffen wurden, weil es unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Zuständigkeit bei unterschiedlich versicherten Gefährdungszeiten nicht gegeben hat. Infolgedessen kann es auch dahingestellt bleiben, ob nach den genannten Vereinbarungen die Tätigkeit des Klägers ab 1.1.1991 wegen des Tragens der Gehörschutzkappen überhaupt noch als gefährdende Tätigkeit anzusehen ist. § 134 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), das die oben genannte vertragliche Regelung kodifiziert hat, findet hier schon wegen § 212 SGB VII keine Anwendung.
Maßgeblich nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz ist der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Unter dem Eintritt des Versicherungsfalls ist der Zeitpunkt zu verstehen, zu dem sich die Gefährdungen realisiert haben, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll. Das ist der Eintritt jedes Gesundheitsschadens, der die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Berufskrankheit erfüllt. Im vorliegenden Rechtsstreit kann ein möglicher Versicherungsfall nur vor dem 1.1.1991 eingetreten sein. Denn bereits 1982 stellte Dr. G ... einen erheblichen beidseitigen Hörverlust fest. 1983 errechnete Dr. T ... nach der Methode Fowler/Sabine einen beidseitigen Hörverlust von jeweils knapp 75 % (rechtes Ohr: 73,5 %; linkes Ohr: 74,6 %). Zwar schritt der Hörverlust in der Folgezeit fort. Jedoch war der Kläger nach dem 31.12.1990 lediglich noch ein 3/4 Jahr lärmexponiert beschäftigt. Selbst wenn man die Zunahme des Innenohrschadens seit 1983 nicht als bloß unerheblich ansieht (so aber Dr. T ... in seinem Gutachten vom 13.6.1994; Blatt 64 der Beklagtenakte), kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Fortschreiten der Schwerhörigkeit des Klägers zu einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit - wenn sie denn durch Lärm mitverursacht worden sein sollte - nicht mehr auf die berufliche Tätigkeit des Klägers nach dem 31.12.1990 zurückgeführt werden könnte. Denn bereits im August 1989 ergab ein von Dr. G ... erstelltes weiteres Audiogramm einen Hörverlust von 78,6 % für das rechte Ohr und einen solchen von 80,6 % für das linke Ohr (Dr. Z ..., Gutachten vom 29.1.1996; Blatt 54 der SG-Akte). Es ist bei derartigen Befunden ausgeschlossen, dass eine lärmbedingte Schwerhörigkeit erst nach dem 31.12.1990 aufgetreten ist.
Mithin kommt allein die Beigeladene als leistungspflichtiger Unfallversicherungsträger in Betracht, da sie für Versicherungsfälle zuständig ist, die vor dem 1.1.1991 eingetreten sind, wenn Versicherte am 1.4. geboren sind. Dies trifft auf den Kläger zu.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente gegen die Beigeladene, weil er die Voraussetzungen der hier allein anwendbaren BK-Nr. 50 BKVO-DDR nicht erfüllt.
§ 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO bestimmt, dass Krankheiten, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO gelten. Gehörerkrankung als mögliche Berufskrankheit ist hier schon wegen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit durch den Kläger am 30.9.1991 jedenfalls vor dem 31.12.1991 eingetreten. Denn dem Senat ist aus einer Reihe von Verfahren zur Lärmschwerhörigkeit bekannt, dass nach dem allgemein anerkannten aktuellen medizinischen Kenntnisstand eine durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit nach dem Ende der Lärmexposition nur altersentsprechend fortschreitet.
§ 1150 Abs. 2 S 1 RVO ist wegen § 215 Abs. 1 SGB VII auch weiterhin anwendbar.
Nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR ist Schwerhörigkeit eine Berufskrankheit, wenn sie durch Lärm verursacht wird und eine soziale Bedeutung hat. Eine soziale Bedeutung liegt vor, wenn die Hörschädigung zu Verständigungsschwierigkeiten mit anderen Personen führt. Die ausgeprägte Schwerhörigkeit des Klägers hat unzweifelhaft im Sinne dieser gesetzlichen Definition eine soziale Bedeutung. Es steht jedoch schon nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Schwerhörigkeit des Klägers wenigstens zum Teil durch Lärm verursacht wurde, dem er bei seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt war und damit erst recht nicht, dass der lärmbedingte Anteil der Schwerhörigkeit für sich genommen bereits die Voraussetzung der sozialen Bedeutung erfüllt. Denn nach der Begutachtungspraxis der Sozialversicherung der DDR war eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung nur anzunehmen, wenn sich nach dem Sprachaudiogramm gegebenenfalls unter Berücksichtigung des beidohrigen Zahlentests im Störgeräusch ein lärmbedingter Körperschaden von mindestens 20 % ergab.
Erforderlich für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR ist
- 1. der sichere Nachweis, dass der Versicherte berufsbedingt einem Lärm ausgesetzt war, der nach Dauer und Intensität geeignet war, eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung zu verursachen (Lärmexposition),
- 2. der sichere Nachweis, dass eine Schwerhörigkeit mit sozia ler Bedeutung vorliegt und
- 3. der Nachweis der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit, dass die Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung durch die Lärmex position verursacht wurde.
1. Der Kläger war gehörschädigendem Lärm ausgesetzt. Hierbei geht der Senat für die Zeit bis Mitte 1982 von den Angaben in der BK-Anzeige des Betriebs vom 29.7.1982 aus, wonach die Lärmbelastung mit 92-94 dB (AI) für die Tätigkeit als Schleifer und Polierer angegeben wurde. Die davon abweichenden, niedrigeren Angaben des Betriebes in der BK-Anzeige vom 25.2.1994 sind bis zu diesem Zeitpunkt nicht verwertbar, weil sie keinem Beobachtungszeitraum zugeordnet werden können. Für die Zeit danach sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich: Keiner der beiden Angaben kommt eine größere Richtigkeitsgewähr gegenüber der jeweils anderen zu. Es kann daher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in der Zeit danach der höhere Wert Gültigkeit besitzt. Umgekehrt ist nicht auszuschließen, dass der niedrigere Wert auch vor Mitte 1982 zutreffend war. Da für die Zeit nach Mitte 1982 kein höherer Wert festgehalten ist, nicht klar ist, auf welchen Zeitraum sich der niedrigere Wert bezieht und eine Klärung dieser Frage nicht mehr möglich ist, kann aus Gründen der objektiven Beweislast für die Zeit nach Mitte 1982 nur der niedrigere Wert zugrunde gelegt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 5.2.2001 zu seiner Tätigkeit als Schleifer und Polierer, von denen nicht klar ist, aus welcher Quelle sie stammen, insbesondere ob sie exakte Messergebnisse darstellen. Dies gilt auch für seine Angaben zur Lärmbelastung als Galvaniseur (Verzinker von Kleinteilen). Insoweit aber stimmen die beiden BK-Anzeigen des Betriebes des Klägers überein, als in keiner von beiden Anzeigen diese Tätigkeit als lärmbelastend beschrieben wird. In der BK-Anzeige vom 28.2.1994 wird eine Lärmeinwirkung beim Verzinken von Kleinteilen ausdrücklich verneint. In der BK-Anzeige vom 29.7.1982 wird die Lärmbelastung nur auf den Lärm durch Schleifarbeiten zurückgeführt, obwohl der Kläger jedenfalls in der Zeit davor als Galvaniseur tätig war. Mittelbar wurde damit die Tätigkeit als Galvaniseur nicht als lärmbelastet eingestuft.
Das Ausmaß der Lärmexposition ergibt sich erst aus dem Zusammenwirken von (Mindest-)Intensität des Lärms, der einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, und seiner Dauer. Hinsichtlich der Angaben zur Dauer der Exposition bestehen zum Teil gravierende Widersprüche. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger vor September 1979 als Schleifer und Polierer einem zur Verursachung von Lärmschwerhörigkeit geeigneten Lärm ausgesetzt war.
