L 2 U 31/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 106/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 31/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 10.02.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger an einer als Berufskrankheit anzuerkennenden Wirbelsäulenerkrankung leidet und ob er deswegen Anspruch auf eine Verletztenrente hat.

Der am ... geborene Kläger besuchte von 1947 bis 1955 eine allgemeinbildende Schule. Danach absolvierte er eine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter und arbeitete zunächst im elterlichen Betrieb mit. Vom 15.12.1958 bis 31.1.1959 war er Hilfsarbeiter bei der C ... B ... OHG und kehrte danach nochmals in den elterlichen Betrieb zurück, in dem er vom 1.2.1959 bis 30.11.1959 arbeitete. Vom 1.12.1959 bis 30.3.1961 war er Grubenarbeiter im VEB St ... O ... Ab dem 1.5.1961 war er bis 20.8.1990 durchgehend Mitglied einer LPG und arbeitete als Traktorist. Wegen der dort aufgetretenen körperlichen Belastungen wird auf die Stellungnahme des Leitenden Technischen Aufsichtsbeamten der Sächsischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, Herrn M ..., vom 20.1.1995 verwiesen (Blatt 81 f. der Beklagtenakte). Als Grund für die Beendigung des Mitgliedsverhältnisses wurde von der LPG PP "D ... St ...", J ..., in einem als "Aufhebungsvertrag" bezeichneten Schreiben vom 16.8.1990 (Blatt 59 der SG-Akte) angegeben: "Kündigung durch Betrieb infolge Strukturveränderung." Der Kläger war zunächst arbeitslos und arbeitete erneut im Rahmen der ABM "Sanierung Dorfbachbett und Biotopgestaltung im Wohngebiet" vom 1.7. bis 31.12.1992, vom 1.4. bis 13.9.1993 und vom 1.12.1993 bis 31.11.1994 für die Gemeinde N ... Wegen der dabei aufgetretenen körperlichen Belastungen wird auf die Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten Dipl.- Ing. H ... des Sächsischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes (jetzt: Unfallkasse Sachsen) vom 3.5.1995 verwiesen (Blatt 84 bis 86 der Beklagtenakte).

Mit Schreiben vom 15.5.1992 wandte sich das Arbeitsamt Zwickau an die Beklagte und übersandte in Kopie ein arbeitsamtsärztliches Gutachten von OMR Dr. S ..., Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, vom 22.1.1992, in dem von einer chronischen Gefügestörung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit Schmerzen sowohl in Ruhe als auch unter Belastung (Traktorfahren) und rezidivierenden Blockierungen der LWS mit der Notwendigkeit manueller Reposition berichtet wurde. Es bestehe eine Belastungsinsuffizienz für statische Belastungen (Beugehaltung, ständiges Sitzen oder Stehen, Transport von Lasten). Etwa 1974 seien erstmals intermittierend Kreuzschmerzen aufgetreten, die in der Folgezeit jedoch an Dauer und Intensität zugenommen hätten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Traktorfahrer sei möglicherweise mitverantwortlich für die Schwere der WS-Funktionsstörung gewesen. Derartige Belastungen seien grundsätzlich zu meiden. Bei Fortführung der früheren Tätigkeit drohe mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit. Dr. S ... beschrieb eine großbogige, linkskonvexe Skoliose, eine betonte Brustwirbelsäulen(BWS)-Kyphose, einen Finger- Bodenabstand von 20 cm sowie Druck-, Klopf- und Stauchungsschmerzen in Höhe der Lendenwirbelkörper (L) 3 bis 5. Der Kläger sei für eine leichte bis mittelschwere, überwiegend dynamische Muskelarbeit ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule geeignet.

Ferner liegt eine von der Fachärztin für Orthopädie Dr. H ... vorgenommene Interpretation von Röntgenaufnahmen vom 6.1.1992 vor, wonach im BWS-Bereich neben einer diskreten Osteopenie eine Kalksalzminderung sowie eine vermehrte thorakale Kyphose mit diskreter Keilwirbelbildung und beginnenden ventralen Spondylophyten im Kyphosescheitelpunkt zu erkennen seien. Die LWS weise bei L4/5 und L5/S1 eine leichte Osteochondrose auf. Im Übrigen sei die LWS knöchern unauffällig.