Sowohl die Angaben des Klägers als auch die des Betriebes sind in sich widersprüchlich und differieren auch untereinander. Am 8.2.1994 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er habe die Tätigkeit als Polierer vom 1.1.1971 bis 30.9.1991 ausgeübt. Die Tätigkeit als Galvaniseur wurde überhaupt nicht erwähnt (Blatt 10 der Beklagtenakte). Gegenüber dem Sachverständigen Dr. Zehmisch erklärte er in einem handschriftlichen Vermerk, er sei ab 1975 als Kupferpolier tätig gewesen (Blatt 66 der SG-Akte). Auf Nachfrage des Senats erklärte er ohne nähere Begründung, aber in Kenntnis der zusammen mit dem Schreiben des Senats übersandten BK-Anzeige des Betriebs vom 29.7.1982, er sei seit 1972 als Polierer und Schleifer tätig (Blatt 151 der LSG-Akte). Nicht weniger widersprüchlich sind die Angaben des früheren Arbeitgebers, des VEB S ... und seines Rechtsnachfolgers. Dieser hat der Beklagten mitgeteilt, der Kläger habe vom 21.7.1969 bis 2.9.1979 Kleinteile verzinkt und vom 3.9.1969 bis 30.9.1991 Schleif- und Kupferpolierarbeiten an den Stoßstangen für den Trabant verrichtet. Es ist naheliegend, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler handelt und der Beginn der Tätigkeit als Schleifer und Polierer auf den 3.9.1979 lauten muss. Die Fernkopie der D ... GmbH, Landesdepot Sachsen, vom 5.3.2001 über die Personalkarte des Klägers bestätigt diesen Sachverhalt. Dagegen hat der Betrieb in der BK-Anzeige vom 29.7.1982 angegeben, der Kläger sei seit 1972 als Schleifer tätig gewesen (Blatt 55 der Beklagtenakte). Wiederum anders stellt sich der Sachverhalt nach den im Rahmen der Reihenuntersuchungen ausgefüllten Untersuchungsbögen dar. Danach war der Kläger jedenfalls 1970, 1971, 1973, 1976, 1979 und 1980 als "Galvaniseur" und in den Jahren 1977 und 1978 als "Galv" tätig. Für das Jahr 1980 ist ausdrücklich vermerkt: "arbeitet zur Zeit als Schleifer" (Blatt 30 ff. der Beklagtenakte).
Diesen Angaben misst der Senat besondere Bedeutung bei, denn er geht davon aus, dass die Betriebsärzte zum einen sehr wohl den Unterschied zwischen "Galvaniseur" und "Schleifer" kannten und es auch keinen Grund gibt, warum bei einer persönlichen Untersuchung des Klägers durchgehend seit 1972 die ausgeübte Tätigkeit des Klägers unrichtig bezeichnet worden sein soll. Hinzu kommt, dass der Kläger im Jahr 1982 als Polierer bezeichnet wird und bereits für das Jahr 1980, als beim Kläger ein Hörvermögen von unter 5 m beidseits festgestellt wurde, ausdrücklich vermerkt wurde, er arbeite "zur Zeit" als Schleifer, was zumindest darauf hinweist, dass diese Tätigkeit nur vorübergehend war oder zumindest ein endgültiger Wechsel noch nicht erfolgt war. Dies deckt sich mit dem Umstand, dass auf demselben Formular in der Rubrik: "Jetzige Tätigkeit" der Kläger (noch immer) als "Galvaniseur" bezeichnet wird und der Kläger auch bei der Reihenuntersuchung vom 11.6.1979 als Galvaniseur bezeichnet wurde.
Schließlich kommt hinzu, dass der Kläger durchgehend als voll "einsatzfähig" für die Tätigkeit bezeichnet wurde, obwohl ebenfalls durchgehend mit unterschiedlichen Formulierungen immer eine beidseitige Hörminderung festgehalten wurde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Betriebsärzte den Kläger, bei dem schon 1965 vermerkt worden war, dass er auf 5 Meter nur "laute Umgangssprache" verstehe, all die Jahre auf einem lärmexponierten Arbeitsplatz belassen hätten, ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen vorzuschlagen. Dagegen spricht auch nicht die Reihenuntersuchung aus dem Jahre 1980, bei der der Kläger ebenfalls für voll einsatzfähig erklärt worden war, obwohl sein beidseitiges Hörvermögen nur noch unter 5 Meter betrug. Diese Einschätzung lässt sich damit erklären, dass der Kläger nach Auffassung des Betriebsarztes an sich als Galvaniseur und nur "zur Zeit" als Schleifer tätig war. Dagegen wurde der Kläger bei demselben Befund im Jahre 1982 für die Dauer-Tätigkeit als Polierer nur als "beschränkt einsatzfähig" angesehen. (Bekl.-Akte Bl. 36)
Zwar kann den Angaben der Reihenuntersuchungen vor dem Hintergrund anders lautender Äußerungen des Klägers und des Betriebes nicht mit letzter Gewissheit entnommen werden, dass der Kläger tatsächlich bis 1979/1980 nur oder zumindest ganz überwiegend als Galvaniseur tätig war. Jedoch hat der Kläger die objektive Beweislast dafür, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also mit einer Gewissheit, die ernsthafte vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen lässt, der Beginn der Lärmexposition feststeht. Einen derartigen Überzeugungsgrad kann der Senat erst für die Zeit ab Ende 1979/Anfang 1980 gewinnen, weil erst ab diesem Zeitpunkt die Angaben der Reihenuntersuchungen mit der Angabe des Betriebs in seiner BK-Anzeige vom 28.2.1994 (Blatt 19 der Beklagtenakte) übereinstimmen, da man davon auszugehen hat, dass es sich bei der Angabe 3.9.1969 um einen Schreibfehler handelt und es richtigerweise 1979 hätte heißen müssen.
2. Alle Gutachten belegen, dass beim Kläger eine ausgeprägte Schwerhörigkeit vorliegt, die an Taubheit grenzt, wobei die ärztlichen Angaben zu den Hörverlusten schwanken. Eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung liegt beim Kläger evident vor. Sie ist aber nicht durch beruflichen Lärm verursacht.
3. Hinsichtlich der Kausalität zwischen berufsbedingter Lärmeinwirkung und Gehörschädigung ist zunächst zu beachten, dass ausnahmslos alle Gutachter von einer deutlich längeren Expositionsdauer ausgegangen sind, während der der Kläger keine Gehörschutzkappen getragen hat, als derjenigen, die sich nach den Ausführungen unter II. 1. als rechtlich beachtliche Expositionsdauer als nachweisbar ansehen lässt.
Dr. Zehmisch legt das Jahr 1971, an anderer Stelle im Gutachten deren Ende zugrunde. Die Auffassung von Dr. Z ..., der Vorschaden sei nach allen bekannten und im Gutachten genannten Fakten als gering- bis mittelgradig einzuschätzen (Blatt 54 der SG-Akte), ist nicht überzeugend begründet. Dr. Zehmisch kann mangels Kenntnis der Ursache der mit Sicherheit schon im Zeitpunkt der Lärmexposition bestehenden Hörschwäche des Klägers weder darlegen, dass der anderweit (endogen oder exogen) verursachte Hörschaden des Klägers im Zeitpunkt des Beginns der Lärmexposition schon abgeschlossen war, noch plausibel machen, welchen Umfang die Vorschädigung hatte. Denn wenn auch mit Dr. R ... davon auszugehen ist, dass die Beurteilung der Hörminderung durch die Umgangssprache nicht geeignet ist, geringere Schwerhörigkeiten zu ermitteln, spricht dies nicht gegen die Vorbefunde. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die Hörschädigung des Klägers schon seit 1965 deutlich ausgeprägt gewesen sein muss, wenn sie durch "laute Umgangssprache" leicht zu erkennen war. Dem entspricht die Eintragung im Reihenuntersuchungsbogen vom 8.5.1980, wonach die Hörschwäche schon "seit der Kindheit" besteht (Bekl.-Akten Bl. 35 Rs.). Bestätigt wird dieser Sachverhalt durch das Gutachten von Dr. T ... aus dem Jahre 1983. Trotz eines hochgradigen beidseitigen Innenohrschadens ergab seine Hörweitenbestimmung mittels Umgangssprache (Zahlen) für beide Ohren 5 Meter. Wenn bei den Reihenuntersuchungen in der Zeit davor ähnliche Werte erhoben worden sind und immerhin 1980, also wenige Monate nach Beginn der Lärmexposition das Hörvermögen mit unter 5 Metern angegeben wurde, spricht mindestens soviel dafür wie dagegen, dass der von Dr. T ... im Jahre 1983 festgestellte hochgradige Innenohrschaden auch schon vor Beginn der Lärmexposition bestanden hatte. Insoweit hat das SG im Ergebnis zutreffend die von Dr. Z ... vorgenommene Schätzung des Vorschadens (35 % Hörverlust beidseits) als spekulativ bezeichnet.