Die Beklagte holte neben einem Befundbericht von Dr. C ... (Blatt 89 der Beklagtenakte) weiterhin zwei Befundberichte bei Dr. F ..., Facharzt für Allgemeinmedizin, ein, der den Kläger seit 1985 behandelt. Er gab an, es hätten beim Kläger bereits über lange Zeit hinweg lokale und zum Teil auch radikuläre Schmerzsyndrome im Bereich der LWS und der BWS bestanden (Blatt 52 und 63 f. der Beklagtenakte). Ferner übersandte Dr. F ... eine vom 25.1.1980 stammende Beschreibung von Röntgenaufnahmen, wonach die BWS und die LWS eine mäßige Osteochondrose aufweise (Blatt 55 der Beklagtenakte), und Krankenblätter der Poliklinik (Blatt 66 bis 68 der Beklagtenakte).

In der Berufskrankheitenanzeige der Agrargenossenschaft J ... eG vom 30.8.1994 wurde mitgeteilt, dass der Kläger wegen Wirbelsäulenbeschwerden 1983 21 Tage, 1986 36 Tage, 1989 33 Tage und 1990 44 Tage arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.

Dipl.-Med. G ... vom Sächsischen Landesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führte in ihrer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 1.11.1995 aus, dass beim Kläger nur die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 70 der Anlage zur Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21.4.1981 (GBl. I Nr. 12 S. 137) als Sonderentscheid in Betracht komme (im Folgenden: BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid). Eine ausreichende Exposition sei unter dem Gesichtspunkt der langjährigen Ganzkörpervibration gegeben. Der Kläger leide an einem vertebragenen Schmerzsyndrom vor allem der BWS, daneben auch der LWS. Die röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen an der LWS könnten der Altersnorm entsprechen. Ein Zusammenhang zwischen körperlicher Belastung und Wirbelsäulenerkrankung bestehe daher nicht. Vor allem liege das versicherungsrechtliche Merkmal der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit wegen erheblicher Funktionsstörungen nicht vor, weil dem Kläger betriebsbedingt gekündigt worden sei. Es werde empfohlen, die BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid ohne weitere Begutachtung abzulehnen. Mit Bescheid vom 21.12.1995 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung mangels Berufskrankheit ab. Weder lägen die Voraussetzungen der BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid, noch die der Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (im Folgenden: BK-Nr. 2110 BKV) vor. Der Anerkennung einer BK- Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid stehe entgegen, dass der Kläger an einem von einzelnen Wirbeln ausgehenden Schmerzsyndrom der LWS, insbesondere aber auch der BWS bei anlagebedingter seitlicher Verkrümmung der BWS mit leichter Keilwirbelbildung leide. Nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft seien berufliche Belastungen nicht geeignet, krankhafte Veränderungen der BWS zu verursachen. Im Übrigen entspreche die LWS röntgenologisch der Altersnorm. Eine Anerkennung des Wirbelsäulenleidens des Klägers als Berufskrankheit nach BK-Nr. 2110 BKV scheitere daran, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nicht vorliege. Der Kläger habe die Tätigkeit als Traktorist auch nicht wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS aufgegeben. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 2.4.1996 zurückgewiesen.

Mit seiner dagegen vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage hat er weiterhin begehrt, bei ihm das Vorliegen einer Berufskrankheit anzuerkennen und ihm eine Rente zu gewähren.

Das SG hat nochmals Befundberichte von Dr. F ... und Dr. C ... beigezogen (Blatt 28 ff., 85 ff. der SG-Akte) beigezogen und Dr. F ... um eine ergänzende Stellungnahme gebeten, der mit Schreiben vom 19.10.1997 ausführte, bei allen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 1989 und 1990 habe die Wirbelsäulensymptomatik zwar eine gewisse Rolle gespielt. Aus seinen Unterlagen gehe jedoch nicht hervor, ob diese Beschwerden den Kläger objektiv zur Aufgabe der Tätigkeit als Traktorist gezwungen hätten. Es sei ihm aber erinnerlich, dass der Kläger wegen der schon damals langjährig bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden der Meinung gewesen sei, seine Tätigkeit als Traktorist nicht mehr sehr lange ausüben zu können. Ärztlicherseits wäre die Aufgabe der Tätigkeit damals schon ratsam gewesen (Blatt 63 der SG-Akte), wenn der Kläger die Tätigkeit nicht tatsächlich aus anderen Gründen aufgegeben hätte.

Der Kläger hat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Ärztliche Gutachtergemeinschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, in N ..., als "bestimmten Arzt" im Sinne des § 109 SGG benannt. Daraufhin hat das SG MR Dr. med. habil. O ..., Facharzt für Chirurgie und Arbeitsmedizin, ausgewählt und bei ihm ein Gutachten eingeholt. Er ist zu der Auffassung gelangt, dass unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Intensität der Belastung nach heutigem arbeitsmedizinischem Kenntnisstand beim Kläger von einem mäßig erhöhten gesundheitlichen Risiko der Entwicklung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS ausgegangen werden könne. Es liege beim Kläger jedoch nach klinischem und röntgenologischem Befund weder eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK-Nr. 2110 BKV noch eine Verschleißkrankheit an der LWS im Sinne der BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid vor. Die jetzige klinische Untersuchung habe keine wesentlichen krankhaften Befunde im Bereich der besonders in Betracht kommenden LWS ergeben. Wurzelreizerscheinungen hätten sich auch nicht gefunden. Röntgenologisch seien keine das so genannte Altersmaß übersteigenden degenerativen Veränderungen an der LWS festzustellen gewesen. Die BWS zeige jedoch Hinweise auf eine Dysostose mit leichten bis mäßigen degenerativen Veränderungen. Beim Kläger liege ansonsten eine leichte, im Alter des Klägers sehr häufig auftretende lumbale Gefügestörung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 119 bis 131 der SG-Akte verwiesen.

Mit Urteil vom 10.2.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, anwendbar sei hier noch das Recht der DDR, weil als Zeitpunkt des Versicherungsfalls hier nur die Aufgabe der Tätigkeit als Traktorist in Frage komme. Der Kläger sei zwar in relevantem Ausmaß Ganzkörperschwingungen ausgesetzt gewesen, jedoch liege aus medizinischen Gründen keine BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid vor. Es fehle an erheblichen Funktionseinschränkungen im exponierten Wirbelsäulenbereich. Außerdem habe objektiv kein Unterlassungszwang hinsichtlich der Tätigkeit als Traktorist bestanden.

Mit seiner dagegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Insbesondere verweist er auf ein Urteil des LSG Bremen (L 2 U 67/96).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Chemnitz vom 10.2.1999 sowie des Bescheides der Beklagten vom 21.12.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.4.1996 festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid vorliegt und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung in ihren Bescheiden und die Entscheidungsgründe des SG-Urteils.

Der Senat hat dem Kläger mit Schreiben vom 20.4.2001 mitgeteilt, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Der Kläger hat dagegen mit Schreiben vom 21.5.2001 "Widerspruch" eingelegt und mitgeteilt, da er seit März 2001 Rentner sei, halte er jedenfalls seine Forderung für die Zeit bis zum 28.2.2001 aufrecht.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten vor.

II.

Der Senat kann durch Beschluss entscheiden, weil die Voraussetzungen des § 153 Abs.4 SGG vorliegen.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Wegen der Rechtsgrundlagen und dem allein in Betracht kommenden Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalls wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung des SG verwiesen. Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid. Dessen Tatbestand ist hier nicht erfüllt.

Denn der Kläger hat - wie auch das SG bereits zutreffend erkannt hat - keine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates aufzuweisen, die auf die Exposition gegenüber Ganzkörperschwingungen zurückgeführt werden könnte. Dies setzt jedoch die BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid voraus.

Offen bleiben kann, ob der Kläger überhaupt an einer Verschleißkrankheit der LWS leidet. Zwar hat Frau Dr. H ... im Jahre 1992 und vor ihr schon eine Poliklinik im Jahre 1980 röntgenologisch eine Osteochondrose im LWS-Bereich des Klägers festgestellt. Eine derartige Erkrankung ist eine nichtentzündliche Degeneration im Bereich der Bandscheibenstrukturen sowie der angrenzenden Grund- und Deckplatten. Veränderungen in diesem Bereich und die sich daraus ergebenden klinischen Auswirkungen können grundsätzlich eine Verschleißkrankheit der Wirbelsäule im Sinne der BK-Nr. 70 BKVO-DDR darstellen. Den vorgenannten ärztlichen Aussagen stehen allerdings die Ergebnisse der von Dr. O ... durchgeführten Untersuchungen entgegen, wonach sich nicht nur röntgenologisch die Wirbelkörper und die Bandscheibenabstände als regelrecht erweisen, sondern auch anderweitige degenerative Veränderungen - mit Ausnahme einer diskreten spondylotischen Kantenreaktion bei L 4 - nicht bestanden. Nicht ganz nachvollziehbar ist es dann aber, worin der Sachverständige die leichte lumbale Gefügestörung erblickt.