Dr. R ... geht von einer lärmgefährdeten Tätigkeit von 22 Jahren aus (1969 bis 1991); an anderer Stelle im Gutachten nennt er sogar das Jahr 1966 als Beginn der lärmbelasteten Tätigkeit. Dr. R ... stimmt mit Prof. Dr. H ... insoweit darin überein, dass die beim Kläger am Ende der 80er Jahre bestehende beidseitige Hörschädigung nur durch eine lange Expositionsdauer hervorgerufen sein konnte, weil sich die von ihm vermutete frühere C/5-Senke zu einer cochleo-basalen Hörstörung verändert habe. In der Zeit von 10 bis 15 Jahren Lärmexposition könne - so meint Dr. R ... - eine solche Veränderung eintreten. Die Art und Schwere der festgestellten Hörstörung jedoch ließe sich nur dann als lärmbedingt erklären, wenn der Kläger viele Jahre extrem hohen Lautstärken von über 100 dB ausgesetzt gewesen wäre (Prof. Dr. H ...; Blatt 111 der LSG-Akte). Hierfür gibt es aber weder hinsichtlich der Intensität noch der Dauer gesicherte Erkenntisse (vgl. oben II.1). Der Schluss von Dr. R ..., es müsse eine lärmbedingte Hörstörung vorliegen, weil weder eine Streptomycinbehandlung noch eine frühkindliche Hörstörung hinreichend belegt und deshalb als Ursachen unbeachtlich seien, ist nicht zwingend, wenn nicht zugleich ein typischer Lärmschwerhörigkeitsbefund vorliegt. Mit Dr. R ... ist zwar aus Rechtsgründen davon auszugehen, dass innere Ursachen unbeachtlich bleiben müssen, wenn es für diese keinen sicheren Nachweis gibt. Ein solch sicherer Nachweis muss jedoch auch für die schädigende Expositionsdauer geführt werden, der bei einem nur für die Zeit von Ende 1979 bis Mitte 1982 im Mittelfeld und danach bis Mitte 1984 als grenzwertig belegten schädigenden Lärmpegel nicht als erbracht angesehen werden kann. Insoweit genügt es nicht, konkrete innere Ursachen auszuschließen, vielmehr muss der Nachweis der Lärmschwerhörigkeit mittels adäquater Expositionsdauer positiv geführt werden.
Prof. Dr. H ... hält grundsätzlich einen berufsbedingten Hörschaden des Klägers für möglich, der dann aber mit einer MdE um weniger als 10 % einzuschätzen wäre. Schon Mitte 1982 hatte das von Dr. G ... angefertigte Tonaudiogramm eine beidseitige pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungs-Schwerhörigkeit ab 0,5 kHz ergeben (S. 9 des Gutachten vom 8.10.1999; Blatt 114 der LSG-Akte). Hiernach kann - insoweit folgt der Senat Prof. Dr. H ... - die mögliche berufsbedingte Hörschädigung nur einen geringen Umfang haben, zumal bereits von Dr. T ... in seinem Gutachten vom 3.1.1983 ein hochgradiger cochleobasaler beidseitiger Innenohrschaden von annähernd seitengleicher Ausbildung diagnostiziert worden ist (Blatt 58 der Beklagtenakte), der aus den schon genannten Gründen ebenso gut bereits vor Beginn der Lärmexposition vorgelegen haben kann. Ferner ist zu bedenken, dass Art und Ausmaß der Progredienz der nicht lärmbedingten Hörstörung mangels einer nicht möglichen Diagnose der Ursache auch für die Zeit von 1979 bis 1991 nicht abgeschätzt werden kann. Denn insoweit ist es auch aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers im Jahre 1982/83 gegenüber Dr. T ... wahrscheinlich, dass eine Progredienz des Hörverlustes stattfand. Da diese aber mangels Lärmexposition jedenfalls in den Jahren bis 1966 nicht lärmbedingt erfolgt sein konnte, muss davon ausgegangen werden dass sie eine andere fortwirkende oder neu hinzugetretene exogene oder endogene Ursache gehabt hat. Die Möglichkeit, dass eine endogene oder exogene, nicht berufsbedingte Ursache ebenfalls Mitte bis Ende der 80er Jahre in ihrer Wirkung nachgelassen hat und schließlich ganz zum Stillstand gekommen ist, so dass ein Hörrest auch schon deswegen erhalten geblieben ist, ist jedenfalls nicht weniger wahrscheinlich als die Annahme, dass der Kläger trotz des ordnungsgemäßen Einsatzes von Gehörschutzkappen auch von Mitte 1984 bis September 1991 Lärm ausgesetzt war, der weiterhin sein Gehör geschädigt hat. Dabei ist zu bedenken, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Gehörschutzkappen selbst als effektiv geschildert hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Prof. Dr. H ... auch eine Schallleitungskomponente festgestellt hat. Schallleitungsbehinderungen wirken sich jedoch eher als Schutz gegenüber berufsbedingtem Lärm aus, der allein eine Schallempfindungsschwerhörigkeit auszulösen vermag. Denn kann der berufliche Lärm das Innenohr nicht oder nur eingeschränkt erreichen, wird schon auf diese Weise das Innenohr geschützt. Im Übrigen hat Prof. Dr. H ... andere Ursachen für denselben Zeitraum nicht ausgeschlossen. Dementsprechend bezeichnet er an mehreren Stellen in diesem Gutachten die Entstehung einer entschädigungspflichtigen Lärmschwerhörigkeit als zwar nicht völlig auszuschließen, aber als unwahrscheinlich.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass als nachgewiesen nur eine kurze Expositionsdauer bei zum Teil grenzwertigem Lärmpegel angesehen werden kann, der mit Sicherheit erheblichen Vorschädigung und der von Prof. Dr. H ... genannten sonstigen Aspekte (vgl. Beantwortung der Beweisfragen 2. und 3. des Gutachtens vom 8.10.1999; Blatt 9 des Gutachtens; Blatt 114 der LSG-Akte) vermag auch der Senat nicht mehr als eine Möglichkeit zu erkennen, dass ein auch nur geringer Teil der Schwerhörigkeit des Klägers wahrscheinlich lärmbedingt ist. Die bloße Möglichkeit genügt jedoch nicht für die Bejahung der Kausalität zwischen Lärmexposition und Schwerhörigkeit.
III.
Da bereits kein kausaler Zusammenhang zwischen Lärmexposition und Schwerhörigkeit festgestellt werden kann, kann auch die Feststellungsklage keinen Erfolg haben.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen Lärmschwerhörigkeit.
Der am ...1945 geborene Kläger leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Der Kläger wurde nach einer Bescheinigung der praktischen Ärztin Dr. V ... vom 21.4.1976 von ihr von 1960 bis zum II. Quartal 1962 wegen Epilepsie behandelt und 1964 als dauernd untauglich für den Wehrdienst ausgemustert, jedoch wurde ihm 1976 die Fahrerlaubnis ohne medizinisch begründete Auflagen erteilt.
Er arbeitete vom 18.2.1965 bis 30.9.1991 bei dem VEB S ... A ... in Z ..., zunächst als Hilfsarbeiter, dann als Maschinenarbeiter, später als Galvaniseur (er verzinkte Kleinteile) und schließlich als Schleifer und Polierer von Stoßstangen. Nach den sehr divergierenden Angaben - insoweit wird auf das Aufklärungsschreiben des Senats vom 24.1.2001 nebst den dort aufgeführten Anlagen verwiesen - kommt als längstmögliche Expositionsdauer der Zeitraum vom 3.9.1969 bis 30.9.1991, als kürzestmögliche Expositionsdauer der Zeitraum von 1980 bis 30.9.1991 in Betracht. Ab Mitte 1984 trug der Kläger Gehörschutzkappen. In Beantwortung des Aufklärungsschreibens des Senats hat der Kläger mit Schreiben vom 5.2.2001 angegeben, er habe am 1.1.1972 seine Tätigkeit als Schleifer und Polierer aufgenommen. Dieses Datum weicht von seinen bisherigen Angaben ab (Angabe gegenüber der Beklagten am 8.2.1994: 1.1.1971; Angabe gegenüber Dr. Z ... Ende Januar 1996: 1975). Daneben gibt es noch andere, zum Teil offenkundig widersprüchliche Angaben des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber teilte am 28.2.1994 unter Bezugnahme auf ein beigefügtes, undatiertes Messprotokoll als Ergebnis der Lärmmessung 86 dB (AS) mit. In der BK-Anzeige des Betriebes vom 29.7.1982 waren allerdings 92-94 dB (AI) genannt worden. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten ging entsprechend den ursprünglichen Angaben des Klägers davon aus, dass der Kläger 22 Jahre (1971 bis 1991; richtig hätte es heißen müssen: 20 Jahre) eine lärmgefährdende Tätigkeit ausgeübt habe.
Im Rahmen einer betrieblichen Reihenuntersuchung wurde im Mai 1980 erstmals vermerkt, das Hörvermögen des Klägers betrage auf beiden Ohren weniger als 5 Meter. Als erforderliche Maßnahme wurde die Einschaltung des HNO-Arztes Dr. G ... angegeben. Bei Reihenuntersuchungen in den Jahren davor war allerdings bereits eine Hörminderung festgestellt worden. Schon 1965 war angegeben worden, das Hörvermögen des Klägers betrage auf beiden Ohren 5 Meter. Hinzugefügt wurde die Bemerkung: "laute Umgangssprache". In den folgenden Jahren wurde bei nahezu jeder Reihenuntersuchung die beidseitige Hörminderung auf dem Untersuchungsbogen festgehalten. Der Kläger wurde am 11.6.1981 erstmals siebaudiometrisch von Dr. G ... untersucht. Bei der Reihenuntersuchung im Juni 1982 wurde erneut auf Dr. G ... und eine am selben Tag durchgeführte tonaudiometrische Prüfung ("Großaudiogramm") hingewiesen. Der Kläger wurde auf seinem damaligen Arbeitsplatz als nur noch beschränkt einsatzfähig eingestuft. Neben dem Tonaudiogramm vom 9.6.1982 wurde nochmals am 1.8.1989 ein Tonaudiogramm erstellt. Bis 1988 wurden noch weitere 4 Siebaudiogramme angefertigt.
Dr. G ... diagnostizierte einen kombinierten Hörschaden (Innenohr-Schallleitungshörstörung älterer Genese), der durch Lärmexposition verschlimmert worden sei. Am 11.6.1982 erstattete Dr. G ... eine BK-Anzeige. Er ging davon aus, das Gehör des Klägers sei durch eine Streptomycinbehandlung vorgeschädigt gewesen - entsprechende Vermerke gab es schon zuvor auf den Untersuchungsbögen -, schloss aber nicht aus, dass die Hörminderung durch die Lärmexposition beim Kläger, der Hörschutzwatte getragen hatte, verstärkt worden sei. In der kurze Zeit später ebenfalls erstatteten BK-Meldung durch den Betrieb wurde der Beschwerdebeginn auf das Jahr 1979 datiert. Erstmals am 3.1.1983 wurde von Dr. T ... ein audiologisches Gutachten erstellt. Die subjektiven Beschwerden des Klägers wurden wie folgt wiedergegeben:
"Nach Angaben des Untersuchten bemerke er bereits seit 1959, im Anschluss an eine Streptomycinbehandlung, eine geringe Hörminderung. Er hätte vor der Spritzenbehandlung alle Feinheiten gehört. Das Gehör hätte sich dann allmählich immer mehr verschlechtert. Keine Ohrgeräusche."
Das Verständnis für Umgangssprache (Zahlen) betrug auf beiden Ohren 5 Meter, das binaurale Wortverständnis (Einsilber) nur 1 Meter. Aufgrund des Sprachaudiogramms wurde nach der Methode von Trautmann ein Hörverlust von 77 % auf dem rechten und von 79 % auf dem linken Ohr errechnet. Das Tonschwellenaudiogramm ergab nach der Methode Fowler/Sabine einen Hörverlust auf dem rechten Ohr von 73,5 % und auf dem linken Ohr von 74,6 %. Ein Cortischaden wurde als nicht wahrscheinlich angesehen. Diagnostiziert wurde ein hochgradiger cochleobasaler Innenohrschaden, beginnend ab 250 Hz, von annähernd seitengleicher Ausbildung als Folge einer toxischen Schädigung. Eine Berufskrankheit nach Nr. 50 der Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.4.1981 (GBl. I 139 ) wurde verneint, wobei Dr. T ... sogar von einer Lärmexposition ab 1966 ausging. Mit einem an den FDGB-Kreisvorstand Verwaltung der Sozialversicherung - gerichteten Schreiben vom 6.4.1983 empfahl OMR Dr. D ..., eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR beim Kläger nicht anzuerkennen. Mit Bescheid vom 16.5.1983 wurde die Anerkennung abgelehnt, weil die Schwerhörigkeit des Klägers Folge von Medikamentennebenwirkungen sei, wobei der Lärm zu einer Beeinflussung des Leidens teilweise beitrage.
Mit Schreiben vom 13.12.1993, eingegangen bei der Beklagten am 14.12.1993, zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass er möglicherweise berufsbedingt an einer Lärmschwerhörigkeit leide. Die BK-Anzeige der Dipl.-Med. F ... ging bei der Beklagten am 19.1.1994 ein. Die Beklagte ließ den Kläger am 1.7.1994 von Dr. T ... begutachten, der nur insoweit von seinem früheren Gutachten aus dem Jahre 1983 abwich, als er nunmehr eine geringfügige Zunahme der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit feststellte (nach der Methode Boenninghaus/Röser ausgewertetes Sprachaudiogramm: Hörverlust des rechten Ohres 80 %, Hörverlust des linken Ohres 90 %) und insbesondere auch von einer Schallleitungskomponente ausging. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen ab, weil keine Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR vorliege (Bescheid vom 8.3.1995). Die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit sei Folge der Einnahme von ototoxischen Medikamenten nach epileptischen Anfällen. Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, als Jugendlicher sei er noch nicht schwerhörig gewesen und bei seiner Einstellung im VEB S ... A ... sei keine Schwerhörigkeit festgestellt worden. Im Widerspruchsverfahren nahm der die Beklagte beratende Prof. Dr. T ... dahingehend Stellung, dass er die vorformulierte Frage "Sprechen Art, Verlauf und insbesondere die audiologischen Befunde für eine berufliche Verursachung" mit "ja" beantwortete, jedoch hinzufügte, die belegte Hörminderung zu Beginn der Exposition, der Hinweis auf die Streptomycinbehandlung, das Fehlen von Recruitment-Zeichen und das Ausmaß der Hörminderung machten ein Überwiegen des lärmunabhängigen Geschehens wahrscheinlich. Eine überzeugende Aufteilung, insbesondere nach Verursachungsanteilen während der Expositionszeit und unter dem Gesichtspunkt des Vorschadens, sei unmöglich, da schon zu Beginn der Exposition ein Überwiegen des lärmunabhängigen Anteils zu unterstellen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.8.1995).
Mit seiner dagegen vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe als Kind im Jahre 1958 einen Schlittenunfall erlitten und sei deswegen am Oberschenkel genäht worden. Nach dem Unfall habe er ein oder zwei Schwindelanfälle erlitten, jedoch keine epileptischen Anfälle. Ihm seien im Abstand von einer Woche zwei Streptomycin-Spritzen verabreicht worden.
Das SG hat Dr. Z ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Beweisanordnung vom 15.12.1995). In seinem Gutachten hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass weder Epilepsie noch eine Weichteilverletzung mit Streptomycin behandelt würden, insbesondere sei an keiner Stelle der Nachweis erbracht, dass der Kläger wirklich mit Streptomycin behandelt worden sei. Bei einer Einzeldosis von 40 mg müssten rund 1000 Injektionen verabreicht werden, um eine toxische Wirkung zu erzielen. Die Sprachstörung des Klägers (Sigmatismus) lasse jedoch den Schluss auf eine frühkindliche Innenohrstörung zu. Es liege eine audiogene Dyslalie vor. Diese sei beim Kläger nicht erkannt worden. Im weiteren Verlauf sei die Innenohrschädigung durch die Lärmexposition verschlimmert worden. Der Vorschaden sei als gering- bis mittelgradig einzuschätzen. Es seien daher jeweils 35 % Hörverlust als Vorschaden vom tatsächlichen Hörverlust abzuziehen. Ausgehend von dem im August 1989 erstellten Audiogramm (Hörverlust des rechten Ohres 78,6 %, Hörverlust des linken Ohres 80,6 %) resultiere hieraus eine MdE um mindestens 25 v.H.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.2.1997). Der bereits bei Beginn der Lärmexposition bestehende prozentuale Hörverlust könne nicht mehr genau ermittelt werden. Tonschwellenaudiogramme lägen erst seit 1983 vor, also dem Zeitpunkt, zu dem die Lärmexposition geendet habe. Die Schätzung des Sachverständigen Dr. Z ... zum Vorschaden des Klägers sei spekulativ. Da der Umfang der berufsbedingten Schwerhörigkeit mangels Kenntnis des genauen Vorschadens nicht ermittelt werden könne, lasse sich auch nicht feststellen, dass ein Grad des Körperschadens von mehr als 20 % durch die berufsbedingte Lärmeinwirkung verursacht worden sei.