Dem musste der Senat nicht weiter nachgehen, weil der Kläger keine erhebliche Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates aufzuweisen hat. Die von Dr. F ... noch im Verwaltungsverfahren (Befundbericht vom 5.11.1993, Blatt 52 der Beklagtenakte) beschriebenen, teils radikulären Schmerzsyndrome konnten nicht gesichert werden. Schon Dr. S ... stellte "nur" Druck-, Klopf- und Stauchungsschmerzen fest. Der Kläger gab gegenüber Dr. O ... keine radikulären oder pseudoradikulären, sondern nur lokale Schmerzen an. Dies deckt sich mit den von Dr. O ... durchgeführten klinischen Tests, die ganz überwiegend negativ waren (insbesondere Lasègue, Pseudolasègue, Bragard, Valleix, Dandy, Mennel). Auch die Entfaltung der LWS mit 10/15 (Schober sches Zeichen) und die Entfaltung der BWS mit 30/32 (Ott sches Zeichen) waren noch voll bzw. gerade noch im Normbereich. Gleiches gilt für die Seitneigung und die Rotation der Wirbelsäule. Die im Gutachten angegebenen Maße für die Extension und Flexion (10/0/5) sind allerdings zweifelhaft. Denn dies würde - bezogen auf die LWS - eine nahezu vollständige Versteifung bedeuten. Dem widerspricht aber schon der Umstand, dass nach eben diesem Gutachten das Schober sche Zeichen mit 10/15 cm gemessen wurde, was eine völlig normale Beugefähigkeit des Rückens beweist. Bestätigt wird dies durch das Gutachten von Dr. S ..., nach dem bei der am 20.1.1992 durchgeführten Untersuchung der Finger-Bodenabstand (FBA) 20 cm betrug (Blatt 42 der Beklagtenakte), also ebenfalls das altersentsprechende Normalmaß erreichte. Auch das subjektive Wohlbefinden des Klägers ist offenbar nicht erheblich beeinträchtigt. So hat er im Schreiben vom 6.5.1999 an den Senat selbst ausgeführt, dass er seit neun Jahren nicht mehr Schlepper gefahren sei und weder Arzt noch Medikamente benötigt habe. Dies darf zwar nicht wörtlich genommen werden, da Dr. F ... in seinem Befundbericht vom 28.8.1996 lokale Schmerzen im BWS- und LWS- Bereich mit rezidivierenden Blockierungen erwähnt, es zeigt aber, dass massive Beeinträchtigungen in Gestalt radikulärer oder pseudoradikulärer Schmerzen oder gar Paresen beim Kläger tatsächlich nicht vorliegen.

Hiernach ist die Auffassung des Sachverständigen Dr. O ... schlüssig und überzeugend, dass beim Kläger keine erhebliche Funktionsstörung im Sinne der BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid besteht, die mit einem Grad des Körperschadens von 20 v.H. zu bemessen wäre. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass dies nicht bedeutet, der Senat sei davon überzeugt, der Kläger habe überhaupt keine Wirbelsäulenbeschwerden. Das Gegenteil ist richtig. Sie erreichen nach den gesicherten ärztlichen Feststellungen aber nicht jenen Grad, der nach BK-Nr. 70 BKVO-DDR Sonderentscheid erforderlich ist, um überhaupt den Versicherungsfall anzunehmen, der grundsätzlich mit dem Eintritt des Leistungsfalls (Grad des Körperschadens 20 v.H.) identisch ist. Hier kommt noch hinzu, dass Dr. O ... mit der Bewertung nach DDR-Recht aufgrund seiner früheren Gutachtertätigkeit zu DDR-Zeiten in besonderem Maße vertraut ist. So ist er insbesondere Mitautor der Empfehlungen zur Einleitung und Durchführung der Begutachtung bei Verdacht berufsbedingter Erkrankungen durch Ganzkörpervibration im Sonderentscheidverfahren (Anlage zum Protokoll der DDR- Obergutachtenkommission Berufskrankheiten vom 26.7.1990; abgedruckt in: Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Berufskrankheiten im Gebiet der neuen Bundesländer [1945 bis 1990], 1994, S. 332).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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