Im Wege der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der vom Senat mit Beweisbeschluss vom 29.8.1997 zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. H ... ist zu dem Ergebnis gekommen, es liege nach der Tabelle von Boenninghaus/Röser ein beidseitiger Hörverlust von 80 % vor. Werde das Gesamtwortverstehen gewichtet, ergebe sich ein Hörverlust des rechten Ohres von 80 % und ein solcher des linken Ohres von 90 %. Ein cochleärer Hörschaden könne aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse der vorgenommenen Tests nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Das Audiogramm aus dem Jahre 1982 zeige eine nahezu pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits ab 0,5 kHz. Dieser Hörkurvenverlauf mit bereits in tiefen Frequenzen anzutreffendem Hörverlust und die fehlende C/5-Senke seien für eine Lärmschwerhörigkeit untypisch. Es sei unwahrscheinlich, dass eine bis dahin 12-jährige Lärmexposition mit grenzwertigen Lärmpegeln eine derartige Hörstörung verursacht habe. Das Audiogramm aus dem Jahre 1989 zeige eine Zunahme des Hörverlustes insbesondere im höheren Frequenzbereich. Diese nicht lineare Zunahme sei möglicherweise auf die weitere Lärmbelastung zurückzuführen. Dies sei aber wenig wahrscheinlich, da ab 1984 Gehörschutzkappen getragen worden seien. Der lärmbedingte Anteil der Schwerhörigkeit an der MdE werde auf weniger als 10 v.H. geschätzt.
Der auf Antrag des Klägers durch Beweisanordnung vom 21.9.1998 nach § 109 SGG zum Sachverständigen ernannte Dr. R ..., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, meint, eine Hörstörung durch Streptomycinbehandlung könne ebenso ausgeschlossen werden wie eine frühkindliche Hörstörung. Die Prüfung der Umgangssprache im Rahmen der Reihenuntersuchungen sei kaum verwertbar, da geringere Schwerhörigkeiten bestenfalls über die Flüstersprache erkennbar seien. Eine C/5-Senke könne sich während einer 22-jährigen Lärmexposition in eine cochleobasale Hörstörung verändert haben. Eine lärmbedingte Ursache der Schwerhörigkeit sei somit wahrscheinlich. Der Sachverständige hat die MdE auf 60 v.H. geschätzt. Hierauf hat der vom Senat zur Stellungnahme aufgeforderte Prof. Dr. H ... entgegnet, maßgeblich werde das Ergebnis der Begutachtung - der überwiegende Anteil der vorliegenden Schwerhörigkeit sei nicht durch berufsbedingten Lärm verursacht - auf den bereits 1982 beschriebenen, untypischen Hörkurvenverlauf mit einem erheblichen Hörverlust auch im tiefen Frequenzbereich nach 12-jähriger Lärmexposition bei grenzwertigen Lärmpegeln und auf die Zunahme des Hörverlustes auch nach Tragen von Gehörschutzkappen gestützt.
Mit Beweisanordnung vom 19.7.1999 ist Prof. Dr. H ... erneut zum Sachverständigen ernannt und eine ausführliche Zusatzbegutachtung eingeholt worden. In diesem Zusatzgutachten hat Prof. Dr. H ... seine schon zuvor vertretene gutachtliche Position nochmals ausführlich dargestellt und vertieft. Die Ursache der bereits bei der Reihenuntersuchung 1965 festgestellten Hörminderung sei nicht mehr abklärbar. Insbesondere könne eine Gehörschädigung durch eine Streptomycinbehandlung nicht schlüssig nachvollzogen werden. Eine nahezu pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit mit einem Hörverlust für Knochenleitung von 30 dB nach 12 Jahren beruflicher Lärmexposition bei einem grenzwertigen äquivalenten Dauerschalldruckpegel von 85-89 dB (A) sei deshalb unwahrscheinlich. Bei dieser 12-jährigen Lärmexposition sei die Entstehung einer entschädigungspflichtigen Lärmschwerhörigkeit eher unwahrscheinlich bis nicht völlig auszuschließen. 1982 wäre eher ein Anfangsstadium mit C/5-Senke zu erwarten gewesen. Eine Umwandlung in dieser Zeit zu einer cochleo-basalen Hörstörung sei - entgegen der Auffassung von Dr. R ... - nicht wahrscheinlich. Nur bei extrem hohen Lautstärken von über 100 dB sei nach vielen Jahren Exposition auch ein Tieftonverlust zu erwarten. Allerdings sei die aus den Audiogrammen von 1994 und 1997 abzuleitende fehlende Progredienz der Hörstörung auf die fehlende weitere Einwirkung einer gehörschädigenden Noxe zurückzuführen. Dieser Anteil könne jedoch nur klein sein, weil von 1984 bis 1991 Gehörschutzkappen getragen worden seien und die Lärmexposition grenzwertig gewesen sei. Aufgrund der grenzwertigen Lärmexposition, des anamnestischen Vorschadens, des untypischen Tonschwellenkurvenverlaufes und der uneinheitlichen überschwelligen Tests sei die Schwerhörigkeit des Klägers in ihrem überwiegenden Anteil nicht lärmbedingt. Eine mögliche Lärmkomponente könne gradmäßig nicht sicher abgegrenzt werden. Aufgrund fehlender Audiogramme sei der Vorschaden in seinem Ausmaß retrospektiv nicht erfassbar und damit nicht abgrenzbar. Daher müsse der Gesamtschaden als lärmunabhängig verursacht angesehen werden. Die von Dr. Z ... vorgenommene Aufteilung sei nicht nachvollziehbar. Dr. R ... diskutiere weder den annehmbaren Vorschaden noch die sich widersprechenden überschwelligen Tests. Aus Dr. R ... Gutachten gehe nicht hervor, ob er die Gesamt-MdE von 60 v.H. allein auf den Lärm zurückführe.
Der Kläger macht nunmehr geltend, er habe vom 21.7.1969 bis 31.12.1971 Kleinteile verzinkt und cadmiert. Der Lärmpegel habe 92-94 dB betragen (Angabe des Betriebs: keine Lärmeinwirkung). Vom 1.1.1972 bis 30.9.1991 sei er als Schleifer und Polierer beschäftigt gewesen. Der Lärmpegel habe 94-110 dB betragen (Angabe des Betriebs 1994: 86 dB; 1982: 92-94 dB). Bei der Einstellungsuntersuchung sei kein Hörschaden festgestellt worden. Erst 1981 sei ein Gehörschaden festgestellt worden. Der Befundbericht von Dipl.-Med. F ... und das Gutachten von Dr. Z ... seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Mit Beschluss vom 23.2.2001 ist die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik beigeladen worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19.2.1997 - S 14 U 167/95 - und den Bescheid der Beklagten vom 8.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.8.1995 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 50 der Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.4.1981 (GBl. I S. 139) vorliegt, und die Beigeladene zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. In der mündlichen Verhandlung hat der Senat mit den Beteiligten den Inhalt der Fernkopie der DISOS-GmbH, Klingenberg, erörtert (LSG-Akte Bl. 172), wonach der Kläger ab 1.5.1967 als Maschinenarbeiter, ab 21.7.1969 als Galvaniseur und ab 3.9.1979 als Schleifer tätig war. Der Kläger hat Skizzen seines Arbeitsplatzes vorgelegt und erläutert.
Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG die Klage gegen die Beklagte abgewiesen, die ebenfalls zu Recht die Gewährung von Leistungen abgelehnt hat (I). Der Kläger hat nach BK-Nr. 50 der BKVO-DDR keinen Anspruch gegen die Beigeladene auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H., weil bei ihm keine lärmbedingte Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung vorliegt (II). Infolgedessen musste auch sein gegen die Beigeladene gerichteter Feststellungsantrag erfolglos bleiben (III).
I.
Die mit Bescheid vom 8.3.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.8.1995 erfolgte Ablehnung von Entschädigungsleistungen durch die Beklagte und das diese Verwaltungsentscheidungen bestätigende Urteil des SG vom 19.2.1997 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, weil der vom Kläger behauptete Versicherungsfall der Lärmschwerhörigkeit nicht erst nach dem 31.12.1990 eingetreten sein kann und die Beklagte nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz und dem danach aufgestellten Verteilerschlüssel für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (Versicherungsfälle) bis 31.12.1990 nicht für Versicherte mit dem Geburtsdatum des Klägers zuständig ist.
Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz ist hier gegenüber der Vereinbarung der gewerblichen Unfallversicherungsträger über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei "Berufskrankheiten" vom 9.6.1994 und auch, soweit die Übergangsregelung nach § 8 der Vereinbarung vom 9.6.1994 eingreift, gegenüber der Vereinbarung über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei Berufskrankheiten vom 8./9.2.1973 in der Fassung des ab 1.8.1990 in Kraft getretenen zweiten Nachtrages der Arbeitshinweise vorrangig. Nach diesen Vereinbarungen ist die Berufsgenossenschaft zuständig, in deren Bereich die letzte gefährdende Tätigkeit vor der Meldung der Berufskrankheit - hier die Meldung des Versicherten vom 13.12.1993 und die BK-Anzeige der Dipl.Med. Frost vom 19.1.1994 - ausgeübt wurde. Dies wäre die Beklagte als die für den Betrieb des Klägers ab 1.1.1991 fachlich zuständige Berufsgenossenschaft. Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz geht jedoch als ausdrückliche gesetzliche Regelung und damit als höherrangiges Recht den genannten vertraglichen Regelungen vor, die gerade deswegen geschaffen wurden, weil es unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Zuständigkeit bei unterschiedlich versicherten Gefährdungszeiten nicht gegeben hat. Infolgedessen kann es auch dahingestellt bleiben, ob nach den genannten Vereinbarungen die Tätigkeit des Klägers ab 1.1.1991 wegen des Tragens der Gehörschutzkappen überhaupt noch als gefährdende Tätigkeit anzusehen ist. § 134 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), das die oben genannte vertragliche Regelung kodifiziert hat, findet hier schon wegen § 212 SGB VII keine Anwendung.
Maßgeblich nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 Buchstabe ff des Einigungsvertrages in Verbindung mit dem Einigungsvertragsgesetz ist der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Unter dem Eintritt des Versicherungsfalls ist der Zeitpunkt zu verstehen, zu dem sich die Gefährdungen realisiert haben, vor denen die gesetzliche Unfallversicherung Schutz gewähren soll. Das ist der Eintritt jedes Gesundheitsschadens, der die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer Berufskrankheit erfüllt. Im vorliegenden Rechtsstreit kann ein möglicher Versicherungsfall nur vor dem 1.1.1991 eingetreten sein. Denn bereits 1982 stellte Dr. G ... einen erheblichen beidseitigen Hörverlust fest. 1983 errechnete Dr. T ... nach der Methode Fowler/Sabine einen beidseitigen Hörverlust von jeweils knapp 75 % (rechtes Ohr: 73,5 %; linkes Ohr: 74,6 %). Zwar schritt der Hörverlust in der Folgezeit fort. Jedoch war der Kläger nach dem 31.12.1990 lediglich noch ein 3/4 Jahr lärmexponiert beschäftigt. Selbst wenn man die Zunahme des Innenohrschadens seit 1983 nicht als bloß unerheblich ansieht (so aber Dr. T ... in seinem Gutachten vom 13.6.1994; Blatt 64 der Beklagtenakte), kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Fortschreiten der Schwerhörigkeit des Klägers zu einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit - wenn sie denn durch Lärm mitverursacht worden sein sollte - nicht mehr auf die berufliche Tätigkeit des Klägers nach dem 31.12.1990 zurückgeführt werden könnte. Denn bereits im August 1989 ergab ein von Dr. G ... erstelltes weiteres Audiogramm einen Hörverlust von 78,6 % für das rechte Ohr und einen solchen von 80,6 % für das linke Ohr (Dr. Z ..., Gutachten vom 29.1.1996; Blatt 54 der SG-Akte). Es ist bei derartigen Befunden ausgeschlossen, dass eine lärmbedingte Schwerhörigkeit erst nach dem 31.12.1990 aufgetreten ist.
Mithin kommt allein die Beigeladene als leistungspflichtiger Unfallversicherungsträger in Betracht, da sie für Versicherungsfälle zuständig ist, die vor dem 1.1.1991 eingetreten sind, wenn Versicherte am 1.4. geboren sind. Dies trifft auf den Kläger zu.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente gegen die Beigeladene, weil er die Voraussetzungen der hier allein anwendbaren BK-Nr. 50 BKVO-DDR nicht erfüllt.
§ 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO bestimmt, dass Krankheiten, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Berufskrankheiten im Sinne des Dritten Buches der RVO gelten. Gehörerkrankung als mögliche Berufskrankheit ist hier schon wegen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit durch den Kläger am 30.9.1991 jedenfalls vor dem 31.12.1991 eingetreten. Denn dem Senat ist aus einer Reihe von Verfahren zur Lärmschwerhörigkeit bekannt, dass nach dem allgemein anerkannten aktuellen medizinischen Kenntnisstand eine durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit nach dem Ende der Lärmexposition nur altersentsprechend fortschreitet.
§ 1150 Abs. 2 S 1 RVO ist wegen § 215 Abs. 1 SGB VII auch weiterhin anwendbar.
Nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR ist Schwerhörigkeit eine Berufskrankheit, wenn sie durch Lärm verursacht wird und eine soziale Bedeutung hat. Eine soziale Bedeutung liegt vor, wenn die Hörschädigung zu Verständigungsschwierigkeiten mit anderen Personen führt. Die ausgeprägte Schwerhörigkeit des Klägers hat unzweifelhaft im Sinne dieser gesetzlichen Definition eine soziale Bedeutung. Es steht jedoch schon nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Schwerhörigkeit des Klägers wenigstens zum Teil durch Lärm verursacht wurde, dem er bei seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt war und damit erst recht nicht, dass der lärmbedingte Anteil der Schwerhörigkeit für sich genommen bereits die Voraussetzung der sozialen Bedeutung erfüllt. Denn nach der Begutachtungspraxis der Sozialversicherung der DDR war eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung nur anzunehmen, wenn sich nach dem Sprachaudiogramm gegebenenfalls unter Berücksichtigung des beidohrigen Zahlentests im Störgeräusch ein lärmbedingter Körperschaden von mindestens 20 % ergab.
Erforderlich für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nr. 50 BKVO-DDR ist
- 1. der sichere Nachweis, dass der Versicherte berufsbedingt einem Lärm ausgesetzt war, der nach Dauer und Intensität geeignet war, eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung zu verursachen (Lärmexposition),
- 2. der sichere Nachweis, dass eine Schwerhörigkeit mit sozia ler Bedeutung vorliegt und
- 3. der Nachweis der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit, dass die Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung durch die Lärmex position verursacht wurde.
1. Der Kläger war gehörschädigendem Lärm ausgesetzt. Hierbei geht der Senat für die Zeit bis Mitte 1982 von den Angaben in der BK-Anzeige des Betriebs vom 29.7.1982 aus, wonach die Lärmbelastung mit 92-94 dB (AI) für die Tätigkeit als Schleifer und Polierer angegeben wurde. Die davon abweichenden, niedrigeren Angaben des Betriebes in der BK-Anzeige vom 25.2.1994 sind bis zu diesem Zeitpunkt nicht verwertbar, weil sie keinem Beobachtungszeitraum zugeordnet werden können. Für die Zeit danach sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich: Keiner der beiden Angaben kommt eine größere Richtigkeitsgewähr gegenüber der jeweils anderen zu. Es kann daher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in der Zeit danach der höhere Wert Gültigkeit besitzt. Umgekehrt ist nicht auszuschließen, dass der niedrigere Wert auch vor Mitte 1982 zutreffend war. Da für die Zeit nach Mitte 1982 kein höherer Wert festgehalten ist, nicht klar ist, auf welchen Zeitraum sich der niedrigere Wert bezieht und eine Klärung dieser Frage nicht mehr möglich ist, kann aus Gründen der objektiven Beweislast für die Zeit nach Mitte 1982 nur der niedrigere Wert zugrunde gelegt werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 5.2.2001 zu seiner Tätigkeit als Schleifer und Polierer, von denen nicht klar ist, aus welcher Quelle sie stammen, insbesondere ob sie exakte Messergebnisse darstellen. Dies gilt auch für seine Angaben zur Lärmbelastung als Galvaniseur (Verzinker von Kleinteilen). Insoweit aber stimmen die beiden BK-Anzeigen des Betriebes des Klägers überein, als in keiner von beiden Anzeigen diese Tätigkeit als lärmbelastend beschrieben wird. In der BK-Anzeige vom 28.2.1994 wird eine Lärmeinwirkung beim Verzinken von Kleinteilen ausdrücklich verneint. In der BK-Anzeige vom 29.7.1982 wird die Lärmbelastung nur auf den Lärm durch Schleifarbeiten zurückgeführt, obwohl der Kläger jedenfalls in der Zeit davor als Galvaniseur tätig war. Mittelbar wurde damit die Tätigkeit als Galvaniseur nicht als lärmbelastet eingestuft.
Das Ausmaß der Lärmexposition ergibt sich erst aus dem Zusammenwirken von (Mindest-)Intensität des Lärms, der einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, und seiner Dauer. Hinsichtlich der Angaben zur Dauer der Exposition bestehen zum Teil gravierende Widersprüche. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger vor September 1979 als Schleifer und Polierer einem zur Verursachung von Lärmschwerhörigkeit geeigneten Lärm ausgesetzt war.
Sowohl die Angaben des Klägers als auch die des Betriebes sind in sich widersprüchlich und differieren auch untereinander. Am 8.2.1994 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er habe die Tätigkeit als Polierer vom 1.1.1971 bis 30.9.1991 ausgeübt. Die Tätigkeit als Galvaniseur wurde überhaupt nicht erwähnt (Blatt 10 der Beklagtenakte). Gegenüber dem Sachverständigen Dr. Zehmisch erklärte er in einem handschriftlichen Vermerk, er sei ab 1975 als Kupferpolier tätig gewesen (Blatt 66 der SG-Akte). Auf Nachfrage des Senats erklärte er ohne nähere Begründung, aber in Kenntnis der zusammen mit dem Schreiben des Senats übersandten BK-Anzeige des Betriebs vom 29.7.1982, er sei seit 1972 als Polierer und Schleifer tätig (Blatt 151 der LSG-Akte). Nicht weniger widersprüchlich sind die Angaben des früheren Arbeitgebers, des VEB S ... und seines Rechtsnachfolgers. Dieser hat der Beklagten mitgeteilt, der Kläger habe vom 21.7.1969 bis 2.9.1979 Kleinteile verzinkt und vom 3.9.1969 bis 30.9.1991 Schleif- und Kupferpolierarbeiten an den Stoßstangen für den Trabant verrichtet. Es ist naheliegend, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler handelt und der Beginn der Tätigkeit als Schleifer und Polierer auf den 3.9.1979 lauten muss. Die Fernkopie der D ... GmbH, Landesdepot Sachsen, vom 5.3.2001 über die Personalkarte des Klägers bestätigt diesen Sachverhalt. Dagegen hat der Betrieb in der BK-Anzeige vom 29.7.1982 angegeben, der Kläger sei seit 1972 als Schleifer tätig gewesen (Blatt 55 der Beklagtenakte). Wiederum anders stellt sich der Sachverhalt nach den im Rahmen der Reihenuntersuchungen ausgefüllten Untersuchungsbögen dar. Danach war der Kläger jedenfalls 1970, 1971, 1973, 1976, 1979 und 1980 als "Galvaniseur" und in den Jahren 1977 und 1978 als "Galv" tätig. Für das Jahr 1980 ist ausdrücklich vermerkt: "arbeitet zur Zeit als Schleifer" (Blatt 30 ff. der Beklagtenakte).
Diesen Angaben misst der Senat besondere Bedeutung bei, denn er geht davon aus, dass die Betriebsärzte zum einen sehr wohl den Unterschied zwischen "Galvaniseur" und "Schleifer" kannten und es auch keinen Grund gibt, warum bei einer persönlichen Untersuchung des Klägers durchgehend seit 1972 die ausgeübte Tätigkeit des Klägers unrichtig bezeichnet worden sein soll. Hinzu kommt, dass der Kläger im Jahr 1982 als Polierer bezeichnet wird und bereits für das Jahr 1980, als beim Kläger ein Hörvermögen von unter 5 m beidseits festgestellt wurde, ausdrücklich vermerkt wurde, er arbeite "zur Zeit" als Schleifer, was zumindest darauf hinweist, dass diese Tätigkeit nur vorübergehend war oder zumindest ein endgültiger Wechsel noch nicht erfolgt war. Dies deckt sich mit dem Umstand, dass auf demselben Formular in der Rubrik: "Jetzige Tätigkeit" der Kläger (noch immer) als "Galvaniseur" bezeichnet wird und der Kläger auch bei der Reihenuntersuchung vom 11.6.1979 als Galvaniseur bezeichnet wurde.
Schließlich kommt hinzu, dass der Kläger durchgehend als voll "einsatzfähig" für die Tätigkeit bezeichnet wurde, obwohl ebenfalls durchgehend mit unterschiedlichen Formulierungen immer eine beidseitige Hörminderung festgehalten wurde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Betriebsärzte den Kläger, bei dem schon 1965 vermerkt worden war, dass er auf 5 Meter nur "laute Umgangssprache" verstehe, all die Jahre auf einem lärmexponierten Arbeitsplatz belassen hätten, ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen vorzuschlagen. Dagegen spricht auch nicht die Reihenuntersuchung aus dem Jahre 1980, bei der der Kläger ebenfalls für voll einsatzfähig erklärt worden war, obwohl sein beidseitiges Hörvermögen nur noch unter 5 Meter betrug. Diese Einschätzung lässt sich damit erklären, dass der Kläger nach Auffassung des Betriebsarztes an sich als Galvaniseur und nur "zur Zeit" als Schleifer tätig war. Dagegen wurde der Kläger bei demselben Befund im Jahre 1982 für die Dauer-Tätigkeit als Polierer nur als "beschränkt einsatzfähig" angesehen. (Bekl.-Akte Bl. 36)
Zwar kann den Angaben der Reihenuntersuchungen vor dem Hintergrund anders lautender Äußerungen des Klägers und des Betriebes nicht mit letzter Gewissheit entnommen werden, dass der Kläger tatsächlich bis 1979/1980 nur oder zumindest ganz überwiegend als Galvaniseur tätig war. Jedoch hat der Kläger die objektive Beweislast dafür, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also mit einer Gewissheit, die ernsthafte vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen lässt, der Beginn der Lärmexposition feststeht. Einen derartigen Überzeugungsgrad kann der Senat erst für die Zeit ab Ende 1979/Anfang 1980 gewinnen, weil erst ab diesem Zeitpunkt die Angaben der Reihenuntersuchungen mit der Angabe des Betriebs in seiner BK-Anzeige vom 28.2.1994 (Blatt 19 der Beklagtenakte) übereinstimmen, da man davon auszugehen hat, dass es sich bei der Angabe 3.9.1969 um einen Schreibfehler handelt und es richtigerweise 1979 hätte heißen müssen.
2. Alle Gutachten belegen, dass beim Kläger eine ausgeprägte Schwerhörigkeit vorliegt, die an Taubheit grenzt, wobei die ärztlichen Angaben zu den Hörverlusten schwanken. Eine Schwerhörigkeit mit sozialer Bedeutung liegt beim Kläger evident vor. Sie ist aber nicht durch beruflichen Lärm verursacht.
3. Hinsichtlich der Kausalität zwischen berufsbedingter Lärmeinwirkung und Gehörschädigung ist zunächst zu beachten, dass ausnahmslos alle Gutachter von einer deutlich längeren Expositionsdauer ausgegangen sind, während der der Kläger keine Gehörschutzkappen getragen hat, als derjenigen, die sich nach den Ausführungen unter II. 1. als rechtlich beachtliche Expositionsdauer als nachweisbar ansehen lässt.
Dr. Zehmisch legt das Jahr 1971, an anderer Stelle im Gutachten deren Ende zugrunde. Die Auffassung von Dr. Z ..., der Vorschaden sei nach allen bekannten und im Gutachten genannten Fakten als gering- bis mittelgradig einzuschätzen (Blatt 54 der SG-Akte), ist nicht überzeugend begründet. Dr. Zehmisch kann mangels Kenntnis der Ursache der mit Sicherheit schon im Zeitpunkt der Lärmexposition bestehenden Hörschwäche des Klägers weder darlegen, dass der anderweit (endogen oder exogen) verursachte Hörschaden des Klägers im Zeitpunkt des Beginns der Lärmexposition schon abgeschlossen war, noch plausibel machen, welchen Umfang die Vorschädigung hatte. Denn wenn auch mit Dr. R ... davon auszugehen ist, dass die Beurteilung der Hörminderung durch die Umgangssprache nicht geeignet ist, geringere Schwerhörigkeiten zu ermitteln, spricht dies nicht gegen die Vorbefunde. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die Hörschädigung des Klägers schon seit 1965 deutlich ausgeprägt gewesen sein muss, wenn sie durch "laute Umgangssprache" leicht zu erkennen war. Dem entspricht die Eintragung im Reihenuntersuchungsbogen vom 8.5.1980, wonach die Hörschwäche schon "seit der Kindheit" besteht (Bekl.-Akten Bl. 35 Rs.). Bestätigt wird dieser Sachverhalt durch das Gutachten von Dr. T ... aus dem Jahre 1983. Trotz eines hochgradigen beidseitigen Innenohrschadens ergab seine Hörweitenbestimmung mittels Umgangssprache (Zahlen) für beide Ohren 5 Meter. Wenn bei den Reihenuntersuchungen in der Zeit davor ähnliche Werte erhoben worden sind und immerhin 1980, also wenige Monate nach Beginn der Lärmexposition das Hörvermögen mit unter 5 Metern angegeben wurde, spricht mindestens soviel dafür wie dagegen, dass der von Dr. T ... im Jahre 1983 festgestellte hochgradige Innenohrschaden auch schon vor Beginn der Lärmexposition bestanden hatte. Insoweit hat das SG im Ergebnis zutreffend die von Dr. Z ... vorgenommene Schätzung des Vorschadens (35 % Hörverlust beidseits) als spekulativ bezeichnet.
Dr. R ... geht von einer lärmgefährdeten Tätigkeit von 22 Jahren aus (1969 bis 1991); an anderer Stelle im Gutachten nennt er sogar das Jahr 1966 als Beginn der lärmbelasteten Tätigkeit. Dr. R ... stimmt mit Prof. Dr. H ... insoweit darin überein, dass die beim Kläger am Ende der 80er Jahre bestehende beidseitige Hörschädigung nur durch eine lange Expositionsdauer hervorgerufen sein konnte, weil sich die von ihm vermutete frühere C/5-Senke zu einer cochleo-basalen Hörstörung verändert habe. In der Zeit von 10 bis 15 Jahren Lärmexposition könne - so meint Dr. R ... - eine solche Veränderung eintreten. Die Art und Schwere der festgestellten Hörstörung jedoch ließe sich nur dann als lärmbedingt erklären, wenn der Kläger viele Jahre extrem hohen Lautstärken von über 100 dB ausgesetzt gewesen wäre (Prof. Dr. H ...; Blatt 111 der LSG-Akte). Hierfür gibt es aber weder hinsichtlich der Intensität noch der Dauer gesicherte Erkenntisse (vgl. oben II.1). Der Schluss von Dr. R ..., es müsse eine lärmbedingte Hörstörung vorliegen, weil weder eine Streptomycinbehandlung noch eine frühkindliche Hörstörung hinreichend belegt und deshalb als Ursachen unbeachtlich seien, ist nicht zwingend, wenn nicht zugleich ein typischer Lärmschwerhörigkeitsbefund vorliegt. Mit Dr. R ... ist zwar aus Rechtsgründen davon auszugehen, dass innere Ursachen unbeachtlich bleiben müssen, wenn es für diese keinen sicheren Nachweis gibt. Ein solch sicherer Nachweis muss jedoch auch für die schädigende Expositionsdauer geführt werden, der bei einem nur für die Zeit von Ende 1979 bis Mitte 1982 im Mittelfeld und danach bis Mitte 1984 als grenzwertig belegten schädigenden Lärmpegel nicht als erbracht angesehen werden kann. Insoweit genügt es nicht, konkrete innere Ursachen auszuschließen, vielmehr muss der Nachweis der Lärmschwerhörigkeit mittels adäquater Expositionsdauer positiv geführt werden.
Prof. Dr. H ... hält grundsätzlich einen berufsbedingten Hörschaden des Klägers für möglich, der dann aber mit einer MdE um weniger als 10 % einzuschätzen wäre. Schon Mitte 1982 hatte das von Dr. G ... angefertigte Tonaudiogramm eine beidseitige pancochleäre kombinierte Schallleitungs-Schallempfindungs-Schwerhörigkeit ab 0,5 kHz ergeben (S. 9 des Gutachten vom 8.10.1999; Blatt 114 der LSG-Akte). Hiernach kann - insoweit folgt der Senat Prof. Dr. H ... - die mögliche berufsbedingte Hörschädigung nur einen geringen Umfang haben, zumal bereits von Dr. T ... in seinem Gutachten vom 3.1.1983 ein hochgradiger cochleobasaler beidseitiger Innenohrschaden von annähernd seitengleicher Ausbildung diagnostiziert worden ist (Blatt 58 der Beklagtenakte), der aus den schon genannten Gründen ebenso gut bereits vor Beginn der Lärmexposition vorgelegen haben kann. Ferner ist zu bedenken, dass Art und Ausmaß der Progredienz der nicht lärmbedingten Hörstörung mangels einer nicht möglichen Diagnose der Ursache auch für die Zeit von 1979 bis 1991 nicht abgeschätzt werden kann. Denn insoweit ist es auch aufgrund der glaubhaften Angaben des Klägers im Jahre 1982/83 gegenüber Dr. T ... wahrscheinlich, dass eine Progredienz des Hörverlustes stattfand. Da diese aber mangels Lärmexposition jedenfalls in den Jahren bis 1966 nicht lärmbedingt erfolgt sein konnte, muss davon ausgegangen werden dass sie eine andere fortwirkende oder neu hinzugetretene exogene oder endogene Ursache gehabt hat. Die Möglichkeit, dass eine endogene oder exogene, nicht berufsbedingte Ursache ebenfalls Mitte bis Ende der 80er Jahre in ihrer Wirkung nachgelassen hat und schließlich ganz zum Stillstand gekommen ist, so dass ein Hörrest auch schon deswegen erhalten geblieben ist, ist jedenfalls nicht weniger wahrscheinlich als die Annahme, dass der Kläger trotz des ordnungsgemäßen Einsatzes von Gehörschutzkappen auch von Mitte 1984 bis September 1991 Lärm ausgesetzt war, der weiterhin sein Gehör geschädigt hat. Dabei ist zu bedenken, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Gehörschutzkappen selbst als effektiv geschildert hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Prof. Dr. H ... auch eine Schallleitungskomponente festgestellt hat. Schallleitungsbehinderungen wirken sich jedoch eher als Schutz gegenüber berufsbedingtem Lärm aus, der allein eine Schallempfindungsschwerhörigkeit auszulösen vermag. Denn kann der berufliche Lärm das Innenohr nicht oder nur eingeschränkt erreichen, wird schon auf diese Weise das Innenohr geschützt. Im Übrigen hat Prof. Dr. H ... andere Ursachen für denselben Zeitraum nicht ausgeschlossen. Dementsprechend bezeichnet er an mehreren Stellen in diesem Gutachten die Entstehung einer entschädigungspflichtigen Lärmschwerhörigkeit als zwar nicht völlig auszuschließen, aber als unwahrscheinlich.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass als nachgewiesen nur eine kurze Expositionsdauer bei zum Teil grenzwertigem Lärmpegel angesehen werden kann, der mit Sicherheit erheblichen Vorschädigung und der von Prof. Dr. H ... genannten sonstigen Aspekte (vgl. Beantwortung der Beweisfragen 2. und 3. des Gutachtens vom 8.10.1999; Blatt 9 des Gutachtens; Blatt 114 der LSG-Akte) vermag auch der Senat nicht mehr als eine Möglichkeit zu erkennen, dass ein auch nur geringer Teil der Schwerhörigkeit des Klägers wahrscheinlich lärmbedingt ist. Die bloße Möglichkeit genügt jedoch nicht für die Bejahung der Kausalität zwischen Lärmexposition und Schwerhörigkeit.
III.
Da bereits kein kausaler Zusammenhang zwischen Lärmexposition und Schwerhörigkeit festgestellt werden kann, kann auch die Feststellungsklage keinen Erfolg haben.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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